Visuelles Kurzzeitgedächtnis und Aufmerksamkeit während glatter Augenfolgebewegungen

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2005

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Zusammenfassung

Willkürliche Augenbewegungen, also Sakkaden und glatte Augenfolgebewegungen (GAF oder Smooth Pursuit), sind Voraussetzung für optimales Sehen, da visuelle Stimuli nur in der Fovea, der Region der größten Sehschärfe, bestmöglich vom visuellen System aufgelöst werden können. Während Sakkaden (schnelle zielgerichtete Blicksprünge) dazu dienen, Objekte von Interesse aus der Peripherie in die Fovea hinein zu bringen, dienen glatte Augenfolgebewegungen dazu, ein sich bewegendes Objekt auf der Fovea zu stabilisieren.

GAF sind seit langer Zeit Forschungsgegenstand im Bereich visueller Wahrnehmung. Während viele frühere Studien ihren Aufmerksamkeitsfokus hauptsächlich auf die Untersuchung von mechanischen Aspekten der Augenfolgebewegung lenkten, richtet sich seit einiger Zeit das Interesse zunehmend auf die Frage, wie die Wahrnehmung und Verarbeitung visueller Informationen durch GAF beeinflusst werden. An diesen Punkt anknüpfend beschäftigte sich die vorliegende Dissertation mit dem visuellen Kurzzeitgedächtnis (VKZG) und mit visueller Aufmerksamkeit während GAF.

Erstens sollte untersucht werden, ob das VKZG für die Position von Objekten während GAF retinozentrisch oder räumlich organisiert ist und ob die Kapazität des VKZG für die Position eines Objekts darunter leidet, wenn während der Darbietung zu erinnernder Items eine GAF durchzuführen ist.

Die Kapazität des VKZG für Objektpositionen war reduziert, wenn die Probanden eine GAF durchführen mussten im Vergleich zu einer Bedingung, in der sie einen stationären Reiz fixieren sollten. Des Weiteren ist das VKZG für die Position von Objekten während Pursuit weder strikt retinozentrisch noch strikt räumlich organisiert, sondern abstrakter Natur. Die Reduzierung der Kapazität für Objektpositionen während Pursuit verschwand, wenn Miniaturreize Verwendung fanden, die auf dem Target der GAF dargeboten werden konnten. Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass visuell-räumliche Aufmerksamkeit an das Target einer GAF gebunden ist, was wiederum zu einer Verschlechterung des VKZG für die Position peripherer Objekte führt.

Zweitens sollte untersucht werden, wie visuelle Aufmerksamkeit während GAF räumlich um den Zielreiz der Augenfolgebewegung verteilt ist. Aufgabe der Probanden war es, eine GAF durchführen und gleichzeitig auf das Erscheinen eines peripheren Targets mit einem Knopfdruck zu reagieren.

Die Auswertung der Knopfdrucklatenzen verdeutlichte, dass die Reaktionszeiten der Versuchspersonen kürzer waren für periphere Stimuli, die vor dem Pursuit-Target (also in Bewegungsrichtung der GAF) präsentiert wurden, als für Reize, die hinter dem Pursuit-Target (entgegengesetzt der Bewegungsrichtung) dargeboten wurden. Bei genauerer Betrachtung wurde jedoch deutlich, dass der Reaktionszeitvorteil für periphere Stimuli, die vor dem Pursuit-Target dargeboten wurden, gerade in den Experimentalbedingungen nicht gefunden werden konnte, die laut der Literatur zu dieser Thematik zu einem eindeutigen Reaktionszeitvorteil führen sollten.

Drittens wurden Aufmerksamkeitsverlagerungen (AVL) während GAF untersucht. Es sollte überprüft werden, ob während Pursuit trotz der in der Literatur berichteten Kopplung von visueller Aufmerksamkeit an das Target einer Augenbewegung (siehe dazu auch die Befunde des ersten Experimentalteils dieser Dissertation) räumlich eng umgrenzte AVL als Antwort auf die Präsentation eines Hinweisreizes möglich sind.

Die Ergebnisse zeigen, dass AVL als Antwort auf die Präsentation von sowohl exogenen als auch endogenen Hinweisreizen während GAF möglich sind. Es konnte auch gezeigt werden, dass AVL während Pursuit nicht in einem bestimmten Referenzsystem (retinozentrisch oder räumlich) stattfinden, sondern davon unabhängig sind. Es wurde allerdings deutlich, dass Veränderungen im retinozentrischen Referenzsystem zu einer Verschlechterung des Pursuit-Gains (Maß für die Güte einer GAF) führen, Veränderungen im räumlichen Referenzsystem beeinflussen den Pursuit-Gain hingegen nicht.

Zusammengenommen zeigen die Ergebnisse dieser Dissertation, dass GAF einen Einfluss auf die Wahrnehmung und Verarbeitung visueller Informationen haben. Ob dieser Einfluss ein nachteiliger ist, hängt dabei stark von situativen Faktoren wie z.B. den verwendeten Stimuli und dem experimentellen Design ab. Sicher scheint jedoch, dass der Zusammenhang zwischen GAF und visuell-räumlicher Aufmerksamkeit nicht so strikt ist, wie bisher angenommen wurde.

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