Beurteilung multisensorischer Reize : Bedeutungsdimensionen und elektrophysiologische Hirnaktivität

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2010

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Mithilfe des semantischen Differentials lassen sich konnotative Bedeutungsdimensionen von Worten finden, die einen Teil der neuronalen Verarbeitung erklären können. Dies zeigt sich, indem Stimuli der verschieden semantischen Klassen zu unterschiedlichen zentralnervösen Reaktionen führen. Auch die Verarbeitung von Sinneswahrnehmungen wie Geruch, Geschmack, Sehen und Texturwahrnehmung scheint von konnotativen Bedeutungen abhängig zu sein. Um dies zu untersuchen, bewerteten zunächst 795 Versuchspersonen in einer Fragebogenstudie 197 Lebensmittelworte anhand von gegensätzlichen Adjektivpaaren, welche sich auf die genannten Sinne bezogen. Durch eine Faktorenanalyse konnten die semantischen Dimensionen Evaluation , Stärke , Aktivität , Textur und visuelle Dimension gefunden werden. Die fünf Dimensionen wurden auf Evaluation , Stärke und Textur reduziert und Lebensmittelworte ausgewählt, welche besonders hohe Korrelationswerte mit einer der Klassen aufwiesen. Diese Worte dienten als Reize für visuell evozierte Potentiale. 40 gesunde Erwachsene nahmen an der elektrophysiologischen Studie teil, wobei das EEG in 30 Kanälen registriert wurde. Die evozierten Potentiale wurden entsprechend der Klassen gemittelt, und der Einfluss der Bedeutungsdimensionen wurde statistisch überprüft. Es zeigten sich deutliche Effekte bezüglich der Latenz, der Global Field Power (GFP) und der Lokalisation der Potentialschwerpunkte, welche durch die semantischen Dimensionen der Worte beeinflusst werden. Vor allem beim Vergleich früher (80-200 ms) und später (um 500 ms) Komponenten ergeben sich Unterschiede der verschiedenen Klassen, wobei deutlich wird, dass dabei in erster Linie die Polarität der Dimensionen einen entscheidenden Einfluss auf die Effekte hat. Die GFP positiver Klassen ist bei den ersten beiden Komponenten (80-134 ms, 138-200 ms) stets kleiner als die der Klassen negativer Polarität. Dieses Verhältnis kehrt sich dann jedoch bei ca. 500 ms um. Auch ist die Latenz der positiven Klassen in frühen Verarbeitungsschritten niedriger als die der negativen; dies stellt sich ebenfalls bei etwa 500 ms umgekehrt darstellt. Daneben wird beim Vergleich der Dimensionen unter Berücksichtigung ihrer Polarität klar, dass sich diese vor allem im Bezug auf die gemessene GFP im zeitlichen Verlauf deutlich voneinander unterscheiden. Es wird also offensichtlich, dass semantische Dimensionen für die zentralnervöse Verarbeitung von Sinneswahrnehmung eine signifikante Bedeutung haben. Dieser Einfluss der Bedeutungsdimensionen spielt schon zu Beginn der Verarbeitung eine entscheidende Rolle, was zeigt, dass konnotative Bewertungsprozesse nicht erst auf einer höheren kognitiven Ebene stattfinden.Neben den zeitlichen Effekten der registrierten GFP wurden auch topographische Unterschiede zwischen den durch die verschiedenen Reizklassen ausgelösten Potentialen signifikant. Im Zeitbereich um 304 ms zeigen sich Hemisphärenunterschiede, wobei die positiven Zentroide der Klassen E¬+, P+ und T- mehr auf der rechten Hemisphäre befinden und die gegensätzlichen Reizklassen Ladungsschwerpunkte nahe der Mittellinie aufweisen. Umgekehrt befinden sich die negativen Zentroide der Klassen E¬+, P+ und T- weiter auf der linken Hemisphäre. Außerdem zeigen sich auch Unterschiede in der Verteilung der Zentroide einzelner Reizklassen in sagittaler Richtung zu einem frühen Zeitpunkt der Verarbeitung um 107 ms. Zum einen wird deutlich, dass die gefundenen Dimensionen weitgehend mit denen übereinstimmen, die bei der Verarbeitung von Worten ohne direkten Bezug zu den genannten Sinnesmodalitäten gefunden wurden. Außerdem weisen die elektrophysiologischen Ergebnisse darauf hin, dass unabhängig davon, ob sich die Dimensionen auf die allgemeine Wortverarbeitung oder auf die Sinneswahrnehmung beziehen, gerade in einer frühen Phase der Verarbeitung Effekte auftreten, welche sich von anderen, die sich in einer späten Phase zeigen, deutlich unterscheiden. Die unterschiedlichen Reizklassen der gefundenen Dimensionen führen zu signifikanten Effekten der durch sie ausgelösten Potentiale. Es wird deutlich, dass die Dimensionen einen Teil der Verarbeitung sinnesassoziierter Worte erklären können und damit deutliche Hinweise für die Verarbeitung tatsächlicher multisensorischer Sinneswahrnehmung geben.


The semantic differential is used to define connotative dimensions of meaning, and the processing of words by the brain depends on such dimensions. Earlier studies demonstrated that stimuli of the different semantic classes lead to differences in neuronal processing. We investigated the influence of connotative meaning on multi-sensory processing (words strongly related to odour, taste, vision or somatosensory texture). A group of 795 subjects rated 197 food words on the basis of 11 pairs of opposed adjectives. Factor analysis revealed three dimensions (Evaluation, Potency and Texture). Words with high positive or negative scores and low scores on the other dimensions were used as stimuli in an ERP experiment with 40 adults. EEG was recorded from 30 channels, and averaged according to semantic stimulus class.Component latency, global field power and topography were influenced by semantic meaning. We found differences between early (between 80 and 200 ms) and late (around 500 ms) ERP components. Major differences were seen when the polarity of stimulus classes was compared: GFP evoked by positive word classes was smaller than that evoked by negative classes with early components. This effect was reversed with late components. Similar effects were observed with component latency. We also observed differences between all stimulus classes (E+,E-,P+,P-T+,T-) reflected by time course of GFP.We also found topographic effects elicited by different stimulus classes. Around 304 ms positive centroids of the classes E+,P+ and T- were found over the right hemisphere whereas positive centroids (center of gravity) of E-,P- and T+ were placed near the midline. A reversed allocation was seen for the negative centroids. At an early state of processing (around 107 ms) different stimulus classes lead also to different positions of their centroids in sagittal direction.In summary, semantic dimensions influence neuronal processing of words related to multisensory perception. The semantic dimensions found were similar to those described earlier. Instead of activity we found texture which reflects the mouthfeel of food items. In addition, we describe early effects on ERP components, and the influence of semantic meaning was different with late cognitive components.

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