Chinas "Go West"-Policy zur Minderung der ausgeprägten Ost-West-Disparitäten und zur Verbesserung des Investitionsklimas in Westchina: Genese, Ziele, Maßnahmen und Effekte - Attraktivität der westchinesischen Provinzen als Investitionsstandort für ausländische Unternehmen -

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2010

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Seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik, die Ende der 1970er Jahre von Deng Xiaoping eingeleitet wurde, erlebt China einen regelrechten Wirtschaftsboom. Der rasante wirtschaftliche (Wieder-)Aufstieg Chinas kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Land in vielen Bereichen immer noch als Entwicklungsland einzustufen ist und der Wachstumsprozess mit erheblichen sozialen Verwerfungen sowie einer zunehmenden Belastung der Umwelt einhergeht. Obschon die Zentralregierung seit Reformbeginn enorme Fortschritte bei der Armutsbekämpfung erzielen konnte, gestaltet sich die Einkommensverteilung innerhalb der chinesischen Bevölkerung zunehmend ungleicher. Zu den Verlierern der Dengschen Wirtschafts- und Regionalpolitik, die ihre Entwicklungspriorität auf die städtische Wirtschaft und die Küstenregion konzentriert hat (Effizienz statt Gleichheit), zählen in erster Linie die Landbevölkerung und das chinesische Hinterland. Um eine Minderung der stark ausgeprägten Ost-West-Disparitäten herbeizuführen, hat die Zentralregierung im Jahr 1999 die Western Development Strategy (WDS) (auch Go West-Policy bezeichnet), initiiert. Die inhaltliche Ausrichtung der WDS offenbart, dass die Zentralregierung mit ihr auf keinen Big Push setzt, sondern vielmehr eine graduelle Entwicklung der Westregion anstrebt. Sie beschränkt sich dabei weitgehend darauf, durch infrastruktur- und investitionspolitische Maßnahmen das Investitionsklima in der Region zu verbessern. Durch den Aus- und Aufbau der materiellen, immateriellen und institutionellen Infrastruktur sowie einer gezielten sektoralen und regionalen Investitionsförderung sollen die westchinesischen Provinzen in die Lage versetzt werden, künftig verstärkt in- und ausländische Investoren anzuziehen. Die Zentralregierung konzentriert sich dabei zunächst auf die Förderung bereits hinreichend entwickelter regionaler Wachstumskerne, sprich praktiziert keine Förderung nach dem Gießkannenprinzip. Eine derart groß angelegte Entwicklungskampagne ruft jedoch unweigerlich auch zahlreiche Kritiker auf den Plan. Über das Für und Wider der WDS und die wahren Ziele, die die Zentralregierung mit ihr verfolgt, wird eine kontroverse Debatte geführt. Während ihre Befürworter primär ihre positiven Effekte für die sozioökonomische Entwicklung Westchinas unterstreichen (positive Wachstums- und Verteilungswirkungen), sehen die Kritiker in ihr vielmehr eine Politik, die im Kern darauf abzielt, die zentrifugalen Tendenzen unter den ethnischen Minderheiten zu unterdrücken und die Versorgung der wirtschaftlich prosperierenden Küstengebiete mit Rohstoffen und Energie sicherzustellen. In diesem Kontext wird kritisch beleuchtet, dass die staatlichen Fördermittel bisher überwiegend in die Realisierung groß angelegter Infrastruktur- und Energieprojekte und nur in geringem Maße in die Verbesserung der sozialen und personellen Infrastruktur sowie in die ländliche Entwicklung geflossen sind. Nach derzeitigem Stand kann man davon ausgehen, dass es in den kommenden Dekaden nur einigen wenigen westchinesischen Provinzen gelingen wird, sich langsam aber stetig dem durchschnittlichen Entwicklungsniveau Ostchinas anzunähern. Als bedeutende regionale Wachstumszentren und Investitionsstandorte innerhalb des westchinesischen Wirtschaftsraumes hat sich in den vergangenen Jahren das Provinzdreieck Chongqing-Sichuan-Shaanxi (Western Triangle Economic Circle) herauskristallisiert. Die Wirkungsanalyse der WDS hat ein ambivalentes Bild ergeben. Auf der einen Seite konnte aufgezeigt werden, dass sich in Westchina seit ihrer Initiierung bereits in vielen Bereichen beachtliche Fortschritte eingestellt haben, auf der anderen Seite jedoch nach wie vor enormer Aufhol- und damit Handlungsbedarf seitens der Zentralregierung besteht. Dass die WDS in der Westregion bereits einen spürbaren Wachstums- und Entwicklungsschub ausgelöst hat, lässt sich anhand ausgewählter wirtschaftlicher und sozialer Indikatoren belegen. Stimulierend auf die wirtschaftliche Entwicklung der west-chinesischen Randprovinzen wirkt sich zusehends auch ihre im Zuge der WDS deutlich verbesserte infrastrukturelle Anbindung an ihre unmittelbaren Nachbarstaaten aus. Diese hat nicht nur zu einer deutlichen Belebung ihres grenzüberschreitenden Handels geführt, sondern besitzt darüber hinaus auch eine hohe Signifikanz für ihre Einbindung in subregionale Wirtschaftskooperationen (z.B. Yunnan und Guangxi in die GMS). Die Erörterung flankierender Maßnahmen, die zur Minderung des persistenten Ost-West-Gefälles beitragen könnten, hat ergeben, dass der wesentliche Schlüssel zur Minderung der räumlichen Ungleichgewichte innerhalb Chinas in der Reduzierung des im internationalen Vergleich stark ausgeprägten Stadt-Land-Gefälles liegt. Hieraus wurde schließlich abgeleitet, dass die Zentralregierung ihre Förderpolitik künftig noch stärker darauf ausrichten sollte, der ländlichen Wirtschaft in Westchina einen Entwicklungs- und Modernisierungsschub zu versetzen.

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