Es ist bekannt, dass ABCB1-Polymorphismen einen Einfluß auf die Bioverfügbarkeit von Arzneistoffen haben. Jedoch führten zahlreiche klinische Studien am Menschen zu teils widersprüchlichen Ergebnissen, deren Ursachen auch durch in vitro-Studien nicht zufriedenstellend erklärt werden konnten. Wir konnten den ABCB1-Wildtyp (893Ala) und dessen Varianten 893Ser und 893Thr erfolgreich in einem heterologen in vitro-Expressionssystem exprimieren. Dies geschah auf Grundlage des Baculovirussystems. Mit Hilfe dieses Systems können nach Insertion von Fremd-DNA (z.B. ABCB1-Varianten) in einen geeigneten Vektor (z.B. pFastBac1-Vektor) rekombinante Viren generiert werden. Insektenzellen (z.B. HighFive-Zellen), die mit diesen Viren infiziert werden, produzieren das gewünschte Fremdprotein. Nach Präparation der Membranen wurden Transport-, Expressions- und Inhibitionsstudien durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass das Baculovirussystem geeignet ist, um In vitro-Transportcharakteristiken für den ABCB1-Wildtyp (A893Ala) und dessen genetische Varianten 893Ser und 893Thr zu bestimmen. Wir konnten beobachten, dass funktionelle Unterschiede zwischen den genetischen ABCB1-Varianten 893Ala, 893Ser und 893Thr bestehen. Deshalb schlussfolgern wir, dass genetische ABCB1-Polymorphismen in Exon 21 2677 eine wichtige Rolle für die pharmakogenetische Bedeutung von ABCB1 spielen. Die Transportaktivität von ABCB1 hängt von Expressionsumfang und Funktion des Proteins ab. Orientierende Untersuchungen zeigten Hinweise, dass ein stiller ABCB1-SNP in Exon 26 3435 zu einer Veränderung im Expressionslevel und damit zu Unterschieden in der Transportaktivität führt [41]. Der zugrunde liegende molekulare Mechanismus bleibt unklar, auch wenn die mRNA-Stabilität kürzlich als bestimmender Faktor für eine geringere Transkription des 3435-T-Allels in der Leber erkannt wurde [76]. Viele Studien führten in Zusammenhang mit diesem Polymorphismus zu unterschiedlichen oder sogar gegensätzlichen Ergebnissen [13;21]. Die starke Assoziation zwischen den Polymorphismen 3435C/T in Exon 26 und 2677G/T/A in Exon 21 ließ den Schluß zu, dass einige der beobachteten Unterschiede in der ABCB1-Transportfunktion möglicherweise dem nichtsynonymen Polymorphismus in Exon 21 zugeordnet werden können. Tatsächlich haben wir nun einen Hinweis darauf, dass ein SNP an Positition 2677 selbst Unterschiede in der ABCB1-Transportcharakteristik auslösen kann, was sich in den Parametern Km und / oder Vmax widerspiegelt. Die Effekte der ABCB1-893-Varianten waren abhängig von der Substratkonzentration, was zu der Schlußfolgerung führt, dass die an Patienten verabreichte Dosis und die lokale Arzneistoffkonzentration wichtige Parameter sind, die in Betracht gezogen werden müssen. Anhand unserer Inhibitionsstudien konnten wir erkennen, dass die Inhibition des Arzneistofftransports abhängig ist von der ABCB1-893-Variante. Eine ähnliche Entdeckung wurde gemacht, die zeigte, dass die 893Ser-Variante die Resistenz gegenüber Colchizin nicht beeinflußte, aber im Zusammenhang mit Veränderungen in der Resistenz gegenüber Doxorubicin und Vinblastin stand [75]. Dieser Aspekt könnte in der Evaluation von Arzneistoff-Interaktionen in verschiedenen ABCB1-893-Varianten von Bedeutung sein. Es konnte ebenfalls nachgewiesen werden, dass ABCB1 sowohl auf Gen als auch auf Proteinebene mit CYP3A4 interagiert, um Barrieren gegenüber Fremd- und Arzneistoffen aufzubauen [23;25]. Desweiteren scheint die CYP3A4 -Gen-Aktivität von der ABCB1-Funktion beeinflußt zu werden [24]. Daher könnte die mit der ABCB1-893-Variante assoziierte Transportfunktion eine zu beachtende Rolle für die CYP3A4-Aktivität spielen. Da sich ABCB1 und CYP3A4 ein großes Substratspektrum teilen [23], könnte die Arzneistoffdispositition über diesen Weg beeinflußt werden. Unsere Ergebnisse zeigen eine funktionale Basis für ABCB1-Haplotyp-assoziierte Veränderungen in der Arzneistoffdisposition auf und weisen darauf hin, dass der ABCB1-Polymorphismus in Exon 21 2677 ein kausaler Parameter für diese Veränderungen sein könnte. Durch die Ergebnisse können plausible Erklärungen für viele widersprüchliche Ergebnisse gegeben werden, die in anderen Studien erhalten wurden. Weiterhin könnte das von uns etablierte In vitro- Transportsystem als Basis für die Entwicklung diagnostischer Hilfsmittel genutzt werden, mit deren Hilfe kodierende ABCB1-Varianten in der Arzneistofftherapie und entwicklung identifiziert werden können.
It is known that ABCB1 polymorphisms influence the bioavailability of drugs. However, numerous in vivo studies resulted in various outcome. Up to now, reasons could not be solved satisfactory by in vitro studies. We could express ABCB1 wildtype (893Ala) and its variants 893Ser and 893Thr in a heterologous in vitro expression system (baculovirus system). Using this system recombinant viruses can be generated after insertion of foreign DNA (e.g. ABCB1 variants) in a suitable vector (e.g. pFastBac1 vector). Insect cells (e.g. HighFive cells) which are infected with these viruses produce the requested foreign protein. After preparation of membranes transport, expression and inhibition studies were carried out. It could be shown that the baculovirus system can be used to determine in vitro transport characteristics for ABCB1-893Ala (wildtype) and its genetic variants 893Ser and 893Thr. Regarding the data reported here functional differences in the ABCB1-893Ala/Ser/Thr triple variant could be identified. Our results suggest that genetic polymorphisms in exon 21 2677 of ABCB1 play an important role for the pharmacogenetic meaning of ABCB1. The transport activity of ABCB1 is grossly determined by the amount of expressed transporter and by functionality of the protein structure. Initial reports associated a silent SNP in ABCB1 exon 26 3435 to an alteration in the expression level causing differences in transport activity [41]. The underlying molecular mechanism still remains unclear, although mRNA stability recently appeared a factor determining lower transcription of the 3435 T-allele [76] in human liver. However, many reports resulted in a considerable inconsistency or even discrepancy regarding the impact of this SNP [13;21]. The strong association of 3435C/T to polymorphisms in exon 21 (2677G/T/A) suggested that some of the observed differences in ABCB1 transport function might actually be attributed to the nonsynonymous polymorphism in exon 21. Indeed, we have now evidence that a SNP in 2677 by itself can cause differences in ABCB1 transport characteristics Km and/or Vmax. Effects of ABCB1-893 variants were dependent on substrate concentration, indicating that the dose administered in subjects and local drug loads are important parameters to be considered. From our inhibition studies we learned that the interaction with substrate drugs appeared to be dependent on the ABCB1-893 variant. A similar observation was made showing that 893Ser did not affect the resistance to colchicine, but was associated with changes in resistance to doxorubicin and vinblastine [75]. This aspect could be important in the evaluation of drug-drug interactions in different ABCB1-893 variants. ABCB1 was also indicated to interact with CYP3A4 on gene and protein level to set up barriers against compounds [23;25]. Furthermore CYP3A4 gene activity seems to be influenced by ABCB1 function [24]. Thus, ABCB1-893 variant-related transport function might also play a considerable role in CYP3A4 activity. As ABCB1 and CYP3A4 share a wide substrate disposition could also be affected by this route. Our discovery provides a functional basis for ABCB1 haplotype- associated alterations in drug disposition and indicates SNPs in exon 21 2677 of this transporter as a causative parameter. Our findings give a plausible explanation for many conflicting results obtained from other studies. Moreover our in vitro transport assay might serve as a basis for the development of diagnostic tools to identify ABCB1 coding variants in drug treatment and drug development.