Mit der vorliegenden Studie wurden erstmals die Methoden der herkömmlichen Verhaltensbeobachtung anhand des Ethogramms der Hunde und der Chronobiologischen Regulationsdiagnostik in einer Arbeit zusammengeführt. Es wurden 57 Deutsche Schäferhunde aus privater Haltung und dem polizeilichen Dienst in Beanspruchungssituationen gefilmt und eine synchrone Messung physiologischer Parameter durchgeführt. Die Tiere wurden mit vier unterschiedlichen Stressoren konfrontiert: dem optischen Stressor Regenschirm, dem akustischen Stressor Glockengeläut, dem taktilen Stressor Gitterrosttreppe und dem den Gleichgewichtssinn ansprechenden Stressor des Wackelbretts. Dieser Reizphase der Untersuchung gingen zehn Minuten der Ruhe zur Gewöhnung an die Messtechnik voraus (Vorlaufphase), ebenso folgten zehn Minuten der Entspannung nach Beendigung der Reizphase (Nachlaufphase). Es erfolgte eine detaillierte Verhaltensanalyse mit Hilfe des Software-Programms Interact®. Die Untersuchung physiologischer Prozesse erfolgte nach chronobiologischen Gesichtspunkten. Dabei wurden die erfassten Originaldaten der Muskelaktivität, des Hautpotentials und der Herzfrequenz der Hunde der biorhythmometrischen Zeitreihenanalyse unterzogen. Nach Eliminierung von Störwerten konnte eine Analyse der Periodizität dieser Parameter erfolgen. Dabei wurde die Sympathikusaktivität aus der Herzratenvariabilität abgeleitet. Es wurden unterschiedliche Herangehensweisen gewählt, um die Regulationsprozesse der Hunde zu analysieren. Dabei wurde insbesondere den aufgetretenen Regulationszuständen große Beachtung geschenkt. Neben der Verteilung auf die verschiedenen Bereiche des „Periodischen Systems der Regulationszustände“ wurde deren Auftrittshäufigkeit, Auftrittsdauer sowie der Zeitpunkt des Auftretens untersucht. Dies erfolgte stets im Zusammenhang zum dokumentierten Verhalten der Hunde. Diese Untersuchung erbrachte eine Reihe neuer Erkenntnisse zur chronobiologischen Regulation der Hunde. Es konnte gezeigt werden, dass eine starke, sowohl kognitive als auch emotionale Beanspruchung der Hunde in Abhängigkeit großer individueller Unterschiede, einerseits zu einer ausgeprägten Aktivierung der regulatorischen Prozesse, andererseits zu einer andauernden Deaktivierung führen kann. Dabei zeigte sich ein Zusammenhang zwischen dem Wesen der Hunde sowie deren Stressbelastbarkeit und der Art und Weise des Regulationsverlaufs. Eine Aktivierung der Regulationsprozesse bedeutet eine Zunahme überwiegend kurzer Periodenlängen, was für den Organismus einen hohen Energieaufwand bedeutet. Dies stellte sich in der vorliegenden Arbeit als eine Reaktion auf exogene Stressoren dar, die dem Körper eine Anpassung an die gegebene Situation ermöglichte. In der untersuchten Hundegruppe konnte eine Anpassungsfähigkeit sehr unterschiedlicher Güte und Ausprägung festgestellt werden. Es konnten interessante Erkenntnisse über den Zusammenhang einiger ausgewählter Regulationszustände und dem Verhalten der Hunde gewonnen werden. So beispielsweise für den Regulationszustand 34, der bei stereotyper Regulation gehäuft im Zusammenhang mit Situationen sozialer oder Umwelt-Unsicherheit gefunden werden konnte. Hier standen Verhaltensmerkmale wie Licking Intention, tiefe Kopfhaltung, Stehen mit zunehmendem Einknicken in den Gelenken sowie das Besitzerverhalten Leinenzug oder Ansprache des Hundes im Vordergrund. Vergleichbare Ergebnisse resultierten aus der Analyse des Regulationszustands 24 bei etwas besserer Regulationsgüte. Der Regulationszustand 31 stereotyp hyperdeaktivierter Regulation stand sowohl im Zusammenhang mit einer Erschöpfungsreaktion des regulatorischen Systems nach starker vorheriger Beanspruchung (Überlastung), als auch mit kognitiver Erleichterung nach Beendigung der Reizphase. Für den Regulationszustand 37 stereotyp hyperaktivierter Regulation konnte bei zunehmender Stressoreinwirkung eine vermehrte Auftrittshäufigkeit gefunden werden. Die Erkenntnisse, die in dieser Studie erlangt wurden, bieten eine Vielzahl von Ansatzpunkten für folgende Untersuchungen. Eine Kooperation dieser beiden Disziplinen - der ethologischen Verhaltensbeobachtung an Hunden und der Chronobiologischen Regulationsdiagnostik - scheint in jedem Fall eine Bereicherung für beide Fachgebiete darzustellen. So könnte die Chronobiologie unter anderem eine hilfreiche Unterstützung bei der Beurteilung von Stressbelastbarkeit in der Gebrauchshundeausbildung darstellen, sowie für die Verhaltensbeurteilung von Hunden begleitend zum Wesenstest eingesetzt werden.
This thesis is the first to bring together the methods of traditional behavioral observation, based on the ethograms of dogs, and chronobiological regulation diagnostics. 57 German shepherd dogs –belonging to either private households or the police– were filmed in stressful situations, and a synchronous measurement of physiological parameters was conducted. The animals were confronted with four different stressors: the optical stressor “umbrella”, the acoustic stressor “bell-ringing”, the tactile stressor “gridiron steps” and the stressor “wiggling board”, pertaining to the sense of balance. The stimulus phase of the research was preceded by 10 minutes of silence to facilitate an acclimatization with the measuring technique (“approach phase”); and it was followed by ten minutes of relaxation (“relaxation phase”). A detailed behavioral analysis was undertaken, employing “Interact®”, a software program. The examination of physiological processes was based on chronobiological criteria: The collected original data of the muscular activity, the skin potential and the heart rate of the dogs were subjected to a biorhythmometric time series analysis. Upon the elimination of disruptive factors, an analysis of the periodicity of these parameters was carried out. The sympathetic nervous activity was thereby derived from the variability of the heart rate. Several different approaches were chosen to analyze regulatory processes, emphasizing in particular the observed regulatory states, which, apart from an allocation to the different zones of the “Periodic System of Regulation States”, were analyzed with regard to their frequency, duration and time of occurrence. This breakdown was executed in conjunction with the documented behavior of the dogs. The research produced a variety of new findings regarding the chronobiological regulation of dogs. It was shown that a strong cognitive and emotional stress imposed on them –barring considerable individual differences– can lead to either a pronounced activation or an enduring deactivation of regulatory processes. Concurrently, a correlation between the “nature” of the dogs and their stress resistance on one hand and the modality of regulation process on the other hand was revealed. The activation of regulatory processes leads to an increase of predominantly short periodic durations, which translates to enhanced energy expenditure for the organism. This fact constituted a reaction to exogenous stressors, which enabled the body to adapt to a given situation. In the researched sample of dogs, the animals displayed considerable differences regarding both the quality and the degree of their adaptability. Some interesting findings about the correlation between selected regulatory states and the behavior of the dogs were made; for example regarding regulatory state 34, which, in the case of stereotypical regulation, occurred mostly in a context with social or environmental insecurity. Behavioral traits such as Licking Intention, a lowered head posture, standing with bent joints and also the dog owner’s behavior (pulling the leash, verbal communication) were pivotal in this context. Comparable results were derived from the breakdown of regulatory state 24, at a slightly improved regulatory quality. Regulatory state 31 (stereotypically hyperdeactivated regulation) correlated with both fatigue of the regulatory system after a strong previous overstress and a cognitive relief upon ending the stimulus phase. Regulatory state 37 (stereotypically hyperactivated regulation) appeared more often when the impact of stressors was increased. The findings made in this thesis provide a variety of departure points for subsequent studies. A cooperation of the two disciplines –ethological behavioral observation of dogs and chronobiological regulatory diagnostics– appears to yield an added value for both subjects; i.e., chronobiology could provide valuable support in the examination of stress resistance at trainings for working dogs as well as for complementary behavioral analysis in the field of character testing.