Bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) ist eine Depression im Sinne einer unipolaren depressiven Störung oder klinisch unterschwelligen, aber anhaltenden depressiven Symptomen zwei bis dreimal häufiger als in der Allgemeinbevölkerung. Innerhalb der ersten 12 Monate nach einem akuten Myokardinfarkt haben fast 20% der Patienten eine Major Depression (moderate bis schwere depressive Episode). Depressive Symptome beeinträchtigen die Lebensqualität der Patienten über die zu erwartenden Funktionseinschränkungen durch die KHK-Grunderkrankung hinaus, erhöhen die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen, komplizieren die Behandlung durch geringere Therapieadhärenz der Patienten und sind darüber hinaus mit einer schlechteren medizinischen Prognose (kardiale Ereignisse und Mortalität) assoziiert. In den vorliegenden Arbeiten konnte gezeigt werden, dass dieses prognostische Risiko unabhängig von somatischen Komorbiditäten, etablierten prognostischen Faktoren bei KHK (beispielsweise Alter, Hypertonie), von Markern, die den Schweregrad einer KHK abbilden (zum Beispiel linksventrikuläre Ejektionsfraktion) und von der Einnahme von Antidepressiva ist. Aufgrund der großen Heterogenität depressiver Störungen bezüglich Schweregrad, Symptomatik und Verlauf wurde versucht, innerhalb des breiten Phänotyps „Depression“ Subtypen zu identifizieren, die eine verbesserte Risikostratifizierung bei KHK-Patienten erlauben. So konnte gezeigt werden, dass von den beiden Leitsymptomen einer Depression lediglich Anhedonie (Freudlosigkeit, vermindertes Interesse), nicht aber depressive Verstimmung mit einem erhöhten Risiko für kardiale Ereignisse und Mortalität nach einem AKS (Myokardinfarkt oder instabile Angina) assoziiert war. Dieser Befund wurde mittlerweile in verschiedenen Kohorten repliziert. Dennoch muss die epidemiologische Datenbasis zur prognostischen Bedeutung von Depression und ihren Subtypen bei etablierter KHK weiterhin kontinuierlich ausgebaut werden. Erstmals wurde an einer Kohorte von Patienten mit AKS gezeigt, dass eingeschränkte Medikamentenadhärenz einen Teil der verschlechterten Prognose depressiver Patienten erklären kann. Darüber hinausging eine Verbesserung depressiver Symptomatik einer Verbesserung in der Medikamentenadhärenz zeitlich voraus. Daraus ergibt sich ein konkreter Ansatzpunkt für präventive Maßnahmen zur Verbesserung der Therapieadhärenz, die unter Umständen durch gezielte Depressions-Screenings und –Behandlung effektiver gestaltet werden können. Zur Behandlung depressiver Störungen bei KHK-Patienten steht eine Vielzahl von pharmakologischen und nicht- pharmakologischen Therapien zur Verfügung. Selektive Serotonin- Wiederaufnahmehemmer gelten bislang als sichere Antidepressiva für diese Patientengruppe, allerdings ist die Datenlage diesbezüglich ungenügend. Weiterhin sind Depressions-Monotherapien bei KHK-Patienten nur moderat wirksam in der Reduktion depressiver Symptomatik, und bislang wurde keine Verbesserung der kardialen Prognose der Patienten erzielt. Ein „Enhanced Depression Care“ Ansatz hingegen, bei dem ein gestuftes Behandlungsmodell mit Teamsupervision und Berücksichtigung von Patientenpräferenzen bezüglich pharmakologischer versus nicht-pharmakologischer Therapie kombiniert wurde, führte zu einer signifikanten Verbesserung der Behandlungszufriedenheit bei Männern und Frauen, einer größeren Effektstärke in der Reduktion der depressiven Symptomatik als in bisherigen Studien erzielt, sowie einer signifikanten Reduktion kardialer Ereignisse über sechs Monate. Empirische Belege für die (Kosten-) Effektivität eines systematischen Depressions-Screenings bei KHK- Patienten fehlen noch, und so bleiben Forderungen nach der Einführung eines solchen Screenings in der Praxis umstritten. Benötigt werden weiterhin Studien, die eine gezielte Abschätzung des Versorgungsaufwandes, der mit einem systematischen Depressions-Screening bei KHK-Patienten und daran anschließenden Interventionen (von einer ausführlichen Diagnostik über ein Monitoring der Symptomatik bis hin zum Einsatz verschiedener therapeutischer Maßnahmen) verbunden ist, ermöglichen. Ohne die Etablierung von Ressourcen für diese Behandlungsangebote ist ein Screening ethisch nicht vertretbar. Auf der anderen Seite ist auch eine Nicht-Erkennung und Nicht-Behandlung depressiver Störungen und anhaltender klinisch-unterschwelliger depressiver Symptomatik problematisch. Aktuell gilt es, praxistaugliche und kostengünstige Therapieangebote für KHK-Patienten weiterzuentwickeln. Möglichkeiten für eine koordinierte, idealerweise integrierte Versorgung von KHK-Patienten mit komorbider Depression in stationären und ambulanten Settings sollten untersucht und ihre Akzeptanz bei Patienten, die längerfristige Sicherheit und (Kosten-) Effektivität evaluiert werden.
Depression is a common comorbid condition in patients with coronary heart disease (CHD) which causes substantial burden of disease. Furthermore, depression negatively impacts the medical prognosis of CHD patients. After an acute coronary syndrome (acute myocardial infarction or unstable angina), patients with a major depressive episode as well as patients with subthreshold depression symptoms are at increased risk for re-hospitalization for a major adverse cardiac event and mortality. This increased risk is independent of the presence of medical comorbidities, the severity of the CHD and known prognostic risk factors such as age, hypertension, hypercholesterolemia and diabetes, and independent of the intake of antidepressant medication. Of the two core depression symptoms, anhedonia (the loss of ability to experience pleasure), but not depressed mood (marked by sadness, tearfulness and distress), marks this increased prognostic risk. After an acute coronary syndrome, patients with depression are three times more likely to poorly adhere to cardioprotective medication than patients without depression, and this poorer adherence in part explains their increased prognostic risk. When depressive symptoms decrease, medication adherence increases subsequently, and vice versa, suggesting that interventions to improve medication adherence should take into account depression as a possible barrier. Several intervention studies have shown that depression can be effectively treated with pharmacotherapy in CHD patients. However, treatment effects of mono- therapeutic approaches are modest at best and have not resulted in improvements in patients’ cardiac prognosis. An “Enhanced Depression Care” approach, with a stepped treatment algorithm, close depression care supervision, and initial patient preference for problem-solving therapy and/or pharmacotherapy resulted in a significant improvement in satisfaction with care in both men and women, a greater reduction in depression symptoms than was achieved in previous intervention studies, and a significant reduction in major cardiac events across the intervention period. This approach awaits further evaluation in multicenter studies with larger sample sizes. Further research should assess the feasibility, acceptability, safety and cost- effectiveness of integrating collaborative models of depression care for CHD patients into existing health care services.