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Die Macht der Abwesenheit

Zur städtebaulichen Gestaltungsdebatte um den Stadtplatz unter dem Berliner Fernsehturm

Pfeiffer-Kloss, Verena

ISR Impulse Online (bis Bd. 50: ISR Graue Reihe)

Die Publikation widmet sich der Neu-Initiierung der Gestaltungsdebatte um den Stadtplatz unter dem Berliner Fernsehturm und das Marx-Engels-Forum in den Jahren 2009/10, die 2014 noch nicht abgeschlossen ist. Das einst an dieser Stelle gewesene historische Stadtviertel und dessen Rekonstruktion einerseits sowie eine noch fehlende Planungsidee für eine Freiraumgestaltung andererseits waren 2009/10 die sich gegenüberstehenden Positionen. Der vorliegenden Untersuchung liegt die Frage zugrunde, was diese Debatte so scheinbar unlösbar, so emotional macht und was sie seit so vielen Jahren am Leben hält. Es ist Gegenstand dieser Arbeit aufzuzeigen, dass es sich um eine Debatte um Abwesenheit handelt, bei der nicht mehr oder noch nicht vorhandene Gebäude, Stadtstrukturen und städtebauliche Konstellationen die bestehende Gestaltung aus der Wahrnehmung ausblenden. Ziel ist es, die aktuelle Debatte in die Planungsgeschichte dieses Ortes einzuordnen, Gedanken für den zukünftigen Umgang mit dem Ort daraus abzuleiten und Abwesenheit als Parameter für Stadtplanung und Denkmalpflege begrifflich-konzeptionell fassbar und für den städtebaulichen Diskurs operationalisierbar zu machen. Etwas, das abwesend ist, ist physisch nicht anwesend, es war aber entweder einst vorhanden oder es soll in Zukunft vorhanden sein und kann daher als unscharfe, individuelle Konstruktion bei der Betrachtung und Planung für einen Ort mitgedacht werden und Einfluss auf die Entscheidungen nehmen. Dann nimmt das Abwesende städtebauliche Gestaltungsmacht an. Durch die Betrachtung der Rolle von Abwesenheit in der Debatte um den Stadtplatz und das Forum sollen neue Ansätze für das Verständnis und die Bewertung der heutigen städtebaulichen Situation für das Gebiet, die Gestaltungsdebatte und die in diese eingebrachten Vorschläge gewonnen werden. Kann Abwesenheit eine Rolle für das Verständnis des Anwesenden und der heutigen Wünsche für das Gebiet spielen? Welche Arten von Abwesenheit gibt und gab es auf dem Areal heute und historisch? Welche Rolle spielen und spielten sie für die Entwicklung des Gebiets? Eröffnet die Auseinandersetzung mit dem Thema Abwesenheit neue Perspektiven, die in der Gestaltungsdebatte eingebracht werden können? Die Geschichte des Gebietes einschließlich der heutigen Debatte ist eine Geschichte der Produktion, Wahrnehmung und Ablehnung von Abwesenheit. Abwesenheit ist damit Parameter des städtebaulichen Diskurses um den Ort und konstituierendes Element seiner heutigen Wertigkeit.
This publication deals with the Re-Initiation of the debate concerning the urban design of the plaza beneath Berlin’s TV-Tower and Marx-Engels-Forum. The debate started in 2009 and hasn’t been finished by 2014. In 2009, the confronting positions were the research on the former historical city quarter and its reconstruction on the one hand and the search for a new design of the area as an urban greenspace on the other hand. The research interest is to find out what makes this debate so seemingly unsolvable, so emotional and what it is that has keept it alive for years. It is the topic of this book to point out that it is a debate about absence, in which buildings, urban structures and urban functions which don’t exist anymore or do not exist yet are so present that they cover the current design of the place. It is the aim of this consideration to integrate the current debate into the history of theses places, to derive ideas for the future work with these squares and to define absence and make it operationable as a parameter in the discurse on urban planning and heritage conservation. Something which is absent, is not physically present. But it either has been present or is planned to exist in the future. Therefore it can be present as a blurry, individual construction and thus play a part in planning processes. So the absence gains influence on urban design. The research on the power of absence in the debate about the plaza and Marx-Engels-Forum is carried out to develop new approaches for the understanding and validation of the current design and the debate. Can the consideration of absence help to understand the present situation and the whishes for the future development? Which kinds of absence are there today and have been there in former days? How important are they and have they been for the development of this area? Does absence open up new perspectives which could play a part in the current debate? The history of the area including the current debate on its design is a history of production, perception and rejection of absence. Absence is therefore a parameter in the urban design discurse on this place and a constitutional element of its contemporary meaning.
Published by Universitätsverlag der TU Berlin, ISBN 978-3-7983-2739-9 ISSN 2199-8728