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Evangeliar (Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 56)

Bibliographische Beschreibung

Sammeltitel
Evangeliar
Entstehungsort
Umkreis der Freisinger Malerschule
Entstehungszeit
3. Viertel 9. Jh.
Beschreibstoff
Pergament
Umfang
139 Blätter
Format
330 mm x 262 mm
Persistenter Identifier
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-1791 Persistent Identifier (URN)
Weitere Angaben
Land
Deutschland
Ort
Köln
Sammlung
Dombibliothek
Signatur
Cod. 56
Alternative Signatur
Dom Hs. 56
Katalogsignatur
Jaffé/Wattenbach: LVI.
Frühere Signatur
Darmst. 2051
Katalogsignatur
Handschriftencensus Rheinland: 1016
von-Euw: 3.
Schulten-1978: 91
Alternative Signatur
Köln, Dombibliothek Hs. 56
Katalogsignatur
HMML Microfilm-No.: 35,230

Überblickbeschreibung

Evangeliar

Bis heute steht Dom Hs. 56 trotz eindeutiger Parallelen zu drei Evangeliaren der Freisinger Malerschule (München, Staatsbibl., Clm 17011, Clm 6215 und Baltimore, Walters Art Gall., W. 4) aus der Zeit Bischof Annos (854-875) seltsam isoliert unter den Handschriften des 9. Jahrhunderts. Deutlich zeichnen sich die Vorlagen ab, die das Kölner Evangeliar vor allem mit der spätesten der Freisinger Handschriften in Baltimore verbinden. Die in der Landschaft hockenden, in faltenreiche Gewänder fast eingewickelten Evangelisten entstammen derselben Tradition wie diejenigen der Handschriftengruppe des Wiener Krönungsevangeliars, die am Aachener Hof Karls des Großen (768-814) entstand, und vor allem wie diejenigen des Skriptoriums in Reims zur Zeit Erzbischof Ebos (816-835). Hier, in Reims, sind auch die von einem Giebel auf zwei z.T. durchfensterten Säulen gerahmten Kanontafeln beheimatet, die aber in Freising ohne Nachfolge blieben. Dagegen scheinen die hinter dem Rahmen auftretenden Evangelistensymbole in diesen westfränkischen karolingischen Schulen unbekannt zu sein. Sie basieren wahrscheinlich auf südostdeutscher Tradition, wie sie um 800 z.B. im Salzburger (?) Codex Millenarius (Stift Kremsmünster, Cim. 1) aufscheint und daran anschließend in Freising fortgesetzt wird (Wright 1964). Diese Weiterführung umfaßt nicht nur die Symbole, sondern auch die ausgefallene Auswahl der Vorworte, die allerdings in dem Kölner Codex nicht überliefert wird. Ohne direkte Parallele ist lediglich der etwas ungelenke Johannes aus Dom Hs. 56 (101v). In der Haltung seines Oberkörpers entspricht er einem frontal thronenden Evangelisten, der vielleicht auch dem Lukas des Evangeliars in Baltimore (126v) zugrunde gelegen hat. Der Hocker, auf dem Johannes sitzt, erinnert an die Edelsteinthrone der Ada-Handschriften vom Hof Karls des Großen. Sollten auch aus dieser Schule Vorlagen wirksam geworden sein? Hinter dieser verwirrenden Quellenlage werden weitere, möglicherweise schon durch karolingische Aneignung vermittelte Vorlagenschichten deutlich, die in die römische und griechische Spätantike zurückführen. Die Pose des Lukas (64v) und vielleicht auch die des Matthäus (10v) sowie das Mobiliar ihrer Schreibstuben verweisen auf ein (nicht erhaltenes) vorikonoklastisches Tetraevangeliar, das z.B. durch die Handschrift Stauronikita Ms.43 (Berg Athos) überliefert ist (Mütherich 1974, 1987). Eine genauere Bestimmung von dessen Ursprung ermöglichen die Kanontafeln (3r-7r). Die ungewöhnliche Neun-Zahl kommt der griechischen Redaktion nahe, die sieben oder zehn Tafeln umfaßt (gegenüber 12 oder 16 im Westen). Die Verteilung der die Konkordanzstellen enthaltenden Canones auf die einzelnen Tafeln entspricht derjenigen einer süddeutschen Handschrift aus dem 2. Viertel des 9. Jahrhunderts in München (Staatsbibl., Clm 6212), die laut Kolophon nach einer ravennatischen Vorlage des 6. Jahrhunderts kopiert wurde (Mütherich 1974, 1987). Vielleicht liegt hier auch der Ursprung für die sonst nicht nachweisbare Titelseite der Kanonfolge (2v). In die Anfänge der westlichen Evangeliartradition gehören dagegen die wenigen Glossen des Kölner Evangeliars, die womöglich noch auf die Übersetzung durch den Kirchenvater Hieronymus (347/348-419/20) zurückgehen und die in karolingischer Zeit mehrfach auftreten, unter anderem auch in Clm 17011 (Bischoff 1966). So zahlreich die Parallelen zu Freisinger Handschriften auch sein mögen, der Stil der Miniaturen ist dort wesentlich flüssiger als in Dom Hs. 56. Die Kanontafeln, der Initialstil und auch die Textredaktion folgen anderen Traditionen. Zumindest letztere scheint in Augsburg beheimatet zu sein (Mütherich 1997).

Überblickbeschreibung aus: Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung, München 1998, S. 343-344 (Ulrike Surmann)

Impressum
Herausgeber
Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln
Redaktion
Im Rahmen des DFG-Projekts CEEC bearbeitet von Patrick Sahle; Torsten Schaßan (2000-2004)
 
Bearbeitung im Rahmen des Projekts Migration der CEEC-Altdaten von Marcus Stark; Siegfried Schmidt; Harald Horst; Stefan Spengler; Patrick Dinger; Torsten Schaßan (2017-2019)
Ort
Köln
Datum
2018
URN
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-1791
PURL
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:kn28-3-1791
Lizenzangaben

Die Bilder sind unter der Lizenz CC BY-NC 4.0 veröffentlicht

Diese Beschreibung und alle Metadaten sind unter der Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 veröffentlicht

Klassifikation