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Johannes Hildesheimensis. Henricus de Langenstein. Rabbi Samuel (Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 169)

Bibliographische Beschreibung

Handschriftentitel
Johannes von Hildesheim : Historia trium regum
 
Henricus de Langenstein : Epistola de contemptu mundi
 
Rabbi Samuel: Epistola ad Rabbi Isaac de adventu Messiae Alphonso Bonihominis interprete
Entstehungszeit
15. Jh.
Beschreibstoff
Papier und Pergament
Umfang
92 Blätter
Format
293 mm x 208 mm
Persistenter Identifier
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-29 Persistent Identifier (URN)
Weitere Angaben
Land
Deutschland
Ort
Köln
Sammlung
Dombibliothek
Signatur
Cod. 169
Katalogsignatur
Jaffé/Wattenbach: CLXIX.
Frühere Signatur
Darmst. 2152
Katalogsignatur
Handschriftencensus Rheinland: 1123

Überblickbeschreibung

In Dom Hs. 169 wurden drei unterschiedliche Texte zusammengefaßt, die keinerlei inhaltliche Verbindung zueinander haben. Zwei Drittel des Codex (1r-61r) beansprucht die Geschichte der Heiligen Drei Könige, die wahrscheinlich von dem nach seinem Geburtsort benannten Karmeliter Johannes von Hildesheim (1310/20-1375) verfaßt worden ist. Der Autor studierte am Generalstudium seines Ordens in der päpstlichen Residenzstadt Avignon und in Paris. Er war in Kassel und Straßburg tätig und starb als Prior seines Heimatklosters Marienau bei Hameln. Die 'Historia trium regum' schrieb er im Auftrag des Kölner Domherrn Florentius von Wevelinghoven (1364 zum Bischof von Münster ernannt) - vermutlich zum 200-Jahr-Gedächtnis an die Übertragung der Dreikönigsreliquien, die 1164 Erzbischof Rainald von Dassel (1159-1167) von Mailand nach Köln überführt hatte. Schon früh war die kurze biblische Erzählung von der Huldigung des Christuskindes durch die weisen Männer (Mt 2,1-2) durch Legenden ergänzt worden, die Johannes in seiner Dreikönigsgeschichte um geographische und historische Angaben aus z.T. phantastischen Pilger- und Reiseberichten erweiterte. Die 'Historia trium regum' wurde in mehrere Sprachen übersetzt, für die Pilger zu Kurzfassungen gerafft und in ihrer deutschen Ausgabe im Jahre 1476 von Anton Sorg in Augsburg, in lateinischer Fassung 1477 von Johann Guldenschaff in Köln erstmals gedruckt. Trotz ihrer großen Verbreitung geriet die Erzählung des Johannes von Hildesheim in Vergessenheit, bis Johann Wolfgang von Goethe sie im Herbst 1819 wiederentdeckte und Gustav Schwab zu einer deutschen Übersetzung animierte. Seinem Freund Sulpiz Boisserée schrieb er: " Geschichte, Überlieferung, Mögliches, Unwahrscheinliches, Fabelhaftes mit Natürlichem, Wahrscheinlichem, Wirklichem bis zur individuellen Schilderung zusammengeschmolzen entwaffnet wie ein Märchen alle Kritik. Drei ernste Könige mit Gefolg und Schätzen nach Belieben, herrliche Mutter und Kind mit ärmlicher Umgebung, fromme tüchtige Ritter, eilftausend hübsche Mädchen - das ist doch ein Element, worin der Künstler sich ergehen und fromm mit den Fröhlichen sein kann." (zitiert nach E. Christern, in: KDB 14/15 [1958], S. 162; F.J. Worstbrock/S.C. Harris, in: VL 4, Sp. 638ff.).

Der zweite, von derselben Hand geschriebene Text (62r-66r), stammt von einem der bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit, dem in Hessen geborenen und 1397 in Wien verstorbenen Heinrich von Langenstein. Er studierte und lehrte an der Universität von Paris, bevor ihn 1384 Herzog Albrecht III. von Österreich an die Universität von Wien berief, wo er sich an der Studienreform beteiligte und 1393/94 als Rektor wirkte (T. Hollmann/G. Kreuzer, in: VL 3, Sp. 763f.). Den in Dom Hs. 169 überlieferten Brief schrieb er wohl während seines Aufenthaltes im Zisterzienserkloster Eberbach/Rheingau im Jahre 1383 an Eberhard von Ypelborn (gest. 1414/1419). Dieser war soeben zum Domdekan in Mainz ernannt worden, weshalb Heinrich ihn daran erinnerte, daß "ein Prälat sich seiner Verantwortung bewußt sein solle und nicht durch Ungerechtigkeit und Stolz Ärgernis erregen dürfe." (Heilig 1932).

Der letzte Text in Dom Hs. 169 wurde wohl von einem anderen Schreiber angefügt (72r-88r). Sein Autor ist der spanische Dominikaner Alfonsus Bonihominis, der 1344 zum Bischof von Marokko ernannt wurde und vermutlich 1353 starb. Er tat sich als Übersetzer christlich-arabischer Werke hervor. Sehr verbreitet war der kurz vor 1339 wahrscheinlich auf der Grundlage eines arabischen Traktates von Samau'ul Ben Judah Ibn Abbas von ihm selbst verfaßte Brief des zum Christentum konvertierten Rabbis Samuel an Rabbi Isaak. In der Art mittelalterlicher jüdischer Literatur beginnt er mit der Frage nach dem Grund für die Verdammung des jüdischen Volkes, die der Rabbi autoritativ mit dem Hinweis auf die Erfüllung der messianischen Prophetien durch Christus und die Ablösung des Alten durch den Neuen Bund beantwortet (E. Schütz, in: VL 1, Sp. 236; K.H. Keller, in: VL 7, Sp. 85).

Die Handschrift ist zwar sehr sorgfältig geschrieben, doch nur einfach ausgestattet, wurde also weniger zur Repräsentation, als vielmehr zur - vielleicht sogar privaten - Lektüre angefertigt. Die Kursivschrift verweist auf das 15.Jahrhundert, ohne daß eine exaktere räumliche oder zeitliche Einordnung möglich wäre.

Überblickbeschreibung aus: Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung, München 1998, S. 531-532 (Ulrike Surmann)

Impressum
Herausgeber
Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln
Redaktion
Im Rahmen des DFG-Projekts CEEC bearbeitet von Patrick Sahle; Torsten Schaßan (2000-2004)
 
Bearbeitung im Rahmen des Projekts Migration der CEEC-Altdaten von Marcus Stark; Siegfried Schmidt; Harald Horst; Stefan Spengler; Patrick Dinger; Torsten Schaßan (2017-2019)
Ort
Köln
Datum
2018
URN
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-29
PURL
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:kn28-3-29
Lizenzangaben

Die Bilder sind unter der Lizenz CC BY-NC 4.0 veröffentlicht

Diese Beschreibung und alle Metadaten sind unter der Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 veröffentlicht

Klassifikation