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Collectio canonum "Collectio Coloniensis" (Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 212)

Bibliographische Beschreibung

Sammeltitel
Kirchenrechtliche Sammelhandschrift
Entstehungsort
Südfrankreich
Entstehungszeit
Ende 6. Jh.
Beschreibstoff
Pergament
Umfang
II + 171 Blätter
Format
334 mm x 266 mm
Persistenter Identifier
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-937 Persistent Identifier (URN)
Weitere Angaben
Land
Deutschland
Ort
Köln
Sammlung
Dombibliothek
Signatur
Cod. 212
Katalogsignatur
Jaffé/Wattenbach: CCXII.
Frühere Signatur
Darmst. 2326
Katalogsignatur
Handschriftencensus Rheinland: 1157
Clemen: 1.

Überblickbeschreibung

Kirchenrechtliche Sammelhandschrift

Die Handschrift ist ein bedeutendes Zeugnis des Kirchenrechts und der Kirchenrechtsgeschichte, aber auch der spätantiken Buchkunst in ihrem Übergang zur mittelalterlichen. Die Textfolgen legen eine Entstehung dieser Sammlung von Konzilsbeschlüssen (Canones) und päpstlichen Schreiben zu Rechtsfragen (Dekrete) um die Mitte des 6. Jahrhunderts in Südgallien (Lyon, Marseille) nahe. Sie entstand offenbar im Anschluß an die gallischen Konzilien und darf zu jenen Werken gezählt werden, die der Reform der merowingischen Kirche dienen sollten. Diese Sammlungen mündeten alsdann in die vetus Gallica' ein, zu deren Vorläufern auch die Texte unserer Handschrift gehören (vgl. Mordek 1975, S. 37ff.). Neben den auf der Ausgabe der Canones des Dionysius Exiguus (gest.vor 556) beruhenden Apostelcanones und den Canones der griechischen Konzilien (I) bringt die Sammlung Canones der Konzile Galliens sowie entsprechende Synodalschreiben und Dekrete (II-IV). Da der jüngste Text (115vff.) die Canones des 5. Konzils von Orléans (549) enthält, kann die Sammlung nicht vor der Mitte des 6. Jahrhunderts entstanden sein. Zum Schluß bringt sie Akten und Schreiben, in denen der Monophysitismus verurteilt wird, den Eutyches von Konstantinopel (um 378-nach 454) vertrat. Er gestand Christus nur eine Natur, nämlich die göttliche, zu. Diese Lehre wurde auf dem ökumenischen Konzil von Chalkedon (451) verurteilt, dessen Canones die Handschrift jedoch nicht enthält.

An der Entstehung des Buches waren mehrere Schreiber beteiligt, die in der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts in Südgallien (Lérins, Lyon, Marseille) tätig gewesen sein müssen. Offensichtlich besorgten sie auch den Schmuck, der in einzelnen Lagen verschieden ausfällt. Die ersten elf Lagen enthalten keinen farbigen Initialschmuck. Er findet sich vorwiegend in den Canones usw. der gallischen Konzilien (Lagen 12-18). Die Initialen sind zumeist Unzialbuchstaben, die bisweilen als Kreuz ausgezeichnet werden (91r, 98r). Das wesentliche Element bei fast allen beteiligten Händen bildet der Fisch als Initialkörper. Er hat zwei Urformen, nämlich den Delphin (113r, 132v, 143r) und den gewöhnlichen Fisch (93v, 129v), dessen Kopf gleichsam zu einem Vogelschnabel zugespitzt ist. Eine besondere Auszeichnung erhält die Initiale d(ilectissimo) (123v) durch die Bekrönung mit dem Kreuz sowie einem an der Traube pickenden Vogel. Die in den Farben Minium, Grün, Gelb und Purpur gehaltene Füllung von Buchstabenkörpern der Titel und Initialen findet sich vorwiegend in den Lagen 17-20.

Bemerkenswert ist der Schmuck des Textendes in feiner Federzeichnung (167v). Auch hier zeigt sich am Vorkommen des Kantharos (Henkelvase), ähnlich wie am Delphin im Initialschmuck, das unmittelbare Entwachsen dieser Kunst aus der Spätantike. Der Kantharos findet sich zudem als Schmuck der Kapitelle der Doppelarkaden mit dem Papstkatalog (168v-169r). Sie stammen ohne Zweifel von der Hand des Explicit-Schreibers, wodurch das "Diptychon" mit der Päpsteliste unmittelbar als zur Handschrift gehörig ausgewiesen ist. Daß Schreiber A die Liste mit Agapit I. (535-536) abbricht, muß nicht bedeuten, daß die Handschrift bereits in den dreißiger Jahren des 6. Jahrhunderts entstand. Wahrscheinlich reichte die Vorlage nur bis zu Agapit I. Das fehlende Todesdatum Gregors I. (590-604) dürfte ausschlaggebend für die Datierung der Handschrift gegen Ende des 6. Jahrhunderts sein.

Mit seinen Fisch- und Vogelformen, vor allem den Delphinvarianten, steht das Werk insofern am Beginn der merowingischen Buchmalerei, als es die Fische nicht zu Schematismen prägt, die mit dem Zirkel gezeichnet sind, sondern sie in natürlicher Form beläßt (z.B. 122r). Die Zierschrift des Titels Z(osimus) etc. leitet farblich mit dem Minium, Grün und Gelb zur nachfolgenden Initiale über (122r). Im 8. Jahrhundert werden die merowingischen Künstler in den Skriptorien von Chelles und Luxeuil mit diesen Farben und Formen in ihren künstlerisch bedeutendsten Handschriften (Rom, Bibl. Vaticana, Reg. lat. 316 und 317) eine hochstilisierte Buchkunst entwickeln. Unsere Handschrift enthält in Lage 16f. zudem Initialen, die Ansätze zu vegetabilem Schmuck zeigen (109r, 122v). Auch sie werden in merowingischen Handschriften (z.B. Rom, Bibl. Vaticana, Pal. lat. 493) zu vollkommenen Gebilden entwickelt (vgl. Zimmermann 1916, S. 168ff., Taf. 44ff.).

Überblickbeschreibung aus: Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung, München 1998, S. 105-106 (Anton von Euw)

Impressum
Herausgeber
Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln
Redaktion
Im Rahmen des DFG-Projekts CEEC bearbeitet von Patrick Sahle; Torsten Schaßan (2000-2004)
 
Bearbeitung im Rahmen des Projekts Migration der CEEC-Altdaten von Marcus Stark; Siegfried Schmidt; Harald Horst; Stefan Spengler; Patrick Dinger; Torsten Schaßan (2017-2019)
Ort
Köln
Datum
2018
URN
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-937
PURL
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:kn28-3-937
Lizenzangaben

Die Bilder sind unter der Lizenz CC BY-NC 4.0 veröffentlicht

Diese Beschreibung und alle Metadaten sind unter der Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 veröffentlicht

Klassifikation