Empirische Untersuchung zur Benotung in der staatlichen Pflichtfachprüfung und in der zweiten juristischen Staatsprüfung in Nordrhein-Westfalen von 2006 bis 2016

  • Anhand der Analysen von bis zu 18.000 Ergebnissen der ersten und zweiten juristischen Staatsprüfungen in Nordrhein-Westfalen (NRW) aus den Jahren 2006 bis 2016 wurde untersucht, inwieweit Unterschiede in der Benotung von (a) Männern und Frauen und (b) von Personen mit bzw. ohne Indikatoren für einen Migrationshintergrund bestehen. Frauen erzielen sowohl in der ersten juristischen Prüfung als auch im zweiten Staatsexamen schlechtere Noten als Männer. Ein klarer zeitlicher Trend in diesen Geschlechterunterschieden lässt sich nicht finden. Die Unterschiede in beiden Examen sind ähnlich stark ausgeprägt. Die Unterschiede im zweiten Examen bleiben nach Kontrolle für die Note aus dem 1. Examen – auf einem niedrigen Niveau – statistisch signifikant. Frauen erreichen sowohl im ersten als auch im zweiten Examen mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit als Männer eine Prädikatsnote. In den mündlichen Noten sind größere Geschlechterunterschiede zu beobachten als in den schriftlichen Noten (zweites Examen). Diese Unterschiede bleiben auch bestehen, wenn für die Note aus dem schriftlichen Teil und/oder aus dem ersten Examen kontrolliert wird. Die Wahrscheinlichkeit, mit einer guten mündlichen Note die relevante Schwelle für eine Gesamtnote über der nächsten Noten-Stufe (z.B. über 9,0 Punkte) zu erreichen, ist – selbst bei identischen schriftlichen Noten – bei Männern deutlich höher als bei Frauen. Dieser Geschlechterunterschied verschwindet jedoch, wenn mindestens eine Frau Teil der Prüfungskommission in der mündlichen Prüfung ist. Die Zusammensetzung der Kommission hat damit einen ausgleichenden Effekt auf das Erreichen der nächsten Noten-Stufe. Der Effekt ist jedoch lokal, d.h. auf die mündliche Note rund um die jeweiligen Schwellenwerte begrenzt; auf die Geschlechtsunterschiede in der durchschnittlichen Gesamtnote hat die Zusammensetzung der Kommission der mündlichen Prüfung keinen statistisch signifikanten Effekt. Differenziert man im Datensatz anhand der Indikatoren für Migrationshintergrund, so ergeben sich die folgenden zentralen Ergebnisse: Alle Indikatoren eines Migrationshintergrunds (d.h. Geburtsort im Ausland, keine deutsche Staatsangehörigkeit, Namensursprung im Ausland) weisen einen deutlichen negativen Zusammenhang mit den Noten im ersten und zweiten Examen auf. Die Effektgrößen sind in beiden Examen ähnlich stark ausgeprägt und bestehen im zweiten Examen tendenziell auch nach Kontrolle für die Note aus dem ersten Examen. Es ist wiederum kein klarer zeitlicher Trend in den Notenunterschieden zu beobachten. Der Einfluss der Migrationsindikatoren ist dabei deutlich größer als der Geschlechtereffekt. Ähnlich wie bei den Geschlechtsunterschieden zeigen sich stärkere negative Effekte bei den mündlichen als bei den schriftlichen Noten. Die Unterschiede in den mündlichen Noten bleiben auch bei Kontrolle für die Noten aus dem schriftlichen Teil und/oder dem ersten Examen bestehen. Personen mit Migrationshintergrund erreichen sowohl im ersten als auch im zweiten Examen mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit ein Prädikat. Sie weisen ferner eine deutlich geringere Wahrscheinlichkeit auf, mit einer guten mündlichen Note die Schwelle für eine Gesamtnote in der nächsthöheren Noten-Stufe zu erreichen. Vergleiche zwischen Migranten der ersten und zweiten (bzw. höheren) Generation liefern vor allem für das erste Examen schwache Evidenz für positive Integrationseffekte. Gleichzeitig deuten einige Resultate auf strukturelle, gruppenspezifische Effekte (Herkunft) hin. Aufgrund der eingeschränkten Fallzahlen (zwar haben rd. 14% der beobachteten Studierenden einen Migrationshintergrund, eine Differenzierung innerhalb dieser Gruppe führt jedoch zu sehr kleinen Subgruppen) sind diesbezüglich aber keine verlässlichen Aussagen möglich.
Metadaten
Document Type:Working Paper
Language:German
Author(s):Andreas Glöckner, Emanuel Towfigh, Christian Traxler
Subtitle (German):Projektbericht für das Justizministeriums NRW, December 2017
Publication year:2017
Publishing Institution:Hertie School
Number pages:62
Related URL:https://www.justiz.nrw/JM/schwerpunkte/juristenausbildung/180331-v_fin-Abschlussbericht-korr1.pdf
Release Date:2018/10/01
Licence of document (German):Metadaten / metadata
Licence of document (German):Metadaten (öffentlich), post-print
Verstanden ✔
Diese Webseite verwendet technisch erforderliche Session-Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie diesem zu. Unsere Datenschutzerklärung finden Sie hier.