Die Inschriften der Stadt Xanten

Geleitwort

Der vorliegende Band der Reihe „Die Deutschen Inschriften“ ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Paul Ley, der die Xantener Inschriften erfasst und maßgeblich bearbeitet hat, und der Bonner Arbeitsstelle „Deutsche Inschriften“.

Paul Ley, ehemaliger Studiendirektor am Xantener Stiftsgymnasium, wo er Latein und Katholische Religion unterrichtete, arbeitete bereits an einem Projekt „Xantener Inschriften aus dem Bereich Dom und Immunität“, als sich Frau Elisabeth Maas, M.A., die heutige stellvertretende Leiterin des Stiftsmuseums Xanten und damals Mitarbeiterin von Domschatzkammer – Stiftsarchiv – Stiftsbibliothek Xanten an die Bonner Arbeitsstelle wandte und eine Kooperation anregte. Nach einer Besprechung 2008, an der neben Paul Ley Dr. Udo Grote, damals Diözesankonservator des Bistums Münster und Domkustos des Münsteraner Domes und heute auch Direktor des Stiftsmuseums in Xanten, Frau Elisabeth Maas sowie seitens der Bonner Arbeitsstelle Dr. Helga Giersiepen, Dr. Ulrike Spengler-Reffgen sowie der damalige Arbeitsstellenleiter Prof. Dr. Theo Kölzer teilnahmen, wurde eine Kooperation beschlossen. Paul Ley konnte zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Materialsammlungen mit dem Titel „Steinerne Zeugen. Die Epitaphe und Grabplatten des Xantener Domes. Eine Dokumentation für die Stiftsbibliothek Xanten“ sowie „Xantener Inschriften. Eine Dokumentation für die Stiftsbibliothek Xanten“ vorlegen, die 97 Inschriftenträger erfassten. Zudem hatte Paul Ley 2005 gemeinsam mit Helmut Kernder die Schrift „,Mit heiterer Stimme‘. Die Glocken des Xantener Domes“ veröffentlicht, die auch die Inschriften der Glocken, die in den Bearbeitungszeitraum der „Deutschen Inschriften“ fallen, enthält.

Die Richtlinien der „Deutschen Inschriften“ erfordern die möglichst vollständige Aufnahme der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften bis zum Jahr 1650. Erfasst werden nicht nur Bau-, Grab- und Glockeninschriften, sondern Inschriften auf Trägern unterschiedlichster Art, auf Fenstern, Altären, Leuchtern, Paramenten, Teppichen, liturgischen Geräten, Reliquiaren uvm. Ausgehend von den Vorarbeiten von Herrn Ley und der Materialsammlung der Bonner Arbeitsstelle wurden insgesamt 262 Inschriftenträger mit Texten erfasst, die zu autopsieren, edieren und kommentieren waren – eine langjährige Kärrnerarbeit, der sich Paul Ley in Kooperation mit der Bonner Arbeitsstelle unterzog.

Das große Editionsunternehmen „Deutsche Inschriften“ arbeitet seit langem mit erprobten, freilich differenzierten Bearbeitungsrichtlinien, in die sich Paul Ley von den Mitarbeiterinnen der Bonner Arbeitsstelle einführen ließ und die er dankenswerterweise für die Bearbeitung des Xantener Bestandes übernahm. Der vorliegende Band ist also vor allem sein Werk. Die Mitarbeiterinnen der Bonner Arbeitsstelle unterstützten ihn durch die redaktionelle Überarbeitung der Artikel, durch Kontrolle aller Lesungen und ggf. die Ergänzung der kunsthistorischen oder philologischen Kommentare. Sie erstellten zudem die Register, sorgten für die fotografische Aufnahme zahlreicher Inschriften, bereiteten das Layout für den Druck vor und betreuten schließlich den Prozess der Drucklegung maßgeblich mit. Helga Giersiepen verfasste dankenswerterweise die paläographischen Kommentare in den einzelnen Inschriftenartikeln und erstellte auch das paläographische Kapitel der Einleitung.

Zu Beginn der Zusammenarbeit war für die Bonner Arbeitsstelle noch nicht abzusehen, welch ein Juwel der Xantener Inschriftenbestand, der sich ganz überwiegend aus Inschriften des Domes zusammensetzt, darstellt. Eine inschriftliche Überlieferung, die Grab- und Gedenkmäler, hervorragende kirchliche Ausstattungsstücke, Paramente und Zimelien der Schatzkunst in so bemerkenswerter Zahl enthält, ist nur an wenigen Standorten im Bearbeitungsgebiet der Bonner Forschungsstelle zu finden.

Herrn Ley ist herzlich dafür zu danken, dass er sich auf das „Abenteuer Inschriften“ eingelassen und über viele Jahre hinweg mit Begeisterung und hohem Engagement die oft mühselige Kleinarbeit auf sich genommen hat, die das tägliche Brot des Editors ist.

Danken möchten wir gerne auch meinem Vorgänger auf dem Bonner Lehrstuhl und in der Leitung der Bonner Arbeitsstelle, Herrn Prof. Dr. Theo Kölzer, der das Zustandekommen dieses Bandes mit eingeleitet und seine Entstehung engagiert begleitet hat. Für ihn stellt die editorische Arbeit die Krone der historischen Forschung dar. In diesem Sinne hat er der Arbeitsstelle Inschriften [Druckseite 10] nach innen und nach außen stets den Rücken gestärkt. Wie immer gilt unser Dank auch der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste in Düsseldorf für die inzwischen langjährige Förderung unseres Projektes und die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Bonn, im Juli 2017
Andrea Stieldorf
Leiterin der Arbeitsstelle Bonn

Vorwort

Im September 2008 kam es zu einem Treffen zwischen Herrn Prof. Dr. Theo Kölzer, dem damaligen Leiter der Arbeitsstelle für Inschriften in Bonn, Frau Dr. Giersiepen und Frau Dr. Spengler-Reffgen mit der Leitung des in der Entstehung begriffenen Xantener Stiftsmuseums, Herrn Dr. Udo Grote, Kustos des Bistums Münster, und Frau Elisabeth Maas M.A. Ich wurde zu diesem Treffen eingeladen und gefragt, ob ich Interesse hätte, als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Arbeitsstelle Inschriften in Bonn die Abfassung des Bandes „Die Inschriften der Stadt Xanten“ in der Reihe „Die Deutschen Inschriften“ in Kooperation mit der Arbeitsstelle zu übernehmen; die Bereiche Redaktion, paläographischer Kommentar und Gesamtregister sollten der Leitung der Arbeitsstelle und ihren Mitarbeitern vorbehalten bleiben. Ich stimmte sofort zu, da ich auf Bitten Herrn Dr. Grotes, die Artikel von Heinrich Engelskirchen über die Inschriften im Kreuzgang zu überarbeiten und zu aktualisieren, bereits seit 2005 an den Xantener Steininschriften gearbeitet und für die Xantener Stiftsbibliothek ein umfangreiches Typoskript angefertigt hatte und weil ich jetzt eine Chance sah, mit fachkundiger Begleitung einen Beitrag zur Geschichte Xantens zu leisten. Ich selber habe in den Alten Sprachen und in Katholischer Religionslehre bis zu meiner Pensionierung auf dem Xantener Stiftsgymnasium unterrichtet. Hinzu kam, dass ich anlässlich meiner Arbeit für die Stiftsbibliothek die Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit generell schätzen gelernt hatte.

Frau Dr. Giersiepen kommt das Verdienst zu, meine Entwürfe redigiert, durch ihr umfassendes Wissen bereichert und – allgemein gesagt – dem Projekt angepasst zu haben. Zudem hat sie alle paläographischen Kommentare und das paläographische Kapitel der Einleitung verfasst. Ich bin ihr sehr dankbar für ihre Geduld und ihre Bereitschaft, den wissenschaftlichen Diskurs in freundschaftlicher und angenehmer Atmosphäre zu gestalten. Ohne sie hätte das Buch nicht geschrieben werden können.

Ich danke aber auch den übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Arbeitsstelle Bonn für ihr Engagement, mit dem sie ihre Anteile an meiner Arbeit geleistet haben. Frau Dr. Ulrike Spengler-Reffgen hat gemeinsam mit Frau Jitka Ehlers M.A. und Frau Dr. Giersiepen die mühselige Erarbeitung der Register übernommen und sich an der Redaktion der Einleitung beteiligt. Frau Kristine Weber M.A. hat das Layout der Bildtafeln, für die u. a. auch die Fotografien von Frau Dr. Sonja Hermann, assistiert von Frau Olga König M.A., im Kreuzgang des Domes verwendet wurden, erstellt und diese durch zahlreiche eigene professionelle Aufnahmen vor Ort bereichert. Zudem hat sie wichtige Hinweise zu kunsthistorischen Fragen gegeben und den kodikologischen Befund der Handschrift der Historia Xantensis erarbeitet. Ich denke gerne zurück an die belebenden Dispute mit Frau Ehlers M.A., Spezialistin für Kunstgeschichte und Fragen der mittellateinischen Philologie. Frau Ehlers war darüber hinaus an der Anfertigung des Anhangs mit Marken und Handwerkerzeichen und des Lageplans der Inschriften im Dombereich beteiligt. Zudem danke ich allen genannten Damen und Herrn Jens Kaldenbach B.A. für ihre umfangreichen Korrekturarbeiten. Herr Kaldenbach hat auch die Marken und Zeichen gezeichnet und war an der Zeichnung des Plans des Xantener Domes beteiligt, für den freundlicherweise Herr Roman Kaperyz (B. Sc. Architektur, Lemberg/Ukraine) einen Grundriss bereitgestellt hat.

Danken möchte ich auch den Damen und Herren anderer Arbeitsstellen und Universitäten, die uns auf unsere Fragen hilfreich zur Seite standen. Hervorheben möchte ich die Herren Dr. Rüdiger Fuchs, PD Dr. Michael Oberweis und Dr. Eberhard Nikitsch (Forschungsstelle Inschriften Mainz) sowie Herrn Dr. Harald Drös (Forschungsstelle Inschriften Heidelberg), die bereitwillig und sicher Hinweise zur Lesung und Analyse schwieriger Texte gaben. Darüber hinaus sei Herrn Prof. Dr. Klaus Hallof (Berlin), Frau PD Dr. Ulrike Koenen (Düsseldorf) für die Einordnung eines byzantinischen Reliquienkreuzes, Herrn Prof. Dr. Michael Brocke und Frau Dr. Nathanja Hüttenmeister (Duisburg) für die Beurteilung eines hebräischen Textes und Herrn Prof. Dr. Peter Orth (Köln) für seine Hinweise zu Fragen der lateinischen Metrik herzlich gedankt. In germanistischen Fragen standen uns die Herren Dr. Georg Cornelissen (Bonn) und Prof. em. Dr. Klaus-Peter Wegera (Bochum) mit freundlichen Hinweisen zur Seite.

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Mein Dank gilt auch den Leitern und Mitarbeitern der von mir besuchten Archive, von denen ich den Herren Dr. Martin Roelen (Stadtarchiv Wesel) und Dr. Bert Thissen (Stadtarchiv Kleve) besonders dankbar bin. Herr Dr. Roelen, der sich seit Jahrzehnten mit der niederrheinischen Familiengeschichte beschäftigt, gewährte mir bereitwillig Einblick in seine Hauptdatei, und für einen Artikel des Katalogs half mir Drs. Thissen freundlicherweise mit seinen genuinen Kenntnissen des Mittelniederländischen.

Eine Edition wie die vorliegende ist notwendigerweise vor Ort auf mannigfache Hilfe angewiesen. So habe ich es als eine Hilfe eigener Qualität empfunden, wenn die stellvertretende Leiterin des Stiftsmuseums, Frau Elisabeth Maas M.A., in Absprache mit dem Leiter des Museums, Herrn Dr. Udo Grote, und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für eine reibungslose Arbeit in ihrem Haus sorgten: Wenn ich den Lesesaal betrat, lagen die benötigten Materialien, seien es Bücher aus dem Archiv oder aus den Vitrinen des Museums, seien es Objekte aus dem Domschatz, bereits an meinem Platz. Dem Leiter der Dombauhütte, Herrn Johannes Schubert, möchte ich ebenso wie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für alle Fragen der Materialbestimmung, Steinbearbeitung, auch der Beschaffung von Fotomaterial danken. Unter ihnen verdient die durchgängige und freundschaftliche Beratung durch Herrn Torsten Knapp eine besondere Erwähnung. Für Fragen der Glasrestaurierung konnte ich mich jederzeit an Frau Gerlinde Möhrle und Frau Franziska Koch wenden. Als förderlich und ermunternd habe ich stets die freundschaftlichen Gespräche mit den Herren Dr. Jens Lieven (Universität Bochum), Dr. Michael Knieriem, Dr. Reiner Woitaschek und Dr. Ulrich Bornemann (alle Xanten) empfunden.

Alle Mitarbeiter der Arbeitsstelle sind Herrn Propst Klaus Wittke für die Erlaubnis dankbar, dass sie sich im Xantener Dom und in den übrigen Kirchen des Gemeindebezirks St. Viktor Xanten völlig frei bewegen konnten. Ich bedanke mich auch bei Frau Dr. Susanne Göbel-Langen, Herrn Stenmanns und einer Dame, die nicht namentlich genannt werden möchte, für die Erlaubnis, Objekte in ihren Privathäusern untersuchen und fotografieren zu dürfen.

Xanten, im Juli 2017
Paul Ley

1. Vorbemerkungen und Benutzungshinweise

Der vorliegende Band enthält die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften der Stadt Xanten in den Grenzen der heutigen Verwaltungseinheit zwischen den Jahren 500 und 1650. Dieser Zeitrahmen wurde konsequent eingehalten, mit Ausnahme des Batimodus-Steins aus dem 5. Jahrhundert, der den einzigen Nachweis für ein Vorhandensein von Christen in der Region beim Übergang der heidnischen Antike zum christlich geprägten Mittelalter liefert. Der Aufnahme liegt das Provenienzprinzip zugrunde; demzufolge wurden Inschriften Xantener Provenienz, deren Träger heute an einem anderen Ort aufbewahrt werden, aufgenommen, während bis 1650 entstandene Inschriften, die erst nach diesem Zeitpunkt nach Xanten verbracht wurden, nicht berücksichtigt wurden. Sofern sich an einem Inschriftenträger neben Inschriften aus dem Bearbeitungszeitraum auch solche aus der Zeit nach 1650 befinden, werden sie in der Regel in einer Anmerkung wiedergegeben. Die Edition strebt größtmögliche Vollständigkeit an. Deshalb wurden nicht nur die original erhaltenen, sondern auch die kopial überlieferten Inschriften berücksichtigt, deren Wortlaut hinreichend zuverlässig in gedruckten oder ungedruckten Quellen, auf Fotografien oder Nachzeichnungen überliefert ist.

Der Bearbeitung liegt die Definition des Begriffes „Inschriften” von Rudolf M. Kloos zugrunde: „Inschriften sind Beschriftungen verschiedener Materialien …, die von Kräften und mit Methoden hergestellt sind, die nicht dem Schreibschul- oder Kanzleibetrieb angehören.“1) Gemäß den Richtlinien der Interakademischen Kommission für die Herausgabe der Deutschen Inschriften werden allerdings in der Regel solche Inschriften nicht in die Edition aufgenommen, die Gegenstand von Spezialdisziplinen wie der Numismatik oder der Sphragistik sind oder seriell angefertigt wurden, z. B. Ofenplatten und Steingut. Begründete Ausnahmen sind jedoch nicht ausgeschlossen.2) Ebenfalls außer Acht gelassen werden Einzelbuchstaben, die nicht in einem sinnhaften Zusammenhang stehen. Initialen oder fragmentarisch überlieferte Inschriften, die mindestens eine Silbe umfassen, werden hingegen aufgenommen. Hausmarken und Meisterzeichen sind nur dann berücksichtigt, wenn sie in Verbindung mit einer Inschrift stehen. In diesen Fällen werden sie in einem Anhang wiedergegeben.

Der Katalogteil bietet die Inschriften in chronologischer Reihenfolge. Befinden sich auf einem Träger mehrere Inschriften, werden sie in einem Katalogartikel zusammengefasst. Jeder Artikel ist nach einem einheitlichen Schema in Kopfzeile, Beschreibung des Trägers, Wiedergabe des Inschriftentextes, Kommentar und Apparat untergliedert.

Die Kopfzeile enthält die laufende Nummer, die Angabe des heutigen bzw. des zuletzt nachweisbaren Standortes sowie die Datierung(en) der Inschrift(en):

1 Die fortlaufende Nummer des Artikels befindet sich links.
Ein Kreuz hinter der laufenden Nummer kennzeichnet Inschriften, deren Träger verloren, deren Wortlaut jedoch kopial überliefert ist.
(†) Das Kreuz hinter der laufenden Nummer steht in Klammern, wenn
a) sich auf demselben Träger mehrere Inschriften befinden, von denen nur ein Teil erhalten ist.
b) der Träger erhalten, die Inschrift jedoch nur kopial überliefert ist.
c) Träger und Inschrift(en) nur teilweise erhalten sind.
†? Ein Fragezeichen hinter dem Kreuz wird gesetzt, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine kopial überlieferte Inschrift noch vorhanden, aber nicht zugänglich ist und daher keine Autopsie vorgenommen werden konnte.
Stiftsmuseum In der Mitte der Kopfzeile wird der aktuelle oder zuletzt feststellbare Standort des Trägers angegeben.
Ein Kreuz vor der Standortangabe kennzeichnet einen heute nicht mehr vorhandenen Standort.
1526 Die Datierung steht am rechten Rand der Kopfzeile und gibt an, wann die Inschrift angefertigt wurde. Sie kann von der Datierung des Trägers abweichen. Bei Grabinschriften wird davon ausgegangen, dass sie im Todesjahr des oder der Verstorbenen entstanden sind, sofern keine Hinweise auf eine abweichende Entstehungszeit vorliegen. Bei mehreren Inschriften am selben Träger, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgeführt wurden, werden die Datierungen chronologisch geordnet und durch Komma getrennt; die älteste Inschrift bestimmt dabei die Einordnung im Katalog.
1420–1440 Zur möglichst genauen Bestimmung der Entstehungszeit undatierter Inschriften wurden paläographische Charakteristika der Inschrift, historische Belege und/oder stilistische Merkmale des Trägers herangezogen. Die auf diese Weise datierten Inschriften sind jeweils am Ende des in der Datierung angegebenen Zeitraums in den Katalog eingeordnet.
1400? Unsichere Datierungen sind durch ein Fragezeichen gekennzeichnet.
(1400)/1526 Weicht die Herstellungszeit einer Inschrift von dem Datum (Jahr) ab, das im Text genannt wird, wird letzteres dem Herstellungsdatum in Klammern vorangestellt.

Der erste Absatz des Artikels enthält die Beschreibung des Inschriftenträgers. Er gibt möglichst genaue Informationen zum aktuellen und eventuell zu früheren Standorten, zu Material und Erhaltungszustand. In knapper Form werden Aufbau und Gestaltung des Trägers angegeben, zudem die Position der Inschrift(en) am Träger und ihre technische Ausführung. Hier werden auch die Textsorten und Inschriftenarten benannt. Die Beschreibung erfolgt aus der Perspektive des Betrachters; Wappenbeschreibungen sind den Regeln der Heraldik entsprechend aus der Sicht des Wappenführers formuliert.

Im Anschluss an die Beschreibung folgen die Maße des Trägers sowie die Angabe der – falls möglich an N oder n gemessenen – Buchstabenhöhe bzw. Ziffernhöhe und die Benennung der Schriftart. Sind die Objekte unzugänglich, werden im vorliegenden Band die Maße nach guten Fotos, zu denen verwertbare Angaben vorliegen, mit Hilfe von Verhältnisgleichungen berechnet. Bei kopial überlieferten Inschriften wird die Quelle genannt, auf der die Edition der Inschrift basiert; auf Maßangaben muss in der Regel verzichtet werden.

Die Inschriftentexte werden eingerückt und fortlaufend wiedergegeben. Inschriften in gebundener Sprache sind, auch wenn sie auf dem Träger oder in der kopialen Überlieferung fortlaufend ausgeführt sind, versweise angeordnet. Die Pentameterzeile elegischer Distichen wird eingerückt. Befinden sich auf einem Träger mehrere Inschriften, werden sie durch Großbuchstaben (A, B, C usw.) unterschieden.3)


Zudem gilt für die Wiedergabe des Inschriftentextes:

/ Das Zeilenende, der Richtungswechsel einer umlaufenden Inschrift und Knicke in einem Schriftband werden durch einen Schrägstrich gekennzeichnet.
// Ein doppelter Schrägstrich markiert den Übergang auf ein anderes Schriftfeld oder eine Unterbrechung des Textes durch ein Ornament, ein Wappen oder eine bildliche Darstellung.
= Waagerechte Doppelstriche entsprechen den auf dem Original ausgeführten Worttrennzeichen am Ende einer Zeile.
( ) Die Auflösungen von Abkürzungen sind, unabhängig von der grafischen Gestaltung der Kürzungszeichen am Original, in runde Klammern gesetzt. Das Fehlen von Kürzungszeichen wird angemerkt, sofern es sich nicht um Kürzungen handelt, die immer ohne Kürzungszeichen ausgeführt werden (z. B. INRI).
HE Nexus litterarum, Ligaturen und die Bogenverschmelzung von Buchstaben4) werden durch Unterstreichung kenntlich gemacht. Andere Buchstabenverbindungen werden ebenso wie Ein- oder Unterstellung in Anmerkungen erläutert.
ij, IJ Die Wiedergabe durch Nexus litterarum verbundener i und i longa als ij oder y (bzw. II oder Y) wird danach entschieden, ob der Wortsinn bzw. die Grammatik an dieser Stelle einen oder zwei Vokale fordert.
Ein unter einen Buchstaben gesetzter Punkt kennzeichnet die Lesung als unsicher.
[ ] Mit eckigen Klammern werden solche Teile einer Inschrift kenntlich gemacht, die nicht mehr lesbar oder verloren sind, ebenso Konjekturen des Bearbeiters und Ergänzungen nach der kopialen Überlieferung.
[….] Ist bei Textverlust keine Ergänzung möglich, wird dies durch Punkte in eckigen Klammern markiert. Die Anzahl der Punkte entspricht in etwa der Zahl der verlorenen Buchstaben.
[ – – – ] Größere Lücken von mehr als zehn Buchstaben werden durch drei Gedankenstriche zwischen eckigen Klammern gekennzeichnet. Falls möglich, ist die (u. U. geschätzte) Anzahl der verlorenen Buchstaben in einer Anmerkung angegeben.
<…>/<1526> Spitze Klammern markieren eine Lücke im Text, die bei der Ausführung der Inschrift für einen Nachtrag freigelassen wurde. Ist die Lücke leer geblieben, zeigen Punkte die Länge der Fehlstelle an. Wurde in diese Lücke nachträglich Text eingefügt, steht dieser in spitzen Klammern.
A · B Worttrennzeichen werden je nach ihrer Position durch Punkte auf der Zeilenmitte oder auf der Grundlinie wiedergegeben. Eine Differenzierung nach der grafischen Gestaltung der Worttrenner am Original erfolgt nicht.

Die erhaltenen oder in Fotos überlieferten Inschriften werden buchstabengetreu wiedergegeben. Für abschriftlich überlieferte Inschriften ist Folgendes zu beachten: Die Inschriften werden in der Regel in Kleinbuchstaben wiedergegeben, Großbuchstaben werden lediglich bei den Wortanfängen am Beginn der Inschrift, bei Eigennamen und bei gebundener Sprache am Zeilenbeginn verwendet. Bietet die maßgebliche Überlieferung jedoch nach Einschätzung des Bearbeiters eine zuverlässige, grafisch genaue Wiedergabe der Inschrift (etwa in einer Nachzeichnung), wird diese wie eine original erhaltene Inschrift behandelt. Auch bei kopial überlieferten Inschriften werden die in der maßgeblichen Quelle überlieferten Abkürzungen in runden Klammern aufgelöst, um den überlieferten Textbestand möglichst genau zu übermitteln. Auf die Wiedergabe von Interpunktionszeichen hingegen wird verzichtet, da ihre Überlieferung in der Regel nicht zuverlässig ist. Wird von dieser Vorgehensweise abgewichen, ist dies im Katalogartikel erläutert.

Gekürzte Nomina sacra, die aus einer Vermischung griechischer und lateinischer Buchstaben entstanden sind, werden in den ihrem Lautwert entsprechenden lateinischen Buchstaben wiedergegeben. Die Abkürzungen werden in runden Klammern aufgelöst, z. B. IHV als IE(S)V, der Buchstabenbestand wird in einer Anmerkung angegeben. Anders verfahren wird bei dem Jesusmonogramm, das seit dem Spätmittelalter zunächst durch die Dominikaner, später durch die Jesuiten und die von ihnen beeinflusste Kunst sehr große Verbreitung fand und vielfach losgelöst [Druckseite 16] von weiterem Text ausgeführt wurde. Die Buchstaben IHS wurden ergänzt um ein Kreuz über und drei Nägel unter dem H, seit dem 17. Jahrhundert wurde zudem unter den Nägeln das Herz Jesu hinzugefügt. Häufig findet sich das Monogramm umgeben von einem Strahlenkranz. Dieses Monogramm wird nicht aufgelöst, da es vielfach und unterschiedlich gedeutet worden ist. Bei den Jesuiten wurde es mit „Iesum habemus socium“ oder „Iesu humilis societas“ aufgelöst. Es finden sich jedoch auch die Deutungen „In hoc signo“, „Iesus hominum salvator“, „Iesus homo sanctus“, „Iesus Hyos Soter“ oder „Jesus Heiland Seligmacher“.5)

An den Editionstext schließt sich gegebenenfalls eine Übersetzung an, für die – unbeschadet der Genauigkeit – Lesbarkeit und sprachliche Modernität angestrebt wird. Zusätze, die einem besseren Textverständnis dienen, aber keine wörtliche Entsprechung im Inschriftentext besitzen, stehen in runden Klammern. Es folgen gegebenenfalls die Auflösung des Datums sowie bei Inschriften in gebundener Sprache die Angabe des Versmaßes und der Reimform.

In der Wappenzeile erfolgt die Nennung der am Träger angebrachten Wappen und Hausmarken. Bei Ahnenproben werden die Wappen entsprechend ihrer Anbringung am Inschriftenträger spaltenweise angegeben. Unbekannte Wappen oder solche, die in den gängigen Wappenbüchern nicht nachgewiesen werden konnten, werden in einer Anmerkung blasoniert. Hausmarken und Handwerker- oder Meisterzeichen werden in einem Anhang wiedergegeben.6)

Der Kommentar bietet Erläuterungen zu den Inschriften und ihrem Verhältnis zum Träger. Kommentiert werden der paläographische Befund7), etwaige sprachliche Besonderheiten des Textes, der historische und/oder prosopographische Hintergrund und gegebenenfalls die kunsthistorische Einordnung des Trägers. Werden Inschriften ganz oder teilweise außerhalb des eingerückten Editionstextes zitiert, so sind sie kursiv wiedergegeben.

Der Apparat ist in Buchstaben- und Ziffernanmerkungen untergliedert. In Buchstabenanmerkungen sind paläographische und orthographische Besonderheiten, Textvarianten, unsichere Lesungen und Fehler im Text vermerkt. Bei erhaltenen Inschriften werden Varianten aus der Parallelüberlieferung nur dann angegeben, wenn sie den Schluss erlauben, dass die Inschrift zur Zeit der Aufzeichnung abweichend vom heutigen Befund ausgeführt war. Bei kopial überlieferten Inschriften oder unsicheren Lesungen sind bei Vorliegen mehrerer Überlieferungen sinntragende Abweichungen verzeichnet. Die Ziffernanmerkungen enthalten Zitat- und Literaturnachweise sowie Ergänzungen zur Beschreibung und zum Kommentar.

Am Schluss der Katalognummer sind die wichtigsten gedruckten und ungedruckten kopialen Überlieferungen und Editionen des Inschriftentextes in chronologischer Reihenfolge ihres Erscheinens zusammengestellt. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht. Bei lediglich fotografisch, zeichnerisch oder abschriftlich überlieferten Inschriften steht die für die Textedition herangezogene Quelle ohne Berücksichtigung der zeitlichen Reihenfolge an erster Stelle. Nicht aufgenommen werden Erwähnungen der Inschrift ohne Wiedergabe des Wortlautes sowie Literatur, in der nur der Träger behandelt wird. Bildquellen zur Inschrift sind nur dann angegeben, wenn sie für die Edition der Inschrift herangezogen wurden.


Xanten gehörte weit über das Mittelalter hinaus zum niederländischen Sprachraum.8) Die volkssprachliche Schreibsprache des nördlichen Niederrheingebiets, zu dem auch Xanten gehört, war bis ins 16. Jahrhundert hinein eine regionale Variante des Mittelniederländischen, für die die Begriffe „Niederrheinisch“ und „Kleverländisch“ vorgeschlagen wurden.9) Da eine sprachgeschichtlich ausgerichtete Untersuchung der Xantener Inschriften bislang nicht vorliegt und im Rahmen [Druckseite 17] der Edition nicht geleistet werden kann, wird hier für die Inschriften des 15. Jahrhunderts der umfassendere Begriff „Mittelniederländisch“ den spezifischeren Bezeichnungen „Niederrheinisch“ bzw. „Kleverländisch“ vorgezogen. Im 16. und 17. Jahrhundert vermischte sich die regionale Schreibsprache zunehmend mit der deutschen und der niederländischen Schriftsprache, die am Niederrhein parallel verwendet wurden. Diese sprachlichen Entwicklungen spiegeln sich auch in den volkssprachlichen Xantener Inschriften wider. Darüber hinaus brachte die personelle Zusammensetzung des Xantener Stiftskapitels sprachliche Einflüsse sowohl aus dem deutschen als auch aus dem niederländischen Sprachraum außerhalb des Herzogtums Kleve mit sich, die sich in den Inschriften niedergeschlagen haben. Für die sprachliche Zuordnung der volkssprachlichen Inschriften des 16. und 17. Jahrhunderts wird daher zwischen „Deutsch“, „Niederländisch“ und „Niederländisch mit deutschen Elementen“ differenziert.

2. Die Xantener Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit im Kontext der Stadtgeschichte

Die Stadt Xanten10), am Niederrhein in der Mitte zwischen Kleve im Norden und Moers im Süden gelegen, umfasst heute neben der mittelalterlichen Innenstadt mit ihren Außenbezirken die sechs ursprünglich selbstständigen, seit 1969 eingemeindeten Ortschaften Birten, Lüttingen, Wardt, Vynen, Obermörmter und Marienbaum. Im Zentrum des mittelalterlichen Stadtkerns erhebt sich der gotische St. Viktor-Dom, dessen Grundsteinlegung 1263 durch Propst Friedrich von Hochstaden, den Bruder des Kölner Erzbischofs Konrad von Hochstaden, erfolgte. Die Stadt wurde im Februar 1945 durch die Bomben der alliierten Streitkräfte zu mehr als 80 % zerstört, der Dom lag in Schutt und Asche, es existierten Pläne, ihn völlig einzuebnen. Es ist dem Engagement Walter Baders zu verdanken, dass dieses größte und bedeutendste kirchliche Bauwerk am Niederrhein wiederhergestellt wurde.11) Baders sofort nach Kriegsende einsetzende Sicherungs- und Restaurierungsmaßnahmen retteten auch viele der Inschriften, die in dieser Edition vorgestellt werden.

Die Bedeutung der Stiftsimmunität mit dem Dom, der Stiftskirche des hl. Viktor, für die Geschichte der Stadt ebenso wie für die Inschriftenforschung wird auch an Prozentzahlen deutlich: 80% der Inschriften des Bearbeitungszeitraums betreffen die Stiftsimmunität, 16,5% den mittelalterlichen Stadtkern außerhalb der Immunität, aber mit Außenbezirken und Ortschaften, 3,5% können nicht mit hinreichender Sicherheit zugeordnet werden.

2.1. Das Mittelalter

Die heutige Stadt Xanten liegt etwas mehr als einen Kilometer entfernt von der römischen Colonia des Kaisers Trajan, der Colonia Ulpia Traiana (CUT), die im Mittelalter als Steinbruch diente, als Bodendenkmal erhalten blieb und nicht überbaut wurde. Die mittelalterliche Stadt verdankt [Druckseite 18] sich letztlich einem Gräberfeld an der alten Heerstraße, die von Köln über Neuss und Xanten nach Nimwegen führte, und in Verbindung mit diesem Gräberfeld der Verehrung des hl. Märtyrers Viktor.

Angesichts mangelnder schriftlicher Zeugnisse über den Beginn des Christentums am Niederrhein ist für den Xantener Raum eine Inschrift auf dem Grabstein des Batimodus, der heute im Xantener Römermuseum gezeigt wird (Nr. 1),12) von besonderer Bedeutung. Eine fünfzeilige, unregelmäßig eingehauene Inschrift, darunter drei Christusmonogramme in Kreuzform, weisen Anfang des 5. Jahrhunderts auf das Vorhandensein von Christen im Xantener Raum hin; über Größe und Struktur einer christlichen Gemeinde ist allerdings nichts bekannt. Der Name des Verstorbenen und das niveauvolle Latein deuten auf romanisierte, jedenfalls christianisierte Rheinfranken am Übergang von der Antike zum Mittelalter hin.13) Dagegen ist der Zeugniswert einer Platte mit konstantinischem Christogramm (Nr. 2) von deren unsicherer Datierung abhängig.14)

Die Keimzelle des Xantener Domes wird in der heutigen Forschung Ende des 5./Anfang des 6. Jahrhunderts angesetzt.15) Bader war bei seinen Ausgrabungen unter dem Hochchor des heutigen Domes auf einen steinernen Bau gestoßen, der die Dimension privater Gedenkstätten weit überstieg; er befand sich „in zentraler Lage des gotischen Mittelschiffs, exakt die karolingischen bis gotischen Baufluchten vorbestimmend.“16) Und während die fränkischen Gräber in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts „scheinbar wahllos über das Areal verteilt“ sind, wurde jetzt eine Reihe von Gräbern gezielt in auffälliger Häufung vor der Westwand und in genauer Ausrichtung zur Längsachse des Baus angelegt.17) Im letzten Viertel des 6. Jahrhunderts wurde der Bau zu einer „Basilika“ erweitert.18) Diese meint wohl Gregor von Tours, wenn er in seinem Liber in gloria Martyrum von dem Kölner Erzbischof Ebergisil berichtet, er habe eine Kapelle („oratorium“) für einen Märtyrer Mallosus, dessen Gebeine noch nicht aufgefunden worden seien, bei dem Ort Bertuna („apud Bertunensim oppidum“) zu einer „basilica“ umgebaut. Auf Grund eines Traumes seien dann bei einer Grabung die Gebeine des hl. Mallosus gefunden und in der Basilika beigesetzt worden. Zugleich berichtet Gregor von der Kunde („ferunt“), am selben Ort sei auch der hl. Viktor begraben, der sich nach seiner (Gregors) Kenntnis noch nicht geoffenbart habe.19) Das bei Gregor erwähnte Bertuna vermuten Siegmund und Bridger aufgrund siedlungsgeschichtlicher und archäologischer Kriterien im Bereich des Westwalls, etwa 400–450 m vom heutigen Dom entfernt.20) Gregors Bericht ist das erste schriftliche Zeugnis einer Viktor-Verehrung im Xantener Raum.

Kurz nach der Mitte des 8. Jahrhunderts (um oder nach 752–768) wurde der Steinbau aus dem 6. Jahrhundert durch die erste karolingische Saalkirche ersetzt,21) deren leicht erhöhter Rechteckchor, durch Schranken abgetrennt, auf eine Gemeinschaft von Geistlichen weist, die sich um die Kirche gebildet hatte. Dass es sich hier um die Anfänge des Xantener Stifts handelt, wird auch durch Anbauten im Westen der Kirche nahegelegt.22) Diese Bauten stehen offensichtlich in direktem Zusammenhang mit der regula canonicorum, die der Metzer Bischof Chrodegang im Zuge der innerfränkischen Kirchenreform unter Pippin dem Jüngeren 755 für sein Bistum verfügt hatte und die schon bald über Metz hinaus Wirkung zeigte. Die regula verpflichtete die Weltgeistlichen [Druckseite 19] zur vita communis. Für das Stift dürfte nach 816 die Institutio canonicorum verbindlich gewesen sein, die unter Ludwig dem Frommen auf der Aachener Reichssynode für Weltgeistliche verabschiedet worden war. Ludwig schuf auch die Grundlage für die Entwicklung der Immunität, die Mitte des 9. Jahrhunderts in einen stiftischen Teil im Osten und einen Besitz der Erzbischöfe von Köln im Westen unterschieden wurde.23) Parallel dazu wurden die Stiftsgebäude nach Norden hin erweitert. Als 863 die Normannen einfielen, fanden sie ein Stift vor, das bereits die heutigen Dimensionen in der Immunität erreicht hatte. Dieser karolingische Großbau wurde 863 von den Normannen zerstört; der Propst flüchtete die Reliquien des hl. Viktor nach Köln.24) Die Annales Xantenses verwenden im Zusammenhang mit diesen Einfällen zum ersten Mal die Bezeichnungen „monasterium“, „clerus“ und „fratres“ für die an der Xantener Kirche tätigen Kleriker.25) Das verheerende Wüten der Normannen dürfte ein wesentlicher Grund dafür sein, dass aus karolingischer Zeit keinerlei Inschriften überliefert sind.

Im Bruderkampf Ottos I. mit seinem Bruder Heinrich siegte das Heer Ottos in der sog. Schlacht von Birten im März 939 über die Bundesgenossen Heinrichs, Eberhard von Franken und Giselbert von Lotharingien. Dieser Sieg, nach den Schilderungen Widukinds von Corvey auf Xantener Boden mit Gottes Hilfe errungen,26) sicherte dem Xantener Kapitel die Gunst des ottonischen Herrscherhauses. Der jüngste Bruder Ottos, Brun, am 25. September 953 zum Kölner Erzbischof gewählt, errichtete die „am Niederrhein außergewöhnliche Anlage der Xantener Stiftsdoppelstadt … Bestehend aus der Bischofsburg im Westen und dem ebenfalls vergrößerten Stiftsbereich im Osten bildet sie noch heute den Stadtkern Xantens.“27) Wohl schon mit der Planung der ottonischen Kirche wurde die Immunität abgesteckt und durch bauliche Anlagen und einen Graben gesichert, die Stiftsgebäude wurden in den Norden verlegt. Zwei Jahre nach Bruns Tod wurde 967/68 der monumentale ottonische Neubau des Domes durch Erzbischof Folkmar eingeweiht; er erreichte wie sein Vorgängerbau, der nach 863 wohl nur behelfsmäßig wiederhergestellt worden war, bereits die Ausmaße des späteren gotischen Domes ohne die äußeren Seitenschiffe.28) In ihm wurde die „Goldene Tafel“ (Nr. 3) aufgestellt, die Brun dem Stift – vielleicht testamentarisch – zur Sicherung seiner Memoria gestiftet hatte. Die Stiftung sollte unter Bruns Nachfolger Folkmar (965–969) eingelöst werden. Eine Schranke trennte die Stiftsherrenkirche von der Pfarrkirche, sie stand an derselben Stelle, an der 1406 der Lettner errichtet wurde. Nördlich davon wurde der Viktoraltar über dem Grab des Stiftspatrons im Nordschiff aufgestellt. Nach Erhebung der Gebeine des hl. Viktor wurde das Viktorgrab in die Westchorhalle verlegt, ein Epitaph für den Heiligen (Nr. 17) ist um 1420 im Liber ruber und in der Historia Xantensis kopial überliefert.29)

Das 11. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch zwei Brände – der erste Brand noch in der ersten Hälfte des Jahrhunderts, der zweite 1081 – und anschließende Wiederherstellungen der ottonischen Kirche.30) Schon 1083 konnte Erzbischof Sigewin die Kirche wieder einweihen, der Westbau allerdings wurde so sehr geschädigt, dass er erst um die Jahrhundertwende wiederhergestellt werden konnte. Weitere Anbauten entstanden, so auch im 10./11. Jahrhundert der älteste Kreuzgang mit den umliegenden Stiftsgebäuden.31) Erste Einzelkurien sind in der Immunität für das 11. Jahrhundert baulich nachweisbar und bezeugen die beginnende Abkehr von der vita communis.32)

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Um 1080 wurde die – 1945 zerstörte – Kapelle des hl. Dionysius errichtet und mit Wandmalereien ausgestattet (Nr. 6). Sie war Teil der als Toranlage erbauten Doppelkapelle zu Ehren des französischen Nationalheiligen und des hl. Michael im Süden der Immunität.33) Für eine weitere Ausmalung der Kapelle mit Heiligendarstellungen liefert die durch die Namensbeischrift gesicherte Darstellung des hl. Franziskus das Jahr 1228 als Terminus post quem (vgl. Nr. 16).

Die Bedeutung des Viktor-Domes als Ort des liturgischen Totengedenkens34) manifestiert sich in drei Memoriensteinen (Nr. 5, 7, 8) und einem außergewöhnlichen Grabstein, der angesichts der (im Totenbuch überlieferten) Jugend des Verstorbenen in Form elegischer Distichen Angaben zum Sterbedatum und zum Grab mit der Sinnfrage verbindet (Nr. 4). Die inschriftlichen Quellen aus dieser Zeit sind deshalb so wertvoll, weil sie die archivalische Überlieferung ergänzen oder ersetzen. Ein weiterer verheerender Brand hatte nämlich im Jahr 1109 mit der Kirche und ihren Nebengebäuden auch die Sakristei erfasst, in der das Archiv untergebracht war; alle bis dahin angesammelten Dokumente wurden vernichtet. Nur das Mitte des 11. Jahrhunderts angelegte Totenbuch überdauerte den Brand.35) Es enthält auch Angaben, die aus einem noch älteren, zum Zeitpunkt des Normannenüberfalls 863 oder mit dem Tod Erzbischof Gunthars nach 866 angelegten Totenbuch übernommen worden waren, und war bis 1185 in Gebrauch.36)

Seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts sind die Xantener Pröpste sicher in der Funktion eines Archidiakons nachgewiesen. Möglicherweise fiel diese Funktion einer Stellvertretung des Kölner Erzbischofs für die Nordprovinz der Erzdiözese Köln schon dem Xantener Propst Adalgerus um die Mitte des 11. Jahrhunderts unter Erzbischof Anno II. (1056–1075) zu.37) Unter Adalgerus befand sich die Propstei im Süden der Immunität, und als Dechant Caspar van Ulft 1624 auf diesem Grundstück sein Gartenhaus errichtete, ließ er in die Rückfront u. a. einen Stein mit einer Stiftungsinschrift des Adalgerus einsetzen. Die paläographische Untersuchung hat diese Inschrift zwar als Produkt des 17. Jahrhunderts entlarvt, doch dürfte sie auf eine mittelalterliche Vorlage zurückgreifen (Nr. 224).

Knapp 20 Jahre nach dem Brand von 1109 war die Kirche in solchem Umfang wiederhergestellt, dass sie von dem hl. Norbert, damals Erzbischof von Magdeburg, am 22. Juli 1128 geweiht werden konnte.38) Wohl im Zusammenhang mit dessen Anwesenheit in Xanten, wo er einst Kanoniker gewesen war, erfolgte die Erhebung der Gebeine des hl. Viktor und ihre Umbettung in den Viktorschrein (Nr. 12) durch Propst Gottfried von Kuijk.39) Der Schrein, fertiggestellt wohl um 1150, wurde von demselben Propst im Zuge eines Umbaus des Hochaltars für eine Aufstellung über der Goldenen Tafel vorgesehen (Nr. 111).

1180/90 begann man schließlich mit dem Bau des staufischen Westbaus, der sich noch heute als „massiver Querriegel“ (Hilger) vor den gotischen Dom legt.40) Zur Zeit seiner Weihe durch Bischof Dietrich von Estland 1213 war dieser Bau bis zum dritten Stockwerk der Fassade gediehen. Aus dieser Zeit haben sich in dem einst sehr reichen Domschatz mit dem Viktorschrein (Nr. 12), dem Tragaltar (Nr. 13), dem ovalen und dem Kreuzfußreliquiar (Nr. 11 und 14) sowie der Sapientia-Schale (Nr. 15) fünf wertvolle Objekte mit umfangreichen Text-Bild-Programmen erhalten.

Südlich der Immunität dürfte sich spätestens im 10. Jahrhundert eine Kaufmannssiedlung entwickelt haben; noch heute entspricht der nach der Befestigung der Immunität entstandene Xantener Markt in seiner Ost-West-Ausdehnung der Ausdehnung der Immunität. Von der wachsenden Bedeutung des Ortes als Handelszentrum zeugen die frühesten Münzprägungen unter Erzbischof Hermann II. zu Beginn des 11. Jahrhunderts.41) Das von Erzbischof Arnold I. gewährte Zollfreiheitsprinzip von 1142 bestätigt als erstes schriftliches Dokument die Existenz einer Kaufmannssiedlung auf Xantener Boden.42) Die blühende Entwicklung des verkehrstechnisch günstig [Druckseite 21] gelegenen Handelsplatzes, begünstigt u. a. durch die Funktion des Stifts als Archidiakonat, den Schutz der erzbischöflichen Pfalz und durch die Entwicklung des Ortes zu einem Wallfahrtszentrum, mag Erzbischof Heinrich I. von Molenark dazu bewogen haben, Xanten am 15. Juli 1228 die Stadtrechte zu verleihen.43) Diese Erhebung Xantens zur Stadt stand in einer ganzen Reihe von Stadterhebungen des Erzbischofs und – in Konkurrenz dazu – der Grafen von Geldern und Kleve am Niederrhein. Xanten verfügte nun über das Recht auf eigene Verwaltung und eigene Gerichtsbarkeit. Damit war die Voraussetzung für die Entwicklung zu einem weltlich-politischen Zentrum in der Region gegeben.

1238 brachen die Streitigkeiten der Grafen von Kleve mit dem Erzbischof von Köln offen aus. Dietrich VI. von Kleve unterlag und unterwarf sich Erzbischof Konrad von Hochstaden.44) Im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts führte das Erstarken der bäuerlichen und handwerklichen Bevölkerungsschicht zu Verfassungsänderungen und Demokratisierungstendenzen; Stadtoberhaupt war jetzt der Bürgermeister, der 1289 zum ersten Mal bezeugt ist.45) Als 1299 Graf Dietrich VIII. zu der „Großen Vogtei“ nun auch die „Kleine Vogtei“ erwarb,46) wuchs sein Einfluss auf die Stadt Xanten. Dieser Entwicklung trägt auch das neue Schöffensiegel von 1303 Rechnung, das neben den gekreuzten Petrusschlüsseln aus Köln jetzt auch das klevische Kleeblatt zeigt.47)

Konrad von Hochstaden hatte 1248 den Grundstein zum gotischen Dom in Köln gelegt. Sein Bruder Friedrich, seit 1247 in Xanten als Propst nachweisbar, legte 1263 den Grundstein zur gotischen Stiftskirche des hl. Viktor in Xanten. 1311 erfolgte die Einweihung des Hochchors, 1437 endete die erste Bauphase mit der Vollendung des gotischen Ostteils (Joche E1 – E6), der jetzt über das romanische Langhaus mit dem staufischen Westbau vereinigt wurde.48) Der gotische Bau wurde in dieser Zeit reich mit Inschriftenträgern ausgestattet: mit Fenstern (Nr. 20, 25, 26, 33) und Skulpturen (Nr. 256 mit einer möglicherweise erst im 17. Jahrhundert angebrachten Inschrift), Wandmalereien (Nr. 30, 35), Glocken (Nr. 31), liturgischen Geräten (Nr. 21, 27, 28, 32) und Paramenten (Nr. 24, 37). Hinzu kommen einige Monumente des Totengedenkens, von denen sich nur wenige erhalten haben, darunter der Grabstein für einen Wederich (Nr. 22). Die Stiftung der eisernen Chorschranken (1435 und 1437, s. Nr. 39) dürfte im Zusammenhang mit der Vollendung des gotischen Ostteils 1434–1437 stehen.49)

Im 14. Jahrhundert wurde die Bevölkerung Xantens und seines Umlandes durch Überschwemmungen und durch Pestwellen arg gebeutelt. Nach der verheerenden Hungersnot von 1315 organisierte Graf Dietrich IX. die erste Viktortracht von Xanten auf den Fürstenberg.50) Er begründete damit eine Tradition, die bis heute anhält. Besonders in Notzeiten sind die Xantener mit den Reliquien ihres Stadtpatrons auf den Fürstenberg gepilgert, so auch 1376 nach einer Teuerung infolge eines Rheinhochwassers und einer pestartigen Seuche51) und 1399/1400 nach einem erneuten Ausbruch der Pest.52)

Zur Zeit des Episkopats Friedrichs von Saarwerden, der 1370/71 Erzbischof von Köln wurde, kam es zu mehreren Konflikten. Verheerend wirkten sich die Geldrischen Erbfolgekriege auf Xanten aus. 1373 überfielen die Herren von Moers und Arkel die Stadt und brannten sie nieder; der Südturm des Domes ging in Flammen auf, die Glocken stürzten ab bzw. zerflossen, das Geläut des Domes wurde völlig zerstört. Auch von dem Nachfolgegeläut, das 1374 von einem unbekannten Gießer und 1375/6 unter der Leitung des Niederländers Wilhelm von Veghel erstellt wurde, hat sich nichts mehr erhalten.53)

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Zwischen 1380 und 1384 führte der Erzbischof zwei Fehden mit den Klever Grafen. In der Folge belehnte der Erzbischof den Herrn von Arkel mit der Großen Vogtei.54) Den Franzoseneinfall von 1388 nahm er zum Vorwand, die Stadt mit einem palisadenbestückten Wall und einem Graben zu befestigen, ein Angriff des Grafen Adolf II. wurde abgewehrt. Im Sommer 1389 legte Friedrich den Meerturm an und verband ihn durch einen steinernen Wehrgang über das Mitteltor mit der Bischofsburg. Das mit dem Meerturm verbundene Stadttor erhielt eine durch kopiale Tradition erhaltene Inschrift (Nr. 29).55) Nach der dritten Fehde zwischen Kurköln und Kleve kam es 1392 zum Frieden von Xanten, nach dem die Stadt von Köln und Kleve gemeinsam verwaltet wurde.56) Zur selben Zeit erreichte Xanten den Umfang der heutigen Innenstadt. Erstmals werden in den Quellen neben dem Meertor drei weitere Stadttore erwähnt, ein viertes im Jahr 1401.57) Möglicherweise wurden seitlich dieser Tore bereits steinerne Mauern angelegt, generell wurden die Palisaden jedoch wohl erst seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sukzessive durch Steinmauern ersetzt, die jedoch schon 1641 „mit Ausnahme der Tore weitgehend“ geschleift wurden. 58) Das Mars- und das Rheintor wurden 1821, das Scharntor 1825 abgerissen, weil der Stadt die finanziellen Mittel zu ihrer Erhaltung fehlten, wohingegen erhebliche Teile des Meertores und das Klever Tor erhalten blieben.59)

1417 wurde Graf Adolf II. Herzog von Kleve.60) Das Verhältnis zum Kölner Erzbischof blieb gespannt. 1444 brach die Soester Fehde aus, die Xanten und Rees in Konfrontation mit ihrem Stadtherrn, dem Kölner Erzbischof, brachte. Im Juli 1444 nahm Jungherzog Johann I. Xanten ein und beendete die klevisch-kölnische Doppelherrschaft. Herzog Adolf und sein ältester Sohn Johann gaben der Stadt eine neue Verfassung, die ein bürgerliches Stadtregiment vorsah61) und – modifiziert – bis in brandenburgisch-preußische Zeit gültig blieb. Vor seinem Tod 1448 trat Herzog Adolf u. a. die Stadt Xanten an seinen Sohn Johann ab. Im Vertrag zu Maastricht 1449 wurde die Soester Fehde beendet.62) In der groß angelegten Viktortracht von 1464 präsentierte sich Herzog Johann in Abwesenheit des Kölner Erzbischofs als Landes- und Stadtherr.

Unter Fabrikmeister Gerhard Vaeck wurden 1473–79 die spätgotische Michaelskapelle gebaut und die Andreaskapelle im Osten der Immunität vollendet, die Sakristei trat an die Stelle eines älteren Provisoriums.63) 1483 wurden trotz einer erneuten Pestwelle die Bauarbeiten am Dom selbst wieder aufgenommen.64) Der vier Jahre später gefasste Beschluss einer Baumeisterkonferenz, den gotischen Dom mit dem staufischen Westbau zu vereinigen, spiegelt sich in der Jahreszahl auf einem Konsolstein wider (Nr. 55). 1492 übernahm Jan Langenberg die Vollendung des Domes, sein Plan für die Gestaltung des Südportals wurde akzeptiert (Nr. 86). Auf dem Retabel des Agathaaltars ist die Bausituation von 1499 festgehalten (Nr. 82). Die großen Glocken des Domgeläuts (Nr. 40, 41, 46, 59) wurden, wie auch die hier relevanten Glocken der Pfarrkirche von Wardt (Nr. 53, 54) und des Klosters Hagenbusch (heute in Vynen) (Nr. 60, 61), in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gegossen.65)

2.2. Die frühe Neuzeit (1500–1650)

1520 war der Bau des Domes bis auf das obere Geschoss des Nordturms und die Galerie im Inneren fertiggestellt66) und bedurfte weiterer Ausstattung. Im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts erhielt der Hochaltar seine heutige Gestalt (Nr. 111), weitere Altäre und Altarbilder entstanden (Nr. 73, 98, 99, 107), der Leuchterbogen gliederte den Hochchor (Nr. 81), der Kerzenträger erhellte den Westteil (Nr. 101). Das erste Drittel des 16. Jahrhunderts war auch eine Zeit bedeutender Stiftungen; sie betreffen das Retabel des Annenaltars (Nr. 98) und den Märtyreraltar (Nr. 99), wahrscheinlich auch die Gemälde der Doppelflügel des Hochaltars von Bartholomäus Bruyn (Nr. 111), dann das Südportal (Nr. 86), gestalterische Elemente des Dominneren (Nr. 83, 84, 91, 92) sowie liturgische Gegenstände, unter denen die Goldkapelle (Nr. 93) und das rote Antependium (Nr. 94) herausragen. 1535 stifteten die Kanoniker Duven und Platea sowie das Ehepaar Goedert van Bemmel und Lysebet van Cleve Glasgemälde (Nr. 100, 112 und 113). Die Barbara-Glocke ergänzte das Domgeläut (Nr. 102), auf dem Domvorplatz entstanden zwischen 1525 und 1536 die Kreuzwegstationen des Kanonikers und Kellners Berendonck (Nr. 114). Bauinschriften künden von der Bautätigkeit des Propstes Johannes Ingenwinkel in der Immunität (Nr. 96, 97).

1531–1548 wurden die Stiftsgebäude im Norden der Immunität um- bzw. neu gebaut; der gotische Kreuzgang entstand 1543–1546.67) Im Zuge dieser Bauarbeiten wurden die meisten vorhandenen Epitaphe und Grabplatten, von denen wir aus den Bauakten wissen, „entsorgt“, nur wenige wurden – aus welchen Gründen auch immer – gerettet. Darunter befanden sich fünf Epitaphe aus dem 15. Jahrhundert (Nr. 49, 50, 51, 56, 57). In die Zeit vor Beginn der Bautätigkeit datieren ferner die Epitaphe Nr. 95 und 103; das gotische Zentralrelief des Epitaphs Nr. 134 ist eindeutig älter als seine Verwendung für einen 1548 gestorbenen Kanoniker, und Teile des Platea-Epitaphs (Nr. 123) werden ebenfalls in die Zeit vor dem Neubau datiert.68)

Der dritte Geldrische Erbfolgekrieg zwischen Herzog Wilhelm V. von Jülich, Kleve und Berg und Kaiser Karl V. um das Herzogtum Geldern bedeutete für den Domschatz eine gefährliche Situation im Jahr 154369); denn Ritterschaft und Städte von Kleve-Mark hatten dem Herzog das Recht zugesichert, alle Kirchenschätze zur Bestreitung der Kriegskosten heranzuziehen. Auf Weisung des Herzogs wurde daraufhin auch in Xanten ein Verzeichnis aller in Frage kommenden Kunstschätze aufgestellt. Es kam zu erheblichen Verlusten an liturgischen Geräten, während der Gegenwert der wichtigsten Gegenstände wie der Goldenen Tafel und des Viktorschreins von Kapitel und Vikaren in bar oder Altmetall aufgebracht wurde.70)

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts füllten sich die Wände und Böden im Kreuzgang des Domes mit Renaissanceepitaphen und Grabplatten. Allein 27 Epitaphe entstanden in dieser Zeit. Sie haben fast alle den Zweiten Weltkrieg überdauert, wenn auch z. T. nur in fragmentarischer Form.71) Zu der „Katherina“, der älteren Uhrenglocke aus dem 14. Jahrhundert (Nr. 23), wurde eine Renaissanceglocke, die „Martha“, außen am Südturm aufgehängt (Nr. 161).

Zugleich sind aus dem säkularen Raum der Stadt Xanten Wappenfenster in Herbergen und Privathäusern (Nr. 137, 138) sowie Bauinschriften (Nr. 144, 149, 171, 172, 188) überliefert, die von dem Selbstbewusstsein vornehmer Familien aus der Region künden; die Inschrift auf einer Ofenplatte (Nr. 160) steht im Zusammenhang mit dem Augsburger Religionsfrieden.

In den 1570er Jahren erfolgten weitere nennenswerte Stiftungen für die St. Viktorkirche, so die Stiftung zweier Wandteppiche, die heute noch im Hochchor des Xantener Domes hängen (Nr. 185), durch Adolf von Wylich, und die Stiftung zweier Gemälde (Nr. 189, 190), von denen sich eines erhalten hat, durch Dechant Lubert von Hatzfeld. Erhalten hat sich auch ein schöner Pluvialschild aus der Stiftung eines Unbekannten (Nr. 187). Während auf der einen Seite der Dom durch solche großzügigen Gaben weiter ausgestattet wurde, vergriff sich andererseits der Sohn des Küsters im November 1593 am Viktorschrein (Nr. 12); er raubte Edelsteine und brach „die [Druckseite 24] getriebenen Platten einer Langseite aus, … auf denen die Figuren von sechs Aposteln das Bild der allerseligsten Jungfrau umgaben.“72)

Auch Xanten blieb nicht von den konfessionellen und machtpolitischen Auseinandersetzungen des 16. und 17. Jahrhunderts verschont. Die ersten Jahrzehnte der Reformation waren von heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Konfessionen geprägt, denen der Klever Herzog Johann unter dem Einfluss der Humanisten um Konrad Heresbach und Johann von Vlatten an seinem Hof durch eine neue Kirchenordnung zu begegnen trachtete. Die Haltung Herzog Wilhelms V. in den konfessionellen Auseinandersetzungen kann auch nach jüngsten Untersuchungen weiterhin als „via media“ bezeichnet werden, allerdings „unter neuen Vorzeichen“. Grundlage seines Handelns nennt Becker „die Maxime pro-protestantischen Handelns …, die unter dem verbindlichen Dach eines formalen Katholizismus die lutherische Reformation melanchthonischer Prägung favorisierte”.73) In Xanten ist, nachdem bereits in den 1560er Jahren evangelisch gesinnte Gläubige belegt sind, eine erste reformierte Gemeinde für das Jahr 1572 nachgewiesen.74) Die wechselvolle Geschichte dieser Gemeinde spiegelt sich jedoch im Xantener Inschriftenbestand ebenso wenig wider wie die Geschichte der zwischen 1611 und 1629 nachgewiesenen lutherischen Gemeinde. Erst gegen Ende der Bearbeitungszeit begegnen anlässlich des Baus einer Kirche für die reformierte Gemeinde Inschriften evangelischer Provenienz (Nr. 246, 247).

1568 begann der Spanisch-Niederländische Krieg, der bis zum Westfälischen Frieden 1648 dauern sollte. Die Folgen dieser Auseinandersetzung finden im Xantener Bestand vor allem in einigen Inschriften klösterlicher Provenienz ihren Niederschlag.75) Durchziehende Truppen der Kriegsgegner terrorisierten in den folgenden Jahren die hungernde und durch Pestwellen und Überfälle von Räuberbanden geschwächte Bevölkerung. 1568 überfiel die spanische Soldateska das Doppelkloster Marienbaum, plünderte es und schändete das Gnadenbild (Nr. 43). 1586 mussten sich nach erneuter Beraubung des Klosters beide Konvente durch Flucht in die Festung Kalkar in Sicherheit bringen; sie sollten erst 1611 nach 25jährigem Exil zurückkehren.76) Im selben Jahr 1586 zerstörten spanische Truppen das Kloster auf dem Fürstenberg, die Zisterzienserinnen wurden vertrieben und fanden mit den verbliebenen Schwestern aus dem Kloster Hagenbusch Zuflucht im Agnetenkloster in der Xantener Niederstraße.77) An diesen Umzug erinnert eine Bauinschrift aus dem Jahr 1609, in dem die Äbtissin von Gotterschwick das Konventsgebäude in der Niederstraße, das die Zisterzienserinnen mittlerweile mit Unterstützung des Herzogs von Kleve übernommen hatten, umbaute oder neu errichtete (Nr. 217). Aus der Zeit vor 1586 ist lediglich die kopial tradierte Inschrift auf einem Sakramentshäuschen des Fürstenbergklosters bekannt (Nr. 197).

In den Unruhen des Spanisch-Niederländischen Krieges verwüsteten 1583 Protestanten das Kartäuserkloster auf der Graveinsel bei Wesel. Die Mönche verlegten den Konvent zunächst nach Wesel. 1628 erhielten sie die Gelegenheit, in Xanten durch den Erwerb von Grundstücken im Bereich der Rheinstraße und der Karthaus neue Klostergebäude zu errichten. 20 Jahre später wurde ihnen die Andreaskirche an der Nordseite des Klosters für ihre Gottesdienste zur Verfügung gestellt. Am Treppenturm des Konventsgebäudes fand sich eine auf das Jahr 1646 datierte Bauinschrift (Nr. 245).78)

In unmittelbarer Nachbarschaft der Kartäuser richteten 1639 die Kapuziner ihr Kloster in den hellen Räumen des ehemaligen Steckschen Hauses ein, nachdem sie zuvor zehn Jahre lang in der Orkstraße allzu beengt gewohnt hatten. Das neue Haus war 1570 von Wilhelm Steck erbaut worden (Nr. 181), einem Angehörigen der Emmerich-Wesel-Xantener Linie der bürgerlichen Familie der Stecke und Kanzler des Münsteraner Bischofs de la Hoya. Wilhelm Steck war auf Grund seiner Verdienste 1572 in den erblichen Adelsstand erhoben worden. Im selben Haus wurden 1571 und [Druckseite 25] 1574 die Namen der Stifter von Fenstern oder Gemälden angebracht (Nr. 183), die alle der Familie Steck angehörten.

1609 starb Herzog Johann Wilhelm von Jülich, Kleve und Berg in geistiger Umnachtung und ohne einen leiblichen Erben zu hinterlassen. Nach Ausscheiden der vier Schwestern des Herzogs aus der Erbfolge brach zwischen den Erbberechtigten Markgraf Johann Sigismund von Brandenburg und Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg der Jülich-Klevische Erbfolgestreit aus.79) Im Dortmunder Vertrag vom 31. Mai 160980) einigte man sich zunächst auf eine gemeinsame Regierung, im Xantener Vertrag vom 12. November 1614 fielen das Herzogtum Kleve, die Grafschaft Mark und Ravensberg sowie die Herrlichkeit Ravenstein an Brandenburg, der 1614 zum Katholizismus konvertierte Wolfgang Wilhelm erhielt die Herzogtümer Jülich und Berg. Diese Aufteilung wurde im Klever Vertrag vom 19. September 1666 mit der Erbverbrüderung von Brandenburg und Pfalz-Neuburg besiegelt.

Der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges war erneut mit Leiden der Region unter durchziehenden Truppen verbunden.81) 1614–1621 hatte die Stadt eine Garnison der Spanier zu ertragen. 1622 waren es die Truppen des Grafen Ernst von Mansfeld und des Herzogs Christian von Braunschweig, die die Region von Niedermörmter aus drangsalierten. 1624 wurde Xanten von der Pest heimgesucht, die die spanischen Truppen eingeschleppt hatten. Spanier waren es auch, die im selben Jahr den Dom beraubten. Die niederländischen Truppen waren nicht besser, sondern „gebärdeten sich ebenso rücksichtslos, wie die Spanier.“82) Die schlimmste Zeit für die Xantener Bevölkerung aber sollte das „Kroatenjahr“ werden. Im Jahr 1635 zogen die Kroaten unter Isolano vom Monreberg (alias Monterberg) bei Kalkar aus plündernd und brandschatzend durch das Herzogtum Kleve.83)

1639–1644 wurde die Stadt von den kaiserlichen und den hessischen Truppen durch Kontributionsforderungen und Einquartierungen finanziell ruiniert. Die Hessen unter Oberst Rabenhaupt schleiften die Stadtmauern und pressten aus der Stadt die letzten Reserven heraus. Als sie 1645 abzogen, besetzten die Brandenburger unter dem Großen Kurfürsten das Land. Fürst Moritz von Nassau wurde 1647 von Kurfürst Friedrich Wilhelm zum Statthalter von Kleve und Mark ernannt. 1648 wurde mit dem Westfälischen Frieden der Dreißigjährige Krieg beendet. Im Frieden zu Vossem kam 1673 der Niederrhein endgültig in den Besitz des Großen Kurfürsten.84) Mit seiner Unterstützung wurde 1647 mit dem Bau der evangelische Kirche am Großen Markt in Xanten, also an hervorragender Stelle, begonnen; die Kirche wurde 1649 in Anwesenheit des Großen Kurfürsten und seiner Frau Luise Henriette von Nassau-Oranien eröffnet (Nr. 246, 247).

Während dieser konfliktreichen Zeit wurde zwischen 1601 und 1650 die Sammlung der Xantener Epitaphe um insgesamt neun Denkmäler erweitert.85) Darunter befand sich auch die Gedächtnistafel zu Ehren des letzten Plebans Voerthuisen (Nr. 210), der 1610 verstarb. In demselben Jahr holte Dechant Lubert von Hatzfeld die Jesuiten für die Seelsorge nach Xanten. Sie sollten bis 1793 dieses Amt ausüben. Besonders hervorzuheben sind die beiden letzten Bildepitaphe des Xantener Bestandes. Sie sind dem Kanoniker Johannes Wartt (Nr. 240) und der Schwester des Dechanten Caspar von Ulft gewidmet (Nr. 239), die im Jahr 1636 einer Pestwelle zum Opfer fielen, die in [Druckseite 26] bisher unbekanntem Ausmaß die Xantener Bevölkerung dezimierte.86) Das (nur auf Vorkriegsfotos überlieferte) Epitaph der Elisabeth van Ulft fällt durch seine ausdrucksstarke Gestaltung auf, denn es zeigt ein Skelett, auf einer Steppdecke in einem Sarg liegend. Der Text wurde von dem Bruder als Mahnung an den allzeit gegenwärtigen Tod gefasst, insofern ist das Epitaph Dokument einer schweren Zeit.87) Als Dank für ihre Befreiung von der Seuche des Schwarzen Todes stiftete 1637 die katholische Gemeinde von Kalkar der Wallfahrtskirche in Marienbaum ein Marienbild (Nr. 242). Noch heute findet in Erinnerung an dieses Ereignis jährlich eine Wallfahrt von Kalkar nach Marienbaum statt, bei der das Bild ausgestellt wird.

Zudem wissen wir von insgesamt fünf Grabplatten (Nr. 203, 211, 229, 232, 244) und vier Grabkreuzen (Nr. 213, 230, 231 und, mit unsicherer Datierung, Nr. 254) aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Von den Grabplatten soll die des Dechanten Caspar van Ulft (Nr. 244) eigens erwähnt werden; sie ist heute an der Wand des südlichen Seitenschiffs des Domes, des sog. Dechantenflügels, zwischen den Grabplatten des Sibert von Riswick (Nr. 120, datiert 1540 oder wenig früher) und der des Dechanten Arnold Goldwert (Nr. 125, datiert 1543) aufgestellt.

2.3. Die Xantener Klöster

Auf dem Gebiet der heutigen Stadt Xanten befand sich während des Bearbeitungszeitraums eine Reihe von Klöstern. Insbesondere aufgrund ihrer zumeist sehr wechselvollen Geschichte finden sich im Xantener Bestand jedoch nur wenige Inschriften aus einigen der klösterlichen Gemeinschaften,88) die – jeweils mit knappen Angaben zur Geschichte des Konventes – im Folgenden vorgestellt werden.

2.3.1. Das Kloster Fürstenberg

Südöstlich der heutigen Innenstadt liegt der 75 m hohe Fürstenberg. Auf diesem war zwischen 1076 und 1079 eine Kapelle geweiht worden, die 1116 an die Abtei Siegburg übertragen wurde und an der in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein Benediktiner-Doppelkloster entstand. Nachdem die männlichen Ordensmitglieder das Kloster wohl bereits zu Beginn des 13. Jahrhunderts verlassen hatten, wurde es 1259 gegen den Widerstand der dortigen Benediktinerinnen für die Zisterzienserinnen des 1253 durch ein Feuer zerstörten Klosters Horst bei Deventer an den Zisterzienserorden verkauft. Das Kloster wurde mehrfach zerstört – so 1460 und 1499 – und wieder hergerichtet, bis es schließlich 1586 durch spanische Truppen endgültig zerstört wurde und die Zisterzienserinnen vertrieben wurden. Mit den ebenfalls vertriebenen Schwestern aus dem Kloster Hagenbusch fanden sie Zuflucht im Agnetenkloster in der Xantener Niederstraße.89)

Aus der Zeit vor 1586 ist lediglich eine nicht exakter datierbare Inschrift auf dem Sakramentshäuschen der Klosterkirche des Fürstenbergklosters überliefert (Nr. 197), weil von Dorth im Oktober 1659 die Ruinen skizziert und beschrieben und dabei auch die Verse verzeichnet hat. An den Umzug nach Xanten erinnert eine zwischen 1607 und 1616 entstandene Bauinschrift auf einem noch erhaltenen Türsturz (Nr. 217). Sie legt Zeugnis davon ab, dass die Zisterzienserinnen ab 1606 mit Unterstützung des Herzogs von Kleve das Klostergebäude in der Niederstraße von den beiden letzten Mitgliedern des Agnetenkonventes erworben hatten und die Äbtissin Elisabeth von Gotterschwick es umbauen oder neu errichten ließ.

2.3.2. Das Kloster Hagenbusch

Kurz vor 1144 gründete der Abt Volmar von Werden vor dem Meertor ein Benediktinerinnenkloster, das von der sumpfigen und mit Gehölz bestandenen Gegend den Namen Hagenbusch erhielt. Obwohl das Kloster im Laufe der Zeit eine Reihe von Besitzungen erwarb, ist seine Geschichte immer wieder geprägt von fehlenden finanziellen Mitteln, Zerstörungen und Überschwemmungen von Ländereien. Um 1586 waren die Schwestern gezwungen, das Kloster für einige Jahre zu verlassen und nach Xanten in die Gebäude des Agnetenklosters in der Niederstraße umzusiedeln, deren andere Hälfte die Schwestern des Klosters Fürstenberg bezogen hatten.90) Der Bestand der Xantener Inschriften enthält aus dem Bearbeitungszeitraum eine nur kopial überlieferte Inschrift mit einem Sterbevermerk aus dem Jahr 1561 (Nr. 167) sowie die Inschriften auf zwei heute in der Kirche St. Martinus in Vynen befindlichen Glocken aus dem Jahr 1499 (Nr. 60 und 61), die für das Kloster Hagenbusch gegossen wurden und möglicherweise erst nach dessen Auflösung 1802 nach Vynen gelangten. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass um 1500 erneut über finanzielle Schwierigkeiten des Klosters berichtet wurde und der Kirchturm so verfallen gewesen sein soll, dass er vom Einsturz bedroht war.91)

2.3.3. Das Birgitten-Doppelkloster Marienbaum

Das Birgitten-Doppelkloster in Marienbaum wurde 1460 durch die nach dem Tode ihres Gemahls Herzog Adolfs I. von Kleve auf Schloss Monterberg bei Kalkar residierende Klever Herzogin Maria von Burgund an einer bereits bestehenden Kapelle gegründet. Diese 1441 vollendete Kapelle war an der Stelle errichtet worden, an der 1430 eine wundertätige Marienfigur entdeckt worden war, und diente der sich in der Folge entwickelnden Wallfahrt.92) Das Kloster durchlebte eine wechselvolle Geschichte. 1499 fiel Herzog Carl von Geldern ins Klevische ein, verheerte Xanten und brandschatzte das Kloster Marienbaum, 14 Jahre später zündete ein Laienbruder das Kloster an, Brüderkonvent und Bibliothek gingen in Flammen auf.93) 1568 überfiel die spanische Soldateska das Kloster Marienbaum und plünderte es. 1586 mussten sich nach erneuter Beraubung des Klosters beide Konvente durch Flucht in die Festung Kalkar in Sicherheit bringen; sie sollten erst 1611 nach 25jährigem Exil zurückkehren.94) Dennoch sind aus dem Bearbeitungszeitraum einige Inschriften auf uns gekommen. Erhalten ist trotz Beschädigungen im Spanisch-Niederländischen Krieg beim Überfall im Jahr 1586 das sogenannte Gnadenbild von Marienbaum, eine Skulptur der Muttergottes mit Kind, mit einem Schriftband, das ein Jesusmonogramm trägt (Nr. 43). Ebenfalls noch erhalten sind aus der Zeit vor der Flucht eine Skulptur des Christus in der Rast aus dem Jahr 1509 (Nr. 85), eine Kreuzigungsgruppe von 1540 (Nr. 121), jeweils mit der Jahreszahl ihrer Herstellung, und ein Antependium mit Jahreszahl und Initialen von 1578 (oder 1558?, heute im Museum für Angewandte Kunst Köln, Nr. 191). Vermutlich aus Marienbaum stammt auch eine heute in der Pfarrkirche zu Rees aufbewahrte Kasel aus der Zeit um 1560 (Nr. 166). Die Inschriften auf einer 1619 gegossenen, nicht mehr vorhandenen Glocke im Dachreiter der Marienbaumer Kirche (Nr. 221) konnte Clemen noch verzeichnen. Noch heute befinden sich dort das von der Stadt Kalkar 1637 aus Dankbarkeit für die Errettung von der Pest gestiftete Gemälde mit einer Weihe- und Stifterinschrift sowie einer Dankinschrift auf dem Rahmen (Nr. 242) und zwei Fastentücher aus der Mitte des 17. Jahrhunderts (Nr. 251), die unter anderem eine exegetische Bildbeischrift und eine zur Verehrung Christi mahnende Inschrift tragen. Die lediglich kopial überlieferte Dankinschrift auf einer Steintafel steht im Zusammenhang mit der Erweiterung des Brüderkonventes im Jahr 1650 (Nr. 250).

2.3.4. Das Kartäuserkloster

Als in den Unruhen des Spanisch-Niederländischen Krieges 1583 Protestanten das 1419 gestiftete Kartäuserkloster auf der Graveinsel bei Wesel verwüsteten, verlegten die Mönche den Konvent zunächst nach Wesel. 1628 erhielten sie die Gelegenheit, in Xanten durch den Erwerb von Grundstücken und Häusern im Bereich der Rheinstraße neue Klostergebäude für acht Mönche zu errichten. 1647 erhielten sie die Genehmigung des Stiftskapitels, die Andreaskapelle an der Nordseite des Klosters für ihre Gottesdienste zu nutzen. Die Übergabe fand 1648 statt.95) Am Treppenturm des Konventsgebäudes befand sich eine auf das Jahr 1646 datierte Bauinschrift (Nr. 245), die den Gründer des Ordens, den hl. Bruno, nennt.

2.3.5. Das Kapuzinerkloster

Bereits 1629 hatten sich in Xanten Kapuziner im Haus auf dem Ork, dem sogenannten Gronischen Haus, niedergelassen, das jedoch relativ beengt war und keine Möglichkeiten zu einer Vergrößerung bot. Zehn Jahre später, 1639, konnten sie in unmittelbarer Nachbarschaft der Kartäuser ein Kloster in den hellen Räumen des ehemaligen Steckschen Hauses einrichten.96) Während zur Geschichte des Klosters aus dem Bearbeitungszeitraum keine Inschriften bekannt sind, hat von Dorth mehrere Inschriften an und aus dem Steckschen Haus überliefert, darunter eine Bauinschrift und einen Gruß an den Leser, die im Jahr 1570 der Erbauer des Hauses, Wilhelm Steck, hatte anbringen lassen (Nr. 181). Steck war Angehöriger der Emmerich-Wesel-Xantener Linie der bürgerlichen Familie der Stecke und Kanzler des Münsteraner Bischofs de la Hoya. Auf Grund seiner Verdienste war er 1572 in den erblichen Adelsstand erhoben worden. Im selben Haus wurden 1571 und 1574 die Namen der Stifter von Fenstern oder Gemälden angebracht (Nr. 183), die alle der Familie der Stecke angehörten.

3. Die kopiale Überlieferung

Das Interesse an der Sammlung und Wiedergabe von Inschriften beginnt am Niederrhein erst ab der Mitte des 17. Jahrhunderts. Die einzigen Inschriften, die zuvor kopial überliefert wurden, sind die Verse am Epitaph über dem sog. Viktorgrab (Nr. 17), tradiert im Liber ruber97) (um 1400) und in der Historia Xantensis (1420/21)98), sowie die Überlieferung zur Goldenen Tafel (Nr. 3) im Nekrologium Xantense (nach 1044) in Form eines Nachtrags von einer Hand des 15. Jahrhunderts.99) Einen kleinen, aber wichtigen Beitrag zur abschriftlichen Überlieferung Xantener Inschriften leistete Johann Gelenius (1585–1631), der im ersten Band der Farragines, einer umfassenden Sammlung von Quellenabschriften zur rheinischen und insbesondere Kölner Geschichte, die früheste Abschrift der heute verlorenen Inschriften am Meertor (Nr. 29) und an der sog. Bannita (Nr. 48) überlieferte und zudem die beiden Versinschriften am Viktorschrein notierte (Nr. 12).100)

[Druckseite 29]

1659 ist der erste von mehreren Aufenthalten des Anton von Dorth (1626–1695) in Xanten nachgewiesen. Der Weseler Prediger pflegte seine Dienstreisen am Niederrhein zwischen 1654 und 1674 auch für die Aufzeichnung unterschiedlicher Inschriften zu nutzen, die er in zwei Sammelbänden niederlegte.101) Die Auswahl der von ihm überlieferten Inschriften wird von seinen genealogischen und heraldischen Interessen bestimmt. Von Dorth notiert für den Bearbeitungszeitraum insgesamt 37 Objekte mit Inschriften, darunter 13 Epitaphe. Der Wert der von Dorthschen Aufzeichnungen liegt allerdings weniger im Bereich der Epitaphe, dort sind andere Quellen zuverlässiger, als vielmehr im Bereich der Grabplatten, Wappenfenster und einzelner anderer Inschriften, deren einziger Tradent von Dorth ist.102) Für mehr als die Hälfte der von ihm überlieferten Inschriften sind seine Aufzeichnungen die einzige Quelle oder bieten hilfreiche Ergänzungen. Für die Wiedergabe der Inschriften verwendete von Dorth Normalschrift, so dass sich eine paläographische Untersuchung erübrigt. Seine Textüberlieferung ist weitgehend zuverlässig, aber nicht fehlerfrei, wie der Vergleich mit den Originalen bzw. anderen Überlieferungen zeigt.103) Wichtig für Beschreibung und Kommentar der Inschriftenträger sind auch seine – wenn auch schlichten – Skizzen, die er mit einer Beschreibung in lateinischer Sprache versehen hat. Diese geben nicht nur Auskunft über die Fundstelle, sondern auch über Details der dargestellten Objekte, wie z. B. die Tingierung der von ihm abgebildeten Wappen. Diese Wappen sind angesichts der Tatsache, dass für den Niederrhein ein umfassendes Wappenbuch fehlt, für die Verortung der überlieferten Texte hilfreich, zumal dann, wenn diese nur noch fragmentarisch gelesen werden können (siehe z. B. Nr. 137, 138).104)

Zwischen 1733 und 1759 verfasste der Xantener Kanoniker und Stiftsarchivar Friedrich Jakob Pels sein fünf Folianten umfassendes Sammelwerk über die Geschichte des Stifts105), dessen Bände 1–4 als Manuskripte im Stiftsarchiv vorliegen, während der 5. Band, der sich speziell mit der Ausstattung des Domes beschäftigt und u. a. ein Inventar des Domschatzes enthält, verschollen ist. Für die vorliegende Edition ist insbesondere der 2. Band mit biographischen Notizen zu den Kanonikern, die Pels in nach Präbenden geordneten Gruppen vorstellt, wichtig, ferner die Inschriftentradition des Kanonikers zur Ausstattung des Domes. Unverzichtbar ist Pels' kopiale Überlieferung für die verlorene Goldene Tafel (Nr. 3), deren Stifter- und Renovierungsinschriften, Beischriften und Schriftzitate er in Form einer Skizze und ausführlicher Darstellungen zuverlässig, wenn auch mit zwei Lücken und kleineren Versehen, wiedergibt. Besonders in dem Schriftzitat, das der Majestas Domini im Zentrum der Tafel zugeordnet wird und das auf den ersten Blick seltsam erscheint, zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass die Lectio difficilior von einem Mann aufgezeichnet wurde, der die Goldene Tafel täglich beim Chorgebet vor Augen hatte. Zum Vergleich kann auch seine Wiedergabe des Textes auf der Inschrifttafel am Meertor, die auf Gelenius zurückgeht (Nr. 29), herangezogen werden, und die Rekonstruktion der völlig verwitterten Tafel unter der Berendonckschen Ecce-homo-Gruppe (Nr. 114B) wird erst durch eine Zusammenschau der Überlieferung bei von Dorth, Pels und aus’m Weerth106) ermöglicht.

Aus’m Weerths Kunstdenkmäler-Bände stehen exemplarisch für kunsthistorische Publikationen des 19. Jahrhunderts, in denen Inschriften nur vereinzelt Berücksichtigung finden. Auch Binterim/Mooren überliefern für den Xantener Bereich nur eine verlorene Inschrift.107) Eigens erwähnt werden muss die Überlieferung Reins, der 1869 einen Artikel über die Gedenktafel am Burgbau zu Kempen veröffentlichte und darin die Inschrift der Gedenktafel am Xantener Meertor (Nr. 29) [Druckseite 30] mit Berufung auf die Abschrift der Pfarrer Mooren und Spenrath wiedergibt.108) Zuvor hatte sich Rein vergeblich an Cuno gewandt, der ihm aber nicht weiterhelfen konnte. Anders verhält es sich mit der Bauinschrift an der Xantener Antoniuskapelle (Nr. 225), die 1945 zerstört wurde, aber in Fragmenten noch vorhanden ist: Die Korrespondenz Reins mit Cuno ermöglicht uns heute die Ergänzung der fehlenden Stücke.

Der königliche Kreisbaumeister Carl Cuno hat von 1857 bis 1868 die Restaurierungsarbeiten am Xantener Dom geleitet. Er war ein begnadeter Zeichner, der u. a. die Inschriften der Xantener Glocken und eines Standleuchters (Nr. 92) abgezeichnet hat.109) Die zahlreichen Abriebe, die Cuno zudem anfertigen ließ, sind eine willkommene Ergänzung zur Rekonstruktion verwitterter oder im Zweiten Weltkrieg zerstörter Inschriften. Der Dombauhütte liegen 19 Abriebe vor, die wegen ihrer Übersichtlichkeit bei der Wiederherstellung der zerschlagenen oder beschädigten Epitaphe mit Gewinn herangezogen werden konnten bzw. können. Eine völlige Sicherheit bieten diese Abriebe aber nicht; denn es ist zweifelhaft, ob Cuno sie selbst hergestellt hat. Zudem darf vermutet werden, dass die Buchstaben von Hand nachgezogen worden sind. Einen nicht untypischen Fehler, der wohl auf ein solches Verfahren zurückzuführen ist, lässt der Sterbevermerk für Rutger van den Speet (Nr. 165) erkennen, in dem in der letzten Zeile SEPULTUSAM statt SEPULTURAM erscheint, während eine Aufnahme aus der Zeit vor 1945 beweist, dass der Steinmetz das Wort richtig wiedergibt.

In größerem Umfang zeichneten noch im 19. Jahrhundert Beissel und Clemen Xantener Inschriften auf. Beissel leistet in seinem Standardwerk über den Xantener Dom „Die Bauführung des Mittelalters“ von 1889 die Wiedergabe zahlreicher Inschriften, die er zuverlässig, wenn auch nicht ohne Lücken und kleinere Versehen, wiedergibt. In der vorliegenden Edition fußen lediglich die Wiedergabe der alten Inschrift am Schrein des Hochaltars (Nr. 111) und Ergänzungen zu den Inschriften E und F der Berendonckschen Kreuzigungsgruppe (Nr. 114) auf Beissels Überlieferung; ansonsten liegen die Originale bzw. ältere kopiale Traditionen vor. Letzteres gilt auch für Clemen, der in seinem 1892 erschienenen Kunstdenkmälerband für den Kreis Moers zahlreiche Inschriften, wenn auch lückenhaft und ungenau, dazu einheitlich in Großbuchstaben, wiedergibt. In der vorliegenden Edition basiert lediglich die Wiedergabe der verlorenen Inschriften eines Gemäldes (Nr. 187) und einer verschollenen Glocke (Nr. 221) auf Clemen.

Seit dem 20. Jahrhundert gewinnen Inventare Gewicht für die Inschriftenforschung, so das Inventar Hölker von 1925,110) 1975 ergänzt durch die Arbeiten Renate Jaques'111) über die Paramente des Domschatzes, die auch Gegenstand des Inventars von Sabine Heitmeyer-Löns von 2008 sind,112) dann das Inventar Rainer Schifflers von 1981 zu den beweglichen Objekten der Domausstattung.113) Aus diesen Inventaren sind für die kopiale Tradition der Inschriften des Bearbeitungszeitraums [Druckseite 31] die Darstellungen Hölkers zu zwei aufeinander bezogenen Tafelgemälden, deren originale Inschriften verloren sind (Nr. 189 und 190), sowie zu dem Kelch B 22 (Nr. 253) und der Inschrift H der Berendonckschen Kreuzigung (Nr. 114) von besonderem Interesse.

Auf dem Gebiet der Paramente sind die Veröffentlichungen Renate Jaques' auch für den Inschriftenforscher aufschlussreich, zumal ihm ein Zugang zu den fachmännisch eingelagerten Stoffen wegen des unverhältnismäßig großen Aufwands nicht gestattet wird. Daneben gibt es den (unveröffentlichten) Nachlass Jaques' im Stiftsarchiv, der ggf. für Ergänzungen herangezogen werden konnte, so bei der Wiedergabe der Inschriften auf einer wertvollen Stola (Nr. 24, um 1350), die 1949 anlässlich einer Ausstellung gestohlen wurde; ein dazu gehörender Manipel ist im Stiftsmuseum noch vorhanden. Die Fotografien einer Kölner Borte (Nr. 63) fanden sich ebenfalls im Nachlass Jaques'.114)

Den bedeutendsten Schritt für die Entzifferung der Inschriften auf Stein hat Heinrich Engelskirchen gemacht, als er in den Jahren 1937, 1939 und 1940 sowie im Jahr 1955 zahlreiche Xantener Steininschriften aufzeichnete und eine Reihe von Inschriften entzifferte, die bei Clemen und auch im Inventarverzeichnis von Hölker noch fehlen.115) Wieweit Engelskirchen nur am Original gearbeitet hat oder auch Abriebe und Fotos herangezogen hat, ist unklar. Manche Fehler im Detail mögen auf seine Sehbehinderung oder auf den Mangel an technischen Geräten zurückzuführen sein. Auch Engelskirchen gibt die Inschriften der Einfachheit wegen in Normalschrift wieder, verzichtet der Lesbarkeit wegen auf die Wiedergabe von Kürzungen und hält auch Übersetzungen für überflüssig.

Für die Wiedergabe sehr vieler Objekte müssen angesichts der Verwüstungen des Zweiten Weltkrieges heute historische Fotos herangezogen werden. Das Rheinische Bildarchiv in Köln verfügt über ca. 7000 historische Aufnahmen zu Xanten, die für die Forschung ebenso wie für die Rekonstruktion durch die Dombauhütte zur Verfügung stehen. Sie bilden die alleinige Grundlage für die Wiedergabe etlicher Inschriften, etwa an der Berendonkschen Ölberggruppe (Nr. 114A), am heute weitgehend zerstörten Epitaph Kloken (Nr. 175) und auf dem Türsturz über dem Eingang des ehemaligen Waisenhauses (Nr. 212). Schließlich sei noch auf den Bestandskatalog der Sammlung des Niederrheinischen Altertums-Vereins als einziger Quelle für die Bauinschrift des Viktor van den Speet (Nr. 104)116) und auf die Arbeiten von Belonje und van der Loo/Spies als einzige Quellen für genealogische Angaben hingewiesen (Nr. 167 und 183).117)

4. Inschriften und Inschriftenträger

4.1. Inschriften des Totengedenkens

Etwa ein Drittel der 262 für den Bearbeitungszeitraum erfassten Inschriftenträger dient dem Gedenken an Verstorbene. 76 der Grab- und Memoriensteine, Grabkreuze und -platten sowie Epitaphien sind noch ganz oder fragmentarisch erhalten, zehn nur in alten Fotos, Zeichnungen oder Abschriften überliefert oder können keinem original erhaltenen Objekt sicher zugeordnet werden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen befinden bzw. befanden sich diese Träger im Kreuzgang, im St. Viktor-Dom selbst oder auf dem Domfriedhof westlich der Kirche im Immunitätsbereich.118) Zudem haben sich vereinzelte Grabkreuze auf dem Pfarrfriedhof in Wardt sowie ein Gedenkkreuz in Birten erhalten.

4.1.1. Memoriensteine, Grabsteine

Unter den Xantener Grabsteinen ist der Batimodus-Stein (Nr. 1) von besonderer Bedeutung, weil er als einziger spätantiker Grabstein die Anwesenheit von Christen im 5. Jahrhundert in dieser Region belegt.119) Insofern bezeugt er inschriftlich den Übergang von der heidnischen Antike zum christlichen Mittelalter am Niederrhein.

Aus dem 11. Jahrhundert haben sich in Xanten drei Grabsteine und zwei so genannte Memoriensteine erhalten. Bei Letzteren handelt es sich um Steinplatten unterschiedlicher Größe, die jedoch deutlich kleiner als die mindestens körpergroßen Grabplatten sind. Die kreuzförmig oder zeilenweise angeordnete Inschrift überliefert den Todestag (ohne das Todesjahr) und den Namen einer oder eines Verstorbenen, zuweilen ergänzt durch den Stand oder den Weihegrad. Das Formular der Inschriften entspricht den Einträgen in Totenbüchern und lässt darauf schließen, dass auch die Memoriensteine der Sicherung des liturgischen Totengedenkens dienten. Ob die Steine am Grab oder davon unabhängig in der Kirche angebracht waren, ist umstritten, da keiner der bekannten Memoriensteine im ursprünglichen Zusammenhang gefunden wurde.120) Zwei davon sind dank ihrer Zweitverwendung als Auffüllmaterial unter dem Boden des Kapitelsaales (Volcart, Nr. 7) oder als Spolie in der Westwand des Kreuzgangs (Hubertus, Nr. 8) erhalten geblieben. Bei den Platten selbst handelt es sich vermutlich um wiederverwendete Steinplatten – vielleicht geglättete Fußboden- oder Deckenplatten – aus römischer Zeit.121)

Zu den Xantener Memoriensteinen fasst Bader zusammen: „Immerhin haben wir jetzt eine Vorstellung, wie die Grabsteine des 11. Jahrhunderts hier aussahen, sie gaben wirklich, wie die Totenbücher, nur den Namen und das Monatsdatum des Todes an, damit für ihn an diesem Monatstag die Totenmesse gelesen und … die jährlichen Tumbagebete verrichtet werden konnten.“122) Tatsächlich sind sowohl ein Hubertus als auch ein Folchard, die sich mit den inschriftlich genannten Verstorbenen in Verbindung bringen lassen, im ältesten erhaltenen Totenbuch des Xantener Stifts verzeichnet.123)

Diese „Vorstellung“ Baders von den Xantener Grabsteinen des 11. Jahrhunderts lässt allerdings einen Teil des Befundes unberücksichtigt, z. B. ein Steinfragment, das 1973 bei Erdarbeiten vor dem Haus Kapitel 8 gefunden wurde und wegen der charakteristischen Eckpalmetten hier als „Palmettenstein“ geführt wird (Nr. 5). Die nur sehr fragmentarisch erhaltene Inschrift endet offenbar mit einer Fürbittformel und geht somit über das Formular der Memoriensteine hinaus. Dasselbe gilt für ein weiteres, ebenfalls dem 11. Jahrhundert zuzuordnendes Fragment, von dessen Inschrift lediglich die abschließende Fürbittformel erhalten ist (Nr. 9). Zudem bedarf Baders Einschätzung neuerdings einer nicht unwesentlichen Korrektur und Ergänzung durch die Analyse des Engilbraht-Grabsteins (Nr. 4), der in der Literatur bisher unberücksichtigt blieb. Es handelt sich dabei um zwei Fragmente eines Kalksteins, 1940 in einer Abstellkammer des nördlichen Kreuzgangflügels bzw. nach 1945 in der Wand des östlichen Kreuzgangflügels (Joch U1) aufgefunden. Auch dieser Stein ist an den Kanten abgefast, beim zweiten Fragment wurden allerdings im Zuge einer Bearbeitung in Zweitverwendung die Fasen beseitigt. Die paläographische Untersuchung datiert den Stein in das zweite bis dritte Viertel des 11. Jahrhunderts. Auf dem Stein lassen sich Brandspuren nachweisen, wahrscheinlich wurde er durch einen der beiden Dombrände 1081 oder 1109 in Mitleidenschaft gezogen. Der Text besteht aus einem zeilenweise ausgeführten Grabgedicht in sechs Versen, wahrscheinlich handelt es sich um leoninisch gereimte (?) elegische Distichen. Es enthält zudem inhaltlich außer dem üblichen Sterbevermerk und der abschließenden Gebetsaufforderung wesentliche Textelemente der späteren Epitaphe, wie die Adresse an den Passanten und die Klage über die Condition humaine, da der Tod einen achtbaren Menschen in der Blüte seines Lebens dahinrafft. Statt schlichter Memoriensteine mit trockenen Daten also ein Grabstein mit einem gedanklich durchreflektierten Gedicht! Der Stein beeindruckt durch die formale Gestaltung der Verse ebenso wie durch die bewegende gedankliche Tiefe ihres Inhalts und die besonders sorgfältig und formenreich gehauene romanische Majuskel.

Weder aus dem 12. noch aus dem 13. Jahrhundert sind Inschriften des Totengedenkens in Xanten überliefert, und auch aus dem 14. Jahrhundert ist nur der Grabstein des um 1330 bezeugten [Druckseite 33] Priesters Peter van Wederich (Nr. 22) bekannt, aufgefunden in der Westwand des Kreuzgangs, wo er in Zweitverwendung eingebaut war. Der nur 18 cm hohe und 26,5 cm breite Stein trägt eine grob eingehauene Grabbezeugung ohne jede Angabe eines Datums. Darunter ist eine weitere Textzeile auf dem Kopf stehend eingehauen. Es handelt sich um die erste Zeile derselben Grabbezeugung, die der Steinmetz verworfen hatte. Er hat dann den Stein herumgedreht und den Text erneut begonnen.124)

Von 1554 stammt ein gut erhaltener Grabstein für den Schöffen Rutger Hagens, der 1867 in einem heute abgerissenen Anbau am Südturm des Domes (Nr. 153) gefunden wurde. Im Unterschied zu den Grabplatten oder Epitaphen für Stiftskanoniker ist der Sterbevermerk für den Laien Rutger Hagens in deutscher Sprache abgefasst.

4.1.2. Grabkreuze

Von den vermutlich zahlreichen steinernen Grabkreuzen des 16. und 17. Jahrhunderts, die auf dem Domfriedhof und auf den Friedhöfen der alten Pfarrkirchen im Stadtbereich gestanden haben dürften, sind nur wenige erhalten. Wir kennen nur vier Grabkreuze aus der Zeit bis 1650 vom Domfriedhof, die allesamt beschädigt bzw. in stark fragmentarischem Zustand auf uns gekommen sind.125) Besser erhalten sind sechs schlichte historische Grabkreuze, die 1942 in Wardt durch den damaligen Küster aus dem Kehricht geborgen und von seinem Sohn vor dem Eingang der Willibrordkirche aufgestellt wurden, darunter zwei aus dem Bearbeitungszeitraum.126) Weitere Grabkreuze aus der Zeit vor 1650 dürften u. a. in den Wirren des Spanisch-Niederländischen Krieges und im Dreißigjährigen Krieg verloren gegangen sein, zumal in der „Wardter Schlacht“ (1608) zwischen spanischen Truppen aus Rheinberg und den Truppen des Grafen Adolf von Nassau.

Trachyt und Eifeler Basalt waren das bevorzugte Material für die Grabkreuze, für zwei der Kreuze vom Domfriedhof wurde Ruhrsandstein verwendet. Die drei besser erhaltenen Kreuze vom Domfriedhof (Nr. 182) und aus Wardt (Nr. 106, 124) stammen aus dem 16. Jahrhundert und sind schmucklos mit leicht geschweiftem Fuß und geraden Armenden, wie sie zu dieser Zeit in der Region üblich waren. Die in deutscher Sprache knapp abgefassten Sterbevermerke überliefern nur den Namen des bzw. der Verstorbenen und das Jahr, nicht aber den Tag des Todes. Eines der Wardter Kreuze (Nr. 106) ist zu Ehren einer ganzen Familie errichtet. Es ist zweiseitig beschrieben, die stark verwitterte Inschrift endet (als einzige an einem Xantener Grabkreuz) mit einer Fürbittformel. Die drei aus dem 17. Jahrhundert überlieferten Grabkreuzfragmente vom Domfriedhof tragen jeweils den Schluss eines Sterbevermerks, einmal in lateinischer Sprache (Nr. 230), zweimal in Deutsch (Nr. 213, 231).

Von dem alten Birtener Friedhof haben nur zwei historische Grabkreuze die Kriege und ihre Verwüstungen überstanden, die allerdings erst nach dem Bearbeitungszeitraum entstanden sind; sie stehen heute vor der Sakristei der Kirche. Einer der beiden Steine, ein Trachyt aus dem Jahr 1663, wurde nach einem Diebstahl von drei alten Birtener Grabkreuzen in jüngster Zeit durch die Aufmerksamkeit des Birteners Willi Theußen, der ihn im Kevelaerer Heimatmuseum wiederfand, für Birten gerettet. Die Suche nach den beiden anderen Kreuzen blieb erfolglos; ob sie in den Bearbeitungszeitraum gehörten, ist ungewiss. Ein besonderes Monument ist das gotische Totengedenkkreuz (Nr. 36), das im 15. Jahrhundert (1414 oder später) oberhalb von Birten auf dem alten Heeres- und Postweg aufgestellt wurde. Das Kreuz erinnerte an einen Wanderer, der an dieser Stelle einem Raubmord zum Opfer fiel, so die Erzählungen vor Ort, die sich über Generationen hinweg nachverfolgen lassen.127)

4.1.3. Grabplatten

Die Überlieferung von Grabplatten setzt in Xanten erst im 16. Jahrhundert ein, allerdings ist mit einer beträchtlichen Anzahl verlorener Platten auch aus älterer Zeit zu rechnen. Für 18 der 19 Grabplatten mit original erhaltenen oder kopial überlieferten Inschriften(fragmenten) ist die Herkunft aus dem Dombereich (Dom, Kreuzgang oder Domfriedhof) gesichert. Lediglich die Herkunft der ältesten Grabplatte (Nr. 87) ist unsicher; da sie in fragmentarischem Zustand im Bereich der ehemaligen Kapitelsmühle aufgefunden wurde, ist aber auch für diese Platte die ursprüngliche Zugehörigkeit zum Dombereich anzunehmen.

„In ecclesia nullus sepelitur nisi praepositi, decani, scholastici et thesaurarii“ schreibt der Kanoniker Pels 1734.128) Entsprechend lagen im südlichen Seitenschiff des Domes, dem sog. Dechantenflügel, die Gräber des Dechanten Arnold Goltwert (Nr. 125), zu dessen Amtszeit Bartholomäus Bruyn d. Ä. die Flügel des Hochaltars gemalt hat, des Dechanten Caspar van Ulft (Nr. 244), der in Xanten zahlreiche Spuren hinterlassen hat, und vor dem Heilig-Kreuz-Altar das Grab des Propstes und Thesaurars Sibert von Riswick (Nr. 120), der als Stifter einer kostbaren Kapelle und, gemeinsam mit seinen beiden Brüdern, als großzügiger Stifter der nach den Riswicks benannten großformatigen Teppiche im Hochchor (Nr. 91) hervorgetreten ist. Die Platten dieser drei Stiftsherren wurden nach 1945 gehoben und in die Wand des südlichen Seitenschiffs des Domes eingelassen. Neben Arnold Goldwert war dessen Vorgänger als Dechant, Arnold Heymerick, bestattet. Seine Grabplatte ist verloren, ihre Inschrift jedoch kopial überliefert (Nr. 127). Bei der Anlage der Domheizung im Bereich der Heilig-Geist-Kapelle wurden auch die Grabplatten des Xantener Portars Wolfgang van Duven (Nr. 148), des Stifters der sehr qualitätvollen Passionsfenster über der Märtyrerpforte (siehe Nr. 112 und unten Kap. 4.4), und die des Portars und Seniorkanonikers Johannes Hisfelt (Nr. 174) herausgenommen und in die Westwand des Kreuzgangs eingestellt. Der Thesaurar Gregor von Trier wurde 1624 vor dem Antoniusaltar im nördlichen Seitenschiff beigesetzt, seine Grabplatte befindet sich heute im Lapidarium (Nr. 229).

Viele der Kanoniker, die keines der bei Pels genannten Ämter bekleideten, fanden ihre letzte Ruhe im Kreuzgang. In seinem Aufsatz von 1955 rekonstruiert Engelskirchen anhand der Notizen des Weseler Predigers Anton von Dorth (1626–1695)129) den ehemaligen Text der mittlerweile unleserlich gewordenen Grabplatten im Nordflügel des Kreuzganges.130) Von den bei von Dorth verzeichneten neun Blausteinplatten, die Engelskirchen mit mehr oder weniger großer Sicherheit bestimmten Kanonikern zuordnet, gehören sechs dem Bearbeitungszeitraum an. Die Grabplatten für Johannes Kerswich (Nr. 232) und Johannes Winter (Nr. 176) können nicht sicher zugeordnet werden, während die Zuordnung der Grabplatte für Matthias Paludanus (Nr. 211) immerhin wahrscheinlich und der Grabplatten für Johannes Bemmel (Nr. 168) und Johannes von Viersen131) (Nr. 155) gesichert ist. Die Inschrift, die von Dorth für Konrad und Johannes Winter132) überliefert (Nr. 220), erinnert eher an ein Epitaph als an eine Grabplatte133); Engelskirchen bringt sie allerdings mit einer der genannten Platten in Verbindung. Die Originalplatte des Gerhard Berendonck, Stifter der Stationsbilder vor dem Südportal des Domes, hat man gehoben und an Ort und Stelle, d. h. über dem Grab des Kanonikers vor der Kreuzigungsgruppe auf dem Domvorplatz, durch eine Kopie ersetzt (Nr. 150). Die Grabplatte des Plebans Tzijl (Nr. 89), die hinter dem Pfarrhaus Klever Str. 1 auf dem Domfriedhof lag, hat man bisher nach ihrer Zerschlagung 1945 ebenso wenig restauriert wie die des Thesaurars von Trier (Nr. 229).

Durch kopiale Tradition wissen wir von Grabplatten des Kanonikers Heymerick (Nr. 127), des Klever Kanzlers Bars gen. Olisleger (Nr. 186), des Ehepaares Telemans/Wylich (Nr. 180), eines weiter nicht bekannten Heinrich (oder Derick/Dietrich?) (Nr. 87) und des Xantener Bürgermeisters Bernhard von der Heyden (Nr. 203); wir kennen deren Inschriften, wenn auch im Falle Bars gen. Olisleger nur fragmentarisch, die Platten selbst sind verschollen.

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Die erhaltenen Grabplatten sind fast ausnahmslos aus Blaustein hergestellt.134) Im Mittelfeld einiger Platten deuten Kelch und Hostie auf den geistlichen Stand der Verstorbenen hin (Nr. 89, 125, 148, 155, 174). Auf der Grabplatte des Dechanten Arnold Goldwert weist der Hut eines Apostolischen Protonotars den Verstorbenen zudem als hohen geistlichen Würdenträger aus (Nr. 125). Gängig war die Darstellung der Evangelistensymbole in den Ecken (Nr. 89, 120, 148, 168, 174, 211) bzw. in den Zwickeln eines Rundmedaillons im Mittelfeld (Nr. 229). Das Mittelfeld wurde zudem vielfach für die Präsentation des Familienwappens (Nr. 120, 150, 174, 180, 229, 244) bzw. einer Ahnenprobe (Nr. 186, 203) genutzt. Bemerkenswerte Parallelen weisen die Grabplatten des Arnold Goldwert (1543, Nr. 125) und des Wolfgang van Duven (1552, Nr. 148) auf. In beiden Fällen ist das Mittelfeld durch Darstellungen (ein Wappen und ein Putto mit Kelch und Hostie in Dreipassrahmung) in Ädikularahmung gefüllt, die durch Vanitas-Darstellungen (Totenkopf und Knochen) ergänzt werden. Die bis in Details reichenden Übereinstimmungen lassen keinen Zweifel an der Herstellung beider Platten in derselben Werkstatt. Einzigartig hinsichtlich des Materials, der Ikonographie und der technischen Ausführung ist die Grabplatte für den Propst Sibert von Riswick (Nr. 120). Das Mittelfeld zeigt über dem Familienwappen eine Ganzfigur des Verstorbenen, die wie die Umschrift aus Messing gearbeitet und in den Blaustein eingelegt ist.

Bis ins 17. Jahrhundert hinein wurden die Grabplatten mit einer eingehauenen oder aus einem eingetieften Schriftband erhaben herausgearbeiteten Umschrift versehen. Eine zeilenweise angeordnete Inschrift in einer Roll- oder Beschlagwerkkartusche im Mittelfeld ist erstmals 1624 (Grabplatte für Gregor von Trier, Nr. 229), ein zweites Mal 1641 (Platte für Caspar van Ulft, Nr. 244) überliefert. Hinsichtlich der Qualität der technischen Ausführung ist die Umschrift der Grabplatte für Sibert von Riswick (Nr. 120) hervorzuheben, für die die Herkunft aus einer Kölner Werkstatt in Erwägung zu ziehen ist.

Die Inschriften der Grabplatten, die für Geistliche angefertigt wurden, sind, wie allgemein üblich, in lateinischer Sprache abgefasst. Sie enthalten in den meisten Fällen einen Sterbevermerk, teilweise in Kombination mit einer Fürbitte (Nr. 89, 120, 148, 244), einem Setzungsvermerk (Nr. 125, 127, 155) und/oder einer Grabbezeugung (Nr. 176, 229, 232). Setzungsvermerke lassen auf die Auftraggeber der Platten schließen, die damit im Allgemeinen wohl dem Wunsch des Verstorbenen entsprochen haben; in zwei Fällen werden in diesem Zusammenhang die Testamentsvollstrecker ausdrücklich erwähnt (Nr. 125, 155). Testamentarische Verfügungen zur Grabstätte und zur Gestaltung des Grabdenkmals waren weit verbreitet,135) wurden jedoch nur selten inschriftlich festgehalten. Die Inschrift auf der Grabplatte des Portars und Seniorkanonikers Johannes Hisfelt hingegen enthält die Bemerkung, dass er sein Grab in der Heilig-Geist-Kapelle zu Lebzeiten gewählt hatte (Nr. 174).

Gelegentlich werden die intellektuellen oder charakterlichen Tugenden des Verstorbenen (Nr. 125, 127) gepriesen oder die geistlichen Ämter aufgezählt, die er bekleidet hatte (Nr. 120, 148). Bemerkenswert ist der Hinweis auf die Tätigkeit des Kanonikers Matthias Paludanus als Fürstenerzieher am klevischen Hof (Nr. 211).

Hinsichtlich dieser Angaben unterscheiden sich die Grabinschriften der Kanoniker kaum von der Inschrift auf der Grabplatte des Heinrich Bars gen. Oligsleger, die im Unterschied zu den übrigen für Laien angefertigten Grabinschriften (Nr. 180, 203) in lateinischer Sprache abgefasst wurde (Nr. 186). Sie ist in sehr fragmentarischer Form kopial überliefert, dennoch ist zu erschließen, dass im Text neben dem Sterbedatum und der Grabbezeugung die Rolle des promovierten Juristen als politischer Berater Herzog Johanns III. von Jülich-Kleve-Berg und seines Sohnes, Herzog Wilhelms V., sowie seine Tätigkeit als Kanzler für Kleve-Mark über mehr als 40 Jahre erwähnt wurde.

Bisweilen mag ein Motto etwas über die Persönlichkeit und die Selbsteinschätzung seines Trägers auszusagen. Das auf seinen Steinen stets wiederkehrende und auch auf seiner Grabplatte (Nr. 244) angebrachte „Hodie flos, cras foenum“ (‚Heute Blume – morgen Heu‘) charakterisiert den Dechanten Caspar van Ulft als einen Prediger, der in den schweren Zeiten des 30jährigen Krieges und der Pest sich selbst und seinen Zeitgenossen ein Memento mori vorhält.136)

4.1.4. Epitaphe

„Wie die Grabplatten dienten Epitaphien der Erinnerung an den Verstorbenen, doch spielten sie beim Vollzug der liturgischen Memoria keine Rolle. Deshalb waren sie nicht an den Begräbnisplatz gebunden und konnten in den unterschiedlichsten Formen und Materialien ausgeführt sein.“137) Die deutsche Kunstgeschichte versteht unter einem Epitaph „eine besondere Art von Gedächtnismalen, welche die Erinnerung an den Verstorbenen mit einem religiösen oder allegorischen Bildwerk und einem inschriftlichen Todesvermerk verbinden“.138) Solche Epitaphe wurden zuerst im 14. Jahrhundert entwickelt und reichen bis ins 18. Jahrhundert. Das Epitaph im weiteren Sinne umfasst neben dem Bildepitaph auch die Schrifttafel mit oder ohne Wappen. Beide Formen sind in Xanten zahlreich vertreten, denn der Xantener Dom weist die bedeutendste Sammlung von Epitaphen am Niederrhein auf.

4.1.4.1. Übersicht

Die Xantener Sammlung umfasst insgesamt 53 historische Epitaphe, 48 davon aus dem Bearbeitungszeitraum. Hinzu kommt die kopiale Überlieferung zweier Inschriften, bei denen es sich möglicherweise um Inschriften auf Epitaphen gehandelt hat (Nr. 204 und 220).139) Im Kreuzgang des Xantener Domes hingen vor 1945 30 Bildepitaphe und 20 Schrifttafeln. Von den Bildepitaphen konnten mittlerweile 25, von den Schrifttafeln 18 restauriert werden, fünf Bildepitaphe und zwei Schrifttafeln warten noch im Lapidarium auf ihre Wiederherstellung. Mit Ausnahme von zwei Epitaphen sind alle aus Baumberger Sandstein gehauen; Ausnahmen bilden nur die Epitaphe der Elisabeth von Ulft (Nr. 239) und der Familie Harst (Nr. 178), die aus Marmor bzw. Bronze gearbeitet sind.

Außerhalb des Kreuzgangs befindet sich das Epitaph für Gerhard Berendonck (Nr. 151), den Stifter der eindrucksvollen Stationsbilder vor dem Südportal des Xantener Domes, an der Basis der Kreuzigungsgruppe oberhalb des Berendonckgrabes in Kopie, das fragmentarisch erhaltene Original wird im Lapidarium aufbewahrt. Das Epitaph des Plebans Jakob Backer (Nr. 154) auf der Rückseite des Hauses Klever Str. 1 auf dem Domfriedhof – das Haus gehörte zum Gebäude des alten Pfarrhauses – hat die Zerstörungen von 1945 komplett, wenn auch in Form von Fragmenten, überdauert. Nur kopial tradiert sind die Inschriften am (vermutlichen) Epitaph für Konrad und Johannes Winter (Nr. 220) und am (ebenfalls vermutlichen) Epitaph des Bernhardt von der Heyden (Nr. 204). Beide hatten ihren Platz wohl ebenfalls im Dominneren. Von den insgesamt 53 im Original erhaltenen Objekten können in dieser Edition wegen des Zeitrahmens alle 31 Bildepitaphe und von den insgesamt 22 Schrifttafeln 17 berücksichtigt werden. Hinzu kommen die erwähnten Inschriften auf unbekannten Inschriftenträgern.

Die meisten der bei den Bombenangriffen 1945 zerschlagenen oder beschädigten Epitaphe sind Mitte der 1950er Jahre restauriert und wieder aufgehängt worden. Bei den Restaurierungen dieser Zeit setzte man die vorhandenen Originalteile lediglich zusammen und verzichtete auf Ergänzungen. Die Epitaphe des Kreuzgang-Südflügels und der angrenzenden Teile des Ost- und Westflügels, die 1945 am stärksten zerstört worden waren, wurden zunächst ausgeklammert. Erst in jüngster Zeit hat man sich der Wiederherstellung dieser Epitaphe im Sinne einer archäologischen Rekonstruktion zugewandt140) und die Epitaphe Keup/Speet (Nr. 165), Hotmann (Nr. 103) und Harst (Nr. 178) wieder aufgehängt. Bei der archäologischen Rekonstruktion eines zerschlagenen Steinmonuments werden die Originalteile mit bildhauerisch rekonstruierten Partien verbunden und so wieder zugänglich gemacht. Vorlage für die Rekonstruktion der verlorenen Teile ebenso wie für die Zusammensetzung der Monumente sind Fotos aus der Zeit vor 1945. Ein fast kompletter Satz von Vorkriegsaufnahmen der Xantener Epitaphe liegt im Rheinischen Bildarchiv Köln vor und kann von den Bildhauern abgerufen werden. Prinzipiell können so alle Epitaphe, deren Fragmente zurzeit noch im Lapidarium der Dombauhütte aufbewahrt werden, wiederhergestellt werden.

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4.1.4.2. Welche Verstorbenen erhielten im Xantener Dom ein Gedächtnismal?

Mehr als die Hälfte aller hier infrage stehenden Verstorbenen sind Kanoniker des Xantener Stiftes gewesen; meist werden sie ausdrücklich als solche bezeichnet, auch wenn sie zwecks Heirat laisiert wurden wie im Fall des bekannten Humanisten Dr. Heinrich Riswick (Nr. 193). Hinzu kommen zehn Vikare bzw. Rektoren und die Priester Backer141) (Nr. 154) und Smacht (Nr. 51). Unklar ist die Standeszugehörigkeit eines Anonymus (Nr. 173). Aber auch der (säkularen) Laien wird im Kreuzgang gedacht. Dabei handelt es sich meist um geachtete Bürger mit öffentlichen Ämtern bzw. deren Frauen; ganz sicher spielten bei der Berücksichtigung durch ein Epitaph aber auch verwandtschaftliche Beziehungen zu Stiftsangehörigen eine nicht unerhebliche Rolle. So stiftet Dechant Caspar van Ulft seiner verstorbenen Schwester Elisabeth zum Gedenken ein Epitaph (Nr. 239). Familienangehörige stiften Frau Katharina Harst aus der Familie Clusen zusammen mit ihrem Kanonikersohn Karl Harst d. J. eine Gedenktafel (Nr. 178). Katharina Harst war Gattin des hochgeachteten Doktors Karl Harst, Ratgeber des Klever Herzogs.

Verwandtschaftliche und freundschaftliche Beziehungen kommen bisweilen in der Hängung der Epitaphe oder auch der Positionierung von Grabplatten zum Tragen. So hat von Dorth noch die Grabplatte des Heinrich Bar gen. Olisleger in unmittelbarer Nähe zu dem von ihm selbst gestifteten Epitaph seiner zweiten Gattin Gotfrida van Bemmel (Nr. 157) im Südflügel des Kreuzgangs gesehen. Die Epitaphe der beiden Brüder Dietrich (Nr. 169) und Adolph Duden (Nr. 195) hängen nebeneinander, die Epitaphe des Engelbert van Steinhuis (Nr. 170) und seines Neffen Arnold van Steinhuis (Nr. 205) hingen ebenso in unmittelbarer Nachbarschaft wie die der Gebrüder Vulturius (Nr. 136 und 146). Keup und Speet (Nr. 165) verband ein gutes kollegiales Verhältnis, zugleich war Rutger van den Speet Familiar des Wessel Hotmann, dessen Epitaph gleich neben dem Doppelepitaph Keup/Speet hängt (Nr. 102). Gertrud Ellens (Nr. 192) war die Ehefrau Otto Ingenwinkels (Nr. 163); Alexander Haen (Nr. 248), den Schwiegervater des Bürgermeisters Gerhard de Sandt († 1710), Dietrich Born (Nr. 128) und Anton Blankenbiel (Nr. 159) verband die Musik.

4.1.4.3. Die Themen der Bildepitaphe

Die mittelalterliche Frömmigkeit hatte im Anschluss an biblische Erzählungen und bisweilen beeinflusst von antiken Vorbildern eine Fülle von Bildthemen entwickelt, die sich in den Xantener Bildepitaphen wiederfinden. Sie haben gemäß dem Sinn eines christlichen Gedenksteines für Verstorbene thematisch überwiegend mit Tod und Auferstehung zu tun. Die Todesbeziehung der Andachtsbilder tritt so im 16. Jahrhundert besonders deutlich hervor. Die eindrucksvollste steinerne Verbildlichung der Leidensgeschichte und der Auferstehung Christi sind im Xanten des 16. Jahrhunderts die Stationsbilder Berendoncks (Nr. 114), die heute entweder im Original oder in Kopie den Besucher des Domes auf dem Domvorplatz empfangen. Die Leidensgeschichte Christi und österliche Andachtsbilder sind auch die in Xanten vorherrschenden Themen der Epitaphe.142) Die Wiederkunft Christi zum Jüngsten Gericht wird in zwei Epitaphen thematisiert (Nr. 154, 173). Zu dem Themenkreis der Auferstehung gehören auch die Auferweckung des Lazarus (Nr. 157) und die Auferweckung der Tabita (Nr. 175) sowie die Auferweckung des Jünglings zu Nain (Nr. 169).

Ein anderer Themenkreis beschäftigt sich mit der Kindheitsgeschichte Jesu: Anbetung der Hirten (Nr. 177) und Anbetung der Könige (Nr. 50). Auf das öffentliche Wirken Jesu nehmen außer den o. e. Nr. 157 und 169 drei Epitaphe Bezug: Das Epitaph für Nikolaus Ruter (Nr. 158) bezieht sich auf die Begegnung Jesu mit einer Samariterin am Brunnen nach Io 4, und die Epitaphe für Johannes Wartt (Nr. 240) und Heinrich Riswick (Nr. 193) beziehen sich auf das Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus. Heiligendarstellungen als zentrale Bildelemente sind relativ selten, schmücken aber Epitaphe von besonderer Qualität: Eine thronende Maria (Nr. 129), eine Maria mit Kind (Nr. 56), mehrere Heilige (Nr. 55) und die Patronin eines verstorbenen Organisten, die hl. Cäcilia (Nr. 159).

Das Alte Testament ist mit Motiven aus dem Buch Tobit (Nr. 165) und mit Szenen aus der Rahmenerzählung des Buches Hiob (Nr. 170) vertreten. Das allegorische Bildwerk am Epitaph der Elisabeth van Ulft (Nr. 239) mit dem Memento-mori-Motiv eines Skeletts im Sarg ist unter den [Druckseite 38] Xantener Epitaphen singulär. Es schließt zusammen mit dem Epitaph Wartt (Nr. 240) im Pestjahr 1636 die Reihe der Xantener Bildepitaphe ab.

Es war bereits im 15. Jahrhundert üblich, den Verstorbenen auf den Bildepitaphen im Andachtsbild mit zu berücksichtigen, meist als knienden Adoranten. Der Verstorbene wird so in das heilige Geschehen einbezogen und regt den Betrachter zur frommen Betrachtung und zur Andacht an – zum Heil des Verstorbenen und zu seinem eigenen Heil. Wieder geht in Xanten der erste Blick auf die Berendonckschen Werke vor dem Südportal (Nr. 114). In allen Stationen wollte der Kanoniker selbst präsent sein, besonders eindrücklich in der Kreuzigungsgruppe, wo der Stifter als Adorant in gleicher Größe wie die Heiligen hinter Maria Magdalena kniet und zusammen mit der Frau aus Magdala das Pendant zu Johannes und Maria auf der anderen Seite des Kreuzes Christi bildet. Ähnlich findet sich der jeweils Verstorbene als kniender Adorant auf nicht weniger als 15 Epitaphen, zwei Verstorbene und mehr auf vier weiteren Epitaphen; das Epitaph van Orsoy (Nr. 126) ist das einzige, auf dem sich eine verstorbene Frau als Adorantin nachweisen lässt. Unklar ist wegen des ramponierten Zustandes des Steins auch schon vor 1945 die Situation auf dem Epitaph van Bemmel (Nr. 157). Die Gegenwart des Verstorbenen auf der Bronzetafel van Harst (Nr. 178) wird, wie meist auch auf den Schrifttafeln, durch Wappen angezeigt. Besonderer Erwähnung bedarf das Epitaph der Elisabeth van Ulft (Nr. 239), weil auf ihm die Verstorbene durch die Inschrift mit dem Skelett des Zentralreliefs identifiziert wird.

4.1.4.4. Die zeitliche Einordnung der Bildepitaphe

Der Bau des Kreuzgangs (1543–1546) und die voraufgehenden Um- und Neubauten an den dahinterliegenden Stiftsgebäuden hatten für die Xantener Epitaphe eine einschneidende Wirkung insofern, als zahlreiche in den Baurechnungen bezeugte Grabplatten und Epitaphe abgeräumt und nicht wieder aufgehängt wurden. Man übernahm lediglich sieben Epitaphe, vermutlich, weil die Memorien der infrage stehenden Kanoniker und Vikare noch gefeiert wurden oder wegen der Bedeutung der betreffenden Persönlichkeit, vielleicht aber auch wegen der auffallenden Gestaltung der Steinbilder selbst. Denn fünf von diesen spätgotischen Bildwerken stammen noch aus dem 15. Jahrhundert, vier davon (Nr. 49, 50, 51 und 56) weisen so große Ähnlichkeiten auf, dass sie demselben Bildhauer zugeordnet werden: die Figuren des Zentralreliefs sind relativ grob gehauen, eine perspektivische Gestaltung ist noch nicht erkennbar, dagegen sind die Schrifttafeln in einer sorgfältig gestalteten Buchschrift gearbeitet. Die Farbreste am Epitaph Smeds von 1479 (Nr. 49) zeigen, dass man sich diese Epitaphe bunt gefasst vorstellen muss.143) Das Epitaph Schoen (Nr. 57) aus dem Jahr 1492 wird dem Klever Bildhauer Dries Holthuys zugeschrieben.144) Das gotische Relief des Epitaphs Wincken (Nr. 134) ist deutlich vor Winckens Tod (1548) hergestellt worden.145)

34 der für den Bearbeitungszeitraum erfassten Epitaphe wurden im 16. Jahrhundert angefertigt, allein 25 zwischen 1540 und 1570. Die meisten von ihnen sind aus einem zentralen Bildrelief in architektonischer Rahmung und einer separat gearbeiteten, darunter angefügten Schrifttafel zusammengesetzt. Das deutet darauf hin, dass die Herstellung des Bildreliefs zu Lebzeiten eines Kanonikers und die Ergänzung um eine Inschrifttafel nach seinem Tod, die sich anhand schriftlicher Quellen in manchen Fällen nachvollziehen lässt,146) häufig vorkam. Vereinzelt finden sich bereits im 16. Jahrhundert Epitaphe, die lediglich aus einer meist gerahmten – und zuweilen mit einem Giebelaufsatz versehenen – Schrifttafel bestehen.147) Ab dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts wird die Beschränkung auf eine Schrifttafel in Xanten die Regel,148) nur drei Epitaphe weisen noch ein Bildrelief auf, das bemerkenswerterweise in zwei Fällen das Gleichnis des reichen Mannes und des armen Lazarus (Nr. 193, 240), im dritten Fall die Verstorbene im Grab zeigt (Nr. 239).

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4.1.4.5. Die Inschriften der Epitaphe

Die Bildreliefs werden durch Inschriften als wesentliches Element der Epitaphe ergänzt. Die Sprache der Inschriften auf den Epitaphen ist durchweg Latein; nur auf den Epitaphen für die Familie Orsoy (Nr. 126), die Eheleute Adolph Duden und Elisabeth Heithusen (Nr. 195) und bei einem Bibelzitat auf dem Epitaph für einen unbekannten Verstorbenen (Nr. 173) hat sich die Volkssprache durchgesetzt.

Zentrales Textelement ist der Sterbevermerk mit der Angabe des Todesdatums, häufig ergänzt um eine Fürbitte bzw. um die Bitte um ein Gebet für den Verstorbenen. Häufig findet der Betrachter der Xantener Epitaphe auf den Schrifttafeln als erste Inschrift die Buchstaben D O M für „Deo Optimo Maximo“ (‚Dem besten und größten Gott‘). Diese Formel qualifiziert das Epitaph nach dem antiken Vorbild I O M für „Iovi Optimo Maximo“ als Gott gewidmet.

Die Mehrzahl der Epitaphe bedient sich der gängigen Alltagsprosa, doch schwingt sich die Sprache auf nicht weniger als zehn Epitaphen zu dichterischen Höhen auf. Xanten folgt damit einem humanistischen Trend zur Gestaltung der Inschriften nach dem Vorbild antiker Grabinschriften, die in metrischer Form den Toten ehrten. Die Epitaphe Vaeck (Nr. 50), Steenhoff (Nr. 129) und Smacht (Nr. 51) verwenden den aus dem Epos bekannten daktylischen Hexameter, die Epitaphe Georg Hezeler (Nr. 130), Busaeus (Nr. 202), Wincken (Nr. 134), ten Buxtart (Nr. 177), Gebrüder Vulturius (Nr. 136, 146) und Heinrich Riswick (Nr. 193) das aus der Antike für das Epigramm und die Elegie tradierte elegische Distichon. Vor allem die Inschriften der Epitaphe Vulturius und Heinrich Riswick verraten den humanistischen Schliff ihrer Autoren, weniger überzeugen diesbezüglich die Inschriften der Epitaphe Busaeus und Wincken.

Die Schrifttafeln, die als integrierender Bestandteil auch zu den Bildepitaphen gehören, geben mit wenigen Ausnahmen den vollen Namen des Verstorbenen an, der Vorname wird beim Epitaph Georg Hezeler (Nr. 130) wohl aus metrischen Gründen weggelassen. Neben dem Namen des Verstorbenen wird in Xanten (fast) immer auch der Todestag genannt; auf den Epitaphen für Blankenbiel (Nr. 159), Bürvenich (Nr. 237) und Saerbruggen (Nr. 56) sind dagegen aus den Inschriften nur die Todesjahre bekannt.149) Die Angabe zum Todesjahr des Kanonikers Arnold Bols (Nr. 56) ist unvollendet geblieben, die dahinter stehende Bosse beweist die Herstellung des Steins noch zu Bols' Lebenszeit. Unbekannt ist der Todestag beim Epitaph Nr. 173 für einen Anonymus. Die in Versform abgefasste Inschrift am Epitaph für Martin Steenhoff (Nr. 129) hingegen nennt nur Monat und Tag, nicht aber das Jahr seines Todes. Der Geburtstag erweckt kaum Interesse, er ist lediglich einmal angegeben (Nr. 233). Immerhin erfahren wir in zehn Fällen das Alter, in dem der Tod den Betreffenden ereilt hat. Mehrfach ist es die Jugend des Verstorbenen (Nr. 145, 233) oder sein hohes Alter (Nr. 199, 210), die Anlass zur Angabe des Alters bieten. Geringes Interesse findet in der Inschrift selbst auch der Geburtsort des Verstorbenen (viermal erwähnt), die Todesursache wird nur in besonders bemerkenswerten Fällen angegeben (Unfall Nr. 177, Pest Nr. 239 und 240, Schwindsucht Nr. 237).

Den Stand der Geistlichen als Kanoniker, Vikar/Rektor, Priester oder Subdiakon erwähnen die Inschriften in der Regel ausdrücklich, die Angehörigkeit zum (säkularen) Laienstand ergibt sich hingegen aus den übrigen Angaben – insbesondere der Erwähnung einer Ehefrau oder weltlicher Ämter150) – und wird nicht eigens betont. Bemerkenswerterweise weist die Gedenkinschrift für Heinrich Riswick (Nr. 193) explizit darauf hin, dass er den geistlichen Stand als Kanoniker des Viktorstifts zugunsten einer Eheschließung aufgegeben hatte, da ihm ‚die reizenden Fesseln der Ehe gefielen‘ (BLANDVLA CONIVGII VINCLA DEINDE PLACENT). Die Position der sieben mit einem Epitaph im Kreuzgang bedachten Frauen bestimmte sich gemäß dem Rollenverständnis der Zeit durch ihre Ehemänner bzw. ihre Zugehörigkeit zu einer angesehenen Familie als Ehefrau, Witwe oder Schwester. Sie werden als ‚treu‘ oder ‚züchtig‘ (Nr. 157), ‚ehrenwert und fromm‘ (Nr. 175) und als ‚treffliche Gattin‘ (Nr. 178) gelobt. Lediglich Elisabeth van Ulft, die 1636 an der Pest starb, wird als ‚demütige Dienerin Gottes und der Armen‘ charakterisiert (Nr. 239).

Die Ehrung der Verstorbenen fällt sehr unterschiedlich aus, Fähigkeiten, Ämter und Verdienste werden zwar häufig aufgezählt, oft wird jedoch auf die Erwähnung von Ämtern und Positionen (19-mal) wie auf eine Laudatio (ebenso oft) völlig verzichtet. Besonders beeindruckend ist der völlige Verzicht des Fabrikmeisters Gerhard Vaeck (Nr. 50) auf jeglichen Hinweis, der seine Verdienste [Druckseite 40] um Bau und Ausstattung des Domes und der Kapellen im Umfeld des Domes ins rechte Licht rückte, stattdessen nur die knappe Erwähnung, er sei ein Freund der Armen gewesen. Einen völlig anderen Eindruck vermittelt die Inschrift am Epitaph für Friedrich Vulturius (Nr. 146), die den Verstorbenen als „überaus reich begabte[n] Kenner der griechischen und lateinischen Sprache, ein[en] wohlbekannte[n], brillante[n] Dichter und Prosaiker“ preist. Vier Kanoniker bzw. Vikare werden wegen ihrer Musikalität, insbesondere ihrer wohlklingenden Stimme gepriesen (Nr. 128, 159, 177, 240).

Der Bezug der Epitaphe zur Bibel wird nicht nur durch die Bildthemen gewährleistet, sondern auch durch Schriftzitate in den Inschriften. Insgesamt zitieren 14 Epitaphe aus der hl. Schrift, wobei sich der Bezug zu Altem und Neuem Testament die Waage hält. Es sind vor allem Worte der Hoffnung und Zuversicht, die vorgetragen werden (Nr. 123, 154, 158, 170, 192, 195), endzeitliche Zusagen Christi (Nr. 196), Seligpreisungen (Nr. 163), aber auch Gerichtsworte (Nr. 154, 170, 173), der Gedanke der Rechtfertigung wird aufgegriffen (Nr. 173, 199), auch die Mahnrede darf nicht fehlen (Nr. 165, 193, 199, 239), und in einem Fall wird ein Satz aus dem lukanischen Bericht über die Himmelfahrt Christi (Nr. 103) beziehungsreich wiedergegeben.

4.1.4.6. Die Auftraggeber

Meist kümmerten sich die Menschen selbst um ihr Epitaph oder ihre Grabplatte, wie wir aus den Inschriften oder aus den Notizen bei Pels und in der Successio („Dedit epitaphium in ambitu“) wissen; diese Tatsache ist in wenigstens 27 Fällen belegbar. Der Vermerk „Executores testamenti posuerunt“ auf zwölf Grabplatten und Epitaphen lässt darauf schließen, dass entsprechende Bestimmungen rechtzeitig testamentarisch festgelegt wurden.151) Als Testamentsvollstrecker fungierten meist Familienmitglieder oder befreundete Kanoniker. Von Gerhard Vaeck ist bekannt, dass er seinen Kanonikerfreund Peter Vynck aus Roermond als Testamentsvollstrecker einsetzte (Nr. 50), und auf der Schriftplatte des Jakob Hezeler (Nr. 95) werden Testamentsvollstrecker und Freunde in einem Atemzug genannt. Das nachträglich angebrachte Todesdatum auf dem Epitaph für Heinrich Riswick (Nr. 193) oder das offen gelassene Todesjahr am Epitaph Bols (Nr. 55) deuten darauf hin, dass der jeweilige Stein noch zu Lebzeiten des Betreffenden angefertigt wurde. Auftraggeber waren auch in nicht wenigen Fällen Familienangehörige, die einen Stein anfertigen ließen und sich zugleich auf den Epitaphen selber verewigten.152)

4.2. Die historischen Glocken Xantens bis 1650

16 der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Glocken im heutigen Xantener Stadtbereich sind in diesem Katalog erfasst. Nicht berücksichtigt werden konnten die beiden romanischen Glocken im Xantener Dom und in der Wardter Willibrorduskirche, die wegen ihrer charakteristischen schlanken Gussform zu den sog. „Zuckerhutglocken“ gehören. Beide sind ohne Inschriften.

Vom Beginn des 13. Jahrhunderts bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts führten die Experimente der Glockengießer zur Entwicklung der „gotischen Rippe“153) als gängiger Glockenform, die sich mit Beginn des 14. Jahrhunderts aus klanglichen Gründen durchsetzte. Sie wird „Rippe“ genannt, weil der „senkrechte Halbschnitt durch den Glockenkörper mit einer Rippe Ähnlichkeit hat.“154) Die „gotische Rippe“ ermöglichte den Guss von „Oktavglocken“, deren Klang von Oktavintervallen zwischen Schlagton und den wichtigsten Obertönen bestimmt wird. Dieser Klang wird durch die Form, die Wandungsstärke und durch die Maßverhältnisse der beiden Durchmesser zueinander, zur Höhe der Glocke und zur Dicke des Schlages beeinflusst. Diese Grundform lässt zahlreiche Varianten zu, sie wird bis heute verwendet. Die Glocken des Bearbeitungszeitraums gehören durchweg diesem Glockentypus an, wenn man vom Uhrenglöckchen (Nr. 209) und der alten Marienbaumer Glocke (Nr. 221), von der nur die kopial überlieferte Inschrift bekannt ist, absieht.

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Die Glocken des 14.–16. Jahrhunderts155) wurden nach Beissel in der Regel vor Ort gegossen156): Die Gießer reisten an, taten ihre Arbeit und reisten wieder ab, Hilfspersonal wurde am Ort selbst zur Verfügung gestellt. Begründet wird dieses Verfahren mit dem schwierigen Transport großer Glocken. Kleinere Glocken wurden oft in der Werkstatt hergestellt und an den Bestimmungsort transportiert.

Für die Xantener Domglocken liegen vollständige und durch die in den 1950er und 1960er Jahren erstellten Gutachten Jakob Schaebens gesicherte Angaben zu Einzelheiten wie Schlagton, Rippenstärke und Gewicht vor; sie werden im Katalog angemessen berücksichtigt.157) Die entsprechenden Informationen zu allen anderen Glocken liegen lediglich sporadisch vor, es wurde daher einer einheitlichen Darstellung wegen auf sie verzichtet.

Das heutige Hauptgeläut im Südturm des Domes ist in der hohen Zeit des Glockengusses, im 15. und 16. Jahrhundert, sukzessive entstanden. Die Gießer kamen vorwiegend aus den Niederlanden. So wurden die Große Viktor-Glocke (Nr. 40) und die kleinere Johannes-Glocke (Nr. 41) 1450 von Wilhelm van Arnheim gegossen. 1461 folgte die klanglich schönste Xantener Glocke, nach der Kaiserinmutter und Stiftspatronin „Helena“ (Nr. 46) genannt, gegossen von Wilhelm van Wou aus Nimwegen. Der als der bedeutendste Glockengießer des Mittelalters geltende Gerhard van Wou, Sohn des Wilhelm van Wou, goss 1495 die Anna-und-Antonius-Glocke (Nr. 59)158) und zwei Jahre später die wohl berühmteste Glocke in Deutschland, die Gloriosa für den Erfurter Dom. Die Xantener Glocke wurde 1945 von Granaten zerschlagen; aus den aufgesammelten Scherben wurde 1962 eine Faksimile-Glocke gegossen, vier Originalscherben, alle aus der Schulterzier, werden im Magazin des Stiftsmuseums aufbewahrt. Zu diesen vier größten und wichtigsten Glocken des Hauptgeläuts aus gotischer Zeit kommen zwei Renaissanceglocken hinzu. Es sind die Barbara-Glocke (Nr. 102), die 1527 von Wilhelm Tolhuis aus Utrecht gegossen wurde, und die Kleine Viktor-Glocke (Nr. 236), die 1634 Simon Hellingh aus Xantens Nachbarstadt Kalkar goss. Zum Geläut im Südturm gehörte vor 1945 zudem die Ave-Maria-Glocke (Nr. 31). Gießer dieser um 1400 zu datierenden Glocke ist vermutlich nicht der bislang dafür gehaltene Heinrich von Gerresheim. Sie ist heute restauriert und läutbar, wird aber nicht genutzt. An ihre Stelle ist nach dem Zweiten Weltkrieg die „Barbara“ getreten, die vor 1945 im Nordturm, dem so genannten Barbaraturm, hing. Der Kanoniker Pels zeichnet in seinen „Deliciae Xantenses“ von 1734 die Inschriften dieser sieben Glocken auf, seine Notizen können an den Originalen überprüft werden.

Das Ensemble der historischen Xantener Domglocken wird durch zwei Uhrenglocken, die in Gauben außen am Südturm angebracht sind, vervollständigt. Die „Katharina“ (Nr. 23), die Halbe-Stunden-Glocke, wird aufgrund der Schrift dem Kölner Gießer Henricus de Ude(ne)ni (Heinrich von Oedt?) zugeordnet und in dessen Schaffensperiode zwischen 1316 und 1338 datiert. Die „Martha“ (Nr. 161), die zur ganzen Stunde angeschlagen wird, wurde 1557 von Jan Tolhuis aus Utrecht gegossen. Sie ist wie die „Barbara“ und die „Kleine Viktor“ eine Renaissanceglocke.159)

Mittelalterliche und frühneuzeitliche Glocken finden sich auch in anderen Xantener Kirchen. Das von Segevinus Hatiseren 1537 gegossene „Betglöcklein“ (Nr. 115) in der evangelischen Kirche am Markt wurde 1649 zur Eröffnung der Kirche aus dem Augustinerkloster Marienthal (Kreis Wesel) geholt. Durch die Glockeninschriften sicher bezeugt ist auch die Datierung der spätmittelalterlichen Zwillingsglocken in der Wardter Willibrordkirche, der Marien- und der Willibrord-Glocke (Nr. 53 und 54), in das Jahr 1487. Auf der Willibrordglocke wird als Gießer Johannes Kersten genannt. Zwölf Jahre später wurden die beiden Zwillingsglocken der Vynener Martinuskirche, die Marien- und die Servatius-Glocke (Nr. 60 und 61), gegossen, das Datum ist auf den beinahe identischen Inschriften auf den Monat genau angegeben, der Gießer ist nicht bekannt. Servatius- und Marienglocke wurden aber nicht für Vynen angefertigt, sondern für das Kloster Hagenbusch, wie das Siegel des Klosters auf der Servatius-Glocke in Verbindung mit der Inschrift eindeutig bezeugt. Marienbaum hat heute ein modernes Geläut, aber Clemen160) nennt [Druckseite 42] eine Marienglocke (Nr. 221) aus dem Jahr 1619 im Dachreiter der Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt und zeichnet ihre Inschrift auf. Diese Glocke ist verschollen.

Für die Qualität der Zier einer Glocke gibt Rolli mehrere Kriterien an, von denen drei besonders wichtig erscheinen161): 1. Ein flaches, zartes, dem außerordentlich bildsamen und feinen Material der Bronze entsprechendes Relief, das die Oberflächenschwingungen nicht beeinträchtigt. 2. Möglichst ringförmig den Glockenkörper umziehende Schmuckelemente. Sie entsprechen dem Charakter der durch Drehen entstandenen Glockenform. 3. Wenn möglich, Beschränkung auf den oberen Teil des Obersatzes; am Schlagring allenfalls nur bescheidene Zierstäbe oder ein Schriftband, da hier das Zentrum der Klangbildung liegt.162) Dem entspricht die Zurückhaltung bei der Zier auf den spätgotischen und frühneuzeitlichen Xantener Glocken. Die Kronenbügel werden gelegentlich mit Seilstäben oder den Masken bärtiger Männer geschmückt. Auf dem eigentlichen Klangkörper aber wird die Zier weitgehend auf die Schulter beschränkt: Dort zieht sich die mit Hilfe von Modeln angefertigte Schrift um das ganze Rund der Glocke; sie wird begleitet von Zierfriesen, Perlschnüren, Rundstegen und Hohlkehlen.163) Haube, Wolm und Schlagring werden lediglich mit einer Komposition aus Rundstegen geziert, die Flanke bleibt frei. Eine nennenswerte Ausnahme bildet die Helena-Glocke aus dem Xantener Domgeläut, wo ein Blattfries auf der Flanke einem solchen unterhalb der Schrift auf der Schulter korrespondiert, beide unterbrochen von Intaglien, Bildreliefs aus alten niederrheinischen Bäckermodeln, die seit dem 15. Jahrhundert auch für die Glockenzier verwendet werden.164) Erst auf den Renaissanceglocken wird die Flanke für eine Heiligenfigur genutzt („Barbara“, Nr. 102) oder werden Medaillons zwischen den Blütenfries gesetzt wie auf der „Martha“ (Nr. 161). Auch der Zierfries auf der Schulter wird auf den Renaissanceglocken üppiger. Eine Nutzung der Flanke als Repräsentationsfläche ist jedoch auf der jüngsten der behandelten Glocken, der 1634 gegossenen Kleinen Viktor-Glocke (Nr. 236), nicht festzustellen.

Die Blattfriese erinnern an den grundlegenden Gedanken des Palmsonntags; sie begleiten die Inschrift, die nun eine eigene Glockenmystik entfaltet. In ihr wird die Glocke zur reinen Stimme, die vor jeder praktischen Funktionalität zum Lobpreis Gottes und seiner Heiligen („Anna und Antonius“, „Katharina“, „Willibrordus“) erklingt.165) So kann die Glocke „Jesus, Maria, Johannes“ gewidmet in einer Werkstatt auch ohne konkreten Auftrag bereitgehalten werden; denn diese Heiligen werden in jeder Kirche verehrt. Die Wardter und Vynener Glocken wurden „zu Ehren“ ihrer Heiligen gegossen. Mit der Widmung verbindet sich die Anrufung, meist des Kirchenpatrons oder der Kirchenpatrone, am eindrucksvollsten wohl auf der „Großen Viktor“ (Nr. 40), wo in der zweizeiligen Bestellerinschrift die Nöte der Menschen vor den Patron getragen und mit einem Bekenntnis zu den Grundlagen der eigenen Religion verbunden werden. Am schönsten bringt den Palmsonntagsgedanken die „Helena“ (Nr. 46) zum Ausdruck, wo die Glockenstimme „mit heiterer Stimme alles Böse vertreiben“ wird. Die Ave-Maria-Glocke (Nr. 31) beschränkt sich schließlich auf den englischen Gruß nach Lc 1,28 bzw. auf den Beginn des gleichnamigen Gebets.

In neun Glockeninschriften spricht die Glocke mit eigener Stimme, nennt ihren Namen (Nr. 23, 40, 46, 53, 54, 221), ihren Gießer (Nr. 40, 46, 54, 59, 115) und das Gussdatum (Nr. 40, 54, 59, 115) oder ihre Funktion: Die Glocke gibt das Zeichen zum Gottesdienst (Nr. 23, 53, 115), vertreibt das Böse (Nr. 46) oder Blitz, Hagel und Donner (Nr. 53, 221). Eine sachliche Berichtsform kennzeichnet schon die Vynener Glocken des ausgehenden 15. Jahrhunderts (Nr. 60, 61), die „Martha“ (Nr. 161) enthält dann lediglich ein umfangreiches Schriftzitat neben dem Gießervermerk. Auf der „Barbara“ (Nr. 102) wird außer dem Gießer auch der Name des Fabrikmeisters, der für die Anschaffung der Glocke zuständig war, genannt, zugleich werden die Geistlichen aufgerufen, dem Ruf der Glocke zu folgen und zum Gottesdienst zu eilen. Die Glocke von 1634 (Nr. 236) beschränkt sich auf den Gießervermerk und nennt, ähnlich wie die „Barbara“, den amtierenden Dechanten.

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Auf 13 Glocken ist das Gussdatum vermerkt, den Gießernamen verzeichnen sieben Glocken explizit, in drei Fällen ist der Rückschluss aus diesen Gießervermerken in Verbindung mit einem Wappen oder einer Inschrift gleichen Inhalts oder aus dem Gussjahr auf den Gießer weiterer Glocken möglich (vgl. Nr. 41, 53, 60). Bei den restlichen Glocken ist man auf andere Kriterien angewiesen oder man kennt den Gießer gar nicht.

Die Sprache ist durchweg das Lateinische, nur bei dem Gießervermerk, der auf acht Glocken, z. T. unterstützt durch Wappen, Hausmarken oder Gießersiegel, verzeichnet ist, bedient sich der Gießer bisweilen des Mittelniederländischen (Nr. 40, 46). Die Wardter Glocken sind in Mittelniederländisch gehalten, der Gießervermerk auf der Willibrordus-Glocke ist jedoch in lateinischer Sprache abgefasst (Nr. 54). Eine zeitliche Entwicklung vom Latein zur Volkssprache ist auf den Xantener Glocken nicht zu beobachten.

4.3. Inschriften an Gebäuden

Inschriften an Gebäuden bilden innerhalb des Xantener Corpus mit 35 Positionen die zweitgrößte Gruppe. Davon sind 25 ganz oder zumindest teilweise im Original erhalten, zehn sind kopial überliefert. Sie finden sich oft gut sichtbar auf Türstürzen166), am Giebel167) oder Gesims einer Fassade168), zuweilen aber auch im Hausinnern auf Kaminstürzen169). Einige der Inschriften sind auf Konsol- oder Scheitelsteinen ausgeführt, die zum Baukörper gehörten,170) etliche andere auf Stein- oder Holztafeln, die separat hergestellt und am Bau angebracht wurden171). Bei zwei Inschriften ist der Träger unbekannt. In situ befinden sich noch neun original erhaltene Inschriftenträger, die übrigen sind, sofern sie nicht verschollen sind, im Stiftsmuseum, im Lapidarium des Domes oder im Magazin des LVR aufgehoben, zwei befinden sich in Privatbesitz. Zwei der in situ befindlichen Inschriftenträger sind Nachbildungen des 17. Jahrhunderts, die sich den Anschein hohen Alters geben wollen (Nr. 224 und 225). Lediglich zwei der Inschriften sind in Gedichtform abgefasst (Nr. 29, 141), und mit einer Ausnahme (Nr. 45) sind alle Texte in Latein abgefasst.

Einen erheblichen Anteil an den Gebäudeinschriften haben die eigentlichen Bauinschriften (23), unter denen „eine am oder im Bau angebrachte Mitteilung über Gründung, Weihe, Grundsteinlegung oder Stiftung von Bauwerken oder Teilen von ihnen“172) zu verstehen ist. Obwohl sie keine Urkunden im engeren Sinne sind, kommt den Bauinschriften aufgrund ihrer zeitlichen und örtlichen Nähe zu dem dokumentierten Bauvorgang eine Aussagekraft zu, die der urkundlicher Quellen nahekommt.

Diese Bauinschriften enthalten Angaben über den Neu- oder Umbau eines Hauses, einer Kapelle oder eines Bauteils, insbesondere das Baudatum und häufig auch den Namen des Bauherrn.173) Seltener wird der Zweck der Baumaßnahme angegeben: Die Gebäude wurden sibi (Nr. 149) oder sibi et posteris (suis) (Nr. 118, 119, 217) – also für die Bauherren und die Nachwelt – errichtet. Die Bauinschrift vom Türsturz des Zisterzienserinnenklosters in der Niederstraße (Nr. 217) erwähnt die Errichtung des Gebäudes zu Ehren des Ordens und berichtet zudem vom Umzug des Klosters vom Fürstenberg in die Innenstadt. Sehr ausführlich äußert sich der Kanzler des Bischofs von Münster, Wilhelm Steck, zu den Beweggründen für den Bau seines Privathauses, das er demnach für sich, seine Erben und seine Freunde, zu Ehren der Stadt Xanten und ausdrücklich auf den Wunsch seiner Gattin hin errichten ließ (Nr. 181).

Die meisten der Xantener Bauinschriften sind sehr knapp gehalten. Die (verlorene) Bauinschrift am Meertor hingegen berichtet in vier Hexametern vom Beginn der Stadtbefestigung durch den Erzbischof von Köln Friedrich von Saarwerden im März 1389 und verbindet dies mit einem Gebet um Gottes Hilfe (Nr. 29).

Neben den eigentlichen Bauinschriften ist eine Reihe weiterer Inschriften an Gebäuden überliefert, die in einem religiösen Kontext stehen bzw. die christliche Grundhaltung des Bauherrn [Druckseite 44] widerspiegeln. Die Inschrift über der Märtyrerpforte des Domes weist darauf hin, dass sie AD SANCTOS MARTYRES, also zu den Reliquien der verehrten Märtyrer führt (Nr. 140). Der Türsturz über dem Eingang des Waisenhauses zitiert einen Haussegen aus dem Psalter (Nr. 212), und an der Holzwegkapelle fordert eine Tafel den Wanderer zur Verehrung des Kreuzes auf (Nr. 219), das in einem Relief über der Tafel abgebildet ist. Ähnlich kommentiert das verspielte Figurengedicht, das ursprünglich an der Fassade der 1945 zerstörten Antoniuskapelle angebracht war, den Kreuzestod Christi, der darüber dargestellt ist (Nr. 255).

Der humanistisch gesinnte Dechant Caspar van Ulft verkündet auf der Vorderseite seines 1624 entstandenen Gartenhauses die Botschaft vom Märtyrertod des Stiftspatrons in Xanten, verbunden mit dem Baujahr, seinem Wappen und einem Memento mori (HODIE FLOS CRAS FOENVM) (Nr. 227). Auf der Rückwand desselben Hauses präsentiert er erneut seinen Namen, sein Wappen und das Baujahr mit demselben Memento mori (Nr. 226). Seine historischen Interessen kommen in der Anbringung mehrerer „historischer“ Steine an derselben Wand zum Ausdruck: Neben dem antik-römischen Weihestein eines Bärenfängers an den Gott Silvanus sind dies Nachbildungen einer antiken Ziegeltafel mit der Bezeichnung der im Castrum stationierten römischen Legion (Nr. 225) und einer hochmittelalterlichen Stiftungsinschrift (Nr. 224). Einen besonderen Fall stellt auch die Südseite der Kurie des Johannes Winter dar, erbaut 1539. Denn dort stellt der Kanoniker die an zwei Außenmauern angebrachten Bauinschriften (Nr. 118 und 119) in eine Reihe mit einer antiken Säulenbasis, auf der nachträglich das konstantinische Christogramm eingehauen wurde (Nr. 102), und mit einem antiken Weihestein an den Jupiter Optimus Maximus (I O M), auf dem er GENTILITATIS MONVMENT(VM) vermerken ließ (Nr. 117) – die missionarische Absicht des Stiftsherrn ist offensichtlich.

4.4. Fenster

Die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Fenster mit Inschrift(en) in Xanten unterteilen sich hauptsächlich in zwei Gruppen, gebildet von Kirchenfenstern und Fenstern an Gast- und Privathäusern. Die profanen Fenster hat der Weseler Prediger von Dorth bei seinem Aufenthalt in Xanten 1659 oder auch zu einer späteren Zeit aufgezeichnet (Nr. 90, 137, 138, 164, 222, 252); ob die von Belonje aufgezeichneten Inschriften im Hause Steck, dem nachmaligen Kapuzinerkloster, auf Fenstern gestanden haben, ist nicht gesichert (Nr. 183).

Die kostbaren Domfenster haben bis auf eines die chaotischen Umgruppierungen des 18. Jahrhunderts dank der sorgfältigen und geschickten Restaurierung durch Friedrich Stummel und Hein Derix sen. in den 1890er Jahren ebenso überstanden wie den Zweiten Weltkrieg, in dem sie sicher ausgelagert waren; sie wurden Anfang der 1960er Jahre wieder eingesetzt.174) Zwischen 2009 und 2017 wurden die Domfenster erneut restauriert, d. h. sie wurden gereinigt, Notbleie und Notverglasungen wurden entfernt und damit verbunden Klebearbeiten durchgeführt, Schwarzlot-Konturen wurden nachgezogen, und endlich wurden die wertvollen Glasgemälde durch eine Schutzverglasung gesichert. Sonstige Eingriffe in die Malerei wurden nach Möglichkeit vermieden. Die Restaurierungsarbeiten werden zurzeit noch fortgeführt. Alle erhaltenen Domfenster sind heute stark ergänzt.

Die ältesten Glasgemälde unter den Domfenstern sind zwei Scheiben mit Szenen aus dem Neuen Testament auf Teppichgrund, Reste eines Bibelfensters aus der Zeit vor 1311 (Nr. 20), die 1963 zusammen mit einer neuen Kreuztragung in die Gestaltung der Hochchorfenster mit Darstellungen aus der johanneischen Apokalypse integriert wurden. Der Einbau erfolgte nicht ohne Kompromisse, die ursprüngliche Position der einzelnen Felder konnte, vorwiegend aus technischen Gründen, nicht beibehalten werden. Die Lösung, die man 1963 fand, blieb bei der jüngsten Restaurierung 2010 unverändert. Teil dieses Fensters sind Darstellungen der Geburt Christi und der Anbetung der Könige. Propheten in den Ecken halten Schriftbänder mit Bildbeischriften, die die Szenen erläutern. Ein weiteres Fenster im südlichen Hochchor, das die Kaiserinmutter Helena mit ihrem Sohn Konstantin im Gespräch zeigte, wie sie ihn um ein Edikt zur Sicherung des geistlichen Strafvollzugs im Xantener Stift bittet, ist verloren (Nr. 48). Das Glasgemälde, das vielleicht zwischen 1468 und 1477 entstand, existierte bereits Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr,175) die versifizierten Inschriften sind in Quellen des 17. und 18. Jahrhunderts überliefert.176)

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Fünf gotische Fenster aus dem 14. bis frühen 16. Jahrhundert im Nordschiff des Domes (Nr. 25, 26, 33, 34 und 83) tragen Inschriften. Wie das Bibelfenster im Hochchor zeichnen leuchtende Farben auch das mittlere der drei von dem Scholaster Everhard Hagedorn im zweiten Drittel des 14. Jahrhunderts gestifteten Fenster in der äußeren nördlichen Chorkapelle (Joch D1) aus. Es stellt eine Anbetung der Könige dar, darunter, durch eine Stifterinschrift abgesetzt, den Stifter und sein Wappen (Nr. 25). Dem Kanoniker Hagedorn wird auch die Stiftung des Glasgemäldes in derselben Seitenkapelle zugeschrieben, auf dem die Apostel Petrus und Paulus, darunter die Apostel Andreas und Johannes Evangelista dargestellt sind (Nr. 26).177) Gegenüber den zweibahnig angelegten Fenstern der Hagedorn-Stiftung werden Ende 14./Anfang 15. Jahrhundert zwei Heiligenfenster im nördlichen Seitenschiff um einen Meter verbreitert. Folglich erstrecken sich jetzt die Glasgemälde zunächst auf drei Bahnen, die Heiligengestalten werden über zwei Fächer hinweg abgebildet und die leuchtende Farbigkeit tritt, wohl aus Gründen des geringeren Lichteinfalls im Norden, gegenüber einer fein abgetönten Grisaille-Technik zurück. Das Fenster in Joch D3 zeigt Albertus Magnus, Barbara und Johann Baptist in stehender, zwei Fächer darunter drei unbekannte Stifter in kniend betender Haltung (Nr. 33). Auf dem gleichzeitigen Viktorfenster in Joch D2 empfehlen der hl. Antonius Eremita und der Apostel Petrus dem Stiftspatron im Zentrum zwei kniende, ebenfalls unbekannte Stifter (Nr. 34). Das vierbahnige Fenster über dem nördlichen Eingang schließlich – es datiert ins Jahr 1508 – zeigt in hellen Tönen die Stiftspatrone Viktor und Helena neben den heiligen Stephanus und Agnes in stehender, darunter in sitzender Haltung Johannes Evangelista, Petrus und Paulus sowie vielleicht Karl den Großen (Nr. 83). In allen Fällen beschränken sich die Inschriften auf Namensbeischriften des Stifters (Nr. 25 und 83) oder der dargestellten Heiligen (Nr. 26, 33 und 34).

Drei bedeutende Fenster in der Sakristei zeigen eine Kreuzigung Christi (Nr. 131), den Salvator Christus (Nr. 132) und eine Mariendarstellung (Nr. 133) aus der Zeit zwischen 1533 und 1547. Die spätgotische Kreuzigung stellt das Kreuz Christi mit Titulus vor einer weiten Landschaft dar, zur Rechten des Gekreuzigten seine Mutter Maria, zur Linken Johannes Evangelista, zu den Füßen des Gekreuzigten Maria Magdalena und, kniend vor Maria, einen unbekannten Stifter. Hein Derix sen. rechnet die Kreuzigung zu den vorzüglichsten Glasgemälden des 16. Jahrhunderts und stellt sie den alten Gemälden im nördlichen Seitenschiff des Kölner Domes an die Seite.178) Das zweite Fenster zeigt den Salvator mundi zwischen dem heiligen Bischof Severin und (neu) Johannes Baptist. In den Sockelfeldern eine Heimsuchung, gerahmt von den heiligen Matthäus und Kunibert, dieser mit Namensbeischrift im Nimbus. Das Glasgemälde weist Bezüge zu Bartholomäus Bruyn auf, der sich zur Zeit der Entstehung des Fensters in Xanten befand.179) Das Marienfenster stellt die Gottesmutter mit Kind zwischen den Kirchenpatronen dar, vor dem heiligen Viktor kniet ein unbekannter Stifter. Maria ist durch ein Nomen sacrum in einer Rollwerkkartusche namentlich bezeichnet. In der Sockelzone ist die Verkündigung dargestellt, der Engel trägt einen Kreuzstab mit dem Anfang des englischen Grußes. Das Fenster ist stark restauriert.

Oidtmann nennt die beiden Passionsfenster in der äußeren südlichen Chorkapelle oberhalb des Märtyrerportals „auserlesene Schöpfungen der Renaissance“ (Nr. 112).180) Sie datieren nach der Stifterinschrift, die den Kanoniker und Portar Wolfgang van Duven (s. auch seine Grabplatte Nr. 148) als Donator benennt, in das Jahr 1535. Sie zeigen Szenen aus der Passion Christi und im untersten Fach Propheten des Alten Testaments in lebhaftem Dialog miteinander, umgeben von acht Spruchbändern mit Zitaten aus der prophetischen Literatur. Die Fenster wurden 1897 durch Hein Derix wieder an ihre Stelle versetzt, nachdem sie im 18. Jahrhundert im Chorpolygon als Lückenbüßer untergebracht worden waren. Stifterinschrift wie Spruchbänder weisen irreparable Restaurierungsfehler auf.

Im nördlichen Obergaden des Mittelschiffs befindet sich das vierbahnige Bischofsfenster, ebenfalls aus dem Jahr 1535, in dessen beiden mittleren Bahnen sich über eine Höhe von vier Zeilen eine Glasmalerei mit einer Darstellung der heiligen Bischöfe Martin und Willibrord erstreckt (Nr. 113). Zu Füßen der beiden Bischöfe knien die beiden Stifter in betender Haltung, die Kanoniker Aegidius de Platea I und sein Neffe Arnold (s. auch Nr. 123). Den Bischöfen sind Namensbeischriften zugeordnet, den beiden Kanonikern eine stark entstellte Stifterinschrift auf einem Spruchband, im Couronnement findet sich ein Nomen sacrum Jesu.

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Das Fenster mit den Aposteln Simon und Andreas sowie den heiligen Katharina und Barbara oberhalb des Südportals (Nr. 105) datiert in das Jahrzehnt 1520–30, es wurde zum letzten Mal 1999 durch die Werkstatt Hein Derix in Kevelaer restauriert. Die Formationen im Couronnement mit zwei Nomina sacra hat Oidtmann 1929 mit dem gegenüberliegenden Fenster im Nordschiff verwechselt.181)

Das Glasgemälde im südlichen Obergaden mit einer Darstellung der beiden Stiftspatrone und des Stifterehepaares (Nr. 100) entstand etwa zwischen 1515 und 1525. Inschriftlich sind der Xantener Patrizier Goedert van Bemmel und seine Frau Elisabeth von Kleve als Stifter des Fensters genannt, deren Tochter Gotfrida van Bemmel vor 1945 durch ein Gedächtnismal im Kreuzgang präsent war (Nr. 157).

Der Weseler Prediger van Dorth hat in den Gasthäusern „Zum Schwan“ (Nr. 137) und „Zur Krone“ (Nr. 138, 164) auf dem Xantener Markt anlässlich seiner Aufenthalte in Xanten sieben und aus zwei Privathäusern (Nr. 90, 222) vier Wappenbeischriften aufgeschrieben und, sofern vorhanden, die dazugehörigen Wappen skizziert. Ferner tradiert Belonje fünf Inschriften aus dem von Wilhelm Steck, dem Kanzler des Bischofs von Münster, 1570 errichteten Haus am Markt, in denen sich der Wesel-Emmericher Zweig der Familie Steck – vermutlich auf Fenstern – verewigt hatte (Nr. 183). Alle diese Inschriften sind verloren. Die Kombination der Wappen mit den Namen der Wappenführer und einer Jahreszahl im 16. oder 17. Jahrhundert lässt vermuten, dass es sich um Wappenscheiben handelte, die sich in diesem Zeitraum besonderer Beliebtheit erfreuten.182) Ob ein weiteres, ebenfalls durch von Dorth überliefertes Fenster im Gasthaus „Zum Schwan“ (Nr. 252) auch als eine solche Wappenscheibe zu deuten ist, kann nicht entschieden werden. Die Inschrift nennt den von 1628 bis 1657 als Xantener Kanoniker belegten Nikolaus Ketelband (als Stifter?), ein Wappen wird jedoch nicht erwähnt.

4.5. Kirchliche Ausstattungsgegenstände und Wandmalereien

4.5.1. Altäre

Im Xantener Dom sind heute 19 Altäre aufgestellt. In der Mittelachse stehen drei Altäre in der Abfolge von Gold, Silber und Bronze. An dem Hochaltar aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts herrscht das Gold vor; weiter vorgezogen im Joch B5 steht der transportable Silberaltar, von dem Kölner Metallbildhauer Paul Nagel 1984–1989 für die Zelebration der Gottesdienste in kleinem Rahmen gearbeitet, und vor dem Lettner befindet sich der Gemeindealtar innerhalb eines Bronzeensembles, das 1974–1981 von dem Künstler Gernot Rumpf aus Neustadt an der Weinstraße geschaffen wurde. Ein ebenfalls moderner Altar dient in der Sakramentskapelle der Aufbewahrung des Sanctissimum. Von den zahlreichen Nebenaltären sind noch 16 in den nördlichen und südlichen Seitenschiffen bzw. Chorkapellen und in der Westchorhalle aufgestellt. Sie dienen nicht mehr als liturgische Zentren, sondern vielmehr der Betrachtung und Erbauung. Ferner ist das Retabel des ehemaligen Agathaaltars (1499–1506) im äußeren Nordschiff aufgehängt.183) In den Bearbeitungszeitraum fallen sieben Altäre mit Inschriften und das Agatharetabel.

Das Retabel des Hochaltars (Nr. 111), in seiner heutigen Form 1529–1534 und 1540 errichtet, ist wie sein romanischer Vorgänger als Reliquienrepositorium gestaltet. Über einer Predella mit 20 Kopfreliquien erhebt sich das wuchtige, architektonisch aufgebaute, polychromierte und vorherrschend vergoldete Altargehäuse. Es dient zentral der Aufnahme des Viktorschreins über einem Renaissancetriptychon, das an die Stelle der verschollenen Goldenen Tafel getreten ist. Der Viktorschrein ist umgeben von zwölf Fächern, in die versilberte Reliquienbüsten eingestellt sind. Auf dem Rahmen des Altargehäuses stand eine heute kopial überlieferte Inschrift, die den Text der Antiphon zum Fest der Translation des hl. Viktor zum Inhalt hatte (Nr. 111, Inschrift A). Im Auszug bekrönt den Altar eine Lünette mit der Darstellung einer Kreuzigungsgruppe; sie ist von drei Tabernakeln mit vollplastischen Skulpturen der Stiftspatrone und des Christus Salvator umgeben. Die ausladenden Doppelflügel sind mehrfach klappbar und jeweils auf Vorder- und Rückseite von Bartholomäus Bruyn d. Ä. mit Dialoggruppen von Heiligen, die durch Namensbeischriften gekennzeichnet sind, und Szenen aus den Legenden der beiden Stiftspatrone bemalt. Eine [Druckseite 47] Ecce-homo-Darstellung aus der Passionsgeschichte Christi und ein Gemälde seiner Auferstehung sind heute dem Betrachter ständig zugewandt.

Der Viktorschrein (Nr. 12, nach 1129 – um 1150), kostbarstes Gefäß des Xantener Domschatzes, ist als Holzkasten mit Satteldach gestaltet und mit teilweise vergoldeten Silberblechen beschlagen sowie mit Emailarbeiten und Bergkristallen geschmückt. Der Schrein hat alle Flüchtungen und eine Beraubung im Jahr 1593, wenn auch nicht schadlos, überstanden und ist heute wieder in das Gehäuse des Hochaltars eingelassen, sichtbar ist seine Stirnseite. Aus dem Figurenschmuck an den Langseiten haben sich sieben Apostelfiguren mit Namensbeischriften erhalten, die notgedrungen auf die Langseiten und auf die Rückseite verteilt wurden. Das Satteldach ist mit Darstellungen der klugen und törichten Jungfrauen geschmückt. Am unteren Dachrand der Längsseiten verläuft in Weiß auf blauem Grund eine Inschrift in Versform, gefertigt im Grubenschmelzverfahren, mit einem Kommentar zur theologischen Bedeutung des Schreins.

Die Goldene Tafel (Nr. 3) wurde von dem jüngsten Bruder Ottos I., dem Kölner Erzbischof Brun († 965), dem Xantener Stift geschenkt und durch seinen Nachfolger Erzbischof Folkmar (965–969) vollendet.184) Sie wurde in den Altar eingesetzt. Seit 1795 ist sie verschollen, wahrscheinlich wurde das Goldblech, mit dem der Holzkern beschlagen war, eingeschmolzen, um die Kontributionsforderungen der französischen Revolutionstruppen zu erfüllen.185) Pels tradiert die Inschriften und getrennt davon eine Zeichnung, die uns einen ungefähren Eindruck von ihrer Gestaltung vermittelt.186) Danach war sie in ein Zentrum und zwei seitliche Abschnitte eingeteilt. Das Zentrum zeigte eine Majestas Domini in einer mit Edelsteinen besetzten Mandorla, diese mit einer Bibelparaphrase in Gedichtform. Der thronende Christus ist umgeben von den Evangelistensymbolen und Schriftzitaten aus dem jeweiligen Evangelium. Auch dem erhöhten Christus wird ein, allerdings unvollständig wiedergegebenes, Schriftzitat zugeordnet. Die Abschnitte seitlich vom Zentrum sind in jeweils sechs Fächer eingeteilt, in denen vermutlich berühmte Männer des Alten Testamentes stehend abgebildet waren, dazu Johannes Baptist als Gestalt des Übergangs vom Alten zum Neuen Testament. Sie waren mit Namensbeischriften und zugehörigen Bibelzitaten, die in zwei Fächern fehlen, gekennzeichnet. Auf den Rahmenleisten der Goldenen Tafel wurden zwischen 1128 und 1134 eine Stifterinschrift und ein Restaurierungsvermerk in Gedichtform mit einer Widmung an den heiligen Viktor angebracht.187)

An Pfeilern zwischen den beiden Nordschiffen stehen heute drei Nebenaltäre: der Martinsaltar, der Antoniusaltar und der Matthiasaltar.

Der farbig gefasste, teils vergoldete Schnitzaltar zu Ehren des heiligen Antonius Abbas wurde am Anfang des 16. Jahrhunderts errichtet (Nr. 73). Den Altarschrein mit Darstellung der vier Altarpatrone und weiterer Heiliger umrahmt die Wurzel Jesse, die im Auszug zur Jungfrau Maria führt. Ihr zur Rechten und zur Linken stehen zwei Propheten mit Spruchbändern, die beziehungsreich die Anfangsworte der Weissagung des Propheten Isaias wiedergeben: ecce virgo concipiet – ‚Siehe, die Jungfrau wird empfangen‘.

Der Matthiasaltar (Nr. 107) wurde zwischen 1520 und 1531 zu Ehren des Apostels Matthias, des Papstes Cornelius und des Bischofs Servatius errichtet. Diese Heiligen stehen als vollplastische Hauptfiguren in dem geschnitzten und gefassten Altarschrein. Der Apostel Matthias steht in der Mitte erhöht über einer Verkündigungsgruppe, der Engel hat einen Stab in der Hand, um den sich ein Spruchband mit dem Anfang des englischen Grußes windet. 1544 wurden dem Altar gemalte Flügel gestiftet. Auf dem linken Flügel ist der lehrende Apostel abgebildet, einige seiner Schüler haben Bücher mit teilweise lesbaren, teilweise nur angedeuteten Inschriften in den Händen.

Der Martinsaltar wurde 1905 durch den Gocher Künstler Ferdinand Langenberg aus unterschiedlichen Elementen neu gestaltet. Dazu gehören die Flügel des 1471 errichteten Annenaltars (Nr. 98), für den der Xantener Kanoniker Heinrich Graet van Holt 1524 das Retabel gestiftet hat; der Kanoniker ist auf einem der Flügel mit Wappen abgebildet. Aus Anlass dieser Stiftung hat nach heutigem Forschungsstand Jan Baegert aus Wesel die Flügel gemalt.188) Die feinsinnigen, beeindruckenden Malereien zeigen auf den Innen- und Außenseiten die heilige Sippe nach der Legenda aurea des Jakobus de Voragine. Alle dargestellten Personen sind durch sorgfältig ausgeführte Namensbeischriften gekennzeichnet. Zwei Inschriften, beide in niederländischer Sprache verfasst, stehen in einem aufgeschlagenen Buch, das wie zufällig auf einem Brokatkissen abgelegt ist, und [Druckseite 48] auf einer an die Rückwand einer Bank angehefteten Tafel. Die Inschriften haben Gebetstexte aus den Bußpsalmen 51 und 6189) zum Inhalt.190)

In der nördlichen Chorkapelle steht der Katharinenaltar in seiner späten Gestaltung aus dem 17. Jahrhundert (Nr. 238). Er weist außer einem Nomen sacrum Jesu Stifterinschriften aus den Jahren 1635 und 1644 auf.

An der Westwand des äußeren nördlichen Seitenschiffs ist heute das ehemalige Retabel des Agathaaltars (Nr. 82, 1499–1506) aufgehängt. Der aus drei Tafeln bestehende Mittelteil stellt auf der mittleren Tafel eine Kreuzigungsgruppe, das Kreuz Christi mit dreisprachigem Titulus, dar, auf den beiden Nebentafeln die heiligen Agatha und Elisabeth. Zwei sich anschließende Seitenflügel zeigen links den heiligen Josef mit spielendem Jesusknaben und den heiligen Joachim, rechts die heiligen Hieronymus und Bartholomäus, alle Personen mit Namensbeischriften. Der bemerkenswerte dreisprachige Titulus ist durchgängig in lateinischen Buchstaben ausgeführt. Während die lateinische und die (grammatisch fehlerhafte) hebräische Inschrift nach Io 19,19f. formuliert sind, enthält die griechische Inschrift mit einem grammatisch fehlerhaften und dazu verballhornten zweiten Teil ein christliches Bekenntnis, das bis auf Petrus Comestor (um 1100–1180)191) zurückverfolgt werden kann.

Von den jeweils zwei Altären, die in den südlichen Chorkapellen und an Pfeilern der südlichen Seitenschiffe aufgestellt sind, sind nur der Heilig-Kreuz-Altar und der Märtyreraltar mit Inschriften aus dem Bearbeitungszeitraum versehen.

Der Heilig-Kreuz-Altar in der äußeren südlichen Chorkapelle (Nr. 122) ist nach einem mittelalterlichen Holzkreuz benannt, dem wundertätige Kräfte zugeschrieben wurden (daher „crux miraculosa“ genannt). Es steht heute in einem silbernen Schaugefäß über dem Altar und dient am Fest Kreuzerhöhung als Vortragekreuz der Prozession, die von der Fürstenbergkapelle ausgeht. Eine von Pels ohne weitere Angaben überlieferte Inschrift am Altar192), der 1540 (oder später?) errichtet wurde, enthielt einen fehlerhaften Sterbevermerk des Propstes Sibert von Riswick, dessen Grabplatte vor dem Altar gelegen hatte, bevor sie neben der Märtyrerpforte aufgehängt wurde (s. Nr. 120).193) Der Altar wurde 1716 neu gestaltet und ist heute bevorzugter Ort der privaten Andacht.

An einem Pfeiler zwischen den beiden südlichen Seitenschiffen steht der Märtyreraltar (Nr. 99), den der einflussreiche Xantener Stiftsherr Wessel Hotmann194) 1525 zu Ehren Mariens, weiterer Heiliger und der 10 000 Märtyrer, nach denen der Altar benannt ist, gestiftet hat. Der vergoldete und gefasste Schnitzaltar wird als Schablonenarbeit einer Antwerpener Werkstatt zugeschrieben.195) Auf einer der Tafeln der gemalten Predellaflügel wird der Stifter als Adorant vor dem Apostel Petrus kniend dargestellt, über der Gruppe flattert ein Spruchband mit Stifterinschrift. Eine zweite Tafel zeigt die hl. Agatha und ein Monogramm. Eine auffällige Stifterinschrift mit Wappen ist auf die Hohlkehle des Schreins oberhalb der Predella in Gold gemalt. Darüber flankieren vier vollplastisch geschnitzte Szenen aus der Kindheitsgeschichte Jesu einen Raum, in dessen Zentrum Jesse in Schlaf versunken sitzt; aus seinem Leib entspringt die nach ihm benannte Wurzel, die zur Gottesmutter in der Spitze des Schreins führt. Rechts und links von ihm halten vier Propheten Spruchbänder in den Händen, von denen zwei erkennbar aus den Büchern Joel und Jeremias zitieren, auf den beiden anderen Spruchbändern ist der Text nicht mehr zu rekonstruieren. In der Krönung ist Christophorus mit dem Christuskind dargestellt. Eine sinnlose Buchstabenfolge auf dem Mantelsaum des Mannes hat wohl eher dekorativen Charakter.

4.5.2. Wandmalereien

Das gotische Deckengemälde in der Sakristei trägt keine Inschrift. Wohl aber waren wertvolle Wandmalereien des 11. und 13. Jahrhunderts in der Dionysiuskapelle am Eingang zur Immunität (Nr. 6 und 16), die mit den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs verlorengegangen, aber von einem Vorkriegsfoto aus den 1930er Jahren und einer Zeichnung Cunos aus dem Jahr 1867 her bekannt sind, mit Inschriften versehen. Zwei besonders schöne gotische Wandgemälde mit Inschriften dienten ursprünglich als Retabel am Dreikönigsaltar (Nr. 35) und am Bonifatiusaltar (Nr. 30) im Dom und sind heute im Stiftsmuseum untergebracht. Zu dieser Gruppe von Wandmalereien gehört auch das Altarretabel des alten Katharinenaltars (Nr. 19), das heute ausgelagert ist.

In der Dionysiuskapelle befanden sich vor 1945 eine Nischen- und eine Apsismalerei. Die Nischenmalerei stellt in feiner Zeichnung die Entrückung der Propheten Enoch und Elias nach Gn 5,24 und IV Rg 2,1–18 dar (Nr. 6, um 1080). Ein schwebender Engel fordert die beiden durch Namensbeischriften kenntlich gemachten Propheten auf: ASCENDITE HVC. Beide reagieren mit Gebärden des Erschreckens und der Furcht. Ebenso zeigt sich eine Gruppe von zwei Männern und einer Frau (Feinde nach Apc 11,11f.?) von Furcht ergriffen, beide Szenen sind in Bildbeischriften kommentiert. Auf einer Apsismalerei (Nr. 16, nach 1228) ist, noch fragmentarisch erkennbar, Christus in der Mandorla mit den Evangelistensymbolen und den Heiligen Johannes, Viktor, Franziskus und Demetrius dargestellt. Alle Personen sind durch Namensbeischriften kenntlich gemacht, Christus ist zusätzlich durch Alpha und Omega hervorgehoben.

Die beiden nicht minder wertvollen und beeindruckenden Wandgemälde des Bonifatiusaltars und des Dreikönigenaltars wurden Anfang der 1950er Jahre abgenommen und restauriert. Sie befinden sich heute im Stiftsmuseum. Der Bonifatiusaltar (Nr. 30, 1392–1396) stand ursprünglich in der Westchorhalle. Das gut erhaltene Gemälde stellt eine Kreuzigungsgruppe in einem gotischen Schrein dar: im Zentrum das Kreuz Christi mit Titulus, zu Füßen des Gekreuzigten ein unbekannter Stifter in Kanonikertracht, rechts und links vom Kreuz die Mutter Jesu und Johannes Evangelista, dazu der hl. Bonifatius mit erhaltener und die hl. Agnes mit fragmentarischer Namensbeischrift, auf einer Wandvorlage schließlich der hl. Martin mit Bettler und nicht mehr erkennbarer Beischrift. Der Dreikönigenaltar (Nr. 35, 1406 oder wenig später) stand ursprünglich an einem Pfeiler im inneren südlichen Seitenschiff, auf den das Gemälde aufgetragen war. Es ist im letzten Weltkrieg stark beschädigt worden. Das Gemälde ist in einen oberen und einen unteren Raum geteilt, im oberen ist eine Kreuzigungsgruppe mit dem gekreuzigten Christus, seiner Mutter Maria und Johannes Evangelista dargestellt, daneben ein heiliger Abt und ein heiliger Papst. Der untere Teil zeigt eine Anbetung der Könige. Während die Namensbeischriften der Könige noch ganz oder teilweise lesbar sind, ist der Titulus ausgelöscht, von den Beischriften zu den Heiligen ist nur eine fragmentarisch vorhanden, die den dargestellten Papst wohl als den heiligen Gregor kennzeichnete. Das Gemälde ist von ungewöhnlicher Schönheit, „von einer fast zauberhaften Lyrik der leisen Gesten, die durch die … Farbharmonie … ausgedrückt wird“.196) In schlechtem Zustand befindet sich das Gemälde des alten Katharinen- und Lambertusaltars (Nr. 19, Anfang 14. Jahrhundert), das ebenfalls nach dem Zweiten Weltkrieg abgenommen und auf eine Platte übertragen wurde. Erkennbar sind zwei einander überlagernde Kreuzigungsdarstellungen. Zur jüngeren Malschicht gehören mehrere Begleitfiguren mit weitgehend verlorenen Beischriften.

Der Chor des Domes wurde zwischen 1434 und 1437 vollendet. In diesem Zeitraum stifteten die Kanoniker Lambertus de Arena und Johannes von Goch die Chorschranken auf der Evangelien- (1435) und der Epistelseite (1437), schmiedeeiserne Gitter, deren Pfeiler und Gesimse in Holz gefasst sind (Nr. 39). Auf den Gesimskehlen befinden sich Stifterinschriften mit Angabe der Entstehungsjahre.

4.5.3. Leuchter

Beissel schildert die Lichtfülle, mit der „das Mittelalter seine glänzenden Kirchen erhellte“.197) Erhalten haben sich aus dem Bearbeitungszeitraum die vier herausragenden Leuchter des Kanonikerchors, dazu der Kerzenhalter (Nr. 101, 1. Viertel 16. Jahrhundert), der ursprünglich im Südturm über dem Grab Christi aufgestellt war, jetzt aber nach seiner schweren Beschädigung [Druckseite 50] 1945 verrostet im Metalllager des Nordturms abgelegt wurde. Er trug, heute noch fragmentarisch erkennbar, eine Anrufung an die Gottesmutter.

Der dreiteilige Leuchterbogen (Nr. 81) wurde 1501 in Maastricht aus Kupferbronze gegossen. Er nimmt die ganze Breite des Chors ein und erfüllte einst bei den Gottesdiensten der Kanoniker, Vikare und der sonstigen Chorgenossen den Raum mit dem warmem Licht von 24 Kerzen. Auf der Spitze des kielbogenförmigen Mittelteils steht die Figur der Muttergottes, flankiert von den Stiftspatronen. Auf den Sockeln von schlanken, den Bogen gliedernden Pfeilern findet sich ein Herstellungsvermerk mit Angabe des Gussortes und der Jahreszahl.

Zwei Standleuchter aus Messing aus dem Jahr 1509198) (Nr. 84) an den Stufen des Xantener Hochaltars weisen auf Messingbändern den Stifternamen und auf einem der Leuchter das Stifter-, auf dem anderen das Stiftswappen auf.

Ein stattlicher, mehr als mannshoher dreiarmiger Standleuchter (Nr. 92), aus Messing gegossen, hatte seinen Standort hinter dem Lettner an der Stelle, „ubi psalmi incipiuntur et lectiones cantantur“ (‚wo die Psalmen intoniert und die Lesungen vorgetragen wurden‘)199). Nach einer heute verlorenen, um ein Stifterwappen umlaufenden Inschrift, die von Kreisbaumeister Carl Cuno abgezeichnet wurde200), wurde der Leuchter 1520 von dem Kanoniker Aegidius de Platea (I) gestiftet.201)

4.5.4. Skulpturen und ein Tafelgemälde

Von dem bedeutenden Figurenschmuck des Dominneren trägt nur der Verkündigungsengel im Chor eine lesbare Inschrift, die im Bearbeitungszeitraum entstanden ist (Nr. 18). Umso reicher sind die Statuen des Südportals (Nr. 86) und vor allem die der benachbarten Kreuzwegstationen (Nr. 114) mit Inschriften ausgestattet. In Marienbaum tragen außer dem Gnadenbild (Nr. 43) zwei Figuren (Nr. 85 und 121) aus dem Bearbeitungszeitraum Inschriften. Im Zusammenhang mit der Marienbaumer Wallfahrt stifteten die Bürger von Kalkar ein Gemälde mit ausführlichen Inschriften (Nr. 242), das in der Sakristei der Marienbaumer Wallfahrtskirche aufbewahrt wird.

Zwischen 1525 und 1536 entstanden die fünf Stationen der von dem Kanoniker und Kellner des Stiftes Gerhard Berendonck gestifteten Kreuzwegstationen auf dem Domvorplatz (Nr. 114). Vor allem die Kreuzigungsgruppe vermag mit ihren freifigurig aufgestellten, ausdrucksstarken Statuen den Betrachter zu bewegen. Die Kreuzigung zeigt das Kreuz Christi mit einem dreisprachigen Titulus zwischen den Kreuzen der Schächer, unmittelbar zur Rechten des gekreuzigten Christus steht die Skulptur des Johannes, der die zusammensinkende Gottesmutter auffängt, auf der anderen Seite steht Maria Magdalena, und hinter ihr kniet als Adorant der Stifter. Zu Füßen des Gekreuzigten befindet sich das Grab Berendoncks mit Grabplatte und Epitaph, die wie die Statuen der Kreuzigung heute in situ durch Kopien ersetzt sind, die Originalfragmente sind im Lapidarium eingelagert. Die vollplastisch ausgebildeten Skulpturen der übrigen Stationen, die nach den schweren Beschädigungen des Zweiten Weltkriegs restauriert worden sind, befanden sich ohne Ausnahme ursprünglich in architektonischen Gehäusen. Während die Ecce-homo-Gruppe links und die in einem Gehäuse vereinten Stationen der Grablegung und Auferstehung rechts vom Südportal heute wieder den Blick des Besuchers auf das Geschehen in Innenräumen lenken, ist die gerade aufwändig restaurierte Ölbergstation schräg gegenüber dem Kalvarienberg in eine Mauer eingelassen. Die Skulpturen aller fünf Stationen waren ursprünglich gefasst. Vier Schrifttafeln, darunter eine gemeinsame unter Grablegung und Auferstehung, kommentierten in betrachtenden Versgedichten das jeweilige Geschehen, für alle Tafeln mit Ausnahme derjenigen an der Ölbergstation ist auch eine Stifterinschrift überliefert. Zwei Tafeln sind nach Originalfragmenten neu gehauen worden; für die völlig verwitterte Tafel unter der Ecce-homo-Gruppe liegen Textüberlieferung bei von Dorth, Pels und aus'm Weerth vor. Die Tafel unter der Ölberggruppe hingegen ist bis auf die fragmentarisch noch lesbaren beiden ersten Zeilen, überliefert durch ein Vorkriegsfoto, unwiederbringlich zerstört.

Die Berendonckschen Kreuzwegstationen säumen den Weg des Besuchers vom Michaelstor zum Südportal, dem Hauptzugang zum Dominneren (Nr. 86), errichtet im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts nach dem Vorbild des Petrusportals an der Westfront des Kölner Doms. Der Besucher [Druckseite 51] wird von einem Figurenensemble mit starker Symbolkraft empfangen: In der Mitte steht der Christus Salvator mit zum Segen erhobener Rechter, umgeben von den Apostelfürsten Petrus und Paulus, den vier Evangelisten und den beiden Stiftspatronen. Alle Skulpturen sind heute Kopien, die Originale des Salvators, der beiden Apostel und des Johannes Evangelista aus den Jahren 1500–1509 sind in der Westchorhalle des Domes aufgestellt; ihre Gewandsäume sind mit einer Namensbeischrift (Johannes) und Gebetsanrufungen (Salvator und Apostel) versehen; die Originale der übrigen, zwischen 1870 und 1892 angefertigten, Figuren befinden sich im Lapidarium. Am Portal selbst haben sich auf den Sockeln der Johannesfigur und des Salvators eine Namensbeischrift und ein Sterbevermerk erhalten, beide mit Wappen ausgestattet und wohl zugleich als Stifterinschriften von Xantener Kanonikern zu verstehen. Über das ursprünglich umfangreichere Figurenprogramm des Südportals informieren Lithographien aus dem Jahr 1825.202)

Eine Verkündigungsgruppe erweitert und vollendet den Zyklus von Apostelskulpturen des Hochchors. Der Engel (Nr. 18, um 1270–80) hält ein Spruchband mit dem Anfang des englischen Grußes nach Lc 1,28 in der Hand.

Dem Gnadenbild von Marienbaum (Nr. 43, 2. Hälfte 14. bis 1. Hälfte 15. Jahrhundert) in der Kirche Mariä Himmelfahrt wird, der Ursprungslegende der Marienbaumer Wallfahrt entsprechend, eine wundertätige Wirkung zugeschrieben, es ist noch heute Ziel zahlreicher Wallfahrten. Dargestellt ist die Madonna mit dem Zepter in der Rechten und dem Jesusknaben auf dem Arm; in seinen Händen hält er ein Spruchband mit seinem Namen in Kurzform. In der Sakristei der Kirche wird ein Gemälde aufbewahrt, das Maria als Himmelskönigin darstellt (Nr. 242, 1637). Eine umlaufende Inschrift, welche die Stiftung im Jahr 1637 durch die Stadt Kalkar belegt und als Anlass die Befreiung von der Pest im voraufgegangenen Jahr nennt, wird auf der unteren Rahmenleiste durch den Dank an Maria in Form eines reimlosen elegischen Distichons ergänzt. Das Bild wird aus Anlass der jährlich stattfindenden Kalkarer Wallfahrt in der Marienbaumer Kirche ausgestellt.

Ganz im Sinne der Devotio moderna will eine Christusfigur in der Marienbaumer Wallfahrtskirche den Betrachter zum Mitleiden bewegen (Nr. 85, 1509). Der „Christus in der Rast“, in den Niederlanden auch „Christus op de koude steen“ genannt, zeigt Christus, von Geißelung und Dornenkrönung gezeichnet, als neuen Hiob bei der Rast auf dem Weg zur Kreuzigung. Die Skulptur stammt aus dem ehemaligen Brüderkonvent des Doppelklosters Marienbaum203), wo sie sich an eine Säule angelehnt zu haben scheint. Auf dem Sockel sind die Jahreszahl der Entstehung und ein Restaurierungsvermerk von 1735 eingehauen.

Eine „Kalvarienberg“ genannte Kreuzigungsgruppe, bestehend aus lebensgroßen Figuren des Gekreuzigten mit Maria, Johannes und Maria Magdalena, stammt ebenfalls aus dem ehemaligen Kloster Marienbaum und hat mehrfach den Standort gewechselt (Nr. 121, 1540).204) Vorbild für die Marienbaumer Gruppe ist die Kreuzigung aus dem Berendonckschen Kreuzweg gewesen205). 1945 wurde sie stark beschädigt und ist zurzeit noch nicht wiederhergestellt. Auf dem Sockel des Kreuzes Christi ist die Jahreszahl in drei Zeilen eingehauen.

4.5.5. Graffiti

Zahlreiche Graffiti haben sich auf der Galerie der Westchorhalle und am Gestühl des Langchores erhalten. Sie sind in dieser Edition berücksichtigt, sofern ihre Anbringung innerhalb des Bearbeitungszeitraums hinreichend wahrscheinlich ist, sie den Umfang mindestens einer Silbe haben oder als Initialen erkennbar sind.

Auf der zwischen 1476 und 1483 errichteten gotischen Maßwerkgalerie (Nr. 259) sind zwischen dem vierten Viertel des 15. und dem 17. Jahrhundert in den Handlauf des Geländers 86 Graffiti zumeist beiläufig eingeritzt oder eingeschnitten worden. Es handelt sich um Namen, manche mit Marken versehen, von denen einige nach den archivalischen Quellen Einzelpersonen oder zumindest Familien zugewiesen werden können. Danach haben sich ebenso Kanoniker und Vikare wie Handwerker verewigt.

Das altehrwürdige Chorgestühl (Nr. 260), dendrochronologisch in die Zeit um 1228 datiert, weist ebenfalls eine große Zahl von ins Holz eingeschnittenen Graffiti aus dem 15. bis 19., vielleicht auch 20. Jahrhundert auf, von denen 131 aufgenommen wurden. Nur wenige Personen sind [Druckseite 52] identifizierbar, darunter einige Kanoniker und Vikare, ein Pfarrer und mehrere Handwerker. Sechs Personen haben sowohl am Chorgestühl als auch an der Galerie der Westchorhalle ihren Namen hinterlassen.

4.6. Liturgische Geräte, Reliquiare und Paramente

4.6.1. Liturgische Geräte und Reliquiare

Erfasst werden hier 14 kleinere bewegliche Objekte, die im Bearbeitungszeitraum für Xantener Kirchen gefertigt wurden. Mit Ausnahme einer heute als Deckel einer Taufschale verwendeten Beckenschlägerschüssel in St. Martinus in Vynen (Nr. 143) gehören sie dem Domschatz an und werden heute im Stiftsmuseum ausgestellt bzw. aufbewahrt. Es handelt sich insbesondere um neun meist metallene Gefäße zum gottesdienstlichen Gebrauch (Nr. 13, 15, 27, 28, 47, 80, 143, 216, 253), ferner um drei Reliquiare (Nr. 11, 14, 32)206) und eine Tragestange für Vortragekreuze mit Silberbeschlag (Nr. 21). Diese erhaltenen Pretiosen207) sind von kulturhistorischer und künstlerischer Bedeutung. Vier von ihnen datieren ins 12. Jahrhundert, ein byzantinisches Reliquienkreuz ist vielleicht noch früher anzusetzen (Nr. 10), drei Objekte werden ins 14. bzw. 15. Jahrhundert datiert und gehören somit ebenfalls noch dem Mittelalter an.

Sechs metallene Gefäße gehören heute zu den Glanzpunkten des Stiftsmuseums. Ein Kreuzfußreliquiar (Nr. 11, um 1150) aus vergoldeter Bronze ist als Kasten mit Walmdach gearbeitet und an drei Seiten figürlich reich ausgestattet; zwei Inschriften enthalten eine Reliquienliste mit Bezug auf den Inhalt des Reliquiars und eine Beschreibung des Bildschmucks in Versform. Ein Tragaltar (Nr. 13, um 1180) ist aus z. T. vergoldetem Kupfer über einem Holzkern gearbeitet und emailliert. An den Kastenwandungen sind Christus, Maria und die zwölf Apostel auf Thronen sitzend dargestellt, auf der Deckplatte stehend Melchisedech und Abraham, auf 18 Medaillons in Halbfigur die vier Evangelisten mit Zitaten aus den jeweiligen Evangelien, Viktor und Mauricius, Gereon und Cassius als Vertreter der Thebäischen Legion, ferner zehn Bischöfe und Kirchenlehrer, alle durch Namensbeischriften gekennzeichnet. Um eine anstelle des Altarsteins 1725 eingefügte Silberplatte verläuft eine Inschrift mit liturgischer Betrachtung der Eucharistie. Alle Inschriften sind eingraviert. Das sog. ovale Reliquienkästchen (Nr. 14, 3. Drittel des 12. Jahrhunderts) ist aus teilweise vergoldetem Silber über einem Holzkern gearbeitet. Der in byzantinischem Stil gehaltene Deckel stellt die Geburt Christi und die Verkündigung an die Hirten in Niello-Technik dar, die Wandung die in romanischem Stil plastisch gearbeiteten Büsten des erhöhten Christus und von Märtyrern der Thebäischen Legion mit eingravierten Namensbeischriften. Umfangreich und komplex ist das Text-Bild-Programm der Sapientiaschale (Nr. 15, 12. Jahrhundert), einer aus einer Kupferlegierung gestalteten Schale, die wohl ursprünglich für liturgische Handwaschungen, später als Taufschale verwendet wurde. Die überaus reich mit Inschriften ausgestattete Schale (es sind insgesamt 39) stellt die sieben Gaben des Heiligen Geistes bildhaft in Form der Allegorie der Sapientia zwischen Johannes und Paulus im Zentrum dar, das von Medaillons mit thronenden Gestalten des Alten Testaments als Sinnbildern für eine der Gaben umgeben ist. Jeder Gestalt sind Symboltiere zugeordnet, und zahlreiche Namensbeischriften, Bibelzitate und Zitate aus der mittelalterlichen Theologie deuten das jeweilige Bild. Eine auf dem Schalenrand umlaufende Inschrift erläutert die sieben Gaben grundsätzlich. Ein feinsinnig konstruiertes Turmziborium (Nr. 27, 1370–1380), aus vergoldetem Silber getrieben, benennt sich nach einer Architektur in Form eines gotischen Turmaufsatzes über dem Hostienbehältnis. Auf den rautenförmigen Zapfen des Nodus sind zwischen musizierenden Engeln die Buchstaben des Kreuzestitulus graviert. Aus derselben Zeit stammt eine gotische Hostienmonstranz (Nr. 28, um 1370–1380), aus vergoldetem Silber getrieben und mit reichem figürlichen und ornamentalen Schmuck versehen. Sie trägt ebenfalls einen Turmaufsatz in gotischer Architektur, in der Krönung ein Astkreuz mit Titulus. Das Ostensorium aus Bergkristall ruht auf einem Sockel mit sechs emaillierten Männern und Frauen. Die Lunula wird von zwei Diakonen getragen, die zugleich ein Spruchband mit dem Anfang des Lauda Sion, des Festhymnus zu Fronleichnam, präsentieren. Sie knien auf einem Sockel mit Wappen und den Namen der beiden Stifter.

Das byzantinische Reliquienkreuz (Nr. 10, 9.–11. Jh.?), ein bronzenes Pectorale mit eingeritzten Darstellungen des Gekreuzigten auf der Vorder- und der Gottesmutter auf der Rückseite, befindet [Druckseite 53] sich heute mit sieben stoffumwickelten Reliquien in der Altarplatte des Gemeindealtars. Der Titulus besteht aus einem einfachen griechischen X, abgekürzt für das Nomen sacrum Χ(ΡΙΣΤΟΣ), auf den Kreuzesarmen befindet sich eine griechische Inschrift mit Bekenntnischarakter (Ι(ΗΣΟΥ)Σ Χ(ΡΙΣΤΟ)Σ // ΝΗΚΑ – ‚Jesus Christus siegt‘), auf der Rückseite die Bildbeischrift „Gottesmutter“ in griechischer Sprache: ΜΗ(ΤΗ)Ρ Θ(ΕΟ)Υ.

Die beiden vorhandenen Kelche sind aus vergoldetem Silber getrieben und graviert. Bei dem älteren Kelch (Nr. 47, 1461) sind die Nomina sacra Jesu und Mariens mit Email hinterlegt, auf einem Passfeld des Fußes ist eine gegossene Kreuzigungsgruppe mit Titulus aufgelegt, und unter dem Fuß befindet sich eine schwach eingeritzte Stifterinschrift mit Jahresangabe. Im Unterschied dazu weist der jüngere Kelch (Nr. 80, 1505) auf den Rotuli nur das Nomen sacrum Jesu auf, unter dem Fuß sind eine nur fragmentarisch lesbare Stifterinschrift und ein Restaurierungsvermerk (1549) eingraviert.

Eine Beckenschlägerschüssel (Nr. 143, 4. Viertel 15. bis 1. Hälfte 16. Jahrhundert) wird in der Vynener Kirche St. Martinus heute als Deckel für eine Taufschale genutzt. Auf einem Messingblech ist zentral der Sündenfall dargestellt. Bildinschriften sind nur noch fragmentarisch zu erkennen, zwei Ringe mit Zierbuchstaben und einer fünfmal wiederholten Inschrift, die vermutlich als beschwörender Gebetsruf in Altsächsisch zu deuten ist („Du hast dich hinunter gebeugt“), legen sich konzentrisch um das Bild in der Mitte.

4.6.2. Paramente

Aus dem umfangreichen Xantener Paramentenschatz weisen im Bearbeitungszeitraum 33 Objekte eine oder mehrere Inschriften auf. Es handelt sich um Antependien (Nr. 58, 94, 191, 234), Bildteppiche (Nr. 91, 185, 223), liturgische Gewänder aus Kapellen (Nr. 72, 79, 93) und einzelne Kaseln (Nr. 62, 71, 166). Hinzu kommen kleinere Teile bzw. Fragmente der liturgischen Priestergewandung wie Stola und Manipel (Nr. 24), der Pluvialschild eines Chormantels (Nr. 187), Kaselkreuze (Nr. 6570, 78, 249) und Stabfragmente (Nr. 74), zwei großformatige Einzelobjekte (Nr. 37, 251) sowie kleinteilige Objekte und Fragmente ungesicherter Zuordnung aus dem liturgischen Bereich (Nr. 42, 63, 64, 77, 201, 241, 257).

Von den vier erhaltenen Antependien werden drei nach ihren Farben benannt. Das sog. „rote Antependium“ (Nr. 94, 1521) ist am Hochaltar in situ belassen. Auf rotem Baumwollsamt sind Stickereien in Gold und Silber auf Leinen appliziert, die die Himmelkönigin mit Kind in Sacra Conversazione mit den Stiftspatronen zeigen. In einer Inschrift sind die drei ersten Zeilen der Festantiphon des heiligen Viktor wiedergegeben. In einer zweiten Inschrift bittet der Stifter, den der heilige Viktor der Gottesmutter empfiehlt, um das Fürbittgebet der geistlichen Brüder des Stifts. Das „blaue Antependium“ (Nr. 58, um 1490–1492 oder wenig später) wurde von dem Kanoniker und Arzt Philipp Schoen für die Johanneskapelle des Domes gestiftet.208) Auf blauem Wollstoff sind Applikationen, Seidenstickereien auf Leinen, aufgelegt. Von Blütenbäumen umgeben, sind der Evangelist Lukas, der Patron der Ärzte, mit geflügeltem Stier und Stifterwappen dargestellt, dann Johannes Baptist. Namensbeischriften kennzeichnen die Heiligen. Das sog. „violette Antependium“ (Nr. 234, 1630) zeigt auf violettem Samt Applikationen aus Gold, Silber und Seide auf Leinen. Sie stellen Maria als Himmelskönigin, in einer Strahlenmandorla auf der Mondsichel stehend, zwischen den Stiftspatronen dar. Vor Viktor kniet betend der Stifter, der Kanoniker Johannes Mockel, gekennzeichnet durch Stifterinschrift und Wappen. Das blaue und das violette Antependium gehören heute zum Bestand des Stiftsmuseums. Das Antependium aus der ehemaligen Klosterkirche von Marienbaum (Nr. 191, 1578 oder 1558), ein gewirkter Teppich mit der Darstellung einer Krönung Mariens, befindet sich heute im Museum für Angewandte Kunst in Köln. Als Inschrift ausgeführt sind die Jahreszahl 1578 und nach Angaben des Museums zwei ungedeutete Initialen.

Von den sechs großflächigen, aus Wolle gewirkten Bildteppichen, die 1520 von den Gebrüdern Riswick gestiftet wurden (Nr. 91), hängen heute noch vier an dem ihnen zugedachten Ort hinter dem Chorgestühl des Domes, während zwei kleinere, ursprünglich am Lettner aufgehängte Teppiche im Stiftsmuseum ausgestellt werden. Ihr umfangreiches und vielschichtiges Bildprogramm wird vor einer reichen Pflanzen- und Blumenwelt entwickelt. Den mit Namensbeischriften versehenen großfigurigen Darstellungen des Gnadenstuhls, der Himmelskönigin, des Johannes Evangelista [Druckseite 54] und der Maria Magdalena sind Heilige als Assistenzfiguren beigegeben, die die Verflechtungen des Stiftes mit dem Papst in Rom, dem Erzbischof in Köln, den Thebäerstiften in Köln und Bonn sowie mit den Stiften in Kleve und Oldenzaal, schließlich mit der Kirche im benachbarten Kalkar dokumentieren. Zugleich weisen sie auf die zahlreichen hohen Ämter hin, die Sibert von Riswick in Köln und den Städten am Niederrhein wahrnahm.209) Auf die vier Großteppiche verteilt nimmt eine in Versen gehaltene Stifterinschrift in einem einzigen Satz auf die Anbetung der drei Magier Bezug und spielt so auf die traditionellen Feierlichkeiten bei einem Bastunium210) an, das den Anlass für die Stiftung bot. Neben den beiden Zugängen zum Chor des Domes hängen ebenfalls über dem Chorgestühl zwei weitere gewirkte Bildteppiche, Stiftungen des Kanonikers Adolf von Wylich (Nr. 158, 1574), mit Szenen aus dem alttestamentlichen Buch Esther, die durch Bildbeischriften erläutert werden. Eine gleichlautende Stifterinschrift auf beiden Seiten nennt auch das Entstehungsjahr. Ein weiterer großflächig gewirkter, aber weniger bedeutender Bildteppich, eine Stiftung des Dechanten Caspar van Ulft (Nr. 223, 1620), hing ursprünglich an der Rückwand des Dreisitzes im Hochchor des Domes und befindet sich heute im Stiftsmuseum.

Großformatige Objekte sind auch die Lesepultdecke (Nr. 37, um 1410–1420) und das Marienbaumer Fastentuch (Nr. 251, Mitte 17. Jahrhundert). Die Lesepultdecke war wohl für das Lesepult im Langchor des Domes gedacht. Eine weiße Leinenstickerei zeigt auf bräunlichem Untergrund drei Szenen aus dem Leben der heiligen Katharina nach der Legenda aurea des Jakobus von Voragine. Die Szenen sind umgeben von Bildbeischriften in Form erläuternder Zitate aus der lukanischen Kindheitsgeschichte und in Vierpässe eingestellt. In den Ecken der drei rechteckigen Felder stehen Apostelfiguren. Auf der Bordüre sind weitere Szenen von der Bekehrung, Taufe und dem Martyrium der Heiligen dargestellt. Die beiden zusammengehörigen Marienbaumer Fastentücher sind Klosterarbeiten in Filetstickerei. Das große Tuch verdeckt in der Fastenzeit den Hauptaltar, es zeigt Szenen und Symbole aus der Passionsgeschichte sowie mahnende Texte, Schriftzitate und erläuternde Beischriften. Auf dem kleineren Tuch, das vor einem der Seitenaltäre aufgehängt wird, ist eine bewegte Darstellung des Weltgerichts zu sehen. In den Bordüren oben und unten ist ein Ruf der Toten zum Gericht eingearbeitet.

Liturgische Gewänder haben innerhalb der Xantener Paramente einen beachtlichen Stellenwert, was Alter und Qualität angeht. Zu den herausragenden Ensembles der Spätgotik gehört die „rote Kapelle“, von der die beiden Dalmatiken (Nr. 79, Ende 15. bis Anfang 16. Jahrhundert) erhalten sind. Auf Florentiner Samt mit Granatapfelmotiv sind Stäbe und Rückenkreuze appliziert, fein mit Gold, Silber und Seide bestickte Kölner Borten mit Heiligendarstellungen und den Nomina sacra Jesu und Mariens in vielfacher Wiederholung. Zu diesen Ensembles gehört auch die „Goldkapelle“, die Propst Johannes Ingenwinkel der Viktorkirche 1520 stiftete (Nr. 93), mit reichem Bildprogramm auf den Borten; in die Verkündigungsszene auf der Kaselborte ist ein Spruchband mit dem englischen Gruß eingestickt. Von der nach 1925 verschollenen „grünen Kapelle“ (Nr. 72, 15. Jahrhundert) hat sich lediglich ein kleines Fragment erhalten, die Kasel und eine Dalmatik sind aber durch Fotos gut dokumentiert. Auf dem Kaselstab sind Heilige mit Namensbeischriften und der Anfang des Regina caeli dargestellt, auf der Dalmatik die wiederkehrenden Nomina sacra Jesu und Mariens. Eine Kasel mit Darstellung des Gnadenstuhls (Nr. 71, 2. Hälfte 16. Jahrhundert) zitiert beziehungsreich aus einem mittelalterlichen Hymnus an die Trinität und das Wort, das der sterbende Jesus am Kreuz an seinen Vater richtet (Lc 23,46).

Öfters haben sich von den alten Objekten nur die Applikationen bzw. Einzelteile erhalten, bisweilen sind sie auf neuere Gewänder wieder aufgenäht. So bei der sog. Fünf-Wunden-Kasel (Nr. 62, Ende 15. bis Anfang 16. Jahrhundert), die ihren Namen von der Darstellung auf dem erhaltenen seidenen Rückenkreuz herleitet; von ihr hat sich auch der Kaselstab mit einem Bildmotiv aus der Kreuzigungsgruppe erhalten.

In der Paramentensammlung des Stiftsmuseums befinden sich auch kleinteilige Objekte und Fragmente. Zur liturgischen Gewandung von Geistlichen gehört ein besonders qualitätvolles Manipel aus dem zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts, die dazugehörende Stola ist 1949 auf einer Ausstellung in Amsterdam gestohlen worden, wir kennen sie aber von alten Aufnahmen her (Nr. 24). Ein Korporalientüchlein (Nr. 77, Ende 15. bis Anfang 16. Jahrhundert), ein Seidentuch mit künstlerisch wertvoller Deckfarbenmalerei, stellt eine Kreuzigungsgruppe vor einem Sternenhimmel dar, am Fuß des Kreuzes (mit Titulus) kniet betend ein nimbierter Geistlicher. Ein Deckchen in Filetarbeit aus dem Pestjahr 1636 (Nr. 241) zeigt ebenfalls eine Kreuzigungsgruppe; [Druckseite 55] über dem Kreuz mit Titulus schwebt der Heilige Geist in Gestalt einer Taube zwischen Sonne und Mond. Ein Gebetstext,211) die Nomina sacra Jesu und Mariens und die Jahresangabe vervollständigen die Komposition.

4.6.3. Verluste

Den Verlusten aus dem Domschatz ist Wilkes ausführlich nachgegangen. „Der Xantener Domschatz … weist heute nur noch einen Bruchteil der Fülle von Kunstgegenständen aller Art auf, womit einst im Laufe der Jahrhunderte mittelalterliche Frömmigkeit das Gotteshaus geschmückt hatte. Diese Feststellung wird ermöglicht durch die reichen einschlägigen literarischen und archivalischen Quellen, die zur Geschichte des seit dem Ende des 8. Jahrhunderts bestehenden Stiftes Xanten zur Verfügung stehen“212): die Historia Xantensis und die Sammelwerke der Kanoniker Heymerick und Pels, die Nachrichten über Memorienstiftungen und die Urkunden des Stiftsarchivs, die Kapitelsprotokolle und die Rechnungen der einzelnen Stiftsämter. Eine besondere Rolle spielen auch die zahlreich erhaltenen Inventare, wie sie die Thesaurarie beim Wechsel der Amtspersonen, nach Diebstählen oder zur Begleichung von Steuern und Kontributionen anfertigte. Die Akten im Stiftsarchiv berichten von der abenteuerlichen Beraubung des Viktorschreins durch den Sohn des Küsters 1593213) und im Jahr 1604 von dem dreisten Raubzug der beiden Söhne des Organisten in der Sakristei214). Aus kunsthistorischer Sicht besonders bedauerlich ist der Verkauf eines Schreins, wahrscheinlich byzantinischen oder frühromanischen Ursprungs, zugunsten der klammen Fabrikkasse im Jahr 1423; zu diesem Verkauf musste die Erlaubnis des Kölner Erzbischofs eingeholt werden, begründet wurde der Antrag mit dem Hinweis, der Schrein werde für den Gottesdienst nicht mehr benötigt.215) Während der zahlreichen Kriege des 16., 17. und 18. Jahrhunderts sahen sich die Stiftsherren auf Grund der Kontributionsforderungen der kriegführenden Parteien immer wieder zum Verkauf kostbarer Stücke aus dem Domschatz gezwungen. So musste das Kapitel 1543, als der Herzog von Kleve als Landesherr im Geldrischen Erbfolgestreit die Abgabe wertvoller Objekte aus den Kirchenschätzen forderte, etliche liturgische Gefäße abliefern.216) Im Spanisch-Niederländischen und im Dreißigjährigen Krieg setzten die durchziehenden Truppen immer wieder Kirchen und Klöster der Region durch Kontributionsforderungen unter Druck,217) und die Soldateska schreckte auch vor Plünderungen nicht zurück. Die größten Verluste aber erlitt das Stift in der „Franzosenzeit“: Wilkes verweist auf das Inventar des Thesaurars Ellinckhusen aus dem Jahr 1797, das nur noch sehr wenige Gegenstände aus Edelmetall aufweist.218) Zu diesem Zeitpunkt war auch die Goldene Tafel, das wertvollste Stück aus dem Xantener Domschatz, eingeschmolzen. Das einst reiche Stift, im 17. und 18. Jahrhundert durch die von den Preußen auferlegten Steuern und Kontributionen ausgelaugt,219) war zu diesem Zeitpunkt finanziell am Ende. 1802 wurde es im Zuge der Säkularisation aufgelöst.

5. Die Schriftformen

5.1. Ältere Majuskelschriften (Kapitalis, romanische und gotische Majuskel)

Grundlage der epigraphischen Großbuchstabenschriften im europäischen Raum ist die antik-römische Kapitalis, eine Monumentalschrift, deren Erscheinungsbild durch harmonische Proportionen der Buchstaben, Schaft- und Bogenverstärkungen, den Wechsel von feinen Haar- und breiteren Schattenstrichen und die Verwendung von Serifen für die Gestaltung der Balken- und [Druckseite 56] Schaftenden geprägt ist.220) Bis ins Hochmittelalter hinein basieren die Inschriften ganz überwiegend auf der römischen Kapitalis, erreichen aber selten ihr Niveau.

Die älteste Inschrift im vorliegenden Band ist in den Grabstein des Batimodus eingehauen (Nr. 1), der genau genommen noch der Spätantike angehört, aber wegen seiner Bedeutung als frühester schriftlicher Beleg für die Verbreitung des Christentums im Xantener Raum Aufnahme in den Inschriftenkatalog gefunden hat. Die Datierung des Steins ins frühe 5. Jahrhundert basiert auf dem archäologischen Befund und wird durch die Schrift bestätigt: Die zeilenweise angeordnete Inschrift besteht aus Kapitalisbuchstaben, die überwiegend der Grundlinie folgen, allerdings unterschiedliche Breite und Höhe haben und teilweise leicht nach links geneigt sind. Auch zahlreiche Details wie die geraden Cauden von R und Q, das sehr schmale E und die offenen Bögen bei R entsprechen nicht dem antiken Vorbild. Andererseits sind Schaftverlängerungen und eckige Sonderformen, wie sie in merowingischer Zeit vorkommen,221) nicht zu beobachten.

Die karolingische Renaissance des 9. Jahrhunderts belebte das Schriftideal der römischen Kapitalis neu.222) Zwar reichten nur wenige herausragende Inschriften an dieses Vorbild heran; dennoch wirkte die Kapitalis noch im 11. Jahrhundert nach, auch wenn sich die epigraphische Schrift zunehmend von ihrem Formenideal entfernte. Diese Entwicklung ist auch an den Xantener Inschriften nachvollziehbar. Der Bestand enthält drei Inschriftenträger des 11. Jahrhunderts, deren Schrift im Hinblick auf die Buchstabenformen und die stilistische Ausgestaltung noch der Kapitalis zugeordnet werden kann (Nr. 79).223) Von bemerkenswert hoher Qualität ist die Schrift auf dem Memorienstein für den Subdiakon Hubertus (Nr. 8), die mit überwiegend ausgewogenen Proportionen, vereinzelten Serifen sowie Linksschrägenverstärkungen offensichtlich am karolingischen Ideal orientiert ist. Ungeschickter verteilt und mit annähernd gleichbleibender, dünner Strichstärke ausgeführt ist die Schrift auf dem Memorienstein für den Laien Volcart (Nr. 7). Typische Stilelemente hochrangiger karolingischer Inschriften fehlen: Bei V ist statt des linksschrägen der rechtsschräge Schaft verstärkt, das O ist abgeflacht und mit senkrechter Schattenachse ausgeführt. Die qualitative Spannbreite hochmittelalterlicher Kapitalisschriften zeigt ein Vergleich der ersten beiden Beispiele mit einem etwa zeitgleich entstandenen Grabsteinfragment (Nr. 9). Dort schwankt die Buchstabenhöhe erheblich, die Zeile fällt nach rechts deutlich ab und die Buchstaben reichen in den begrenzenden Rahmen hinein. Die Bögen sind unharmonisch und flach ausgeführt; schmales C und S stehen sehr breiten A, R und V gegenüber.

Ab dem 11. Jahrhundert wurden in steigendem Maße neue, meist runde, zuweilen aber auch eckige Buchstabenformen in die epigraphische Schrift aufgenommen. Im Zusammenwirken mit einer flächigeren Gestaltung der Buchstabenkörper, mit Buchstabenverbindungen (Nexus litterarum), Buchstabeneinstellungen (Enklaven), Verschränkungen und der Verwendung kleinerer Buchstaben entwickelte sich daraus ein Schriftbild, dessen Besonderheit das breite Spektrum gestalterischer Möglichkeiten ist. Diese so genannte romanische Majuskel und die karolingische Kapitalis wurden phasenweise parallel verwendet, ebenso wie die romanische und die jüngere so genannte gotische Majuskel. Tatsächlich sind die Grenzen zwischen den Schriftarten in vielen Fällen unscharf und nur schwer zu ziehen.

Einen aufschlussreichen Vergleich ermöglichen in dieser Hinsicht zwei Steine, die beide – mit unterschiedlichen Begründungen – ins zweite bis dritte Viertel des 11. Jahrhunderts datiert werden. Die Schrift des sog. Palmettensteins, eines Grabsteinfragments, von dem nur wenige Buchstaben erhalten sind (Nr. 5), ist hinsichtlich der recht sorgfältigen Ausführung, der Strichstärke, des T mit breitem Balken und des in C eingestellten A vergleichbar mit dem Grabstein für einen Engilbraht (Nr. 4). Beide Inschriften haben auch das gräzisierende M mit parallelen Außenschäften und kurzem Mittelteil. Die Engilbraht-Inschrift bietet darüber hinaus aber unziales E und rundes T sowie eine Vielzahl von Enklaven, untergestellten oder verschränkten Buchstaben. Sie zeigt erste Tendenzen zu einer Flächigkeit der Buchstaben und ist mit diesen fortschrittlichen Elementen ein Beispiel für die Entwicklung der epigraphischen Schrift von der Kapitalis zur romanischen [Druckseite 57] Majuskel. Ob auch der Palmettenstein vergleichbare Merkmale aufwies, kann anhand der wenigen erhaltenen Buchstaben letztendlich nicht mehr beurteilt werden.224)

Der Grabstein für Engilbraht ist das einzige original erhaltene Beispiel für eine in Stein gehauene romanische Majuskel in Xanten. Die übrigen Xantener Objekte mit Inschriften in romanischer Majuskel entstanden (mit einer Ausnahme) im 12. Jahrhundert, als der Schatz der St. Viktorkirche um mehrere wertvolle Reliquiare vermehrt wurde. Das Kreuzfußreliquiar (Nr. 11) ist aus Bronze gegossen und vergoldet, der Viktorschrein (Nr. 12), der Tragaltar (Nr. 13) und das ovale Reliquienkästchen (Nr. 14) bestehen aus Kupfer oder vergoldetem Silberblech über einem Holzkern. Sie alle tragen gravierte oder emaillierte Inschriften, deren Buchstabenhöhe nicht – wie bei den Steininschriften – mehrere Zentimeter, sondern nur wenige Millimeter beträgt. Die kleineren Dimensionen, die Materialbeschaffenheit und die technische Ausführung der Inschriften müssen bei der Beurteilung der Buchstabenproportionen und der stilistischen Gestaltung berücksichtigt werden. So erklärt sich die flächige Gestaltung der emaillierten Inschriften des Tragaltares (Nr. 13) bereits aus der verwendeten Emailtechnik und wird durch die sehr geringe Buchstabenhöhe noch betont. Hinzu kommen aber Bogenschwellungen, keilförmige Schaftverbreiterungen und ausgeprägte Sporen in Form rechtwinklig angesetzter Striche, die den flächigen Eindruck der Schrift verstärken. Dadurch kommen sich die Bogenenden bei C oder unzialem E in einigen Fällen schon recht nahe, ein Abschlussstrich, wie er bei der gotischen Majuskel üblich ist, ist allerdings nicht sichtbar. Bei A, E und M wird zwischen der kapitalen und der unzialen Form gewechselt, wobei für M zwei verschiedene Variationen des Unzialbuchstabens verwendet werden. Auch Q wird in zwei verschiedenen Formen gebraucht. Bemerkenswert ist hier die Kennzeichnung der Versanfänge durch Kreuzchen.

Die Inschriften des Viktorschreins (Nr. 12) entstammen überwiegend dem Kapitalisalphabet. Sowohl die in Treibarbeit angefertigten Namensbeischriften zu den Aposteln an den Langseiten als auch die in Grubenschmelz gearbeiteten Versinschriften am Dach weisen aber auch (offenes) unziales E, vorne geschlossenes unziales M und eingerolltes G auf. Die Emailinschriften haben zudem das symmetrische unziale M sowie das unziale U. Sie wirken nicht nur durch die größere Formenvielfalt moderner als die getriebenen Inschriften, sondern auch durch stilistische Elemente: Bogenschwellungen (auch bei der Cauda des R), fein auslaufende und am Ende umgebogene Bögen beim symmetrischen unzialen M und an der Cauda des R, eine größere Flächigkeit durch keilförmig verbreiterte Schäfte, Balken und Bögen. Neben Punkten als Worttrennern werden als Verstrenner zwei nebeneinander gesetzte Punkte über einem mittig darunter gesetzten Komma verwendet.225) Einen ähnlichen Stand der Schriftentwicklung zeigen die gravierten Inschriften des Kreuzfußreliquiars (des sog. Kleinen Viktorschreins, Nr. 11): Zu den jeweiligen kapitalen Formen kommen das offene unziale E, das vorne geschlossene unziale M und das runde T mit geschwungenem Balken hinzu. Eine bemerkenswerte Sonderform ist die nur einmalig verwendete Variante des unzialen A: Am oberen Ende des senkrecht gestellten rechten Schaftes setzt der geschwungene linke Schaft an, der Mittelbalken ist leicht nach unten gebogen. Die Schaft-, Balken- und Bogenenden sind zu dreieckigen Sporen ausgeformt, was der Schrift im Zusammenwirken mit einer stellenweise breiten Strichführung eine gewisse Behäbigkeit verleiht. Eine Tendenz zum Abschluss der Buchstaben ist nicht erkennbar.

Die Inschriften des ovalen Reliquienkästchens (Nr. 14) sind in Kontur graviert und weisen daher ebenfalls eine deutliche Flächigkeit auf. Eine keilförmige Verbreiterung der Schäfte zu den Enden hin ist besonders bei N und V erkennbar. Ausgeprägte Sporen an den Schaft-, Balken- und Bogenenden sind vorhanden, nicht jedoch ein Abschlussstrich. Eine Verwendung zweier verschiedener Formen ist nur für das E festzustellen, das in einem Fall unzial (mit verkürztem mittleren Balken) ausgeführt ist. A kommt ausschließlich leicht trapezförmig mit Deckbalken, M nur in der vorn geschlossenen unzialen Form vor. Die Worttrennung erfolgt durch kleine gravierte Kreise. Die Schriftausführung ist nicht überall gelungen: Die Abstände zwischen den Buchstaben, ihre Höhe und die Zeile schwanken leicht.

Eine Sonderstellung innerhalb des Bestandes nimmt die so genannte Sapientia-Schale ein, eine runde, flache Schale mit einem umfangreichen Text-Bild-Programm (Nr. 15). Die mit zahlreichen Fehlern im Text behafteten Inschriften sind mit fast zeichnerischer Nachlässigkeit graviert und an vielen Stellen ungeschickt verteilt. Die Schrift ist mit Ausnahme des durchgängig [Druckseite 58] unzialen E und des leicht eingerollten G rein kapital bestimmt, weist aber dennoch vielfältige Varianten eines (kapitalen) Buchstabens auf. Spitzes und trapezförmiges A mit geradem oder gewelltem Deckbalken wechseln sich ab. R hat eine gerade, gebogene oder geschwungene Cauda, die am Schaft oder am Bogen ansetzt und diesen berührt oder auch nicht. S ist oft aus zwei gegenläufigen, ineinander geschobenen Bögen gebildet, die sich nicht berühren. Auch Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen sind erkennbar, finden aber nicht immer an den richtigen Stellen statt. Im Unterschied zu den zuvor vorgestellten Objekten, die im Kontext der Messfeier bzw. der Reliquienverehrung entstanden, scheint die korrekte Ausführung der Schrift bei der Sapientia-Schale eine nachrangige Rolle gespielt zu haben.

Das späteste Beispiel für eine Inschrift in romanischer Majuskel im Xantener Inschriftenbestand war Teil einer nach 1228 ausgeführten, heute verlorenen Wandmalerei in der Dionysiuskapelle (Nr. 16). Die Schrift ist rein kapital geprägt, die Proportion der Buchstaben eher schmal. Es sind nur schwache Tendenzen zur Flächigkeit in Form von Bogenschwellungen und Sporen an den Bogenenden erkennbar. Das Beispiel belegt, dass gemalte Inschriften durchaus nicht, wie aufgrund ihrer Nähe zur Auszeichnungsschrift in den Codices lange angenommen, Vorreiter der epigraphischen Schriftentwicklung sein müssen, sondern sogar ausgesprochen konservative Züge tragen können.

Die inschriftliche Überlieferung in Xanten ist für die hochmittelalterliche Zeit also gering. Aus dem 11. Jahrhundert sind nur vier in Stein gehauene Inschriften des Totengedenkens erhalten, aus dem 12. Jahrhundert vier Reliquiare, dazu eine Schale. Wenn auch in sehr begrenztem Maße Vergleiche der Stücke untereinander möglich sind – gerade bei den vermutlich vor Ort entstandenen Inschriften auf Memorien- und Grabsteinen –, so kann der Beitrag des Xantener Inschriftenbestandes zur Entwicklung der epigraphischen Schrift von der Kapitalis zur romanischen Majuskel und weiter zur gotischen Majuskel nicht groß sein. Für das 13. Jahrhundert sind gar nur zwei Objekte mit (gemalten) Inschriften erhalten, von denen das eine, die bereits erwähnte Wandmalerei in der Dionysiuskapelle (Nr. 16), ungewöhnlich konservative Schrift trug, das andere, die Skulptur des Verkündigungsengels im Hochchor (Nr. 18), übermalt ist. Erst für das 14. Jahrhundert ist die Überlieferung etwas umfangreicher, sie umfasst einen kleinen Bestand von acht Inschriftenträgern mit gotischer Majuskel.226) Im Einzelnen handelt es sich um einen Grabstein, eine Glocke, die Silbermanschette an einer Tragestange für Vortragekreuze, ein Ziborium, eine Stola mit Manipel sowie drei Glasgemälde.

Mit der gotischen Majuskel wird die Loslösung vom Vorbild der antiken Kapitalis fortgesetzt und die epigraphische Schrift zu einem neuen Form- und Stilempfinden weiterentwickelt.227) Das drückt sich im höheren Anteil runder Formen bei reduzierter Formenvielfalt sowie durch eine gesteigerte Flächigkeit und Spannung der Buchstaben aus, die durch Bogenschwellungen, keilförmige Verbreiterungen der Schaft- und Balkenenden und die Verlängerung der Sporen ggf. bis zum Abschluss der Buchstaben (vor allem bei C, E, M, N oder U) erreicht wird. Diese Charakteristika sind im Xantener Inschriftenbestand des 14. Jahrhunderts unterschiedlich ausgeprägt. Insgesamt ist festzustellen, dass sich die unzialen Formen bei E und H durchgesetzt haben. Auch das N ist meist rund, wobei der Bogen fast durchgängig am freien Ende nach rechts umgebogen ist. G ist eingerollt, A wird entweder pseudounzial oder trapezförmig mit Deckbalken gestaltet. In der Zusammensetzung der Formen und in der stilistischen Ausführung sind allerdings Unterschiede ersichtlich, die auch das Niveau der jeweiligen Inschrift widerspiegeln.

Dass der Graveur der Stifterinschrift auf der Tragestange für Vortragekreuze (Nr. 21) Schwierigkeiten bei der Anbringung der Inschrift hatte, manifestiert sich bereits in der schwankenden Buchstabenhöhe, den Abweichungen der Schrift von der Grundlinie und der teils ungelenken Ausführung der Buchstaben. Die runden Formen beschränken sich hier auf E und H, auch das in den übrigen Inschriften rund ausgeführte N ist hier kapital. In diesem Punkt unterscheidet sich die Inschrift von einem Vergleichsstück, der Umschrift auf dem Thesaurarsiegel des Stifters, die möglicherweise als Vorlage diente oder aus derselben Werkstatt stammt. Auch bei der mit kräftigen Schäften und Bogenschwellungen ausgeführten Grabbezeugung für den Priester Peter von Wederich (Nr. 22) sind erhebliche Schwankungen der Buchstabenhöhe zu beobachten. Auffällig sind das D mit sehr kurzem Schaft und von diesem ausgehenden, waagerecht verlaufenden Bogenenden, [Druckseite 59] W aus zwei ligierten V mit gemeinsamem Rechtsschrägschaft sowie A mit parallelen Schäften und Deckbalken. Gegen Ende werden die Buchstaben zunehmend ungelenk, die Bögen eckiger. Dass ursprünglich die Ausführung der Inschrift als flächige Konturschrift mit dem systematischen Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen geplant war, zeigt eine Vorzeichnung der ersten Zeile, die auf demselben Stein auf dem Kopf stehend erhalten ist.

Sehr viel qualitätvoller ist die Ausführung der gestickten Inschriften auf einer (verlorenen) Stola (Nr. 24). Das eingerollte G, unziales E, pseudounziales A, offenes R und rundes T sind wohlproportioniert. Die Bögen, die Cauda des R, der Schrägschaft des A und der geschwungene Balken des T tragen Schwellungen, die mit feinstrichigen Balken (bei A), Bogenenden und Abschlussstrichen (bei E) kontrastieren. Ein hohes Niveau weist auch die mit Hilfe von Modeln hergestellte Inschrift der Katharina-Glocke (Nr. 23) auf. Für sie wurde mit unzialen E, H und U, pseudounzialem A, runden N und T sowie eingerolltem G die ganze Palette runder Buchstabenformen verwendet,228) C, E und U sind abgeschlossen. Die Bögen tragen deutliche Schwellungen, ebenso der linke Schrägschaft des A und die senkrecht verlaufende Cauda des R. Die unteren Bogenenden von H, N und R sind nach rechts umgebogen und laufen in einem feinen Zierbogen aus. Bemerkenswert ist zudem die Verlängerung des I durch einen Zierstrich bis unter die Grundlinie. Buchstabenformen und -größe haben zusammen mit Dreipunktstäben als charakteristischen Worttrennern eine Zuordnung der Glocke zur Werkstatt des Kölner Gießers Heinrich von Oedt ermöglicht.229)

Ebenfalls von hoher Qualität sind die Inschriften der Glasgemälde.230) Zwei Scheiben im Hochchor zeigen die Geburt Christi und die Anbetung der Könige (Nr. 20). Die Bildbeischriften sind in einer flächigen, voll entwickelten gotischen Majuskel ausgeführt, die mit unzialem H, M und U sowie rundem N und T und pseudounzialem A annähernd durchgängig runde Formen aufweist. Neben E, U und symmetrischem unzialem M ist auch das kapitale F mit einem Abschlussstrich versehen. Ganz ähnlich zu beurteilen ist die Schrift auf dem von Everhard Hagedorn gestifteten Fenster (Nr. 25). Unziale E und U sowie C sind geschlossen. Auch H ist unzial, N und T sind rund ausgeführt. Beide Schrägbalken des trapezförmigen A sind leicht gebogen, wobei der rechte keilförmig verbreitert, der linke hingegen dünnstrichig ausgeführt ist. Die Flächigkeit der Buchstaben wird durch ausgeprägte Bogenschwellungen, teilweise bei gerader Innenkontur, betont. Der dünne Deckbalken des A, die sehr feinen Abschlussstriche und Sporen, ebenso die kleinen Zierbögen an den offen Enden von Bögen und Cauden sowie Nodi an einigen Schäften und Zierpunkte an den Sporenenden bilden dazu einen deutlichen Kontrast.

Eine Sonderstellung nehmen die Buchstaben auf den Roteln des Nodus an einem Turmziborium ein (Nr. 27). Die erhaben auf schraffiertem Grund gearbeiteten Buchstaben des Kreuztitulus haben eine in hohem Maße ornamentale Funktion, der die Sporen in Form pfeilförmiger Ansätze an die Schaftenden geschuldet sein dürften. Das N ist rund, R hat eine kräftige, z-förmige Cauda.

5.2. Gotische Minuskel

Mit der gotischen Minuskel fand im 14. Jahrhundert erstmals eine Kleinbuchstabenschrift für Inschriften Verwendung, die der Textura der Buchschrift entspricht.231) Kennzeichnend ist die Brechung der Schäfte und Bögen, die bei entsprechender Proportionierung der Schäfte ein gitterartiges Schriftbild erzeugen kann. Etwa ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts werden vereinzelte Wortanfänge als Versalien ausgeführt, die aus Majuskelschriften, meist der gotischen Majuskel, übernommen werden. In Xanten setzte sich die gotische Minuskel rasch durch und blieb, unabhängig vom Material der Inschriftenträger und von der Herstellungstechnik der Inschriften, bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts die dominierende Schrift. In diesem Zeitraum verändern sich die Gemeinen nur wenig und vor allem nicht linear. Zwar sind breiter und schmaler proportionierte Schriften überliefert, solche, die deutlich erkennbare gebrochene Bogenabschnitte und Schaftenden aufweisen, und andere, bei denen diese Elemente zu Quadrangeln reduziert sind. Eine generelle Entwicklung von einer besser lesbaren gotischen Minuskel mit klar unterscheidbaren Buchstaben hin zu einer schmalen, gitterartigen Schrift in der Spätphase ist jedoch im Xantener [Druckseite 60] Bestand nicht nachzuvollziehen. Vielmehr wird bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts kaum eine gitterartige Schrift verwendet. Ein Wandel ist eher bei der Wahl der Versalien festzustellen, bei der man im 16. Jahrhundert zuweilen neue Lösungen findet.

Da der Xantener Bestand zahlreiche Inschriften auf Objekten der Kirchenausstattung oder des Kirchenschatzes enthält, ist nicht verwunderlich, dass diese auch die frühesten Beispiele für die gotische Minuskel tragen. Die älteste Inschrift in gotischer Minuskel ist auf dem Wandgemälde des alten Katharinen- und Lambertusaltars überliefert, das in den Anfang des 14. Jahrhunderts datiert wird (Nr. 19). Es ist in sehr schlechtem Zustand erhalten, doch lassen Detailfotos Reste einer Bildbeischrift in einer gotischen Minuskel mit doppelstöckigem a und verhältnismäßig kurzen Oberlängen erkennen. In nennenswertem Umfang kennen wir Beispiele der gotischen Minuskel erst ab dem zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts. Die frühe Datierung der Malerei bedeutet, dass die Bildbeischrift – sofern sie gleichzeitig mit der Malerei angebracht wurde – ein sehr frühes Beispiel für eine gotische Minuskel darstellt, erklärbar vielleicht aus der technischen Nähe gemalter Inschriften zur Buchschrift.232) Anfang des 15. Jahrhunderts wurde das Wandgemälde des Dreikönigenaltars angebracht (Nr. 35). Die Zierelemente, die für die Namensbeischriften der heiligen Könige verwendet wurden, finden sich auch an den Stifterinschriften der 1435 bzw. 1437 errichteten Chorschranken (Nr. 39): feine Zierbögen, Quadrangel als Worttrenner sowie feine parallele Zierstriche zwischen den gebrochenen Bögen von m bzw. n. Darüber hinaus sind die Versalien aus der gotischen Majuskel an den Chorschranken durch eingestellte Zierstriche oder Rankenornament gefüllt.

An einer etwa zwischen 1370 und 1380 angefertigten Hostienmonstranz wurden zwei Inschriften in gotischer Minuskel angebracht, die eine einfach, die andere in Konturschrift auf schraffiertem Grund graviert (Nr. 28). Stilistisch weisen sie deutliche Unterschiede auf. In der einfach gravierten Inschrift Ecce panis Angelorum, die auf die unmittelbar darüber ausgestellte Hostie hinweist,233) sind die gebrochenen Bogen- und Schaftenden auf ein Quadrangel reduziert, der Balken des e ist als steil rechtsschräg verlaufender, unten nach rechts umgebogener Strich ausgeführt. Bei den in Konturschrift ausgeführten Stifternamen hingegen ist der schmale Balken des e bis zum Schaft (eigentlich bis zum senkrechten Teil des gebrochenen Bogens) herangeführt und alle umgebrochenen Bogenabschnitte sind als solche gut erkennbar. Der Hymnenvers dürfte zur Grundausstattung der Monstranz gehört haben, während die Stifternamen und das Wappen individuell bestellt wurden.

Zu den gravierten Inschriften in gotischer Minuskel gehört auch der Titel auf dem Einband der Historia Xantensis (Nr. 38). Die Schrift zeigt noch keine Reduktion der gebrochenen Schaft- und Bogenenden zu Quadrangeln. Die schlicht ausgeführten Versalien C und E, die (im Unterschied zum X-Versal) kaum größer sind als die Gemeinen, sind nur durch einen in den Bogen eingestellten Zierstrich als Großbuchstaben erkennbar. Die Ligatur von ct, ci und st (mit Schaft-s) lässt Verbindungen zur Buchschrift erkennen.

Mit fetten Schäften und (gebrochenen) Bögen graviert ist der Herstellungsvermerk an dem 1501 in Maastricht gegossenen Leuchterbogen (Nr. 81). Der behäbige Duktus der breit proportionierten Schrift wird durch ihre Ausführung in Kontur verstärkt. Die kurzen Oberlängen sind – mit Ausnahme der Oberlänge des stumpf endenden, noch ins Mittelband gezwängten d – an den Enden zu schmalen, beidseitig leicht gebogenen Sporen geformt. Als Versal wird ein offenes unziales D verwendet.

Schlanker und eleganter präsentieren sich die Inschriften an den beiden 1509 gestifteten Standleuchtern (Nr. 84), obwohl auch diese in Konturschrift ausgeführt sind. Die Oberlängen ragen deutlich über das Mittelband hinaus, ebenso die Unterlänge des j und der Zierbogen bei h. Das Schluss-s ist als Bandminuskel ausgeführt.

Die älteste in Stein gehauene Inschrift in gotischer Minuskel im Xantener Bestand steht auf einem Basaltkreuz, das an einen Mord im Jahr 1414 erinnert (Nr. 36). Die Tat liefert den Terminus post quem, doch lässt die Schrift mit deutlichen, gespaltenen Oberlängen, Schaftverlängerungen bei v und w und symmetrischem unzialem M als Versal auch eine deutlich spätere Ausführung erst in der Mitte oder der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu. Indizien für eine engere zeitliche Eingrenzung fehlen jedoch.

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Für Kirche und Kreuzgang der ehemaligen Stiftskirche St. Viktor ist ein Bestand von 17 Grabplatten sowie 48 Epitaphen234) aus dem Bearbeitungszeitraum überliefert. Etwa ein Drittel trägt Inschriften, die erhaben aus dem eingetieften Grund herausgearbeitet sind. Innerhalb dieser Gruppe wiederum stechen die vier ältesten im Original erhaltenen Epitaphien aufgrund auffälliger Parallelen im Layout und in der Schriftgestaltung hervor, die auf dieselbe – vermutlich lokale – Werkstatt hinweisen.235) Alle vier Denkmäler tragen Sterbevermerke in einer erhaben herausgearbeiteten gotischen Minuskel. Die in Prosa abgefassten Sterbevermerke für Johannes Smeds (Nr. 49) und Arnold Bols und Margarete Saerbruggen (Nr. 56) sind in einer eher schlichten, leicht gedrungen wirkenden Schrift ausgeführt. Beide Inschriften ähneln sich im Duktus und in Details, zeigen etwa dieselbe Form des A-Versals aus der gotischen Majuskel und sehr ähnliche Zierbögen am m. Es sind aber auch Unterschiede feststellbar, etwa hinsichtlich der Verwendung des oben offenen doppelstöckigen und des kastenförmigen a oder der Ausprägung der Oberlängen, die allerdings auch dem zur Verfügung stehenden Raum in den unterschiedlich hohen Zeilen geschuldet sein mag. Bei den metrischen Inschriften für Gerhard Vaeck (Nr. 50) und Hermann Smacht (Nr. 51) legte man besonderen Wert auf die ornamentale Wirkung der Schrift. Dazu tragen vor allem aufwändig gestaltete, aus der gotischen Majuskel entwickelte Versalien am Zeilen- und Versbeginn bei, die mit Maßwerkornament gefüllt und mit Zierbögen versehen sind und Initialen der Buchmalerei nahestehen. Der genaue Vergleich dieser beiden Inschriften ergibt auch hier geringfügige Unterschiede in der Zahl und Gestaltung der Zierbögen und -ranken an den Gemeinen.

Die Versalien sind auch das markanteste Merkmal der mit schmaler Kerbe eingehauenen Schrift am Epitaph für Philipp Schoen (Nr. 57): Sie sind ebenfalls aus der Buchschrift übernommen, ihre Schäfte und Bögen durch Brechung aufgelöst und neu zusammengesetzt und durch Schleifen und Kontraschleifen ornamentiert. Es sei erwähnt, dass sich eine ähnliche Form auch an dem von Philipp Schoen gestifteten Antependium findet (Nr. 58).

Die Schriftplatte zum Epitaph für vier Mitglieder der Familie van Orsoy, die zwischen 1482 und 1543 verstorben waren (Nr. 126), wurde 1543 nach dem Tod des Priesters Lambert van Orsoy angefertigt. Sie zeigt eine für die späte Entstehungszeit altertümliche, mit tiefer dreieckiger Kerbe sorgfältig gehauene und dekorativ gestaltete, gut lesbare gotische Minuskel. Die ausgeprägten Oberlängen sind gespalten, ebenso die Unterlänge des p. Kastenförmiges und offenes doppelstöckiges a alternieren, Bogen-r wird gegenüber dem Schaft-r bevorzugt. Für die Versalien werden Formen der gotischen Majuskel verwendet: symmetrisches unziales M mit Abschlussstrich, eingerolltes G mit senkrechtem eingestelltem Zierstrich, I-longa mit links angesetzten Zierhäkchen und nach unten verlängert. Ebenfalls als Versal dürfte ein vergrößertes, besonders breit und tief gehauenes l zu verstehen sein, das durch einen Haarstrich mit angesetzten Zierhäkchen verdoppelt ist.

Noch einige Jahre später (1558) entstand die Schrifttafel zum Epitaph für Gerhard van Haeffen und Everhard Maess (Nr. 162). Die schmalen Gemeinen weisen recht kurze, gespaltene Oberlängen auf. Die Versalien stammen aus der Kapitalis und sind kaum größer ausgeführt als die Gemeinen. A, F und M (mit parallelen Außenschäften und kurzem Mittelteil) sind schmal, offenes D, O und P hingegen mit großen Bögen breit proportioniert. Zweimal finden Kapitalisbuchstaben in gleicher Größe auch am Wortende Verwendung, darunter einmal das S, das somit am Wortende in drei Varianten vorkommt: als Kapitalisbuchstabe, als rundes und – gegen die Regel – als Schaft-s der gotischen Minuskel. Die Mischung der gotischen Minuskel mit runden Elementen – an der Unterlänge des g und bei den Versalien – ist bereits am Epitaph für Dietrich Born von 1545 (Nr. 128) zu beobachten.

Von den 17 Grabplatten aus St. Viktor, die für den Bearbeitungszeitraum überliefert sind, sind nur elf in einem Zustand erhalten, der Aussagen über die Schrift erlaubt. Sie stammen frühestens aus dem 16. Jahrhundert, und angesichts der späten Entstehungszeit dieser Platten überrascht es nicht, dass lediglich zwei von ihnen eine Umschrift in gotischer Minuskel, die übrigen neun hingegen Inschriften in Kapitalis tragen. Allerdings bezeugt der umfangreiche Bestand an Epitaphien, dass die gotische Minuskel in Xanten durchaus bis über die Mitte des 16. Jahrhunderts hinaus gerne als epigraphische Schrift verwendet wurde. Die beiden Grabplatten mit gotischer Minuskelschrift tragen qualitätvoll gearbeitete Umschriften. Auf der Grabplatte für Nikolaus Tzijl von 1519 (Nr. 89) erhält die erhabene Umschrift durch leicht nach innen gebogene gebrochene [Druckseite 62] Bogenabschnitte eine dynamische Note. In einigen Fällen sind die Schäfte zweier benachbarter Buchstaben aneinander gerückt und erscheinen als Schaft in doppelter Breite. Von herausragender Qualität ist die Schrift auf der Grabplatte für den 1540 verstorbenen Sibert von Riswick (Nr. 120). Sie verläuft umlaufend zwischen begrenzenden Friesen auf einer gegossenen Messingleiste und ist in einer kunstvollen Bandminuskel ausgeführt. Wo Schäfte, Balken und Bögen sich kreuzen, wirken sie wie ineinandergesteckt, wodurch der Eindruck von Dreidimensionalität entsteht. Die Gemeinen entsprechen dem Idealbild der gotischen Minuskel und sind durch gespaltene Oberlängen und Zierbögen zurückhaltend ornamentiert. Die Versalien aus der gotischen Majuskel sind in doppelten Linien ausgeführt und durch Bänder (bei M), Kontraschleifen und Gitterornament (bei A) oder eingestellte Schäfte (bei O) und Bögen (bei C) besonders hervorgehoben. Parallelen zu zwei Messingepitaphien in St. Maria im Kapitol in Köln236) legen die Vermutung nahe, dass die Messingeinlagen dort entstanden sind.237)

Zwischen dem Ende des 14. Jahrhunderts und 1537 wurden für Xantener Kirchen neun Glocken mit einer Inschrift in gotischer Minuskel gegossen,238) sechs davon für St. Viktor. Eine kleine Ave-Maria-Glocke vom Ende des 14. oder Beginn des 15. Jahrhunderts (Nr. 31) trägt eine Inschrift mit fetten Schäften und klar ausgeprägten umgebrochenen Schaft- und Bogenenden. Dass die Schrift noch dem Zweilinienschema verhaftet ist und nur schwach ausgeprägte Ober- und Unterlängen aufweist, ist angesichts der Einbettung des Schriftbandes zwischen begrenzende Stege nicht überraschend.

1450 wurden die Große Viktor- und die Johannes-Glocke gegossen. Als Gießer der Viktor-Glocke (Nr. 40) ist Wilhelm von Arnheim durch eine Meisterinschrift gesichert, für die Johannes-Glocke (Nr. 41), die keinen Namen, aber dasselbe Wappen trägt, dürfte dasselbe zutreffen. Auch die Inschriften dieser beiden Glocken sind in einer gotischen Minuskel mit kurzen Oberlängen ausgeführt, als Worttrenner dienen Quadrangel. Die Schriftqualität der Großen Viktor-Glocke leidet unter mehreren Gussfehlern. Von sehr viel höherer Qualität ist die Helena-Glocke des Gießers Wilhelm van Wou von 1461 (Nr. 46). Erwähnenswert sind links angesetzte Zacken an den langen Schäften (bei l und Schaft-s), ein charakteristisches l, das oben in einem Dreispitz mit umgebogener rechter Spitze endet, und ein Zierstrich an der Fahne des r, der in ein kleeblattähnliches Ornament übergeht. Die Glockeninschrift weist Parallelen auf zu der Schrift auf den Glocken von Wilhelms Sohn Gerhard van Wou – etwa die Verlängerung des linken und des mittleren Schafts beim w im Familiennamen –, ebenso jedoch Unterschiede im Detail. Es handelt sich also nicht um denselben Modelsatz. Auch Gerhard van Wou war für die Stiftskirche tätig, er goss 1495 die Anna- und Antonius-Glocke (Nr. 59). Sie wurde 1945 zerstört, doch lassen vier erhaltene Scherben und einige Abgüsse Rückschlüsse auf die Schrift zu, die auch für eine Glocke in St. Lamberti in Münster verwendet wurde.239) Die Oberlängen der schlanken Minuskel reichen deutlich über das Mittelband hinaus und enden gespalten. Der Balken des e ist zu einem geschwungenen, oben über den abgeknickten oberen Bogenabschnitt hinaus verlängerten Bogen umgearbeitet. Auch r und der gebrochene Bogen des h tragen Zierstriche bzw. -bögen. Die hervorragende Qualität der Schrift wie auch der Glocke insgesamt bestätigt Gerhard van Wous Ruf als herausragender Gießer des Mittelalters.

Vier der erhaltenen Xantener Glocken aus dem Bearbeitungszeitraum wurden nicht für den Dom, sondern für Kirchen in den 1969 eingemeindeten Ortsteilen Wardt und Vynen gegossen. St. Willibrordus in Wardt erhielt 1487 eine Marienglocke (Nr. 53) und eine Willibrordusglocke (Nr. 54), die beide von dem ansonsten bislang nicht nachgewiesenen Gießer Johann Kersten gegossen wurden. Bemerkenswert ist bei beiden Glocken die für eine Höhe von 86 bzw. 91 cm und einen Durchmesser von 106 bzw. 113 cm ungewöhnlich kleine, nur 1,5 cm hohe Schrift. Sehr breite Linien und teilweise stumpf endende, kurze Oberlängen sorgen für einen gedrungen wirkenden Duktus. Auffälligster Buchstabe auf der Willibrordusglocke ist das runde s, bei dem die senkrechten Bestandteile der gebrochenen Bögen in der Buchstabenmitte nicht umgebrochen sind; stattdessen sind die beiden Teile des oberen gebrochenen Bogenabschnitts durch einen Schrägbalken verbunden, der den unteren Bogen nicht berührt.

[Druckseite 63]

In der Pfarrkirche St. Martinus in Vynen hängen zwei Glocken, die 1499 von einem unbekannten Gießer vermutlich für das Benediktinerinnenkloster Hagenbusch gegossen wurden. Die kleinen Glocken sind Maria (Nr. 60) bzw. dem hl. Servatius (Nr. 61) geweiht und tragen einzeilige Umschriften in kleinen, 1,5 cm hohen Buchstaben. Auch hier sind die Oberlängen sehr kurz, enden aber bei h und t gespalten und eingerollt. Typische Merkmale einer späten gotischen Minuskel sind das kastenförmige, unten offene a und lang ausgezogene Zierstriche an der Fahne des r sowie an den Balken von f und t. Obwohl neben der Inschrift Siegel, Medaillons und Trennzeichen verwendet werden, konnte der Gießer bislang nicht identifiziert werden.

Auch die 1649 eröffnete evangelische Kirche in Xanten erhielt noch im selben Jahr eine kleine Glocke (Nr. 115), die 1537 von Segewin Hatiseren für ein Augustinerkloster (vermutlich Kloster Marienthal in Hamminkeln, Kreis Wesel) gegossen worden war. Die nur 1,5 cm hohen Gemeinen sind für das Gussjahr sehr konservativ, sie haben kurze Oberlängen, umgebrochene Schaft- und Bogenenden, die nicht zum Quadrangel reduziert sind, und das doppelstöckige a. Im Kontrast dazu stehen die sehr großen, mit Schleifen, Kontraschleifen und Flechtornament äußerst dekorativ gestalteten Versalien, die aus der gotischen Majuskel abgeleitet sind und Buchinitialen nahestehen.

5.3. Frühhumanistische Kapitalis

Als Mischschrift, die aus verschiedenen Majuskel- und zuweilen auch Minuskelschriften schöpft, ist die sogenannte frühhumanistische Kapitalis eine Schrift des Übergangs. Tatsächlich ist sie in Xanten auf einen vergleichsweise kurzen Zeitraum, nämlich in etwa auf die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts, und auf eine kleine Zahl von acht überlieferten Beispielen beschränkt. In fünf Fällen sind die Inschriften gemalt (Nr. 73, 98, 105, 107, 112), auf drei Trägern sind sie am Gewandsaum dargestellter biblischer Personen angebracht (Nr. 73, 86, 105).240) Beides ist wohl der dekorativen Wirkung dieser Schrift geschuldet. Zu den typischen Buchstabenformen, die regelmäßig in frühhumanistischen Kapitalisschriften verwendet werden, gehören A mit breitem Deckbalken und meist gebrochenem Mittelbalken, offenes kapitales oder unziales D, epsilonförmiges (= zweibogiges) oder unziales E, M mit schrägen Außenschäften, retrogrades N und mandelförmiges O.

Auf der bemalten Innenseite des linken Annenflügels ist die frühhumanistische Kapitalis für eine Buchstabenreihe am Rahmen des Konvexspiegels an der Wand verwendet worden (Nr. 98). Bemerkenswert sind dort die bis über die Schäfte hinaus ragenden Mittelbalken von A und H, wobei der Balken des A gebrochen, der des H geschwungen und in der Mitte ausgebuchtet ist. Das A mit Deck- und gebrochenem Mittelbalken findet sich auch an einer Gewandsauminschrift auf einem Glasgemälde mit Heiligen, das wegen des geringen Buchstabenbestandes ansonsten wenig aussagekräftig ist (Nr. 105). Beide Malereien stammen aus den 1520er Jahren. Etwas jünger ist das Retabel des Matthiasaltars (Nr. 107, 1531) mit dem Gruß des Engels an Maria in frühhumanistischer Kapitalis. Neben dem typischen A tragen offenes kapitales D, epsilonförmiges E, M mit schrägen Außenschäften und mandelförmiges O mit Zierpunkten am Fuß- und am Scheitelpunkt zum markanten Schriftbild bei. Der Schaft des I und der Schrägschaft des N sind ausgebuchtet. Der Schaft des T ist in Form eines länglichen Dreispitzes geformt, dessen beide untere Spitzen nach oben eingerollt sind. Das sogenannte Passionsfenster von 1535 (Nr. 112) trägt am unteren Rand der Darstellung eine dekorativ gestaltete Stifterinschrift in frühhumanistischer Kapitalis. Der original erhaltene Teil zeigt epsilonförmiges E, dessen mittlere Bogenenden umgebogen sind, spitzovales O und einen ausgebuchteten Kürzungsstrich. Der Schaft des L ist über die Zeile verlängert und gespalten. Den als Haarstrich ausgeführten Schrägbalken des N durchschneiden zwei feine, parallele Striche. Schäfte und Bögen sind von parallel verlaufenden Haarstrichen begleitet.

Zwischen 1500 und 1509 entstanden die Skulpturen der Apostel Petrus, Paulus und Johannes Evangelist für das Südportal des Domes mit ihren Gewandsauminschriften sowie die dazugehörigen Figurensockel, darunter ein Sockel mit einem Sterbevermerk (Nr. 86). Im Unterschied zu den bislang erwähnten Inschriften in frühhumanistischer Kapitalis sind diese Texte nicht gemalt, sondern in Stein eingehauen. Die Inschriften bieten eine breite Palette charakteristischer Formen der frühhumanistischen Kapitalis, unter anderem halbunziales B, offenes D, N mit eingezogenem Schrägbalken (nur im Sterbevermerk); epsilonförmiges E, im Sterbevermerk mit einem Abschlussstrich; H mit gebrochenem Balken (im Sterbevermerk) bzw. mit ausgebuchtetem Balken (bei der Johannes-Inschrift); retrogrades N mit Haarstrich als Schrägbalken (nur in der Beischrift zum [Druckseite 64] Evangelisten Johannes); P mit sehr großem Bogen (bei der Petrus-Inschrift). Ein über die Zeile hinaus verlängerter Schaft des L wurde schon im Zusammenhang mit der Stifterinschrift des Passionsfensters (Nr. 112) erwähnt und findet sich auch bei der Gewandsauminschrift des Paulus. Besonders bemerkenswert sind zwei Buchstaben aus dem griechischen Majuskelalphabet, die in die Inschrift am Gewandsaum des Paulus eingearbeitet sind. P ist dort durch Π (Pi), C durch Γ (Gamma) ersetzt. Gamma steht vermutlich auch im Sterbevermerk, der an einem der Figurensockel des Portals angebracht ist, doch ist der Befund dort nicht sicher. Deutlich erkennbar ist der stilistische Unterschied zwischen dem mit gleichbleibend schmaler Kerbe gehauenen, statisch wirkenden Sterbevermerk aus einer Xantener Werkstatt einerseits und den Gewandsauminschriften andererseits, die mit kräftiger, zu den Schaft- und Balkenenden hin deutlich verbreiterter Kerbe gehauen und wohl – wie die Apostelfiguren selbst – einer Werkstatt in einem der regionalen Zentren zuzuschreiben sind.

Zwei weitere Inschriftenträger mit frühhumanistischer Kapitalis gehören streng genommen in den Bereich der Träger aus serieller Herstellung. Eine Beckenschlägerschüssel, deren Inschriften aus Negativen geschlagen wurden, dient heute als Deckel einer Taufschale (Nr. 143). Sie zeigt A mit breitem Deck- und gebrochenem Mittelbalken, das epsilonförmige E, I mit Nodus sowie retrogrades N. Unziales D sowie Nodi am Schaft des I und am Schrägbalken des N weist eine gusseiserne Ofenplatte auf (Nr. 160).

5.4. Neuzeitliche Kapitalis

Annähernd die Hälfte der Xantener Inschriftenträger ist mit Inschriften in (moderner) Kapitalis ausgestattet. Dieser Befund entspricht einerseits dem zahlenmäßigen Übergewicht neuzeitlicher – also ab etwa 1500 entstandener – Träger im Bestand, unterstreicht aber auch die Bedeutung der Kapitalis als epigraphischer Schrift seit dem 16. Jahrhundert. Neben einigen Bauinschriften und den Inschriften an den von Berendonck gestifteten Kreuzwegstationen (Nr. 114) sind es vor allem die Grabplatten und Epitaphien im Bereich des Domes241), die mit eingehauenen oder erhaben herausgehauenen242) Kapitalisinschriften ausgestattet sind. Die Technik des Heraushauens der Schrift aus dem leicht eingetieften Grund erzeugt zwangsläufig eine eher breite Strichführung und hat bei den Xantener Beispielen zu einer solide gearbeiteten, aber wenig eleganten Kapitalis geführt. Selbst die sprachlich anspruchsvolle und sorgfältig herausgehauene Versinschrift an der Kreuzigungsstation des Berendonckschen Kreuzwegs (Nr. 114) lässt Qualitätsmerkmale wie eine Unterscheidung von Haar- und Schattenstrichen, Bogen- und Linksschrägenverstärkungen vermissen. Typische Schriftmerkmale sowohl bei den erhabenen als auch bei den eingehauenen Inschriften sind das ganze 16. Jahrhundert hindurch das M mit schrägen Außenschäften und kurzem Mittelteil, R mit nach außen gebogener Cauda und annähernd gleich große Bögen bei B. Weit verbreitet sind Probleme mit der Buchstabensymmetrie bei A, M, V usw. Der Bogen des C ist vielfach nicht richtig ausgerundet, die Bogenabschnitte des S sind häufig verschoben. Eine ganze Reihe von Inschriften weist das nachmittelalterlich wenig gebräuchliche E mit drei gleich langen Balken auf.243)

Auch bei den Grab- und Gedenkinschriften lassen sich zwischen einzelnen Trägern Parallelen in der Schrift feststellen, die vielleicht auf bestimmte Steinmetze bzw. Steinmetzwerkstätten hindeuten. Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass die Schrifttafeln häufig separat gefertigt und vielfach wohl nachträglich unter dem Bildepitaph angebracht wurden, wobei man für die Ausführung der Inschrift eher an lokale Werkstätten denken wird, während die Bildreliefs aus regionalen Werkstätten stammen dürften.244) Die Inschriften auf den Epitaphien für Martin Steenhoff (Nr. 129), Georg Hezeler (Nr. 130), Balthasar Vulturius (Nr. 136) und seinen Bruder Friedrich (Nr. 146) haben neben den erwähnten, vielfach belegten Formen von B, E und M auch H mit ausgebuchtetem Balken sowie A mit gebrochenem Mittelbalken gemeinsam. Während der Deckbalken des A beim Epitaph Hezeler beidseitig übersteht, ragt er bei den Epitaphien für die Brüder Vulturius nur zu einer Seite, die Inschrift für Steenhoff weist beide Varianten auf. Man wird hier an die Herstellung der vier Schrifttafeln in derselben (Xantener?) Werkstatt denken. Die Grabplatten für Johannes Viersen (Nr. 155) und Johann Hisfelt (Nr. 174) weisen hinsichtlich des [Druckseite 65] Materials, der Ornamentik und des Layouts der Schrift signifikante Übereinstimmungen auf. Die Schrift allerdings unterscheidet sich – obwohl in beiden Fällen erhaben herausgehauen – erkennbar voneinander: M mit schrägen Außenschäften sowie ausgerundeter Bogen des C (Viersen) stehen M mit parallelen Außenschäften und C und G mit seitlich abgeflachtem Bogen (Hisfelt) gegenüber. Auffällig hoch angesetzt ist der Mittelbalken des A bei der Viersen-Platte. Die Inschriften scheinen demnach nicht von derselben Hand gefertigt worden zu sein. Vergleichsmöglichkeiten zur Grabplatte für Johannes Viersen bietet auch sein Epitaph (Nr. 155). Es zeigt zwar ebenfalls das M mit schrägen Außenschäften, aber keine ovalen O und Q wie die Grabplatte, sondern kreisrunde, dazu einen tieferen Mittelbalken bei A und einen ausgebuchteten Kürzungsstrich. M mit parallelen Außenschäften und kurzem Mittelteil sowie schmale Bögen bei C und D finden sich hingegen im Setzungsvermerk am Epitaph für drei Mitglieder der Familie Platea (Nr. 123) und an den Epitaphien für Katharina Hagens (Nr. 196) und Theodor Hanen (Nr. 199) aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts.

Aus dem insgesamt recht einheitlichen Schriftbestand ragen einzelne Inschriften heraus, etwa die Inschrift am Epitaph für Gotfrida van Bemmel von 1554 (Nr. 157), die zu den qualitätvollsten Kapitalisinschriften des 16. Jahrhunderts in Xanten gehört. Mit Serifen, Bogen- und Linksschrägenverstärkungen, R mit stachelförmiger Cauda sowie M mit parallelen Außenschäften und bis zur Grundlinie reichendem Mittelteil lässt sie die Orientierung am klassischen Vorbild erkennen. Auch die Epitaphinschriften für Veronika Kloken (Nr. 175) sowie für Gerhard Keup und Rutger Speet (Nr. 165) zeigen Verstärkung der linksschrägen Schäfte (letztere auch Bogenverstärkungen), doch ist die Proportionierung der Buchstaben nicht in gleicher Weise gelungen wie beim Bemmel-Epitaph.

Ein ganz anderer, eigenwilliger Schriftstil manifestiert sich an den Inschriften, die im Auftrag des Propstes Johannes Ingenwinkel am Erweiterungsbau der Propstei (Nr. 96) bzw. an einem Kaminsturz aus demselben Gebäude (Nr. 97) angebracht wurden. Schmale Buchstaben mit Serifen an den Schäften und flächigen Dreispitzen an den Bogenenden des S, M mit parallelen Außenschäften, spitzovales O, weit hochgezogene Cauda des G und ein ausgebuchteter Kürzungsstrich erinnern an den Duktus der frühhumanistischen Kapitalis. Unterschiede im Detail, etwa der am Türsturz deutlich höher gesetzte mittlere Balken des E bzw. untere Balken des F, lassen trotz bestehender Ähnlichkeiten an einer Herstellung beider Inschriften durch denselben Steinmetz zweifeln.

An der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert sind mit den Epitaphien für Paul Vonhoff (Nr. 198) und Gerhard Busaeus (Nr. 202) zwei Objekte entstanden, deren Inschriften hinsichtlich der Qualität ihrer Schrift und ihres auffälligen Layouts eine Sonderstellung einnehmen. Die sorgfältig gehauene Schrift weist sowohl Bogen- und Linksschrägenverstärkungen als auch Serifen auf. Auffällige Gemeinsamkeiten sind weit unter die Grundlinie gezogene Cauden bei Q und R und ein verlängerter unterer Bogenabschnitt bei C. Enklaven, Nexus litterarum, verkleinerte und vergrößerte Buchstaben prägen das Layout beider Inschriften, insbesondere jedoch das Epitaph für Busaeus. An der Herstellung in derselben Werkstatt ist wohl nicht zu zweifeln. Die beiden Inschriften stehen am Anfang einer Entwicklung der Xantener Kapitalis weg von der für die lokale Produktion des 16. Jahrhunderts typischen, eher behäbigen Variante hin zu einer Schrift, die dank routiniertem Gleichmaß in der Ausführung und einer deutlicheren (nicht aber ausschließlichen) Orientierung an der zeittypischen Formensprache eleganter und qualitätvoller wirkt. Ein Beispiel dafür ist die Schrift am Epitaph für Kaspar Bürvenich (Nr. 237); sie zeigt Serifen an den Schaft- und Balkenenden, M mit geraden Außenschäften, E mit verlängertem unterem Balken, außerdem Linksschrägenverstärkungen und perfekt ausgerundete Bögen. Auch die Bauinschrift, die 1624 am Gartenhaus des Dechanten Caspar van Ulft angebracht wurde, ist in diesem Zusammenhang zu nennen, während der darüber eingehauene Mahnspruch (Nr. 226) ebenso wie die ebenfalls von Caspar van Ulft in Auftrag gegebene Inschrift am Kaminsims desselben Hauses (Nr. 228) in der Ausführung Schwächen zeigt. Rundes U hat sich in den steinernen Kapitalisinschriften in Xanten bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums nicht durchgesetzt. Es findet sich im 16. Jahrhundert nur auf dem Epitaph für Gerhard Berendonck (Nr. 151) und auf der Engelsplakette an der von ihm gestifteten Kreuzigungsstation (Nr. 114 G), im 17. Jahrhundert auf dem Epitaph für Paul Vonhoff (Nr. 233) und am Gesims der Antoniuskapelle (Nr. 255).245)

5.5. Humanistische Minuskel und Mischminuskel

In Xanten hat die Fraktur, die in anderen Gegenden im 16. Jahrhundert als Kleinbuchstabenschrift in unterschiedlichem Umfang verwendet wurde, keinerlei Rolle gespielt – kein einziges Beispiel für eine Inschrift in Fraktur ist bekannt. Hingegen ist die humanistische Minuskel in Verbindung mit der Kapitalis an einigen wenigen Trägern überliefert. Am 1556 angefertigten Epitaph für Nikolaus Ruter (Nr. 158) beginnt der Text in Kapitalis, um in der zweiten Zeile in humanistische Minuskel überzugehen, die nur von einzelnen Wörtern in Kapitalis unterbrochen wird. Dieses Layout orientiert sich offensichtlich an den Usancen zeitgenössischer Drucke. An den wenige Jahre jüngeren Epitaphien für Otto und Heinrich Ingenwinkel (Nr. 163, 1559) und Veronika Kloken (Nr. 175, 1565) ist nur das Bibelzitat in humanistischer Minuskel ausgeführt. In allen Fällen ist die Schrift sehr sorgfältig mit kreisrunden Bögen bei b, c, d, o und q gearbeitet. In einigen Fällen verbinden sich die Formen der humanistischen Minuskel mit kursiven Elementen. Am Epitaph für Jakob Hezeler (Nr. 95, 1522) ergänzen die geschwungenen Schäfte des x und des unter die Grundlinie verlängerten Lang-s sowie das einstöckige, spitzovale a die Formen der humanistischen Minuskel. Bei der Inschrift am Epitaph des Johannes Noster (Nr. 145, 1552) kommen leicht gebogene Schäfte von i, l, m, n und t sowie tropfenförmige Bögen bei e und p hinzu. Am Epitaph Backer (Nr. 154, 1554) findet nach wenigen Buchstaben ein Schriftwechsel von der humanistischen Minuskel zu einer schmalen Kursiven statt, die es erlaubt, den vorgesehenen Text auf dem zur Verfügung stehenden Platz unterzubringen. Ausgeprägte Eigenschaften einer humanistischen Kursivschrift trägt ein Bibelzitat am Epitaph für einen unbekannten Verstorbenen (Nr. 173, 1563?). Dazu trägt vor allem die Ausführung von n, m und u bei, deren Schäfte durch einen kurzen Rechtsschrägschaft anstelle des Bogens verbunden sind.

Dem Bereich der Alltagsschrift sind einige Inschriften zuzuordnen, die kleinformatig in gotischer Kursive bzw. in einer Mischminuskel mit kursiven Elementen ausgeführt wurden. Sie erheben keinen repräsentativen Anspruch, sondern sind im Gegenteil an versteckter Stelle eingeritzt oder eingeschnitten worden. Neben einem Herstellungsvermerk, der in gotischer Kursive an der Unterseite eines Kelches schwach eingeritzt ist (Nr. 47, 1461), gehören dazu zahlreiche Graffiti auf der Galerie der Westchorhalle (Nr. 259) und am Chorgestühl (Nr. 260).

6. Nicht aufgenommene Inschriften

Der Katalog wurde gemäß den Aufnahmekriterien des Deutschen Inschriftenwerks zusammengestellt. Die Inschriften entsprechen der Definition von Rudolf M. Kloos, sind also „von Kräften und mit Methoden hergestellt, die nicht dem Schreibschul- oder Kanzleibetrieb angehören“.246) Von der Aufnahme ausgeschlossen sind folglich Texte auf Pergament oder Papier, so z. B. die zahlreichen in Xanten überlieferten Radierungen und Kupferstiche. Nicht aufgenommen wurden weiterhin Inschriften aus serieller Produktion wie Siegel- und Münzinschriften sowie geprägte Inschriften auf Bucheinbänden, die alle zudem Gegenstand von Spezialdisziplinen sind.247)

Verzichtet werden musste auf die Untersuchung von Gegenständen, zu denen ein Zugang nicht möglich war und deren Inschriften zudem nicht kopial überliefert sind. So war eine Prüfung der Marienbaumer Paramente, sofern sie in Schubladen aufbewahrt werden, nicht möglich.

Nicht aufgenommen wurden gemalte Inschriften auf Trägern, deren Fassung nach 1650 erneuert wurde, sofern eine gleichlautende ältere Fassung nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Dies trifft auf die Gewandsauminschriften an den Skulpturen der Pieta im Stiftsmuseum und des hl. Nikolaus am südlichen Zugang zum Chorbereich ebenso zu wie für die Namensbeischriften in den Nimben der dargestellten Heiligen auf dem Gemälde über der Schöffenbank im Xantener Dom. Auch die Tituli auf einem um 1420 angefertigten Kruzifix, das sich heute im Stiftsmuseum befindet, und am sehr bedeutsamen gotischen Triumphkreuz auf dem Lettner des Domes wurden nicht berücksichtigt, weil sie sehr wahrscheinlich neu sind. Ferner konnten die Friesinschriften im Hochchor des Domes nicht aufgenommen werden; Walter Bader hat sie „wieder“ anbringen lassen, ohne sie auf der Grundlage des Befundes datieren zu können.248) Sie sollen hier zumindest als [Druckseite 67] Fußnote notiert sein.249) Außerhalb des Bearbeitungszeitraums entstanden sind auch die Inschriften auf dem alten Hagelkreuz, das auf der Grenze von Wardt und Lüttingen steht, und auf dem Quirinusstein an der Fürstenbergkapelle.

Ausgeschlossen werden mussten auch zerstörte oder verschollene Gegenstände, die vielleicht oder gar mit Sicherheit Inschriften trugen, deren Wortlaut aber nicht überliefert ist. Dazu gehört die nur in der Literatur und dort ohne Inschrift erwähnte Grabplatte der Gräfin Imeza, die sich im 11. Jahrhundert als Wohltäterin des Stiftes hervorgetan hatte und deshalb mit einem Grab im Chor geehrt worden war.250)

Die Zusammenstellung des Katalogs basiert auf dem Provenienzprinzip. Das bedeutet, dass nur die Inschriften aufgenommen wurden, die im Bearbeitungszeitraum (also bis 1650) im Bereich der heutigen Grenzen der Stadt Xanten nachweisbar sind. Nach diesen Kriterien gehört die Inschrift auf dem Grabstein der Äbtissin Katharina Brackmann, die 1587 im Kalkarer Exil der Birgittenschwestern aus Kloster Marienbaum der Pest erlag und im St. Jans-Chörchen der St. Nikolai-Kirche ihre letzte Ruhestätte fand, nicht zum bearbeiteten Bestand. Wegen ihres Bezuges zu Xanten soll auch diese Inschrift hier kurz erwähnt werden.251) Gänzlich unbekannt ist die Provenienz eines Gemäldes, das der Rechtsanwalt Dr. Paul Hoffacker der Propsteigemeinde geschenkt hat und welches heute in der Heilig-Geist-Kapelle hängt. Es zeigt eine Kreuzigungsgruppe aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit Darstellung eines Stiftsherrn, dem auf einem Spruchband die Worte: O fili Dei, miserere mei in den Mund gelegt werden.

Auch die Herkunft des sog. kleinen typologischen Kreuzes ist unbekannt. Es handelt sich um ein Vortragekreuz, das 1160/70 im Maasland gefertigt wurde und sich durch besonders qualitätvolle Grubenschmelzplatten mit Darstellungen zur Kreuzauffindung durch die Kaiserinmutter Helena auf der Rück- und durch typologische Szenen aus dem Alten Testament auf der Vorderseite auszeichnet. Die Platten der Rückseite befinden sich, sofern sie den Zweiten Weltkrieg überdauert haben, heute im Kunstgewerbemuseum Berlin252), die der Vorderseite im British Museum London253). Kraus' Vermutung, das Kreuz stamme aus Xanten254), wird heute mehrheitlich abgelehnt.255)

Schließlich wurden Inschriften ausgeklammert, deren schlechter Erhaltungszustand es nicht erlaubt, auch nur Teile des Wortlauts mit hinreichender Sicherheit zu entziffern. So sind die auf Spruchbändern verzeichneten Beischriften zu den Apostelfiguren in den Wandmalereien des gotischen Chors der Marienbaumer Wallfahrtskirche St. Mariä Himmelfahrt nicht mehr lesbar. Dasselbe gilt für eine auf die Wand neben dem Bonifatiusaltar im nördlichen Teil der Westchorhalle des Xantener Domes aufgemalte Inschrift, die weitgehend verblasst und bis auf vereinzelte Buchstaben unleserlich ist.

Zitationshinweis:

DI 92, Stadt Xanten, Einleitung (Paul Ley), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009e004.

  1. Kloos, Einführung (1980), S. 2. »
  2. Vgl. Nr. 61 und Nr. 160»
  3. Eine Ausnahme bilden die Inschriften auf der Galerie der Westchorhalle (Nr. 259) und am Chorgestühl (Nr. 260), die der besseren Übersicht halber ein zusätzliches Standortkürzel erhalten haben. »
  4. Zur Begrifflichkeit vgl. Deutsche Inschriften – Terminologie (1999), S. 13f. »
  5. Vgl. zu diesem Monogramm und weiteren Deutungsmöglichkeiten Brigitte Ott, Art. IHS, in: LCI, Bd. 2 (1970), Sp. 337; Theodor Dombart, Das Monogramm JHS (Der Name Jesu), in: Die christliche Kunst. Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst und der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben 11 (1914/1915), S. 257–269; Für Gott und die Menschen. Die Gesellschaft Jesu und ihr Wirken im Erzbistum Trier. Katalog-Handbuch zur Ausstellung im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum, Trier 11. September 1991 – 21. Oktober 1991, hg. vom Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Trier und der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 66), Mainz 1991, Kat.-Nr. 8 IHS – Das Monogramm des Namens Jesu, S. 409–413 (M. Groß). »
  6. Vgl. den Anhang. »
  7. Die paläographischen Beschreibungen und Einordnungen orientieren sich an Deutsche Inschriften – Terminologie (1999). »
  8. S. zum Folgenden Cornelissen, Sprachgeschichte (2003), S. 10–13. S. auch Jan Goossens, Zur sprachlichen Teilung des Rhein-Maas-Raumes, in: RhVjBll. 55, 1991, S. 274–293. Dr. Georg Cornelissen, Bonn, sei für wichtige Hinweise zur sprachlichen Einordnung der Inschriften herzlich gedankt. »
  9. Cornelissen, Sprachgeschichte (2003), S. 11. »
  10. Der älteste Beleg für den Namen „Xanten“ findet sich in einem zwischen 843 und 863 geschriebenen Brief eines Mönches der Abtei Werden, der über einen Ort, „qui vocatur Sanctos super Rhenum“, schreibt. S. dazu Runde, Xanten (2003), S. 251–254, das Zitat ebd., S. 251 mit Nachweisen. Runde führt zudem aus, dass die Bezeichnung „bereits um 838 in Gebrauch gewesen sein dürfte“ (ebd., S. 253). Zur Bezeichnung „ad Sanctos“ vgl. ebd., S. 257, Anm. 165. »
  11. Walter Bader hatte sich in den 1930er Jahren als wegweisender Archäologe im Bereich der Xantener Domimmunität hervorgetan. 1944 wurde er kurz vor Kriegsende mit der Betreuung sämtlicher Kunstdenkmäler der Kreise Moers, Geldern, Kleve und Rees betraut. 1945 widmete er sich unverzüglich dem Wiederaufbau des zerstörten Domes. 1947 zum Professor für Kunstgeschichte an der Universität Bonn, zugleich zum Referenten für Denkmalpflege im Kultusministerium mit Zuständigkeit für die gesamte Denkmalpflege des Landes berufen, vor Ort Vorsitzender des Arbeitsausschusses des Vereins zur Erhaltung des Xantener Domes e.V., galt seine unermüdliche Sorge dem Wiederaufbau des Domes seiner Wahlheimat Xanten. Sein Epitaph im Kreuzgang feiert ihn als „Retter“ des Xantener Domes. Vgl. zu Bader zuletzt Sebastian Ristow, W. Bader, in: Stefan Heid/Martin Dennert (Hg.), Personenlexikon zur Christlichen Archäologie. Forscher und Persönlichkeiten vom 16. bis 21. Jahrhundert, Regensburg 2012, S. 105f., sowie Stefan Kraus, Wiederaufbau. Walter Bader und die Denkmalpflege der Nachkriegszeit am Beispiel des Xantener Domes, in: Lieven, Stiftskirche (2015), S. 271–288; zu den Phasen des Wiederaufbaus vgl. besonders Grassnick, Wiederaufbau (1964), S. 455–467. »
  12. Borger verweist auf den Grabstein der Rudula und die Clematius-Inschrift aus Köln sowie den Grabstein des Ursicinus aus Bonn als gleichzeitige christliche Zeugnisse im Rheinland (Anfänge [2001], S. 10f.). S. auch Ristow, Der heilige Viktor (2015), S. 15–30 mit weiterer Literatur. »
  13. Bridger bezeichnet den Batimodus-Stein vorsichtig als „einziges unzweifelhaftes Beweisstück für die Anwesenheit eines Christen auf dem spätrömischen Friedhof“ (Gräber [2008], S. 591). Die Sprache des Steins und die verwendeten Zeichen lassen keinen Zweifel daran, dass auch die Bestattenden Christen gewesen sind. »
  14. Bridger datiert den Stein in die Zeit um 400 (Märtyrergrab [1998], S. 234). Die Datierung bei Otten/Ristow (Xanten in der Spätantike [2008], S. 577): „vielleicht spätantik oder frühmittelalterlich“. »
  15. Runde, Xanten (2003), S. 125; Bau IIIA in der Bauphase CI nach Otten, Märtyrergrab (2002), S. 47ff., mit Bezug auf die Unterscheidung der Bauphasen, ebd., S. 32. »
  16. Ebd., S. 42. »
  17. Otten, Märtyrergrab (2002), S. 43, verbindet diesen Befund mit „ad sanctos“ (besser „sanctos“, vgl. oben, Anm. 1), das Zitat ebd. Vgl. zu den Funden unter dem Dom zuletzt zusammenfassend Ristow, Der heilige Viktor (2015), S. 9–30 (bes. S. 15–30). »
  18. Otten, Märtyrergrab (2002), S. 49f., S. 60f. »
  19. Abgedruckt bei Weiler, Urkundenbuch (1935), Nr. 1 (vor 590), auch bei Runde, Xanten (2003), S. 183f.; s. dort zu den entsprechenden Nachweisen. »
  20. Diese Entfernung entspricht der am Niederrhein üblichen Entfernung zwischen einem fränkischen Gräberfeld und der zugehörigen Siedlung (Siegmund, Xanten [1989], S. 198). »
  21. Zu diesem Bau Bader/Wieland, Sanctos (1985), S. 427ff.; Runde, Xanten (2003), S. 279–283. »
  22. Beschreibung bei Runde, Xanten (2003), S. 286f. »
  23. S. dazu ebd. »
  24. Zu den Normanneneinfällen ebd., S. 257f. »
  25. Annales Xantenses A. 864 (MGH SS rer. Germ. XII [1909]), S. 20f.; Weiler, Urkundenbuch (1935), Nr. 2. S. dazu auch die Angaben bei Runde, Xanten (2003), S. 302f., und die Auszüge aus den Annales Xantenses, ebd., S. 258. Urkundlich wird ein „monasterium sancti Victoris“ wenige Jahre später im Zusammenhang mit der Guntharschen Güterumschreibung genannt (ebd., S. 298f.). Zu den Anfängen des Stifts in karolingischer Zeit s. auch bei Runde das Kapitel „Die Anfänge des St. Viktorstiftes“, ebd., S. 298–314, und zusammenfassend Oediger, Monasterium beati Victoris (1969), S. 209–214; zu den Bezeichnungen „monasterium“, „Stift“ und „(Kollegiat)kapitel“ s. Runde, Xanten (2003), S. 302f. »
  26. Widukindi Rerum gestarum Saxonicarum libri tres II 17 (MGH SS rer. Germ. LX [1935]), S. 81f. S. dazu auch Runde, Xanten (2003), S. 319–323. »
  27. Ebd., S. 397 mit Angabe weiterer Literatur. »
  28. Zu diesem Bau s. ebd., S. 404–406. »
  29. S. Kötzsche, Schrein (1978), S. 48, und, sehr ausführlich mit Textwiedergaben, ebd., S. 225–236. Zu den Quellen s. Kap. 3 und (zur Historia Xantensis) Nr. 38»
  30. Zu den Bränden, der Wiederherstellung und der Weihe vgl. Runde, Xanten (2003), S. 406–409. Zu dem ersten Brand s. auch Bader, Dom I (1978), S. 109–112. »
  31. S. dazu Runde, Xanten (2003), S. 409f. »
  32. Zu den Kurien s. ebd., S. 410–412; der erste urkundliche Beleg 1173 bei Weiler, Urkundenbuch (1935), Nr. 43. Zu den Kurien auch recht allgemein Franz Weibels, Die Großgrundherrschaft Xanten im Mittelalter. Studien und Quellen zur Verwaltung eines mittelalterlichen Stifts am unteren Niederrhein (Niederrheinische Landeskunde 3), Neustadt/Aisch 1959, S. 53. »
  33. Runde, Xanten (2003), S. 400. »
  34. S. dazu Kap. 4.1. »
  35. Zu diesem Brand vgl. Runde, Xanten (2003), S. 312, 340 u. bes. 312f. »
  36. Zum Totenbuch und seiner Vorlage vgl. ebd., S. 10–13 u. 305; Oediger, Totenbuch (1958), S. XI u. XV. »
  37. Vgl. zu den Anfängen der Archidiakonatsfunktion Runde, Xanten (2003), S. 306–309. »
  38. Runde weist darauf hin, dass damit nicht die ganze Kirche gemeint sein konnte, da das Langhaus erst 1165 fertiggestellt und durch den Kölner Erzbischof Reinhald von Dassel eingeweiht wurde (ebd., S. 413, 435). »
  39. S. dazu auch ebd., S. 207–211. »
  40. Das Zitat bei Hilger u. a., Dom zu Xanten (2007), S. 7. Zum Westbau s. Runde, Xanten (2003), S. 467–473. »
  41. Ebd., S. 478f. »
  42. Ebd., S. 481f. »
  43. Zum politischen Hintergrund dieser Maßnahme des Erzbischofs s. ebd., S. 454ff. Viel ausführlicher zur Stadterhebung Hawicks, Xanten (2007), S. 36–42. »
  44. S. dazu ebd., S. 66f. »
  45. Weiler, Urkundenbuch (1935), Nr. 296. »
  46. Zu den Xantener Vogteien vgl. Hawicks, Xanten (2007), S. 154–156 u. 203–205. »
  47. S. dazu ebd., S. 166–168. »
  48. Zu Grundsteinlegung und Baubeginn s. ebd., S. 83–92, zur Weihe des Hochchores ebd., S. 188–191, und zur Vollendung des Ostteils ebd., S. 514f. »
  49. S. Beissel, Bauführung I (1889), S. 138f., III, S. 3–5; Hawicks, Xanten (2007), S. 515. Aus welchem Zusammenhang ein mittelalterliches Reliquienkreuz stammt, das 1967 im Corpus des 1402 errichteten Lettnerkreuzes gefunden wurde, ist unklar (Nr. 10). »
  50. Hawicks, Xanten (2007), S. 195–198. »
  51. Ebd., S. 378–387. »
  52. Ebd., S. 482–487. »
  53. Zum Beginn des ersten Geldrischen Erbfolgekriegs s. ebd., S. 366–370; zum Überfall auf Xanten und seinen Folgen ebd., S. 371–377. Zu den Arbeiten am Dom und insbesondere zu den Glocken s. Beissel, Bauführung I (1889), S. 110–118. »
  54. Zu den Fehden s. Hawicks, Xanten (2007), S. 393–414, zur Vogtei ebd., S. 409. »
  55. Zur Stadtbefestigung s. ebd., S. 414–430; Mainzer, Stadtbefestigung (1983); Kat. 750 Jahre (1978), Nr. 13–35, S. 16–25 (D. Kastner); Kastner, Stadterhebung (1978), S. 25–31. »
  56. Zur dritten Fehde vgl. Hawicks, Xanten (2007), S. 430–439; zum Friedensvertrag ebd., S. 440–450. »
  57. Ebd., S. 454–465. »
  58. Mainzer, Stadtbefestigung (1978), S. 70, das Zitat ebd. »
  59. Ebd., S. 72. »
  60. S. die Notiz im Liber albus zum Jahr 1415: „Adolfus…, qui postea dux Clivensis effectus in Constanciensi consilio anno domini M°CCCC°XV.“ S. Hawicks, Xanten (2007), S. 508 mit Quellenangaben. »
  61. S. dazu ebd., S. 518–521. »
  62. Zum Vertrag von Maastricht ebd., S. 524f. »
  63. Beissel, Bauführung I (1889), S. 163–172. »
  64. Vgl. zu diesen Arbeiten und dem Bau bis zur Vollendung ebd., S. 172–213; zusammenfassend Hawicks, Xanten (2007), S. 538–541. »
  65. S. dazu unten Kap. 4.2. »
  66. Dazu Hawicks, Xanten (2007), S. 540. »
  67. Dazu Beissel, Bauführung I (1889), S. 214–229. »
  68. Zu den ältesten Grabplatten und Grabsteinen, von denen wir wissen, s. u. Kap. 4.1.1. »
  69. Ein Überblick bei Ralf Jahn, Der geldrische Erbfolgestreit 1538–1543, in: Jülicher Geschichtsblätter 63 (1995), S. 45–75. »
  70. Wilkes, Geschichte (1949), S. 37f. Der Text der Taxierung ist abgedruckt ebd., S. 39–41, und wieder abgedruckt nach Wilkes bei Grote, Schatz von St. Viktor (1998), S. 55f. »
  71. Zu den Monumenten des Totengedenkens aus dieser Zeit s. u. Kap. 4.1.3. und 4.1.4. »
  72. Beissel, Bauführung III (1889), S. 25f. Zur Quellenlage, zu Details des Raubes und eines weiteren im Jahr 1604 s. Kötzsche, Schrein (1978), S. 81–89 und 240–259, und Wilkes, Geschichte (1949), S. 34–36, 44. Wilkes erwähnt außerdem den Raub von vier aus reinem Gold getriebenen Evangelistenfiguren. »
  73. Vgl. zur Haltung Johanns III. und Wilhelms V. jetzt Susanne Becker, Zwischen Duldung und Dialog. Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg als Kirchenpolitiker (Schriftenreihe des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte 184), Bonn 2014, dort besonders zusammenfassend S. 344–351, die Zitate ebd., S. 349f. »
  74. Zur Geschichte der evangelischen Gemeinden in Xanten s. die Angaben im Kommentar zu Nr. 247»
  75. Zu einem kurzen Abriss der Geschichte der Xantener Klöster s. unten Kap. 2.3. Zu den Auseinandersetzungen am Niederrhein seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges vgl. Petri, Zeitalter (1980), S. 83–111 u. 133–147. »
  76. Scholten, Marienbaum (1909), S. 41–47. »
  77. Birckman, Geschichte (1928), S. 96. »
  78. Ebd., S. 87–91. »
  79. Vgl. zu dieser Auseinandersetzung Der Jülich-Klevische Erbstreit 1609. Seine Voraussetzungen und Folgen. Vortragsband, hg. von Manfred Groten/Clemens von Looz-Corswarem/Wilfried Reininghaus, Red. Manuel Hagemann (PGRhG. Vorträge 36 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, N. F. 1 = Veröffentlichung des Arbeitskreises niederrheinischer Kommunalarchivare), Düsseldorf 2011; Rolf-Achim Mostert, Der jülich-klevische Regiments- und Erbfolgestreit – ein Vorspiel zum Dreißigjährigen Krieg?, in: Der Dreißigjährige Krieg im Herzogtum Berg und in seinen Nachbarregionen, hg. von Stefan Ehrenpreis (Bergische Forschungen. Quellen und Forschungen zur bergischen Geschichte, Kunst und Literatur, Bd. 28), Neustadt an der Aisch 2002, S. 26–64. Aus Xantener Sicht dazu Holland, Geschichte Xantens (1928), S. 67–69. »
  80. Einen kurzen Überblick über den Ablauf und die im Folgenden genannten, zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge gibt Olaf Richter, Der Jülich-Klevische Erbfolgestreit, in: Fürsten, Macht und Krieg. Der Jülich-Klevische Erbfolgestreit. Ausstellungskatalog, hg. von Sigrid Kleinbongartz (Schriftenreihe Stadtmuseum), Düsseldorf 2014, S. 11–19. »
  81. Vgl. zu den besetzten und umkämpften Plätzen und Städten Petri, Zeitalter (1980), S. 96f.; Irmgard Hantsche, Atlas zur Geschichte des Niederrheins (Schriftenreihe der Niederrhein-Akademie/Academie Nederrijn 4), Bottrop/Essen 52004, S. 74f. Aus Xantener Sicht s. dazu Holland, Geschichte Xantens (1928), S. 69–73. »
  82. S. dazu Holland, Geschichte Xantens (1928), S. 70f.; das Zitat S. 71. »
  83. S. dazu ebd., S. 71. »
  84. Ebd., S. 73. »
  85. S. unten Kap. 4.1.3. »
  86. S. dazu Holland, Geschichte Xantens (1928), S. 71. »
  87. S. unten Kap. 4.1.4. »
  88. So sind z. B. aus dem 1402 gegründeten Agnetenkonvent keine Inschriften auf uns gekommen, ebenso nicht aus der seit 1610 bestehenden Niederlassung der Jesuiten. S. zu diesen Gemeinschaften Birckman, Geschichte (1928), S. 108f. »
  89. Ein Überblick über die Geschichte des Klosters Fürstenberg bei Scholten, Cistercienserinnen-Klöster (1908), S. 116–133; Birckman, Geschichte (1928), S. 91–96. »
  90. Ein Überblick über die Geschichte des Klosters Hagenbusch bei Scholten, Das Benediktinerinnen-Kloster (1907); Birckman, Geschichte (1928), S. 97–102; Classen, Archidiakonat (1938), S. 455–466; s. ebd., S. 457 zu Zweifeln an der Gründung durch Abt Volmar. »
  91. Dazu Scholten, Benediktinerinnen-Kloster (1907), S. 50; Birckman, Geschichte (1928), S. 101. »
  92. Zur Auffindung der Figur und der Entstehung der Wallfahrt s. Scholten, Marienbaum (1909), S. 4–8; zur Gründung des Klosters ebd., S. 8–14, vgl. auch den Kommentar zu Nr. 43»
  93. Scholten, Marienbaum (1909), S. 32f. »
  94. Ebd., S. 41–47. »
  95. Ein Überblick über die Geschichte des Kartäuserklosters bei Robert Scholten, Das Karthäuserkloster Insula Reginae Caeli auf der Grave bei Wesel, in: AHVN 52 (1891), S. 61–136, zur Xantener Zeit ebd., ab S. 90; Birckman, Geschichte (1928), S. 87–91. »
  96. Ein Überblick über die Geschichte des Kapuzinerklosters bei Birckman, Geschichte (1928), S. 102–108. »
  97. Der Liber ruber, benannt nach seinem roten Ledereinband, ist das älteste Kopiar des Stifts. Es enthält Abschriften der ältesten Urkunden ab 1120, die von einer Hand des 15. Jh. auf den ersten Blättern aufgelistet sind. Diese Liste kann bei Weiler, Urkundenbuch (1935), S. VI–VIII, nachgelesen werden. Der Bericht über das Viktorgrab steht auf Blatt 169v. »
  98. Bei der Historia Xantensis handelt es sich um eine von einem unbekannten Autor verfasste Pergamenthandschrift. Sie enthält im Hauptteil eine Geschichte des Stifts in erzählender Form, beginnend mit einer unkritischen Aufzeichnung der Legenden über die beiden Stiftspatrone bis zur Viktortracht des Jahres 1421. Der Text enthält nennenswerte Beschreibungen der Stiftskirche; eine Inhaltsangabe hat Oediger aufgezeichnet (Bau und Ausstattung [1975], S. 266f.). Zum Epitaph des Viktorgrabes s. fol. 91v, zum Einband s. Nr. 38»
  99. Münster, Universitätsbibliothek, HS 101, Necrologium Xantense, fol. 7r. Der Xantener Nekrolog wurde zwischen 1044 und 1046 angelegt und bis 1185 fortgeführt, mit späteren Randglossen zur Geschichte des Domes (Kötzsche, Schrein [1978], S. 274). »
  100. HAStK, Best. 1039. Für die Kompilation des ersten Bandes war Johann Gelenius allein verantwortlich (August Franzen, Art. Gelenius, in: NDB 6 [1964], S. 173f.). Sein Bruder Ägidius (1595–1656) war jedoch von Beginn an in die Sammlung eingebunden und erweiterte sie auf insgesamt 30 Bände. Vgl. http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/G/Seiten/JohannundAegidiusGelenius.aspx (Zugriff am 6.6.2017). »
  101. Die Bände liegen im Landesarchiv NRW, Abteilung Rheinland, in Duisburg vor: LAV NRW R, RW 1023 Nr. 12, von Dorth, Inschriftensammlung (17. Jh.). LAV NRW R, HS N III Nr. 2, Notizen von von Dorths Hand über die Clevischen Städte Rees, Xanten, Calcar, Sevenaer, desgl. über die Hochstedensche Genealogie. »
  102. Z. B. die Inschrift auf dem Sakramentshäuschen in der Abteikirche auf dem Fürstenberg (Nr. 197) und die Bauinschrift am Haus des Kanzlers Wilhelm Steck (Nr. 181). »
  103. Eine detailliertere Untersuchung der von Dorthschen Arbeitsweise am Beispiel einer abgetretenen Xantener Grabplatte von 1667 jetzt in Ley, Monumente des Totengedenkens (2015), S. 225–236. »
  104. Die von Anton von Dorth aufgezeichneten Inschriften wurden von Bambauer und Kleinholz sorgfältig bearbeitet und in zwei Bänden herausgegeben (Bambauer/Kleinholz, Inschriften [1979–1980]). Gelegentliche Versehen machen aber den Einblick in die Originalaufzeichnungen nötig. »
  105. Zu den ausführlichen Titeln des Sammelwerkes siehe das Verzeichnis der ungedruckten Quellen. »
  106. Aus’m Weerth, Kunstdenkmäler I (1857). »
  107. Binterim/Mooren, Erzdiözese, Bd. 1 (1828), S. 197 zur Bauinschrift am Turm der Pfarrkirche St. Petrus in Obermörmter (Nr. 45). »
  108. Rein, Gedenktafel (1869), S. 119–134, 176f. »
  109. LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Nachlass Cuno, Mappe I, Blatt 119. »
  110. Carl Hölker, Prof. Dr. theol. et phil. in Münster, fertigte 1925 ein (nicht lückenloses) Inventar der beweglichen und nicht beweglichen Ausstattungsgegenstände des Xantener Domes an (Altäre, Objekte aus Edelmetall, Edelstein und Elfenbein, Tafelgemälde, Glasgemälde, Wandmalereien, Objekte aus Holz und Stein, Paramente) und präsentiert jeweils eine kurze Beschreibung, z. T. unter Berücksichtigung der Inschriften. Der umfangreiche Ordner enthält maschinengeschriebene Darstellungen; seine Nummerierung wurde durchgängig beibehalten. »
  111. Die Arbeiten Renate Jaques', Dozentin an der Krefelder Textil-Ingenieurschule, über die Paramente des Xantener Domes wurden 1979 und 1987 im Rahmen der vom Verein zur Erhaltung des Xantener Domes herausgegebenen Reihe „Die Stiftskirche des hl. Viktor zu Xanten“ veröffentlicht, die Einleitung zum Tafelband (1979) wurde von Hans-Peter Hilger geschrieben. Zum späteren Zeitpunkt erschien dann eine ausführliche kommentierende Überarbeitung der Unterlagen von Renate Jaques, die 1980 verstorben war, durch Guido Rotthoff. Die ausführlichen Beschreibungen und Berichte über die Textilrestaurierungen konzentrierten sich auf Spitzenstücke aus Mittelalter und früher Neuzeit bis zum 16. Jahrhundert. »
  112. Die Textilrestauratorin Sabine Heitmeyer-Löns, Werkstatt für Textilrestaurierung in Havixbeck, arbeitete von 1995 bis 2008 erneut an einer systematischen Erfassung der nicht mehr im liturgischen Gebrauch befindlichen kirchlichen Xantener Paramente, die fotografiert, ausgemessen und beschrieben wurden; nicht zugängliche Objekte, fast ausnahmslos bereits publiziert, wurden in Repros durch Verweise auf die von Hilger/Jaques erfolgte Edition festgehalten. Ihre Dokumentation wurde in Form einer Kartei im Bischöflichen Generalvikariat Münster hinterlegt, sie ist auch im Stiftsmuseum Xanten zugänglich. Auf Wunsch der Museumsleitung präsentierte Heitmeyer-Löns außerdem 2008 ihre Ergebnisse, auch in Form von Arbeitskopien, in sieben Bänden, die nicht veröffentlicht wurden und lediglich der archivalischen Arbeit dienen sollten. Nach diesen Bänden wird in der vorliegenden Edition zitiert. »
  113. Dr. Rainer Schiffler war Mitarbeiter im LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland. In dieser Funktion verfasste er 1981 ein Inventar der beweglichen Ausstattung des Domes zu Xanten in fünf Mappen. Nach 1945 war eine Bestandsaufnahme der beweglichen Objekte des Xantener Domes notwendig geworden, die es neu zu sichten, zu fotografieren und zu beschreiben galt. Die Arbeit war als Vorbereitung für ein neu zu erstellendes Denkmälerverzeichnis des Xantener Domes gedacht. »
  114. Im Stiftsarchiv Xanten. »
  115. Hölker (1925) bietet über Clemen hinaus nur noch die Inschriften an den Epitaphen für Voerthuisen (Nr. 210) und für Paul Vonhoff (Nr. 198). »
  116. Kat. Steiner (1911), S. 78f. »
  117. Belonje, Grabinschriften (1979), S. 13f.; van der Loo/Pies, Steck-Grabinschriften (1979). »
  118. S. dazu Bader, Dom I (1978), S. 128, 148–153; Hawicks, Xanten (2007), S. 183f., 309–311 und passim. »
  119. S. dazu zusammenfassend Ristow, Der heilige Viktor (2015), S. 15–30 mit weiterer Literatur. »
  120. Siehe dazu Binding, Gruppe (1974), S. 58; Nisters-Weisbecker, Grabsteine (1983), S. 178; DI 50 (Bonn [2000]), S. XXXIXXXIII; Päffgen in Kat. Königtum (2009), S. 310f. »
  121. Der Hubertusstein zeigt die dafür typische Abfasung der Kanten. »
  122. Bader, Vermischtes (1964), S. 357. »
  123. Oediger, Totenbuch (1958), S. 81 und 86. »
  124. Den Nachweis hat Dr. Rüdiger Fuchs, Mainz, geführt. Freundlicherweise hat mich Dr. Eberhard Nikitsch, ebenfalls Mainz, darauf hingewiesen. »
  125. Nr. 182, 213, 230, 231»
  126. Nr. 106, 124. Das Grabkreuz Nr. 106 ist in zwei Teile zerbrochen, die notdürftig durch Eisenklammern zusammengehalten werden. »
  127. Das Kreuz befindet sich heute im Magazin des LVR – Archäologischer Park/RömerMuseum, in unmittelbarer Nähe seines ursprünglichen Standorts ist heute eine Kopie aufgestellt. »
  128. Pels II, Deliciae (1734), p. 60. »
  129. Zu ihm siehe Kap. 3»
  130. Engelskirchen, Letzte Nachlese (1955), S. 200. »
  131. Er ist neben Gerhard Berendonck der einzige Stiftsherr in Xanten, von dem sich sowohl die Grabplatte als auch das Epitaph (s. Nr. 140) erhalten haben. »
  132. Es handelt sich um einen Neffen des oben erwähnten gleichnamigen Kanonikers. »
  133. S. dazu unten Kap. 4.1.3. »
  134. Eine Ausnahme bildet eine fragmentarisch überlieferte Grabplatte aus Basaltlava (Nr. 138a). »
  135. Vgl. zum Kölner Befund Brigitte Klosterberg, Zur Ehre Gottes und zum Wohl der Familie – Kölner Testamente von Laien und Klerikern im Spätmittelalter (Kölner Schriften zur Geschichte und Kultur 22), Köln 1995, S. 89–93. »
  136. Vgl. auch das Epitaph, das Caspar van Ulft für seine Schwester Elisabeth anfertigen und ebenfalls mit einem Memento-mori-Text ausstatten ließ (Nr. 239): LECTOR / VIVENS DISCE MORI / NAM / ANTE TRIDVVM / QVALIS TV MODO ES , EGO FVI . HOMO . /QVALIS MODO SV(M) CRAS FORTE ERIS . CINIS (‚Leser, solange du lebst, lerne zu sterben; denn vor drei Tagen war ich so, wie du jetzt noch bist: Mensch. Wie ich jetzt bin, wirst du vielleicht morgen sein: Asche.’). »
  137. Scholz, Grabmäler (2013), S. 264. »
  138. Paul Schoenen, Art. Epitaph, in: RDK, Bd. 5 (1967), S. 872–921 (hier S. 872). »
  139. Zur kopialen Überlieferung der verlorenen Epitaphe und ihrer Inschriften siehe Kap. 3»
  140. S. dazu Ley, Epitaphien (2011), S. 19–26. »
  141. Wie aus der Inschrift hervorgeht, war Backer Pleban. »
  142. Nr. 49, 51, 116, 128, 134, 147, 156, 162»
  143. Bader, Dom I (1978), S. 225, mit ausführlicher Farbanalyse des Smeds-Epitaphs. »
  144. Karrenbrock in ders./Kempkens, St. Viktor (2002), S. 69, und in Kat. Dries Holthuys (2002), S. 20f. und 74. »
  145. Bader, 1600 Jahre (1964), S. 358. »
  146. Vgl. Nr. 123»
  147. Nr. 95, 136, 145, 146, 151»
  148. Siehe Nr. 192, 195, 196, 198, 199, 202, 205, 210, 233, 235, 237, 248»
  149. Ein deutlicher Gegensatz zu den Memoriensteinen, auf denen wegen ihrer Funktion im Hinblick auf die Memoria immer der Todestag genannt wird, während das Todesjahr keine Rolle spielt. »
  150. Bürgermeister (Nr. 198), Kapitelssekretär (Nr. 248). »
  151. Nr. 95, 103, 116, 125, 147, 155, 156, 158, 162, 165, 170, 177»
  152. Belegbar ist dies in 13 Fällen. »
  153. Kramer, Glockenzier (1986), S. 52. »
  154. Rolli, Kirchengeläute (1950), S. 10. »
  155. Zu den Domgeläuten des 14. Jh. s. Kap. 2 der Einleitung. »
  156. Zum Verfahren s. Beissel, Bauführung I (1889), S. 115–117. »
  157. Der Kölner Musikdirektor Jakob Schaeben (†1980), amtlicher Glockensachverständiger der Erzdiözese Köln, hat das Domgeläut nach den Zerstörungen von 1945 in den 1950er und 1960er Jahren wieder aufgebaut. Die Gutachten des besten Kenners des Xantener Geläutes sind ausnahmslos im Xantener Stiftsarchiv (ohne Registernummer) registriert. Besonders sein Bericht vom 6. Juni 1955 ist grundlegend und richtungweisend. »
  158. Zur Beschreibung und zur Gießerfrage vgl. Bund/Poettgen, Wilhelm van Wou (1999/2000). Zu allen Fragen des Hauptgeläuts ist die Heranziehung der diesbezüglichen Archivalien in der Xantener Stiftsbibliothek hilfreich. »
  159. Vgl. zur Stilepoche Kramer, Glockenzier (1986), S. 54f. »
  160. Clemen, KDM Kreis Moers (1892), S. 37. »
  161. Rolli, Kirchengeläute (1950), S. 17. »
  162. Man messe an diesen Kriterien die Entwicklung im Barock: „Der Glockenmantel scheint nur noch als Untergrund für die Glockenzier zu dienen, …“ (Kramer, Glockenzier [1986], S. 55). Die Glocke wird zum Vehikel der Repräsentation – auf Kosten des Klangs. »
  163. Die wenigen Originalscherben, die sich von der Anna-und Antonius-Glocke erhalten haben, geben noch ein beredtes Zeugnis von einem ästhetischen Meisterwerk, das ein Gerhard de Wou mit sparsamen Mitteln zu schaffen in der Lage war. »
  164. Freundlicher Hinweis von Rainer Schiffler, Xanten. S. auch Poettgen, 700 Jahre Glockenguß (2005), S. 29. »
  165. Vgl. zu diesen und den folgenden Überlegungen Seidel, Emblematik (1997), S. 243. »
  166. Nr. 96, 135, 139(?), 140, 141, 172, 207, 212, 217, 218»
  167. Nr. 180a, 181»
  168. Nr. 227, 255»
  169. Nr. 97, 228»
  170. Nr. 55, 86, 188, 246»
  171. Steintafeln: Nr. 29, 45(?), 104, 118, 119, 144, 171, 219, 224, 226, 245; Ziegeltafel: Nr. 225; Holztafel: Nr. 247»
  172. Funken, Art. Bauinschrift, in: LexMA, Bd. 1 (1980), Sp. 1631. Vgl. auch Elisabeth Hohmann/Hans Wentzel, Art. Bauinschrift, in: RDK 2 (1938), S. 34–53. »
  173. Nr. 45, 135, 141, 181, 217, 218, 245, 246, 247»
  174. Derix, Restaurierung (1964), S. 223–236. »
  175. Beissel, Bauführung II (1889), S. 13. »
  176. HAStK, Best. 1039 (Farrag. Gelenianae), Bd. 1, fol. 60r; Pels II, Deliciae (1734), p. 105. »
  177. Das dritte Fenster aus der Stiftung Hagedorns mit Szenen aus dem Leben des heiligen Nikolaus weist keine Inschriften auf. »
  178. Derix, Glasgemälde (1901), Sp. 294. »
  179. Oidtmann, Glasmalereien II (1929), S. 371f. »
  180. Ebd., S. 375. »
  181. Ebd., S. 367. »
  182. Gert Oswald, Lexikon der Heraldik, Leipzig ²2006, S. 433. »
  183. Zu den alten Retabeln des Katharinen-, des Bonifatius- und des Dreikönigenaltars im Stiftsmuseum s. hier unter Wandmalereien. »
  184. Nr. 3, Inschrift A. »
  185. Wilkes, Schicksal (1942), S. 137–142. »
  186. Pels II, Deliciae (1734), p. 395. »
  187. Ebd., p. 75. »
  188. Tschira van Oyen, Jan Baegert (1972), S. 113f. »
  189. Nach der Zählung der Vulgata. »
  190. Ps 51 (50), 3–4 und Ps 6, 2–4, zwei der sieben Bußpsalmen, die in den beiden Inschriften erwähnt werden (Zählung nach der Vulgata: Ps 6, 31, 37, 50, 101, 129, 142). »
  191. Petrus Comestor, Historia scholastica (Migne PL 198 [1855], Sp. 1630 B). »
  192. Pels II, Deliciae (1734), p. 83. »
  193. Ebd., p. 474. »
  194. S. auch sein Epitaph im Kreuzgang des Domes (Nr. 103). »
  195. Das Antwerpener Gildezeichen ist an der rechten Wange des Schreins zu sehen. »
  196. Bader, Vermischtes (1964), S. 353. »
  197. Beissel, Bauführung II (1889), S. 24. »
  198. Beissel, Bauführung III (1889), S. 24. »
  199. Pels II, Deliciae (1734), p. 77. »
  200. LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Nachlass Cuno, Mappe V (1860), Bl. 119. »
  201. S. auch das Epitaph des Kanonikers Nr. 123»
  202. C. Schimmel, Westfalen’s Denkmäler (1826); s. eine der beiden Lithografien zum Xantener Dom. »
  203. Zur Aufstellung seit 1649 s. Scholten, Marienbaum (1909), S. 12. »
  204. Ebd. »
  205. Kamphausen, Plastik (1931), S. 36; ders., Kalvarienberg (1931), S. 10. »
  206. Der Viktorschrein bleibt hier bewusst unberücksichtigt, da er als Teil der Ausstattung des Hochaltars im vorangehenden Kapitel 4.5. behandelt wird. »
  207. Ein Kelch aus dem 17. Jh. ist allerdings zurzeit nicht auffindbar (Nr. 253). »
  208. S. sein Epitaph im Kreuzgang (Nr. 57). »
  209. Vgl. dazu die Grabplatte des Sibert von Riswick (Nr. 120). »
  210. Zum Bastunium allgemein s. u. a. Beissel, Bauführung I (1889), S. 222ff. »
  211. S. die Antiphon zu den Festen Kreuzauffindung und Kreuzerhöhung (Analecta hymnica, Bd. 24 [1896], S. 23). »
  212. Wilkes, Geschichte (1949), S. 29. »
  213. Stiftsarchiv Xanten, B 48b; dazu ausführlich Kötzsche, Schrein (1978), S. 81–89 und 240–259. »
  214. Wilkes, Geschichte (1949), S. 35, 44. »
  215. Ebd., S. 36. »
  216. Ebd., S. 37. S. auch Kap. 2.2. der Einleitung. »
  217. Zahlreiche Xantener Urkunden aus dieser Zeit berichten von Notverkäufen von Kirchen und Klöstern, um Kontributionsforderungen zu erfüllen. »
  218. Wilkes, Domschatz (1949), S. 33. »
  219. Ebd., S. 39: „Das Kapitel als solches (ohne den Propst) zahlte in der Zeit von 1649 bis 1723 allein an die preußische Verwaltung an Steuern und Kontributionen die enorme Summe von 195512 Reichstalern“. »
  220. Koch, Inschriftenpaläographie (2007), S. 30–35. Zur Begrifflichkeit der Schriftbeschreibungen siehe Deutsche Inschriften – Terminologie (1999). Die dort vorgestellte paläographische Terminologie liegt allen paläographischen Ausführungen in diesem Band zugrunde. »
  221. Koch, Inschriftenpaläographie (2007), S. 59. »
  222. Ebd., S. 101–113. »
  223. Hinzu kommen die Bildbeischriften zu einer (verlorenen) Wandmalerei in der Dionysiuskapelle des Domes (Nr. 6), die als gemalte Inschriften paläographisch allerdings nur bedingt mit Steininschriften vergleichbar sind. »
  224. Dieser Befund verdeutlicht, in welchem Maße inschriftenpaläographische Untersuchungen vom Zufall der Überlieferung abhängig sind. »
  225. Vgl. zu Parallelbeispielen aus dem 10. und 11. Jh. DI 81 (Essen) (2011), Nr. 5»
  226. Berücksichtigt wird zudem eine Siegelumschrift auf einer 1499 gegossenen Glocke in Xanten-Vynen (Nr. 61). Im Allgemeinen werden Siegelumschriften nicht in die Edition aufgenommen, vgl. Kap. 1 der Einleitung. Nicht in die Schriftauswertung einbezogen wurden ein Kreuztitulus, dessen Schrift nicht sicher als gotische Majuskel (oder Kapitalis) bestimmt werden kann (Nr. 65), und ein einzelnes M auf einem Kerzenhalter (Nr. 101). »
  227. Deutsche Inschriften – Terminologie (1999), S. 28. »
  228. Der Buchstabe M kommt im Text nicht vor. »
  229. Siehe dazu den Katalog, Nr. 23»
  230. Das Apostelfenster (Nr. 26) bietet für die paläographische Auswertung im Detail keine hinreichend sichere Grundlage, da die Schrift modern überarbeitet wurde. »
  231. Deutsche Inschriften – Terminologie (1999), S. 46. »
  232. Verbindungen zur Buchschrift sind gelegentlich auch bei gravierten Inschriften feststellbar (Nr. 38). Darüber hinaus sind einzelne Inschriften komplett in gotischer Buchminuskel ausgeführt, vgl. Nr. 24 (Stola mit auf Stoff gemalten Namensbeischriften) und Nr. 43 (Skulptur mit gemaltem Jesusmonogramm). »
  233. Zu weiteren Beispielen vgl. DI 58 (Hildesheim) (2003), Nr. 165»
  234. Acht Epitaphe tragen Inschriften in gotischer Minuskel (Nr. 49, 50, 51, 56, 57, 126, 128, 162), fünf davon gehören noch dem 15. Jh. an. »
  235. Zu ihren Bildreliefs s. Kap. 4.1.4.4. der Einleitung. »
  236. Es handelt sich um die Epitaphien für die Kanoniker Johannes Junghe (1506) und Heinrich von Berchem (1508) in St. Maria im Kapitol. Vgl. dazu demnächst Die Inschriften der Stadt Köln, Bd. 1 (in Vorbereitung). »
  237. Ähnliche Zierelemente finden sich auch auf dem Türsturz der Pfarrkirche St. Willibrordus in Wardt (Nr. 141). »
  238. Eine 1537 gegossene Glocke mit einer Inschrift in gotischer Minuskel wurde erst 1649 für die evangelische Kirche in Xanten angeschafft (Nr. 115). »
  239. Bund/Poettgen, Wilhelm van Wou (1999/2000), S. 162. »
  240. Da nicht beurteilt werden kann, ob die Gewandsauminschrift am Antoniusaltar (Nr. 72) überarbeitet ist, wird diese Inschrift – die ohnehin nur vier verschiedene Buchstaben bietet – hier nicht berücksichtigt. »
  241. Zu ihnen siehe oben Kap. 4.1.3. und 4.1.4. der Einleitung. »
  242. Siehe Nr. 49, 50, 51, 56, 89, 125, 130, 148, 155, 165, 168, 174, 175, 210, 211, 233, 240»
  243. Siehe Nr. 125, 129, 136, 146, 147, 151, 154, 161»
  244. S. dazu Kap. 4.1.4. der Einleitung. Die Anfertigung eines Epitaphs noch zu Lebzeiten wird in Nr. 123 ausdrücklich erwähnt. »
  245. Zudem wird es in den gemalten Inschriften auf dem Porträt des Stephanus Pighius (Nr. 206) und am Katharinenaltar (Nr. 236) verwendet. »
  246. Kloos, Einführung (1980), S. 2. »
  247. Vgl. Kap. 1 der Einleitung. »
  248. Bader, 1600 Jahre (1964), S. 296: „Ob die Friesinschriften bei der mittelalterlichen Ausmalung schon vorhanden waren und bei den Renovierungen übernommen wurden, ist aus dem Befund nicht mehr nachzuweisen.“ »
  249. Isti sunt sancti qui pro testamento dei sua // corpora tradiderunt et in sanguine agni laverunt stolas suas. // Tradiderunt corpora sua in mortem ne servirent // idolis ideo coronati possident palmam (Bader, Dom I [1978], S. 98). Der Text dieser Inschriften, der Dn 3,95 und Apc 7,14 zitiert, war von den Stiftsherren in die Liturgie der Gedenktage des hl. Mauritius (21. September) und des hl. Viktor (10. Oktober) integriert worden. Sie wiesen an dieser Stelle der Xantener Stiftskirche darauf hin, dass der Hochchor als Reliquienrepositorium diente. »
  250. Vgl. zu ihr Franz Schuknecht, Zur Identität der Frau Imeza im Stift Xanten, in: AHVN 203 (2000), S. 23–33. »
  251. Anno milesimo quingentesimo octogesimo septimo veneranda necnon religiosa et pia domina Catharina Bracmans abbatissa in Marien-Boom ob fidem catholicam exilio fatigata hic sepulta expectat tubam novissimam. Textwiedergabe nach R. Scholten, Marienbaum (1909), S. 45. »
  252. Inv.-Nr. O-1973, 187–189. »
  253. Schenkung aus Privatbesitz, Inv.-Nr. nicht bekannt. »
  254. Kraus, Christl. Inschriften II (1894), S. 299, Nr. 652. »
  255. Siehe vor allem Dietrich Kötzsche, Das große typologische Kreuz, in: SIGNA TAV. Grubenschmelzplatte eines typologischen Kreuzes, in: Kulturstiftung der Länder, PATRIMONIA 132, Stuttgart 2000, S. 44–47. Siehe auch Schätze des Glaubens – Meisterwerke aus dem Dom-Museum Hildesheim und dem Kunstgewerbemuseum Berlin. Katalog zur Ausstellung „Schätze des Glaubens“, hg. von Lothar Lambacher, Berlin 2010, S. 76, Nr. 29. »