Vorbemerkung zur Online-Ausgabe

Der Band ‚Die Inschriften der Stadt Stralsund‘, bearb. von Christine Magin, erschien Ende 2016 im Druck. Für die Online-Ausgabe dieses Bandes wurden einige Änderungen und Anpassungen vorgenommen:

  • Ein zusätzlicher Artikel im Inschriftenkatalog ist auf einen Neufund nach dem Erscheinen des gedruckten Bandes zurückzuführen: Kat.-Nr. 455.
  • Einige Artikel weichen von der Druckfassung ab, weil sie inhaltlich aktualisiert werden konnten: Kat.-Nr. 7, 20, 102, 107, 129, 134, 379.

Greifswald, November 2020 – Christine Magin

Vorwort

Die Erfassung und Bearbeitung der Inschriften der Hansestadt Stralsund wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung zahlreicher Personen und Institutionen. Allen voran gewährten die Kirchengemeinden in Stralsund, ihre Pastoren, ihre Küsterin und die Küster sowie weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Heilgeist, St. Jakobi, St. Marien, St. Marien (Voigdehagen) sowie von St. Nikolai über die gesamte Bearbeitungszeit hinweg optimale Arbeitsbedingungen und förderten sowohl den Fortgang des Projekts als auch die Freude an der Arbeit in beträchtlichem Maße. Ihnen allen bin ich zuallererst zu großem Dank verpflichtet.

Wichtige Unterstützung bei den Arbeiten im Kulturhistorischen Museum (seit Herbst 2015 Stralsund Museum) und zahlreiche Hinweise zur Ausstattung der Kirchen und zum Erhaltungszustand von Gemälden verdanke ich Burkhard Kunkel. Gerd Meyerhoff, Baubeauftragter bzw. Baureferent des Kirchenkreises Stralsund der Pommerschen Evangelischen Kirche (seit 2012 der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland), half vielfach mit Rat und Tat; Christian Peplow (Greifswald) stellte bereitwillig seine Expertise in Fragen der Seefahrt zur Verfügung. Dirk Schleinert, Leiter des Stadtarchivs der Hansestadt Stralsund, leistete – trotz schwieriger Situation vor Ort – Unterstützung durch viele Ratschläge und Recherchen. Die Kollegen von der Stralsunder Archäologie und Denkmalpflege Jörg Ansorge, Gunnar Möller, Torsten Rütz und Heiko Schäfer haben mich immer wieder auf archäologische Funde aufmerksam gemacht. Kolleginnen und Kollegen in Vorpommern und darüber hinaus haben mir ihre Material- und Fotosammlungen, teilweise auch unveröffentlichte Forschungsergebnisse zur Verfügung gestellt; dafür danke ich Ralf Lusiardi, Sabine-Maria Weitzel und Detlef Witt.

Meinem bewährten Kollegen Harald Drös, Forschungsstelle Deutsche Inschriften der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, danke ich für heraldische Expertisen.

Unentbehrlich war die Unterstützung durch die Göttinger Kolleginnen Mona Dorn und Katharina Kagerer sowie durch Fidel Rädle und Ulrich Schindel (Göttingen) hinsichtlich der Übersetzung und Deutung zahlreicher lateinischer Inschriften. Ingrid Schröder (Hamburg) hat immer wieder Auskünfte und Übersetzungshilfen zu niederdeutschen Inschriften beigesteuert. Die Anmerkungen meiner Kollegin Christine Wulf von der Göttinger Arbeitsstelle sind dem Inschriftenkatalog sehr zugute gekommen. Stellvertretend für die vielen studentischen Mitarbeiter/innen und Volontär/innen der Jugendbauhütte Stralsund/Szczecin, die das Projekt über die Jahre hinweg unterstützten, danke ich den derzeitigen Greifswalder Hilfskräften Susanne Drutsch und Arne Lange, die in der Schlussphase intensiv und erfolgreich an der Fertigstellung des Bandes mitgearbeitet haben. Weiterhin ist es mir eine besondere Freude, Anke Wrigge (Frankfurt) für engagiertes Korrekturlesen zu danken – siebzehn Jahre nach unserer letzten Kooperation. Auch Falk Eisermann hat Korrektur gelesen – und vieles mehr getan.

Der größte Dank gebührt meinem Kollegen Jürgen Herold. Er hat nicht nur dafür gesorgt, dass die Datenbank unserer Arbeitsstelle stets das tat, was sie tun sollte; es ist auch seinem über das übliche Maß weit hinausgehenden persönlichen und fachlichen Engagement besonders während der Schlussredaktion zu verdanken, dass der Band ‚Die Inschriften der Stadt Stralsund‘ nun erscheinen kann.

Für einen namhaften Beitrag zur Finanzierung der Druckkosten bin ich der Böckler-Mare-Balticum-Stiftung zu großem Dank verpflichtet. Miriam Würfel vom Dr. Ludwig Reichert Verlag Wiesbaden ist vielmals für die Erstellung des Abbildungsteils zu danken. Der Verlag und Ursula Reichert standen mit Rat und Tat zur Seite und haben wie immer professionell und mit großer Sorgfalt dieses Buch hergestellt.

Greifswald, Herbst 2016

Christine Magin

1. Vorbemerkungen und Benutzungshinweise

Der vorliegende Band enthält die kommentierte Edition der Inschriften der Hansestadt Stralsund bis zum Jahr 1650. Stralsund war bis zu der 2011 im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern durchgeführten Gebietsreform kreisfrei, seitdem gehört die Stadt zum Landkreis Vorpommern-Rügen.1) Vollständigkeit des Inschriftenkatalogs war zwar angestrebt, künftige Funde in der älteren archivalischen Überlieferung oder in Stralsund selbst sind jedoch nicht ausgeschlossen. Neufunde werden auf der Website ‚Deutsche Inschriften online‘ (www.inschriften.net) veröffentlicht.

Die Aufnahme und Anordnung der Inschriften sowie die Anlage der einzelnen Artikel folgt den Richtlinien der Reihe ‚Die Deutschen Inschriften‘. Bearbeitet wurden daher sowohl im Original erhaltene als auch nur noch in Abschriften oder Abbildungen überlieferte Texte. Als Kriterium für die Aufnahme einer Inschrift in diesen Band gilt das Provenienzprinzip: Berücksichtigt wurden nur solche Stücke, für die einigermaßen sicher nachweisbar war, dass sie sich im Bearbeitungszeitraum in Stralsund befanden. Nicht aufgenommen wurden ferner Objekte, die Gegenstand der Siegel- und Münzkunde sind oder die, wie beispielsweise Beckenschlägerschalen, Ofenkacheln und Textilien mit gewebten Inschriften, aus serieller Fertigung stammen. Kleinfragmente, die lediglich drei oder weniger Buchstaben sicher erkennen ließen, wurden für diesen Band nicht berücksichtigt. Ebenfalls nicht bearbeitet wurden Inschriften, die erst durch Archäologen oder Restauratoren hätten aufbereitet, rekonstruiert und dadurch für die epigrafische Bearbeitung verfügbar gemacht werden müssen, wie z. B. lose Bruchstücke von Tongefäßen oder nur mithilfe technischer Hilfsmittel lesbare Schriftbandreste in Wandmalereien.2)

Auf 454 Inschriftenträgern finden sich knapp 1200 Inschriften, wobei etwas mehr als 200 Grabplatten bzw. Grabplattenfragmente, Grabfliesen, Gruftplatten und Grabsteine mit insgesamt etwa 500 Inschriften die größte Gruppe des hier bearbeiteten Materials darstellen. Steine, die lediglich eine Nummerierung in arabischen Ziffern (ergänzt ggf. durch ein bildhaftes Besitzzeichen der jeweiligen Kirche oder einen einzelnen Kapitalis-Buchstaben) aufweisen, wurden nicht aufgenommen.

Die Fußböden der Stralsunder Kirchen weisen insgesamt nahezu 600 undatierte, teilweise stark abgetretene Inschriften(-fragmente) auf Grab- und Gruftplatten sowie Namensinitialen auf Grabfliesen auf. Um diese große Materialfülle unter Berücksichtigung der für das Inschriftenprojekt relevanten Erfassungsgrenze 1650 bewältigen zu können, wurden die folgenden Bearbeitungskriterien entwickelt:

Namensinitialen bestehend aus zwei oder drei Buchstaben, z. B. auf Grabfliesen, ohne weitere verwertbare Zusätze wie Jahreszahlen, identifizierbare Marken, Wappen oder auch Schriftcharakteristika, die einzeln oder gemeinsam eine Entstehung bis 1650 wahrscheinlich machen, wurden nicht berücksichtigt. Wenn allerdings ein Stein weitere ältere Inschriften(-Reste) trägt, wurden auch die Namensinitialen ediert. Ließ sich eine Grabfliese dem Eigentümer einer wahrscheinlich vor 1651 beschrifteten Grabplatte zuordnen, wird bzw. werden auch die zu dieser Grabplatte gehörigen Fliese(n) im entsprechenden Katalogartikel behandelt.

Nicht datierte, also ohne Jahresangabe erhaltene Inschriften wurden auf der Basis datierter Inschriften einem paläografischen Vergleich unterzogen und ausgesondert, wenn eine Entstehung nach 1650 plausibel erschien.

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Im Hinblick auf die Objekte im Stralsund Museum (bis Herbst 2015 Kulturhistorisches Museum, ursprünglich Provinzialmuseum für Neuvorpommern und Rügen) kann die vollständige Erfassung nicht garantiert werden, da der Bearbeiterin möglicherweise nicht alle Inschriftenträger zur Kenntnis gelangt sind. Mehrere Objekte Stralsunder Provenienz, die in Zwischendepots des Landesamts für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern verwahrt werden, waren im Rahmen des Inschriftenprojekts nicht zugänglich. In diesen Fällen erfolgten die Beschreibungen und Texteditionen auf der Basis der Literatur.

Der Katalogteil

Ein Katalogartikel fasst alle Inschriften eines Objekts zusammen. Die Artikel sind chronologisch angeordnet. Die Entstehungszeit undatierter Inschriften wurde möglichst eng eingegrenzt; sie sind jeweils an das Ende des ermittelten Zeitraums gestellt. Die Katalogartikel sind untergliedert in Kopfzeile, Beschreibung, Editionsteil mit Wiedergabe des Inschriftentextes, ggf. eine Übersetzung und eine Wappenzeile, den Sachkommentar und den Anmerkungsapparat.

Die Kopfzeile enthält die laufende Katalog-Nummer (Kat.-Nr.), die Bezeichnung des Standortes und die Datierung(en) der Inschrift(en). Bei erhaltenen Inschriften ist der aktuelle, bei verlorenen der letzte nachweisbare Standort genannt.

Ein Kreuz neben der laufenden Nummer kennzeichnet Inschriftenträger, deren Original verloren ist.
(†) Ein Kreuz in Klammern steht, wenn 1. der Inschriftenträger zwar vorhanden, die Inschrift als ganze jedoch nicht original überliefert ist. Zu dieser Kategorie gehören vor allem erneuerte gemalte Inschriften. Ein Kreuz in Klammern steht auch, wenn 2. der Träger eines Inschriftenensembles verloren, aber ein Teil der Inschrift(en) im Original vorhanden ist; oder 3. wenn ein erheblicher Teil der Inschriften eines erhaltenen Trägers nur kopial, d. h. abschriftlich oder fotografisch überliefert ist.
†? Ein Kreuz mit Fragezeichen steht bei abschriftlich oder im Bild überlieferten Inschriften, deren Original möglicherweise noch erhalten ist, aber nicht zugänglich war und folglich nicht nach Autopsie wiedergegeben werden kann.
1465? Ein Fragezeichen bezeichnet eine zweifelhafte Datierung.

Die Beschreibung enthält Angaben zur Ausführung des Inschriftenträgers und der Inschrift(en), zu bekannten Erneuerungsmaßnahmen, ggf. zu früheren Standorten und Verlustumständen. Mehrere Inschriften auf einem Objekt werden mit A, B, C etc. bezeichnet. Ließ sich keine zuverlässige Textfassung einer Inschrift erstellen, wurden in Einzelfällen auch zwei Versionen als Aa und Ab etc. ediert. Die Beschreibung erfolgt in aller Regel vom Blickpunkt des Betrachters aus; nur für die Wappenbeschreibungen wird entsprechend den Regeln der heraldischen Fachsprache umgekehrt verfahren. Hausmarken werden dann, wenn sie von einem Wappenschild umgeben sind, als Wappen behandelt, auch wenn die Stralsunder Gepflogenheiten nicht erkennen lassen, dass einer Hausmarke im Wappenschild eine höhere Wertigkeit zukam als einer Hausmarke ohne Schild. Fehlt hingegen ein Wappenschild, wird eine Marke als Hausmarke bezeichnet; unabhängig vom Überlieferungszusammenhang sind alle Hausmarken im Verzeichnis „Meisterzeichen und Hausmarken“ wiedergegeben. Die Standortangaben zur Lage der Seitenschiffsjoche und Seitenkapellen in den Kirchen, zum Beispiel „dritte Kapelle im südlichen Seitenschiff“, erfolgen von Westen nach Osten voranschreitend. Für im Original erhaltene Inschriften werden, wenn möglich, die Maße des Inschriftenträgers, die Buchstabenhöhe und die Schriftart angegeben. Dies gilt nicht für Grabplatten-Nummerierungen. Sind Inschriften ganz oder teilweise kopial überliefert, ist die Quelle, nach der zitiert oder ergänzt wird, genannt.

Für die in der Nikolaikirche liegenden und aufrecht angebrachten Grabplatten, Grabfliesen und Gruftplatten wurde ein Kirchengrundriss angefertigt, der die Lage der Steine maßstabsgerecht [Druckseite 11] dokumentiert. In den Beschreibungen wird auf die jeweilige Plattennummer in diesem Kirchengrundriss verwiesen.

Im Editionsteil werden alle auf einem Objekt angebrachten Inschriften in chronologischer Folge wiedergegeben, auch solche, die aus der Zeit nach 1650 stammen. Maßgeblich für die Einordnung eines Objekts in den Katalog ist die jeweils älteste noch lesbare Inschrift. Einen Überblick über alle edierten Inschriften unabhängig vom Inschriftenträger verschafft eine chronologische Liste im Anhang an den Katalog. Grabplatten-Nummerierungen werden grundsätzlich ans Ende des Editionsteils gesetzt. Versinschriften sind versweise abgesetzt, auch wenn die Inschrift am Original fortlaufend erscheint. Bei abschriftlich oder fotografisch überlieferten Inschriften ist die für die Edition maßgebliche Quelle genannt.

Vor einzelnen verlorenen Inschriften steht ein Kreuz.
[ ] Eckige Klammern markieren Textverlust bei einer original überlieferten Inschrift und schließen die Ergänzungen der Bearbeiter ein.
[...] Punkte in eckigen Klammern bezeichnen Textverlust, der nicht ergänzt werden kann. Lässt sich die Länge des verlorenen Textes feststellen, markiert ein Punkt jeweils einen ausgefallenen Buchstaben.
[ - - - ] Lässt sich die Länge des verlorenen Textes nicht feststellen, stehen drei durch Spatien getrennte Striche.
( ) Runde Klammern schließen aufgelöste Abkürzungen ein. Bei der Auflösung der Abkürzungen ist AE- oder E-Schreibung je nach Usus der Inschrift eingesetzt, ebenso U und V. Wenn die Inschrift keine Anhaltspunkte gibt, wird nach klassischem Gebrauch verfahren. Punkte auf der Grundlinie oder hochgestellte Punkte werden nach Abkürzungen nur dann beibehalten, wenn die Inschrift durchgehend mit Worttrennern versehen ist. Abkürzungen von Bibelstellenangaben innerhalb einer Inschrift werden nicht aufgelöst, ebenso wenig S für SANCTUS, SANCTA oder deutsche Entsprechungen, wenn keine sprachlich eindeutige Auflösung möglich ist.
〈 〉 Spitze Klammern bezeichnen spätere Nachträge auf einem Inschriftenträger oder schließen für Nachträge freigelassene Stellen ein.
/ Ein Schrägstrich markiert das Zeilenende.
// Doppelte Schrägstriche markieren den Wechsel des Inschriftenfeldes oder die Unterbrechung der Zeile.
AE Unterstreichung bezeichnet eine Ligatur von zwei oder mehreren Buchstaben.

Einer lateinischen, niederdeutschen oder auch hebräischen Inschrift schließt sich die Übersetzung an. Runde Klammern bezeichnen Zusätze, die dem Textverständnis dienen, aber keine wörtliche Entsprechung im Ausgangstext haben. Niederdeutsche Inschriften auf Grabplatten werden nur dann übersetzt, wenn sie Aussagen enthalten, die über das übliche Grabinschriftenformular wie ‚Dieser Stein (und Begräbnis) gehört ...‘ hinausgehen.

Bei metrischen Inschriften wird im Anschluss an die Übersetzung das Versmaß und ggf. die Reimform genannt.

Die Wappenzeile verzeichnet die im Zusammenhang mit den Inschriften überlieferten Wappen. Diese werden so wiedergegeben, wie es ihrer Anordnung auf dem Inschriftenträger entspricht. Nicht identifizierte Wappen werden in Ziffernanmerkungen blasoniert, alle identifizierten Wappen werden im Reg. 3a beschrieben und nachgewiesen.

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Der Kommentar enthält Erläuterungen zu verschiedenen mit den Inschriften oder dem Inschriftenträger zusammenhängenden Fragen. Diese können sich auf Besonderheiten der Schrift, der Sprache oder des Inhalts der Inschriften beziehen, historische und biografische Angaben bieten sowie Probleme der Datierung diskutieren. Die biografischen Informationen zu den bis 1650 inschriftlich genannten Personen wurden mit dem vorrangigen Ziel zusammengestellt, diese Personen ständisch-sozial und im Hinblick auf ihre geografische Herkunft in das Gefüge der Stadt einzuordnen. Diese Angaben erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Das Stadtarchiv Stralsund ist seit Oktober 2012 geschlossen, die meisten Archivbestände sind seitdem nur sehr eingeschränkt benutzbar. Um die inschriftlich genannten Personen identifizieren zu können, wurden biografische Angaben in publizierten Quellenwerken soweit möglich ergänzt durch die Internet-Recherchemöglichkeiten ‚Ariadne‘ des Archivverbunds Mecklenburg-Vorpommern (http://ariadne.uni-greifswald.de), die Online-Datenbank des Stadtarchivs Stralsund (recherche.stralsund.de) und das im Stadtarchiv benutzbare General-Register. Unentbehrliche Informationsquellen waren auch die im Stadtarchiv handschriftlich überlieferten, mittlerweile in der Digitalen Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern (http://ub-goobi-pr2.ub.uni-greifswald.de/viewer) verfügbaren genealogischen Studien von Johann Albert Dinnies zu den Stralsunder Ratsfamilien.

Der Apparat gliedert sich in Buchstaben- und Ziffernanmerkungen sowie Nachweise der kopialen Überlieferung.

Die Buchstabenanmerkungen beziehen sich auf textkritische Probleme der Inschriften. Sie enthalten abweichende Lesarten der Parallelüberlieferung, soweit diese bedeutungstragend sind, und weisen auf orthografische Besonderheiten oder fehlerhafte Stellen hin.

Die Ziffernanmerkungen enthalten inhaltliche Erläuterungen und Literaturhinweise.

Die am Schluss eines Katalogartikels angeführten Quellenangaben stellen in chronologischer Folge die wichtigsten kopialen Überlieferungen und Abbildungen zusammen.

2. Historisch-chronologischer Überblick

Die Hansestadt Stralsund, seit Jahr 2002 mit der Hansestadt Wismar UNESCO-Weltkulturerbe, liegt im Nordosten des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. An das Stadtgebiet schließt sich nach Norden und Osten der Strelasund an. Dieser Meeresarm trennt die Stadt von der Insel Rügen und stellt nach zwei Seiten die Zufahrt zur Ostsee dar. Zum Festland hin ist der Altstadtbereich von Teichen umgeben, von dort gewähren lediglich Dämme einen Zugang. Bis zur Reformation gehörte Stralsund zum Bistum Schwerin. Zu dieser Zeit zählte die Stadt ungefähr 12.500 Einwohner.3) Bis 1637 war sie Bestandteil des Herzogtums Pommern,4) zwischen 1648 und 1815 gehörte sie mit Ausnahme weniger Jahre zum Königreich Schweden.

Für die folgende Tabelle wurden die wichtigsten stadt- und territorialgeschichtlichen Daten zusammengestellt.5) Besonderes Augenmerk wurde auf historische Ereignisse und Entwicklungen gelegt, [Druckseite 13] die in den Inschriften einen Niederschlag finden oder die – wie Brände und kriegerische Auseinandersetzungen – negative Auswirkungen auf den Stralsunder Inschriftenbestand hatten.

1234 Fürst Wizlaw I. von Rügen verleiht Stralsund lübisches Stadtrecht nach Rostocker Vorbild (Kat.-Nr. 308, 405).
1251 Gründung des Dominikanerklosters St. Katharinen am westlichen Stadtrand (Kat.-Nr. 44, 107).
1254 Gründung des Franziskanerklosters St. Johannis am nördlichen Stadtrand nahe dem Strelasund (Kat.-Nr. 48, 99, 110).
ca. 1272–1276 Ersterwähnung der Pfarrkirche St. Nikolai am Alten Markt (Kat.-Nr. 1).
1278 Ersterwähnung des St.-Jürgen-Hospitals vor dem Kniepertor.
1283, 1293 Lübeck, Stralsund, Rostock, Greifswald, Wismar und andere Städte (später sog. Wendisches Quartier der Hanse) schließen Bündnisverträge, die gegenseitige militärische Hilfeleistungen vorsehen.
1293 Ersterwähnung eines Stralsunder Bürgermeisters.
1295–1459/78 Das Herzogtum Pommern ist aufgeteilt in die Herzogtümer Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast.
1298 Ersterwähnung der Pfarrkirche St. Marien in der Neustadt (Neuer Markt).
1303 Ersterwähnung der Pfarrkirche St. Jakobi südlich des Alten Markts.
1310 Schutzbündnis der Städte Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald.
um 1310 Das noch im Bau befindliche Rathaus wird bereits als ‚Kaufhaus‘ genutzt.
1316 Sieg gegen ein überwiegend dänisches Heer in der sog. Schlacht am Hainholz (Kat.-Nr. 178, 308).
um 1325 Verlegung des Heilgeist-Hospitals an die jetzige Stelle am Strelasund.
seit 1325 Rügenscher Erbfolgestreit: Die Fürsten von Rügen sterben aus, Stralsund wird nach längeren Auseinandersetzungen Teil des Herzogtums Pommern-Wolgast (Kat.-Nr. 20).
1348 Goldene Bulle: Kaiser Karl IV. erkennt die umstrittene Reichsunmittelbarkeit Pommerns an; dennoch muss der Herzog 1479 Brandenburg huldigen. Nach längerem Rechtsstreit zwischen den Bistümern Schwerin und Cammin wird dem Herzog von Pommern das Patronat über die Stralsunder Kirchen zugesprochen (Kat.-Nr. 7, 20).
1370 Stralsunder Frieden: Vertrag der Städte des wendischen Quartiers der Hanse mit dem dänischen König.
1382 od. 1384 Teile des Vorgängerbaus von St. Marien stürzen ein, mit dem Neubau in der jetzigen Form wird begonnen (Kat.-Nr. 43).
1421 Gründung des Birgittenklosters Marienkron vor dem Kütertor (Kat.-Nr. 118).
1452 Goldenes Privileg: Stralsund, Greifswald, Anklam und Demmin erreichen den Höhepunkt ihrer Macht und Freiheit gegenüber der schwachen landesherrlichen Gewalt.
um 1480 Gründung des St. Annenhauses für Schwestern vom gemeinsamen Leben in der heutigen Schillstraße (Kat.-Nr. 136).
1523 1. Juni: Christian Ketelhodt hält die erste reformatorische Predigt in der Stadt (Kat.-Nr. 177, B).
1524 Mit der Ratsherrschaft der Kaufleute unzufriedene Bürger stürmen das Rathaus, das bürgerschaftliche 48er-Gremium wird gebildet.
1525 10. April: Während des sog. Stralsunder Kirchenbrechens werden u. a. die Klöster geplündert. Bildwerke werden auf Veranlassung Franz Wessels eingezogen und vergraben. Für die Stadt wird eine evangelische Kirchen- und Schulordnung erlassen.
Nachfolgend werden das Franziskaner- und Dominikanerkloster aufgelöst (Kat.-Nr. 107).
1534 Der von Herzog Philipp einberufene Landtag in Treptow a. d. Rega verabschiedet eine evangelische Kirchenordnung für Pommern, die von Stralsund nicht anerkannt wird.
1560 Im ehem. Dominikanerkloster, in das zunächst die Schwestern des Birgittenordens eingezogen waren, wird das Ratsgymnasium eröffnet (Kat.-Nr. 179, 200, 219, 282, 335).
1615, 1616 Zwischen Bürgermeister, Rat und Herzog Philipp Julius von Pommern wird 1615 nach einem mehrjährigen Konflikt ein Erbvertrag geschlossen: Die Stadt und ihre Bürger sind den Herzögen gegenüber zu Gehorsam verpflichtet. Der Rat darf Geistliche der Stadt berufen und übt weiterhin die Gerichtshoheit in der Stadt und im Umland aus. Als Berufungsinstanz soll das herzogliche Hofgericht an erster Stelle stehen, nur bei größeren Verfahren darf das Lübecker Gericht angerufen werden. Im Jahr 1616 folgt ein Bürgervertrag.
1624 Kirche und Dach der ehem. Klausur von St. Johannis brennen ab.
1628 Mai – Juli: Die Belagerung durch kaiserliche Truppen unter Herzog Albrecht von Wallenstein bleibt aufgrund schwedischer und dänischer Unterstützung erfolglos (Kat.-Nr. 361, 366).
1630 26. Juni: König Gustav II. Adolf von Schweden landet mit einer Armee bei Peenemünde (Insel Usedom); in Stralsund am 10. September (Kat.-Nr. 345, 349, 350, 405).
1637 Tod Bogislaws XIV., des letzten Pommernherzogs. Schwedische Militärbefehlshaber übernehmen die Kontrolle über Pommern (Kat.-Nr. 242, 405).
1647 10. August: Ein Blitzeinschlag in den Kirchturm von St. Marien verursacht einen großen Brand, durch den das Langhaus mitsamt der Ausstattung stark in Mitleidenschaft gezogen wird (Kat.-Nr. 405, 417).
1648 Artikel 10 des Osnabrücker Friedens: Vorpommern mit Rügen, die Inseln Usedom und Wollin, die Odermündung, das Haff sowie die Städte Stettin, Gollnow, Gartz und Damm fallen als Reichslehen an die Krone Schwedens. Der schwedische König wird damit Reichsfürst und Herzog von Pommern.
1662 Stadtbrand, von dem auch die Türme und das Dach von St. Nikolai betroffen sind: Die vorhandenen Glocken werden zerstört.
1678 Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg belagert und bombardiert Stralsund, etwa die Hälfte der Wohnhäuser wird zerstört, St. Jakobi beschädigt.
1680 Während eines Stadtbrandes wird das Rathaus stark beschädigt, der Artushof zerstört.
1720 Schwedisch-Pommern umfasst das Gebiet nördlich des Flusses Peene. Stralsund wird Verwaltungssitz.
1815 Wiener Kongress: Vorpommern und Rügen gehen aus schwedischem in preußischen Besitz über.
1896 In St. Nikolai findet die letzte Bestattung statt.
1944 6. Oktober: Durch einen Bombenangriff werden viele Wohnhäuser sowie u. a. die Ratsapotheke, das Semlower Tor, die Kirchen St. Johannis und St. Jakobi schwer beschädigt oder zerstört.
1952 Einrichtung des Bezirks Rostock entlang der Ostseeküste der DDR.
1990 Gründung des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern aus den drei Bezirken Schwerin, Rostock und Neubrandenburg. Stralsund wird kreisfreie Stadt.
2005 Aufnahme der Stralsunder Altstadt (mit der Hansestadt Wismar) in das UNESCO-Weltkulturerbe.
2011 Stralsund verliert die Kreisfreiheit und wird Teil des Landkreises Vorpommern-Rügen.

3. Die Standorte der Inschriften

3.1. Die Pfarrkirchen

Im Mittelalter war die Kirche von Voigdehagen, heute ein Ortsteil wenige Kilometer südlich von Stralsund, kirchenrechtlich gesehen Mutterkirche der großen Stadtkirchen St. Nikolai, St. Marien und St. Jakobi.6) Das Patronat über die Pfarrei Voigdehagen, Sitz des herzoglichen Vogts, oblag den Landesherren, die damit auch Patrone der genannten städtischen Filialkirchen waren und mindestens bis zur Reformation blieben (vgl. Kat.-Nr. 94).7) In der Voigdehagener Kirche wurde vor wenigen Jahren die wohl älteste Grabplatte im Stralsunder Stadtgebiet freigelegt (Kat.-Nr. 2). Auf welchem Weg zwei spätmittelalterliche Kelche Erfurter Provenienz (Kat.-Nr. 105, 119) dorthin gelangt sind, ist nicht bekannt.

Die Finanzen der städtischen Pfarrgemeinden wurden von Provisoren (Kirchenpflegern) verwaltet, die mehrheitlich Ratsangehörige waren.8) Dies gilt auch für die nach der Reformation als Kirchengemeinden oder Frauenstifte weitergeführten ehemaligen Klöster. Zum Aufgabenbereich der Provisoren gehörte unter anderem die Aufsicht über Familienbegräbnisse, einzelne Grabstellen und deren Abdeckungen, die Grab- und Gruftplatten. Nach dem Erwerb waren dafür jährliche Gebühren zu entrichten.9) Die Grab- und Gruftplatten sowie Grabfliesen und -steine der verschiedenen Pfarr- und Klosterkirchen, unter denen St. Nikolai die weitaus größte Anzahl aufweist, werden zusammenhängend in Kap. 5.1.1 behandelt.

Allen drei Pfarrkirchen waren Beinhäuser angegliedert, die als Bauwerke nicht mehr existieren, deren nachmittelalterliche Inschriften aber überliefert sind (Kat.-Nr. 284, 396, 416).

3.1.1. St. Nikolai

Die Kirche St. Nikolai ist mit 190 Objekten der bei weitem bedeutendste Inschriftenstandort der Stadt. Im 14. Jahrhundert entstanden 18, im 15. Jahrhundert 41 Objekte. In 116 Fällen handelt es sich um Grabplatten, Grabfliesen, Gruftplatten und Grabsteine, unter den übrigen 74 Objekten sind 24 Epitaphien besonders zu nennen.10) Lediglich 17 Inschriftenträger des Bestandes von St. Nikolai (davon neun Epitaphien) sind ausschließlich kopial überliefert.

In einem zwischen 1272 und 1276 entstandenen Stadtbuch-Eintrag wird die im Bau befindliche Kirche erstmals erwähnt,11) im frühen 15. Jahrhundert waren die Arbeiten abgeschlossen.12) St. Nikolai, unmittelbar neben dem Rathaus am Alten Markt im Nordosten der Stadt gelegen, zeigt sich nach dem Vorbild der Lübecker Marienkirche als dreischiffige Basilika mit 5/8-Chorschluss, einem Chorumgang und zahlreichen Einsatzkapellen. Das Portal des doppeltürmigen Westbaus ist auf den Mittelgang des [Druckseite 16] Rathauses ausgerichtet. Schon dieser architektonische Bezug von politischer Führung und Kirche verbildlicht die besondere Ratsnähe von St. Nikolai.13) Im Zuge der Reformation wurde festgelegt, dass der vom Rat zu berufende und vom Herzog zu bestätigende Stadtsuperintendent das Amt des ersten Predigers an St. Nikolai bekleiden solle.14)

Zu den ältesten Inschriftenträgern der Stadt zählen zwei Steintafeln mit beschädigten Bauinschriften in gotischer Minuskel aus den Jahren 1318 und 1329, die zu beiden Seiten des Westportals der Kirche angebracht sind (Kat.-Nr. 1, 3). Im Kircheninneren fällt zunächst der intensiv-polychrome Raumeindruck auf. Dieser ist ein Resultat der seit 1890 bis ins späte 20. Jahrhundert erfolgten Freilegung und nicht immer geglückten Rekonstruktion mittelalterlicher Wandmalereien.15) Einige kurze bzw. verstümmelte Inschriften lassen sich dieser Ausgestaltung des Kirchenraums zuordnen (Kat.-Nr. 8, 9, 29, 51, 114; auch Kat.-Nr. 128, 134). Wandmalereien mit der speziellen Funktion, eine Altarstelle zu schmücken, sind daran zu erkennen, dass sie sich an Wänden und Pfeilern oberhalb der ursprünglich aufgestellten Altarmensa befinden. Nach der Reformation wurden alle Nebenaltäre aufgelöst und die Altarmensen beseitigt, lediglich die Malereien blieben erhalten. Eine Kapelle an der Südseite zeigt eine Retabelmalerei und eine möglicherweise für ihren Stifter, das Ratsmitglied Gerwin Storkow († 1338), angefertigte qualitätvolle Grabplatte – die älteste in St. Nikolai (Kat.-Nr. 5, 6).

Den ökonomischen und politischen Aufstieg Stralsunds und den damit verbundenen Repräsentationswillen der führenden Familien belegt die knapp zwanzig Jahre später entstandene, prachtvolle Messingplatte für den Bürgermeister Albert Hovener (Kat.-Nr. 23), die wie andere auf die gleiche Art und Weise gefertigte Stücke aus Flandern importiert worden war. Die nur wenig ältere Metallplatte für den Bürgermeister Arnold Voet und seine Familie ist nicht erhalten (Kat.-Nr. 22). Ein repräsentatives Spitzenprodukt zeitgenössischen Könnens stellt schließlich die 1394 hinter dem Hochchor errichtete, monumentale Uhr mit Astrolabium des Meisters Nikolaus Lilienfeld dar, die als die älteste des Ostseeraums gilt (Kat.-Nr. 35).

St. Nikolai verfügte vor der Reformation über 56 Altarstellen.16) Zwar belegen auch die bereits erwähnten Retabelmalereien, dass man nicht in jedem Fall von einem aufwändigen, hölzernen Flügelretabel als Altarschmuck ausgehen darf. Jedoch bezeugen bis heute die noch in der Kirche erhaltenen oder an andere Orte verbrachten sieben Retabel und Bestandteile von bis zu vier weiteren Altaraufsätzen ihren einstigen Reichtum.17) Besonders das Junge-Retabel (Kat.-Nr. 63, M. 15. Jh.) und das Antwerpener Schnitzretabel (Kat.-Nr. 138, um 1510-1520), heute in Waase (Insel Rügen), haben von kunsthistorischer Seite viel Aufmerksamkeit erfahren. In geringerem Maße gilt dies für die übrigen Altaraufsätze, die Namensbeischriften, Gewandsauminschriften oder kurze lateinische Spruchbänder zeigen. Die niederdeutschen Bildbeischriften des Riemer-Beutler-Retabels nehmen eine Sonderstellung ein.18) Da für den Inschriftenkatalog nicht die Datierung eines Objektes, sondern die Entstehungszeit der ältesten darauf angebrachten Inschrift(en) maßgeblich war, sind einige bekannte [Druckseite 17] Ausstattungsstücke der Nikolaikirche aus paläografischen Gründen zeitlich später eingeordnet, als man vielleicht zunächst erwarten würde, so die berühmten Holztafeln vom Gestühl der Rigafahrer und die Chorschranken (Kat.-Nr. 108, 109, beide 2. H. 15. Jh.). Zwei aufwändig dekorierte und beschriftete Kelche aus den Jahren 1487 und 1503, die in St. Nikolai aufbewahrt werden, ihren Inschriften zufolge aber für andere Eigentümer bzw. Standorte angefertigt wurden (Kat.-Nr. 101, 127), werden weiter unten in den Kap. 3.1.3 und 3.2.1 behandelt.

Während Umfang und Qualität der erhaltenen mittelalterlichen Ausstattung von St. Nikolai immer wieder hervorgehoben und behandelt wurden,19) fand das neuzeitliche Inventar der Kirche bislang keine wissenschaftliche Beachtung. Aus der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts sind Inschriften auf 24 Epitaphien, zwei Totenschilden, der 1611 fertiggestellten Kanzel, dem Kramergestühl (1574) sowie neun Leuchtern im Original oder in erneuerter Form erhalten bzw. abschriftlich oder fotografisch überliefert. Chronologisch am Anfang dieser Reihe stehen die aus derselben Werkstatt stammenden Totenschilde für die im Jahr 1555 verstorbenenen Bürgermeister Nikolaus Steven und Christoph Lorbeer (Kat.-Nr. 172, 173).

Neun Bildepitaphien für Superintendenten, Pfarrer und Kirchenbedienstete gehören zu einer ehemals nahezu sechzig Gemälde umfassenden Galerie Stralsunder Geistlicher;20) vier Objekte sind erhalten, fünf ausschließlich abschriftlich oder fotografisch überliefert. Einigen Jahres- und Altersangaben zufolge wurden einzelne Porträts bereits zu Lebzeiten angefertigt (Kat.-Nr. 235, 282, 313, 358, möglicherweise auch Kat.-Nr. 367, 380). In Kombination mit lateinischen Sterbe- und Gedenkinschriften, die auf separaten Tafeln ergänzt wurden, entstanden daraus Epitaphien. Die Porträtgalerie hatte wohl im Versammlungsraum der lutherischen Prediger (Geistliches Ministerium) ebenso wie im Kirchenraum selbst ihren historischen Platz.21) Diesen typischen Bestandteilen der Kirchenausstattung lutherischer Konfessionskultur kam in der Stadt Stralsund sicher auch die besondere Aufgabe zu, die religiöse Autonomie gegenüber den Herzögen zu betonen, deren politische Agenda hingegen die Durchsetzung des landesherrlichen Kirchenregiments einschloss.22) Der Befund, dass man sich bemühte, die Bildnisse und zugehörigen Inschriften bei Bedarf zu erneuern, zeigt, dass sie auch nach dem Aussterben der pommerschen Herzöge (1637) ihre Funktion nicht verloren hatten: Sie standen ihren Nachfolgern als nachahmenswerte Vorbilder vor Augen und verwiesen auf die lutherische Lehrtradition der Stadt.23) Als ikonografischer Typus dominieren Halbfiguren in schwarzem Talar und Halskrause mit einem Buch. Eine Ausnahme stellt das posthum angefertigte ganzfigurige Bildnis des Stralsunder Reformators Christian Ketelhodt († 1546) dar (Kat.-Nr. 177, 1565). Eine niederdeutsche Inschrift (B) berichtet von den ersten reformatorischen Predigten in der Stadt, eine (nicht erhaltene) ausführliche lateinische Versinschrift, verfasst von Zacharias Orth, feierte die Reformation und den Reformator (E). Diesen für Geistliche angefertigten Porträt-Epitaphien ist dasjenige für den Stadthauptmann Hinrick Swerin (Kat.-Nr. 223, 1591 u. 1602) an die Seite zu stellen, das eine niederdeutsche Inschrift aufweist.

[Druckseite 18] Die übrigen Epitaphien sind so gestaltet, dass biblische Szenen das ikonografische Zentrum bilden. Sie weisen keine oder nur die üblichen kleinen Darstellungen der knienden Verstorbenen unterhalb einer Bibelszene auf.24) Das Denkmal für Margarete Schermer (Kat.-Nr. 180, 1567), Schwiegertochter des Bürgermeisters Nikolaus Steven, zeichnet sich durch eine lange lateinische Verseulogie auf die jung Verstorbene aus. Für den 1629 an der Pest verstorbenen Bürgermeister Lambert Steinwich wurde in Prosa eine ähnlich ausführliche inschriftliche Vita verfasst, die seine weit über die Grenzen Stralsunds hinaus bekannte politische Begabung und Bedeutung herausstreicht (Kat.-Nr. 366). Ein niederdeutsches Bibelzitat sowie eine niederdeutsche Sterbeinschrift mit Gebeten wurden auf den Epitaphien für Johannes Staneke (Kat.-Nr. 179, 1566) und Cord Middelborch (Kat.-Nr. 185, 1572) angebracht.25)

Schon durch ihre materielle Beschaffenheit zeichnen sich schließlich drei steinerne Epitaphien des 17. Jahrhunderts aus. Diese Denkmäler aus Sandstein, noch repräsentativer und kostspieliger als solche aus Holz, gedenken des Bürgermeisters Joachim Klinkow (Kat.-Nr. 263, 1601–1602), der Margarete Lüdeke, Ehefrau eines Arztes (Kat.-Nr. 325, 1630), und des Ehepaars Jakob Mack Duwall, General in schwedischen Diensten, und Anna von Berg (Kat.-Nr. 350, 1634?). Die Familien Klinkow und Mack Duwall konnten sich darüber hinaus einen Grabstein und eine Gruftplatte für ihr Erbbegräbnis in einer Familienkapelle leisten (Kat.-Nr. 264, 352) und diese sogar aufwändig ausstatten (Kat.-Nr. 345).

Auch das Ehepaar Nikolaus Brahme und Margareta Stappenbeck besaß eine eigene Kapelle mit einer Grabplatte und einem nicht erhaltenen Epitaph (Kat.-Nr. 326, 355). Der große Kronleuchter, den Jakob Mack Duwall der Kirche überließ (Kat.-Nr. 337), und der Wandleuchter vor der Brahme-Kapelle (Kat.-Nr. 357) sind damit Bestandteile umfangreicher Anschaffungen und Stiftungen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, die die Erinnerung an Mitglieder der Stralsunder politischen, militärischen und ökonomischen Elite wachhalten sollten.

Von acht Wandleuchtern und einem Kronleuchter in der Nikolaikirche, die zwischen 1571 und 1635(?) angefertigt wurden, waren vier für die Beleuchtung der Gestühle von Kaufmanns- und Handwerkskorporationen bestimmt (Kat.-Nr. 182, 289, 310, 336), drei nennen die Namen einzelner Personen (Kat.-Nr. 192, 196, 357). Der große Kronleuchter mit zwei ausführlichen Inschriften steht im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Grabkapelle durch den General Jakob Mack Duwall (Kat.-Nr. 337).

Die im Jahr 1611 von einem unbekannten Meister fertiggestellte Kanzel (Kat.-Nr. 280) und der später hinzugefügte Schalldeckel wurden mit zwanzig Inschriften geschmückt, bei denen es sich um lehrhafte Verse und Bibelzitate handelt.

3.1.2. St. Marien

Der Kirche St. Marien als Standort sind 68 Objekte, davon 31 Grabplatten und Grabfliesen, zuzuordnen. Im 14. Jahrhundert entstanden sechs, im 15. Jahrhundert neun Objekte. Ausschließlich kopial überliefert sind 16 Inschriftenträger.

Der 1298 erstmals erwähnte Vorgängerbau der in der Neustadt gelegenen Marienkirche wurde seit 1384 (oder 1382) durch den heutigen Bau, eine Basilika mit Chorumgang und dreischiffigem Querhaus, ersetzt. Dieser stellt in seiner Größe – die Gesamtlänge beträgt 99 Meter – und architektonischen Geschlossenheit ein spätes Hauptwerk der Backsteingotik dar.26)

Die Gewölbemalereien in den Seitenschiffen und im südlichen Querhaus sowie in der Sakristei entstanden zu Beginn des 15. Jahrhunderts, sind aber nur in einem stark überformten Zustand erhalten, der keine Deutung des Inschriftenprogramms zulässt (Kat.-Nr. 42, 43). In die frühe Zeit des Kirchenneubaus gehört der von Engelke Nygestat bereits im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts [Druckseite 19] gestiftete, mit aufwändigem Dekor versehene Kelch, bei dem es sich um den ältesten im gesamten Stralsunder Inschriftenbestand handelt (Kat.-Nr. 36).

Zwei vorreformatorischen Kelchen mit einem lateinischen Eigentumsvermerk des Priesters Peter Rade alias Clensmid und einer Diebstahlswarnung (Kat.-Nr. 96, 1473) sowie einer niederdeutschen Stifterinschrift des Hans Virow (Kat.-Nr. 126, 1503) sind die jüngeren, vom Bürgermeister und Kirchenprovisor Franz Wessel 1558 und 1559 mitfinanzierten Vasa sacra an die Seite zu stellen. Auf dem verlorenen Kelch (Kat.-Nr. 176) war in lateinischer Sprache eine lutherisch-christologische Versinschrift angebracht, die Oblatendose (Kat.-Nr. 175) zeigt die Initialen und das Wappen Wessels.

Dreizehn Leuchter aus den Jahren 1557 bis 1649, davon fünf nicht mehr erhalten, bezeugen, dass neben Einzelpersonen auch Korporationen, so die Provisoren des Gasthauses (Armenhauses, Kat.-Nr. 204), die Zimmerleute (Kat.-Nr. 268, 269), die Gewandschneider (Kat.-Nr. 413) und die Schuhknechte (Kat.-Nr. 415) sich als Stifter betätigten.

Für St. Marien sind die Inschriften von nur einem Epitaph für einen Geistlichen und einem Grabmal unbekannter Gestalt für Margareta Michael bekannt (Kat.-Nr. 197, 1580; Kat.-Nr. 373, 1638). Für diese magere Überlieferung ist sicherlich der Brand verantwortlich zu machen, der im August 1647 mehrere Gebäudeteile samt Ausstattung erfasste. Danach mussten beispielsweise eine Glocke und ein Kohlebecken neu angeschafft werden (Kat.-Nr. 404, 417). Den Schrecken der Anwohner und Gemeindemitglieder ebenso wie den Stolz der Verantwortlichen über den zügigen Wiederaufbau der Kirche hält eine ausführliche chronikähnliche Inschrift fest, die die Ereignisse von 1647 im Kontext der Geschichte der Stadt Stralsund schildert (Kat.-Nr. 405).

3.1.3. St. Jakobi

Die Kirche St. Jakobi war und ist Standort von 55 Objekten mit Inschriften, darunter 31 Grabplatten. Im 14. Jahrhundert entstanden mindestens sieben, im 15. Jahrhundert zwei bis sieben Objekte. Die Inschriften von zwölf Objekten wurden nach der kopialen Überlieferung ediert.

Die Jakobikirche südlich des Alten Markts, 1303 erstmals erwähnt, ist eine Basilika mit gerade abgeschlossenem, vom Langhaus nicht abgesetztem Chor. Zwei Weiheinschriften (Kat.-Nr. 20, 111) belegen, dass der Bau in der Mitte des 14. Jahrhunderts weit fortgeschritten war. Bereits gut fünfzehn Jahre vorher hatte eine Bestattung stattgefunden; bei der dafür angefertigten Grabplatte handelt es sich um eine der ältesten in der Stadt Stralsund (Kat.-Nr. 4, 1333). Um die Erweiterung des Westteils der Kirche im späten 15. Jahrhundert finanzieren zu können, wurde auf einer Steintafel um Spenden gebeten (Kat.-Nr. 106).27) Drei aufwändig verzierte Kelche, die für Altäre in St. Jakobi bestimmt waren, werden mittlerweile andernorts aufbewahrt. Sie tragen zwei ausführliche niederdeutsche Stiftervermerke (Kat.-Nr. 127, 1503, Kat.-Nr. 129, 1506) und eine ebenfalls niederdeutsche lutherisch-christologische Inschrift (Kat.-Nr. 246, 2. H. 16. Jh.).

Zur Standardausstattung protestantischer Kirchen gehörten Reformatorenporträts. In St. Jakobi befand sich ein Gemäldepaar mit Halbfiguren Martin Luthers und Philipp Melanchthons aus der Werkstatt Lucas Cranachs d. J. (Kat.-Nr. 202, 203, beide um 1570–1580). Das Porträt Melanchthons weist eine in der Schriftart (humanistische Minuskel) sowie hinsichtlich ihrer Quelle, der Bibelübersetzung des Erasmus von Rotterdam, sehr ungewöhnliche Inschrift auf. In den 1620er Jahren wurde unter den Meistern Hans Lucht und Zacharias Maus damit begonnen, eine neue Kanzel zu errichten (Kat.-Nr. 315) – ein weiteres zentrales Ausstattungsstück lutherischer Kirchen. Sie trägt zahlreiche Inschriften in Form von Bibelstellenverweisen, lateinischen und deutschen Bibelzitaten, Bildbeischriften sowie einer lateinischen Anweisung für den Pfarrer, mit welcher inneren Einstellung zu predigen sei (A).

Das Inventar von St. Jakobi litt durch die Auslagerungen während des Zweiten Weltkriegs, aber auch in den folgenden Jahrzehnten in besonderem Maße. Die Kirche wird seit 1993 saniert, umgebaut und mittlerweile als Kulturkirche für Veranstaltungen genutzt. Im Fußboden liegende Grabplatten wurden in den Jahren 2006 und 2009 gehoben und eingelagert. Dank des Entgegenkommens der [Druckseite 20] Verantwortlichen konnten alle Steine im August 2006 und November 2009 fotografisch dokumentiert werden. Die Neugestaltung des Kirchenraums, zu der insbesondere die Wiederaufstellung der Kanzel (Kat.-Nr. 315) gehört, ist noch nicht abgeschlossen. Im Kunstgutlager werden zahlreiche Ausstattungsstücke der frühen Neuzeit (oder Teile davon) verwahrt, darunter Epitaphien und Gemälde sowie wohl einige zerlegte Leuchter.28) Sie können ohne assistierende Sicherungsmaßnahmen nicht bewegt werden. Weil die dafür erforderliche konservatorisch-restauratorische Begleitung im Rahmen des Inschriftenprojekts nicht zu leisten war, erfolgte die Bearbeitung dieser Ausstattungsstücke aus der Literatur oder auf der Grundlage von Fotografien. Der Verlust von Epitaphien muss bereits vor dem Zweiten Weltkrieg eingesetzt haben, da auch aus der älteren kopialen Überlieferung die Inschriften von nur vier solcher Grabmäler bekannt sind (Kat.-Nr. 194, 237, 287, 335).

3.2. Die Klöster

Nur 26 Inschriftenträger lassen sich mit Sicherheit oder wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit den Gebäuden und dem Inventar der Stralsunder Klöster oder ihrer geistlichen Nachfolgeeinrichtungen zuordnen. Die Inschriften von fünf Objekten sind ausschließlich kopial überliefert, bei sieben oder acht handelt es sich um Grabplatten(-fragmente). Ein entscheidender Einschnitt für alle Stralsunder Klöster waren die reformatorischen Unruhen und Plünderungen im April 1525. Diese Ereignisse zogen für fast alle Häuser die institutionelle Auflösung und den Übergang des Besitzes und Inventars an den Magistrat nach sich.29)

3.2.1. Dominikanerkloster St. Katharinen

Bei den wenigen für das Katharinenkloster noch nachweisbaren Inschriften handelt es sich um zwei Grabplatten, drei teils fragmentarische Wandmalereien und einen Kelch unsicherer Provenienz; eine Inschrift ist lediglich kopial überliefert.

Das Kloster wurde 1251 nahe der westlichen Stadtmauer gegründet;30) 1287 fand eine Weihe statt. An die dreischiffige Hallenkirche schließen sich die Klausurgebäude mit einem östlichen und einem westlichen Kreuzgang an. Die weitgehend intakte Architektur bezeugt die einstige Größe und Bedeutung dieses Klosters, in dem zwischen der Mitte des 14. und dem Beginn des 16. Jahrhunderts mehrere Provinzialkapitel stattfanden. Im Zuge der Reformation wurde es aufgelöst, in den Räumlichkeiten wurden bis zur Gründung des Ratsgymnasiums und Waisenhauses 1560 die Birgittinerinnen untergebracht. Die Klosterkirche diente als Arsenal und Zeughaus; sie wird heute vom Meeresmuseum, die Konventsgebäude werden vom Stralsund Museum (ehem. Kulturhistorisches Museum) genutzt.

Die beiden erhaltenen Grabplatten Kat.-Nr. 44 (1415) und Kat.-Nr. 46 (1420) wurden für einen Ordensbruder und einen Laien angefertigt. Ob Ludwig Grever, Besitzer des in St. Nikolai aufbewahrten Kelches Kat.-Nr. 101, dem Stralsunder Dominikanerkonvent angehörte, lässt sich aufgrund der schlechten Quellenlage31) nicht klären. Das in Middelhagen (Insel Rügen, Ldkr. Vorpommern-Rügen) aufgestellte Margaretenretabel, das möglicherweise aus dem Katharinenkloster stammt, wurde bereits 2002 im Kontext der ‚Inschriften des Landkreises Rügen‘ bearbeitet.32) Die Gewölbemalereien im sog. Remter (Kat.-Nr. 107, 2. H. 15. Jh.) sind mit einiger Sicherheit in der Zeit der Dominikaner [Druckseite 21] entstanden. Die niederdeutschen Inschriften werden ebenso wie diejenigen des Margaretenretabels im Kontext von Überlegungen zur Sprachwahl genauer behandelt; s. unten, Kap. 6, Exkurs.

3.2.2. Franziskanerkloster St. Johannis und Pfarrkirche St. Johannis

Ähnlich wie das Dominikanerkloster ist auch das Franziskanerkloster St. Johannis mit acht Inschriftenträgern ein vergleichsweise unbedeutender Inschriftenstandort. Es handelt sich um vier Grabplattenfragmente, davon zwei verloren, eine nicht erhaltene Glocke mit dem verbreiteten Spruch O rex glorie veni cum pace (Kat.-Nr. 99, 1485) und geringen Resten von Wandmalereien in den Klausurgebäuden (Kat.-Nr. 110). Ein großes Retabel mit Szenen der Franziskus-Vita, das im Stralsund Museum aufgestellt ist, wurde nur wenige Jahre vor der Reformation möglicherweise für den Stralsunder Konvent angefertigt (Kat.-Nr. 140). Zu den niederdeutschen Bildbeischriften dieses Retabels vgl. unten, Kap. 6, Exkurs.

Das Kloster wurde 1254 am Nordrand der Stadt in unmittelbarer Hafennähe gegründet.33) Nach der Reformation34) dienten die Klausurgebäude bis 1895 als Armenhaus, Kinderheim und Taubstummenanstalt, der aus drei Jochen bestehende Chor der Klosterkirche wurde als Pfarrkirche genutzt. Ein Brand im Jahr 1624 führte zu großen Beschädigungen, die Kirche wurde jedoch soweit wie nötig wieder aufgebaut. Aus der Zeit der evangelischen Gemeinde St. Johannis stammen sieben Objekte, darunter das von Joachim Dade 1638 gestiftete Abendmahlsgeschirr (Kat.-Nr. 116, 376), ein kopial überliefertes Epitaph für einen Pfarrer (Kat.-Nr. 372) sowie Fragmente von drei Glasmalereien (Kat.-Nr. 150, 340, 449). Seit 1944 stehen nur noch die Umfassungsmauern der Konvents- und Pfarrkirche.

3.2.3. St. Annenhaus, Birgittenkloster Marienkron, St. Annen und Birgitten

Aus dem St. Annenhaus der Schwestern vom gemeinsamen Leben, gegründet um 1480 in der heutigen Schillstraße,35) ist eine Steinplatte (Kat.-Nr. 136, 1519 o. später) für den ersten Rektor und Beichtvater Engelbert Therne erhalten.

Die Nonnen des seit 1421 bestehenden Birgittenklosters Marienkron,36) aus dem ein gegen Ende des 15. Jahrhunderts angefertigtes Antependium stammt (Kat.-Nr. 104), zogen nach der Reformation für einige Jahrzehnte in das aufgegebene Dominikanerkloster. Beide Häuser wurden seit 1560 als städtisches Frauenstift fortgeführt;37) zu dessen Inventar gehören ein 1641 umgearbeiteter Kelch und ein Kelchtuch oder Korporale (Kat.-Nr. 117, 446).

3.3. Die Hospitäler

3.3.1. Heiliggeisthospital und -kirche

Von 22 erfassten Inschriftenträgern, die zum Heilgeisthospital und zu dessen Kirche gehören, handelt es sich in acht Fällen um Grabplatten(-fragmente); sechs davon entstanden vor 1500. Bemerkenswert sind vor allem zwei Kelche, ein dreiteiliges Abendmahlsgeschirr sowie fünf Bauinschriften, die zwischen 1616 und 1647 an Portalen und auf Steintafeln angebracht wurden.

Kirche und Hospital werden im Jahr 1325 am heutigen Standort im Osten der Stadt erwähnt, das Hospital als Institution ist jedoch älter.38) An die dreischiffige, vierjochige Hallenkirche schließt sich [Druckseite 22] nach Osten das im 18. Jahrhundert umgebaute Hospitalgebäude, der sog. Kirchgang, an, wiederum östlich steht das sog. Elendenhaus. Da das Hospital außerhalb der schützenden Stadtmauern lag, wurde es 1628 während der Belagerung durch die kaiserlich-katholischen Truppen das erste Mal schwer beschädigt, danach aber auch dank des inschriftlich festgehaltenen Amtseifers seiner Provisoren seit 1637 wieder aufgebaut (Kat.-Nr. 361, 392, 393, 403). Dass 1637 auch neue Vasa sacra erforderlich waren, zeigt die Stiftung der Eheleute Hans Frile und Margarete Zarneke (Kat.-Nr. 362, 364, 365), die durch eine von dem Goldschmied Marten Diederich angefertigte Oblatendose vervollständigt wurde (Kat.-Nr. 363). Zuvor waren Kelche auch von den Provisoren Martin Woele und Michel Dannenfeld gestiftet worden (Kat.-Nr. 209, 283).

3.3.2. St. Jürgen am Strande

Aus dem Hospital St. Jürgen am Strande (Georgshospital) stammen vier Objekte des 16. und 17. Jahrhunderts, die im Stralsund Museum aufbewahrt werden. Das für Leprakranke errichtete Hospital wurde 1278 erstmals erwähnt. Es lag vor dem Kniepertor, also außerhalb der Stadtmauer, am Strelasund.39) Im Jahr 1523 fanden hier die ersten reformatorischen Predigten statt (Kat.-Nr. 177, B). Zwei Kelche des späten 16. Jahrhunderts (Kat.-Nr. 187, 207) sind die einzigen epigrafischen Zeugnisse der Hospitalgeschichte, bevor es 1628 abgerissen und in die Mönchstraße innerhalb der Stadt verlegt wurde. Zwei Kelchtücher können nur grob ins 17. Jahrhundert datiert werden (Kat.-Nr. 434, 447).

3.4. Das Rathaus

Dem Rathaus am Alten Markt lassen sich 18 oder 19 Inschriftenträger zuordnen, die seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden. Die Inschriften von fünf Objekten sind lediglich kopial überliefert.

Das Rathaus, um 1310 noch im Bau, aber teilweise schon als kophus an Händler vermietet, stellt neben den bereits behandelten sakralen Bauwerken St. Nikolai und St. Marien eines der beeindruckendsten profanen Gebäude des Ostseeraums dar. Seine nördliche Schaufassade ist im Wesentlichen ein Resultat der seit 1881 durchgeführten Rekonstruktion des mittelalterlichen Zustands unter dem Stadtbaumeister Ernst von Haselberg.40) Zahlreiche schon seit dem 14. Jahrhundert vollzogene Erweiterungen und Umbauten sowie Feuerschäden und nachfolgende Reparaturmaßnahmen sind wohl dafür verantwortlich, dass die bekannten 18 oder 19 Objekte und Inschriften nicht vor der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden.41) In neun Fällen handelt es sich um Personendarstellungen auf Gemälden und im Relief, in sieben um Wappendarstellungen und Stadt- oder Gebäudeansichten. Eine Reihe vor allem kopial überlieferter lateinischer Inschriften, die diese Bilder erläutern, greift im historischen Bewusstsein der Stadt verankerte Ereignisse (Kat.-Nr. 308, 384, 448) und gängige Vorstellungen vom guten Regiment (Kat.-Nr. 307) auf. Es zeigt sich, dass das Rathaus nicht nur als Bauwerk, sondern auch in Gestalt seiner Ausstattung zentraler Ausdrucksort des historisch-politischen Selbstbewusstseins der Hansestadt Stralsund war. Eine Sonderstellung nimmt dabei die gegenwärtig im Johanniskloster untergebrachte, 1566 auf Holzbohlen gemalte, lünettenförmige Wappentafel ein, die in lateinischen Versen neben städtischem Selbstbewusstsein auch die Bindung an den bereits sechs Jahre zuvor verstorbenen Herzog Philipp von Pommern zum Ausdruck bringt (Kat.-Nr. 178)

Sieben frühneuzeitliche Porträts von Stralsunder Bürgermeistern und Ratsherren wurden – ebenso wie die Porträts der lutherischen Geistlichen – vielfach auch im Bereich der Inschriften erneuert42) und waren im 18. und 19. Jahrhundert vor allem in den Räumlichkeiten der Ratsbibliothek zu sehen.43) Im Jahr 1902 bestand diese Galerie aus insgesamt 69 Porträts; das verlorene älteste zeigte Franz [Druckseite 23] Wessel.44) Die erhaltenen Gemälde bieten kurze Angaben zum Lebensalter des Dargestellten, gelegentlich ergänzt um das Entstehungsjahr des Porträts. Die Namen der Würdenträger fehlen, zur Identifizierung dienen lediglich Wappen. Auch die Darstellung Philipp Melanchthons, wohl von der Hand Herzog Barnims XI., und eines dänischen Königspaares, später als Mitglieder des pommerschen Herzogshauses gedeutet, waren einst Bestandteile der repräsentativen Bildergalerie in der Ratsbibliothek (Kat.-Nr. 188, 242).

Die Inschriften des von Melchior Prütze nach seiner Ernennung zum Bürgermeister 1572 gestifteten silbernen Pokals stellen den einzigen Überrest des historischen Ratssilbers der Stadt dar (Kat.-Nr. 183). Zwei lateinische Distichen verbinden auf originelle Weise individuelle und städtische Selbstdarstellung.

3.5. Wohnhäuser

Ein nicht unwesentlicher Teil der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bausubstanz der Altstadt wurde durch Kriegsgeschehen und Brände beschädigt oder zerstört.45) Daher wird das Stadtbild Stralsunds heute auch durch barocke Hausfassaden geprägt. Bei etwa zwanzig Inschriften, die sich Wohnhäusern zuordnen lassen, handelt es sich vor allem um (ehemals) neun Wangensteine (Beischlagwangen), an der Fassade angebrachte Steintafeln (etwa Kat.-Nr. 261, 275), ein Portal sowie (Reste von) Glasmalereien, die abgesehen von Personennamen kaum aussagekräftige Inschriften bieten.

Stelenförmige Wangensteine schlossen Sitzbänke ab, die seitlich der Haustür aufgestellt waren.46) Sie trugen am oberen, oft scheibenförmigen Abschluss das Wappen des jeweiligen Hausbesitzers und dessen Initialen oder Namen (vgl. etwa Kat.-Nr. 147, 226). Neben einem juristischen Zitat, das die Bildung des Eigentümers Zutfeld Wardenberg betont (vgl. Kat.-Nr. 139), stechen lateinische Verse hervor, die an dem Wangenstein Kat.-Nr. 205 angebracht waren und seine Gestalt und Funktion umschreiben. Das 1568 errichtete Renaissance-Portal am Haus des Kaufmanns Peter Bavemann (Kat.-Nr. 181) dokumentiert mit den Deviseninitialen V(ERBUM) D(OMINI) M(ANET) I(N) E(TERNUM) T(EMPUS) die protestantische Gesinnung des Bauherrn.

4. Zur Überlieferung der Inschriften

Von 454 im Katalog behandelten Inschriftenträgern sind 354 erhalten, 54 und damit ein Anteil von etwa 12 % vollständig verloren; die übrigen 46, ungefähr 10 % des Gesamtbestandes, wurden entweder in unterschiedlichem Maße erneuert oder sind stark beschädigt bzw. gegenwärtig nicht zugänglich. Bis 1500 entstanden etwa 125 Objekte (knapp 28 %), im 16. Jahrhundert 129 Inschriftenträger (gut 28 %). In die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts oder auch pauschal ins 17. Jahrhundert wurden schließlich knapp 200 Objekte datiert (44 %). Dabei ist zu beachten, dass der Inschriftenkatalog am [Druckseite 24] Ende der genannten einzelnen Zeiträume jeweils eine größere Anzahl von Objekten aufweist, bei denen es sich in der Regel um nicht datierte Grabplatten(-fragmente) handelt, die sich aufgrund paläografischer Kriterien lediglich einem weit gefassten Entstehungszeitraum zuordnen lassen.

Unter den Autoren der frühen Neuzeit, die sich für Stralsunder Inschriften interessierten, kommt dem bereits 1623-1625 von dem Lüneburger Bürgermeistersohn Heinrich Witzendorff angefertigten deutsch-lateinischen Reisebericht Wegweiser etzlicher fürnehmen Strassen durch Deutschlandt vndt anderswo (...), den er während einer 1623 mit Familie und Lehrer unternommenen Reise nach Greifswald zur Immatrikulation an der dortigen Universität angefertigt hatte, eine besondere Bedeutung zu.47) In Stralsund besichtigte er St. Marien, St. Nikolai und das Rathaus und zeichnete die Inschriften einiger Objekte auf (S. 61–64), je dreier Epitaphien in St. Nikolai (Kat.-Nr. 177, 222, 232) und dreier Schrifttafeln im Rathaus und in St. Marien (Kat.-Nr. 307, 308, 309).

Seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden in Stralsund selbst verschiedene handschriftliche Inschriftensammlungen, welche die Wertschätzung des eigenen kulturellen Erbes in besonderem Maße belegen. Ein namentlich nicht bekannter Autor erstellte 1732 oder wenig später auf der Basis eigener Beobachtungen die mehr als 160 Seiten umfassende Sammlung Memorabilia Sundensia (StA Stralsund, Hs. 245). Inschriften an und in öffentlichen Bauwerken der Stadt (Kirchen, Hospitäler und ehem. Klöster, Rathaus, Gymnasium, Stadttore) mit Ausnahme der Grabplatten werden darin wiedergegeben; allerdings fehlen in vielen Fällen Angaben zum Anbringungsort, zur Entstehungszeit sowie zur Gestalt eines Denkmals oder einer Inschrift. Für mittelalterliche Denkmäler interessierte sich der Verfasser nicht. Von 44 Inschriftenträgern, die im vorliegenden Band behandelt werden, sind die Inschriften von 19 Objekten ausschließlich kopial überliefert. In allen Fällen bieten die Memorabilia die älteste, in fünf Fällen die einzige Überlieferung (Kat.-Nr. 238, 287, 373, 384, 396). Der Verfasser schreckte auch nicht davor zurück, besonders lange lateinische Epitaphientexte (Kat.-Nr. 179) abzuschreiben. In solchen Fällen, aber auch in einigen deutschen Abschriften unterliefen ihm gelegentlich Fehler (vgl. Kat.-Nr. 263, 287). i/j- und u/v-Schreibungen werden in normalisierter Form wiedergegeben, Kürzungen meist stillschweigend aufgelöst.

Sowohl die Memorabilia Sundensia als auch der etwa zwanzig Jahre später von Johann Carl Dähnert publizierte Beitrag Pommersche Denkmale berühmter und verdienter Männer. Erstes Stück: Aus denen Stralsundischen Kirchen (1754)48) ermöglichen die Rekonstruktion einiger gänzlich verlorener oder erneuerter, unbefriedigend erhaltener Inschriftenpassagen (vgl. Kat.-Nr. 345). Dieses Beispiel verdeutlicht auch, dass Dähnert sich oft auf die Wiedergabe biografisch relevanter Inschriften beschränkte, weshalb die Memorabilia Sundensia in nahezu allen Fällen die umfangreichere Überlieferung bieten. i/j- und u/v-Schreibungen sind hier normalisiert, Interpunktionszeichen ergänzt, Satzanfänge großgeschrieben.

Johann Albert Dinnies (1727-1801),49) Bürgermeister von Stralsund seit 1778, tat sich auch durch Forschungen zur Geschichte seiner Stadt hervor, die nie im Druck erschienen, aber bis heute unentbehrlich sind. Sein Interesse galt vor allem den Familien und Personen der städtischen Führungsschicht, der er selbst angehörte. Aus dieser Perspektive und größtenteils aus eigener Anschauung gab er in den zweiteiligen, mehr als tausend Seiten umfassenden, handschriftlichen Nachrichten die Rathspersonen der Stadt Stralsund betreffend, Verzeichnis der sämtlichen Rathspersonen der Stadt Stralsund, mit beigefügten gesammelten Nachrichten von ihren Lebensumständen (1779; StA Stralsund, Hs. 359, 360) einzelne, heute nicht mehr erhaltene Inschriften wieder. In vier Fällen stellt Dinnies die einzige Quelle dar (Kat.-Nr. 131, 161, 183, 205).

Ebenfalls im 18. Jahrhundert entstand das anonyme Verzeichnis der Epitaphien in den Kirchen der Stadt Stralsund (in: StA Stralsund, Hs. 341, Studien zur Geschichte des Rates der Stadt Stralsund, der Ratskanzlei sowie zu den städtischen Angestellten, Bl. 106r–113v), in dem acht Epitaphien in St. Nikolai und eines in St. Jakobi behandelt werden.

[Druckseite 25] In dem 1839 von Arnold Ludwig Weinreich zusammengetragenen Verzeichnis der Kunst- und Altertumsgegenstände in der St. Nikolai-Kirche zu Stralsund (StA Stralsund, Hs. 303)50) werden die Inschriften von 28 Objekten wiedergegeben, von denen sieben nicht erhalten sind. Grabplatten wurden mit Ausnahme derjenigen für Gerwin Storkow und Albert Hovener (Kat.-Nr. 6, 23) nicht berücksichtigt. Weinreichs Schwerpunkt liegt auf Epitaphien und Leuchtern, deren Standort und Gestaltung häufig genauer beschrieben werden. Im Bemühen, alle Inschriften eines Denkmals möglichst originalnah aufzunehmen, unterliefen ihm gerade in lateinischen Texten Fehler. Gelegentlich bietet er dennoch eine wichtige, weil vollständige und überdies die einzige Überlieferung (Kat.-Nr. 305, 367). Abkürzungen sowie u- und v-Schreibungen werden häufig beibehalten, Zeilenumbrüche markiert. Dem Verzeichnis Weinreichs liegt schließlich ein Auszug zugrunde, der im späteren 19. Jahrhundert wahrscheinlich von dem Superintendenten Fretzdorff angefertigt wurde (in: StA Stralsund, Hs. 628: Sundensia. Sammlung von Nachrichten zur Geschichte Stralsunds und Vorpommerns).

Die kopiale handschriftliche Überlieferung in Stralsund bietet den Wortlaut vieler Inschriften auf Objekten, die zum einen nicht erhalten, zum anderen weder genau beschrieben noch datiert werden, sodass deren zeitliche Einordnung nicht möglich ist. In besonderem Maße trifft dies für die anonyme Sammlung StA Stralsund, Hs. 245, in geringerem Umfang auch für Hs. 303 zu. Für den vorliegenden Inschriftenkatalog gilt daher: Wenn sich aus den Handschriften selbst oder auf anderer Grundlage keine Hinweise ergaben, dass die darin behandelten Inschriften oder Inschriftenträger vor dem Jahr 1651 entstanden, wurden sie für diesen Band nicht berücksichtigt.


Die wichtigsten gedruckten Quellen der Inschriftenüberlieferung sind Johann Carl Dähnert, Pommersche Denkmale berühmter und verdienter Männer. Erstes Stück: Aus denen Stralsundischen Kirchen (1754) sowie Ernst von Haselberg, Die Baudenkmäler des Regierungsbezirks Stralsund, H. 5: Der Stadtkreis Stralsund (1902).

In gewissem Sinn sind beide Zusammenstellungen komplementär zu sehen. Das bereits im Kontext der handschriftlichen Überlieferung des 18. Jahrhunderts genannte Werk Dähnerts konzentriert sich auf den Wortlaut von Sterbe- und Gedenkinschriften auf Epitaphien; Angaben zur Gestaltung und zum Standort von Denkmälern im Kirchenraum fehlen. Ernst von Haselberg, Stralsunder Stadtbaumeister 1857–1899, publizierte 1902 als letztes Heft der ‚Baudenkmäler des Regierungs-Bezirks Stralsund‘ die Baudenkmäler des Stadtkreises Stralsund.51) Von wenigen Ausnahmen abgesehen (Kat.-Nr. 185, 198, 223) verzichtete er auf die Wiedergabe längerer Inschriften. Offenbar interessierte er sich aber besonders für Grabplatten(-fragmente), die er auch dann behandelte, wenn sie keine lesbaren Inschriften mehr trugen.52) Dass Haselberg vor allem nach Autopsie arbeitete, belegt sein Bemühen um buchstaben- und zeilengetreue Lesungen, die Wiedergabe von Kürzungen und die typografische Auszeichnung von Fehlstellen. Seine Verweise auf gedruckte und handschriftliche Quellen – so „Dinnies Manuscript“ oder „Dinnies Manuscripte in der Rathsbibliothek“ – sind indes nicht immer nachvollziehbar.

Von drei in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts an der Universität Greifswald eingereichten Abschlussarbeiten sei im Hinblick auf die Berücksichtigung von Inschriften besonders auf Brigitte Oltmanns, Abendmahlsgerät im ehemaligen Vorpommern vom 13. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts53) (1957) hingewiesen.

5. Inschriften und Inschriftenträger

5.1. Grabmäler und Grabinschriften

5.1.1. Grabplatten, Grabfliesen, Gruftplatten und ein Grabstein

Mehr als 205 in diesem Band publizierte Grababdeckungen und -steine machen etwa 45 % aller Inschriftenträger aus – ein wesentlich geringerer Anteil, als er für den 2009 publizierten Greifswalder Inschriftenbestand ermittelt wurde.54) Es handelt sich um 190 Grabplatten(-fragmente), elf Grabfliesen, mindestens drei Gruftplatten und wohl nur einen Grabstein. Die Inschriften von acht Grabplatten sind ausschließlich abschriftlich überliefert.55) Die weitaus meisten dieser Steine waren und sind in St. Nikolai (ca. 120) zu finden, es folgen als Standorte St. Jakobi und St. Marien (jeweils 31), Heilgeist (8) und St. Johannis (5).

Bei Grabplatten handelt es sich um große Platten aus Stein, selten aus Messing, die im Kirchenboden verlegt wurden und Grabstellen abdeckten. Die kleineren Grabfliesen dienten zu mehreren, meist im Verbund mit einer Grabplatte, dazu, eine Grabstelle vollständig zu bedecken, wenn die eigentliche Platte dafür nicht mehr genügte, weil beispielsweise eine zweite Grabstelle hinzugekauft worden war. In aller Regel wurden auf Grabfliesen nur eine Hausmarke und/oder die Initialen des Besitzers angebracht.56) In Stralsund ließen sich in drei Fällen einzelne Grabfliesen einer großen Grabplatte zuordnen; sie werden jeweils in einem Katalogartikel behandelt (Kat.-Nr. 265, 324, 424). Die ältesten datierten Grabfliesen tragen die Jahreszahlen 1580 (Kat.-Nr. 199) und 1601 (Kat.-Nr. 260), in der Masse handelt es sich jedoch um Beschriftungen aus späterer Zeit.

Als Gruftplatten werden solche Steinplatten bezeichnet, zu denen Hinweise vorliegen, dass der inschriftlich genannte Bestattete bzw. dessen Familie eine Gruft erworben hatte, deren Zugang durch einen Stein verschlossen war (Kat.-Nr. 216, 219, 387). In zwei Fällen ist die Gebrauchsfunktion nicht eindeutig zu bestimmen (Kat.-Nr. 215, 352). Bei Grabsteinen schließlich handelt es sich um ursprünglich aufrecht an der Kirchenwand angebrachte Grabmäler. Sie sind von Grab- und Gruftplatten zu unterscheiden, die aus dem Fußboden aufgenommen und an den Kirchenwänden angebracht wurden, als man sie nicht mehr nur wegen ihres Materialwerts, sondern bereits als historische Quellen schätzte. Bei dem Stein Kat.-Nr. 264 handelt es sich um den einzigen Grabstein im Bestand.

Der relativ geringe Anteil von Grabplatten in diesem Band ist dem Umstand geschuldet, dass in den Stralsunder Kirchen nahezu 400 Grabplatten(-fragmente) und Grabfliesen liegen, deren älteste Inschriften, in Kapitalis oder Fraktur ausgeführt, undatiert sind. Sie können prinzipiell sowohl vor als auch nach dem Jahr 1650 entstanden sein. Insbesondere dann, wenn Informationen wie eine Jahreszahl oder ein identifizierbarer Name fehlten, war eine Entscheidung hinsichtlich einer Zuordnung oder Aussonderung aus dem Katalog zunächst nicht möglich. Auf der Basis eines schriftgeschichtlichen Datierungsgerüsts,57) ergänzt durch sprachgeschichtliche Überlegungen, wurden schließlich diejenigen Inschriften dem Katalog zugeordnet, deren Entstehung bis 1650 aufgrund von vergleichbaren, datierten Beispielen plausibel erschien.58)

Die Weiternutzung und Neubeschriftung von steinernen Grabplatten durch die Jahrhunderte ist – darauf wurde bereits im Kontext der Greifswalder Inschriften hingewiesen59) – ein Phänomen der [Druckseite 27] küstennahen Hansestädte. Der pragmatische Umgang mit der Importware Werkstein weit über Stralsund hinaus hatte zur Folge, dass gerade die ältesten, paläografisch und stadtgeschichtlich besonders interessanten Inschriften heute meist in einem so schlechten Zustand sind, dass weder eine detaillierte schriftgeschichtliche noch eine prosopografische Auswertung möglich ist. Neben Neubeschriftungen und Tilgungen, denen vor allem Besitzernamen und Jahreszahlen zum Opfer fielen, beeinträchtigt(e) auch die Abnutzung der Grabplattenflächen durch die Füße der Kirchenbesucher die Lesbarkeit der Inschriften – ein andauernder Prozess, der auch für Wappen und Hausmarken gilt, die als bild- und symbolhafte Ergänzungen der Eigentümernamen dienen.

Die auf vielen Platten und Fliesen in mehreren Durchläufen eingemeißelten neuzeitlichen Nummerierungen60) dienten der Verwaltung der Grabstellen, die erworben oder verpachtet werden konnten, durch die Kirchenprovisoren. Die Nummern wurden häufig durch bildhafte Besitzzeichen der jeweiligen Kirche ergänzt: einen Bischofsstab im Fall der Nikolaikirche, eine Krone für die Marienkirche sowie eine Jakobsmuschel für St. Jakobi.

Auch wenn die Platten schließlich spätestens zu Beginn des 19. Jahrhunderts ihre Funktion als Grababdeckungen verloren hatten, weil Bestattungen in den Kirchen mittlerweile untersagt waren,61) blieben sie doch als Fußbodenplatten unentbehrlich und wurden in diesem Zusammenhang im Zuge von Baumaßnahmen immer wieder neu verlegt. Weil sie dabei oft auch zugeschnitten wurden, führte dieser Prozess zu weiterem Schriftverlust. Aus diesem Grund sind die ältesten Inschriften nicht nur, wie bereits dargelegt, vielfach abgetreten, sondern darüber hinaus in aller Regel nur bruchstückhaft erhalten. Vollständige, mit Sterbedatum und Namen erhaltene mittelalterliche Inschriften (vgl. etwa Kat.-Nr. 2, 6, 52) sind somit nur auf Grabplatten zu finden, die längere Zeit unter dem Kirchenfußboden verborgen waren und damit für die Weiternutzung nicht zur Verfügung standen.

Von etwa 200 im Katalog behandelten Grabplatten gehören knapp 30 dem 14. Jahrhundert, knapp 50 dem 15. Jahrhundert und mindestens 20 der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Entstehungszeitraum von mehr als 60 Grabplatten aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustandes nicht genauer als auf ein halbes Jahrhundert, gelegentlich auch auf einen noch größeren Zeitraum, festgelegt werden konnte. Den folgenden Ausführungen liegen vor allem datierte Grabplatten und -fliesen bzw. deren Inschriften zugrunde. Die ältesten in Stralsund erhaltenen Grabplatten entstanden in den zwanziger und dreißiger Jahren des 14. Jahrhunderts. Die trapezförmige Platte in Voigdehagen (Kat.-Nr. 2, 1320 o. später) weist eine um ein schmuckloses Innenfeld umlaufende Inschrift auf, eine weitere in St. Jakobi (Kat.-Nr. 4, 1333) einen Wappenschild, in dessen Rand die Inschrift eingemeißelt wurde. Auf einer nicht erhaltenen Platte (Kat.-Nr. 12) war die Inschrift kreisförmig angebracht. Ebenso wie diejenige auf dem ältesten figürlichen Grabmal für den Ratsherrn Gerwin Storkow sind die Inschriften in gotischer Majuskel ausgeführt (Kat.-Nr. 6, 1338).

Die erste Grabplatte mit einer datierten Inschrift in gotischer Minuskel stammt aus dem Jahr 1353 (Kat.-Nr. 21). Die repräsentative, figürliche Messingplatte für den 1357 verstorbenen Albert Hovener wurde in Flandern gegossen und graviert. Diesem bedeutenden Importstück, das den Wohlstand und Repräsentationswillen eines Stralsunder Bürgermeisters bezeugt, ist eine zweite, nicht erhaltene Messingplatte, die 1355 ebenfalls für einen Bürgermeister und seine Familie angefertigt wurde, an die Seite zu stellen (Kat.-Nr. 22, 23). Einige steinerne Grabplatten waren einst mit kleineren Buntmetalleinlagen für eine Inschrift oder einen Wappenschild verziert; diese wertvollen Teile wurden aber später nahezu ausnahmslos entfernt. Eine Ausnahme stellt die Grabplatte Kat.-Nr. 94 (1452 o. später) dar, deren Wappen in Form einer Messingeinlage erhalten ist.

Auf der Hovener-Platte finden sich zum ersten Mal Evangelistenmedaillons als Eckverzierungen der umlaufenden Schriftleisten. Eine schlecht erhaltene steinerne Grabplatte in St. Jakobi lässt neben [Druckseite 28] solchen Eckmedaillons auch einen gelehnten Wappenschild mit einer Hausmarke erkennen (Kat.-Nr. 25, 1367).62) Darüber hinaus kommen auch komplexere Rosetten und einfache Blüten als Eckverzierungen oder auch nicht gefüllte Plattenecken vor. Achteckig gerahmte Evangelistenmedaillons verweisen ins 15. Jahrhundert; datierte Belege sind etwa Kat.-Nr. 44 (1415), Kat.-Nr. 54 (1447) und Kat.-Nr. 94 (1452 o. später).

Dass in Stralsund in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts – und damit deutlich früher als in Greifswald – neben umlaufenden Inschriften auch schon solche in querlaufenden Zeilen angebracht wurden, zeigt Kat.-Nr. 24 (1360, 1390 und später). Auch einige wenige im Achteck um einen Wappenschild oder eine Hausmarke herum angeordnete Inschriften des 15. Jahrhunderts sind erhalten (Kat.-Nr. 46, 60, 62). Neben den bereits erwähnten Grabplatten des 14. Jahrhunderts mit Personendarstellungen sind für das 15. und frühe 16. Jahrhundert lediglich drei weitere erhaltene zu nennen. Sie wurden 1415 für einen Dominikaner, 1437 für einen Priester und 1516 für einen geistlichen Stadtschreiber angefertigt (Kat.-Nr. 44, 52, 135). Dieser Befund legt den Schluss nahe, dass kostspielige figürliche Grabplatten herausgehobenen Persönlichkeiten vorbehalten waren.

Nur noch insgesamt sechs Grabplatten oder Grabplattenfragmente bezeugen, dass über die Pfarrkirchen hinaus auch die Mendikantenklöster der Stadt, St. Johannis und St. Katharinen, als Bestattungsorte beliebt waren.63) Es ist davon auszugehen, dass die Grabplatten der Konventskirchen nach der Auflösung der Klöster disloziert und zweitverwendet wurden, wie etwa die Fundumstände der Platte Kat.-Nr. 44 nahelegen.

Stralsunder Grabplatten und Grabfliesen, deren älteste lesbare Inschriften zwischen 1550 und 1650 entstanden, machen mit einhundert Objekten die Hälfte der Gesamtmenge aus. Von diesen konnten 20 nicht genauer als auf ein halbes Jahrhundert oder in einen noch größeren Zeitraum datiert werden. Die älteste Grabplatte nach 1550 wurde um 1572 für den Bürgermeister Joachim Ketel und seine Ehefrauen beschriftet (Kat.-Nr. 186). Die meisten Platten bis zum Jahr 1650 folgen dem hier erkennbaren Gestaltungsprinzip: Sie weisen zeilenweise eingehauene Kapitalis- oder Frakturinschriften mit größeren (Kat.-Nr. 58) oder kleineren Wappenschilden (Kat.-Nr. 233) im Flachrelief auf. Viele Wappenschilde enthalten eine Hausmarke als Wappenbild; Hausmarken wurden aber auch als einfache Besitzzeichen angebracht. In beiden Fällen dienen zugehörige Namensinitialen einer genaueren Bestimmung der Hausmarke oder kennzeichnen die Verbindung von Grabplatte und zugehörigen Grabfliesen (Kat.-Nr. 265, 424). Eigentumsvermerke werden gelegentlich durch lateinische, später auch deutschsprachige Sprüche und Devisen ergänzt (Kat.-Nr. 83, 229, 385).

Eine kleinere Anzahl an Grabplatten und/oder Gruftplatten seit dem späten 16. Jahrhundert weist, soweit noch erkennbar, einen üppigeren Dekor auf. Dazu zählen die Schriftfelder umgebende, eckige Rahmen, oft mit halbrundem unterem Abschluss (Kat.-Nr. 40, 387, 419) sowie Embleme und allegorische Darstellungen beispielsweise von Engeln (Kat.-Nr. 273) und Memento-mori-Symbolen wie Stundengläsern (Kat.-Nr. 273) und Totenschädeln (Kat.-Nr. 378). Die letztgenannte Grabplatte zeigt, wie einige andere Platten kurz vor der Mitte des 17. Jahrhunderts, um die Inschriften herum eine barocke Kartusche.

Auf zwei gleichartig gestalteten Steinen von 1587 mit architektonischer Gliederung sowie lateinischen und niederdeutschen Kapitalis-Inschriften ist über großen Wappenschilden der auferstandene Christus zu sehen (Kat.-Nr. 215, 216). Mit lebensgroßen Darstellungen ausgeführt sind schließlich auch der Grabstein für das Ehepaar Joachim Klinkow, Bürgermeister, und Anna Völschow (Kat.-Nr. 264, 1601-1602?) sowie die Gruftplatte für General Jakob Mack Duwall und Anna von Berg (Kat.-Nr. 352, 1634?).

Grabplatten wurden nicht nur von Einzelpersonen und Familien, sondern auch von Korporationen erworben, so 1588 von den reitenden und laufenden Stadtdienern (Kat.-Nr. 218, 1588) und von den Barbieren und Chirurgen (Kat.-Nr. 330, 1630 oder später). Die zuletzt genannte Platte war [Druckseite 29] ausdrücklich auch für die Ehefrauen der Zunftmitglieder bestimmt. Eine inschriftlich ausgeführte, genaue Beschreibung des erworbenen Begräbnisplatzes über die eigentliche Grababdeckung hinaus bietet Kat.-Nr. 40 (C, 1637).

Der Besitzwechsel von Grabstellen und Grabplatten vollzog sich nicht nur durch Verkauf, sondern auch auf dem Erbweg, wie bereits die Erschließung der Greifswalder Inschriften deutlich gemacht hat.64) In Stralsund lässt sich der Erbgang etwa für die Grabplatten Kat.-Nr. 91, 157, 168 belegen. Bestimmte Gestaltungs- und Schriftmerkmale einzelner Grabplatten stimmen so weit überein, dass von ihrer Entstehung in derselben Werkstatt ausgegangen werden kann. Dies gilt zunächst für die Steine Kat.-Nr. 215, 216, 229 aus dem späten 16. Jahrhundert, sodann für Kat.-Nr. 298 und Kat.-Nr. 299 (1620), für Kat.-Nr. 369 (1638) und Kat.-Nr. 383 (1630-1639) sowie schließlich für Kat.-Nr. 386, 428 ungefähr aus der gleichen Zeit. Außer dem Steinmetzen Hans Lucht ist bislang kein Meister namentlich bekannt. 65)

Das Formular

Bis zum frühen 16. Jahrhundert lassen sich – sowohl auf Grabplatten als auch auf anderen Denkmälern des Totengedenkens – 30 lateinische Sterbevermerke nach dem Muster ‚Anno domini [Jahr und Tag] obiit [Name, ggf. mit voran- und nachgestellten Epitheta und Titeln] ...‘ nachweisen, danach bis 1650 elf weitere lateinische und sieben deutsche. Diese geringe Anzahl hängt mit dem fragmentarischen Erhaltungszustand gerade der älteren Grabinschriften zusammen, der keine eindeutige Bestimmung des Texttyps mehr zulässt. Die ältesten Sterbevermerke weisen die Grabplatten für N. N. (Petrus?) Ruc (Kat.-Nr. 4, 1333, ohne Tagesangabe) und Gerwin Storkow (Kat.-Nr. 6, 1338) auf; die jüngsten lateinischen die im Jahr 1555 für zwei Bürgermeister angefertigten Totenschilde (Kat.-Nr. 172, 173). Die danach entstandenen Inschriften der Grabplatte für den Bürgermeister Joachim Ketel und seine Ehefrauen stellen zwar Sterbevermerke dar, jedoch stehen abweichend vom mittelalterlichen Formular die Namen der Verstorbenen an erster Stelle (Kat.-Nr. 186). Seltene deutsche Sterbevermerke auf Grabplatten zeigen das Fragment Kat.-Nr. 221 (1590) und die Inschrift für Maria Borvitz (Kat.-Nr. 241, B, 1604).

Was die Angabe des Todestages betrifft, so erfolgte diese zunächst nach dem Heiligentag, einem Kirchenfest oder dem Introitus (Gesang am Beginn der Sonntagsmesse). Das erste Beispiel für die durchgehende Zählung der Monatstage findet sich auf der Grabplatte für Borchard Plötze (Kat.-Nr. 52, 1437). In seltenen Fällen wird auch die Tageszählung nach dem römischen Kalender praktiziert (Kat.-Nr. 131; vgl. auch das Epitaph Kat.-Nr. 366).

Acht vorreformatorische Grabbezeugungen (‚Hic iacet ...‘) befinden sich auf Grabplatten, die zwischen den 1320er Jahren bzw. der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Kat.-Nr. 2, 12) und dem Jahr 1519 (Kat.-Nr. 136) entstanden. Die Inschriften der nicht erhaltenen Messing-Grabplatte für den Bürgermeister Arnold Voet und seine Familie (Kat.-Nr. 22) kombinierten offenbar Grabbezeugungen mit Sterbevermerken (‚Hic iacet ... qui/quae obiit ...‘).

Die Inschriften auf Grabplatten in Form von Sterbevermerken und Grabbezeugungen, die den Todestag bzw. die Identität eines Bestatteten vermerken, werden mehr und mehr durch Eigentumsvermerke abgelöst. Die ältesten bedienen sich der lateinischen Wendung ‚iste lapis pertinet N. N. (et suis heredibus)‘. Sie kommt auf zehn Platten vor, deren erste datierbare Inschriften dem 15. Jahrhundert angehören (Kat.-Nr. 57, 93, B).

Möglicherweise noch vor dem Ende des 15. Jahrhunderts kommt die niederdeutsche Formel ‚Dieser Stein gehört N. N. (und seinen Erben)‘ vor, für die sich zwölf Nachweise finden ließen; der älteste Beleg ist wohl Kat.-Nr. 28 (4. V. 15. Jh.). Eine Erweiterung stellt die Formel ‚Dieser Stein und Begräbnis gehört N. N. (und seinen Erben)‘ dar, die seit dem frühen 17. Jahrhundert üblich wird und das Eigentum sowohl der Grabplatte als auch der darunter befindlichen Grabstelle festhält (Kat.-Nr. 206, B, 273).

[Druckseite 30]

Lateinische und deutsche Eigentumsvermerke werden bereits im 15. Jahrhundert gelegentlich (Kat.-Nr. 46, 1420), häufiger aber erst in der späteren Zeit durch das Jahr des Grabplattenerwerbs ergänzt. Datierte Belege finden sich seit 1586 (Kat.-Nr. 50, B, 58, C etc.). Sechs Vermerke in lateinischer Sprache wurden ausschließlich auf Grabplatten von Pastoren und Superintendenten bzw. Bürgermeistern angebracht (Kat.-Nr. 210, 219, zuletzt Kat.-Nr. 374, 382).

In Greifswald ließen sich in gotischer Minuskel ausgeführte Eigentumsvermerke, die nur aus einem Namen bestehen, vereinzelt seit dem späten 15. Jahrhundert nachweisen.66) Solche Inschriften kommen auch in Stralsund vor, aber keiner der elf möglicherweise noch mittelalterlichen Belege für diese Formel ist präzise datierbar, viele sind schlecht oder nur teilweise erhalten. Dennoch gibt es gute Gründe zu vermuten, dass dieser Texttyp bereits seit dem zweiten Viertel des 15. Jahrhundert vorkommt (Kat.-Nr. 58, A). Als Datierungszeitraum für schlichte Eigentümernamen, die über ihre Ausführung in gotischer Minuskel hinaus keine weiteren Datierungshilfen bieten,67) wird daher der Zeitraum vom zweiten Viertel des 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts angenommen. Nach dieser Zeit ist die gotische Minuskel nicht mehr gebräuchlich.

5.1.2. Epitaphien und andere Grabmäler

Epitaphien und auch Totenschilde aus Holz oder Stein sind Grabmäler, die – anders als Grabplatten, Gruftplatten und Grabsteine – an der Wand angebracht wurden und nicht an den Begräbnisplatz gebunden sind. Von 30 Epitaphien68) sind 14 erhalten, die Inschriften von 16 sind nur abschriftlich überliefert. Die meisten Epitaphien zeigen deutliche Spuren von Erneuerungen sowohl der Personendarstellungen als auch der Inschriften, die teilweise sogar neu aufgetragen wurden, was gelegentlich auch inschriftlich vermerkt worden ist (Kat.-Nr. 177, 222, 350). Die ältesten erhaltenen Denkmäler wurden für den Geistlichen Christian Ketelhodt (1565) und für Margarete Schermer (1567), die Schwiegertochter eines Bürgermeisters, angefertigt (Kat.-Nr. 177, 180). Generell wurde die lateinische Sprache in Vers oder Prosa bevorzugt. Das nicht erhaltene Epitaph für das Ehepaar Staneke (1566) enthielt einen Hinweis auf die Grabplatte für den Ratsherrn im Chor von St. Nikolai (Kat.-Nr. 179, B). Nur für den Kaufmann Cord Middelborch, den Altermann der Goldschmiede Valentin Lafferdt und den Stadthauptmann Hinrick Swerin wurden im späten 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts gemalte Epitaphien mit niederdeutschen Inschriften angefertigt. Das Denkmal für den Kaufmann Cord Middelborch trägt frei formulierte Gedenkinschriften, die ausführliche Reflexionen über Tod und Auferstehung vor dem Hintergrund des Leidens Christi enthalten (Kat.-Nr. 185, D und E). Während wie in diesem Fall die Epitaphien üblicherweise lediglich kleine Darstellungen der Verstorbenen und ihrer Angehörigen mit biblischen Szenen zeigen (vgl. etwa Kat.-Nr. 198, 245), handelt es sich bei dem Epitaph für den Stadthauptmann Hinrick Swerin um das einzige Porträt-Epitaph für einen weltlichen Amtsträger. Schwerpunkt biblischer Darstellungen ist erwartungsgemäß die Auferstehung Christi, die gelegentlich durch alttestamentliche Szenen typologisch erläutert wird (Kat.-Nr. 180, 185, 198 usw.). Alle erhaltenen Epitaphien für Stralsunder Geistliche und Superintendenten bestehen aus Porträts und ergänzenden Schrifttafeln,69) wohingegen für weltliche Würdenträger und wohlhabende Bürger sowie deren weibliche Verwandte architektonisch aufgebaute und plastisch ausgearbeitete Denkmäler aus Holz oder Stein entstanden. Die größten dieser Epitaphien wurden für die Bürgermeister Joachim Klinkow (1601–1602) und Lambert Steinwich (1637) angefertigt. Das Steinwich-Epitaph bietet eine besonders emphatische Würdigung des Verstorbenen in lateinischer Sprache [Druckseite 31] (Kat.-Nr. 366). Diese Inschrift wird in ihrer Ausführlichkeit nur durch das Denkmal für Margarete Schermer übertroffen, auf dem in Versen über das Leben und die Tugenden der jung verstorbenen Tochter, Ehefrau und Mutter berichtet wird (Kat.-Nr. 180). Beide Denkmäler weisen einzeln eingestreute griechische Wörter auf. Neben solchen persönlichen Gedenkinschriften wurden auch lateinische und (nieder-)deutsche Bibelzitate gewählt, die auf unterschiedliche Weise das Thema der Auferstehung behandeln.

Lediglich drei Epitaphien wurden aus Sandstein und anderen Steinarten gefertigt (Kat.-Nr. 263, 325, 350), bei den übrigen handelt es sich um hölzerne, farbig gefasste Denkmäler. Aus derselben Werkstatt stammen Kat.-Nr. 222 und Kat.-Nr. 245, von der Hand des Zacharias Maus einige Porträt-Epitaphien.70) Steinmetzarbeiten derselben, anonymen Herkunft sind zunächst Kat.-Nr. 325, 329; dem Bildhauer Claus Midow wird das Klinkow-Epitaph zugewiesen. Schließlich lassen zwei 1555 entstandene hölzerne Totenschilde mit Sterbevermerken und den Wappen der verstorbenen Bürgermeister (Kat.-Nr. 172, 173) dieselbe Hand erkennen.

5.2. Kirchenausstattung

Aus dem Erfassungszeitraum bis 1650 sind nur zwei Glockeninschriften bekannt, von denen eine mittelalterliche aus dem Franziskanerkloster nur abschriftlich überliefert ist (Kat.-Nr. 99).71) Diese erstaunlich geringe Zahl ist zunächst wohl auf Zerstörungen durch Turmeinstürze zurückzuführen, wie sie für St. Nikolai und St. Marien bezeugt sind.72) Des Weiteren wurden im Jahr 1565 als Ergebnis von Verhandlungen zwischen dem Stralsunder Magistrat und den Provisoren von St. Nikolai, St. Marien und St. Jakobi mehrere bereits zersprungene Glocken in Stücke geschlagen, um daraus sowie aus Ziborien und Leuchtern im folgenden Jahr zwölf Geschütze zu gießen.73) Schließlich sorgten der Brand von St. Marien im Jahr 1647 sowie der auch St. Nikolai erfassende Stadtbrand 1662 dafür, dass alle älteren Glocken vernichtet wurden. Die einzige erhaltene Glocke befindet sich in St. Marien und entstand nach dem Kirchenbrand 1647 (Kat.-Nr. 404).

5.2.1. Retabel

Von bis zu zehn Altarretabeln des 15. und frühen 16. Jahrhunderts, die in diesem Katalog behandelt werden, gehören nahezu alle zur Ausstattung von St. Nikolai. Ein Retabel war wahrscheinlich für den Stralsunder Franziskanerkonvent bestimmt (Kat.-Nr. 140), hat dieses Kloster aber nie erreicht. Ein weiteres Retabel, das sich ursprünglich möglicherweise im Dominikanerkloster befand und heute in der Kirche von Middelhagen (Insel Rügen) aufgestellt ist, wurde vor einiger Zeit im Kontext der Inschriften des Landkreises Rügen bearbeitet und daher im vorliegenden Band nicht erneut ediert.74) Diese Flügelretabel werden ergänzt durch drei oder vier an Pfeilern und Wänden angebrachte Retabelmalereien des 14. und frühen 15. Jahrhunderts (Kat.-Nr. 5, 8, 9, vielleicht auch Kat.-Nr. 51). Zwei nur teilweise erhaltene Objekte, die Skulptur des heiligen Olav in einem Schrein und eine Flügeltür, lassen keine sichere Funktionsbestimmung mehr zu (Kat.-Nr. 47, 61); Ähnliches gilt möglicherweise für das sogenannte Junge-Retabel mit der Schönen Madonna (Kat.-Nr. 63).

Die Retabelmalereien sowie der Olav-Schrein tragen lediglich Kreuzestituli in gotischer Majuskel und Heiligennamen in gotischer Minuskel, wobei auf Letzterem mit den dargestellten Heiligen Olav und Sunniva Stralsunder Handelsverbindungen in den skandinavischen Raum erkennbar werden. Die Heiligennamen am Schneiderretabel stellen lediglich Montieranweisungen dar (Kat.-Nr. 123). Die Nikolaustafel im Stralsund Museum (Kat.-Nr. 61), das von einem Mitglied der Familie Junge gestiftete [Druckseite 32] Altarretabel (Kat.-Nr. 63) sowie das Johannesretabel der Barbiere (Kat.-Nr. 64) zeigen lateinische Inschriften aus dem biblischen und liturgischen Kontext. Drei Retabel wurden mit niederdeutschen Bildbeischriften versehen, die Szenen aus dem Leben Jesu sowie der Heiligen Katharina und Franziskus erläutern; zu diesen Inschriften s. unten, Kap. 6, Exkurs ‚Niederdeutsch im Kloster?‘.

Auch nach der Einführung der Reformation wurden die mittelalterlichen Retabel in St. Nikolai teilweise weiter genutzt. Dies belegen ein nur teilweise lesbarer Schriftzug am Barbierretabel (Kat.-Nr. 64, D) sowie die Erneuerung der Predella des Kramerretabels (Kat.-Nr. 103). Andere wurden verkauft; so gelangte vermutlich nicht nur das bereits genannte Katharinenretabel aus Stralsund nach Middelhagen (Insel Rügen), sondern es wurde auch der prächtige Antwerpener Altaraufsatz, der zahlreiche Gewandsauminschriften trägt und bis 1708 auf dem Kreuzaltar in St. Nikolai stand, nach Waase (Rügen) verkauft.

5.2.2. Vasa sacra

In Stralsund sind 18 Kelche im Original erhalten, lediglich einer ist nur kopial bzw. fotografisch überliefert (Kat.-Nr. 176). Vor der Reformation entstanden neun Kelche, zwei weitere zeigen ältere Inschriften am Schaft und wurden im 17. Jahrhundert umgearbeitet; acht stammen aus der Zeit zwischen 1550 und 1650. Zu diesen Kelchen gehören zwei oder drei Patenen, fünf Oblatendosen und vier Weinkannen.

Der von Engelke (Engelbert) Nygestadt im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts für St. Marien gestiftete Kelch wurde aufwändig verziert (Kat.-Nr. 36). Der Stifter nennt sich nicht nur namentlich, sondern ließ auch seine Hausmarke anbringen – ein besonders frühes Beispiel für den Gebrauch dieses grafischen Personenzeichens. Die lateinischen Inschriften der zeitlich folgenden drei Kelche vermerken einen Auftraggeber und warnen vor Diebstahl (Kat.-Nr. 96) oder nennen einen Dominikanermönch als Eigentümer (Kat.-Nr. 101). Drei weitere Kelche von 1503 und 1506 tragen niederdeutsche Stifterinschriften, zwei bezeichnen den genauen Bestimmungsort: die Apollonienkapelle von St. Marien und den Hochaltar von St. Jakobi (Kat.-Nr. 126, 127). Hermann Plagemann legte besonderen Wert auf die Feststellung, er habe den Kelch aus seinem rechtmäßig erworbenen Vermögen gestiftet (Kat.-Nr. 127). Die Stiftung des Priesters Gerhard Munter aus Visby (Insel Gotland) belegt die Verbindungen Stralsunds zu dieser damals dänischen Insel (Kat.-Nr. 129).

Vor allem die nach der Mitte des 16. Jahrhunderts im lutherischen Kontext für Stralsunder Kirchen hergestellten Kelche weisen sowohl lateinische als auch nieder- und hochdeutsche Inschriften auf, während die zugehörigen Oblatendosen, Patenen und Weinkannen seltener beschriftet sind. Bemerkenswert sind einige Stifterinschriften, die der Hoffnung auf eine göttliche Gegengabe Ausdruck verleihen, die dem protestantischen Sola-gratia-Prinzip zuwiderläuft (Kat.-Nr. 116, 117, 209, 283). Bibelzitate und Sprüche geben lutherische Vorstellungen von der Bedeutung des Blutes Christi wieder (Kat.-Nr. 176, 207, 246). Auf einigen Kelchen wurde auch ihr Bestimmungsort vermerkt, nämlich St. Johannis (Kat.-Nr. 116), St. Annen und Birgitten (Kat.-Nr. 117) sowie Heilgeist (Kat.-Nr. 283). Eine Oblatendose wurde 1637 für Heilgeist von dem Goldschmied Marten Diederich angefertigt (Kat.-Nr. 363).

Die für die Stadt kostspieligen Kämpfe gegen die Wallensteinsche Belagerung 1628 scheinen dazu geführt zu haben, dass Vasa sacra abgegeben und zu Geld gemacht wurden, weshalb nach dieser Zeit zahlreiche Abendmahlsgeräte neu beschafft werden mussten, so beispielsweise die bereits erwähnte Oblatendose, dazu in demselben Jahr Kelch, Kanne und Patene für Heilgeist (vgl. Kat.-Nr. 362, 364, 365). Auf der Kanne wurde außer einer Inschrift, die die Stiftung als Ausdruck des Dankes für von Gott bescherten materiellen Wohlstand bezeichnet, vielleicht aufgrund der vorangegangenen Erfahrungen auch die Verfluchung eines möglichen Verkäufers festgehalten. Im Jahr 1647 schließlich entstanden drei nahezu identische Taufschalen (vgl. Kat.-Nr. 402) für die großen Pfarrkirchen.

5.2.3. Leuchter

Neunzehn Wandleuchter, sechs Kronleuchter sowie ein Standleuchter tragen Inschriften. Von diesen insgesamt 26 Objekten sind neun nicht erhalten oder waren nicht zugänglich. Zu den vier Leuchtern [Druckseite 33] von St. Jakobi, die möglicherweise im Kunstgutlager aufbewahrt werden, siehe oben, Kap. 3.1.3. Bemerkenswert schon alleine wegen seines Umfangs ist der Bestand von 13 Leuchtern in St. Marien. Neun zuvor zerlegte Leuchter in St. Nikolai wurden vor dem Jahr 2000 restauriert und dabei wieder zusammengesetzt.75) Die Artikel im Inschriftenkatalog behandeln die Leuchter in ihrer aktuellen Komposition. Wenn erkennbar ist, dass die heutige Form und Größe nicht der Beschreibung Haselbergs von 1902 entspricht, werden Abweichungen vermerkt. Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Leuchter auch zur Zeit Haselbergs wohl nicht mehr im ursprünglichen Zustand vorlagen, denn ihr Gebrauch brachte es schon immer mit sich, dass sie abgenommen und zerlegt wurden, um Wachsreste und Patina zu entfernen. Danach wurden Wandteller, Leuchterarme, Lichtteller etc. neu kombiniert oder gingen verloren (vgl. Kat.-Nr. 234, 268, 269, A).

Der älteste Leuchter wurde im Jahr 1557 angefertigt (Kat.-Nr. 174) und ist nicht erhalten. Die von einzelnen Personen bzw. Ehepaaren gestifteten Leuchter tragen Stifternamen und Stiftervermerke, in aller Regel in deutscher, gelegentlich auch in lateinischer Sprache (Kat.-Nr. 196, 379). In zwei Fällen wird vermerkt, die Leuchterstiftung solle auch die Kosten für die Kerzen abdecken (Kat.-Nr. 312, 414). Neben diesen Inschriften pragmatischen Inhalts kommen auch Devisen und Sprichwörter vor (Kat.-Nr. 184, 224, 413).

Nahezu die Hälfte aller Leuchter (9) wurde von Zünften und anderen Korporationen für St. Nikolai und St. Marien gestiftet bzw. in Auftrag gegeben. Abgesehen von den Provisoren eines Armenhauses, die 1581 eine lateinische Stifterinschrift an einem Wandleuchter anbringen ließen (Kat.-Nr. 204), werden inschriftlich entweder die Amtsträger einer Vereinigung genannt (Kat.-Nr. 182, 1571, 268, 1604, 413), oder es werden Eigentumsvermerke formuliert (Kat.-Nr. 289, 1614, 310). Im Fall der von den Åhusfahrern (Kat.-Nr. 336, 1633) und den Schuhknechten (Kat.-Nr. 415, 1649) angeschafften Leuchtern verweisen die Eigentumsvermerke auch auf das Gestühl, zu dessen Ausstattung sie gehörten. Der Leuchter der Kramer (Kat.-Nr. 310, 1624) befindet sich bis heute im Kramergestühl. Neben den bereits genannten Vereinigungen besaßen auch die Rigafahrer, die Zimmerleute, die Goldschmiede und die Gewandschneider eigene Leuchter.

5.3. Bruderschaften, Ämter (Zünfte) und Korporationen

Zahlreiche Bruderschaften, Handwerksämter bzw. -zünfte76) sowie andere Berufsvereinigungen und Handelskompanien hinterließen Objekte und Inschriften, die von der wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung ebenso wie vom Repräsentationswillen dieser Korporationen vor allem im 17. Jahrhundert zeugen.77) Der Vermögens- und Aktenverwahrung dienten die Laden der Bader, Stallbrüder und der Schiffer-Compagnie, eines Zusammenschlusses der Seefahrer und Reeder (Kat.-Nr. 346, 1634, Kat.-Nr. 368, 1637, Kat.-Nr. 377, 1639). Die sozialen Aufgaben, hier: die Unterstützung bedürftiger Korporationsmitglieder, repräsentiert die Sammelbüchse der Weber (Kat.-Nr. 228, 1593). Für Versammlungen wurden in aller Regel silberne Trinkgefäße benötigt, so etwa die zwei Willkommpokale, drei kleinere Pokale und drei Becher der Reeper (Seiler), Kleinfuhrleute, Bader, Bäcker und der Schiffer-Compagnie. Die Kleinfuhrleute besaßen mindestens einen Pokal (Kat.-Nr. 258, A. 17. Jh.) und zwei Becher (Kat.-Nr. 430, 431, beide 2. V. 17. Jh.). Ähnlich wie an den Leuchtern wurden an diesen Objekten vor allem die Namen der amtierenden Älterleute angebracht. Eine niederdeutsche Stifterinschrift (Kat.-Nr. 225, 1591) und eine Aufforderung, kleine Schilder an einen Willkomm zu hängen (Kat.-Nr. 301, A), zeugen davon, dass auch das Gedenken an durchreisende oder ehemalige Berufsgenossen gepflegt wurde. (Trink-)Sprüche finden sich auf drei Gefäßen (Kat.-Nr. 225, 348, [Druckseite 34] 410). Weitere kleine und große Einrichtungsgegenstände, etwa zwei Leuchter-Anhänger (Kat.-Nr. 291, 1616, Kat.-Nr. 294, 1617), eine Wappentafel der Bergenfahrer (Kat.-Nr. 267, 1603) und der Archivschrank der Kalandsbrüder (Kat.-Nr. 432, 1. H. 17. Jh.) sind ebenfalls erhalten. Zu den Wandleuchtern, die Korporationen für Pfarrkirchen anfertigen ließen, in denen sie auch eigene Gestühle besaßen, siehe oben, Kap. 5.2.3. Die einzigartigen Relieftafeln vom Gestühl der Rigafahrer entstanden bereits im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts; die geringen Schriftreste, die heute sichtbar sind, sich aber nicht mehr deuten lassen, wurden erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts aufgemalt (Kat.-Nr. 109).

Nach dem Tod eines Mitglieds kümmerten sich die Berufsvereinigungen um dessen Begräbnis. Dies bezeugen nicht nur die Grabplatten der Barbier-Älterleute und ihrer Ehefrauen (Kat.-Nr. 330, 1630 o. später) sowie der städtischen Boten (Kat.-Nr. 218, 1588), sondern auch vier Sargschilder der Schiffszimmerleute, die an den Sargtüchern befestigt wurden (Kat.-Nr. 306, 1623).

6. Die Sprache der Inschriften

Von etwa 860 Inschriften, die sich sprachlich bestimmen lassen, wurden 372 ausschließlich in lateinischer, 136 gänzlich in niederdeutscher und 238 ausschließlich in hochdeutscher Sprache verfasst. Lateinisch-niederdeutsche Mischungen finden sich in fünf, lateinisch-hochdeutsche Mischungen in sechs Fällen. In unterschiedlichen Anteilen weisen 14 Inschriften sowohl niederdeutsche als auch hochdeutsche Formen auf; der Sprachstand von etwa 80 Inschriften kann aufgrund ihres geringen Umfangs lediglich als ‚deutsch‘ bezeichnet werden.

Die Hansestadt Stralsund ist Teil der ostniederdeutschen (ostelbischen) Schreibsprachenlandschaft, für welche die lange Zeit postulierte Dominanz einer ‚lübischen Norm‘ in jüngster Zeit mehr und mehr in Abrede gestellt worden ist.78) Der Literatur zufolge werden in der städtischen Kanzlei Stralsunds seit 1540 hochdeutsche Einflüsse wirksam; bis etwa 1640 verschwindet das Niederdeutsche.79)

Die ältesten Inschriften Stralsunds entstanden im frühen 14. Jahrhundert in lateinischer Sprache. Die ersten niederdeutschen Elemente80) in Form eines Stifternamens weist der Kelch Kat.-Nr. 36 (4. V. 14. Jh.) auf: miserere mei deus enghelke nygestat. Für das 15. Jahrhundert lassen sich nur schlaglichtartig einzelne auswertbare Belege zusammenstellen, die jedoch kaum weitergehende Rückschlüsse auf funktionale Zusammenhänge der Sprachwahl zulassen. Dazu gehören an erster Stelle die bemerkenswerten Bildbeischriften des Retabels der Riemer und Beutler (Kat.-Nr. 56, um 1450) und auch des vielleicht aus Stralsund stammenden, wenig jüngeren Margaretenretabels in Middelhagen. Sie bestehen jeweils aus einzelnen Sätzen, so etwa Hir steit v(n)se here in eneme purpere(n) klede vn(de) leert d(e)me volke de viii stucke der salicheit vn(de) dat se vaste(n), und werden im folgenden Exkurs ‚Niederdeutsch im Kloster?‘ besprochen. Am Ende des 15. Jahrhunderts wurden zwei niederdeutsche Inschriften in Stein angefertigt, ein für die städtische Öffentlichkeit bestimmter Spendenaufruf (Kat.-Nr. 106, 4. V. 15. Jh.) und der Eigentumsvermerk desse sten hort Jacob peters to vn(de) sine(n) eruen auf einer Grabplatte (Kat.-Nr. 28, B, 4. V. 15. Jh.?). Das Gebet eines Sterbenden und damit einen längeren, nahezu vollständig erhaltenen, in Gänze niederdeutschen Text im Kontext von Liturgie und Frömmigkeit zeigt die Grabplatte für Hans Sten (Kat.-Nr. 125, B, E. 15.–A. 16. Jh.). Auf dem für den Hochaltar von St. Jakobi bestimmten Kelch Kat.-Nr. 127 (1503, A) wird nach einer niederdeutschen Stifterinschrift in lateinischer Sprache um die Gebete der Nachwelt ersucht und eine Datumsangabe angefügt. Der 1506 [Druckseite 35] von dem Priester Gerhard Munter in Auftrag gegebene Kelch bietet nach einer Jahresangabe mit lateinischer Anno-domini-Formel eine niederdeutsche Stifterinschrift mit einer Fürbitte (Kat.-Nr. 129, A). Die Bildbeischriften des Franziskusretabels (Kat.-Nr. 140, um 1520–1525), eines Importstücks, wurden in den Jahren unmittelbar vor der Reformation angefertigt.

Exkurs: Niederdeutsch im Kloster?

In der Dorfkirche von Middelhagen (Insel Rügen, Ldkr. Vorpommern-Rügen) ist ein vierflügeliges Retabel erhalten, das in das dritte Viertel des 15. Jahrhunderts datiert wird81) und auf einer neuzeitlichen Predella steht. Die erste Wandlung des Retabels zeigt acht Szenen aus dem Leben der heiligen Katharina, darunter acht in gotischer Minuskel gemalte niederdeutsche Bildbeischriften, die mit einem deiktischen hir beginnen. Dieses Schnitzretabel wurde bereits im Zusammenhang der Inschriften des ehemaligen Landkreises Rügen bearbeitet, siehe DI 55 (Rügen), Nr. 41. Daher sei hinsichtlich einer Edition der Inschriften und für weitere Informationen grundsätzlich auf diesen 2002 publizierten Artikel verwiesen. Seitdem sind jedoch einige neue Erkenntnisse und plausible Überlegungen zum historischen Kontext des Retabels zutage getreten, die hier in aller Kürze vorgestellt werden sollen. Zunächst wurde als vermutlicher ursprünglicher Standort des Retabels nachdrücklich das Stralsunder Dominikanerkloster ins Gespräch gebracht.82) Zwar wurde diese Provenienz schon im 19. Jahrhundert erwogen,83) jedoch vom Herausgeber des erwähnten Inschriftenbandes mit dem Argument zurückgewiesen, die niederdeutschen Beischriften seien eher so zu deuten, dass das Retabel von Beginn an für „die ländliche Bevölkerung, die keine Lateinkenntnisse besaß“, bestimmt gewesen sei.84) Ungeachtet der Tatsache, dass diese Argumentation von der generell nicht haltbaren Prämisse ausgeht, außerhalb der Städte habe es keine lateinische Schriftkultur gegeben, ist zu konstatieren, dass dem Katharinenretabel zwei weitere Stralsunder Altaraufsätze mit niederdeutschen Beischriften an die Seite zu stellen sind. Das ältere befand sich wohl immer in St. Nikolai (Kat.-Nr. 56, um 1450), das zweite und deutlich jüngere war mit einiger Wahrscheinlichkeit für das Franziskanerkloster St. Johannis bestimmt (Kat.-Nr. 140, um 1520-1525). Beide Stücke weisen ebenfalls bilderklärende Beischriften in niederdeutscher Sprache auf, die mit hir beginnen. Auch eine weitere Beobachtung lässt an der Middelhagener Kirche als ursprünglichem Bestimmungsort des Retabels zweifeln: Eine detaillierte Untersuchung der Altarmensen-Konstruktion ergab, dass es sich bei dem Katharinenretabel nicht um den ursprünglichen Aufsatz für diesen Altarblock handelt.85) Es bleibt also festzuhalten, dass die Frage, wie häufig sich Retabel mit niederdeutschen Inschriften städtischen Pfarr- und vielleicht sogar Klosterkirchen der Region zuordnen lassen, weiterer Untersuchungen und Materialsondierungen bedarf.86) Die Verwendung der niederdeutschen Sprache ist jedenfalls kein ausreichendes Indiz für einen ländlichen Bestimmungsort. Zur Annahme einer frühneuzeitlichen Translokation des Retabels aus Stralsund nach Middelhagen in den Jahren nach 1631 passt auch, dass die Bemalung der Predella mit gotisierendem Maßwerk und Spätrenaissance-Beschlagwerk in den Jahren 1620–1640 erfolgte.87) Im bereits erwähnten Inschriftenband wird diese Predella mit ihren drei Inschriften, der älteren Literatur folgend, noch als neugotisch bezeichnet und in den Anfang des 19. Jahrhunders datiert.88) Links und rechts ist jeweils auf einer kleinen gemalten Tabula ansata in Kapitalis TE DEUM TE / [Druckseite 36] LAUDAMUS und SOLI DEO / GLORIA zu lesen, in der Mitte in Fraktur Es ist hier kein Unterschied: sie sind / allzumal, Sünder und mangeln des Ruh=/mes den sie an Gott haben sollen, und / werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, so durch Chris=/tum Jesum geschehen ist. Römer 3,23–24. Während nun die in durchgängig modernen Wortformen ausgeführte Frakturinschrift in der Tat vor nicht allzu langer Zeit entstanden sein muss,89) lassen sich Kapitalisinschriften mit rundem U vereinzelt schon seit dem späten 16. Jahrhundert nachweisen.90) Auch wenn also keine Sicherheit hinsichtlich der Herkunft des Middelhagener Retabels aus dem Stralsunder Dominikanerkloster St. Katharinen besteht, so kann sie doch als wahrscheinlich gelten.91) Die drei genannten Retabel mit niederdeutschen Inschriften sind letztlich auch im größeren Kontext der Frage nach dem Stellenwert von lateinischer und volkssprachiger Schriftkultur im monastischen Bereich des südlichen Ostseeraums von Bedeutung. In diesem Zusammenhang wären letztlich auch die überarbeiteten und schwer verständlichen niederdeutschen Verse im Gewölbe des sog. Remters im Dominikanerkloster (Kat.-Nr. 107, 2. H. 15. Jh.) zu diskutieren.

Aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist besonders das Epitaph des Kaufmanns Cord Middelborch hervorzuheben, das zwei Bibelzitate (Kat.-Nr. 185, 1566, B, C), lehrhafte Verse zu Tod und Auferstehung und eine Gedenkinschrift (D) sowie ein Gebet in der Ich-Form (E) trägt. Aufschlussreiche Beispiele für sprachliche Varianten desselben Steinmetzen aus demselben Jahr 1587 für denselben Texttyp ‚Eigentumsvermerk‘ bieten die Steine Kat.-Nr. 216 und Kat.-Nr. 215 (jeweils A): Neben DISSER STEN GEHORDT H(ER) NICLAS SASSEN CATTRINE PRVEZEN VND EREN ERFEN (...) steht DISSE STEIN HORT H(ER) MARTIN WOELEN ELISABETH PRVEZEN VND EREN ERVEN (...). Die jüngsten rein niederdeutschen Inschriften entstanden kurz vor 1630. Sie wurden an einem Leuchter (Kat.-Nr. 312, 1626), auf einer Grabplatte (Kat.-Nr. 317, 1627) und einer Glasscheibe (Kat.-Nr. 318, 1627 o. früher) angebracht. Jedoch lassen sich niederdeutsche Formen bzw. Reste etwa in Grabplatteninschriften auch noch später nachweisen (Kat.-Nr. 355, 1635: Seynen hochdeutsch; Kat.-Nr. 155, C, 1658: Erven einzige niederdeutsche Form).

Die allmähliche Ablösung des Niederdeutschen durch das Hochdeutsche in den Stralsunder Inschriften lässt sich aufgrund der geringen Anzahl von lediglich 14 Belegen, die Formen beider Sprachen aufweisen, kaum nachvollziehen. Viele Inschriften sind darüber hinaus nicht präzise datierbar oder liegen nur noch in erneuertem Zustand vor.92) Einzelne hochdeutsche Einflüsse zeigen ein Eigentumsvermerk auf einer Grabplatte und eine Leuchterinschrift (Kat.-Nr. 217, A, 1588; Kat.-Nr. 224, 1591). Bei den ältesten rein hochdeutschen Inschriften handelt es sich um zwei wenig früher entstandene Bibelzitate auf einem Kelch aus dem Hospital St. Jürgen (Kat.-Nr. 207, 1582, B) und auf einer Gruftplatte (Kat.-Nr. 216, 1587, B; hier jedoch auch die Form THO). Erst aus dem Jahr 1611 stammt der älteste formelhafte Eigentumsvermerk in hochdeutscher Sprache auf einer Grabplatte (Kat.-Nr. 279).

Daneben wurde nach wie vor auch die lateinische Sprache gewählt, zum einen für Grabplatten93) und repräsentative Epitaphien von Stralsunder Honoratioren (Kat.-Nr. 263, 1601–1602, Kat.-Nr. 366, 1637), auch in Versform (Kat.-Nr. 198, 1580), zum anderen für Inschriften aus dem Bereich der städtischen (Kat.-Nr. 178, 1566; auch Kat.-Nr. 307, 1623 o. früher) und individuellen Selbstdarstellung (Kat.-Nr. 183, 1572, Kat.-Nr. 205, 1581 o. früher).

7. Schriftarten

7.1. Gotische Majuskel

Die gotische Majuskel vereint kapitale und unziale bzw. runde Buchstabenformen bei einer sich im Laufe der Zeit verstärkenden Tendenz zu runden Formen. Charakteristisch sind auch keilförmige Verbreiterungen der Schaft- und Bogenenden sowie Bogenschwellungen. Die an Schaft-, Balken- und Bogenenden angesetzten Sporen werden besonders betont und können vor allem bei C und E zu einem durchgehenden Abschlussstrich zusammenwachsen. Im Nordosten wird die gotische Majuskel seit dem früheren 14. Jahrhundert allmählich durch die gotische Minuskel abgelöst, bleibt aber beispielsweise für Versalien (Zierbuchstaben v. a. am Wortanfang) weiterhin im Gebrauch.

In Stralsund liegen 21 Inschriften in gotischer Majuskel vor, davon zwei gemischt mit gotischer Minuskel (Kat.-Nr. 118, 15. Jh.). In 38 Inschriften des 14. bis frühen 16. Jahrhunderts sind Versalbuchstaben in gotischer Majuskel gestaltet.

Von neun erhaben in Stein ausgeführten gotischen Majuskeln liegen lediglich drei Inschriften auf Grabplatten vor, die datiert und einigermaßen erhalten sind, Kat.-Nr. 2 (1320 o. später), Kat.-Nr. 4 (1333) sowie der beste Beleg Kat.-Nr. 6 (1338). In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstand die nur noch fotografisch überlieferte Platte Kat.-Nr. 12. Nahezu alle anderen Grabplatten bieten Material, das aus wenigen Buchstaben besteht oder zu stark beschädigt ist, als dass Detailbeobachtungen oder Rückschlüsse auf Schriftentwicklungen möglich wären. Anders als in Greifswald94) sind in Stralsund aus der Zeit vor 1300 oder auch aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts keine datierten gotischen Majuskeln in Stein erhalten. Als Datierungsrahmen für solche Inschriften wurde daher die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts angenommen.

Gemalte gotische Majuskeln finden sich in Wandmalereien, diese in der Regel nur in Gestalt der vier Buchstaben INRI des Kreuzestitulus und nur überformt oder teilweise erhalten (Kat.-Nr. 5, 8, 48); des Weiteren auf einem aus Venedig importierten Glasbecher (Kat.-Nr. 18) und einem Kelch (Kat.-Nr. 36, B). Die längere Weiheinschrift in St. Jakobi (1351) stellt den jüngsten datierten Beleg dar, ist aber verloren oder nicht zugänglich (Kat.-Nr. 20).

7.2. Gotische Minuskel

Die epigrafische gotische Minuskel entspricht im Idealfall der Textura (Textualis formata) der Buchschrift. Kennzeichen der gotischen Minuskel ist die Brechung von Schäften und Bögen. Die im Mittelband stehenden Schäfte (von i, m, n, u und v etc.) werden an der Oberlinie des Mittelbandes und an der Grundlinie gebrochen, die Bögen durch stumpfwinklige Brechung oder spitzwinkliges Abknicken in senkrechte und schräge Bestandteile umgeformt. Diese Umformung der Bögen und die Schaftbrechungen geben der Schrift einen von der Vertikale dominierten, gleichförmig gitterartigen Charakter.

In Stralsund kommt die gotische Minuskel in etwa 250 Inschriften vor. Drei vertieft eingehauene Steininschriften stellen die ältesten Beispiele dar (Kat.-Nr. 1, 1318; Kat.-Nr. 3, 1329; Kat.-Nr. 16, 1. H. 14. Jh.). Aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes der Inschriften von 1318 und 1329 sind allerdings nur einzelne paläografische Beobachtungen möglich.95) Das älteste Beispiel, das Details der Schriftausführung erkennen lässt, ist Kat.-Nr. 21 (1353). Diese erhaben in vertiefter Zeile ausgeführte Inschrift weist noch viele stumpf endende Schäfte und Oberlängen, aber bereits v mit senkrechtem [Druckseite 38] Schaft auf.96) Ein spätes Beispiel mit durchgängig stumpf endenden Schäften von i, m, n und u ist Kat.-Nr. 24 (1390). Hingegen zeigt die ältere Inschrift auf derselben Platte (A, 1361) mit Ausnahme der u-Schäfte bereits überall Brechungen. Diese Merkmale gelten auch für die Inschrift auf der Grabplatte Kat.-Nr. 44 (1415). Erst etwa seit dem dritten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts scheinen Schaftbrechungen für alle Mittelbandbuchstaben kanonisch zu sein (Kat.-Nr. 46, 1420; Kat.-Nr. 52, 1437).97) Der Prozess sich vermehrender Schaftbrechungen zieht sich also über mehr als fünfzig Jahre hin. Im späten 14. Jahrhundert ist neben der üblicheren breit proportionierten auch eine gestreckt wirkende gotische Minuskel möglich (Kat.-Nr. 30, 1376, Kat.-Nr. 32, 1380). Paläografisch und auch anderweitig nicht datierbare Inschriften in voll ausgeprägter gotischer Minuskel wurden in den Zeitraum ‚Mitte 14. bis Mitte 15. Jahrhundert‘ eingeordnet.

Die Spätform der gotischen Minuskel entwickelte sich seit der Mitte des 15. Jahrhunderts. Sie zeichnet sich durch bestimmte Merkmale aus, die häufig, aber nicht immer in Kombination auftreten:98) Der Gesamteindruck wird bestimmt durch schlankere Proportionen und ineinander übergehende, spitz ausgezogene Schaftbrechungen (Kat.-Nr. 53, 1441; Kat.-Nr. 54, 1447; Kat.-Nr. 93, 1451 o. später). Ein Schaftende von u endet oben abgeschrägt. Oberlängen werden länger ausgeführt, Quadrangel spitz ausgezogen (Kat.-Nr. 88, 1463). Am deutlichsten sind diese Merkmale an einem gut erhaltenen Stein an St. Annen (Kat.-Nr. 136, 1519 o. später) und einem aus derselben Werkstatt stammenden Wangenstein (Kat.-Nr. 139, um 1523) zu erkennen. Die jüngsten sicher datierten Fragmente in gotischer Minuskel entstanden im vierten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts (Kat.-Nr. 141, 1537–1539; Kat.-Nr. 142, 1540). Auf dieser Grundlage und in Anlehnung an Greifswalder Befunde wurde für zahlreiche Stralsunder Inschriften, die in dieser späten gotischen Minuskel ausgeführt sind, jedoch keine Jahreszahl tragen, die Datierung ‚Mitte 15. bis Mitte 16. Jahrhundert‘ gewählt.

Eine späte Sonderform der gotischen Minuskel99) zeichnet sich durch kastenförmiges a, e mit dünnem senkrechten Balken, der unten eingerollt und oben über den Bogen hinaus verlängert ist, i mit Punkt sowie u mit nach außen abgeschrägten oberen Schaftenden aus. Oberlängen ragen weit über den Mittelbandbereich hinaus. In Stralsund gibt es sechs undatierte Belege für diese Schriftform; sie wurden analog zu datierbaren Beispielen aus Greifswald ‚Ende 15. bis Mitte 16. Jahrhundert‘ datiert.100)

Die meisten der insgesamt fünfzehn Gewölbe-, Retabel- und Wandmalereien liegen nur in teilweise stark erneuerter Form vor101) oder weisen (als Fragmente) einen nur geringen Buchstabenbestand der gotischen Minuskel auf. Die älteste Wandmalerei, gleichzeitig diejenige mit dem umfangreichsten Text, ist lediglich auf einer unscharfen Fotografie dokumentiert (Kat.-Nr. 7, 1350?). Ungewöhnlich und wohl unverändert erhalten ist die von Hufnagelneumen begleitete Inschrift C in der ehem. Sakristei von St. Marien (Kat.-Nr. 42, A. 15. Jh.).

Detailliertere Beobachtungen als für die auf Putz angebrachten Malereien lassen die in Stralsund erhaltenen neun Beispiele für Tafelmalerei zu. Die Inschriften an der astronomischen Uhr in St. Nikolai (Kat.-Nr. 35, 1394) sind nicht im Originalzustand erhalten, bieten aber – neben besonders frühen arabischen Ziffern – ein relativ großes Buchstabenrepertoire. u ist mit stumpfen ebenso wie mit abgeschrägten, in einigen Fällen auch mit gebrochenen Schaftenden gestaltet; es ist jedoch nicht zu entscheiden, ob diese Merkmale der ursprünglichen Schriftausführung entsprechen. Etwa bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts wurden drei Retabel mit punzierten (Kat.-Nr. 64, A, B, um 1440–1450) und gemalten Inschriften (Kat.-Nr. 56, E–H, um 1450; Kat.-Nr. 63, M. 15. Jh.) angefertigt. Diese Beispiele und ein weiterer Beleg (Kat.-Nr. 61, 1. H. 15. Jh.) zeigen verschiedene Schriftproportionen, Buchstabenformen und Zierelemente. Die niederdeutschen Inschriften des Retabels der Riemer und [Druckseite 39] Beutler (Kat.-Nr. 56) können wohl angesichts vieler ohne Brechung endender Schäfte als die konservativsten gelten.

Die Heiligentituli der Chorschranken von St. Nikolai (Kat.-Nr. 108, A–D, 2. H. oder 4. V. 15. Jh.) sind bereits in der hohen, schlanken Spätform der gotischen Minuskel mit cadellenartigen Versalien ausgeführt. Unter zwei Importstücken, dem Franziskusretabel sowie dem in Antwerpen gefertigten Schnitzretabel (Kat.-Nr. 138, um 1515–1520, Kat.-Nr. 140, um 1520–1525) zeigt das Antwerpener Stück breite Buchstabenformen, die im Kontext der übrigen hier genannten gemalten gotischen Minuskeln fremd anmuten.

Unter zehn Goldschmiedearbeiten mit Inschriften in gotischer Minuskel stellt der Kelch Kat.-Nr. 36 (4. V. 14. Jh.) das mit Abstand früheste Beispiel dar. Obwohl die Buchstaben nur wenige Millimeter groß sind, lassen sie doch erkennen, dass Brechungen konsequent durchgeführt sind. Unter den nachfolgenden Belegen, deren Buchstabenbestand umfangreicher ist als ihesvs auf dem Nodus oder inri102) zu einer Kreuzigungsdarstellung, ist zunächst Kat.-Nr. 96 (1473) zu nennen, der neben einer ebenmäßigen Fertigungsinschrift (A) eine deutlich unsauberer gravierte Warnung vor Diebstahl (B) zeigt. Die einzige in einer ornamentalen, konsequent durchstilisierten Bandminuskel ausgeführte Textinschrift stellt der Eigentumsvermerk A auf dem wenige Jahre jüngeren Kelch Kat.-Nr. 101 (1487) dar. Zwei zu Beginn des 16. Jahrhunderts angefertigte Kelche zeigen Inschriften mit lang gespaltenen Oberlängen und e, dessen Balken zu einem langen, gebogenen Zierstrich reduziert ist (Kat.-Nr. 126, C, 1503; Kat.-Nr. 127, A, 1506). Zuletzt sei auf die ebenmäßig eingeschnitzten gotischen Minuskeln hingewiesen, die Peter Wyhagen 1518 an der Nordempore von St. Nikolai hinterließ (Kat.-Nr. 439, A1).

7.3. Frühhumanistische Kapitalis und (Renaissance-)Kapitalis

Der Begriff ‚frühhumanistische Kapitalis‘ bezeichnet eine Mischschrift, die auf das Formenrepertoire verschiedener Großbuchstabenschriften zurückgeht. Neben kapitalen, runden und unzialen Formen stehen eckige Buchstaben (C, G und O), gelegentlich werden auch Minuskeln und Elemente aus byzantinisch-griechischen Schriften einbezogen sowie besondere Einzelformen geschaffen. Diese Schriftart entstand im Umfeld italienischer Humanisten und wurde im 15. Jahrhundert zunächst auf den Reformkonzilien von Konstanz und Basel im deutschen Sprachraum über Handschriften, später auch über Druckschriften bekannt gemacht. Zeitlich parallel zur gotischen Minuskel wurde sie aufgrund ihres dekorativen Charakters für Inschriften seit dem späten 15. Jahrhundert besonders im sakralen Bereich an Altarretabeln, Heiligenfiguren und Kelchen verwendet. Zum Formenkanon dieser Schrift gehören: epsilonförmiges (zweibogiges) E, retrogrades (spiegelverkehrtes) N, M in der Form des byzantinischen M (dieses in Form eines kapitalen H mit an den Balken angehängtem Mittelschaft) oder als konisches M mit durchgebogenen Schäften und kurzem Mittelteil sowie offenes kapitales D. An Zierformen kommen Ausbuchtungen sowie Nodi und Halbnodi an Schäften, Balken und Schrägschäften vor.

In Stralsund ist die frühhumanistische Kapitalis in wenigen Inschriften belegt, die zwischen dem Ende des 15. und dem Ende des 16. Jahrhunderts entstanden und sich im wesentlichen zunächst auf Kreuzestituli (Kat.-Nr. 102, 1480–1490) und teilweise unvollständig erhaltene Gewandsauminschriften (Kat.-Nr. 103, um 1500, Kat.-Nr. 132, 133, beide 1490–1510, Kat.-Nr. 138, um 1515–1520) beschränken. Eine Ausnahme stellt das Antependium aus dem Birgittenkloster mit einer aufgenähten Inschrift dar (Kat.-Nr. 104, E. 15. Jh.). Die frühhumanistische Kapitalis wurde auch noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf einigen repräsentativen Inschriftenträgern eingesetzt. Die Inschriften auf den Totenschilden für die Bürgermeister Christoph Lorbeer und Nikolaus Steven in St. Nikolai (Kat.-Nr. 172, 173, beide 1555) stammen von demselben Meister und weisen bewusst variierende Buchstabenformen auf. Auch die Kramerzunft wählte für den 1574 an ihrem Gestühl [Druckseite 40] eingeschnitzten Eigentumsvermerk DIT IS DER KRAME[R] ER STO[E]LTE (Kat.-Nr. 189, 1574) noch diese Schriftart.


Die (Renaissance-)Kapitalis ist zwar dem Ideal der antiken Monumental-Kapitalis verpflichtet, deren Buchstaben meist wie mit Lineal und Zirkel konstruiert sind und Linksschrägenverstärkungen, Unterschiede zwischen Haar- und Schattenstrichen, Bogenverstärkungen sowie ausgeprägte Serifen besitzen. Die neuzeitlichen Kapitalisschriften weisen jedoch nur in seltenen Fällen diese strengen Konstruktionsprinzipien auf; sie kommen vielmehr in vielfältigen Erscheinungsformen vor, etwa mit schmalen hohen Buchstaben oder schrägliegend, und erreichen nur selten die Qualität ihres antiken Vorbildes.

Die Renaissance-Kapitalis etabliert sich in Stralsund seit der Mitte des 16. Jahrhunderts103) und wird mit mehr als 500 Belegen weit vor der Fraktur zur beherrschenden Schriftart. In Stein ist die frühe Kapitalis nur schlecht belegt, bei den ersten Beispielen handelt es sich lediglich um Initialen.104) Erst seit den späten 1580er Jahren erlaubt eine größere Dichte von datierten und aussagekräftigen Inschriften eine genauere Betrachtung, die jedoch aufgrund von zeitlichen Lücken im Bestand kein scharf konturiertes Bild entstehen lässt. In erhaben ausgehauener Form kommt die Kapitalis relativ selten, dann aber vor allem in den Jahren um 1600 vor (vgl. etwa Kat.-Nr. 263, 275). Die Mehrzahl der Kapitalis-Inschriften in Stein ist eingehauen, und zwar auf Grabplatten in Form von Besitzvermerken, Bibelzitaten und Devisen. Vereinzelt vielleicht seit dem Ende des 16. Jahrhunderts, verstärkt jedoch seit den späten 1630er Jahren, werden bestimmte Teile dieser Inschriften, neben ANNO der Jahresangabe auch der Name des Eigentümers, in Kapitalis eingemeißelt.105) Als frühes Beispiele sei hier die Grabplatte Kat.-Nr. 292 (1616) genannt sowie die deutlich besser erhaltene Platte Kat.-Nr. 40 (1637), die den Anfang einer dichteren Beispielreihe bildet. Gelegentlich sind, wie bereits das eben genannte Beispiel zeigt, die Versalien dieser Inschriften so ausgeführt, dass deren Schäfte zur Mitte hin Verdickungen und dazwischen einen kleinen Nodus aufweisen, sodass sie wie gedrechselte Säulen aussehen; vgl. auch Kat.-Nr. 382 (1639 o. früher), Kat.-Nr. 420 (1650).106)

Ende der 1580er Jahre herrscht eine relativ schlichte, dünnstrichige Kapitalisform vor, die nahezu quadratische Proportionen (E, M, N, besonders deutlich T) und kleine Sporen zeigt. Die dieser Schriftausprägung zuzuordnenden Grabplatten Kat.-Nr. 210 (1586), Kat.-Nr. 212, 213, 214 (1587), Kat.-Nr. 218 (1588) und Kat.-Nr. 239 (1599 o. früher) stellen möglicherweise Erzeugnisse einer einzelnen Werkstatt dar. In demselben Zeitraum wurden drei weitere, teilweise aufwändig gestaltete Grabsteine bzw. -platten angefertigt, deren Schrift zwar dieselben Proportionen wie die zuvor genannte Gruppe zeigt, die sich jedoch durch zahlreiche Ligaturen und die – wenn auch nicht allzu stark ausgeprägte – Unterscheidung von Haar- und Schattenstrichen davon abhebt: Kat.-Nr. 215, 216 (beide 1587), Kat.-Nr. 229 (1593?, mit Versalien). Besonders ebenmäßige Kapitalisinschriften zeigen auch das Epitaph und der Grabstein für den Bürgermeister Joachim Klinkow. Das Epitaph aus der Werkstatt des Claus Midow (Kat.-Nr. 263, 1601–1602) mit erhabenen lateinischen und der Grabstein mit eingehauenen deutschen Inschriften (Kat.-Nr. 264, 1601–1602?) sind aber wohl nicht derselben Werkstatt zuzuordnen.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurden einige Inschriften angefertigt, die N mit leicht geschwungener Schräghaste und die Ziffer 6 mit kleinem eingerollten Bogen aufweisen (Kat.-Nr. 91, 157, beide 1611). Wie schon die Proportionen dieser Inschriften andeutungsweise zeigen, wurden nach dem Beginn des 17. Jahrhunderts auch hochrechteckige Buchstaben und teilweise geschwungene Versalien üblich; vgl. Kat.-Nr. 295 (1618), Kat.-Nr. 28 (1624). Auch die Grabplatten Kat.-Nr. 298 und Kat.-Nr. 299, beide 1620 in derselben Werkstatt angefertigt, gehören zu diesem Schrifttyp. Aussagen über [Druckseite 41] die Entwicklung in den folgenden Jahrzehnten bis 1650 scheitern daran, dass die Kapitalisanteile von Frakturinschriften in vielen Fällen nur aus dem gestalterisch unspezifischen Wort ANNO bestehen. Wenn (Fragmente von) Kapitalisinschriften nicht näher datierbar sind, wurden sie in den Zeitraum ‚Mitte 16. – Mitte 17. Jahrhundert‘ eingeordnet.107)

Rundes U mit rechtem Schaft, das die vorher durchgängig verwendete Graphie V ersetzt, kommt im Allgemeinen vereinzelt seit den beiden letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts, häufiger jedoch erst seit den 1620er Jahren vor. In Stralsund ist diese Form seit dem frühen 17. Jahrhundert gelegentlich nachweisbar, das erste Mal an der Kanzel von St. Nikolai (Kat.-Nr. 280, A, G etc., 1611), wenig später auf Grabmälern (Kat.-Nr. 325, 1630, Kat.-Nr. 351, 1634?, Kat.-Nr. 213, 1638). Daneben bleibt auch noch V-Schreibung gebräuchlich (Kat.-Nr. 292, 1616, Kat.-Nr. 212, 1643). Einen besonderen Fall stellen daher zwei Inschriften am Kramergestühl in St. Nikolai dar, die U mit rechtem Schaft aufweisen (Kat.-Nr. 189, D und E). Möglicherweise sind diese Inschriften jünger als die ebenfalls am Gestühl angebrachte Jahreszahl 1574, zumal paläografische Beobachtungen vermuten lassen, dass das Gestühl über einen längeren Zeitraum und/oder unter Beteiligung mehrerer Hände angefertigt wurde.

Die Renaissance-Kapitalis kommt relativ häufig auch in gravierter und gegossener Ausführung vor. Gravierte Inschriften finden sich vorrangig auf Vasa sacra sowie auf Zunft- bzw. Amtspokalen und -bechern. Die Überlieferung beginnt mit einer Oblatendose (Kat.-Nr. 175, 1558, nur Namensinitialen) und einem nur noch fotografisch dokumentierten Kelch (Kat.-Nr. 176, 1559) aus St. Marien. Das älteste erhaltene Beispiel ist ein Kelch aus dem Hospital St. Jürgen (Kat.-Nr. 207, 1582), der sich keinem Meister zuordnen lässt. Einen größeren Komplex stellen die insgesamt wohl zwölf Goldschmiedearbeiten des Marten Diederich aus den Jahren 1637/1638 sowie 1647 dar. Zwar wurden sechs Objekte der früheren Jahre nicht mit seinem Meisterzeichen (MD in Ligatur) versehen, auf einer Oblatendose jedoch brachte Diederich seinen Namen und den seiner Ehefrau Elsebe Mitzel an (Kat.-Nr. 363). Daher lassen sich diesem Goldschmied auf der Grundlage eines Schriftvergleichs weitere qualitätvolle Inschriften zuordnen, auch wenn diese Objekte teilweise andere oder kein Meisterzeichen tragen.108) Eine 1637 gestiftete Weinkanne und ein Becher der Kleinfuhrleute (Kat.-Nr. 365, 430) lassen Schriftmerkmale am deutlichsten erkennen.

Leuchter und Mörser tragen oft erhabene Kapitalis-Inschriften. Auf einen Mörser des Jahres 1549 (Kat.-Nr. 145) folgen drei Wandleuchter der 1570er und frühen 1580er Jahre (Kat.-Nr. 192, 196, 204). Abgesehen von der Kapitalis des Marten Diederich weisen die Metallinschriften kaum spezifische Merkmale auf. Die für Steininschriften sichtbare Neigung zu schlankeren Buchstabenproportionen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts scheint in Metall nicht wirksam zu werden. Hinsichtlich einer professionellen, ästhetisch gelungenen Ausführung sind vor allem – neben den bereits erwähnten Inschriften des Marten Diederich – zwei Kronleuchter (Kat.-Nr. 337, 1633, Kat.-Nr. 414, 1649) und der von Johannes Staude angefertigte Becher der Schiffer-Compagnie (Kat.-Nr. 314, 1627) zu nennen. Ihnen stehen relativ unebenmäßig gravierte oder gegossene Erzeugnisse gegenüber, so Kat.-Nr. 204 (1598), Kat.-Nr. 268 (1604), Kat.-Nr. 291 (1616) Kat.-Nr. 294 (1617) und Kat.-Nr. 413 (1649). Eine ungewöhnliche, weil gestempelte Inschrift weist der 1621 angefertigte Pokal des Baderamtes auf (Kat.-Nr. 301, A).

Nahezu alle gemalten Kapitalis-Inschriften liegen nicht mehr in ihrer ursprünglichen Ausführung, sondern als spätere, vielfach (lange) nach 1650 angefertigte Erneuerungen vor.109) Ausnahmen unter den längeren Textinschriften stellen lediglich die Beischriften zu den herzoglichen Wappen aus dem Rathaus (Kat.-Nr. 178, 1566) und das Epitaph für Hinrik Swerin (Kat.-Nr. 223, 1591 und 1602) sowie zwei Glasmalereien dar (Kat.-Nr. 286, 1612, Kat.-Nr. 397, 1644).

7.4. Fraktur

Die Fraktur hatte sich im Umkreis Kaiser Maximilians I. aus spätgotischen Kanzleischriften entwickelt und wurde aus Buch- und Druckschriften des frühen 16. Jahrhunderts in die epigrafische Produktion übernommen. Die inschriftliche Ausprägung der Fraktur zeichnet sich durch Schwellzüge und Schwellschäfte sowie die spitzovale Form geschlossener Bögen aus. Die Schäfte von f und Schaft-s reichen unter die Grundlinie, die Oberlängen enden nicht stumpf, sondern gespalten, ausgezogen, mit Zierformen etc. Es kommt sowohl einstöckiges als auch doppelstöckiges a vor.

Die Übergangsperiode von der gotischen Minuskel zur Fraktur, mit der etwa ab dem zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts in Form von Mischschriften zu rechnen wäre, ist in Stralsund nur sehr schlecht belegt.110) Hingegen stehen für die spätere Zeit anders als in Greifswald unter etwa 150 Fraktur-Inschriften genügend datierte, in aller Regel jedoch nicht unbeschädigt erhaltene Beispiele zur Verfügung, die ausgewertet werden können. Erste Frakturelemente in Form einzelner Versalien sind seit der Mitte des 16. Jahrhunderts zu beobachten (Kat.-Nr. 169, 1552; Kat.-Nr. 164, 2. V. 16. Jh.). Einen schon stärkeren Frakturcharakter zeigen die erhaben in vertiefter Zeile ausgeführten, aber unterschiedlich gestalteten Grabplatteninschriften Kat.-Nr. 83 (B, 1573 o. früher) und Kat.-Nr. 50 (1587, B). Für die folgenden Jahrzehnte lassen sich unter den in Stein gehauenen Frakturinschriften aufgrund gemeinsamer Schriftmerkmale drei Gruppen ausmachen.

Die erste Inschriftengruppe wird in den Jahren kurz vor und nach 1600 greifbar. Die verwendete, zunächst erhaben ausgeführte Fraktur-Mischschrift zeigt deutliche Schwellzüge an Schaft-s, dessen Bogenenden stark verbreitert sind. Solchermaßen ist auch das lange d-Bogenende gestaltet. r, mit einem langen senkrechten Zierstrich versehen, und n mit gebrochenen Schaftenden weisen noch auf die gotische Minuskel hin. Zu dieser Gruppe gehören etwa die Grabplatten Kat.-Nr. 229 (A, 1593?) und Kat.-Nr. 262 (1602),111) auf denen ein ausgehauener Eigentumsvermerk, eine eingehauene Jahreszahl und ein Wappenschild (auch konturiert gearbeitet) mit Hausmarke zu sehen sind. Dieselben Schriftmerkmale zeigt auch eine Anzahl eingehauener Inschriften, so Kat.-Nr. 241 (B, 1604) sowie Kat.-Nr. 231, 265 A (beide 1603), Kat.-Nr. 251 (1607) sowie Kat.-Nr. 285 (A, 1612); bei der zuletzt genannten Katalognummer handelt es sich um das jüngste Beispiel dieser Gruppe.

Als frühester Beleg für voll entwickelte Fraktur kann neben dem Fragment Kat.-Nr. 259 (1601) die besonders flüssig wirkende Fraktur mit charakteristischen s-Formen auf dem Epitaph für Joachim Klinkow (1601–1602) gelten. Dieses Denkmal stellt einen Sonderfall in der Stralsunder Überlieferung dar, weil es als einziges wohl auf den Bildhauer Claus Midow und/oder seine Werkstatt zurückgeht.112)

Eine weitere Inschriftengruppe lässt sich seit den 30er Jahren des 17. Jahrhunderts greifen. Ihre voll entwickelte, eingehauene Frakturform ist durch zahlreiche s-förmige Zierbögen und Zierschleifen in Form einer liegenden 8 an Ober- und Unterlängen von Gemeinen und Versalien gekennzeichnet; deren Vorbilder sind in Fraktur-Auszeichnungsschriften des Buchdrucks zu suchen.113) Schaft-s weist einen großen Oberlängenbogen auf. Weiterhin sind – wohl zunächst an Versalien, dann auch an Gemeinen – zackenförmige Verstärkungen zu beobachten (vgl. Kat.-Nr. 330, 1630 o. später; Kat.-Nr. 262, 1636). Die zuletzt genannte Grabplatte zeigt bereits die später mehrfach vorkommende Kombination mit Kapitalis, meistens für die Datumsangaben (vgl. etwa Kat.-Nr. 40, C, 1637; Kat.-Nr. 378, 1639; Kat.-Nr. 395, 1643; Kat.-Nr. 285, 1649) oder auch mit Majuskelversalien der Fraktur [Druckseite 43] (Kat.-Nr. 369, 1638; Kat.-Nr. 385, A u. B, 1640; Kat.-Nr. 386, C, 1640; Kat.-Nr. 399, 1645; Kat.-Nr. 419, 1650). Die aufwändigsten und am besten erhaltenen Beispiele dieser Gruppe sind Kat.-Nr. 394 (1643) und die beiden Steine aus dem Beinhaus von St. Nikolai (Kat.-Nr. 416, 1649). Da sich diese Frakturform mit zackenförmigen Verstärkungen auch noch einige Zeit nach 1650 nachweisen lässt, wurden die solchermaßen ausgeführten Inschriften, die keine weiteren Datierungskriterien bieten, in das zweite bis dritte Drittel des 17. Jahrhunderts datiert.

In einen engen Zusammenhang mit der eben beschriebenen Gruppe gehören auch drei der Bauinschriften am Heilgeisthospital aus den Jahren 1643 und 1647 (Kat.-Nr. 392, 393, 403) sowie eine leicht verwitterte Grabplatte in St. Nikolai (Kat.-Nr. 387, 1640), vielleicht auch eine vierte Bauinschrift an Heilgeist, Kat.-Nr. 361 (1637). Diese Inschriften sind erhaben ausgehauen und weisen zahlreiche vergleichbare Formendetails, so etwa kleine Anschwünge an den Bogenansätzen von h, m und n, sowie Majuskel-Frakturversalien auf. Diese und die Zierschleifen an Buchstabenoberlängen, die oft in Form einer liegenden 8 ausgeführt sind, erinnern an die zuvor bereits beschriebene Gruppe eingehauener Inschriften.

Auf den ersten Blick bietet der Stralsunder Inschriftenband nicht nur Fraktur in Stein, sondern auch eine größere Anzahl von vierzehn Objekten mit gemalten Frakturinschriften. Bei genauerem Hinsehen handelt es sich indes vor allem um schlecht erhaltene oder nicht datierte Beispiele, so etwa eine Sammelbüchse im Stralsund Museum (Kat.-Nr. 228, 1593). Inschriften, die besser oder unbeschädigt erhalten zu sein scheinen, wurden überarbeitet oder erneuert und sind daher nicht für eine paläografische Auswertung geeignet. Dies gilt zunächst für das in großer Höhe aufgehängte Epitaph für Margarete Schermer (Kat.-Nr. 180, A) aus dem Jahr 1567. Auch die Frakturinschrift am Portal der 1611 errichteten Kanzel von St. Nikolai (Kat.-Nr. 280, G) wurde erneuert. Ungewöhnlich an den Inschriften der Kanzel von St. Jakobi (Kat.-Nr. 315, 1627, 1635) ist, dass sie einige Kürzungen aufweisen. Beide Kanzeln entstanden über einen längeren Zeitraum, weshalb sich viele Inschriften nicht eindeutig einer bestimmten Arbeitsphase zuordnen lassen. Keine Überarbeitungsspuren zeigen nur die zeitlich folgenden Inschriften an den Laden der Bader und Wundärzte (Kat.-Nr. 346, 1634), der Stallbrüder (Kat.-Nr. 368, 1637) und der Schifferbrüder (Kat.-Nr. 377, 1639). Wohl im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts wurden die Inschriften auf einem Gemälde in St. Nikolai erneuert (Kat.-Nr. 426). In die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts gehört schließlich auch der Schalldeckel der Kanzel in Voigdehagen (Kat.-Nr. 433) mit einer erhaben geschnitzten Inschrift.

7.5. Humanistische Minuskel

Die Formen der karolingischen Minuskel aufgreifend entstand gegen Ende des 14. Jahrhunderts unter dem Einfluss italienischer Humanisten in Abwendung von den gebrochenen Formen der gotischen Schriften eine Buchschrift, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts auch als Druckschrift (Antiqua) rezipiert wurde. Diese sogenannte humanistische Minuskel kommt in Inschriften seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vor. Charakteristika sind runde Bögen, ohne Brechung endende Schäfte sowie auf der Grundlinie endendes f und Schaft-s, d mit senkrechtem Schaft, g mit geschlossener oberer Bogenlinie, h ohne Bogenverlängerung unter die Grundlinie. Serifen an Schaftenden sind möglich. Bei der rechtsgeneigten humanistischen Minuskel können die Schäfte von f und Schaft-s unter die Grundlinie reichen. Die Tendenz zur Serifenbildung ist geringer ausgeprägt als in der aufrechten Ausführung.

Die ältesten, gemalten Beispiele für diese Schriftart, die sich in Stralsund auf dreißig Objekten nachweisen lässt,114) wurden dem gelehrten Funktionszusammenhang der humanistischen Minuskel entsprechend auf zwei Porträts Philipp Melanchthons angebracht, Kat.-Nr. 188 (1560–1573) und Kat.-Nr. 202 (um 1570–1580), letzteres aus der Werkstatt Lucas Cranachs d. J.115) Jüngere und dabei [Druckseite 44] gar nicht oder nur geringfügig erneuerte, ebenfalls gemalte Inschriften zeigt das große Epitaph für den Bürgermeister Lambert Steinwich (Kat.-Nr. 366, 1637).

In Stein und auf Goldschmiedearbeiten kommt die humanistische Minuskel nur sehr selten und erst seit den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts vor. Das Epitaph für Margarete Simon (Kat.-Nr. 325, 1630) zeigt teilweise rechtsgeneigte Schrift und stammt wahrscheinlich aus derselben Werkstatt wie die Grabplatte Kat.-Nr. 329 (um 1630?). Als interessante Beispiele für die sprachlich-funktionale Differenzierung von deutschen und lateinischen bzw. latinisierten Wörtern anhand der Schriftart, wie sie aus Druckschriften bekannt ist, können Kat.-Nr. 330 (1630 o. später) und Kat.-Nr. 394 (1643) stehen. In den überwiegend in Fraktur eingehauenen Inschriften sind einzelne als lateinisch verstandene Wörter (Chirvrgij, Prouisorn) in humanistischer Minuskel ausgeführt.116) Der Goldschmied Marten Diederich schließlich bediente sich für zwei deutsche Inschriften auf zwei Vasa sacra in Kombination mit Kapitalis dieser Schriftart, hier in einer leicht kursiven Variante. Während auf einer von ihm und seiner Ehefrau gestifteten Oblatendose (Kat.-Nr. 363, 1637) der überwiegende Teil der Inschrift so graviert ist, wurde in einer Inschrift des folgenden Jahres die Minuskel lediglich für die Datierung gewählt (Kat.-Nr. 116, 1638).

8. Nicht aufgenommene Inschriften

Die Sammleraktivitäten des Grafen Axel von Löwen (1686–1772), des Friedrich von Hagenow (1797–1865) und des Erik von Schmiterlöw (1882–1964) waren umfassend und hatten keinen Stralsunder Schwerpunkt. Maßgeblich für die Aufnahme eines Gegenstandes in den Inschriftenkatalog ist jedoch, dass dieser sich mit einiger Wahrscheinlichkeit spätestens im Jahr 1650 in Stralsund befunden hat. Daher wurden Objekte aus den Sammlungen Löwen, Schmiterlöw und Hagenow, die sich im Pommerschen Landesmuseum (Greifswald) und im Stralsund Museum befinden, nicht bearbeitet.

Dominikanerkloster St. Katharinen(?)

Retabel, vierflügelig, mit gemalten Szenen der Katharinenlegende, in der Dorfkirche Middelhagen (Insel Rügen, Ldkr. Vorpommern-Rügen), 3. Viertel 15. Jh. Dieses Retabel stammt vielleicht aus dem Stralsunder Dominikanerkloster, wurde aber bereits im Kontext der Inschriften des ehem. Landkreises Rügen bearbeitet; vgl. dazu DI 55 (Rügen), Nr. 41; ergänzend dazu auch die Einleitung des vorliegenden Bandes, Kap. 6, Exkurs ‚Niederdeutsch im Kloster?‘.

St. Nikolai

– Spruchbänder von sechs gemalten Heiligenfiguren mit Majuskel-Schriftresten, die keine Lesung mehr erlauben, im Chorbereich (Obergaden); vgl. Huyer, Nikolaikirche, Abb. 107.3, 107.4; Weitzel, St. Nikolai, S. 60 Abb. 4.

– Epitaph für Jonas Staude († 1593): Das nicht erhaltene Epitaph wurde erst im Jahr 1669 angefertigt; vgl. dazu Kat.-Nr. 210, Anm. 5.

– Wappengalerie im Obergaden des nördlichen und südlichen Seitenschiffs mit zahlreichen Namensinitialen und -beischriften städtischer Amtsträger. Es gibt keine Hinweise darauf und erscheint auch aus paläografischen Gründen unwahrscheinlich, dass die in Versalschrift ausgeführten Inschriften vor 1650 entstanden. Wahrscheinlich geschah dies frühestens im Zuge der Erneuerung der Wappentafeln 1704/1705 (vgl. dazu PfA St. Nikolai, R 79, Bau-Register 1688–1710, S. 434–438; zu einer Instandsetzung der Wappengalerie im Jahr 1857 vgl. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 520).

Stralsund Museum

– Tunicella (Inv.-Nr. 1862:0022) und Dalmatik (Abegg-Stiftung, Riggisberg, Schweiz, Inv.-Nr. 152; ehem. Provinzialmuseum Neuvorpommern-Rügen, Inv.-Nr. U2), beide aus dem Besitz des Stralsunder Priesterkalands.

Für die Ärmel der Gewänder wurde ein gewebter Seidenstoff verwendet, der einen Rapport mit einem heraldischen Leoparden und einem Schriftband in gotischer Majuskel zeigt. Weil mittels Webtechnik entstanden erfüllt das Schriftband nicht das für die Aufnahme in den Inschriftenkatalog erforderliche Kriterium der individuellen, einmaligen Anfertigung; dennoch seien hier einige Hinweise gegeben. Die Tunicella, seit 1862 im Museum, wurde 2008 ausführlich beschrieben (Fircks, Gewänder, Nr. 4, S. 100–121). Die Dalmatik, zunächst ebenfalls im Museum, 1931 an Werner Abegg verkauft, wurde zuletzt 2011 behandelt (Otavský, Textilien 2, Nr. 102, S. 264–273; auch Fircks, Gewänder, Nr. 4a, S. 122–125; Stolleis, Messgewänder, Nr. 10, S. 70f.). Für die Entstehung des vermutlich spanischen Leopardenstoffs und der daraus gefertigten Gewänder werden Datierungen zwischen dem 14. und dem Beginn des 15. Jh. genannt (vgl. Stolleis, Messgewänder, S. 70; Fircks, Gewänder, S. 101, 121; Otavský, Textilien 2, S. 268). Weder die in der Literatur gebotenen unterschiedlichen Lesungen bzw. Deutungen des Schriftbandes, wohl als Devise zu verstehen, noch der mit bloßem Auge erkennbare Buchstabenbefund AMOR • MERCE • DAMA lassen eine philologisch befriedigende Deutung oder Übersetzung zu. Vgl. Fircks, Gewänder, S. 108, AMOR MERET DAM(N)A, weitere Ausführungen ebd., S. 110 Anm. 26; Otavský, Textilien 2, S. 268, ‚amor meret damnum‘.

– Kasel (Inv.-Nr. 1862:0019), aus dem Besitz des Stralsunder Priesterkalands. Der auf dem Vorder- und Rückenstab in gotischer Minuskel mehrfach eingewebte Titulus ihesus erfüllt nicht das für die Aufnahme in den Inschriftenkatalog erforderliche Kriterium der individuellen, einmaligen Anfertigung. Vgl. Fircks, Gewänder, Nr. 7, S. 148–155.

Zitationshinweis:

DI 102, Stralsund, Einleitung (Christine Magin), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018e009 .

  1. Die Inschriften des Altkreises (d. h. der Insel) Rügen wurden bereits im Rahmen der bis 2002 an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften angesiedelten Arbeitsstelle von Joachim Zdrenka erfasst und 2002 als Bd. 55 der Reihe ‚Die Deutschen Inschriften‘ publiziert. »
  2. Zu einzelnen nicht aufgenommenen Inschriften siehe unten, Kap. 8»
  3. Nach Berwinkel, Weltliche Macht, S. 39. »
  4. Zu den Bistumsgrenzen in der Region vgl. Lexikon Mecklenburg-Vorpommern, S. 110f. Zur historischen Entwicklung des Herzogtums Pommern vgl. Köbler, Historisches Lexikon, S. 489–492, auch Atlas Mecklenburg-Vorpommern 2, S. 31 (Pommern 1295–1478) und S. 49 (Pommern 1478–1637). »
  5. Darstellungen zu den verschiedenen Phasen der Geschichte Stralsunds bietet der bereits 1984 erschienene Sammelband von Ewe (Hg.), Geschichte Stralsunds. Für den im Inschriftenband behandelten Zeitraum sind die folgenden Einzelbeiträge zu nennen: Fritze, Entstehung; Schildhauer, Stadt; Langer, Innere Kämpfe; Hacker, Stralsund 1630. Konzise und aktuell für die Zeit bis zur Reformation ist Huyer, Nikolaikirche, S. 15–20; zum 15. und 16. Jh. vgl. Berwinkel, Weltliche Macht, S. 37–62; zum 16. und 17. Jh. vgl. Bugenhagen, Musikgeschichte, S. 29–39. »
  6. Zur St. Johanniskirche s. unten, Kap. 3.2.2; zur Heilgeistkirche vgl. unten, Kap. 3.3.1»
  7. Dazu Weitzel, St. Nikolai, S. 232f.; Schoebel, Pfarrorganisaton, S. 56f.; Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 30–32. »
  8. Dazu Schroeder, Bürgerschaft, S. 284–286. »
  9. Im Folgenden werden die spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Grabplatten der Pfarrkirchen nur in Einzelfällen unter ihrem speziellen Standort, d. h. in den unmittelbar folgenden Kapiteln behandelt. Vgl. dazu allgemein unten, Kap. 5.1.1»
  10. Diese Zahlenangabe schließt die Bildepitaphien für Geistliche (siehe unten) ein. »
  11. Vgl. dazu Huyer, Nikolaikirche, S. 31 (Nr. 1). »
  12. Eine Zusammenfassung der Baugeschichte bietet Huyer, Nikolaikirche, S. 303f.; zu Restaurierungsmaßnahmen und Beschädigungen seit dem 16. Jh. bis 1998/99 vgl. ebd., S. 396–398. »
  13. In der Literatur ist St. Nikolai wiederholt als Ratskirche bezeichnet worden. In kirchenrechtlicher Hinsicht mag dies gerade für das Mittelalter zweifelhaft sein, da wie bereits erwähnt das Patronatsrecht nicht dem Rat, sondern über die Kirche von Voigdehagen dem pommerschen Herzog zustand. Dennoch sei St. Nikolai für die Ratsherrschaft von zentraler Bedeutung gewesen (so Weitzel, St. Nikolai, S. 232f.; vgl. auch Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 30–32). Seit der Reformation beanspruchte „der Stralsunder Rat die vollständige Kirchenhoheit und wehrte sich im 16. und 17. Jahrhundert erfolgreich gegen die Patronatsansprüche des Landesherrn“ (Bugenhagen, Musikgeschichte, S. 36; sinngemäß auch Berwinkel, Weltliche Macht, S. 45). Vgl. dazu Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 200–209. »
  14. Vgl. Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 165. »
  15. Zur mittelalterlichen Ausmalung vgl. grundsätzlich Huyer, Nikolaikirche, S. 302f.; Weitzel, St. Nikolai, S. 59–61, 115f. »
  16. Vgl. Kunkel, Werk, S. 187. »
  17. Um Retabel handelt es sich bei Kat.-Nr. 56, 63, 64, 102, 103, 123 und beim Importstück Kat.-Nr. 138; um eine Retabel-Schnitzfigur bei Kat.-Nr. 133, um eine Skulptur aus einem Heiligenschrein bei Kat.-Nr. 132. Nicht eindeutig geklärt ist die Gebrauchsfunktion von Kat.-Nr. 47 und Kat.-Nr. 61»
  18. Vgl. dazu unten, Kap. 5.2.1 und Kap. 6, Exkurs»
  19. Vgl. dazu Weitzel, St. Nikolai, passim, mit besonderer Berücksichtigung liturgischer und frömmigkeitsgeschichtlicher Kontexte. Auch Kunkel, Werk, bes. S. 317–386, behandelt zahlreiche Stücke in und aus St. Nikolai. »
  20. Vgl. dazu Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 518f. »
  21. Auch von den Geistlichen der Marien- und der Jakobikirche wurden Porträts angefertigt; vgl. Kat.-Nr. 335, 390, 445»
  22. Vgl. dazu die prinzipiellen Ausführungen bei Slenczka, Predigerbild, bes. S. 464. – Auch nach der Reformation war die in kirchlicher Hinsicht größtmögliche Unabhängigkeit vom Herzog eines der wichtigsten politischen Ziele des Stralsunder Magistrats (Berwinkel, Weltliche Macht, S. 37–39). Die Stadtsuperintendenten, auch erste Prediger an St. Nikolai, wurden nicht vom pommerschen General-Superintendenten, sondern vom Stralsunder Rat ernannt (Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 203f.). »
  23. Die Spezifika der Superintendentengalerie treten noch deutlicher zutage, wenn man sie mit den Porträts der Stralsunder Magistratsmitglieder vergleicht (siehe unten, Kap. 3.2). In beiden Fällen handelt es sich um städtische Repräsentationsmedien, die Einzelpersonen als Vertreter einer generationenübergreifenden geistlichen bzw. weltlichen Institution darstellen. Jedoch fehlen im Fall der Magistratsporträts ausformulierte Texte zur Amtstätigkeit der Dargestellten. »
  24. Der Seitenhang des Epitaphs für Lambert Steinwich, der seine Familie im Bild zeigte, ist verloren (Kat.-Nr. 366). Kleine Personendarstellungen weisen die Denkmäler Kat.-Nr. 185, 222, 245 sowie Kat.-Nr. 350 auf. »
  25. Vgl. dazu unten, Kap. 5.1.2»
  26. Zur Baugeschichte vgl. Kossmann, Marienkirche, passim. »
  27. Vgl. Markfort, Baugeschichte, passim. »
  28. In welcher Relation das noch Vorhandene zu 17 Leuchtern steht, die 1955 aus St. Jakobi ins Kulturhistorische Museum gelangt sein sollen, ist ungewiss. Diese Leuchter sollen während des Zweiten Weltkriegs vergraben und später vom Museum übernommen worden sein (Inv.-Nr. 1946:185–201 laut Stralsund Museum, Inventarbücher und -karten). Dort sind sie nicht mehr aufzufinden; wann und wohin sie abgegeben wurden, ist nicht bekannt. »
  29. Vgl. dazu Hoffmann, Stralsund, passim. »
  30. Vgl. allgemein Hoogeweg, Klöster 2, S. 718–728; auch Möller, Topographie, S. 91f. »
  31. Das Archiv des Dominikanerklosters ist bis auf wenige Urkunden nicht erhalten (Hoogeweg, Klöster 2, S. 718). »
  32. Vgl. dazu DI 55 (Rügen), Nr. 41. »
  33. Zum Franziskanerkloster vgl. grundsätzlich Hoogeweg, Klöster 2, S. 709–717; Pieper/Einhorn, Franziskaner, S. 39–45; Möller, Topographie, S. 92–95. »
  34. Dazu Hoffmann, Stralsund, S. 110f. »
  35. Vgl. allgemein Hoogeweg, Klöster 2, S. 728–732; Lusiardi, Stiftung, S. 88f. »
  36. Zum Birgittenkloster s. Hoogeweg, Klöster 2, S. 732–757; Möller, Topographie, S. 95; Hoffmann, Stralsund, S. 107f.; Kunkel, Werk, S. 270f. Zur Datierung der Gewölbemalereien mit niederdeutschen Versinschriften im sog. Remter des Dominikanerklosters vgl. oben, Kap. 3.2.1»
  37. Hoogeweg, Klöster 2, S. 732, 739; Hoffmann, Stralsund, S. 108. »
  38. Dazu Rimpel, Heilgeisthospital; auch Baier/Ende/Draeger, Vorpommersche Küstenregion, S. 162–165. »
  39. Nach Kunkel, Werk, S. 274f. »
  40. Eine umfassende Studie zum Stralsunder Rathaus auf der Basis der seit den frühen 1990er Jahren gewonnenen bauhistorischen Erkenntnisse ist ein Desiderat. Vgl. vorerst Ansorge, Archäologie und Bauforschung; zum 16. Jh. siehe Hoffmann, Von welschen Giebeln, S. 16–21. »
  41. Es ist unsicher, ob die vermutlich ältere Stadtansicht Kat.-Nr. 208 (1583?) aus dem Rathaus stammt. »
  42. Einzelne Gemälde der Bürgermeistergalerie (Kat.-Nr. 200, 353, 356) lassen unter den auf den ersten Blick sichtbaren Inschriften noch Reste des ursprünglichen, wahrscheinlich identischen Wortlauts erkennen, ohne dass dieser sich jedoch in Gänze rekonstruieren ließe. Auch wenn in mehreren Fällen die verwendeten Schriftarten (neben Kapitalis vor allem Versalschrift und/oder lateinische Schreibschrift) der gegenwärtigen Beischriften darauf hindeuten, dass sie das Resultat einer deutlich nach 1650 erfolgten Erneuerung sind (Kat.-Nr. 190, 200, 227), werden alle wohl vor 1650 entstandenen Amtsträgerporträts im vorliegenden Katalog behandelt und es wird davon ausgegangen, dass die erneuerten den Wortlaut der ursprünglichen Inschriften wiedergeben. – Zur Superintendentengalerie vgl. oben, Kap. 3.1.1»
  43. Vgl. dazu Zober, Rathhaus, S. 258; auch Kat.-Nr. 190»
  44. Angaben nach Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 534. »
  45. Dazu Grabinsky, Doppelkatastrophe (2006), Grabinsky, Doppelkatastrophe (2010). »
  46. Zur rekonstruierten Verwendungssituation vgl. Hauke, Bürgerhaus, S. 66 (Abb. 62). »
  47. Heinrich Witzendorff, Wegweiser etzlicher fürnehmen Strassen durch Deutschlandt vndt anderswo (...), Ratsbücherei Lüneburg, Ms. Lune 4° 13. Vgl. zu Heinrich Witzendorff sowie zu seinem Reisebericht künftig den Band Die Inschriften der Stadt Lüneburg, ges. und bearb. von Sabine Wehking (in Vorbereitung). »
  48. Vgl. unten. Zu dem mehrteiligen Beitrag Dähnerts vgl. auch DI 77 (Greifswald), S. 23»
  49. Vgl. zur Person Curschmann, Johann Albert Dinnies; auch Brandenburg, Johann Albert Dinnies. »
  50. Zu dieser Sammlung vgl. auch Weitzel, St. Nikolai, S. 35. »
  51. Zur Person vgl. Ewe, Persönlichkeiten, S. 65–68; zur Arbeitsweise Haselbergs siehe auch DI 77 (Greifswald), S. 24»
  52. Vgl. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 411, 498f. »
  53. Daneben sind zu nennen: Berckenhagen, Wandmalereien; Schumann, Epitaph. »
  54. Im Greifswalder Inschriftenbestand machen Grabplatten 80% des Gesamtmaterials aus; vgl. DI 77 (Greifswald), S. 26. Für die Inschriften der Stadt Wismar, aktuell in Bearbeitung durch Jürgen Herold, ist mit einem Grabplatten-Anteil von etwa 70% zu rechnen. »
  55. Fünf Steine, deren Funktion als Grabplatte, Grabstein oder Gruftplatte sich nicht eindeutig bestimmen ließ, wurden für diese Aufstellung mehrfach berücksichtigt (Kat.-Nr. 136, 215, 219, 352, 437). »
  56. Vgl. dazu Herold, Inschriften Marienkirche Grimmen, S. 117f. »
  57. Vgl. dazu unten, Kap. 7.3 (Kapitalis) und 7.4 (Fraktur). »
  58. Die aufgrund des beschriebenen Verfahrens ausgesonderten Stralsunder Grabinschriften sind nicht Bestandteil der vorliegenden Publikation, jedoch in der Datenbank der Greifswalder Arbeitsstelle Inschriften erfasst und somit ggf. nutzbar. »
  59. Vgl. DI 77 (Greifswald), S. 27»
  60. Zu einem Auftrag für den Steinmetzen Hans Lucht, an Grabplatten von St. Jakobi 163 neue Nummerierungen und zahlreiche neue Jakobsmuscheln als Besitzzeichen einzuhauen sowie ältere Inschriften zu tilgen, vgl. Römer, Renaissanceplastik, S. 122. »
  61. Die jüngste Inschrift auf einer hier behandelten Grabplatte wurde im Jahr 1795 angebracht: Kat.-Nr. 429, Inschrift C. »
  62. Die in die Grabplatte Kat.-Nr. 21 eingeritzte Hausmarke ist sicher jünger als die Inschrift aus dem Jahr 1353. »
  63. Vgl. dazu Lusiardi, Stiftung, S. 155f. Die Lage und Gestaltung einer Wappengrabplatte aus rotem Stein in der Franziskanerkirche wird beispielsweise 1443 im Liber memorialis beschrieben; vgl. Schroeder (Hg.), Liber memorialis 5, Nr. 162 S. 74. »
  64. Vgl. dazu DI 77 (Greifswald), S. 33f. »
  65. Vgl. dazu oben, Anm. 60. »
  66. Vgl. DI 77 (Greifswald), S. 30»
  67. Unter Heranziehung schriftgeschichtlicher Kriterien, die eine entwickelte Form der gotischen Minuskel von einer späteren Form sowie einer davon weiter zu unterscheidenden späten Sonderform erkennen lassen (vgl. unten, Kap. 7.2), lässt sich dieser Datierungsrahmen teilweise verfeinern. »
  68. Diese Zählung berücksichtigt auch die nachträglich in ein Epitaph eingefügten Porträts von Stralsunder Amtsträgern. Vermutlich handelte es sich auch bei dem nicht erhaltenen Denkmal Kat.-Nr. 237 für Lorenz Wessel um ein Epitaph. »
  69. Zu den kleineren Porträt-Epitaphien für Stralsunder Geistliche s. oben, Kap. 3.2»
  70. Vgl. dazu den Kommentar zu Kat.-Nr. 315»
  71. Zu mittelalterlichen Glocken bzw. Glockentürmen vgl. Heyden, Kirchen Stralsunds, S. 21f.; Kossmann, Marienkirche, S. 68, 73. »
  72. Vgl. Huyer, Nikolaikirche, S. 43 (Nr. 81); Kossmann, Marienkirche, S. 69–73. »
  73. Nach Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 520, 542. »
  74. Vgl. DI 55 (Rügen), Nr. 41, dazu unten, Kap. 6, Exkurs ‚Niederdeutsch im Kloster?‘. »
  75. Um diese Maßnahme zu dokumentieren, wurden an unauffälligen, teilweise kaum einsehbaren Stellen kleine Restaurierungsvermerke angebracht, die im Inschriftenkatalog nicht berücksichtigt werden. »
  76. Zur norddeutschen Bezeichnung von Handwerkskorporationen als Ämter vgl. Keller, Ämter, S. 45–49. »
  77. Einen Überblick über (oft gestiftete) Objekte im Kontext „zünftische[r] Erinnerungskulturen“ bietet Schmidt, Traditionen, bes. S. 211–217. »
  78. Kritisches zur angeblichen ‚lübischen Norm‘ bei Peters, Sprachgeschichte, S. 24; Bieberstedt, Beobachtungen, S. 90f., 112f. »
  79. So Gabrielsson, Verdrängung, S. 148. »
  80. Für den folgenden Überblick wurden lediglich solche Inschriften herangezogen, die auf das Jahr genau oder in einen eng begrenzten Zeitraum datierbar sind, nicht überformt wurden und einen ausreichenden Wortbestand bieten. – Zu kultur- und sprachgeschichtlichen Kontexten niederdeutscher Inschriften vgl. grundsätzlich Wulf, Inschriften niederdeutsch; Schröder, Zeugnisse, bes. S. 113f. »
  81. Vgl. DI 55 (Rügen), Nr. 41 (3. V. 15. Jh.); Kunkel, Werk, S. 320 (um 1480). »
  82. So bei Kunkel, Werk, S. 147–150, auch S. 320–322; zuletzt Kunkel, Altarausstattungen, S. 103f. »
  83. Pyl, Eldena 1, S. 354, vermutete, das Retabel könnte im Zeitraum 1631–1691, als die Halbinsel Mönchgut, auf der Middelhagen liegt, an die Stadt Stralsund verpfändet war, in die Dorfkirche gelangt sein. »
  84. DI 55 (Rügen), Nr. 41, hier S. 46. »
  85. Dazu Kunkel, Werk, S. 149f. »
  86. In diesem Zusammenhang wäre auch zu fragen, ob die sprachlichen Formen dieser niederdeutschen Inschriften eine genauere Lokalisierung erlauben. »
  87. Dazu Kunkel, Werk, S. 321, auf der Grundlage von Holst, Baugeschichte der Dorfkirchen, S. 55. »
  88. DI 55 (Rügen), Nr. 41, hier S. 45. »
  89. Die gilt wohl auch für die in Fraktur gemalte Kamminschrift des Retabels, die in DI 55 (Rügen), Nr. 41, hier S. 47 Anm. 3, wiedergegeben wird. »
  90. Zur Graphie U für älteres V in Stralsund siehe unten, Kap. 7.3»
  91. In einem vergleichbaren Vorgang wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein in Antwerpen gefertigtes Schnitzretabel aus der Stralsunder Nikolaikirche in der Kirche von Waase (Insel Rügen, Ldkr. Vorpommern-Rügen) aufgestellt (Kat.-Nr. 138, um 1520–1525). »
  92. Dies gilt etwa für das Epitaph des Valentin Lafferdt, dessen ursprünglich 1591 gemalte Inschrift 1703 erneuert wurde (Kat.-Nr. 222). »
  93. Vgl. dazu oben, Kap. 5.1.1»
  94. Vgl. DI 77 (Greifswald), S. 39f. »
  95. Im Einzelnen wären für das Land Mecklenburg-Vorpommern die Grabplatte für Bischof Rudolf I. von Schwerin im dortigen Dom zu nennen, die nach dessen Tod 1262, aber wohl noch vor 1314 angefertigt wurde, weiterhin zwei aus Tonfliesen gebildete Mosaik-Grabplatten für Angehörige des mecklenburgischen Fürstenhauses im Doberaner Münster (um 1329); zu den Grabmälern in Doberan befindet sich eine Studie der Autorin im Druck. Auch im heutigen Niedersachsen lassen sich frühe gotische Minuskeln nachweisen. Eine umfassendere Betrachtung müsste nicht nur diese Beispiele, sondern auch den Inschriftenbestand der Stadt Lübeck einbeziehen. »
  96. Vgl. dagegen die ältere v-Form mit schrägen Hasten in Kat.-Nr. 16, 1. H. 14. Jh. »
  97. Diesem für Stralsund erhobenen Befund entspricht die für Greifswald gemachte Beobachtung, dass bis in die 1420er Jahre noch einzelne Buchstaben ohne Schaftbrechungen vorkommen; vgl. DI 77 (Greifswald), S. 42f. »
  98. Vgl. zur Spätform der gotischen Minuskel DI 77 (Greifswald), Einleitung, S. 43f. »
  99. Zu dieser späten Sonderform vgl. auch DI 77 (Greifswald), Einleitung, S. 46»
  100. Es handelt sich dabei um die Grabplatten Kat.-Nr. 152, 153, 154, 155, 157 und den Grenzstein Kat.-Nr. 149»
  101. Dies gilt in besonderem Maße für die umfangreichen Gewölbemalereien in St. Marien (Kat.-Nr. 43, 1411 o. später) und im sog. Remter des Dominikanerklosters (Kat.-Nr. 107, 2. H. 15. Jh.). »
  102. Auch die Kelche Kat.-Nr. 126, B, und Kat.-Nr. 127, C und D, weisen Bandminuskeln auf, die jedoch jeweils nur aus wenigen Buchstaben bestehen. »
  103. Um diese Zeit wird die Kapitalis auch in Greifswald üblich; vgl. DI 77 (Greifswald), S. 41»
  104. So etwa Kat.-Nr. 147 (1550), 171 (1553), 181 (1568). »
  105. Zur vielleicht häufigeren Ausführung der Besitzernamen nicht in Kapitalis, sondern in Frakturversalien vgl. unten, Kap. 7.4»
  106. Diese Gestaltungsweise ist auch noch nach 1650 (Kat.-Nr. 156, 1657) und sogar noch im 18. Jh. gebräuchlich (Kat.-Nr. 385, 1702, hier jedoch schon ziemlich plump). »
  107. Einen ergänzenden sprachhistorschen Datierungshinweis bieten Kapitalis-Inschriften mit niederdeutschen Formen (vgl. dazu oben, Kap. 6), die in den Zeitraum ‚3. Drittel 16. – 1. Drittel 17. Jahrhundert‘ eingeordnet wurden. »
  108. Inschriften des Marten Diederich auf Objekten mit anderen Meisterzeichen: Kat.-Nr. 362, 365 (1637); Objekte ohne Meisterzeichen: Kat.-Nr. 364, Kat.-Nr. 116, 376 (beide 1638). »
  109. Zu den Porträts der Superintendenten vgl. oben, Kap. 3.1.1, allgemein zu den Epitaphien oben, Kap. 5.1.2»
  110. Auf der Grundlage des jeweiligen Mischungsverhältnisses haben sich für diese in Stein ausgeführten Mischschriften zwischen gotischer Minuskel und Fraktur die Bezeichnungen ‚gotische Minuskel mit Elementen der Fraktur‘, ‚Mischschrift aus gotischer Minuskel und Fraktur‘ sowie ‚Fraktur mit Elementen der gotischen Minuskel‘ als brauchbar erwiesen. »
  111. Auch die etwas älteren, schlechter erhaltenen Inschriften Kat.-Nr. 233 (1597), Kat.-Nr. 229 (1590–1599?), Kat.-Nr. 79 (1601), Kat.-Nr. 160 (B, 1604) und Kat.-Nr. 271 (1605) sind dieser Gruppe zuzuordnen. »
  112. Zur Schriftbeschreibung vgl. den Kommentar zu Kat.-Nr. 263»
  113. Vgl. etwa schon für das 16. Jahrhundert zwei Belege bei Kapr, Fraktur, S. 33 (Ehrenpforte für Kaiser Maximilian, 1518), S. 50 (Schreibmeisterbuch des Johann Neudörffer, 1519). »
  114. Die meisten Belege für die humanistische Minuskel sind gemalt und stammen aus den Jahren nach 1650. Trotz ihrer späten Entstehungszeit wurden diese Inschriften bearbeitet, wenn es Indizien dafür gibt, dass es sich um wortidentische Erneuerungen von Inschriften handelt, die vor 1650 angefertigt wurden. »
  115. Das zu diesem Melanchthon-Porträt gehörende Gegenstück mit einer Darstellung Martin Luthers weist ebenfalls eine Minuskelinschrift auf, ist aber gegenwärtig nicht zugänglich (Kat.-Nr. 203). »
  116. Für das Wort Atmiral wurde dieses Verfahren auch auf der Lade der Schiffer-Compagnie (Kat.-Nr. 377, A und B, 1630) gewählt. »