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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-10-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192510309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19251030
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19251030
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-10
- Tag1925-10-30
- Monat1925-10
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1925
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Riesaer K Tageblatt und Anzeiger lWeblatt ««L Ameiaer). Postscheckkonto: Dresden IL3. Virokasse Riesa Nr. S2. und Anzeiger tLlbeblattmi-Aiyeigert. Drahtanschrift: r-gebi-tt Riesa. Das Riesaer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der AmtShauptmauuschaft Ärokenhaln. des Amtsgerichts, der SlmtSauwaltschaft beim Amtsgerichte und deh Rates der Stadt Rielo, des Finanzamts Riela und des HauvtzollamtS Melke«. IS4. Freitag, 3V. Oktober 1SÄS, abends. 78. Jahrg. Tar Riesaer Tageblau erscheint >eSea 2a» abends Uhr mil Ausnahme der Sonn- und Feinage. VejNiSpreiS! gegen Vorauszahlunq, chr euien llllanal 2 Äiart 25 Psciunq durch Posl öder durch Boten. Für den Fall de» Eintretens von Produktion-Verteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreise behalten wir un« da» Recht der Preiserhöhung und Nachfordcrung vor. Anzeigen >ür die Nummer de» Ausgabetages sind bi« 9 Uhr vormittags auszugeben und im voraus zu bezahlen; «ine Gewähr für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird nicht übernommen. Grundp reis für die 33 mw breite, 3 ww hohe Grundschrift.Zeile (6 Silben) 25 Gold-Pfennig«; die 89 mm breite Reklamezeile 109 Gold-Pfennige; zeitraubender und tabellarischer Sag 20°/„ Ausschlag. Fest- Tarife. )>kmi>.iig1er Rabatt erlischt, wenn der Betrag verfällt, durch Klag« eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Zahlung«, und Erfüllungsort: Riesa. Achttägige Unterhaltungsbeilage Erzähler an der Elbe". — Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Störungen de» Betriebe« der Druckerei, der Lieferanten oder der BeförderungSeinrichtungen — hat der Bezieher leinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung de« Bezugspreises. Rotationsdruck und Verlag: Langer t Winterlich, Riesa. Geschäftsstelle: Goethestrasze LS. S>-ontwortIich für Redaktion: Heinrich Uhlemann, Riela: für Anzeigenteil: Wilhelm Dittrich, Riesa. H-, , , ii '.-HI.— . , > ----- SMIllkltMt Mikl MU «WM .IUI Am des Auch Oberstleutnant v. Hiirauf verletzt. UBcrlin. Während der Gefechtsübung aus dem Trup penübungsplatz Jüterbog, bei dem Generalleutnant Müller tödlich verunglückte, ist auch Oberstleutnant v. Höraus vom Stabe des Gruppenkommanbos 8 in Kassel durch Gestein splitter, die durch Maschinengewehrichünc verursacht waren, verletzt worden. Er wurde in das Siandorrlazarett von Jüterbog gebracht. 1913 Bataillonstommandeur im Jnf.-Ncgt. Nr. 179. Januar 1913 wurde er zum Oberstleutnant besördcri. 1. April 1913 wurde er zum militärischen Mitglied Ncichsttnlitärgcrichts ernannt. Bei Ausbruch des trieges wurde er Kommandeur des Rcscrvc-Jni. Negis. 101, im Januar 1915 zum Obersten, im April 1918 zum Generalmajor befördert und mit der Führung der 32. Ins. Tiv. beauftragt. Im Januar 1919 übernahm er das Kom mando der 47. Jns.-Brig., war sodann Jnfamerielomman deur der 1. Grcnzjägcrbrigade I und später mit de ?-üh rung der 1. Grcnzjägcrbrigade beauftragt. Am 1. Oktober 1919 wurde er zum Führer der Neichswehrbrigadc 12 und Landeskommandantcn von Sachsen, am 1. Januar 1921 zum Jnsantcricfübrcr 4 und später zum Kommandeur der 4. Tivision nnd Befehlshaber im Wehrkreiskommando lV ernannt. )l Berlin. Zu dem tragischen Unglückssall am' dem Truppenübungsplatz Jüterbog wird noch milgetcili: Einige Schritt vom Oberbefehlshaber Generalleutnant Muller ent fernt stand inmitten der Offiziere auch der Ncicliswchrnnni- ster Tr. Getzler. Ter Minister lies; nach dem Unglückssall die Ucbung sofort abbrcchcn und ordnete eine eingehende Untersuchung an. Tie Leiche des Generals ist jedoch von den Justizbehörden bereits ircigegeben worden, da kein Zweifel daran besteht, daß cs sich tatsächlich bei der verhängnisvollen Maschincngewehrkugel um ein abgcirrtcs Geschoß gehandelt hat, das aus irgendeinem wohl kaum feststellbaren Grunde seine Flugbahn geändert Hai. Es handelt sich jedenfalls nicht um einen sog. Querschläger. Se«eralleutna«t Müller war am 1. Januar 1868 als Sohn des Kgl. Sächs. Bezirks direktors Müller in Bautzen geboren. 1872 bis 1879 be suchte er die Schule in Löbau und Oschatz, von 1879 bis 1883 das K. S. Kadettenkorps in Dresden. Am 22. März 1882 trat er als charakterisierter Portepeefähnrich in das Jnf.- Regt. Nr. 106 in Leipzig ein, wurde 1884 Leutnant, 1891 Premierleutnant, 1897 Hauptmann. Bis 1902 war er Adju tant der Infanterie-Brigade 64. Im September 1902 erhielt er eine Kompagnie des Leib-Grenadier-RegimentS Nr. 100, wurde 1906 zum Major befördert und war von 1910 bis M Seileiß der MM Werm. «sl. Dresden. Ter Stellvertreter des abwesenden Ministerpräsidenten Minister des Innern Müller hat an die Witwe des verstorbene» Laudcskommandanteu von Sachse« folg. Schreibe« gerichtet: Mit aufrichtiger Anteilnahme hat die Sächsische Negierung von dem Unfall gehört, dem Ihr hochverehrter Herr Gemahl zum Opfer gefallen ist. Die Sächsische Staatsregiernng spricht Ihnen anläßlich des Hin scheidens Ihres Herr« Gemahl ihre herzliche Anteilnahme aus. Der Verstorbene hat in den Jahren des schwerste» wirtschaftliche« und seelischen Riederbruches unseres Volkes di^ Geschäfte des Laudeskommandanten von Sachse» in mustergültiger Weise geführt und hierbei das Bestreben ge habt, die Härten, die sich ans seinen Aufgaben ergaben, nach Möglichkeit z« mildern. Mit besonderer Dankbarkeit must die sächsische Regierung es anerkennen, daß er immer mit Erfolg bemüht gewesen ist, mit allen Kreisen der Bevölke rung in Beziehung z« treten, um Vertrauen für die Reichs wehr zu werbe». Sein Andenken wird allezeit in Ehre« gehakt«« werbe«. wsl. Dresden. Bom Wehrkreiskommando kV wird amtlich mitgcteilt: Generalleutnant Müller ist gestern nachmittag auf dem Truppenübungsplatz Jüter bog tödlich verunglückt. * Dresden. lAmtliche Meldung.) Ter Unglücksfall, dem der Befehlshaber im Wehrkreis IV, General- lcntuant Müller, gestern auf dem Truppenübungsplatz Jüterbog znm Opfer fiel, bat sich folgendermaßen zugc- tragen: Am 29. Oktober in den ersten Nachmittagsstundcn fand eine Uebung gemischter Waffen mit scharfem Schutz statt. Bei dieser Uebung Überschüssen seitwärts-rückwärts in Stellung befindliche schwere Maschinengewehre die vor dere Linie. In vorderster Linie der angreifenüen In fanterie befanden sich die Uebungslcitung und die übrigen der ihnen beiwohnenden Offiziere, mitten unter ihnen Generalleutnant Müller. Tic Entfernung, ans der die schweren Maschinengewehre die Infanterie überschvsscn, be trug über 1000 Meter. Plötzlich brach Generalleutnant Müller an der Seite getroffen zusammen und verschieb sofort. Ter an Ort und Stelle befindliche Sanitätsoffizier stellte fest, daß ein SMG.-Gcschotz aus weiter Entfernung die Haupt schlagader durchschlagen und den sofortigen Tod herbei geführt hatte. Ein Bcrichuldeu an dem Unglückssalle ist nach de» bisherigen Feststellungen niemandem bcizumessen, da alle für derartige Schießübungen notwendigen und vor geschriebenen Sicherheitsmaßnahmen getroffen waren. Sach verständige nehmen an, daß eine mit zu schwacher Pulver ladung versehene Patrone den verhängnisvollen Kurz schutz gab. * Dresden. Zu dem tödlichen Unfall dss General leutnants Müller wird von unterrichteter Stelle u. a. fol gendes mitgcteilt: Heute nachmittag fand auf dtm Trnpven- übungsplatz Jüterbog eine Gefechtsübung gemischter Ver bände mit scharfer Munition statt. Der Uebung wohnten als Zuschauer eine grohe Anzahl Generale, Truppensührer, u. a. auch Reichswchrminister Getzler bei. Die Zuschauer standen in Gruppen seitlich. Leichte Maschinengewehre schossen durch die Gruppe» uud über die vordere Gruppe hinweg. Der Unglücksfall ist nur dadurch zu erklären, dah ein Geschotz der leichten Maschinengewehre, sei cs durch Ausschlagen, sei cs durch Berührung eines harten Gegen standes, aus seiner Richtung abgelenkt wurde und in einem Winkel von 30 bis 45 Grad mitten in die Zuschauergruppe hineinsauste. Generalleutnant Müller wurde durch den Querschläger schwer an Hüfte und Bauch verletzt, so daß der Tod sofort cintrat. Tie Leiche wird morgen früh mittels Auto nach Dresden übergeführt werden. gemacht. Ist nicht gerade dies einer der schwersten Schäden unserer Zeit, daß so unendlich vielen die Gewissensfrage eines Luther: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?" heute überhaupt kein ernstes Anliegen mehr ist? Das mo derne Leben läßt uns an tausend und abertausend alltäg liche Sorgen und Nöte unsere Seele verlieren, ohne diese tiefste Sorge, die eS für ein Menschenleben gibt, wirklich ernst ins Auge zu fasten. Einmal aber mutz es zur Ent scheidung kommen, weil erst von da an bas Menschenleben überhaupt wert ist, gelebt zu werden. Es ist nur der An fang, Laß wir solchen „Stotz zu ewiger Bewegung" empfan gen haben, um immer mehr hineinwachsen zu können in bas Erlebnis der göttlichen Gnade, biS uns zuletzt das ganze Erdenleben mit all seinen kleinen und kleinsten Er fahrungen als ein großes Gnadenwirken LeS allmächtigen göttlichen Liebeswillens an uns Menschenkindern zum Be wußtsein kommt. Dann erst können auch wir zu solch einer gefestigten Innerlichkeit gelangen, wie sie daS Wesen der reformatorischen Väter ausmachte. „Aus Gnaden selig!", so steht es mit unauslöschlichen Lettern über dem Lebenswerke des Reformators geschrieben. Fragst du, was die nimmer versiegende Quelle dieser felsen festen Gewißheit war, mit der ein Luther sich seiner inne ren Gebundenheit an Gott immer aufs neue versichert hielt? Da siehe sein Bildnis an, wie es in Erz gegossen in vielen deutschen Städten steht: Der Reformator mit bet Faust auf dem Gottes wort! Wie war es ihm ver traut geworben, das Evangelium, das er dnrchsvrscht und seinem Volke gedeutet batte, das er in langer, mühe voller Arbeit auf den Ausdruck unserer Sprache gebracht un- tief in sein Herz ausgenommen hatte! Ob nicht auch -ter «in schwerer Fehler unserer gegenwärtigen Kultur sich geltend macht, daß wir so wenig Bibelmort mehr in uns Haden, Laß schon die Jugend unter diesem Mangel leide» MtH? War eS nicht Torheit, das Evangelium von Christo, PtsstS-UchMstück a«S Luthers Reformation, verkürzen oder MnSgMen « «ollen? Go gewiß es wahr ist, daß wir auch HM nZcht M UMH«S Standpunkt stehen bleiben ditrfen. sondern auch heute noch immer tiefer in den Geist des Evangeliums einzudringen und in moderner Sprache ihn unserer Zeit zu deuten bestrebt sein müssen, so ist doch nicht minder gewiß, daß mir Leu rechten Boden verloren haben, wo wir das Gotteswort eines Luthers durch menschliche Botschaft ersetzen, welche die Grundtatsachen christlicher Heilsgewitzheit aus unserer Verkündigung streicht. „Das Wort sie sollen lassen st ahn!" rusr mahnend une del Reformator zu. Wollten wir durch unsere Untreue gegen das eigene Evangelium unsere „evangelische Kirche " zu Grunde gehen lasten? In der Tat mützte sie stillen, wenn dieser Felsengrunb zusammenbräche, auf dem un streitbar Luthers Werk beruht. Darum laßt uns in Treue halten am Evangelium von Christo! Dann wird sich auch unter uns seine unverwüstliche und unwiderstehliche Macht als Lebenskraft und Sterbens trost erweisen und uns durch einen fröhlichen und uner fchrockenen Glauben zu neuer Tat erwecken. Gottlob, es ist nicht erstorben in deutschen Landen! Erfreuliche Ansätze eines neu erwachenden evangelischen Lebens, eines Berlan gens nach dem festen Grunde des göttlichen Offenbarungs wortes sind wieder in unserem Volke festzustellen, sonderlich unter seiner Jugend. Und auch das aus dem Weltkrieg zurückgekchrte Geschlecht hat es noch nicht vergessen, was seine innere Stärke zn dem vierjährigen Widerstande gegen eine Welt voll Feinden gewesen ist, ob es auch versucht haben mag, im ersten Rausch des UmwälznngseiserS an deui Bestände aller staatlichen nnd kulturellen Güter der Ver gangenheit zu rütteln. Latzt uns in Treue halten am Evangelium von Christo, freudig, gläubig, siegesgemih! Wie einst an jenem 31. Oktober 1517 dies Evangelimn nach langer, finsterer Wintcrnacht uns Tcntschcn den Frühling wiederbrachte, so liegt auch noch heute in ihm die schwellende Kraft einer besseren Zukunft; denn »Gottes Wort und Luthers Lehr' Vergehen nun und nimmermehr!* Reformationsfcst. Von Pfarrer F. W. Schroeter, Riesa. Ter Tag des Nefvrmatiunsscstes steht wieder vvi^ der Tür. Gottlob, daß wir ihn noch als besonderen Festtag tm evangelischen Sachscnlande begehen! Er ist cs wert um der grvtzen Segnungen willen, die nicht nur für die Kirche, son dern sür unser gesamtes Kultur- und Geistcslevcn uvn ihm iiusgegaugcn sind. Wenn sich das deutsche Bolt alljährlich auf seinen Luther besinnt, dann übt es im besten und tiefsten Sinuc des Wortes — Selbstbesinnung. Denn in Luthers Reformation hat unser Volk nach jahrhundertelanger römi scher llcberslutung auf geistigem und geistlichem Gebiete sich selbst wicdergesunden. In Luthers Person uud Werk liegt darum auch immer aufs neue der Gesundbrunnen sür deut sches Wesen und deutsche Art, sür deutsch-evangelisches Christentum. Ein Grundgedanke beherrschte das geistige Leben des Mittelalters: Es gibt nur eine Weltanschauung, die kirch liche, wie eS nur eine allumfassende, katholische Kirche gibt. Am mittelalterlichen Himmel stand als die Sonne die vom Papst beherrschte Kirche. Sie war die unnachgiebige Beherr scherin nicht nur des religiösen, sondern auch des kulturellen, politischen, sozialen, künstlerischen und wissenschaftlichen Le bens. Mond nnd Sterne neigten sich vor ihr. Kaiser, Könige und Fürsten besäße» ihre Macht nur von der Kurie zum Leben, sofern die Kirche nicht selbst weltliche Macht direkt ailSübtc. Tic nvtwciidigstcn Bestandteile dieser kirchliche» Autorität waren Beichtstuhl und Inquisition, Acht und Bann, Kreuzzüge, Judenverfolgungen und "Türkenkricge., Sv stellte sich der innere Gehalt des Mittelalters als eine V e r k i r ch l i ch u n g der gesa m t c u Kultur dar. Aber die Bcrkirchlichnug des Weltliche» war doch zugleich eine Verweltlichung des Kirchlichen. Darum mutzten die echten Vertreter sowohl des Glaubens, als auch der Wissenschaft schließlich dagegen protestieren. Schon im späteren Mittel alter häufte» uud verstärkten sich die Bestrebungen, die Kirche von der Welt nnd die Welt von der .Kirche zu befreien. In Len beiden mächtigen Bewegungen, welche die Neuzeit ein leiteten, der Renaissance und der Reformation, brachen sie sich endlich gewaltsam von innen heraus Bahn. Heiß war der Kampf mit der allmächtigen Kirche, die seit Jahrhunder ten es verstanden hatte, alle Emanzipationsbewegungen unschädlich zu machen un- auf gute oder böse Weise mit ihnen fertig zu werden. Aus titanenhaftem Ringen und Streben, aus heißem Hungern und Dürsten nach Wahrheit ward die Kirche der Reformation geboren, indem ein über ragender Genius in rechtem Erfassen der weltbewegenden Kräfte seiner Zeit die Tat der Erneuerung vollbrachte. So ward die Christenheit aus dem Dunkel des Mittelalters und der Morgendämmerung der Rcformversuchc ins Helle Son- ncnland protestantischer Glaubensfreiheit geführt. Wieder gedenken wir heute des Mannes von Wittenberg und seiner kühnen Tat. Das untrüglichste Zeichen für die Größe irgend eines irdischen Werkes ist, ob es nur einen Zeitwert hat oder ob es die Jahrhunderte überdauert, ob es veralten kann oder immer „zeitgemäß" bleibt. Große Männer standen viele auf, von ihrer Zeit bewundert, aber nur zu bald verblaßten ihre Worte wieder; denn ihre Werke waren nicht aus Gott. Welches aber ist der tiefste Segen, den uns der Mann von Wittenberg gebracht, den jeder 31. Oktober wieder machtvoll und lebendig vor unsere Seele treten läßt? Er zeigte uns wieder den ewigen Kraft quell! Er sagt es uns immer aufs neue: In Christus und durch Christus haben wir armen, zagenden Menschen einen gnädigen Gott und Vater. Er lehrt uns glauben nach seiner Art; denn auch er hatte unter heißem Ringen und mit zit terndem Herzen nach dem Frieden mit Gott gesucht und zu letzt in die Stille des Klosters seine Zuflucht genommen. Da schlug die Stimme des Wottes Gottes in sein Herz: „Der Gerechte wird seines Glaubens leben", und damit ging ihm die Sonne auf. Der gnädige Vater im Himmel hatte ihm Antwort gegeben auf alles ängstliche Suchen und Fragen und ihn erleuchtet mit seiner Wahrheit. Und siehe, nun fand der quälende GewifsenSkampf ein End«, und wunderbar weitete sich ihm plötzlich die enge Klosterzelle! Wie war der schlichte Münch in seinem Innern auf einmal so fest und frei geworben, Laß er sich stark genug fühlte, „um LeS Gewissens willen" einer Welt von Gegnern gegenüverzutreten und ihr den Kampf anzusagen! „ES ist ein köstlich Dina, daß das Herz fest werbe, welches geschieht durch Gnade". (Hebr. 18,9.) Biel feindlichen Anstürmen hatte er später noch Trotz zu Sie. ten im Kampfe um die deutsche Reformation: Der Papst hatte ihn gebannt, der Kaiser hatte ihn geächtet, die Gelehr ten, der Adel, die Bauern waren andere Wege gegangen, Irrwege, die sein Werk in Frag« stellen umßten. Es schien mitunter, als habe sich eine „Welt voll Teufel" wider ihn verbündet. Er aber stand aufrecht wie ein FelS in der bran denden Flut, der Mann voll triumphierender Freudigkeit, der Kämpfer mit Ser Stroßkraft gottgegebener Gedanken, und stimmte sich und anderen zum Trost seiner Kirche Trutz lied an: „Ein feste Bnrg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen." Wie auch die Zeiten sich wandeln und mit ihnen der Mensch und seine Bedürfnisse, das Menschenherz bleibt Loch immer dasselbe und Gott bleibt derselbe. Wenn, -axurn die Reformation uns wieder den Weg gewiesen hat, wie Gott zu einem Menschen komme »nd der Mensch zu ihm, dann versuche man heute nicht, uns einreden zu wolle», saß die Reformation nur eine Tat sür ein vergangenes Jahr hundert gewesen sei. Sie war eine Tat für alle Zeiten un ganz gewiß auch für die unsrige! Wir find nicht -lind da gegen, daß vieles seit de» Tagen der Reformation an-er- geworben ist; doch werden Luthergetst und Lutderart in n»S lebendig bleiben müssen, wenn wir zuerst die Ersah, runa LutberS nacherleben, die «r <m stzUEDM.
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