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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Einundzwanzigster Jahrgang. Freitag, den 3l. Mai l86l. 22 Verantwortlicher Redacteur und Verleger: Albert Reinhold. ' Von Lieser Zeitschrift scheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljahrgang beträgt 10 Nar Sämmtliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden tn Wilsdruff sowohl.in der Redaclion, als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittag, tn Tharaud und Nossen aber bts längstens Mittwoch Nachmittag erbeten. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, sollen stets mit großem Danke angenommen werden. Umschau. Wilsdruff, am 29. Mai. Wie bereits in der vorigen Nummer d. Bl. mitgetheilt wurde, ist das Städtchen Schkölen im Kreise Weißenfels am 13, d. M. Abends zwi schen 6 und 8 Uhr durch einen mit Hagelschlag verbundenen Wolkenbruch entsetzlich heimgesucht worden. Eindm dieser Tage hier angelangten und uns vorliegenden Privatschreiben, datirt den 20. Mai Domäne SchöngleiWt im Altenburgischen, welche eine Stunde von Schkölen entfernt liegt, entnehmen wir folgende interessante Schilderungen des bekla- genswerlhen Naturereignisses. Der Wolkenbruch entlud sich zunächst über dem eine Stunde von Schkölen entfernten Dorfe Grosdorf und die Was sermassen stürzten sich mit rasender Eile durch zwei Bergschluchten nach dem Städtchen. Dicht dabei liegt ein sehr großes Rittergut, unter dessen oircs 100 Ellen langer Scheune und dem Hofe ein 4 Ellen breiter Canal sich hinzieht. Dieser hatte sich verstopft und die Folge davon war, daß diese ganz massiv gebaute Scheune, in welcher sich 300 Schock Stroh und 80 Schock noch ungedroschenes Korn befanden, von den rasenden Fluchen in die Höhe gehoben und 30 Schritte weit bis mitten in den Rittergutshof geführt wurde, woselbst sie zusam menstürzte. Die Schäferei schwebte ebenfalls in großer Gefahr, doch wurden die sämmtlichen Schafe durch den Umstand gerettet, daß die acht Ellen hohe Waffcrstuth den Dünger sammt den Thieren emporhob. Das Rindvieh wurde gleichfalls erhal ten, da der Stall hoch liegt; doch standen die Kühe tief im Wasser, In der Stadt dagegen ist Die Rcdactiou. sehr viel Vieh umgekommen. Die mit einem Passagier kurz vor dem Ausbruche des Unwet ters nach Naumburg abgegangcne Post wurde noch dadurch vor gänzlichem Untergange bewahrt, daß der Postillon, rasch entschlossen, die Strange abschnilt und mit dem Passagier auf den Pfer den sich noch glücklich in Sicherheit brachte. Die Gefahr war indessen augenblicklich noch nicht be seitigt, denn die beiden Postpferde standen in dem Stalle, in welchen man sie gebracht, längere Zeit bis an den Hals im Wasser und der Postillon mußte sich in die Raufe flüchten. Der Postwagen aber wurde weit von der Stadt gänzlich zertrümmert in einem Garten aufgefundcn. Daß 9 Personen in Schkölen in den Fiulhen umgekommcn, ist bereits in der vorigen Nummer d. Bl. mitgetheilt wor den. Zwei Bürger in Schkölen, ein Kaufmann und ein Bäcker, retteten sich noch auf wunderbare Weise. Beide hatten auf dem Kegelschube desRath- hauses Kegel geschoben, als der Wirth ihnen zuruft, sie sollten auf schleunigste Rettung bedacht sein, Venn es komme großes Wasser. Seine Warnung kam aber bereits zu spät und es blieb den beiden Män nern keine andere Wahl, als sich auf einen in der Nähe liegenden Haufen Rcißigholz zu flüchten. Dieftr ward aber sehr bald von den Wogen fort- gerissen und zerborst kurz darauf. Da rettete die Beiden ein Stamm, welcher just daher getrieben kam, an welchem sie sich in der Todesangst an klammerten. Glücklicher Weise nahm der Stamm die Richtung nach einem großen Obstgarten und es gelang den beiden Leidensgefährten, einen starken Obstbaum zu erklimmen und so sich in Sicherheit zu bringen. Ein Mann in Schkölen ertrank in