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KitzimfferÄaebla« r«nch»"cher Dittdms Nr. 6 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend p-ftscheckk-m- Leipzig LS614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen -er Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Gtadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt »«leg« «X» Drm»er: «rthnr Asch»»ke M WUsdrnff. Verantwortlicher Schriftleiter: Herma»« Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Aschnake. Heide in Wil.drny. Nr. 109. Donnerstag den 12. Mai 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. Freibank-NL > Nir Sillen MW, Anzeigen Si; 10 M »«mittags nnszngeSen. Wilsdruff, am 17. Mai 1921. Der Stadtrat. Kriegswirtschaftsabt. ! Iiiiiiiliiiiiiiiiiiiiiiii!iiii!imiiiiiiii!iiiiiiiiiii!iiiiiipiiiii!i!ii!iiuii!i!iiiiii!iiii!iiiiiimiiiim»i»mimiii!»iiiii»iii!i!»illllillliiii>iiliüiii»liiiill»ii» ««MMZIt Annahm les llltimtinns ml M gegen 175 Slmmn iai Malaie. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Der Reichspräsident hat den Reichsfinanzminister Dr. Wirth zum Reichskanzler ernannt und mit der Bildung des Kabinetts beauftragt. * Wie amtlich bestätigt wird, hat die amerikanische Regie rung der Reichsrcgierung den Rat gegeben, das Ultimatum der Entente anzunehmen. * Zwischen den englischen und italienischen Mitgliedern der Ententekommission in Oppeln einerseits und den französischen andererseits ist es zu einem offenen Bruch gekommen. * Der Entwurf eines Arbeitsnachweisgesetzes ist dem Reichswirtschaftsrat zugegangen. * Die Vertreter der geschädigten Gebiete in Frankreich haben sich in Paris für Zulassung deutscher Arbeiter beim Wieder aufbau ausgesprochen. * Der norwegische Gesandte in Berlin, Vollbeck, ist zum Ge sandten in Stockholm ernannt worden. Sein Nachfolger in Berlin wird der retzige norwegische Gesandte in Rom, Arnem Scheel. * Nach einer Meldung aus Tientsin beabsichtigt Japan, die Provinz Schantung den Chinesen zurückzugeücn. * Laut französischen Blättern sind im Zusammenhang mit dem Aufruhr in Kronstadt 7000 Personen durch die Bolsche wisten zum Tode verurteilt worden. Darunter befinden sich 1500 Frauen. Zwischen La und Nein. Iber die innerpolitische Lage bei der Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Entente-Ultimatums wird uns von einem politischen Mitarbeiter aus Berlin geschrieben: Ob man das Mai-Ultimatum der Entente annchmen konnte, ob man es ablehnen mußte, diese Frage bewegte, seitdem es am Himmelsahrtstage in Berlin eingetrosfen ist, unablässig die Gedanken und Empsindungen jedes Deutschen. Leicht hatten es bei diesen schicksalsschweren Entscheidungen nur diejenigen, die von vornherein, sobald nur das Wort „Ultimatum" an ihr Ohr schlägt, zum Nein- sagen entschlossen waren, die vor Entrüstung bebten, wenn sie daran denken, was die Feinde dem ehemals so stolzen Deutschen Reiche zu bieten wagten, und denen es das Herz brach, zu sehen, wie scheinbar unbewegt, wie gleich mütig das deutsche Volk von heute auch die schlimmsten Demütigungen hinnimmt, die ihm zugefügt werden. Doch reichen solche nur zu verständlichen Gefühle nicht aus, um Politik zu machen; wir müssen, was wir tun und lassen sollen, mehr als je auch mit unserem Verstände rechtferti gen können, wenn wir nicht Gefahr lausen wollen, gerade diejenige Entscheidung zu fällen, auf die unsere unversöhn lichsten Hasser am meisten erpicht sind. Also annehmen, trotz alledem und alledem? Die so dachten, waren über die Ungeheuerlichkeit der uns zuge- muteten wirtschaftlichen Leistungen natürlich vollkommen im klaren. Sie wagten aber nicht zu sagen, daß ihre Er füllung unter allen Umständen unmöglich sei; denn ein mal setzen sich diese Leistungen aus einem festen und einem unbestimmten Betrage zusammen, und dann ist ja auch das Maß unserer Leistungsfähigkeit keine unbedingt fest stehende Größe. Sie kann, bei verhältnismäßig günstiger Gesamtlage, bei einiger Bereitwilligkeit dieser oder jener Weltmacht, uns aus allgemein wirtschaftlichen Gründen nach Möglichkeit zu Hilfe zu kommen, sozusagen gestreckt werden, und es ist doch wirklich nicht anzunehmen, daß, wenn die uns vorgeschriebenen Zahlungsmodalitäten erst einmal in Lauf gekommen sind, jede kleine Verzögerung oder Schmälerung der Einzelleistungen, wenn sie wirklich nicht zu vermeiden war, sofort wieder als Kriegsgrund gegen uns geltend gemacht werden wird. Gewiß sind das unsichere Erwartungen, und man kann nicht voraussehen, ob und wie lange die chauvinistische Erhitzung der Ge müter in Frankreich noch andauern wird. Aber wenn wir ablehnten, schufen wir ganz bestimmt keine Erleichte rung dieser seelischen Zustände, sondern setzten uns, in den Augen der Franzosen und aller derjenigen, die sich nun einmal unbesehen von deren Stimmungen mit erfassen lassen, abermals ins Unrecht. Und was hucken wir dann? Die sofortige Besetzung des Nuhrgebietes mit allen ihren ganz unabsehbaren wirtschaftlichen und politischen Folgen. Von ihr bis zur Erneuerung der Mainlinie wäre dann Nur noch ein Schritt, Rheinland-Westfalen hätte die längste Zeit zum Reiche gehört, unsere Volkswirtschaft wäre in leder Beziehung von der Gnade der Franzofen abhängig geworden, und daß die Entente uns danach noch in Ober- schlesien beistehen könnte, müßte als ausgeschlossen gelten. Frankreich würde binnen kurzem die stärkste Industrie macht in Europa werden und könnte als solche sowohl England wie Amerika gegenüber noch ganz anders aus trumpfen — während, wenn wir annehmen, diese beiden Staaten, deren Wirtschaftsinteressen doch wirklich nicht mit oenen Frankreichs bis zum letzten Ende konform gehen, Zeit gewinnen, um, mit aller gebotenen Vorsicht selbstver ständlich, dieser ungemein verhängnisvollen Entwicklung noch in die Zügel fallen zu können. Und schließlich: konn ten wir uns überhaupt noch zutrauen, den unausbleib lichen Folgen einer Ablehnung gewachsen zu sein? War unser unsäglich zermürbtes und zerrüttetes Volk Wohl imstande, sich auch nur ruhigen Blutes klar zu machen, was ihm mit der Besetzung des Ruhrgebietes bevorstände? Würden dann die Hetzer und Putscher nicht sehr bald wieder gewonnenes Spiel haben? Würden wir nicht in Selbstzerfleischung und Bürgerkrieg vollends zugrunde gehen? Wer diese Fragen, ehrlicherweise bejahen mußte, konnte unmöglich die Folgen einer Ablehnung des Ulti matums auf sich nehmen. Für den konnte Entwaffnung s- und Kriegsschuldigenfrage nur eine nebensächliche Rolle spielen, für den durfte auch die Ehrenfrage, die Rücksicht auf Würde und Selbstachtung nicht den Ausschlag geben. Wir find nicht mehr in der Lage, diesen „Imponderabilien" das Gewicht cinzuräumen, das ihnen gebührt. Wir kämpfen im wörtlichen Sinne des Begriffes um unser nacktes Leben. Dis es ablehnten, allen diesen Überlegungen und Vorstellungen Gehör zu schenken, taten es einmal, weil sie es nicht über sich gewinnen konnten, den Standpunkt des ehrlichen Kaufmanns preiszugeben. Der ehrliche Kauf mann will nichts davon wissen, Verpflichtungen auf sich zu nehmen, von denen er sozusagen mit tödlicher Gewiß heit Voraussagen kann, daß er sie nicht zu erfüllen vermag. Neben diesem Gesichtspunkt verblassen alle sonstigen mo ralisch-politischen Erwägungen, denn das Wort ist und soll dem deutschen Kaufmann für immer heilig bleiben. Und wer sich bei feinem Nein weniger von wirtschaftlichen als von politischen Gedanken leiten läßt, betont immer wieder aufs neue, daß es unsinnig wäre, durch seine Unter schrift unerfüllbare Verpflichtungen anzuerkennen, um ein übel zu vermeiden, das dann doch in vier oder sechs oder acht Wochen unfehlbar eintreten muß, eben weil die uns auferlegten Bedingungen unerfüllbar sind. Und unter diesen Bedingungen spielten bei ihm die politischen Forde rungen der Entente durchaus nicht die nebensächliche Rolle, wie bei den Befürwortern der Unterzeichnung. Sie kamen nicht darüber hinweg, daß die sofortige Aburteilung der sogenannten Kriegsverbrecher immer wieder von uns ver langt wird, als hätten wir nicht ohnehin schon längst alles getan, was in unsern Kräften stand, um diese unselige Frage aus der Welt zu schaffen. Und sie konnten es nicht über sich gewinnen, mit der Frage der Entwaffnung unserer Ostfestungen wie der bayerischen Einwohnerwehr Verpflichtungen zu übernehmen, die ihnen den Forderun gen der Gerechtigkeit zu widersprechen schienen. Auch hier abermals steht die technische Aussührbarkeit dessen, was von uns verlangt wird, so sehr in Frage, daß es ihnen gewissenlos erschien, ja zu sagen. Die Geister schieden sich wieder einmal, nicht nach Parteien, sondern nach dem Gewissen, und niemand dürfte sich erdreisten, auf diejenigen, die in dem einen oder andern Lager stehen, den ersten Stein zu Wersen. Dr. Wirth ReMWler. Jas neue Rcichskabinett. Berlin, 10. Mai. (Amtlich.) Der Reichspräsident hat den bisherigen Reichsfinanzminister Dr. Wirth unter Ernennung zum Reichskanzler mit der Bildung des Kabinetts beauftragt und nach dessen Vorschlag folgende Reichsminister ernannt: Bauer, Reichsschatzministerium und Vizekanzler. Dr. Gradnauer, Inneres. Robert Schmidt, Wirtschaft. Dr. Schiffer, Justiz. Dr. Geßler, Wehr. Giesberts, Post. Groener, Verkehr. Dr. Brauns, Arbeit. Dr. Hermes, Ernährung. Dr. Wirth mit einstweiliger Wahrnehmung der Geschäfte des Ministeriums des Aeußeren beauftragt. Finanzen und Wiederaufbau noch unbesetzt. Jie Erklärung des Reichskanzlers. Berlin, 10. Mai. Präsident Löbe eröffnet die ursprünglich auf 4 Uhr nachmittags angesetzte Sitzung um 9 Uhr abends. Zu gleicher Zeit betritt der neue Reichskanzler Dr. Wirth mit den Mitgliedern des neuen Kabinetts den Sitzungssaal. Präsident Löbe gibt dem Wunsche Ausdruck, daß die Ver handlungen von dem Ernst getragen sein mögen, den die ge schichtliche Stunde gebiete. (Beifall.) Dann nimmt Reichskanzler Dr. Wirth zu folgender Erklärung das Wort. Der Reichspräsident hat mich ersucht, die Kabinettsbildung zu übernehmen. Ich habe geglaubt, in einer so entscheidungsschweren Stunde mich diesem Rufe nicht entziehen zu dürfen. (Der Reichskanzler nennt die Namen der ernannten Reichsminister.) Die Umstände, unter denen die Re gierung gebildet werden mußte, haben es mit sich gebracht, daß nicht alle Ministerien zugleich besetzt werden konnten. Die hier durch gebotene Ergänzung des Ministeriums soll unter Erwägung aller für die Zusammensetzung des Ministeriums wesentlichen Gesichtspunkte in Angriff genommen werden. Unsere Ausgabe in dieser schweren Stunde ist es, die Entscheidung des Reichstages über das Ultimatum der alliierten Regierungen herbeizuführen. In eingehenden Ver handlungen haben Sie, meine Damen und Herren, sich Ihre Meinung über Inhalt und Bedeutung dieses Ultimatums ge bildet. 'Im Hinblick auf den Ablauf der Frist muß ich Sie bitten, dieser Ihrer Meinung durch eine unverzügliche Entschließung Ausdruck zu geben. Es bleibt uns keine andere Möglichkeit, als Annahme oder Ablehnung. So haben es die Sieger beschlossen. Ein I a bedeutet, daß wir uns bereit erklären, die schweren finan ziellen Lasten, die man Jahr für Jahr von uns fordert, in freier Arbeit zu tragen, ein Nein aber bedeutet Zwangsvollstreckung in unserer ganzen Volkswirtschaft. Sklavenarbeit unter der Dro hung feindl. Bajonette würde die Zerreißung unseres geschwäch ten Wirtschaftskörpers bedeuten; Knebelung des ganzen Erwerbs wären die Folgen. Noch ungeheuerlicher könnten sich die Folgen auswachsen für unsere politische Existenz. Für unser Reich steht mehr als Geld und Gut auf dem Spiele. (Zustimmung.) Es handelt sich um die ganze Zukunft unseres hartgeprüften deutschen Vaterlandes. Um das Reich und seine Einheit zu retten, Deutsch land vor der Gefahr einer feindlichen Invasion zu bewahren, die deutsche Freiheit zu bewahren, um das deutsche Volk ... (die nächsten Worte gehen in großem Lärm der Kommunisten unter). Die deutsche Regierung nimmt aus diesem Grunde das Ultimatum an. (Bewegung.) Wir wissen, daß mit dieser Annahme gewaltige Folgen verknüpft sein werden für die Gestaltung unseres Wirt schaftslebens. Wir wissen vor allem, daß die Wirkungen für die weltwirtschaftliche Eingliederung Deutschlands schwer sein werden. Die Verantwortung für die weltwirtschaftliche Bedeu tung des Ultimatums liegt aber bei der Gegenseite. (Sehr richtig'.) Unsere Verantwortung erfordert volle Klarheit und volle Auf richtigkeit. (Bewegung.) Zwecklos wäre es, ein Ja auszusprechen, ohne den ernsten und entschlossenen Willen, das Aeußerste aus zubieten, den uns aufcrlegten Lasten gerecht zu werden. Nur durch Leistungen, nicht durch Worte können wir unsere Gegner von der Aufrichtigkeit unseres Wollens überzeugen. (Zustimmung bei der Mehrheit.) Wir müssen aber verlangen, daß eine erträgliche Handhabung der Londoner Beschlüsse im Rahmen unserer Leistungsfähigkeit gesichert wird. (Lebhafte Zustimmung.) Durch Annahme des Ultimatums beseitigen wir die nahe drohende Besetzung des Ruhrreviers. (Aha! auf der äußersten Rechten und äußersten Linken.) Die Besorgnis, daß — mögen wir unterzeichnen oder nicht — es doch einmal zu der Besetzung kommen wird, findet in dem Ultimatum keine Stütze. (Lachen rechts.) Nach dem Sinne und dem Wortlaut bildet die Abstandnahme von Sanktionen, insbesondere die Nichtbesetzung des Ruhrgebietes, die Grundlage der Annahme des Ultimatums. (Beifall.) Daß wir bei dieser schicksalsschweren Entschließung unseren Blick auch auf Oberschlesien richten, bedarf keiner Be gründung. Ausschlaggebend muß das Ergebnis der Volksabstim mung sein. (Erneuter Beifall.) Worauf es jetzt ankommt, ist, daß die alliierten Regierungen den von polnischer Seite ge machten Versuch, eine allem Recht hohnsprechende Tatsache zu schaffen, nicht dulden werden, daß auf keinen Fall polnischer Terror unser Recht aus dem Friedensvertrag mit Füßen tritt. Dieser Friedensvertrag, durch den uns, durch den Deutschland und seinem Volke gigantische Lasten auferlegt werden, begründet für die Alliierten heilige Pflichten, die der englische Premier minister noch in diesen Tagen ausdrücklich anerkannt hat. Die neue Regierung empfiehlt Ihnen nach pflichtgemäßer Prüfung die Annahme des Ultimatums. (Beifall bei der Mehrheit.)