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MufferTaMblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D«» »Wilrdruffk, TagrdlaU- erschctnt täglich nachm. 5 Uhr sSr Len Tag. Bezugspreis: Le> Addoluug in der Ve^chSstsstelle und den Ausgabestellen 2Md. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Md., bei Poftbestellung »Md. zuzüglich Abtrag« gebühr. Einzelnummern «Psg. «L-Postanst-lten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend PostdoienundunlercAns- »iger und Geschäftsstellen —— " nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle HSHcrer Gewalt, Krieg oder fonstig.r DelritbsstSrungen besteht dein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung de» Bezugspreise». — Aüchsendung eingesandtcr Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: diellgelpaltene Raumzeile 20 Loldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Wold- psennig, die 3 gespaltene «eklamezeile im textlichen Teile UM Goldpfennig. Acchwcisungsgebühr 20 Goldpscnnig. Bor- aeschriebencErscheinung»- —. . „ tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit AerN ivrechLk: Amt WrlSdkUff Nk. v berücksichtig,. Anzeigen, annahm-di» norm, lbUhr - Für di- Richtigkeit der durch Ftrnrus übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rab atianipiuch erlischt, wenn der Benag durch Klage etagezogen werden muß oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrat« zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr 24. — 86-Jahrgang Telegr Adr »Amtsblatt- W t l s d r u f f - D re s d en Postscheck Dresden 2640 Sonnabend den 29. Januar 1927 Heute und morgen Nom ist auch nicht an einem Lage erbaut worden — man braucht sich also nicht allzusehr darüber zu wun- dern, daß die neue Neichsregierung gar so viel brauchte, ehe sie als ein fertige« Gebilde hin gestellt werden konnte. Freilich hat sich Rom auch den Ruhm erworben, die „ewige* Stadt der Menschheit Astvorden zu sein, hat in dem Auf und Ab ungezählter Jahrhunderte ihren ersten Platz an der Sonne der Welt geschichte behauptet und wird ihn wahrscheinlich an keine andere Stadt der bewohnten Erde jemals abtreren wollen oder gar abzutreten brauchen. Mit der „Ewigkeit* unserer neuen Mehrheitsregie rung wird es dagegen gewiß seine besondere Bewandt- nis haben. In dieser Beziehung stehen uns schon aller hand lehrreiche, zur Vorsicht stimmende Erfahrungen zur Verfügung, und so sehr auch Herr Marx und die Parteien, mit denen er diesmal das Kabinett zusammenzimmerte, auf tiefgreifende Verankerungen ihres Gebäudes durch Manifeste, durch Richtlinien und feierliche Protokoller klärungen bedacht sind, so sturmfest sie es auch nach außen hin, im Kampf um unsere Weltgeltung in Politik und Wirtschaft, und gar erst im Widerstreit der von der Re gierungsbildung ausgeschlossenen innenpolitischen Gegner eingerichtet haben, bis auf weiteres wird nun einmal für unsere Regierungsführung der lakonische Grundsatz Gel tung behalten, daß hier derständigeWechselallein vonDauerist. Aber immerhin, vielleicht lohnt sich die Mühe, die diesmal auf ^ie Arbeit der Kabinettsbildung verwandt wird, doch wenigstens insofern, als nicht schon morgen wieder auseinanderläuft, was heute sich zu ge meinsamem Wirken zusammengefunden hat, trotz der grimmigen Abwehrbereitschaft der Ausgeschalteten. Es steht schließlich nicht nur für die Parteien doch gar zu viel auf dem Spiel, als daß man nicht endlich einmal für eine Weile sollte Frieden halten wollen. * Es soll freilich Leute unter uns geben, die von Mi nisterkrisen und allem, was dazu gehört, schon jetzt gar nichts mehr hören können. Die sich die Ohren zustopfen, wenn in ihrer Umgebung jemand glaubt, von Bürger block und Großer Koalition sprechen zu müssen, aus Furcht, sonst vielleicht in Verdacht zu geraten, daß er zu den schlecht unterrichteten Zeitgenossen gezählt werden könnte. Und in der Tat: bestreiten läßt sich nicht, daß es auch interessantere Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die nicht die Eigenschaft aller unserer letzten Krisen geschichten besitzen, daß sie sich ewig wiederholen und sich ebenso ewig im Kreise herumbewegen. Um nur ein Beispiel zu erwähnen: Da läßt dieser Tage auf einer Zusammenkunft hauptstädtischer Verkchrs- und Wirtschaftsfachmänner ein Sachverständiger eine Be merkung fallen, daß man damit rechnen müsse, Berlin in den nächsten zwanzig Jahren zu einer Acht-Mil lionen-Stadt sich entwickeln zu sehen. Acht Mil lionen — ist das nicht ein Gedanke von unvorstellbarer Schrecklichkeit, wenn man sich schon das Berlin von heute vergegenwärtigt mit seinen vier Millionen, das Gerassel und Gelärme in seinen Straßen, die Unrast seines bürger lichen Lebens mitsamt den alltäglichen Opfern an Zeit und Nervenkraft, die aufbringen muß, wer auch nur den allergewöhnlichsten Anforderungen des geschäftlichen oder gesellschaftlichen oder gar des öffentlichen Betriebes nach kommen will? Allerdings, London und Newyork reichen mit ihren Einwohnerziffern wohl schon jetzt an die uns erst in Jahren verheißenen Millionenzahlen heran, aber dort hüt man es doch wohl mit Menschen anderen Schlages zu tun, während wir uns das Dasein ohne einen, wenn auch noch so niedrig bemessenen Mindestgrad von Gemütlichkeit schrer überhaupt nicht vorstellen können. Aber dann: Woher sollen die vielen Millionen Menschen denn kommen, die der sichere Blick dieses Städtebauers der deutschen Reichshauptstadt in Aussicht stellt? Der Ge burtenüberschuß ist schon lange nicht mehr so er heblich in Deutschland und in den deutschen Großstädten erst recht nicht, daß man mit einem so beängstigenden Wachstum der Berliner Einwohnerzahl zu rechnen hätte. * Also Zuwanderung. Aber woher? Vom Lande, aus dem Reiche — und das trotz der immer mehr sich aus dehnenden Siedlungstätigkeit draußen in Dörfern und Kleinstädten, in der Reich und Staaten und Gemeinden mit Hunderten von privaten oder sogenannten gemein nützigen Gesellschaften wetteifern? Oder etwa ans dem Ausland, aus den unerschöpflichen Gefilden des Rahen Ostens, der uns schon in den Kriegs- und NachkricgS- jahren so manchen nicht immer gerade angenehmen Zu wachs gebracht hat? Und wenn für Berlin diese Aus sichten nicht abzuwehren sind, wird es etwa mit Dres - den und München, mit Köln und Stuttgart, mit Hamburg und Stettin ebenso gehen? Daß überall im Reiche Riesenstädte sich entwickeln werden, mit denen verglichen unsere heutigen Großstädte als bloßes Kinderspielzeug gelten müßten? Nun, vielleicht, daß in zwanzig Jahren zugleich auch 'wch so gewaltig große Kulturfortschritte erzielt sein "erden, daß dann eine Stadt von acht Millionen ebenso zusammenzufassen, zu verwalten, zu ertragen oder zu genießen sein wird wie heute eine solche von einer Ser MsW der Meyersonalbesprechungen mit Kark Die Deutschnationalen billigen dre Richtlinien. Die Verhandlungen über die neue Regierungsbildung haben noch im letzten Augenblick dadurch Schwierigkeiten gebracht, daß sich die Hauptparteien der neuen Regierung nicht über die Begebung einzelner Ministerportefeuilles einigen konnten. Die Streitfrage, um die es sich am Freitag besonders handelte, war die Besetzung des Ver- kehrs- und des Finanzministeriums. Die Deutschnatio nalen beanspruchten, daß beide Ministerien von Männern ihrer Partei geleitet werden sollten. Nach langwierigen Verhandlungen haben die Deutschnationalen allerdings zugestanden, daß das Finanzministerium mit dem badi schen Staatspräsidenten und Finanzminister Köhler besetzt werden soll, der von der Zentrumsfraktion des Reichstages für diesen Posten in Aussicht genommen worden ist. Die Deutschnationalen batten aus das Finanz- Badischer Staatspräsident Dr. Köhler, der neue Reichsfinanzminister. Ministerium Anspruch erhoben, da gerade dieses Ministe rium wegen des Votorechts, das der Reichsfinanzminister gegen jede neue Ausgabe hat, sachlich und politisch be- sonders wichtig ist. Zum Ausgleich für das Finanz ministerium hat das Zentrum den Deutschnationalen das Verkehrsministerium überlassen, das bisher von Dr. Krohne verwaltet wurde, der der Deutschen Volkspartei nahesteht. Die Deutsche Volkspartei legt indessen Wert darauf, auch dieses Ministerium zu behalten, da sie, falls das Verkehrsministerium mit einem Deutschnationalen besetzt werden würde, in der künftigen Reichsregierung nur mit zwei Ministern vertreten wäre. Am Freitag abend verlautete, daß unter diesen schwierigen Umständen die Entscheidung über die endgültige Zusammensetzung des neuen Ministeriums erst am Sonnabend fallen würde. Die deutschnationale Fraktion hat einen Bericht über die bisherigen Verhandlungen entgegengenomme» und das Ergebnis der bisherigen Verhandlungen insoweit ge billigt, als sie unter der Voraussetzung, daß den Deutsch nationalen die ihnen von Marx zugesagten vier Ministerien zufallen, den in den Verhandlungen vereinbarten Richt linien für das Regierungsprogramm zustimmt. Million. Aber dem Wesenszug unserer Zeit wurde es gewiß entsprechen, wenn die nächsten Jahre uns mehr Ausbreitung der Kulturgüter über die mittleren und kleinen Städte, über das flache Land und über die abseits vom Verkehr gelegenen Bezirke brächten als immer noch luxuriösere Gestaltung des Gemeinschaftslebens in den großen und größten Städten. Haben wir in Deutschland auch keine „ewige* Stadt, so wollen wir doch nach einem bekannten Dichterwort das Land sein, das „ewigen Bestand* hat. Dann aber könnten wir auf Acht-Mil- lionen-Städte gut und gern doch lieber verzichten. Ariedensverhandlungen in Nikaragua. Admiral Latimer als Vermittler. Zwischen dem konservativen Präsidenten von Nika ragua, Diaz, und seinem liberalen Gegner, Sacasa, sind Friedensveryandlungen eingeleitet worden, die von dem Befehlshaber der amerikanischen Landungstruppen, Konteradmiral Latimer, und dem amerikanischen Ge sandten in Nikaragua, Eberhardt, gefördert wurden. Das amerikanische Staatsdepartement erklärte, die amerika nischen Streitkräfte aus Nikaragua zurückzuziehen, sobald die politische Lage dies zulasse. * « Eine Kundgebung der Kolumbus - Ritter gegen Mexiko. Bei einer Massenkundgebung der Kolumbus-Ritter in Washington forderte der Redner, Anwalt Scott aus Los Angeles, eine Beeinflussung der öffentlichen Meinung Amerikas mit dem Ziele, auf Mexiko einen ge wissen moralischen Druck auszuüben und so die Nicht anwendung der Religionsgesetze in Mexiko zu erreichen. Die gegenwärtige mexikanische Regierung wurde von dem Redner als kommunistisch bezeichnet. WllWMW. Die vorläufige KmisterWe. Berlin. DaS neue Neichsknbineti wird sich, wie ein gu unterrichtetes parlamentarisches Nachrichtenüureau meldet, aut folgenden Ministern zusammensctzcn: Reichskanzler und Minister für die besetzten Gebiets Dr. Marx (Ztr.): Auswärtiges: Dr. Stresemann (D. Vp.); Außeres und Vizekanzler: Hergt (Dtn.); Finanzen: Dr. Köhler (Ztr.); Wirtschaft: Dr. CurMus (D. Vp.); Arbeitsminister: Dr. Brauns (Ztr); Justiz: G r a e f - Thüringen (Dtn.); Reichswehr: Dr. Geßler; Reichspost: Stingl (Bayer. Vp.); Verkehr: Dr. Koch (Dtn.); Ernährung und Landwirtschaft: Schiele (Dtn.). Diese Liste wird als endgültig angesehen. Dem Reichspräsidenten, der die letzte Entscheidung zu fällen haß wird Reichskanzler Dr. Marx diese Liste sofort unterbreiten Rcichswchrminister Dr. Geßler hat seinen Austritt aus der Demokratischen Partei erklärt. Er ist damit der Partei zuvorgckommen, bei der auch Erwägungen im Gange waren, das Verhältnis der Partei zu Dr. Geßler zu klären, nachdem der Minister Mitglied des neuen Reichskabinctts geblieben ist, ohne daß die Demokraten sich an ihm beteiligen. Ser Abschlutz der ResikMgsbildW. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 28. Januar. Die interfraktionelle Besprechung der Regierungsparteien führte heute gegen 7Z0 Uhr abends zum Abschluß der Regierungsbildung. An der bereits veröffentlichten Ministerliste wurde nur noch insofern eine Aenderung vorgenom men, als Reichspostminister Stingl bat, aus Gesundheitsrücksich ten von seiner Person abzusehen. An seine Stelle tritt Staats sekretär Schaetzl-München. Die Fraktion der Deutschen Volks partei wird Sonnabend vormittag 10 Uhr zusammentreten, um noch formell an der Zusammensetzung des Kabinetts Stellung zu nehmen. Infolgedessen wird die offizielle Bekanntgabe der Mitglieder des neuen Kabinetts erst am Sonnabend mittag er folgen. Die Deutschnativnalen traten am Abend noch zu einer kurzen Sitzung zusammen, um das Ergebnis der interfraktionellen Besprechung entgegenzunehmen. Abschließender Bericht Marx' beim Reichspräsidenten. Berlin, 28. Januar. Amtlich wird gemeldet: Die Ver handlungen über die Regierungsbildung wurden heute abend beendet. Reichskanzler Dr. Marx erstattete im Anschluß an die Sitzung dem Herrn Reichspräsidenten abschließenden Bericht. Da die endgültige Beschlußfassung sämtlichen beteiligten Frakti onen noch nicht erfolgt ist, wird die Veröffentlichung der Liste der Mitglieder des neuen Kabinetts erst im Laufe des morgigen Tages erfolgen. Sie Beratungen über die Sffsefkungen. Neue Instruktionen für General von Pawelsz? Wie der offiziöse „Petit Parisien" meldet, beschäftigte sich das Versailler Militärkomitee mit der Bestimmung der Anlagen der deutschen Ostbefestigungen, die beibe halten, und der, die abgebrochen werden sollen, über die zu zerstörenden Anlagen ist keine Einigung erzielt wor den. Die deutschen Unterhändler haben, da sie zu diesem Punkt die von den Alliierten verlangten Präzisionen nicht geben konnten, um neue Instruktionen in Ber lin ersucht. An zuständiger französischer Stelle besteht trotzdem noch die Hoffnung, die Verhandlungen über die Nestpunlte noch vor kommendem Montag zu beendigen. An Einzelheiten über die Verhandlungen wird be kannt, daß zwischen den deutschen Delegierten und den Mitgliedern des Versailler Militärkomitees über die a l l- gemeinen Fragen eine Einigung erzielt worden ist. Weitere englische TruppenveMlungen für China. Vorbereitungen zur Verteidigung Schanghais. Die englische Regierung setzt ihre Truppencntsen- dungcn nach China fort. In den nächsten Tagen geht wieder ein Transport von 8400 Offizieren und Mann schaften von Southamptom nach China ab, außerdem werden die englischen Streitkräfte durch indische Trup pen verstärkt. Der Vizekönig von Indien hat von ver schiedenen indischen Fürsten Angebote von Truppen zur Verwendung in China erhalten. Wie der Londoner „Star" zu melden weiß, werden sich nach Eintreffen des Flug zeugmutterschiffes „Argus" in den chinesischen Gewässern auch etwa 80 britische Flugzeuge befinden.