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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »« .WMdnifscr r-aedl-tt» erschein« an allen Werktagen nachmittag- 5 Uhr. »e,vg«prei«: Bei Abholung in »er DeschSftrstelle und de» «u-gabeft-ll-n 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,zo AM., bei Poftbtftellung ?d«^g.ÄlleP°ftonft7i°tm Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten^nn^««^! trLgerundGeschSft-ftellen - ' nehmen zu ,-der Zeit Be ¬ stellungen entgegen -lmKalle hbherer lSewalt, Krieg oder sonstiger BetricbsstSrungen besteht kcin Anspruch aus Lieferung d« Zeitung oder Kürzung des Bezug-preis--. — «ücks-ndung -ingesandt-1 Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiltegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigcnprei«: di« 8 gespaltene R-umzeile 20 Rpfg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 «eich,. Pfennig, die 3gcspaltene Reklamezeile im textlichen Teile l Neichrmark. Nachw-isung-gebühr 2I> Reich-pfennige. Bor. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 d°LL.fg.^°L?e^ n»-nahmems vorm.lOUbr. —— " Nichtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. ZederRabatlanspruch -rlijcht, wenn derBctraa durch Klage erngezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr.227. — 86 Jahrgang Telegr Adr .Amtsblatt- Wilsdruff - Dresden Postscheck Dresden 2640 Mittwoch, den 28 September 1927 Kredit nicht bloß für die Großen! In letzter Stunde sollen in Amerika der Auflegung einer großen Anleihe Preußens doch noch Schwierigkeiten entstanden sein, weil angeblich das Staatsdepartement in Washington erklärt hat, die Anleihe diene nicht werbenden Zwecken. Mag dem sein wie ihm wolle — die Auflegung der Anleihe lenkt aber von neuem das Augenmerk auf die Tatsache, daß aus dem breiten gewaltigen Strom der langfristigen Auslandskredite, der sich nach Deutschland ergossen hat, eigentlich fast nur die Großunternehmungen und die öffentlichen Betriebe jeder Art haben schöpfen können, während die mittleren und kleinen Betriebe, vor allem die des gewerblichen Mittelstandes und die Land wirtschaft, so gut wie leer aus gingen. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, etwa durch Schaffung örtlich oder bezirklich umgrenzter „Jndustrieschaften" die Voraus setzung eines Gemeinschaftskredits erstehen zu lassen; aber selbst dort, wo man nun wirklich derartige Kredite er hielt, bedeuteten sie nur den Tropfen auf den hejßenStein. Man war im Kreise der mittleren und kleinen Betriebe nach wie vor angewiesen auf den viel teureren und gefährlichen kurzfristigen oder Kontokorrent kredit, der sich ja seinerseits wieder in der Hauptsache nur auf kurzfristige Auslandskredite stützte. Ebenso war ihnen der Weg, durch Aktienemission neues Geld heran zuschaffen, völlig versperrt. Fast das gleiche gilt für die Versuche, mittels hypo thekarischer Beleihung Betriebskapital zu erhalten; auch die Hypothekenbanken und sonstige Einrichtungen, die wohl in der Lage wären, auf diese Art Geld herzugeben, machen ihre Geschäfte lieber mit den großen oder den öffentlichen Betrieben, wobei die Ausreden billig wie die Brombeeren sind: das Risiko sei nicht so groß, weil bei einem Konjunkturumschwung für ein zusammenbrechen des kleines oder mittleres Unternehmen ein Käufer kaum gefunden werden könne, die Hypothekenbanken selbst dann aber nicht in der Lage seien, das Unternehmen fortzu führen, dessen Anlagen bei Stilliegen des Betriebes kaum Schrottwert haben. All dies käme aber bei einem Groß unternehmen nicht in Frage. Nun ist die augenblicklich günstige Wirtschaftslage nur die Folge des riesigen K r e d i t z u fl u s s e s vom Ausland her und die Stimmen mehren sich, die an eine längere Fortdauer dieser guten Entwicklung nicht glauben. Sie erhalten übrigens auch eine gewisse Be rechtigung, wenn man auf die viel zu knappe Betriebs mitteldecke der kleinen und mittleren Jndustrieunter- nehmungen blickt. Dazu kommt noch etwas anderes bei diesen: sie sind infolge Mangels an einem Betriebskapital nicht in der Lage, ihr Betriebe umzustellen, zu moderni sieren und betriebstechnisch so der schnellen Entwicklung an zupassen, wie die Großbetriebe es mit Hilfe des Auslands kapitals haben — erfreulicherweise — durchführen können. Dadurch aber hat sich der an und für sich schon gewaltige Vorsprung, den der Großbetrieb vor dem kleinen und mittleren hat, noch ganz außerordentlich vergrößert, be droht also noch schärfer dessen Existenz. Es braucht nicht erst noch betont zu werden, daß die Erhaltung der Mittel- und Kleinbetriebe volkswirtschaftlich ge sehen von unbedingter Notwendigkeit ist, nicht zu letzt im Interesse der Warcnverbraucher und des gesamten Aufbaus unserer Wirtschaft. Dabei ist es durchaus möglich, Hilfe zu schaffen. Das beweist schon der Entschluß der Deutschen Bank, einen im Ausland aufgenommenen langfristigen 100-Millionen- Krediten der mittleren und kleinen Industrie zur Ver fügung zu stellen. Die wirtschaftlichen Organisationen auch in den Kreisen der Mittel- und Kleinbetriebe, des gewerblichen Mittelstandes und des Kleinhandels, wo eine Selbsthilfe wegen Mangels an Mitteln jetzt nicht möglich ist, erscheinen doch ohne weiteres als schon so gründlich ausgebaut, daß durch sie eine zweckmäßige Verteilung der Kreditgelder möglich ist. Aber auch der Einzelbetrieb könnte durch örtliche Geldinstitute Kredit erlangen, wenn nur diesen Geldinstituten die notwendigen Mittel aus den großen Sammelbecken zugeführt würden. Etwa aus den an lagebedürftigen, in die Hunderte von Millionen gehenden Geldern der großen Sozialversicherungen und der Reichs betriebe. Bei der engen Verbindung, die schon rein örtlich zwischen den Geldinstituten jeder Art in großen und mitt leren Provinzstädten und den dortigen kleinen und mitt leren kreditsuchenden Betrieben besteht oder leicht her gestellt werden kann, ist es besonders leicht möglich, die Kreditwürdigkeit des Geldsuchenden genau zu prüfen und zu überwachen, das Risiko also sehr erheblich zu vermin dern. Das trifft schon alles zu für die Hergabe kurzfristiger Gelder — warum soll es nicht auch für langfristigen Kredit möglich sein, für den bei einigermaßen gutem Willen das Geld herangeschafft werden kann! Eine Stärkung nicht bloß der Großen ist auch deswegen wichtig, weil sonst ein wirklich eintretender Konjunkturumschwung längst nicht so schnell um sich greift, nicht so schwere Folgen haben wird, als wenn ein Zusammenbruch von Mittel- und Kleinbetrieben die Krise rasch anwachsen läßt. Die Wege sind gewiesen; sie zu beschreiten, ist möglich, was schon aus mehreren tastenden Versuchen ersichtlich lst. Aber sie müssen schnell beschritten werden, ehe es — -u spät ist. Schlußsitzung in Genf. Genfer Ergebnisse. Die achte Völkerbundverfammlung geschlossen. Die Völkerbundversammlung hat in ihrer Schluß sitzung am Dienstag die Einberufung einer ersten I u - cistenkonferenz zur Kodifizierung des internatio nalen Rechts beschlossen, welche die drei Rechtsmaterien Staatenlosigkeit, Bereich der Hoheitsgewässer und Haft pflicht des Staates für von Ausländern auf seinem Ge biete erlittene Schäden behandeln und 1929 im Haag ab gehalten werden soll. Weiter genehmigte die Versamm lung die Vorschläge des Budgetausschusses in bezug auf die Kredite, die für die Juristenkonferenz zur Verfügung gestellt werden sollen. Hierauf hielt Präsident G « ani die Schlußrede, in der er die Arbeiten der achten Völkerbundverfammlung würdigte und insbesondere in bezug auf die Arbeiten des Abrüstungsausschusses der Meinung Ausdruck gab, daß die erzielte Verständigung weit größere Tragweite habe als die Beschlüsse des Abrüstungsausschusses in früheren Jahren. Nunmehr könne man die Prüfung des Gesamt- komvlexes der Grundsätze Schiedsgericht, Sicherheit und Abrüstung, die Grundlagen eines organisierten Friedens sein müßten, aufnchmen. In einem überblick über die Arbeiten, die der Völker bund im Laufe des kommenden Jahres auf Grund der Beschlüsse der achten Völkerbundversammlung vorzu- nehmen hat, und die Ergebnisse der Weltwirtschaftskonse- renz schloß der Präsident nach einem kurzen Bekenntnis zu dem weiteren Erfolg der Arbeiten des Völkerbundes die achte Völkerbundverfammlung. Am Dienstag nachmittag beschäftigte sich noch der Völkerüundrat mit Danziger Fragen sowie mit der Angelegenheit des Kreuzers „Salamis", der aus deutscher Werft im Auftrage Griechenlands gebaut worden ist, den Griechenland aber nicht mehr abnehmen will. Briand vorzeitig abgereist. Unterredung Dr. Stresemann —Briand. Briand hat am Dienstag plötzlich Genf verlassen, nm sich nach Paris zu begeben, obwohl seine Abreise erst für Mittwoch vorgesehen war. Vor seiner Abreise hatte er noch eine kurze Unterredung mit Dr. Stresemann, die im Wandelgang des Völkerbundsitzungssaales zwischen Tür und Angel stattsand. über den Inhalt dieser Unter redung wissen Pariser Blätter einige Einzelheiten zu berichten, obwohl amtlicherseits strengstes Stillschweigen über das Gespräch bewahrt wird. Nach dem „Petit Oie jehLge Lage in China. Ein neues Programm. Die in Nanking befindliche Regierung gibt jetzt ein neues Programm bekannt, das den Kampf gegen den Norden des Staates, die Abschaffung ungleicher Verträge, die Unterdrückung des Kommunismus, die Aufrechterhal tung revolutionärer Disziplin, die Durchführung der Pläne bezüglich des Aufbaues des Reiches und schließlich die Schaffung einer tüchtigen, unbestechlichen Verwaltung in Aussicht stellt. Aus Schanghai wird gemeldet, die militärische Lage sei unverändert. 50 000 Mann in Nanking und 20 000 Mann am Nordufer des Jangtse seien wegen völligen Mangels an Geld, Munition und Wintergetreide lahm gelegt. Die chinesischen örtlichen Banken lehnten aus Widerwillen gegen das herrschende Regime jeden neuen Vorschuß ab. Der russische General Sälen habe sich in das chinesische Bureau für auswärtige Angelegenheiten in der Umgegend von Schanghai geflüchtet. 15 000 kom munistische Soldaten aus der Provinz Jangtse seien in Swatau eingetroffen und infolgedessen herrsche dort eine Art Terror. Eine Anzahl chinesischer Untertanen seien festgenommen oder erschossen worden. 60 Mann der Be satzung eines japanischen Torpedobootszerstörers Hütten gelandet werden müssen, um das japanische Konsulat und die japanischen Banken zu schützen. HöPker-Aschoff über SSeuervereinheiilr'chung. Reich und Länder. In einer Sitzung des Hauptausschusses des Preußi schen Landtages äußerte sich Finanzminister Dr. HöPker- Aschoff über die Pläne zur Steuervereinheitlichung. In erster Linie komme in Betracht die Verteilung der Zu ständigkeiten für Reich und Länder. Nach den Nahmen gesetzentwürfen bliebe für die Länder lediglich die Ent scheidung darüber, wie die Steuern für das Land und wie sie für die Gemeinden in Anspruch genommen werden können, ferner die Möglichkeit, weiter über Steuerbesrei- Journal" haben die beiden Minister kurz die Polemir über Tannenberg und die Beziehungen der verschiedenen Mächte zur Sowjetregierung gestreift. Man versichere, daß Briand erklärt habe, die französische Regierung habe nicht den Wunsch, die Beziehungen zu Moskau abzu- vrechen. Was die Rede Hindenburgs anlange, so dürfte Briand erklärt haben, er würde das Schweigen der Polemik vorziehen. Der „Malin" weiß über die Unterredung ergänzend zu berichten, daß Briand auf das „Matin"-Jntcrview Stresemanns angespielt nnd der deutsche Außenminister anscheinend eine befriedigende Antwort geebcn habe. Als die Sprache aus die Folgen des diplomatischen Bruches zwischen England und Ruß land gekommen sei, habe Dr. Stresemann von jeder Politik des Abbruchs abgeraten. Was ferner die Unterhaltung zwischen dem Reichs- außenminister und dem belgischen Senator de Brouckare anlangt, so glaubt der „Petit Parisicn", daß, nachdem Dr. Stresemann infolge der Rede Jaspars den Gedanken einer Liquidierung der Franktireurfrage durch ein ge meinsames Kommunique aufgegeben habe, demnächst entweder in Berlin zwischen dem belgischen Gesandten und der Wilhelmstraße oder in Brüssel zwischen dem deutschen Gesandten und Vandervelde weitere Unter handlungen in dieser Angelegenheit stattfinden würden. Sie EMritoriMSt der Danziger MerMte »ar dem Nat. Gens, 27. September. Die heutige Nachmittagssihung des Völkerbundsrates begann mit einer zweistündigen Debatte über die Exterritorialität der Danziger Westerplatte. Auf Antrag Dr. Stresemanns und mA Unterstützung des Senatspräsidenten Sahm wurde der Bericht des Berichterstatters Villgeas, der Lie Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustandes für die Wester platte entsprechend der Entscheidung des Völkerbundskommissars von Hemel forderte, obgelehnt und die Einsetzung eines Dreier- Kvmstecs beschlossen, das aus dem Berichterstatter Villegas und zwei von ihm zu ernennenden Sachverständigen bestehen soll. Dieses Komitee hat die Aufgabe, das Exterritorialitätsrecht aus der Westerplatte eingehend auf seine Rechtsgrundlagen und die Ueber einstimmung mit den bestehenden Verträgen zu prüfen und dem Rate auf der Dezembertagung ein Gutachten zu erstatten. Es ist dos erste Mal im Völkerbundsrat, daß ein für Danzig äußerst ungünstiger Beschluß des Rates durch den Widerspruch Deutsch lands nicht zur Annahme gelangt ist. ungen und endlich über die Höhe der Umlagesätze zu be schließen. Unter diesen Umständen könnten das Ge werbe st e u e r r a h m e n - und das Gru nd steuer rahme ngesetz nicht mehr als eigentliche Rahmen gesetze bezeichnet werden und müßten daher als ver sa s f n n g s ä n d e r n d angesehen werden. Das Ge bäudeentschuldungssteuergesetz werde auch von der Reichsregierung nicht als Rahmengesetz bezeichnet, da es die Höhe der Steuer bindeud festlege. Hier könne schon deshalb der verfassungsündernde Charakter nicht in Zweifel gezogen werden.- Der Finanzminister betonte weiter, daß er gegen die grundsätzliche Linie der Verein heitlichung des Steuerrcchtes in den Rahmengesetzen und in dem Gebäudeentschuldungssteuergesetz keine Bedenken habe, nachdem der ursprüngliche Entwurf stark verbessert wordeu sei. Unerträglich sei jedoch die Bestimmung, daß erst nach Inkrafttreten des Gesetzes geprüft werden soll, ob und inwieweit die Gebäudcentschuldungssteucr auf- rechtzuerhalten sei. Dem allmählichen Abbau der Wert- erhaltungssteuer stimme er zu, eine sofortige Be seitigung wäre aber finanziell unerträglich. Die im Steueranpassungsgesetz enthaltene Organisation der Ver waltung stelle eine Verfassungsänderung dar. Die gegen wärtige Zersplitterung der Steuerverwaltung sei uner träglich. Oie Beisehung des Krhrn. v. Maitzan. Trauersei er in Groß-Luckow. Am Dienstag fand im Schloß zu Groß-Luckow die Trauerfeier für den tödlich verunglückten Botschafter Frei herrn v. Maltzan statt. Auf dringenden Wunsch des 82 Jahre alten Vaters des Verstorbenen hatte sich nur ein kleines Trauergefolge eingefunden. Als Vertreter der Reichsregierung und des Reichskanzlers war Reichsjustiz minister Hergt in Begleitung des Ministerialdirektors in der Reichskanzlei Dr. v. Hagenow Vertreter des Reichspräsidenten und gleichzeitig des Reichsministers des Auswärtigen, Ministerialdirektor Dr. Köpcke mit den Abteilungsdirigenten Freiherrn v. Richthofen, Horst mann, Reuter und dem Chef des Protokolls Graf Basse- witz erschienen. Das Neichsverkehrsministerinm war ver treten durch den Leiter der Luftfabrtabteiluna Miniiterial-