Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. HerauSgeqeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des BörscnvcreinS ^§106. Freitags, den 8. December. 1843. Actienvereine im Buchhandel. In meinem Aufsätze „An Deutschlands Buchhändler" übcrschrieben (Börsenbl. 1843 Nr. 94) habe ich zu Ende des selben gesagt, daß ich meine Ansichten über die Verpflan zung des jetzt so allgemeine Geltung sich ver schaffenden Associationsgeistes auf unseren B u ch h a n d c l dem größeren buchhändlerischen Publikum vor zulegen mir erlauben würde. Sie mögen nachstehend folgen: Bevor ich aber auf den Gegenstand selbst übergehe, muß ich noch einmal darauf zurückkommen, daß ich weiter nichts will, als freie Vereinigung zu großen allgemeinen Zwecken. Ich wünsche nicht Vereinigung derer, die da bereit zu der selben sind, wenn ihnen ein Feuer auf den Nägeln brennt, das sie allein nicht zu löschen vermögen, die aber, sobald es gelöscht ist, unbekümmert um die Allgemeinheit wieder ih ren Weg gehn, die also ein Zusammenhalten nur aus Selbstsucht wollen, — ich wünsche keine Vereinigung, die in Geboten und Verboten das Heil derselben sucht und zu fördern gedenkt und deren Princip demnach die Furcht ist, denn derlei Vereinigungen können jetzt, wo das Princip der Freiheit und Selbstständigkeit des Indivi duums so weit durchgedrungen und zum Bewußtsein jedes Einzelnen gekommen ist, nicht mehr reüssiren — ich wün sche aber Vereinigungen derer, die da wissen, daß der Buch handel ein Pfleger und Diener der Wissenschaft istund die die Aufgabe ihres Standes gern so weit als möglich lösen möchten, die aber auch erkennen, daß Einzelne zu schwach sind, Großes, Gewaltiges, allgemein Geltendes allein auszuführen und die deshalb die Vereinigung der materiellen Kräfte und der In telligenz ihres Standes wünschen > die endlich stark genug sind, einen Theil ihres Sonderinteresses der Allgemeinheit zum Opfer bringen zu können — ich wünsche endlich Vereinigun gen, die nicht mit dem Hcnkecschwerte jedem Nichtbeitrctenden dröhn, sondern, die sich aus innerer sittlicher Nothwendigkcit ihre Gesetze geben und die Macht gewinnen durch das gei stige Interesse auf das materielle, nicht umgekehrt zu wirken, Vereinigungen ohne Drohungen für freie Männer und für I IVr Jahrgang. große edle Zwecke. Solche Vereinigungen scheinen mir nun durch den Associationsgeist hervorgerufen werden zu können. Also Actienvereine in unserem Buchhandel und da der Buchhandel sich jetzt mehr und mehr in Verlags und in Sortimentsbuchhandel streng scheidet, so würde zu ermitteln sein, wie solche Actienvereine Anwendung finden, ja wünschenswert!) sein würden 1) für Verlagsbuchhandel ins Besondere und durch ihn rückwirkend auf den Svrtimentshandel und 2) für den Sortimentsbuchhandel ins Besondere. 1) Für den Verlagsbuchhandel. Die Zeit ist vorüber, wo reiche Klöster (die Benedicti- ner), Fürsten und reiche Privatleute die Schätze des Wissens sammelten und durch ihre Reichthümcr dieselben vermittelst der Presse uneigennützig der Welt übergaben. Die Literatur hat sich, parzellirt und eben dadurch ist sie zur größesten Macht der Welt geworden, sie war in ihren Anfängen ein schönes herrliches Gebäude, jetzt ist sie ein Element wie die Luft geworden, was Alles durchdringt, worin Jeder, der geistiges Leben hat, arhmet. Diese Verallgemeinerung hat es aber auch veranlaßt, daß zwar Großes durch dieselbe, aber wenig Großartiges geleistet wird. Die bedeutenden älteren Qucllenwerke bedürfen fast alle neuer den jetzigen Anforde rungen der Kritik und der Wissenschaft würdiger Ausgaben, die neueren Forschungen bedürfen großer Sammelwerke, die jenen älteren an Gediegenheit gleichkomtnen und der Nach welt von den Forschungen der nächsten Vergangenheit und der Jetztzeit Kunde zu geben im Stande sind. Wissenschaft und Buchhandel bedürfen es endlich gleich dringend, daß statt der unzähligen einzelnen und vereinzelten Brochürchen und den eben so unzähligen schlechten compilatorischen Wer ken und Auszügen rc. große, großartige und innerlich be deutende und gediegene Unternehmungen gemacht werden, Unternehmungen, die ihr Leben über Decennien hinaus er strecken, Unternehmungen, die man mcrkanrilisch für lucra- tiv halten darf, ohne daß sie in den ersten 10—12 Jahren schon ihr Anlagekapital gedeckt haben. 256