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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.12.1847
- Erscheinungsdatum
- 1847-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-184712228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18471222
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18471222
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1847
- Monat1847-12
- Tag1847-12-22
- Monat1847-12
- Jahr1847
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.12.1847
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. .. i Leipziger Tageblatt und «I Anzeige«. s>, — ---- ^ SS«. Mittwoch, dm 22. December. 1847. Schwind - Rose. Seit einigen Lagen ist in unserm Kunst-Vereins-Locale ein neues Bild von Schwind aufgestellt. Der Einsender dieser Zeilen hat sich bei der Betrachtung dieses Bildes wahrhaft erquickt gefühlt und selbst die wunderlichsten Urtheile der Mitbeschauer haben ihm die Freude im Ge. nuffe dieses Kunstwerkes nicht verkümmern können. Aber mals ein Beweis, daß das, was der Genius geschaffen, nicht bloS Spott und Satyre, sondern sogar die Abgeschmackt heiten des Philisters vertragen kann. Das Bild ist wahr haft poetisch und trägt eine Fülle von Romantik in sich, die unendlich wohlthuend wirken muß bei Jedem, der so viel Unbefangenheit sich bewahrt hat, um zu wissen, daß ein Kunstwerk erst empfunden und nachher beurtheilt sein will. Wer aber an ein Kunstwerk herantritt in dem dünkelhaften Wahne, sofort eine Kritik liefern zu müssen, und ohne innere Kraft, ohne guten Willen, die Absicht, die der Künstler sonst noch gehabt haben mag, zu ergründen, abspricht über das Kunstwerk, weil er in dieser oder jener Figur eine Verzerrung, oder in dem Baumschlage einen Mangel an Verständniß, oder einen Menschen mit allzugespreizten Beinen entdeckt zu haben glaubt, der muß es sich gefallen lassen, wenn er jenem Publicum beigezählt wird, welches Mozart's Don Juan nach der ersten Aufführung für ein verunglücktes Machwerk er klärte , oder zu jeden Leuten, die in Beethovens Symphonien eine Verwirrung und einen verdorbenen Geschmack erblickten. Neben jenem romarttischen Schmucke hat daS Schwind'sche Bild eine reiche Zugabe von Humor und frischem Scherz durch die Gruppe wandernder Musikanten erhalten. Was Schwind mit diesen fünf Gesellen gewollt und was er durch sie har treffen wollen, ist unschwer herauszufinden; dem- ungeachtet aber glaubt Einsender wohl zu thun, wenn er eine Stelle aus dem Briefe eines Münchner Kunstfreundes, der in einem Berliner Blatte veröffentlicht wurde, hier ab drucken läßt, um das Verständniß um so leichter zu vermitteln. „Genau besehen ist diese Gesellschaft ein Gesindel, wie man es auf dem Lande aufbringen kann, kaum einen Schuß Pulver werth, aber doch Künstler, Repräsentanten ihres Berufs, und, was daS Schönste ist, ein Jeder von ihnen ist der Repräsentant eines besonderen Charakterzuges der Künstler überhaupt. Voraus geht ein kurzer stämmiger Gesell, sichtbar keuchend unter der Last der Baßgeige, aber um keinen Preis der Letzte. DaS ist der Repräsentant des GewerbfleißeS, der keinen Vortheil versäumt, und die Kunst liebt, weil sie deren bietet. Ihm folgt mit höchst trübseli ger Miene ein Mann mir dem Dudelsack, lahm an Armen, Beinen und an der Seele: eS hängt alles an ihm so schlaff, wie der Dudelsack über die Schultern. Das ist der Kunst jammer! Er liebt die Kunst nicht, oder hat seine Liebe lange vergessen, denn sie blieb unfruchtbar und nährt ihn kümmerlich; aber ohne sie hätte er vollends gar nichts, und darum bleibt er bei ihr. Diesen beiden folgen zwei offenbar heitere Gefährten. Dem einen hängt die Zither am Stock über die Schulter, er hat ein äußerst vergnügtes und stark angetrunkenes Gesicht, in welchem durchaus kein Platz für irgend eine Sorge ist. Auch die Kunst macht ihm nicht viel Mühe, aber er hat Talent, und gerade so viel als er braucht, um den leeren Krug wieder füllen zu lassen. DaS ist der Repräsentant Derer, die die Kunst wählen als das Handwerk, bei dem sich lustig leben läßt und frei. Der ihm zur Seite geht, mit der Geige unter dem Arm, verwachsen von Gestalt, und verschroben in seinen Bewegungen, ist in heftiger Peroration begriffen, und demonstrirt seinem gleichgültigen oder ungläubigen Nachbar die erhabenen Schönheiten der Kunst. Das ist der Repräsentant Derer, die viel wissen und wenig können, und die immer nur mit der Zunge malen. Endlich den Schluß macht ein ganz in Träume versunkener und in diesen Träumen glücklicher Fagotist. Eine Rose liegt am Boden, die eines der Mädchen auf der Mauer beim Kranzwinden hat fallen lassen. Er sieht die Rose, die Rose ist für ihn dahingelegt, ein Zeichen schüchterner Liebe, ein Gruß des alleranmuthigsten Herzens. Still entzückt bückt er sich darnach und schmückt sich mit der einen Rose einen ganzen Himmel voll Hoffnungen aus. DaS ist der Repräsentant deS phantastischen Künstlers, der durch die Stimmung seiner Seele zur Kunst geführt wird, als der einzig ausreichenden Sprache für die Fülle von Gedanken und Empfindungen, die ihm von allen Höhen, aus allen Tiefen, aus allen Blumenkelchen, aus allen Felsenritzen, von ziehenden Wolken und Vögeln, wie aus dem Auge einer nur geträumten Geliebten entgegenströmen, der aber, da ihm Verstand und Urtheil fehlen, doch ein Narr ist." Das Bild ist unserm Kunstverein zum Kauf angetra gen. Wir hoffen, daß Vorstand und Ausschuß dasselbe unserer Stadt erhalten werden, denn gute und bedeutsame Bilder müssen angeschafft werden, wenn die Theilnahme für unfern Kunstverein, die durch mancherlei Mißgriffe gesunken ist, nicht gänzlich erkalten soll. Die Gelegenheit, etwas Bedeutsames zu bekommen, ereignet sich selten; hier ist sie gegeben und eS kann ein Bild gewonnen werden, welches für unser Museum ein Schmuck sein und bleiben wird, ein Bild, welches ange schafft zu haben dem Kunstsinne der Männer, denen die An gelegenheit anheim gegeben ist, alle Ehre machen und die oft ausgesprochene Befürchtung zerstreuen wird, als kranke unser Kunstverein an einem trostlosen Herüber - und Hinüberschwan ken seiner Vorstands- und Ausschuß-Mitglieder. Der Um stand, daß daS Bild so viele Tadler findet, kann hier nicht maßgebend sein, ja eS macht derselbe die Anschaffung um so wünschenswerther, damit ein Theil dieser Kritiker an diesem Bilde Gelegenheit finde, die Bedingungen, die ein Kunstwerk zu erfüllen hat, kennen zu lexnen. Ein anderer Theil der Tadler wird später das Bild auch ohne diese Kennerschaft wunderbar finden, wenn fremde Leute gesagt haben werden, daß es ein gutes Bild sei, ganz so, wie „Calculators," die auch niemals entdecken würden, daß Raphaels Madonna ein herrliches Bild ist, wenn eS ihnen nicht von Kindesbeinen an gesagt würde. W. Verantwortlicher Redactmr: vr. SchLetter.
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