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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1859
- Erscheinungsdatum
- 1859-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185901300
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18590130
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18590130
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1859
- Monat1859-01
- Tag1859-01-30
- Monat1859-01
- Jahr1859
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1859
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Anzeiger. Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. HO HO. Sonntag den 30. Januar. 1859. Der Äierlvriher*). I Dieser traurige Fall hatte den Gästen alle Lust zur weiteren v i Unterhaltung genommen. Alle entfernten sich kopfschüttelnd und Vor ungefähr zweihundert Jahren lebte in einer deutschen I ließen den Wirth, nachdem sie ihm thellnehmend ^erathen hatten, Stadt an der Elbe ein Wirth, Namen- Mathias. Selbiger Wirth ! zu Bette zu gehen, mit dem Fremden allein. Dieser betrachtete war ein gar verständiger und rechtschaffener Mann, erstellte sich ! aus seiner Ecke heraus stillschweigend den unglücklichen Mathias, eines gesegneten Hauswesens und seine Stube wurde von Gästen! der sich nach einer guten Viertelstunde auS seinem Lehnstuhl erhob, me leer, denn da- Bier aus seinem Keller war weit und breit! seine Nase und Ohren betastete, dann seinen Rock auSzog und berühmt und Jeder, der nur einmal von dem schäumenden Krüg-1 vorsichtig die Hintertaschen desselben untersuchte, lein, das Mathias ihm vorsetzte, gekostet hatte, machte ein höchst! „Ach das Unglück, da- Unglück!" stöhnte er. Der Fremde vergnügtes Gesicht und sprach zu seinem Nachbar: „Nachbar, bei näherte sich ihm und fragte waS ihm fehle, dem bleiben wir!" ! Mathias sah ihn mit erstorbenem Blicke an und sprach: „Ich Doch wie seltsam! Herr Mathias trank nie einen Tropfen Bier I danke ihm, guter Mann, Er kann mir nicht helfen!" und nahm auch nur sehr selten an der lauten Freude seiner Gäste! „Ei!" erwiederte dieser, „habe ich doch schon manchem Wirth Antheil, wozu er doch durch sein vortreffliches Getränk am meisten! mit Rath und That geholfen. Ich handle mit Schnürleibern ", beigetragen hatte. Still und in sich gekehrt erfüllte er als auf-! setzte er mit pfiffiger Miene hinzu. merksamer Wirth seine Obliegenheiten, ging ab und zu, wie es I Mathias verstand ihn nicht und sah ihn mit großen sein Amt erforderte, saß, so lange die Gläser seiner Gäste voll! Augen an. waren, meisten- in seinem großen Lehnstuhl am Ofen und fuhr! „Die Schnürleiber", erklärte dieser, „sind von dem grausamen erschrocken auf, wenn irgend ein Deckel etwas stärker auf- und zu-! Kaiser Caligula erfunden worden, der ein harter Verfolger der klappte. Herr Mathias bediente seine Gäste selbst. Mehrere! Christen gewesen ist. Nachher wurden sie im 30 jährigen Kriege Kellner, die er vor einigen Jahren nach einander ausgenommen,! von den Schweden bei den Brandschatzungen mit großem Erfolge hatten ihn alle nach kurzer Zeit wieder verlassen. Seitdem hatte! angewendet." er sich um keine Gehilfen weiter umgesehen. I Der Wirth konnte immer noch nicht begreifen, wie die Chriften- Wie viele- Andere im Wesen dieses Mannes war auch dies I Verfolgung eine- heidnischen Kaiser- und die Brandschatzungen der seinen Bekannten unerklärlich, denn Mathias war als ein gut-! Schweden mit'seiner Wirtschaft im Zusammenhänge ständen, und mülhiger verträglicher Mann bekannt und wer ihm hätte Geiz! schüttelte mit dem Kopfe. verwerfen wollen, würde eS bei seinen Nachbarn und vorzüglich! „So laßt doch erst hören", drängte der Fremde, „waS Euch bei den Armen des Ortes arg haben verantworten müssen. Hatte! fehlt, dann wollen wir sehen, ob und wie zu helfen ist!" er doch auch seinen Kellnern, welche ihm so zu sagen davonliefen,! Mathias schwieg eine Weile, man sah ihm an, daß er einen beim Abschied ein ansehnliches Stück Geld in die Hand gedrückt! Entschluß faßte. Hierauf stand er auf, trat nahe auf den Fremden und sie dabei freilich auch durch ein feierliches Versprechen, über I zu und sprach: „Hat Er Muth, Freund, viel Muth?" gewisse Dinge ein unverbrüchliches Stillschweigen zu bewahren, ge-1 „Stellt mich einmal auf die Probe!" dunden. Nach und nach hatten sich die Leute an seine Eigenheiten! „Hier", sprach Mathias, „ist der Schlüssel zum Keller und gewöhnt und eS fast vergessen, daß Herr Matthias sonst ein gar! dort steht ein Krug." lustiger Patron gewesen, der keine Kopfhängerei leiden mochte und! Der Fremde ging. Mathias hörte wie er die Thür ausschloß manchen Schwank mit ausführte zur Freude der Großen und Kleinen. I und sie zwei Minuten später heftig wieder zuschlug. Sprachlos Man kam nun nur noch seines Bieres wegen zu ihm und beach-! vor Schrecken und mit leerem Kruge kam er wieder zurück, machte tele es kaum mehr, wenn er an manchem Abend oft blaß und! dieselben Bewegungen an Nase und Ohren wie Mathias und unter- zitternd auS dem Keller kam, hastig das Bier wegsetzte und er-! suchte ebenfalls seine Taschen. schöpft in den großen Lehnstuhl am Ofen sank. ! „Nun", sprach Mathias, „weiß Er jetzt mein Unglück? So Eine- Abend- schon spät sprach ein Fremder bei ihm ein, legte I geht mir's schon drei Jahre und von Tag zu Tage wird eS schlim- sein Bündel in eine Ecke und begehrte Imbiß und Herberge. Herr I mer. Ich habe geschwiegen und geduldet, weil mir an dem Rufe Mathias hatte heute einen besonders bösen Tag. Mit seinem I meines Hauses gelegen war, jetzt aber ertrage ich eS nicht länger schmerzlichsten Gesichtsausdruck ging er auf und ab und wich I mehr." jedesmal, wenn zufällig beim Vorüdergehen ein Gast den Deckel! „Das ist ja ein ganz niederträchtiges Gesindel", entgegnete seines Glase- aufhob um zu Winken, scheu zur Seite. Nachdem ! der Fremde. „Sagt mir doch, wie Ihr zu dem Unglück gekommen er dem Fremden Speisen vorgesetzt, ergriff er ein Glas und schritt! seid. Bin ich doch schon in manchem Bierkeller gewesen, aber wankenden Fußes dem AuSgange zu. Bald hörte man aus dem! Geist habe ich dort noch keinen entdeckt. Und bei Euch springen Keller herauf ein allen wohlbekanntes sehr willkommenes Klopfen. I die kleinen Kobolde dutzendweis herum, hängen sich Einem an „Er zapft an", hieß eS und Jeder suchte mit dem Reste seines! Nase und Ohren, überdecken den ganzen Körper wir ein Bienen- BiereS fertig zu werden. Mathias war diesmal länger als sonst. I schwärm. —" Jetzt klopfte es wieder. Nach einer Pause noch einmal und I „Kriechen sogar in die Taschen", unterbrach Mathias, „zwicken noch eintnal. Bald darauf hörte man einen Schrei- wie ihn nur I und stechen!" die entsetzlichste Angst auS der zuaeschnürten Kehle preßt, einen! „An meinem Unglück", fuhr er fort, „ist nur der Brauer Schrei so markerschütternd, daß Alle von ihren Sitzen auffuhren! schuld. Der weiß in seinem Uebermuthe nicht, was er den Men- und der Thür zueiltm. In demselben Augenblicke wurde die Ischen für Possen spielen soll. Da nimmt er nun zu seinem Ge- Kellerthür heftig zugeschlagen und Herr Mathias erschien unter! bräu ein solches Uebermaß vortrefflichen Malze- und guten Hopfen-, der Stubenthür todtenbleich mit schlotternden Knieen, in einer! kocht das zu mitternächtlicher Stunde unter allerlei Beschwörungen Hand da- leere GlaS des Fremden, in der andern den Schlüssel! und Zauberformeln unter einander, spündet eS in seine Gefäße zum Keller hakend, und brach ächzend zusammm. lund schafft mir armen unglücklichen Mann damit zugleich einige I Tausend Geister in den Keller. Gesindel hat Er sie genannt. Er — ! hat Recht. Sollte ich ihm erzählen, wie mich die Biergeister, die ') Der „Tetschner Anzeiger" hat ermittelt wer der erste Bierspritzer s sich von Tag i» Tag ^mehrm, schon geneckt und wie sie mich gewesen ist und theilt in Nr. 2 von diesem Jahre die wunderbare Ge-! nun endlich müde gehetzt, daß ich beschlossen habe, mit keinem schichte Mit. ' Fuße mehr ihr unterirdisches Reich zu betteten, ich würde heute
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