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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.04.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188004265
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800426
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800426
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-04
- Tag1880-04-26
- Monat1880-04
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.04.1880
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Erschein ISgltch früh 6»/. Uhr. »«»«tt«, «»» «epedt««» gohanntSgass« »» Hpnchstnndni »er Ae»«ttt«,r vormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag» 4—S Uhr. dt» NL<k,,dr ei«»t«ndtrr M »lr »ach» sich »U «edarttaa «ich» v«r»»«dltch. »mtadme der für die nächst- »lgenoe Nummer bestimmte« an Wschentageu dis Nachmittags, an Sonn, stta-e« früh bis V,9 Uhr. 1» »e, FMate« str Z»s. Hmuchmt: Dtt» Klemm, UniversitLtSstr. 22, O-NÜS Lösche, «atbannenfir. 18,p. «er bi« V.3 Uhr. Auflage 16,260. ^8o»>e»eMt*o«i< Viertels. ^/.Vil^ iucl. Brinaerlcchn 5 VN., durch die Post bezog« » VN. Jede eillzelne Nummer 2» Pi- Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Lxtradeitaaen ohne Postbesvrdcruirg 38 ."N. mit Postbefbrderuug 48 Mt. >osera«k Sgefp. Petitzeile 2V Pf. Größer« Schrift« laut unftrem PreiSverzeichniß. - Tabellarisch« Satz nach höherem Tarif. Lertame» «»Irr lew Urbarst?«»strich die Spaltzeil« 40 Pf Inserate sind siet» an d. Lrnrtttto, zu smd«. — Nabatt wird nicht gegeben. Zahlung praoo-wonmck: oder durch Postvorschuß. ^ 142. Montag den 26. April 1880. 74. Jahrgang. Bekanntmachung. Die diesjährige Ostermesse endigt mit dem 1. Mai. An diesem Tage sind die Buden und Stände auf den Plätzen der inneren Stadt bis 4 Uhr Nach mittags vollständig zu räumen und bis spätestens 8 Uhr Morgens des 2. Mai zu entfernen. Die auf dem AugustuSplatze und auf den übrigen öffenttichen Wegen und Plätzen der Vorstadt befindlichen Buden und Stände sind oiS AbendS 8 Uhr des 1. Mai zu räumen und deren Abbruch und Wegschaffung vom 2. bis ti. Mai, jedoch lediglich während der Tagesstunden von 6 Uhr Morgens bis 7 Uhr AbendS, auch, soviel die Buden auf der Nordseite deS AugustuSplatzeS anlangt, nicht vor dem 2. Mai zu bewirken. Es bleibt auch diesmal nachgelassen, tue Schaubuden auf dem Roßplatze sowie diejenigen daselbst und vuf dem Obstmarkte befindlichen Stände, an welchen nur Leben?,nittel feilgeboten werden, noch am 2. Mai offen zu Hallen. Die übrigen Verkaufstände daselbst sind bis Abends 8 Uhr des 1. Mai zu räumen und, sofern sie nicht bereits an diesem Tage beseitigt worden, am 2. Mai wegzuscbaffen. Die Schaubuden, sofern sie auf Schwellen errichtet, ingleichen die Caroussels und Zelte sind bis Abends 10 Uhr deS 4. Mai, diejenigen Buden aber, rücksichllich deren daS Eingraben von Säulen und Strebei, ge stattet und eine längere Fnst zum Abbruch nicht besonders ertheilt worden ist, bis längstens den 8. Mai Abends 8 Ubr abzubrechen und von den Plätzen zu entfernen Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften, für welche beziehentlich auch die betreffenden Bauhand werker oder Bauunternehmer verantwortlich sind, werden mit Geldstrafen bis zu ISO oder entsprechender Haft geahndet werden. Uebrigens haben Säumige auch die Obrigkeitswegen zu verfügende Beseitigung der Buden rc. zu gewärtigen. Leipzig, den 23. April 1880. Der «ath der Stadt Leipzig vr. Georgi. Harrwitz. Bekanntmachung. Die unter dem 19. October v. I. wegen des Umbaues der Westbrücke angeordnete Sperrung der West straße auf der Strecke zwischen der Mendelssohnstraße und der Frankfurter Straße für den durchgehenden Fährverkehr wird von Sonntag den 25. April d. I. an wieder aufgehoben. Leipzig, am 24. April 1860. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Harrwitz. Bekanntmachung. Behufs Förderung der geologischen Aufnahme von Leipzig und Umgegend durch Herrn Prof. vr. Cred- ner ist es sehr erwünscht, rechtzeitig zu erfahren, wann und wo Bohrungen, Brunnenausschachtungen, Aus grabungen u. s. w., welche sich in den gewachsenen Boden hinein erstrecken, vorgenommen werden sollen. Wir ersuchen deshalb alle diejenigen Privaten, welche dergleichen Arbeiten auszuführen gesonnen sind, von dem Beginn derselben unserer Stadtwasserkunst, Rathhaus, II. Etage, schriftlich oder mündlich eine kurz« Mittheilung rechtzeitig zukommen zu lassen. Leipzig, am 15. April 1880. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. vr. Wangemann. Die Inhaber der als verloren, vernichtet oder sonst als abhanden gekommen angezeigten Pfandscheine Vit. I.. 8'o. 21478. 95152. 95617, 95661, Vit. »1 No. 1437. 14388, 16529. 18418, 29232, 2925« 33219, 37831, 43022. 43023, 43055, 49534, 54487. 56988, 64457. 64460, 65651, 71870. 7888« 79556, 81820, 81824, 82372, 82847, 85199, 89448, 89449, 89453 werden hierdurch aufgefordert, sich damit unverzüglich und längstens bis zum Ablauf von 30 Tagen nach der auf jedem der Scheine be merkten Verfallieit be» Unterzeichneter Anstalt zu melden, um ihr Recht daran zu beweisen oder dieselben gegen Belohnung zurückzugeben, widrigenfalls der Leihhaus Ordnung gemäß den Anzeigern die Pfänder ausgeliefert und die Inhaber der Scheine ihrer etwaigen Ansprüche daraus verlustig gehen werden. Leipzig, den 24. April 1880 Die Verwaltung de» Leihhauses und der Sparkasse. 8l>r»ii8 «Iv8 SiÄlIMii Vvrlrli8vvrelii8 Her 8tM velprtx. Vonovrvtag, ävn 29. 4prl1 ä. 4. Xdouä« 6 vdr, lm ävr k!r>»t«n VUrgorscdnI«. Taxeooränunx: 1) verlebt über einixe Iclimstiücke Ourorte neck einxeeenäten 8ckriüen (ves. vr. Klemer). — 2) vevieion äer 8l»tuten nsek ^norilnunx äes tcönixt. erleb«, lstinisterillin» 6e» Innern (ves Vr. veinbsrä). — 3) öesprecknnx äer vortLutixea I'sxesurälnmx äes äle^sbrixe» Xerrtetox» (conk. >.errtl. Verein»bl»lt 1880. >I:lrr. 8r. 95 ves. vr. kieinre). I)r. klv«8. Politische Iledersicht. Leipzig, 25 April. Der Bundesrath liefert soeben eine eigen- thümliche Illustration zu der Zweckmäßigkeit eines der wichtigsten Vorschläge in dem preußischen Antrag auf Abänderung der Geschäftsord nung. In dem bekannten Anschreiben deS Reichs kanzlers war in erster Linie der Gedanke auS- ßesllhrt, die dem BundeSrath obliegenden Geschäfte m zwei Classen zu theilen, von denen die erstere die wichtigeren Ausgaben, namentlich alle gesetz geberischen Arbeiten, die zweite die minder wich- tlxen und die laufenden BerwaltungSgeschäste -umfassen sollte. Auf diese Weise sollte eS den leitenden Ministern der Bundesstaaten ermöglicht werden, an den Arbeiten der erster« Art sich regelmäßig persönlich zu betheiligen. ,^Zu diesem Zweck", heißt es in dem angeführten Schriftstück, „würde es erforderlich werden, daß die Entgegen- nähme von wichtigen Anträgen, wie Gesetz vorlagen und ähnlichen, nicht während der ganzen ScssionSperiode des BundeSrathS. sondern nur bis zu bestimmten Terminen derselben zugelassen wird. Wenn beispielsweise der Beginn der Reichstagssitzungen in der Regel auf Ende Januar in Aussicht genommen würde, so könnte in eben diesen Monat bald nach Neujahr die Hauptperiode der Ministerialsitzungen deS BundeSrathS gelegt werden. Später ein gehende Anträge legislativer Natur würden auf eine spätere Session zu verweisen sein. Wenn durch eine solche Einrichtung die Möglichkeit, Gesetze jederzeit schnell zu Stande zu dringen, vermindert worden, so ist der Nachtheil einer solchen Erschwerung ein zweifelhafter, und sind die Gefahren zu großer Beschleunigung in der Herstellung von Gesetzen nicht geringer als die eine- entgegengesetzten, an regelmäßige Fristen gebundenen Systems." Dem Reichstag könnte eS nur in hohem Grade erwünscht sein, wenn dies System durchgeführt würde, wenn vor oder zu Beginn einer Session der vorzulegende Gesetzgebungsstofs wenigsten- in der Hauptsache abgeschlossen wäre. In der gegenwärtigen Session aber sehen wir gerade daS Gegentheil. Während im BundeSrath Vorkehrungen getroffen werden sollen, die gesetzgeberischen Arbeiten auf die Zeit vor Eröffnung einer Session zusammenzudrängen, verspätete legislatorische Anträge, wenn sie nicht von absoluter Dringlichkeit sind, auf eine spätere Zeit zu vertagen, arbeitet der BundeSrath gerade m den letzten Tagen mit wahrer Dampfkraft, um dem Reichstag ungeachtet der schwierigen und be drängten Geschäftslage immer noch neue Gesetzent würfe zu unte, breiten, deren absolute Dringlichkeit ge wiß nicht zu behaupten ist. Der Reichstag könnte längst mit seinen Arbeiten fertig sein, wenn man sich mi dem gleich Anfangs vorgelegten oder in nächste Aussicht gestellten GesetzgebunaSstoff begnügt hätte. Statt dessen erweiterte sich im ganzen Laufe der Session da» Arbeitspensum mit jeder Woche mehr, rmd gerade ans den letzten Tagen liegen die Früchte der vundeSräthlichen Thätiareit in umfassenden Steuergesetzentwürfen vor. für deren Erledigung man noch gar keine Möglichkeit vor sich sieht. Denn da» Anschreiben deS Reichskanzlers aus die Gefahren zu aroßer Beschleunigung in der Her stellung von Gesetzen hinweist, so sehen wir bi» letzt noch keine Spur, daß diesem Wink Folsze ge geben worden wäre. Der Reichstag ist es die-mai wahrhaftig nicht, der die übermäßige AuSdehnun w»d die überreiche Produclivität der gesetzgeberischen dlrbeit verschuldet. * Deutscher Reichstag. Berlin, 24. April Reichstag beschäftigte sich heute mit der ersten I Zerathung des Gesetzentwurfs betreffend Abänderung des Artikels 4 des MünzgesetzeS. Es wird darin vorgeschlagen, als Maximalgrenze für die Ausprägung von Reichssilberinünzen 12 Mark anstatt 10 Mark auf den Kopf der Bevölkerung festzuftellen. Schatz- ecretair Scholz rechtfertigt die Vorlage, welche durch aus auf dem principiellen Boden der Münzgesetz- gebung bleibe, mit einem dringend hervorgetretenen iraktychen Bedürfniß nach Vermehrung der Silber- cheidemünzen, erklärt aber, daß die Regierung nicht leabsichtige, von der verlangten Ermächtigung sofort in vollem Umfang Gebrauch zu machen. Abg Bam- »erg er bezwftfett das Bedürfniß nach Vermehrung deS Silvergeldes und warnt vor der Eirculation einer allzu großen Menge von untertverthigen Mün zen, will aber principielle Bedenken gegen die Vorlage )ocy nicht erbeben. Redner betont die Nothwendigkert, da» Münzgesetz bald vollständig zur Durchführung u bringen» und kündigt für die zweite Lesung des Sesetzentwurfs eine Reihe von Abänderungsanträgen an. Abg. v. Kardorff sieht in dem Gesetzentwurf einen entscheidenden Schritt in der Durchführung deS von der Partei der reinen Goldwährung auSge- gebenen Programms, findet die Ueberschwemmung mit unterwerthigen Scheidemünzen äußerst bedenklich und begründet mit seinen bekannten Argumenten die Forderung, man müsse zur Doppelwährung über leben, anstatt auf dem Wege der reinen Goldwährung mmer weiter fortzuschreiten. Abg. Graf Udo Stoll- »erg spricht sich ebenfalls für Doppelwährung aus und findet den späteren Nebergang zu der- elben dadurch erheblich erschwert, daß man die unter- werlhigen Silbermünzen in noch erhöhtem Betrag auSprägen wolle. Er empfiehlt die Ueberweisung der Vorlage an eine Commi sion. Abg. Delbrück be streitet, daß die Vorlage eine große principielle Trag weite habe, und will sie allein vom Standpunct deS praktischen Bedarfs an Silberscheibemünzen betrach ten. Das Bedürfniß nach Vermehrung derselben sei allerdings nicht in überzeugender Weise dargethan. Schatzsecretair Scholz wesst auf die vielfach laut ge wordenen dringenden Forderungen nach Vermehrung deS SilbergeldeS hin und bestreitet, daß, wie der Abg. v. Kardorff unterstellt, die Vorlage die Ten denz habe, eine beschleunigtere Durchführung der reinen Goldwährung amubahnen. Die weitere De batte, an der sich die Abgg. v. Lenthe, MoSle, v. Helldorff betheiligten, war von geringerem Be lang. Bei der Abstimmung über den Antrag auf commifsarische Vorberathuna stellte sich die Bcschluß- unfähigkeit deS Reichstags heraus. Nächste Sitzung: Montag (GewerbeordnungSnovelle). Ueber die Motive deS Wehrsteuergesetzes hört man, eö werde darin hauptsächlich betont, daß der Gedanke, ein Aequivalent für den per sönlichen Dienst statuiren zu wollen, völlig zurück- zuweisen sei, sondern daß man nur beabsichtige, die Ungleichheit der Vertheilung der militmrischen Lasten zwischen den zum Dienst herangezogenen und den nicht herangezoaenen Wehrpflichtigen durch eine angemessene Geldleistunh auszugleichen, da die letzteren den Vorzug haben, die für den Erwerb meist wichtigen Jahre der Dienstpflicht für sich voll auS- nutzen und so einen erheblichen Vorsprung erreichen zu können. ES soll ferner darauf hingewicsen werden, daß bereits im Norddeutschen Bunde ein ähn liche» Gesetz und später im Jahre 1877 beabsichtigt war. die Berechtigungsscheine zum Einjährig-Frel- willigen-Dienft und die Scheine über Befreiung von der activen Dienstpflicht rc. mit einer Steuer von 20 Mark zu belegen. Außerdem soll in den Motiven auf d,e frühere Gesetzgebung inBaiern und Württemberg, welche durch die jetzige Ein führung der Militairgesrtze Preußen» und dei Norddeutschen Bunde- aufgehoben sind, und au die Gesetzgebung in der Schweiz wie in Oester reich-Ungarn hinaewiesen sei». Die „Elsaß.Lothringische Zeitung" meldet: Sicherem Bernehmen zufolge hat Se. Majestät der Kaiser den BezirkSpräsibenten Ledderhose rum UnterstaatSsecretair im Ministerium für Elsaß- Lothringen, den Bllrgermeistereiverwalter Back rum Bezirkspräsidenten für Unter-Elsaß und den Ministerialrath Timme zum Bezirkspräsidenten für Ober-Elsaß ernannt. * * * AuS Wien wird unS vom Sonnabend telegra phisch gemeldet, daß bei der Budgetdebatte im Abgeord netenHause der Aba. Meznik die Resolutionen betreffs der slavlschen Mittel- chulen befürwortete. Der Abg. Gompertz bean- ragt die Resolution, die Regierung aufzusordern, >ei der Uebernahme der Mittelschulen in Mäh ren und Böhmen auf den StaatSetat nur nach trenger Prüfung deS reellen Bedürfnisses vorzu- ;ehen. Der Redner bemerkt, daß für die Mino- - ität hierbei zunächst die Rücksicht aus die StaatS- inanzen maßgebend gewesen sei. Die Resolution wird in namentlicher Abstimmung mit 157 gegen 149 Stimmen abgelehnt, die ÄuSschußresolunon dagegen angenommen. Der „Köln. Ztg/' telegraphirt man auS Lon don, 24. April: Mit der Berufung Gladstone'S zur Premierschaft, zu der die Königin erst durch gemeinsame Vorstellungen Granviüe's und Hartington's bewogen werden konnte, ist die Mi- risterkrisiS beendigt. Gladstone wird heute »fort mit der Bildung de« CabinetS beginnen, die, abgesehen von der Schwierigkeit, der über großen Anzahl vorhandener Minister-Aspiranten zerecht zu werden, keine Schwierigkeit bieten vird. Bestimmt ist bis jetzt nur, daß Glad- tone neben der Premierschaft die Finanzen über nimmt, folglich im Unterhause verbleibt und Granville das Auswärtige Amt bekommt. Die übrigen Hauptposten werden bis übermorgen vertheilt sein. Hartington dürste daS Ministerium des Krieg« oder Indiens übernehmen und North- »rook oder Dufferin Vicekvnig von Indien werden. Die Blätter der verschiedensten Farben beurtheilen die Ernennung Gladswne's al» die richtigste Lösung, preisen die Königin wegen ihrer verfassungstreuen Haltung und beloben Granville und Hartington, daß sie ihre persönlichen Ansprüche geopfert haben. Die Besorgnlß, daß Gladstone unheilvoll in die auswärtige Politik eingreisen werde, ist hier ge ringer als auf dem Festlande; dagegen befürchtet man, daß Rußland sammt dessen Balkan-Schütz lingen, aus Gladstone'S Theilnahme hoffend, neuer ding- Wirren anregen dürften, die, wenn nicht rasch bekämpft, bedeutsam werden könnten. Die jüngste, an den belgischen Episkopat ge richtete päpstliche Kundgebung in Sachen be ll nterrichtS ge setze» verursacht im liberalen wie im klerikalen Lager tiefgehende Erregung Der KleruS nutzt daS päpstliche Schreiben zu AgitationSzwecken au» und leistet der Meinung geflissentlichen Vorschub, daß der Papst mit der Haltung der Bischöfe durchaus einverstanden sei. Die Liberalen betonen dem gegenüber immer drin gender die Nothwendigkeit von ZwanaSmaßregeln, in erster Linie den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Vatican. Man sieht Rückwir kungen dieses Zwiespalts der öffentlichen Meinung aus die Kammerdebatten voraus. Da- gegenwärtige italienische Ministerium bat seine Geneigtheit kundgegeben, einen von einem intelligenten industriellen und Großhändler de» Lande» angeregten Gedanken zur Ausführung zu bringen, nämlich die zahlreichen Sträflinge der Provinz zur Eultivirung der römischen Eam« »agna zu verwenden, vorzüglich zur Erzeugung von Gemüsen und Südfrüchten, wie sie jetzt alljährlich in stets wachsender Menge auSge- ührt werden. In der Campagna wie in einen nur zu zahlreichen Sträflingen hat Ita- ien zwei brachliegende Kräfte, die in ihrer lnthätigkeit böse MiaSmen, die Campagna im »uchstäblichen, die Gefangenen im figürlichen Sinne, erzeugen, die aber, in gegenseitige Wechsel wirkung gebracht, einen heilsamen gegenseitigen Einfluß aus einander auSüben und dem Lande, daS Dessen so sehr bedarf, eine Menge verborgener unbenutzter Schätze einbringen können in mate rieller wie in sittlicher Hinsicht. Kommt der ^ chöne Gedanke zur Ausführung, so wird da«. !and immer mehr seinem alten Namen Ehre machen und der wirkliche und nutzbare „Garten Europas" werden können. Wir haben uns zwar schon zur Genüge mit dem anatischen Irredentisten Cavallotti beschäftigt, den jüngst die Triestcr Polizei „abgeschafft", d. h. ausgewicsen hat, aber eS ist doch noch von Inter esse, über den Mann und sein politisches Treiben eine italienische Stimme zu hören, um daraus chließen zu können, welche Art von Leuten die „Unversöhnlichen" Oesterreich an den HalS Hetzen und was für ein Gentleman hinter jenem „Patrioten" und ParlamentSmitgliede steckt. Eine überaus bezeichnende italienische Aeuße- rung über Cavallotti liegt unö m dem vom Professor Angelo de Gubernatis in Florenz terausgegebenen „virionnrio Liogrukoo clogli 8crittc»ri (lontvmyorkmoi" (Florenz 1879) jvor, wo wir unfern Mann im ersten Bande, Seite 271 erwähnt finden. Wir erfahren durch de Guber natis, daß Cavallotti ein mehr berüchtigter als '»erühmter „Patriot" und „Schriftsteller" ist. der 1842, von venezianischen Eltern stammend, in Mailand geboren wurde. Schon mit zwölf Jah ren schrieb er in der Schule, statt zu lernen, Schmähgedichte „eontro i Toclescbi' (gegen die Deutschen), und 1860 ließ er seine erste fanatische Schmähschrift gegen Deutschland unter dem Titel: e ltullL" im Drucke erscheinen. Fast zleichzeitig entfloh er auS dem Elternhause und ging ju Garibaldi, der damals gerade mit seinen „Tausend" auj der Insel Sicilien eingefallen war. Nach dem Kriege kehrte der vom wildesten Fana tismus erfüllte Cavallotti nach Mailand zurück, um sich dort der unsinnigsten Ausgeburt der poli tischen Tagesliteratur in die Arme zu Wersen, welche in jenem Zeitabschnitte in ganz Italien, namentlich aber in Mailand in widerwärtigster Weise sich breit machte. Cavallotti zählte ru den erklärtesten Republikanern. Als solcher wüthete er in Italien gegen Alle-, waS königlich gesinnt, wo durch er sich, seit 1862 bi- in die neueste Zeit, eine lange Reihe Preßprocesse, Berfolgungen und Verurtheilungen zuzog, denen er durch unzählige öffentliche Skandale und tumultuarische Sccnea eme politische Wichtigkeit zu verleihen versuchte. Auch mit dem italienischen Ossiciercorp», zumal mit dem de- Husarenregiments „Piacenzn", gerieth Cavalotti durch seine Beschimpfungen der könig lichen Armee m der berüchtigten „OLrottino liosn." in wiederholte Conflicte, die theilSDuelle. theilS derbe öffentliche Züchtigungen zur Folge hatten. Daß ein solcherMann 1873 in daS Parlament gewählt werden konnte, scheint eben nur in Italien möglich zu sein. Dennoch erhob sich gelegentlich de« ersten Erschei nen- Cavallotti'S in der Deputirtenkammer seiten» der Mitglieder ein Sturm deS Unwillen«. Leider nützten diese Proteste Nicht» und der Mann sitzt noch heute unter den Erwählten der Nation.
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