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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188006295
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800629
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800629
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-06
- Tag1880-06-29
- Monat1880-06
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1880
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Uh- rsle irn, ?ten »ist wo ien> im ern- "L irco- Ue- die aste ho- uer- »n- tsch. mig rere ren- und vas ein- uns eren sohl die- nctt »oll, 'det. von ind und fett. »an» »e» und bis llle- 100 S.K0 »en 8". de» b^ Br. »ahlt hq. bi» be». bi» »ahlt ebot. Br. loco . per loco e. 00 , do. > bi» II r bi eten» de» ei L. 0 iw » »Welt reyrl- auf »team aber» -Lrtis ndien rdels- Iduna >mrd. nwfer Bor» mpfer «Lil» ^ find «rschetnt täglich früh 6'/, Uhr. RrdecÜoi,»> «rpedütea JvhanniSgafie SS. Lff«chß»»dr» der »rdartie»: vormittag» 10—12 Uhr. Nachmittags 4—k Uhr. Mr dte Nückzabe ktngksandtrr vkai«- irrchu «acht ftch d>« Redacltoir nicht »rrvtndUch. Annahme der für dte nächft- fotarnde Nummer bestimmten Inserate au Wochentagen bis S Uhr Nachmittags, an Soun- «n» Festtagen früh bis '/»9 Uhr. Z» dea FUiale» sSr Jas. ltuaah««: Ott» Ulemm, UniversitätSstr. 22, LouiS Lösche. Katharinenstr. I8,p. nur bis Uhr. Wpnger.TaMV Anzeiger. Orzau flr Politik, LocalMichtt, Handels- md Teschjstsverkchr. »uffa«c le.lb« Abonnement,prrt» viertelj.4'/,Mk^ incl. Bringerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 8 Mt. Jede einzelne Stummer 25 Pf. Belegexemplar lU Pf. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbeförderung Sit Mk. mit Postbesvrderung 48 Mk. Inserate Sgcsp. Petitzeile 2V Pf. Größere Echriftm laut unserem Preisverzeichniß. — Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Aeclamen unter dem kedarttoiwstrlch die Spaltzeile 40 Pf. Inserate find stets an d. Srpedtti», zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnsoawsrnmcko oder durch Postvorschuß. ^ 208. Dienstag den 29. Juni 1889. 74. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Um bei Ausgabe der Legitimationskarten zum Abholen des Tageblattes beim Quartalwechsel den Andrang möglichst zu beschränken, können die geehrten Abonnenten Karte und Rechnung bereits von beute an in Empfang nehmen lassen. Vermiethungen in der Fleischhalle am Hospitalplatz. In obiger Fleischhalle sollen die Abthetlungen Nr. 2. 2- und 28 sofort, „ 4 vom 2. September ». I. an gegen etumanatliche Kündigung anderweit an die Meistbietenden vermiethet werden und haben wir hierzu VerfteigerungStermm auf Sonnabend, den S. Juli d. vormittags LL Uhr, an NathSstele anberaumt. Die Versteigerung»- und VermiethungSbedingungen können schon vor dem Termine auf dem RathhauS- saale, 1. Etage, eingesehen werden. Leipzig, den 13. Juni 1880. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stöß. kom UN- Deutschland. Der Grundfehler, der den moderne» Kampf gegen den UltramontaniSmu- vielfach als aussichts los erscheinen läßt, liegt darin, daß man denselben at- einen Kampf gegen eine Partei betreibt, welche man mit den übrigen Parteien und Religionsae- nosienfchaften auf eine Linie stellt. Wir wissen zwar, daß wir mit dieser Behauptung wie einsame Rufer in der Wüste dastehen zu einer Zeit, in welcher Anhänger Luther'S für die Macht de< un fehlbaren Papstes eifern, weil sie, selbst unfähig sich über Master zu halten, von jener Macht in- direct Förderung ihrer eigenen Tendenzen erwarten. Gleichwohl halten wir eS in dem gegenwärtigen Moment nicht für überflüssig, auf die Wege und Ziele hinzuweisen, welche das Papstthum — wir tagen nicht: der Papst; denn es ist gleichgültig, ob er der „Fromme", oder ob er der „Löwe" heißt — unablässig im Auge behält und stets so weit mit allen Mitteln zu behaupten strebt, als eS eben möglich ist. Wir machen uns sogar an heischig, die einzelnen Etappen zu bezeichnen, auf denen eS die verlorene Weltherrschaft wieder zu erlangen hofft und sogar überzeugt ist. Wir hatten uns dabei zunächst an den Kampf mit Deutschland. 1. Etappe: Abschaffung der preußischen Mai- gefetze. Die- Ziel ist dadurch zu erreichen, daß man in dieser kleinen und dazu ziemlich werthlosen Provinz de« katholischen Erdkreises die Seelsorge zu Grunde gehen läßt, —eine neue Art de-Inter diktes — um den Staat durch Furcht vor Ver wilderung des Volke- mürbe zu machen. 2. Etappe: Jede Einmischung des Staates in innere kirchliche Angelegenheiten ist mit dem katho lischen Glauben unverträglich, weshalb die früher, nur in der Zeit der Bedrängniß gemachten Zu geständnisse zurückgenommen werden. Die Bischofs wahlen müssen völlig frei sein. Der gesammte Religionsunterricht bis zur Lehre der Theologie an den Universitäten ist der staatlichen Aussicht und Einwirkung zu entziehen. Professoren der Theologie und Retigwnstehrer werden, unbeschadet deren völliger Ebenbürtigkeit mit den weltlichen Eollegen, von den Bischöfen ein- und abgesetzt. 3. Etappe: Der katholische Glaube fordert, daß die gesammte Erziehung von der Kirche ausgehe. Letzterer ist also das ganze Schulwesen bedingungs los zu überweisen. Ein staatliches CultuS- und Unterrichtsministerium ist nach katholischer Lehre ein Unding. 4. Etappe: Daß Ketzer und Ungläubige als Staatsbeamte oder Mitglieder von Parlamenten irgendwie über kirchliche Angelegenheiten entscheiden oder auch nur berathen, ist nach katholischer Lehre nicht zu dulden. Katholiken kann Dies nur mit ausdrücklicher Ermächtigung durch den Papst, einer Art inisrio canonieL, gestattet werden. 5. Etappe: Daß Ketzer und Ungläubige über Katholiken irgend einen Einfluß oder eine Auto rität besitzen, erscheint als ein Attentat gegen die göttliche Einrichtung der Kirche. Das Seelenheil der Katholiken muß vor den großen, in jenen Zu ständen liegenden Gefahren mit allen Mitteln ge schützt werden. Namentlich ist es nicht länger zu ertragen, daß die Hohenzollern, die Nachfolger des aeistUchen Hochmeister- des deutschen Orden- der, feine Gelübde brechend, von der Kirche abfiel und dann mit Kirchengut seine weltliche Herrschaft be gründete, über Millionen von Katholiken herrschen. Nötigenfalls ist drück Krieg oder Verschwörung diesem Aergerniß, welches bereits drei Jahrhunderte dauerte, endlich ein Ziel zu setzen. K. Etappe: Ucberhaupt ist in jeder Weise dahin ur arbeiten, daß die von dem abaefallenen Mönche Luther iu» Werk gesetzte Revolution endlich nieder- getreten werde und der unfehlbare Papst gemäß göttlicher Einsetzung wieder der unumschränkte Herr mrd Vater der ganzen Christenheit werde. Wer sich also nickt willig seiner göttlichen Autorität beugt, gegen Den ist nach Maßgabe des kanonischen Rechtes zu verfahren. In dieser Hinsicht wird der Kürze wegen nur daran erinnert, daß der unfehlbare und h. Vater Leo X. (rin Prasser, Ver schwender und völliger Heide) gegen Luther aus drücklich erklärt hat: es stimme mit dem Willen des h. Geiste- überein, daß die Ketzer verbrannt würden. Wer da weiß, mit welchen Mitteln Rom kämpft, wie viele Tausende von Händen, großentheilS un bewußt, ihm täglich und stündlich behülslich sind, und dann erwägt, welche Unkenntniß in kirchlichen Dingen und welche Zerfahrenheit auf der Gegen seite herrscht, ist nicht geneigt, die Gefahr zu unterschätzen, welche von Italien auS die ganze moderne Welt bedroht. Wenn Gott auch dafür sorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen, so sollten doch die Leute, welche die großen Gieß kannen in den Händen haben, daS Wachsthum solcher Bäume auch nicht um Einen Zoll breit fördern Helsen. *** Politische Uebersichi» Leipzig, 28. Juni. Die FreitagS-Sitzung der Berliner Confe- renz schloß mit der einstimmigen Annahme der von Frankreich vorgeschlagenen Feststellung der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland. Diese Grenze läuft von Westen nach Osten neben dem Thalweg des KalamaS auswärts bis zu dem Bache, welcher gegenüber Poadh»niani in den KalamaS einmündet; sie läuft dann weiter links.diesem Bache bis zum Han Kalbaki, von dort zum Kamm des ZagorigedirgeS und von da auf vem Kamm längs der Wasserscheide bis zum Aegäischcn Meer und zwar so, daß vom Zagorigebcete die zum Fluß system des Arta gehörenden Thäler der Flüsse ZagoritikoS und MetzoviticoS zu Griechenland fallen, die in das Flußgebiet der Viossa gehörende größere Partie deS Zagorigebiets türkisch bleibt. Ober halb Metzovo bildet der Knotenpunkt der Fluß systeme der Viossa und des Salambria die Land marke, von dort läuft ostwärts die Grenze immer längs der Wasserscheide zwischen Salamvria und Bcstriza biS zum GebirgSzug des Olymp. Dieser wird in seiner höchsten Partie durchsetzt. Die fest gestellte Landmarke ist dort der EliaSberg, von wo die Linie ziemlich in gerader Linie nach Ost zum Aegäischen Meere abfällt. Man hat die Einstim migkeit der Abstimmung, auf welche wegen der moralischen Wirkung der ConferenzbeschlUsse auf die Pforte ein besonderes Gewicht gelegt werden mußte, den lebhaften Bemühungen Oesterreich- zu verdanken, ohne diese würde vielleicht Rußland, welches weitergehende Zugeständnisse an Griechen land wünschte, von der Cinmüthigkeit ausgenom men gewesen fein. Obschon da- Mandat der Conferenz in der Hauptsache erfüllt ist, so bleibt doch noch die formelle Erledigung einer ganzen Reihe von Einzetfragen, wie sie bereits durch dcn Berliner Congreß für den Fall streitiger Grenzregulirungen vorgesehen sind. Dahin ge hören die Angelegenheiten wegen Uebernahme der Schulden, welche auf den atnutretenden LandeS- theilen hasten; ferner da- Recht der Stämme, welche in Frage kommen, für die Türkei oder für Griechenland zu wählen, und dergleichen mehr, so daß möglicherweife noch zwei oder drei Sitzungen erforderlich sein könnten und der eigentliche Schluß erst im Laufe der Woche erfolgen dürste. ES ist bezeichnend für di« Auffassung, die in weiteren Kressen von der Entstehung der kirchen politischen Vorlage herrscht, daß der aeaen- wärtig in Berlin wellende altkatholische Bischof Reinkens, der in den Wandlungen der Kirchen politik eine schwere Bedrohung für den Altkatholi- ci-mu- erblicken muß, sich mit seinen Wünschen und Beschwerden nicht etwa an die maßgebenden Personen innerhalb der Regierung»kreise wendet. Andern an die Umgebung de- Hose». Daß Fürst BiSmarck, bei welchem der allverehrte Mann gleichwohl eine Audienz nachsuchte, Denselben nicht empfangen zu sollen glaubte, läßt die Aussichten für die „Reformirten innerhalb der kath»lischen Kirche" als sehr trübe erscheinen, sobald einmal da- DiScretionsgesetz in Kraft getreten. Jetzt rächt sich die verläumniß der Maigesetzgebung be züglich d«S Altkatholicismus. Sie stellte denselben nicht auf die festen staatliche» Grundlagen, auf denen er sich hätte entwickeln können, sondern ste begnügte sich mit dem ganz unhaltbaren Stand punkt, von der Trennung innerhalb der katholischen Kirche Nicht» zu wissen und die Reformbewegung, die allerdings wesentlich eine dogmatische war, aber doch in da- staatliche Gebiet hinübergriff, auf diesem letzteren fast schutzlos zu lassen. DaS Altkatholikengesetz vom 4. Juli 1875 ändert an dieser Thatsache so ;ut wie Nicht-. Denn eS trifft nur ganz iußerlich Bestimmungen Uber die Rechte am Kirchenvermögen, und obwohl die Leiter der Be wegung erklärt hatten, die bloße thatsächliche Fähigkeit zum Bestehen werde genügen zu einer gedeihlichen Entwickelung, so hat doch die Erfah rung gelehrt, daß nicht bloS innere Gründe, son dern auch die Gleichgültigkeit de- Staats und seiner Gesetzgebung eS verschuldet haben, wenn die joffnungsvouen Keime nicht zur vollen Entfaltung gekommen. Es wird auf den Geist ankommcn, in welchem da» DiScretionSgesetz gehandhabt wird; aber man braucht nicht schwarz zu sehen, um von der Verwaltung de- Herrn v. Puttkamer für die Altkatholiken Schlimme- zu befürchten. Die „amtliche Wiener Zeitung" veröffentlicht ein äiserlicheS Handschreiben, durch welches die Mi nister von Stremayr, von Horst, von Korb- Weidenheim und von KriegSau auf ihr Ansuchen von ihren Posten enthoben und vr. DunajewSki zum Finanzminister, von Kremer zum Handels minister, Baron Streit zum Justizminister und Generalmajor Graf Welserheimb zum Minister Ur Landesvertheidiaung ernannt werden. Der ciSleithanische Minister-Präsitmt Graf Taaffe hatte bekanntlich mit den Feudalen und Czechen Böhmens einen Ausgleich zu Stande gebracht, um s. Zt. den Vorlagen über die Ver waltung Bosniens und die Verlängerung des WehrgesetzeS eine Mehrheit im österreichischen Ab- zeordnetenhause zu sichern. Später mußte er, um ich zu halten, den unersättlichen Bundesgenossen mmer neue Zugeständnisse machen, bis er endlich dazu gelangte, dem böhmischen Landtage eine neue Wahlordnung vorzulegen, welche die Feudalen und Czechen fast zu unbeschränkten Herren in Böhmen machen würde. Für ihn handelte es sich darum, einem Bundesgenossen den Lohn für bereits geleistete Dienste zu zahlen und ihn zum Festhalten an vem bisherigen Bündnisse zu ermuntern. ES ist begreiflich, daß unter solchen Umständen nicht bloS die Feudalen, sondern auch die Klerikalen wieder stolz das Haupt erhoben. Um so interessanter ist die auS Prag vom 26. Juni kommende Nachricht, daß der dortige Landtag den Antrag der Commission, über den Gesetzentwurf betreffend die Abänderung der böhmischen Wahl ordnung zur Tagesordnung überzugehen, in namentlicher Abstimmung mit 135 gegen 79 Stimmen angenommen hat. Die „N. Fr. Pr." sagt: Wie ein Leuchtthurm- seuer in den nächtlichen MeereSsturm, so leuchten die Debatten de» böhmischen Landtages in das be drohliche Dunkel hinein, unter dessen Schatten die Umwandlung dcS Ministeriums Taaffe sich voll zieht. Es ist auf einmal deutlich zu sehen: nicht vlos in der Regierung, auch in ver Verfassung» Partei hat eine große Wandlung stattgefunden. Die Noth, welche immer die beste Lehrmeisterin ist, bat auch diese Partei endlich aus den richtigen Weg gewiesen, und gerade in dem Augenblicke, in welchem die föderalistischen Bestrebungen wieder zu triumphiren scheinen, gewährt uns der böh mische Landtag den trostreichen, large entbehrten Anblick einer festgeschlossenen, zielbewußten und einmüthigen Mehrheit der DersassungSpartei. Die Reden, welche in der Prager Landstube gewechselt wur den, verkünden e» laut lind weitbin vernehmbar, daß der Unterschied der Fraktionen kein Hinderniß mehr ist für die gemeinsame Bertheidigung, und daS einmüthige Votum, mit welchem die wiedergeeinigte Verfassung-Partei die Wahlreform-Vorlage deS Grafen Taaffe verwarf, ist die erste nachdrückliche Probe der wredergefundcnen Einheit. Die Regie rung mag immerhin erklären, daß sie in der Wahl reform-Ang« legen heit keine Vertrauensfrage er blicke; die BerfassungSpartei hat die Wahlresorm al- Vertrauensfrage erklärt, und nachdem sie diese Frage mit einem „im Fortissimo ausgesprochenen Nein" beantwortet hat, kann man sich auf eine Periode politischer Kämpfe gefaßt machen, gegen welche möglicherweise AllrS, waS bisher geschah, kindliche» Spiel gewesen ist. Der eidgenössische Nationalrath führte jüngst eine Verhandlung, bei welcher eS stecken weis« heftig ^nzing. E» fag vor da» Bundesgesetz über rüg und Vertrieb von Geheim Mitteln, Patentmedicinen und Specialitäten- Der Ständerath hat dasselbe im Decemder wesent lich nach dem bundeSräthlichen Entwurf mit 19 zegen 15 Stimmen angenommen. Für die Commis- wn beantragt Tschudy, Arzt, Antreten; die Minder heit derselben (Berichterstatter Morel) betrachtet daS Gesetz als unausführbar und unzeitgemäß. ES ver letze die Grundsätze der Gewerbefreiheit und der Preßfreiheit und gebe gewissen Leuten ein Arznei mittel-Monopol. Manmache ein Wesen über dievon Richter als schädlich bezeichnten 938 Arzneimittel, aber da< schävlichste, den Schnaps, vergesse man. Mayer, Arzt, ist zwar kein Freund von Geheim mitteln, sinvel aber, daß man denselben mit keinem Gesetze beikommen könne. ES folgen stundenlange Reden. Scheuchzer, Arzt (der bekannte Gegner deS Impfzwangs), bestreitet die Befuaniß deö Bundes zu einem solchen Gesetz. DaS Volk ver sage kem solches Gesetz; Aerzte und Apotheker seien nach dem Privilegium lüstern. Die ärzt lichen Rrcepte seien auch Geheimmittel, und zwar oft viel zu theure. Die Quacksalber seien nicht o schlimm; sie hätten viele schöne Erfindungen gemacht! Gegen den Geheimmittel-Schwindel helfe nur Belehrung. Sprecher bekämpft daS Gesetz vomStandpunct derCantonalsouveränetät! BundeS- rath Schenk vertheidiat dasselbe; eS sei von l7 Can- tonen gewünscht worden. Der Geheim mittel-Unfug -abe eme ungeheure Ausdehnung gewonnen; in den letzten lO Jahren seien für etwa ltU/z Millionen Francs solche Mittel eingeführt worden, von den einheimischen zu schweigen. Sonderbar sei eS, daß die Geheimmittel-Fabrikanten bei aller sonstigen Frechheit sich noch auf keine Ausstellung gewagt. Höre man, waS die Irrenärzte von den Opfern der Geheimmittel und Speciatitäten sagen! Die selben sind eine fortwährende Schädigung an Ge sundheit, Arbeitskraft und Leben. Dazu kommt noch der finanzielle Betrug, die 800 bis 1000 Pro- cente, welche die Fabrikanten von ihren Erzeug nissenbekommen. Der Staat habe die Pflicht, einzu- schreiten, sobald derEinzetne sich nicht mehr helfen kann. Ter Bund sei hier eben so gut zuständig wie bei den Phosphorzündhölzchen :c. K. Vogt wettert gegen die überhandnehmende Polizeireglementirerci. DaS Gesetz werfe AlleS zusammen, eö vermenge die Geheimmittel mit Speciatitäten, die auch von Aerzten gebraucht werden. Die Geheimmittel-Fabrikation in der Schweiz sei eine nationale und schwunghaft be triebene Industrie. Das Geheimmittel-Unwesen sei übrigen« eine alte Plage der Gesellschaft und gar nicht auSzurotten, selbst nicht durch ein eid genössisches Gesetz. Letzteres sei um so über flüssiger, als schon 18 Cantone dergleichen haben; die anderen Cantone möchten sich ihre Bürger vergiften lassen, je nach Bedürsniß. Wenn man alle» Schädliche verbieten wollte, müßte man auch den Genuß von Bier, Wein und Tabak verbieten, die verderblich wirken, wenn im Uebermaß genossen. Da« Gesetz wolle Aerzte und Apotheker von aller Concurrenz erlösen. Seltsam sei, daß es die doch so gefähr lichen kosmetischen Mittel freigebe. DaS Gesetz sei unausführbar, so müßte man z. B., um die Anzeigen von Geheimmitteln in auswärtigen Blättern von der Schweiz fern zu halten, an der Grenze, wie in Rußland, die betreffenden Stellen schwarz stempeln. Nachdem noch viele Redner ge redet, wird mit 80 gegen nur 33 Stimmen Nickteintreten beschlossen. Wenn nun im Stände rath bloS 3 Mitglieder schwach werden, so wird daS ganze Gesetz für einmal in den Papierkorb geworfen. Die französische Deputirtenkammer genehmigte am Sonnabend da» Budget de» Ministeriums des öffentlichen Unterrichts, dasjenige des Ministeriums deS Innern und daS für da» General-Gouverne ment von Algier. — Verschiedene Zeitungen be richten über weitere Entlassungsgesuche von richterlichen Beamten, welche vermeiden wollen, sich an der Ausführung der Decrete vom 29. März zu betheiligen. — Der Deputirte für Angers, Soland, beabsichtigt eine Interpellation wegen der EntlassungSgesuche der richterlichen Beamten an den Justizminister zu richten. — Zwischen den Arbeitern und den Leitern der Metallwaarenfabrik Fiv- Lille in Lille sind Diste« renzen anSgrbrochen. ^an befürchtet eine Ar beitseinstellung.
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