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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.02.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188302025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1883
- Monat1883-02
- Tag1883-02-02
- Monat1883-02
- Jahr1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.02.1883
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Kr-lrltion und Lrprdition Johannesgasse 33. AprrMnnden drr NkdacUon: Vormittags 10—13 Uhr. Nachmittags b—K Uhr. yiti N> Hü<r,,ib« e>!>jelira»er M»nuicewle »--t sich t>e Rrrac»«» «i-l verdaltlu». «»»ahmt drr für die nZchstfalgrade Nummer bestimmte» Jnirrate an Wacheiuaar» bis 3 Uhr Nachm.tiagS. au Li»»,»- und Festtagen früh bis '/,S Uhr. 3» -rn /iliulkn für Zns.-Annahmr: Ltto Kleiiim, Universität-straße 21, Louis Lösche, Katharineustraße 18, p. nur bis '/,8 Uhr. Auflage I7,SS«. ^donnrmrntsprris viertelj. 4'/, Mk. incl. Bclugerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen K Mi. Jede einzelne Nummer 3V Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren iür Extrabeilagen okne Postbeiörderung 30 Ml. Mlt Postbeförderung 48 Mk. Tnkrratr stgeipaltene Petitzeilc 20 Pf. Gröbere Schriften laut uujcicm PreiS- verzeichiiiß. Tabellarischer Sah nach höherem Tarif. Krclamrn »ntrr dem NrdartiousKrich die Spaltzeile 50 Ps. Inserate sind stet- an die Expedtttsn zu senden. — Rabatt wird nichl gegeben. Zahlung praeuuu» ramlo oder durch Post» uachnahme. .4« 33. Freitag dm 2. Februar 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Theil.' Bekanntmachung. Die Herstellung »uv Lieseruiig von 140 Stück gußeisernen Schleußeiiteckcl» mit Gehäusen als Bedarf für baS Jahr >803 soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen sür diese Arbeiten liegen "in unserer Dieskau-Verwaltung, RathhauS, Zimmer Nr. 14, aus und können daselbst eingcsehen rcsp. entiiommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Schleustcndcckel für da» Jahr 188»" dersebc» ebendaselbst und zwar b>S zum 15. Februar dieses Jahres Nachmittag- 5 Uhr einzureichcn. Leipzig, am 30. Januar 1883. DcS NnthS der Ltadt Leipzig Ttraftenbau-Deputation. Aoh- -Auction. Montag, den S. Februar e. sollen von Vormittags I I Uhr an aus dem Mittelwaldschlage in Abth. 8d des Durganerö Forstreviers in der Nähe des Forsthauscs und der Flulhrinne, an der sogenannten allen Linie «»». ZOO starke Abraumhaufen unter den öffentlich im Termin ausgehangencn Bedingungen und gegen die übliche Anzahlung an Ort und Stelle meist bietend verkauft werden. Zusammenkunft: aus obigem Schlage. Leipzig, am 20. Januar 1883. DeS Raths Forst-Deputation. Holzauction. Montag, den L2. Februar «?., sollen von Vormittags i> Ubr an im Forstreviere bonnewitz aus dem Mittclwalkschlage in Abth. 32, 33 und 36 ra. 80 starke Abraum- und - 00 . Langhanfe»» unter den im Termine öffentlich auSgchangenen Bedingungen und gegen die übliche Anzahlung an Ort und Stelle nach dem Meistgebote verkauft werden. Zusammenkunft: aus dem Holzschlage in der Lonne« witzer Linie. Leipzig, den 31. Januar 1843. DeS RathS Forstdeputation. Nichtamtlicher Theil. Die Lollisioucn auf See. Wie der Brand de- Wiener NingthcaterS urplötzlich die öffentliche Meinung und die Aufmerksamkeit der Behörden allerorts aus die Mißstände gelenkt hat im Bau- und Feuer- tecknischen Wesen der für öffentliche Schaustellungen bestimmten Gebäude, so ist auch die schreckliche Katastrophe von Borkum die Ursache geworden, daß jetzt daS Sicherungsivcsen zur See der Gegenstand lebhafter kritischer Erörterungen ist. Das Vcdürfniß nach einer Sühne treibt »ach Schuldigen zu forschen, und der Wunsch, dem Unglück abwchrenve Schranken zu fetzen, lenkt zuerst immer das Mißtraue» aus die gesetzlichen Einrichtungen und die Hilfsmittel der Technik Mag dabei auch vielfach über daS erreichbare Ziel hinauS- qescbostcn, der Werth der bestehenden Einrichtungen unter, iä'ätzt und derjenigen überschätzt werden, welche eine geschäftige Phantasie zur Hilfe herbcizieht, so wird doch immer der Nutzen geschaffen, daß die Sachlage einmal wieder geprüft und entweder Beruhigung über dieselbe gewährt oder, wenn wirkliche Mängel gesunden werden. Unzureichendes ergänzt und Veraltete- durch teueres und Besseres ersetzt wird. Auch der Fachmann, der von der Ausgiebigkeit und Nützlichkeit des bestehenden Sicher besten führt, was er selbst behauptet, d. h. zu dv allgemeineren Erkcnntuiß, daß nach menschlichem Misten und Können das Mögliche vorhanden und gethan sei. Die Ursachen, weshalb in jüngerer Zeit die Unfälle zur See häufiger geworden zu sein scheinen und in den einzelnen Fällen regelmäßig mehr Menschenleben fordern als früher, sind leicht einzusehen. Der Schiffsverkehr ist ein stärkerer geworden, die Schiffe drängen sich in größerer Zahl aus den üblichen Straßen zusammen, die mannigfachen Verbesserungen in der Bauart und Takelung der Segelschiffe haben auch diesen eine größere Schnelligkeit gegeben, und besonders hat die Emsührung der Dampfschifffahrt und ihre quantitative Entwickelung ein Element höherer Gefahr in den Seeverkehr hineingebracht. — ES ist zu begreifen, daß Schiffe von schnellerem Lause und stärkerem Gewicht und also von größerer Wucht der Fahrt schwerer zu hemmen sind al< die Schiffe früherer Formen, und daß dann, wenn sie einander in größerer Zahl begegnen, die Möglichkeit und die Schwere den Zusammenstößen eine doppelte sein muß. ES ist ferner einzuleben, daß der Verlust von Menschenleben im einzelnen CollisionSsolle ein stärkerer sein muß bei großen Sckiffen mit starker Bemannung ober gar bei den heutigen Passagier- dampscrn al« ehemals, wo die Schiffe durchgängig kleiner ge« baut waren. Tie größere Gefahr bedingt nun daß Ersorberniß reicherer und stärkerer Adwebrmittel. Nicht die schnelle Fahrt der Schiffe an sich ist bedenklich, sondern die schnelle Fahrt unter besonders bedrohlichen WittcrungSverhältnisten, welche e« er« schweren, rechtzeitig den Gefahren auSzuweichen. Die Fahrt bei Nacht und Nebel muß der Gegenstand besonderer Vorsicht und Fürsorge sein, und ist eS auch in einem ungleich größeren Grad« als je früher. Wir besitzen ein reiche- und ausgiebige» System von Leuchtthürme» und Seezeichen an unseren Küsten; e» besteht eine internationale Abmachung Uber Nackft- und Nebrlsignale aus allen Schiffen und über die eventuelle Hemmung derFabrschnclligkeit, welche, soweit aus See überhaupt eine Eontrole möglich ist. auf da« Energischste durchgeführt wird: eS bestehen gleichfalls international« Bestimmungen über das Ausweichen der Schisse, es besteht eine gut organisirtr Scejustiz, und auch unser Strafgesetzbuch enthält strenge Be« siiinmungen über Vergeben und Verbrechen gegen die Sicher heit des Seeverkehrs. Die seemännischen Fachleute behaupten ziemlich einstimmig, daß all« Liese Institutionen und Bor« kchrungen dem gegenwärtigen Stande der nautischen Technik und der Wissenschaften entsprechen und, sorgsam angewandt, die jetzt überhaupt mögliche Sicherheit aus See herzustellen ausreichend und geeignet find. Dein gegenüber wird eS immerhin nicht schaden, wenn neue Prüfungen vorgenommcn werden, und wenn besonders die Fragen zur Erörterung gelangen, ob die Fortschritte der technischen Wissenschaften nicht Mittel an die Hand geben, welche die Sicherheit der Schiffe in höherem Grade gewähr leisten, als die jetzt angewandten, und ob die vorhandenen Gesetze auch zureichend beachtet und mit genügender Schärfe gehandhabt werden. Insbesondere wird der Punct sorgsame Untersuchung verdienen, ob die Schiff-sührrr und Osstciere im Allgemeinen die nöthige, unerläßliche Vorsicht und Gcwiffen- bastigkcit aus der Fahrt entwickeln, denn von ihnen hängt in letzter Linie doch Heil und Unheil auf See ab, und die besten Dcrorduungcu und Einrichtungen find wirkungslos, wenn die SchiffSsÜhrer unzuverlässig sink Die Zweifel, welche bisher über die LeistungStüchtigkcit der Sicherheit-maßregeln zur See erhoben worden sind, richteten sich in erster Linie gegen die Leuchtsignale der Schisse, für welche gegenwärtig durchweg OcUicht verwandt werden muß. Die Fortschritte der Elektrotechnik baden de» Gedanken entstehen lasten, dafür elektrische- Licht aus den Dampsschisien obligatorisch zu machen. Von fast allen Nautikern wird dem gegenüber geltend gemacht, daß die blendende Wirkung elektrischer Lcuchlen die binter den mit ihnen veischcncn Dampfschiffen gehenden Segler in ein tiefere- Dunkel versetze» unlWrrst recht unsicht bar machen möchten, daß ferner elektrische Toplichtcr in einem höheren Grade Anlaß zu Verwechselungen mit Leuckft- tbürmen und Leuchtsenern geben würden, als die- jetzt schon von den weiße» Oellichtern geschieht. Es würden dann SchissSzusammcnstöße und Strandungen eher noch häufiger Vorkommen als jetzt.— Diese Warnungen verdienen allerdings Beachtung und beweisen wenigstens, daß die Frage: ob Ocl- licht, ob elektrische» Licht aus Schiffen, noch nicht soweit ent schieden ist. um bestimmte gesetzliche Anordnungen zu rechtfertigen. DaS aber wird gerade wegen dieser War nungen aus der einen Seite und wegen der theoretischen Vorzüglichkeit de» elektrischen LichtcS aus der ankeren jetzt geboten und zu fordern sein, haß zahlreiche und ausmerksame Versuch« angestellt werden, »» Brauchbarkeit »de, Un brauchbarkeit der elektrischen Lichtquelle für Scczwecke zu er weisen. — Diese versuche werden in letzter Linie Ausgabe der staatlichen Seeorgane sein müston. Die Vorwürfe, welche über Leichtsinn und Fahrlässigkeit von SchiffSsührern erhoben zu werden pflegen, richten sich im letzten Ziele gegen die Strafgesetze über Seevergehen und ihre A »wen düng. Die Gesetze selbst und die Organisation der auSsührende» Behörden sind nach dein Urthoile aller Fachmänner aus reichend. Unsere Serämter. daS darf nicht verhehlt werden, bewähren sich, soweit ihre Mcubt reicht, vorzüglich. Ihre Urtheile sind gewissenhaft, sachkundig und streng, aber die Strafen, die in ihnen verhängt werden können, sind nur beruflicher Natur, im strengsten Falle bestehen sie in der Aberkennung der durch die Schiffer- und Steuermann-patente erlangten Siechte der Seeleute. Die Anwendung der Straf gesetze bleibt den allgemeinen Gerichten überlasten. Wenn gesunden werden könnte, daß die Zuverlässigkeit der Schisser abgenonimen babe oder daß da- allgemeine Urtheil über die Schuld fahrlässiger Schiff-sührrr ein die Moral bedrohendes milde- zu sein Pflegt, so müßte die Abhilfe in der Anwendung der Strafgesetze gesucht werben, und müßte man den Staatsanwälten die Pflicht auferlegen, de» Urtheilen drr Seeämter eiue größere Beachtung zu geben und sie zum Anlaß strafrechtlicher Verfolgung der durch sie criminell belasteten SchiffSosficicre zu nehmen, ü« ist möglich, ja viel leicht wahrscheinlich, daß die jetzige Praxis der Staatsanwälte gegenüber den Scevergehen nicht aufmerksam genug und zu lax gefunden werden kann. Noch in einem anderen Puncte mag schon heut eine Ver besserung der Zustände, die für die Sicherheit aus See in Frage kommen, sich möglich erweisen. Gewiß trägt die Zu- sammendrängung der Schisse aus verhättnißmäßig enge Fahrstncke und bei Hin- und Rückreise zur Vermehrung der EollifionSgesahren bei. Seit der Initiative de« Ameri kaner« Maury geht nun eine lebhafte Agitation dahin, zu bewirken, daß wenigstens die größeren' Seetransport gesellschasken ihren Schiffen verschiedene Bahnen und verschieben auch für Hin« und Rück- reise anweisen möchten. Ta- Streben, den kürzesten der in der Trennung der Schiffe durch verschiedene Bahnen — namentlich für Hin- und Rückfahrt — zu Gunsten der höheren Sicherheit gegen Collisio»en unzweifelhaft bewirkt wird, möchte die öffentliche Meinung heute derart stark machen, daß jetzt endlich der Widerstand der Schi"' gegen den so heilsamen Gedanken rin Ende nimmt. ES wäre dies schon ein bedeutender Fortschritt; wenigsten« die Eollisionen auf hoher See und auf verhättnißmäßig breitem Fahrwasser würden daun an Zahl erheblich abnchmen. Immer und unter allen Umständen aber bleibt die Zuver lässigkeit drr SchiffSsÜhrer da» wichtigste Element auf See. und sie zu bewirken und zu erhalten, ist die erste Ausgabe aller derjenigen Bestrebungen, welche Gut und Blut aus dem Ocean eine höhere Sicherheit zu schaffen sich bemühen. Leipzig, L. Februar 1883. * AuS dem Reichstage wird uns vom Mittwoch geschrieben: „Im Reichstage wurde heute zunächst in dritter Lesung der von dem Abgeordneten Wölsel eingebrachtc Gesetz entwurf, wonach Stimmzettel für öffentliche Wahlen nicht al» Druckschriften im Sinne des SocialistengesrheS anzusehen sind, ohne jede Tis cussion angenommen. Daraus wurde in die Brrathuug de« von dem Abg. Ackermann gestellten Anträge» eingetreten, welcher eine Novelle zu der in, Jahr« 188l beschlossenen Novelle zur Gewerbeordnung beantragte, wonach Arbeit, qebern, welche nicht einer Innung angestören, da« Halten von Lehrlingen untersagt sein soll. Derselbe Antrag wurde dekannts im Jahre 1881 mit geringer Mehrheit abgelebnt. Der Antr, steiler wies ^'sbst daraus hin, daß die Innungen nicht den a» geknüpften Erwartungen entsprächen. Um sie lebensfähiger ch machen, müsse man sie mit größeren Befugnissen auS- ,'latlen und ibncn nicht nur die Äussicht über taS LchrlingS- wesen ihre« Bezirke- übertragen, sondern auch die alleinige Entscheidung darüber zugesteken, welche Meister zum Halle» von Lehrlingen berechligt seien. Ihm erwiderte der seces- sionistische Abg. Baumbach, welcher betonte, daß die gcsammte liberale Partei für die Einrichtung der In nungen sei, daß diese aber durchaus den Eharakter der sreicn Associationen behalten müßten. Es sei klar, daß die Tendenz des Anträge» Ackermann auf Einsührungen von ZwanaSinnungen gerichtet sei, wenn dies auch von dem An tragsteller beltritten würde. Die Annahme de- Antrages würde lediglich den egoistischen Interessen der Jimnngsmeislcr dienen und ibncn die Ausnutzung billiger Arbeitskräfte zn- wenden. Dadurch würde der sociale Frieden schwer aesährdcl werden, und e- sei darum Pflicht jede» liberalen Manne-, einem solchen „Anachronismus" entgegenzutreten. Für da? Centruni trat der Abg. Freiherr v. Herlting aus, indem er nachdrücklich für Annahme tcS Antrag«? plaidirle. Der nltramontane Redner war besonders der Ansicht, daß durch kräftige Zünfte der gewerbliche Mittelstand erhallen werden müsse und daß die Innungen zugleich eine» zuverlässigen Damm gegen die Hereinbrechente Sccialtcmokratie bilden würden. Der sächsische Industrielle Waller wie» atS praktischer Fachmann in überzeugender Weise nach, daß wir niit Annahme de» Antrages der Geivcrbcsrcihcil da- Grab bereiten und die außerordentlichen Fortschritte, welche unser Handwerk in dem letzten Jahrzehnt gemacht, in Frage fiell.n würden. Ihm schloß sich der Abgeordnete Köhl von der VolkSparte» an, ein braver Seifensieder aus Stuttgart, während Abg. vr. Böttcher in trefflicher Weise die natienalökonomisch unhaltbare Forderung der Reaclionaire krftisirte und vor den bedeutenden Naciftbeilcn, welche die Annahme des Antrages mit sich bringe» würde, in eindringlicher Meise warnte. Es versiebt sich von selbst, daß auch der socialdemokratlsche Abg. Fr oh me snb gegen den Aittrag auSlprach, indem er. wie immer seine politische» Glaubensgenossen, die Gelegenheit benutzte, allerlei Dcctrine» seiner Partei vorzutrage», wobei ihm der Präsident in höchst loyaler Weise Redefreiheit gewäbrte. Herr Frokme wandte sich ganz desonoer« gegen Herrn v. Kletst- Retzow, welcher in Vertretung des Antragsteller» daS Schlußwort genommen hatte, und in seiner gewohnten drastische» Weise die Vorzüge de» Mittelalter- mit seinem Zunftzwange pries und die Segnungen de« Rechtsstaates an den Pranger stellte. Als ein 'neues Licht entpuppte sich der sreiconservative Abg. Lohren. welcher nicht genug die Vor- thcile der ZwangSinnung bervorzubeben vermochte, und wenn auch weniger nachdrücklich schloß sich ihm der Welse Langwerlh von Simmern an, welcher im FractioiiSverzcickinß als „Wilder" sigurirt. Und daS Resultat? Die Liberalen haben einen neuen Sieg zu verzeichnen, selbst ein Tbeil der sreiconscrvativcn Partei vermochte eS nicht über sich zu gewinnen, mit den Ncactionairen Hand in Hand zu gehen, mit >70 gegen >48 Stimmen wurde in nament lich er Abstimmung der Antrag Ackermann abgelebnt. (Wir stellen hier gleich unser gestriges Telegramm richtig, indem wir, durch vollständig unklaren Jnbalt de? Telegramm» getäuscht, die obligatorischen Arbeitsbücher abgelchnt sein ließen Dieser Gegenstand stand, wie auS dem parlamcnlarischcii Bericht ersichtlich, gar nicht aus der Tage»o>tnung. D. Reo.) Im klebrigen haben eS die Parteien »icbl daran schien lasten, ihren Rednern Bcisall zu zollen. Nack dem Schlüsse jeder Rede entwickelte sich ein förmlicher Kampf, der fast miiiulcn- lang währte zwischen den Applauvircnken aus der einen und den Zischcrn ans der andern Seite. Die parlamentarische Zeiteintheilung ist nun endlich definitiv erfolgt, nachdem die Seniorcuconveutc des Reichstag« und deS Abgeordnetenhauses sich darüber geeinigt und die Präsidenten der beiden Häuser ihre Zu stimmung erklärt haben. Danach wird da« Abgeordneten haus nur am K Februar eine Sitzung halten und sodann wieder pausiren, damit der Reichstag zunächst die driiigoudslen Geschäfte abwickeln kann. Ter Reichstag soll ausicr dem Etat auch die beiden Pensionsgesctze, daS Nelictengesetz und die Verordnung wegen der giftigen Farben fertig stellen; man glaubt, daß ticS etwa bis zum 20. Februar geschehen sein wird. Von diesem Tage ab soll sich dann der Reichstag bi» nach den Oslerscricn vertagen, damit da? Abgeordnetenhaus ohne parlamentarische Eoncnrrenz sich der Elcdigung seiner Arbeiten zu widmen in der Lage ist". * Beim Kaiser fand am Sonntag eine militairischc Eonsercnz statt, über welche bisher absolut nicklS in die Ocffenllichkeit gelangt ist. Es waren bei Sr. Majestät folgende Herren versammelt: Gcneralseltmarschall Gras Moltke, Kriegsminister v. Kamecke, Ebcs der Admiralität v. Stosch, Generatadjulanl v. Albetyll und der commandircnde General deS dritten (brandenburgischen) ArmeccorpS v. Pape. Welcher Anlaß zu dieser Eonsercnz Verlag, und wclckwS Thema besprochen wurde, daS ist cmstwcile» undurchdring liches Geheimmß. Sobald die Eonfcrenz bekannt werken wird, wird natürlich wiederum den Eonjeclnralpolilikcrn Stofs sür allerlei Eombinationcn geboten sein. Ans dem Unistanko, daß Fürst BiSmarck der Eonsercnz nicht beiwohnte, dürfte sich schon ergeben, daß der Gegenstand der Bcrathnng nicht politischen CharaklerS gewesen ist. Wie öS beißt, soll c» sich lediglich um die Prüfung eine- rein technischen Vorschlages zur Einführung einer neuen Waste, welche Deutschland sür einen hohen Preis angcbolcn ist, gebandelt haben. * Tie „Provinzial-Corresponbenz" begleitet die Wiedergabe de- kürzlich von unS mitqelbeilten Schreibens des Kaisers an den Papst mit folgenden Bemerkungen: Mit vollem Reckte wird von der inILndilchen und ausländischen Press« in diesem Schreiben eine hochwichtige Kundgebung erblickt. Dasselbe legt von Neuem Zeugniß ab von der steten Fürsorge unsere» Königs sür seine katholischen Unterthanen und von seinen unablässigen Bemühungen zur Wiederherstellung de- kirchlichen Frieden». Zugleich ist tmleS Schreiben auch ein Beweis dasür. daß die Regierung de» König- bei dem Oberhaupte der katholischen Kirche gleichen friedliebenden Olksinnungen z» begegnen bofft. Freilich ist, wie auch die Worte des König- erkennen lasten, diesen friedliebenden Gesinnungen von Seiten der Curie bisher nicht da-jeulge Mas, praktischer Vetkätigung gefolgt, welche- erwartet werden konnte, nachdem der Staat auS seiner Initiative aus dem Gebiete der Gesetz acbung und Verwaltung die unter den gegebenen Umstände» niög lichen Erleichterungen in seinem Verhältnisse zu der katholischen Krrche hat eintreten lasten. Selbst de» Bestrebungen der Staat» reglerung, die Wege zur Wiederbesetzung der vielen erledigten g.isb lichen Slcllen vorzubereiten. hat seiner Zeit da« Entgegenkommen gefehlt, und cs ist in srischer Erinnerung, daß die hieraus bezügliche Vorlage, welche früher ailSgesprochenen Wünschen der Kirche In sehr wesentlichen Punkten Rechnung trug und »ameM! >o den Gcrlchtrhos ür kirchliche Angelegenheiten sür dieses Gebiet beseitigen sollte, gerade an der Stelle keine Unterstüyung sand, an welcher sie am ehesten hätte erwartet werden dürien. Tie Zuversicht, daß der direkte Meinungsaustausch zwischen den Träger» der beide» Gewalten in diesem dedeulungSvollen Puncte die von dem! Könige dervor- gchobene Annäherung zur Folge shaben, und daß dieielue zu einem Ausgleiche der widerstreitenden Anschauungen sichre» werde, welcher die Bürgichast dauernder friedlicher Belebungen zu gewähren im Stande ist, wird durch da» Schreiben neu belebt. Die ln dem- elben niedergelegle Ueberzeiiguiig, daß eine solche Annäherung „noch mehr im Interesse der katholischen Kirche, al» in dein de» Staales liegen würde", wird ebenso wie die Zulage, daß der König im Falle der Annäherung „die Hand dazu bieten könne, solche Gesetze, welche im Zustande des Kampfes »um Schutze streitiger Rechte des Staates ersordcrlich waren, ohne für sricdliche Beziehungen dauernd noth- wendig zu sein, einer wiederholte» Erwägung im Landtage «iiter- zlclien zu lassen", ihres Eindrücke» nicht vcrsehlen und aus die Ent- fchließungen der Curie nicht ohne Einstuß bleiben können. DaS ganze Land sieht diesen Entschließungen erwartungsvoll entgegen. Wie dieselben auch auSsallen mögen: das preußische Volk weiß durch daS Schreiben unsere» Königs, daß von ihm selbst wie von seiner Regierung nichts Unterlasten worden ist, »m zu einer den Interessen beider Dheile gerecht werdenden Bcrständigung zu gelangen. * AuS Berlin wird unS geschrieben: „In päd agogische» Kreisen hält man den jetzt eingeschlagenen Weg der Justizverwaltung, durch Erschwerung der Staats- examina der llebcisilltuiig in der juristischen Earrisre ab- znl'elscn und weilerbin vorzubenge», sür einen sehr bedenk, liche». Es siebt erfahrung-mäßig fest, daß im Falle eines KräsleliberschusteS in einem Verwaltung-fache sich derselbe »ach einiger Zeit dort wieder vermindert, dafür aber in einem ankeren Restort sich zeigt. Wollten bann die übrigen Restarts dem Beispiele der Justizverwaltung folgen, so würden auch sie die Ansprüche für ihre Examina hölier stellen müssen.' Dieses Hiiia»sschraubcn würde in ständigem Kreisläufe fort gesetzt. ES könnte dann die llcberbürdung, welche ihre schäd lichen Folgen bis jetzt nur im zarten Jugendalter zeigt, leicht zum Schaken beS nationalen Gesundheitszustandes sich auch auf daS Jünglingsalter auStchiien." * lieber die fortschreitende Vergewaltigung de» deutschen BolkSIliums in Ungarn schreibt man uns von dorther: „Die Magyaren setzen in Ungarn-Sieben bürgen. daS ganz in ihre Hand gegeben ist, den unverant wortlichsten Mißbrauch der Staatsgewalt und die systematische Ausrottung deS DcutschthumS unverdrossen fort. Jetzt wiederum ist das Mittcl schulgesetz die Waste, mit der die deutsche Eultur und zugleich die verfassungsmäßig autonome Kircke der siebenbürgischen Sachsen cndgillig vernichtet »oerden soll. Im vorigeil Jahre batte der UilkerrichtSauSschuß de« Abgeordnetenhauses den NegierungSenIwurs abgelchnt. nicht aus Schonung der Sachsen, sondern weil derselbe zu gleich eine Menge anderer Interessen verletzte. Daher wurden in der jetzigen, im Oktober 1882 ervfsneten Session zunächst die widerspenstigen Elemente auS dem Ausschuß ausgcschicdcn. Dann bildete man eine geheime und ungesetzliche Subcommisston. welcher jetzt durch Fälschung der Protokolle die Legitimität zugesprochen ist; das Werk dieses Unterausschusses macht, verglichen mit der Regierungsvorlage, da? Wort von der Züchtigung mit Skorpionen wahr; die Regierungsvorlage Halle sich'doch noch mit Rulhe» begnügt. Minister Tresor! konnte natürlich so „patriotische»" Bestrebungen Widersland nicht entgegensetzen. Die sächsischen Gymnasien und Realschule», deren Selbst- ständiglcil durch daS Landesrecht nicht weniger hoch und deftig verbürgt ist als die Krone aus dem Haupt der aposto lischen Majestät, sollen auf Gnade und Ungnade demselben Minister ausgeliefert werde», der sich selbst rühmt, für die Magyaristrung der N.chtmagyaren mehr qelhan zu haben als irgend ei-.er seiner Vorgänger. Die sächsischen Schulen, die Lclncr und Schüler sollen um jeden Preis magyarisirt werden, gleichviel wie viel Eultur dabei unter die Stiesel der Halb« barbaren getreten und wie gewissenlos dabei die aesetzlichc Gleichberechtigung der Nationalitäten in ihr Gegentyeil ver kehrt wirv. Drei Monate lang hatte die geheime Arbeit der Eilbcoiiiiiiission gedauert, jetzt soll die raschelte Durchberathung im Ausschuß stallstnden, der im Begriff siebt, noch weitere Verschärfungen zuziisiigen. Dann könnte im Abgeordnettichause selbst die Entscheidung binnen wenigen Tagen fallen. Wenn nicht in letzter Stunde ein donnerndes „Hanv weg!" au- dem deutschen Reich nach Pest ertönt^ werden wir bald nur noch die Steine schreien bören über den namenlosen Jammer, dem einer der edelsien deutschen Stämme erliegen muß." * T.,S gegenwärtige EiilwickelnngSstadium der fran zösischen Republik stellt an die Arbeitskraft ihrer leitenden Politiker nngcwöbnlich hohe Anforderungen. An dem Leiten de? znrückgclrclcncn Ministerpräsidenten Duclerc sind die viel fache» Sorgen und Muhen seines verantivorltichen Posten- nicht unschuldig, »nd kaum bat Herr de FallißreS seinen srübcre» EonseilSchrs abgclöst, so verfällt auch er dem Schicksal, unter der Wucht de» auf ihm lastende» ArbeilS-PensumS zusammen zu hrecben. Es herrscht unstreitig in der politischen Almofphäre Frankreich.» eine ganz enorme Spannung, denn unter normalen Verhältnissen balle der Znstanv permanenter Alarmbereitschaft, den die französische Regierung über sich zu verhängen für ralbsam befunden hat, um aus alle Even- lualilälcn vorbereitet zu sein, weder Sinn noch Verstand. Tie momentane Lage ist eben keine normale; sie krankt an dem Uebelstand, daß ihr Schwerpunkt sich au« der Executive in die LegiSlalive verschoben bat, und daß Letzterer alle Be dingungen sür eine kräftige, ziclbewnßte polittsche Action seblen. Hierin Wandel zu schaffen, wirv die nächste und vornehmste Sorge jede» Ministerium? sein müssen, welches mehr sein will, als daS willenlose Werkzeug einer von blinder Leiden» schasl beherrschten, in sich selbst gespaltene» Deputirtenmajorität. Die Pariser Journale nehmen als wabrschcinlicb an, daß die vollständige Wicdcrberstellilng FalliSreS mehrere Tage der Ruhe erfordern werde und daß der Justizminister DevSS beauftragt werden dürste, die Regierung in der Kammer zu repräsentier,,. DaS „Journal Pari-" lagt. General Eam- penon babe das KricgSportesemlle desiniliv abgelrhnt. — Die Anklagckammer wird i» der Astance Napoleon wahr scheinlich Enke dieser Weche Beschluß saßen. — Der Drucker de» Manifeste» des Prinzen Napoleon ist zu einer Geldstrafe von 400 Are», verurtheilt worden. (W>ekerh»lt.) ^ * Tic englische Orientpolitik scheint sich mit Ein beziehung Egypten- in die Machtspbärc Großbritannien- nicht begnügen zu wollen. Wenn gewisse Anzeichen richtig gedeutet werden, so wäre das nächste Ziel der englischen Gelüste die arabische Halbinsel. Daß die Stammes-
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