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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.09.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-09-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18910901023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891090102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891090102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-09
- Tag1891-09-01
- Monat1891-09
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Abend-Ausgab«: die ggespaltene Petttzeile 40^, Rectamen unter dem Redactioutstrtch <4 gespalten) 1 Familiennachrichten und Anzeigen verlorener Gegenstände <6gespalt«n) 20-^. Größere Schriften laut unserem Preis- vcrzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilage« (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbrförderung SO.—, mit Postbrfürderung 70.—. Annahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Au«gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Annadmestelleu je rtue halb« Stund« früher. Inserate find stet» an die Ertzrdtttsa zu richten. Dienstag den 1. September 1891. 85. Jahrgang Än unsere geehrten Leser! Immer schwieriger und vielseitiger gestalten sich die Auf gaben, welche an die menschliche Gesellschaft und jede- einzelne ihrer Mitglieder herantrelen. Tie fortschreitende Cultur, die mehr als je im Flusse begriffene Entwickelung der socialen Verhältnisse bedingen in jedem Beruf ein um fänglicheres Maß der Arbeitsleistung. In ganz besonderer Weise ist vondicserTbalsacheauch bieTagesprcsse betroffen, wenn sie ihren Zweck erfüllen will, dem so rasch und kräftig pulsirenden Volksleben zum lebendigen Ausdruck zu dienen. Tie Zeiten, in denen sie gewissermaßen noch ein behäbige- Stillleben führen, in denen sie in Bezug auf die Schnelligkeit der Nach richten-Vermittelung es nicht so ängstlich zu nehmen brauchte, sind unwiederbringlich dahin — im Gegcntheil, heute gilt cS für die Presse, die Fortschritte dcS Zeitalters des Dampfes und der Elektricität nach Möglichkeit auSzunützcn und von allen den tausendfachen mehr oder weniger wichtigen Er eignissen, die sich tagtäglich ans dem Erdball abspiclen, ihren Lesern auf das Schleunigste Kenntniß zu geben. Zn der vorstehend bezeichneten Lage befindet sich selbst verständlich auch das „Leipziger Tageblatt". Wenn wir schon seither bemüht waren, den berechtigten Anforderungen de« Publicumö so weit, als eS nur in unseren Kräften stand, entgcgcnzukomrncn, so mußten wir uns doch ans äußerlichen Gründen eine unliebsame Beschränkung in so fern auferlegen, als daS „Tageblatt" täglich nur einmal erschien, so daß von der jedesmaligen Ausgabe des Blatte- bis zur nächsten volle 2 t Stunden verstrichen. Bei dem Erscheinen unseres Blatte- am frühen Morgen waren wir also nickt in der Lage, mit den geehrten Lesern im Laufe desselben Tages noch weiter in Verbindung zu treten, außer den wenigen Fällen, in denen die außerordent liche Wichtigkeit eines Ereignisses die Ausgabe eines Extra blattes als nöthig erscheinen ließ. Diese Beschränkung ist nunmehr zu unserer lebhaften Befriedigung in Wegfall ge bracht, indem durch die Entschließung des Verlegers und Herausgebers deS „Tageblattes", wie schon mitgethcilt worden ist, dasselbe von heute ab täglich zwei Mal, früh um 6 Uhr und Nachmittags um 5 Uhr, erscheinen wird. Nur an Sonn- und Festtagen verbleibt cS bei der Morgenausgabe. Durch diese beträchtliche Erweiterung werden wir in den Stand gesetzt sein, fortan den Interessen des PublicumS, insonderheit den Bedürfnissen der in ihrer Kopfzahl so sehr gestiegenen Einwohnerschaft unseres Leipzig in viel besserer Weise dienen zu können, als das nach Lag- der Sache seither möglich war. Die Leser werden schon in der Abendnummer rin getreues Spiegelbild der im Laufe dcS Tages stattgehablen Vorgänge auf den weitverzweigten Ge bieten der VolkSwirthschaft, der Politik, der localen Neuig keiten re. finden. Der Geist, von dem das „Tageblatt" auch nach seiner Vergrößerung geleitet sein wird, bleibt der alte: unerschütterliches Eintreten für Kaiser und Neich, König und Vaterland, Gesetz und Ordnung! Und so übergeben wir denn die erste Abendausgabe dem Publicum mit dem Wunsche, daß dem „Tageblatt" das Wohlwollen, welches cs ihm seither entgegen gekrackt, erhalten, daß daS Band der Eintracht und Zusammengehörigkeit, welches beide Thcilc bis jetzt umschlungen, sich immer fester knüpfen möge. Leipzig, 1. September. * Den Gcmeindevorständen deS niederöstcrreichischcn Ma vovergebietes ging die Weisung zu, daß bei der Begrüßung des deutschen Kaisers das Blumcnwerfcn und Fabnen- sckwenkcn vermieden werden möge, damit daS Pferd Kaiser Wilhelm'S nickt scheue, welcher beim Neitcn noch Vorsicht beobachten müsse. * Trotz aller Anfechtungen erhalt sich der Sedantag als ein nationaler Festtag, in welchem die ganzen stolzen Er innerungen an die kriegerische Erhebung und die staatliche Wiedergeburt unseres Volkes ihren Mittel- und Brennpuncl finden. In den seither verflossenen zwei Jahrzehnten bat dieser Tag als historisches Gcdcnkscst seine Probe be standen. Er bat sich mehr als alle anderen Ereignisse jener AuferstehungSzeit dem Bewußtsein unseres Volkes eingeprägt durck die erschütternde tragische Kraft, die in dem jähen Zusammenbruch der lästerlichen Herrlich keit» welckc auf deutsche Kosten sich zu befestigen trachtete, unk in dem gleichzeitigen glorreichen Aujerstelicn unseres Volkes lag. Es ist nicht die Freude an blutigen Siegen aus dem Schlachtfeld, was dem Sedantag feine volkstüm liche Bedeutung verlieben, sondern die stolze Befriedigung über unsere »ach Jahrhunderte langem Ringen erreichte nationale Einheit und würdige Stellung unter den Völkern der Welt, und dieses Gefühl gerechter stolzer Freude bat unter den vielen großen Tagen jener Rnbmes- zeit den Scdanlag als den geeignetsten zu ernster würdiger patriotischer Gedenkfeier erkoren, bind fürwahr, wir sind der patriotischen Erhebung in diesen ernsten und schweren Zeiten bedürftiger als je. Von außen drohen uns finstere Gefahren und immer dichter zieht sich schwarzes Gewölk zusammen, und im Innern gebt ein böser Geist der Uuzusriete»- beil. des ParteibasseS, der Auslebnung mn. Weiten Kreisen unseres Volkes ist die Freude am Vaterland und der Stolz auf dasselbe aus dem Herzen gerissen; die niedrigsten materiellen Interessen, der Neid und Haß der Elasten, die Unduldsamkeit und der Fanatismus der Parteien, gewissenlose Aufhetzung gemeiner Leidensckaslcn habe« die Volksseele tief vergiftet; trüber Pessimismus und Verzagtheit an der Zukunft haben mehr al« noth- wendig und gerechtfertigt Platz gegriffen; Zeichen der Zeit, die den Patrioten und Menschenfreund oft mit schmerzlichen Gefühlen und Betrachtungen erfüllen müssen. Dem kann nur durch immer neue Belebung und Stärkung der Vaterlandsliebe entgegengewirkt werden. Das Vaterland ist der Boten, in dem wir Alle wurzeln: sein Wohl und Gedeihen muß Ickem am Herren liegen, der nickt zu den ganz entarteten Söhnen seines Volkes gehören will. Mögen die Ansichten über Das, was dem Vatcrlanke frommt, verschieden sein, verlangen aber muß man. daß jeder elirlicke Manu nack seiner Ueberzeugung die Interessen deö Vaterlandes, dcS Volke-, der Gesamnilhcit allen anderen voranstcllt. WaS die gewaltige Krastanstrcngnng unseres Volkes vor zwei Jahrzehnten errungen, ein mächtiges, fried liebendes und freies nationales Reich, cS darf und kann nickt wieder verloren geben; cS muß fähig sein, sowohl Stürmen von außen als zersetzenden wühlenden Kräften im .Innern zu widerstehen. Dazu wirke jeder vaterländisch ge sinnte Mann an seinem Thcile mit! DaS sei das Gelöbniß, daS wir an dem stolzesten Gedenktag unserer nationalen Ge schickte von Neuem ablcgcn! Wir haben Kaiser und Reich mühsam erstritten; wir wollen sie in'alle Zukunft schirmen gegen feindliche Mächte jeder Art. * Ter Reichstag ist bekanntlich bis zum IO. November vertagt, und cS sind alle Vorbereitungen getroffen, baß er gleich im Wiederbeginn der Session sich im Besitz dcS größten TbcilS dcS ihm zugctachtcn ArbeitSstoffcs, insbesondere auch des Etat-, befindet. Bekanntlich kann auch die in der Com mission durckderatbene Novelle zum Krankencassengesetz alsbald in Angriff genommen werden, ebenso der Gesetzentwurf über das Telegraphenwesen, von zahlreichen Anträgen ans dem Hanse nicht zu sprechen. Ucbcr den Zeitpunkt der Vorlegung der Handelsverträge läßt sich heute »och nichts sage»; mit Sicherheit werden sie aber den bevorstehenden Abschnitt der Session beschäftigen. Der preußische Landtag wird aller Voraussicht nach erst iin Iannar wieder zusammentrcten, wenngleich ein cndgiltiger Beschluß darüber noch nicht gefaßt ist. Die bevorstehende LandtagSsession wird nur in dem Fall wieder zu einer solchen ersten Ranges werden, daß das VolkSschulgcsctz vorgclcgt wird. * Die Mehrzahl der bis jetzt vorliegenden Meinungs äußerungen über daS Trunksuchtgcsetz zeigt, daß die Schwierigkeiten, wekcke den bisherigen Versuchen ans diesem Gebiete enlgegengetrctcn waren, nickt unüberwindlich sind. Wie nachträglich bekannt wird, hätten auch die Verhand lungen zwischen den Bundesregierungen über das Gesetz, die schließlich zu einer Ukberciiisiimniung führten, mancherlei Bedenken zu beseitige» gehabt, und cS gilt nicht als aus geschlossen, daß im Buiideoratb noch einige Veränderungen beschlossen werden. * In der ersten Hälfte dcS October werden die Arbeiten der Commission für daS bürgerliche Gesetzbuch, Welche im Juli vertagt worden, wieder anfgcnommcn werden; bekanntlich ist für die jetzige Arbeit der Commission ein Zeitraum von zwei Jahren in das Auge gefaßt worden. * Der Reichskanzler General der Infanterie v. Capri vi wird (wie wir schon mitgctheilt haben) den Manövern in Oesterreich und Bayern an der Seite Sr. Majestät dcS Kaiser- und König- beiwohnen. Demgemäß verläßt derselbe am Mittwoch Abend zugleich mit dem Kaiser und dessen Ge folge Berlin, bcgiebt tick »ach Wien und alsdann, nach Be endigung der dortigen Manöver, nach München; vo» hier aus kehrt er nach Berlin zurück. Dem Kaiscrmanöver bei Erfurt wohnt der Reichskanzler v. Caprivi, dem Vernehmen nack, jedoch nicht bei. Dagegen bcgiebt sich der Reichskanzler Ende September nach Osnabrück zur 25. Jubelfeier deö 78. ostfricsischcn Infanterie-Regiment-, dessen Chef er be kanntlich ist. * AuS Berlin wird unS geschrieben: Wie in kiesigen politische» Kreisen verlautet, ist übrigens Fürst Bismarck mit der Haltung unserer Regierung in der Gctrcidezoll- srage durchaus einverstanden und wird versichert, daß der Fürst bei den bevorstehenden Verhandlungen des Reichstags sofern cS sein Gesundheitszustand irgend zuläßt, in Berlin anwesend sein und sich auch a» den Dcdattcn belhciligcn wird. Doch wird dies keineswegs geschehe», um der Regie rung entgegen zu treten, vielmehr erwartet man umgekehrt, daß der Fürst Anlaß nehmen wird, sich über die allgemeine Lage zu verbreiten und seine gewichtige Stimme zu erhebe», um seine Zustimmung zur Haltung de- Cabinets Caprivi auSzusprechcn. So wird wenigstens von sonst gut unterrich teter Seite auf das Bestimmten«: versickert. * Dem Vernehmen nach haben sich die ehemals reich S- un mittelbaren Familien i» Preußen zu einem frei willigen Verzicht auf ihr Stcuersreiheitö-Privilegium nicht bereit finden lassen. ES sind deshalb Verhandlungen über die Vereinbarung einer billigen Entschädigung im Gange. Sollte man auch bei diesen zu einem positiven Resultate nickt gelangen, so wird der Weg der selbstständigen Gesetz gebung bcschrittcn werden. Die Erledigung dieser "Angelegen heit darf bestimmt für die nächste Landtags-Session erwartet werden. * Polnische Blätter wußten in den letzten Tagen zu be richte», daß der Valican für die Besetzung des Poiener ErzbischofSstuhlcS, den Wünschen der preußischen Regie rung entsprechend, in die Wahl eines deutschen Priesters gewilligt bade. Wie die „Kölnische Zeitung" von verlässigster Seite erfährt, ist diese Angabe durchaus grundlos. Die An gelegenheit befindet sich unverrückt auf dem bisherigen Stand- xuncte; der Vatican begünstigt nack wie vor die Wabl eines polnischen Priesters, und diesseits hält man daran fest, einen deutschen berufen zu sehen. * AuS Kiel wird vom 31. August gemeldet: Der Arm» strongdampfer „Drudjr" verließ heute Nachmittag den Hasen. „Presidenle Pinto" geht voraussichtlich Nack'tS in See. * Der Wahlaufruf der Deutschsreisinnigen und Demokraten zu den badischen Landtag-Wahlen ist erschienen. Ter Ausruf sormulirt in siebzehn Punclcn die demokratisch-freisinnigen Forderungen, deren hauptsächlichster Inhalt ist: directe LandtagSwablen, Einkammersystem, Aus hebung aller Vorrechte de« grundherrlichen Abel«, Revision deS GcnieindcgesetzeS, Abänderung der Städte-Ordnung, Ent schädigung unschuldig Vcrurthcilter, Revision dcS Bcamten- gcsetzeS, Herabsetzung der Eiscnbahntarife, Unentgeltlichkeit des VolköschulunterrichtS, Aufrechterhaltung der gemischten Schulen. * Aus Wien wird gemeldet: In Folge erschütterter Ge- sundbcit legt vr. v. Schmerling Ende October die Stelle dcS Präsidenten deS obersten Gerichtshöfe- nieder Sein Nachfolger wirb der frühere Minister Professor Stre- mayr. Schmerling, seit zwanzig Jahren der Führer der Deutschlibcralen im Herrcnhause, scheidet nunmehr auS der politischen Laufbahn. * Der russische Krieg-minister lenkte die Aufmerksamkeit ocS MinisterralhS auf daS Anwachsen der Ausfuhr russi schen PserdcmaterialS »ach Deutschland, Oesterreich, Italien, Türkei und Frankreich, weshalb cS nothwcndig sei, die Ausfuhr cinziischränkcn. Nach der „Kreuz-Zeitung" ist das Verbot unmittelbar bevorstehend. — Die Einfuhr russischer Pferde nack Deutschland im Jahre 1890 betrug 29 980 Stück bei einer Gcsammtcinsuhr von 89 50«, Stück. * Ucber die Urlaubsreise dcS russischen Ministers von Giers werden allerlei Nachrichten verbreitet; eS heißt sogar, Herr von GierS werke im Lause dcS September- den Fürsten BiSmark besuchen und sich dann nach Oberitalien be geben. I» diplomatischen Kreisen bcharrt man übrigen- bei der Vermiithung, daß der längere Urlaub deö Herrn von GierS als Vorläufer seiner Verabschiedung anzusehen sei. * Nach einem Drahtdericht der „Bossisckcn Zeitung" scheinen die österreichische» Nüstuiigöpläne i» Ruß land nicht sonderlich zu überraschen. Die russischen Blätter wundern sich blvS, daß die Unvollkommenheit der Armee Oesterreichs dvrt erst jetzt anerkannt werde; zu politischen Zwecken brauche Oesterreich aber keine Militair- reformcn; Deutschland werde seine Hilfe jetzt schwerlich be anspruchen. Nur die Haltung der österreichischen Diplomatie .zcgcn Rußland könne für den Frieden bedrohlich werden, «sei durch die FrctcnSborgcr Besuche die deutsche Presse be unruhigt, so sei von ihnen doch eine noch größere Festigung deö Friedens zu erhoffen. Es bleibe nur noch wünschens wert!), daß Englands Politik eine Rußland günstige Schwen kung mache. * Die Meldung über eine Zusammenkunft des Königs von Serbien mit seiner Mutter Natalie in Wie« oder Pest wird halbamtlich für falsch erklärt. * Die „Kr.-Ztg." erkält folgendes Telegramm auS Bukarest: Ter König ist heute von der Königin tele graphisch gebeten worden, sich unverzüglich nach Venedig zu begeben. In Sinaia hat sich ein Mimsterratb versammelt um über die schleunige "Abreise deS Monarchen Beschluß zu fassen. Da der König die Dccrete bezüglich der Pcnsionirung mehrerer Generäle nicht unterfertigen will, ist der Rücktritt deö Kriegsministerö Lahovary nicht unwahrscheinlich. * AuS Sofia wird vom 9l. August gemeldet: Die „Agence balcanique" erklärt sich von zuständiger Seile in formeller Weise ermächtigt, die am 25. d. von ihr gemachte Miktheilung, wonach die bulgarische Regierung wegen ser bischer Truppenanhäusuiigcn an der serbisch bulgarischen Grenze bei der serbischen Regierung Schrille gcthan und die serbische Negierung in Bcantworlung dieser Schritte be ruhigende Zusicherungen abgegeben habe, unbedingt aufrecht zu erhalten und die in der „Neuen Freien Presse" vom 29. August enthaltene Ablcugnung ihrer Nachrichten durch daS serbische Preßburean als Unwahrheit zu bezeichnen. * Der „Capitan Fracassa" veröffentlicht ein Interview mit einem Koben Prälaten, der, wie die „Nat.-Ztg." auS bester Oncllc erfährt, der Cardinal Hohcnlohe ist. Derselbe meinte, daß das zukünftige Conclave in Rom stattsinden werde. Im Conclave wären alle Uebtrrasckungcn möglich; wenn aber ein ausländischer Papst gewählt werde, so könnte Italien, alle Rücksichten bei Seite lassend, sich vom neuen Papste loS- niackcn. Cardinal Hohenlohe meinte weiter, unmöglich sei die Wabl Lavigcric'S, der durch sein Benehmen alle Sympathien verloren habe. Vor sechs Monaten galt Cardinal Paroecki als wahrscheinlichster Nachfolger Lco's XIU., jetzt aber seien alle Chancen für Cardinal Monaco Lavaltclta. * Dem bisher unbestritten als Führer der Revolutions- Partei dastehenden Ruiz Zorrilla ist ein Mitbewerber in der Person deö chrcnwcrthcnMarquis de Santa Marta in Madrid erstanden. Demselben erscheint die Haltung Zorrilla'S zu friedfertig, und so hat er sich denn veranlaßt gesehen, einen Ausruf an die Republikaner zu richten, worin er erklärt, die von Zorrilla weggeworfene Fabne der Re volution aufhebcn zu wollen. Die Anhänger der Monarchie ergötzen sich natürlich weidlich an diesem Schau spiel, während die Republikaner eine verlegene Miene machen. Für den Fall, daß die genannten Hidalgos übrigens den Wettstreit, wer von ihnen der größere Nevoliitionair sei, in der Praxis auSzufechtcn gedenken, hat die Regierung die nöthigen Vorsichtsmaßregeln getroffen. Vas nationalliberale parlcifek in Worms. * Worms, 30. August. Seit einer Reihe von Jahren veranstalten die Nationalliberalen im Südwesten deS Reiches, um die Zeit deS SedangcdenktageS, ein volkS- thümlicheS Fest, welches, obschon von einer einzelnen Partei angeregt, deswegen doch bei weitem kein eigentliche« Parteifest sein will und tbatsächlich auch nicht ist. ES gilt der Er innerung an Großthaten, die von der ganzen Nation ver richtet worden, an denen jeder ehrliche Deutsche Anthcil hat. Wem diese Erinnerung hehr und heilig, der bat auch die Legitimation, zu dem Feste zu erscheinen. Der Gedanke der Parteiung liegt also der nationalen Veranstaltung ferne. Die herrlichen Früchte der deutschen Erhebung auS den Banden des Klcingeistcs sink Gemeingut der Nation; auch daS Anrecht und die Pflicht ist ibr gemeinsam, freudig an die glorreiche Beendigung der staatlichen Zerklüftung, an die Aufrichtung des alle einigenden Deutschen Reiches zu denken, und nur diesem Gedäcktniß sind die jäbrlich um die Wende des August wiederkehrcnven Feste im Südweslen gewidmet. Die Feierlichkeit wurde diesmal in WormS veranstaltet. Während die Tbeilnehmer an den: nationalliberalen Partei fest auf dem Auerbacher Schlöffe sich auf 3000, diejenigen auf dem Heidelberger Schlösse auf 5000 bezifferten, betrug die Zabl der Wormser Festgäste, einschließlich der hiesigen Parteimitglieder a» 7000; und über alles Erwarten war da« Fest vom prächtigsten Wetter begünstigt. Schon bei dem gemeinschaftlichen Mahle im Festhause waren gegen 400 Per sonen vereinigt und viele Hundert mußten vor den Thüren im Garten verbleiben. Die ersten warmen Bcgrüßungsworle sprach hier der Vorsitzende deö nationalliberalen Vereins in WormS, Herr I)r. Schneider. Herr RcichStagSabgcordnetcr von Cuny toastete ans die alte liebe Stadt WormS, die schon vor 800 Jahren ihre felsenfeste Treue zu Kaiser und Reich an den Tag gelegt. Dankend erwidert wurde dieser Trinkspruch von Herr» Oberbürgermeister Küchler mit einem Hoch aus die lieben Gäste. Herr HerSbach aus Ruhrort leerte unter An spielung auf die Beziehungen von Ruhrort und WormS (Kvhlciizufuhr) sein Glas auf das treue Zusammenhalten von Niekerrbein und Obcrrbein. Grüße ans dem Sachscnlande übcrbrachte Herr ReickStagsabgeordneter Goctz-Leipzig; Grüße aus Hannover Herr Kies er. Herr Dr. Osann bat dann »i» Ermächtigung, dem ältesten Parteimitgliede Hessens, Herrn Rentner Holtzmann in Slockbeim (Oberbessen), der vor ein paar Tagen seinen l 00. Geburtstag gefeiert, den Glückwunsch der Partei übersenden zu dürfen. Imponirciib war der hierauf angetretene Zug der Partei genossen ans den Festplatz unter Voranlritl eines MusikcorpS durch die festlich geschmückten Straßen der Stadt. Dortsclbst angclangt, wo bereits 800 mit Dampsschiffcn hierher beförderte Mannheimer Parteimitglieder ihrer Ankunft harrten, sprach als erster Redner wieder Herr Dr. Schneider in kernigen Worten den Willkomm. Die Hauptfestrede auf den Kaiser hielt Herr NeickötagSabgeordneter Buhl. Ans die Vergangenheit zurückblickend, wie der Zukunft ge denkend, recapitnlirte derselbe die Entstehungsgeschichte des Reiche- und betonte, wie Deutschland nun zu einem Bollwerke dcS Friedens geworden; er berührte daö, WaS znm inneren Ausbau dcS Reiches in den vergangenen zwanzig Jahren geschehen und wie nun gewissermaßen eine Pause einaetrctcn, um unS in die gegebenen Gesetze erst ein zuleben. Er verhehlte nicht, daß wir in einer schweren Zeit lebte», vielleicht auch noch schwereren Zeiten entgcgengingc», und gedachte der zu Merseburg cxst kürzlich gesprochenen kaiserlichen Worke, welche die deutsche Politik kennzeichneten: wir wollten den Frieden, aber auch für den Kriegsfall werde man u»S bereit finden. Unwandelbare Treue zum Reich und zur Verfassung, daö sei unser Gelöbniß; dem obersten Vertreter des Reiche«, unserem Kaiser, brächten wir das erste Hoch. Ans die denlsckcn BundcSfnrsten sprach Frei herr Heyl zu Herrnsheim, auf daS Vaterland in sehr ausführ lichen und warmen Worten Herr Nobrhurst auS Mannheim. Mit Begeisterung vorgctragcn wurde dann von Herrn Wcger ein Gedicht von Banöpach in Mannheim. Die Rede ans den Fürsten BiSmarck batte Prof. I>r v. Marquardscn übernommen, der bei dieser Gelegenheit über daS außer ordentliche Wohlbefinden deS von ihm kürzlich erst gesprochenen Alt-Reichskanzler« öffentlich Kcniltniß gab. Noch inniicr sei er der getreue Eckart de« vo» ibm mitgcgründctcn Deutschen Reiches und durch die an die Studentendepulation gerichteten Worte: „Tbut Eure Schuldigkeit" habe er sich an die ganze Nation gewendet. "An solcher Gesinnung, wie sic sich hier in Worin« beute bcthätigt, werde er gerade seine volle Freude baden. Von dem aus den Fürste» BiSniarck auSgcbrachtcn Hoch wurde dem "Alt Reichskanzler sofort auf telegraphischem Wege .Kenntniß gegeben. Der letzte vssicielle Redner war Herr I>r. Osann au« Darmstadt, dessen Worte dann unserem deutschen Heere galten. WaS eS 1870/71 erkämpft, müsse von ihm »un auch gewahrt werden und wenn die schwere Rüstung auck drücke, so möge man sie doch geduldig weiter tragen. DiSciplin und Manneszucht unseres deutschen Heeres, »m daS unS die ganze Welt beneide, möge Alle» aber rin Vorbild sein. Dazwischen wurden viele patriotische Lieder gesungen. Der Verlauf deS ganzen Festes war ein ganz außerordentlich erbebender und hochbefricdigcndcr. Die Stadt ist übrigens überreich mit Flaggen geschmückt, ja sogar Ehren pforten waren erbaut. Die Kampfe in Chile. * New-Pork, 3l. August. Nach einer bei der „World" a»S Valparaiso eingelausencn Depesche Hütten die Insurgenten ihre Erfolge hauptsächlich dein strategijchen Talent des Obersten Körner zuzuschrciben, der als Jnslriictor der modernen Kriegs kunst von Deutschland nach Chile berufen worden war und Balmaccda verlassen hatte, um sich den Congreßtruppc» an- zusckließcn. Nach dem Gefecht außerhalb Valparaisos wurden die Leichen der beiden seindlichen Generale Barbosa und Alcarrcca fürchterlich verstümmelt ausgesunden. Das Torpedoboot „Almirante Lynch" feuerte nur 3 Schüsse und strich dann seine Flagge. Die Forts ergaben sich ohne Kampf. Ein späteres Tele gramm vom Abend sagt, daß der Pöbel mehrere Gebäude in Brand fleckte und plünderte. Am äußeren Ende der Stadt sind gegen wärtig bei Abgang dieses noch 14 Feuersbrünste bemerkbar. Ter bis jetzt angcrichlete Schaden wird auf 2 Millionen Dollars ge schätzt. Tie ganze Nacht hindurch wurden Schüsse in der Richtung der brennenden Gebäude vernommen. Man fand diesen Morgen 200 tobte Ausrührer in den Straßen liegen. * Washington, 31. August. In den Kreise» deS hiesigen AuS- wärtigc» Amtes wird trotz der entgegengesetzten Meldungen au« Chile angenommen, das; Santiago sich noch in den Händen Balmaceda's befinde. Diese Ansicht stützt sich daraus, daß der nordamerikanische Gesandte in Chile, Mr. Egan, La« Auswärtige Amt von der Ileber- gabe Santiagos noch nicht benachrichtigt habe, während doch als sicher angenominen werden müsse, daß der Gesandte bei wirklich staltgehabtcr Uebcrgabe der Stadt darüber hierher gemeldet hatte. Auch habe der hiesige chilenische Gesandte die vertrauliche Meldung erhalten, das; Balmaceda nicht geflohen sei, sondern sich noch im Besitze Santiagos befinde. (Man hat zwar schon viel Ueberraschungen in diesem Kampfe erlebt, doch scheint der Zweifel an der Uebergabe Santiagos nicht begründet.) Socialdemokratisches. * Die Lassalle-Feier am Sonntag ist in Berlin und Um gegend ohne den geringsten Zwischenfall verlausen. Tie Festlich keiten fanden meist an der Oberspree statt. In Johannisthal, ALlershos, FriedrichShageu rc. waren ungezählt« Lausend« beijauuuen.
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