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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.03.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920303010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892030301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892030301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-03
- Tag1892-03-03
- Monat1892-03
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Grtr«-veilagrn (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbesördrrnug SV.—, mit Postdejürdrrung 70.—. Aunahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Marge »»Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Soun- und Festtags früh 3 Uhr. Bei d«n Filialen und Annahmestellen j« eine halb« Stunde früher. Inserate find stets an dir Exp«ditton tu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig M. Donnerstag den 3. Akärz 1892. 88. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Der Rotz- und vtehmarkt im Stadtbezirke Letp,t,-«ntrt-sch wird Msnta«, »en 7. Mär; diese» Jahre», abgchalten. Etwaige Gesuche und Anfragen sind an unseren Marktinspector Neutsch, Naschmarkt Nr. 1, 3. Stockwerk, zu richten. Im klebrigen bewendet es bei der durch unsere Bekanntmachung vom 24. Tecember 1889 aiiderweit zur Kenntniß gebrachten Be stimmung in 8. 2 der hiesigen Vieh- imd Schlachlhosordnung vom 14. Juni 1888, nach welcher alles Schlachtvieh von diesem Markte «»»geschlossen bleibt. Leipzig, am 25. Februar 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 2872. vr. Tröndliu. Stahl. Bekanntmachung. Am gestrigen Tage ist der Hausmann Herr Frteprich An,»ft Jünger, «rnh, Rr. 2«. als Trichinenschauer sür de» hiesigen Stadtbezirk in Pflicht ge nommen worden. Leipzig, den 26. Februar 1892. Der «ath der Stadt Lrtpzig. VIII. 883. vr. Tröndlin. Dietrich. Bekanntmachung. Für die Tiefbau-Verwaltung nnieres BaiiaintS wird zum mög lichst baldigen Antritt ein Jngrilicur gesucht, welcher mindestens die Baust,Hrcr-Priifung oder eine dieser gleich zu rechnende Prüfung an kiuer technischen Hochschule bestanden haben muß. DaS mit dieser Stelle verbundene Ansangsgehalt beträgt 3000 die Anstellung erfolgt unter dem Vorbehalte gegenseitiger drei monatiger Kündigung. Die Stellung ist vorläufig nicht pensionsberechtigt, doch ist später este Anstellung nicht ausgeschlossen. Bewerber wollen ihre Meldungen mit einem „Lebenslaufe" und mit Zeugnißabjchristen spätestens bi» zu« IS. März d. I. bei uns einrcicheii. Leipzig, dcu 27. Februar 1892. Ie _dlk. Der Rath »er Stadt Leipzig. 212. vr. Tröndliu. Rüliug. Bekanntmachung. Der diesjährige I. Vieh- und Krammarkt im Stadtbezirke Leipzig-Lindenau sind»! am 1ü. und 16. Mär; VS. I». statt. Etwaige Gesuche und Anstagen sind an unseren Marktinspector Renlsch, Naschmarkt Ist. 1, 3. Stockwerk, zu richten. Im klebrigen bewendet es bei der durch unsere Bekanntmachung vom 27. Decembrr 1890 anderweit zur Kenntniß gebrachten Bestim mung in 8 2 der hiesigen Bieh- und Schlachlhosordnung, »ach welcher alle» Schlachtvieh von diesem Markte ausgcschlvsse« bleibt. Leipzig, am 26. Februar 1892. Der Math der Stadt Leipzig. IX. 2870. vr. Georgi. Stahl. Bekanntmachung. Tic Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zelt vom 22. bis 28. Febr. d. I. im Argandbrcnner bei 150 Litern stündlichem Consiini das 19,0fache der Leuchtkraft der deutschen Norinalkerze von 50 Millimeter Flammcnhöhe. DaS specifisch« Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,443. Leipzig, am 2. März 1892. Des Raths Deputation zu dr» Gasanstalten. Bekanntmachung. Der Rost- und Vtehmarkt im Stadtbezirk« Leipzig - v«lk«ar»»ors wird Dienstag, tze« SS. Mär» diese» Jahre», abgehalten. Etwaig« Gesuche und Ausragen sind an unseren Markttnspeetor Rrntsch, Naschmarkt Rr. 1, 3. Stockwerk, zu richten. Im klebrigen bewendet es bet der durch unsere Bekanntmachung vom 24. Decembrr 1889 anderweit zur Kenntniß gebrachten Be- jiimmung in 8. 2 der hiesigen Bieh- und Schlachlhosordnung voin 14. Juni 1888, nach welcher alle» Schlachtvieh von diesem Markte liuSgcschlosskN bleibt Leipzig, am 25. Februar 1892. Der Rath Per Stadt Leipzig. IX. 2871. Vr. Georgi. Stahl. Oeüenllietie ÜLNlletktetiranntrLlt. vis ^nwelckuvß- von lknockluognleiirllogea, evelcbe leommouäs Ontern io ckio brüh- vckor -GekmittL^curss <ler vekrllogn- adtlxrlloatr eintrvken «illsu, erbittet nick ckor vutorreieimete io ckvr Xcit rom 14. bis mit 17. dlllr», eormlttngn e»n 11 bis IS'/, vbr, vomchzttvli auter porckiuUckcr Voretolluu^ ckor äm- numolckeuckea ckurck ibro Horror» Vrinripolo. Va» letrts 8ei»ul- nouguirs ockor ckio OooourlüNo ck« Lcbtllor» iat hei ckieoer Oolegeo- beit vvrruloxen. IVltbrevck ckor gockaebtsa Xvit nerckoa »ncli .Vmuelckunßsn für ckon olnlllbrlgou s»ek«4n,on»< linktllolioa t ur»u, entgoeo»- t-ouoinmcn. an nololioni sii-l, llancklunuxIolirllnTo hetboili^,-» können, ckio im Vvnitee ckon Nir ckio wwsetwclinNIiehv HotLIiiunnx rum b3nj!ilirst--b'roGiIIip:oiickioivtt« niuck. llutorrielit 10 8tun<I«u «öcdentlieh. 8eliulge1ck 90 VoipeiS, im iobrunr 1892. 1'nrl IVolkrum, viroetor. Bekanntmachung. Nachdem der Herr Bezirksthierarzt die Maul- und Klauenseuche in den Stallungen des Molkereibesitzcrs Gerharp Ragg in Leipzig-Vohli» für erloschen erklärt hat, so werden die in dieser Beziehung von »ns durch Bekanntmachung vom 17. d. M. angeordncten Maßregeln wieder aufgehoben. Leipzig, den 29. Februar 1892. Der Rath per Stadt Leipzig. VIII. 922. vr. Tröndliu. Dietrich. Sparkasse Liebertwolkwitz. Unter Garantie der Grmrindr. Rrsrrvrn: S26.226 88 Sparverkehr vom l. Januar bis 29. Februar 1892: 2713 Einzahlungen im Bcirage von 321,340 86 /H, 2915 Rückzahlungen ... 232,942 « 45 » Verzinsung der Einlagen mit S'/z"/«- Expeditionszeit: Montags und Donnerstags. Tie ZwctggeschästsstrUc Ltöttcriiz expedirt jeden Donnerstag Nachmittags von 5—7 Uhr. Die Sparrastenvcrwaltnn». Dyck. Bekanntmachung. Ter Prei» für den iu den städtischen Gasanstalten erzeugten Koks beträgt loco Gasanstalt I und loco Gasanstalt II: sür den Hektoliter Stemkohlen-Großkoks 1 20 ... . »KleinkokS —. 8b . » » » zerkleinerten Steinkohlenkok», sogenannten Meidinger-KokS 1 » 25 » » . . Strinkohlen-Perlkoks — « 60 » . » » Braunkohlen-Koks — » 55 . » . » Steinkohlenkoks-Grus — - 25 - Preis bei Abnahme größerer Posten nach Vereinbarung. Tie Marken zur Koks- und Grus-Entnahme sind gegen Baar- zahliing, soweit die Vorräthc an Koks re. reichen, in den Geschäfts stellen der Gasanstalten zu erholten, wozu wir bemerken, daß dt» Vorräthe von Perlkoks sehr geringe und öfters sogar erschöpft sind Zur größeren Bequemlichkeit des PublicumS liefert die Gas- anstalt den Koks auch in Leipzig frei ins Haus. Tie Kosten hierfür betragen bei jeder Sorte 15 ^ silr den Hektoliter. Die Lieferung geschieht dann in plombirteu Säcken. Etwaige Bestellungen wolle man entweder mündlich oder durch die Post in den Geschäftsstellen -er Gasanstalten oder in der Rechnung», und Easseaverwaltnng -er Gasanstalten, Kurpriuzstraße 14, machen. Ferner haben wir bei Herrn Fr. Rohr'» Rachs., Inh. Herr Karl Kleine. Sidonienstr. 5, Herren vernh. Franz Hk Südplatz 8 und Leipjig.Plagwttz, Gleisstraß«, Herrn I. G. Steinvvrn. Zeitzer Straße 17, Herrn A. Da«», Petertstemweg 21, Herrn Karl Käppel, Ranstädter Stein weg 2b, Herrn W. Hrlvtg, Tavidsrroße 3, Herrn Alvrrt T»te«r. Eutritzlcher Straß« IS, Herrn F. A. Günther, Davidstraße 8. Herrn Ferv. Grapa«, Leipzig-Neustadt, Alleestraße 72, Herrn Naprrt Nihner. Leipzig. Liadeuau, Kaiser Wilhelm- strake 19,23, Herrn Fr. Scknnrßnsch, Windmühlenweg, Herrn Fritz värwals, Leivzig-PIagwitz, Nonnenstr. 17, Herrn Anvvlph Heinrich Rachf., Leipzig-Plagwitz, Gleisstraß», Herrn Lvni» KtÄk, Leivzig-Connewitz, Hermannsiraße 20, Herrn G. Gr-Irr, Leipzig-Eutritzsch, Turaerslraße 3, Herrn v. K. Schltchttng, Leipzia-Thonberg, Reitzenhainer Str. 22. Herrn Franz vnrghansen, Leipzig-Connewitz, Am Uahnhvs 81, Herrn Karl Ethe. Körnerstrabe 46, Herrn D. S«h«tpt, Dölitz-Leipzig. Bahnhof Leipzig-Lonnewitz, Herrn vtta Niep«, Leipzig-Tbouberg, Kirchftraß« 7, Herrn Karl Sch«tpt. Arndtstraß» 13, Herrn Jnli«» SchtaVti». Sörnerstraß» 50. Herrn E. F. Haferkarn. Kürnerstraße 28, Herrn G«tl Iah». Leipzig-Thonberg. Reitzenhatver Str. 88, Herrn Marttz Snhr, Burgstraße 30, Herrn F. A. Hannner, Rosentholgosse 10, Herren Härting Hk Schr-Per, LöSaiger Straß« 6, ein Lager der sämmtlichen Kokssorten errichten taffen und kann di« Entnahm« z» de» obenbezeichneten Preisen auch an diesen Stellen aeschel*», an welche» per Kall» rvenfall« in »lpWptrtr» «acken gehalten wir». SelGG, a» L Mär. 1882. De» Rach» Dap««»»» z» pe» Gasanstalte». Die anarchistische Bewegung in Berlin. Am Sonnabend fanden die letzten Straßenunruhen der „Arbeitslosen" in Berlin statt und zwei Tage daraus ver sammelten sich die Unabhängigen in der .Hauptstadt des Deutschen Reiche« nnd bekannten sich zum ersten Male osten rum Anarchismus. Was versteht man eigentlich unter Anarchismus'? Ter Eigarrcnmacker Hcrrmann erklärte den Anarchismus als die natürliche Folge deS SocialiSmnS, der seine Nährmutter sei. Anarchisch bedeute nicht nur gesetzlos, sondern auch hcrrsckaftSloS, »nd der Sattler Börner fügt hinzu, daß der Anarchismus die Freiheit des Einzelnen zur Geltung bringe im Gegensatz zum Socialisnius, der den Einzelwillen unterdrücke Heute sei allerdings der In dividualismus noch nickt durchführbar, weil er sich nickt an KLnipfen und an der Organisation bctbcilige, aber die anarchistische Bewegung sei aus der Berliner Arbeiterbewegung nicht mehr zu verdrängen. AuS der Rede des MalerS Bubr ist bervorzubeben, daß die Hauptsacke die Abschaffung des Privateigentums sei und notwendig eine revolulionairc Tictatur der industriellen über die ländlichen Arbeiter. Er wie Auerbach bekennen sich zu der Partei der unabbängigen Socialisten »nd Auerbach verlangt Solidarität an Stelle von DiSeiptin. Der Buchbinder Eichborn endlich erklärte, daß der Anarchismus bei gewissen Anlässen, wie Streiks und Putschen, nicht sage: ,Eberls, ihr habt nnS wieder geschadet", sondern: „Schafft euch Muth, che ibr verhungert, laßt euch lieber von den Bajonnctlen aufspießen oder von den Kugeln todtsck'ießcn " Man sicht au» diesen verworrenen Reden, wie eS in den Massen gäbrt und arbeitet, und eS ist unzweifelhaft, daß die Unabhängigen nnd die Anarchisten mit den Unruhestiftern der letzten Tage sympathisiren im Gegensatz zu den Socialdemo- krate», welche wenigstens äußerlich in ihrem Organ, dem „Vorwärts", ihr Mißfalle» über die Nubcstörungen auSgcdrückt haben. Wenn diese« Mißfallen ausrichtig gemeint ist, so ist e» ja doch nur rin Ausfluß der Taktik, welche die Propaganda der That einer späiern Zeit vorbebält. Im Reichstage hat der Abgeordnete v. Vollmar die Berliner Ausschreitungen der Arbeitslosen nur al» Beweis sür da» Vorbandrnsein eine» Noth- stande» auSgegeben, und dagegen protestirt, daß man den Nothstank benutze, um militairischeForderungen durckzudrückcn. Die Soeialdemokratie ist also jetzt dabei angelangt, aus reichenden Arbeiterschutz zu verlangen, d»e Religion al» Prival- sacke zu erklären und die Anwendung von Gewalt zur Er reichung der eigentlichen Zwecke de» SocialiSmnS zu verhindern. Da» kann unS aber uicht zu einer milderen Bcurtheilung der socialistischen Bewegung fuhren, sondern kann nur dazu beitragen, unsere Thalkrast in Bekämpfung der Social- drmokratie anzusporncn, gleichviel ob die Unabbängigen und die Anarchisten dir Gewalt al« da« allein wirksame Mitte! zum Umsturz der bestehenden Ordnung empfehlen. Die anarchistische Bewegung hat sich in neuester Zeit nament lich licrvorgcwagt in Spanien und in Italien, spanische Scndlingc haben auch ihre verderbliche Thätigkeit in Paris entfaltet, wo früher Verpflanzungsvcrsuche vom AnSlandc der nicht verkamen, weit die Bewegung ans dem französische» Boten selbst hervorwuchs. Seitdem man dort dem Ucbcl energisch entgegengctrelen ist, scheinen die Rädelsführer den Schauplatz ihrer Thätigkeit anders wohin verlegt zu habe». Jetzt taucht die Bewegung plötzlich in Berlin ans. aber, wie cS scheint, nicht in Folge von llebcrtragnng, sondern als ein natürliches Ergebnis; der socialdemokralischcu Bewegung, welche die Kategorie der Unabhängigen geboren hat und jetzt aus dem anarchistische» Standpunkt angelangt ist. Man sollte eigentlich meinen, das; Berlin, die Statt des nüchternen Beistandes, kein Boden für das phan tastische Gebilde des Anarchismus wäre, weil man dort praktische Ziele verfolgt und die Sccialdcmokratie mehr als Mittel zur Besserung der Lebenslage der Besitzlosen denn als Selbstzweck betrachtet. Aber der Verlaus der Versammlung in der Invalidenstraße bat bewiesen, dass man in Berlin auch dem Anarchismus eine praktische Seite abzugcwinncn weiß. .Lieber Tod durch die Waffen als durch Hunger" lautet die Devise der Anarchisten, und damit haben sic sich ans den Standpunkt der Ruhestörer in den Tagen vom 25. bis zum 27. Februar gestellt. Diese Bewegung ist vorläufig äußerlich »ntcrdrückt, weil die Ausrührer die Zwecklosigkeit ihrer Bemühungen cingeschcn haben und cS müde sind, ihre Haut zu Markte zu tragen, aber ganz ohne Erfolg für die Sache kcS Anarchismus waren die Unruhen koch nicht, weil die Massen dadurch die Blnltanse erhalten haben »nd an den Straßenkamps ge wöhnt worden sind. Tic Kämpfe sind von Anfang an als belanglos auSgegcbcn worden, und sie waren cs auch in Anbetracht der Machtmittel, welche der Regierung zu Gebote standen, aber keine Machtcntfaltung konnte eS verhindern, daß sich die beklagenSwerthcn Vorgänge an drei auseinander folgenden Tagen wiederholten. In Wien hat man sich aus den WohltbätigkeitSstandpunct gestellt und zur Brodvcrlheiluna seine Zuflucht genommen. Die Bedürftigen nahmen das Dargcdotene bereitwillig in Empfang, aber nur ein Theil der Hungernden konnte be friedigt werden, ein Drittel mnßtr unverrichteter Sache bcim- kebren und darunter vielleicht gerade dir Bedürftigsten, denn die verschämte Armutb ist bescheiden und steht hinter der Elaste Derer, welche sich um Armcn-Unlcrstützungcn bewerben, erfahrungsgemäß zurück. Es ist schwer, die wahre Armuth von der erheuchelten zu unterscheiden und sie in ihrer Zurück gezogenheit aufznsindcn, und wenn man zu einem so bedenk lichen Mittel, wie es Brodvcrlkcilung ist, grrisl, dann muß man stets darauf gefaßt sein, die Wohlthar in zwei Fällen unter dreien an Unwürdige zu verschwenden. Die Rvlb zahlreicher Besitzloser ist offenbar ein mächtiger Antrieb zur Verbreitung sdcialistischer und anarchistischcrLebren, »nt cs ist nur zu billigen, wenn Regierung und Gemeintc- Verwaltung ihre Bemühungen vereinige», um der Roth durch Gewährung von Arbeiisgelcgcnhcil zu steuern. Ob in dieser Beziehung nicht hätte mehr geschehen können, als geschehen ist, kann nur Ter heurtbeile», der sich mitten in der Bewegung an maßgebender Stelle befindet, Eö girdt eine» Unterschied zwischen Arbeiten, deren Bereitstellung die Folge des Druckes der Arbeitslosen auf die Behörden ist, und denen, welche nothwcndig sind und nur deshalb beschleunigt werden, um dringender Roll, Arbeitsloser abzubclsen. Tie letztgenannte Form der Hilfe ist die wirksamste, weil sie der natürlichen Ent wickelung der Arbcitsverbältnisse ain nächsten kommt Arbeit soll niemals als Wohlthat für die Arbeiter erscheine», sondern als regelrechte Gelegenheit für den Erwerb. Wenn der Arbeiter in die Lage lommt, die Arbeitsgelegenheit als Almosen zu betrachten, dann fehlt ihn, die rechte Freude an der Arbeit, er leistet sie auf Kosten seines Selbstgefühls und seiner Un abhängigkeit. Und deshalb ist die Lehre vom Recht aus Arbeit so anfechtbar und so unballbar. Herr Auerbach sagte in der Berliner Anarckisten-Ver» sammlnng treffend, daß Diejenige», die nicht arbeiten wollten, die Anarchisten ebenso verbungcra lasten würden wie die Socialisten, aber er vermied cS, die Schlußfolgerung aus dem Vordersätze zu zicbcn, daß ei» Mensch, der arbeiten will, weder Anarchist noch Socialist zu werde» braucht. Freilich kommt cs aus Arbeitsgelegenheit an, aber die Theorie der Streiks ist ja, daß der Arbeiter, welcher Arbeit hat, sie aufgiebt, um höheren Lohn zu erreichen, ohne die Eicherbeit, zum Zweck zu kommen. Wer aus solche Weise die Arbeit verliert, wird dann das Opfer der Lehre vom Streik. Ganz so liegt aber die Sache nicht immer wie beim letzten Buchdruckrrstrrik, cS giebt Fäll«, in welchen der Streik eine Gesundung der bestehenden Ver hältnisse herbeisührt, aber diese Fälle gehören zu den Aus nahmen. Meist werde» die ArbeitSlöbnc durch Ausstände während günstiger Verhältnisse cmporgelrieben, um dann bei nachfolgenden ungünstigen wieder zu weichen. ES ist ein Grundsatz, der auf dem Waarenmarkt ebenso giltig ist wie auf dem ArbeitSmarkt, daß Jeder den höchsten Preis der Waare wie der Arbeit, welche er leistet, zu erzielen sucht. Aber es giebt Grenzen, welche nicht überschritte» werden können, obne den um so empfindlicheren Rückschlag berbeizu- fübren. Tritt dieser ein, dann kommt der Anarchismus als Helfer in der Roll», aber ein Helfer, welcher für die Zukunft unbedingt keine Bürgschaft leistet. * Leipzig, 3. März. * Der von uns gestern mitgetheilten und bezweifelten Zeitungsmeldung gegenüber, der Kaiser habe den A> rl. welcher die Adresse der Hallenser Prosefforen gegen da« VolkSsckul- gesetz mitunterzeichne», kürzlich empfangen und demselben gegenüber sich in höchst aneriennenden Worten über den In halt der Adresse ausgesprochen, erklärt der „ReichSanzeiger" die Mittbcilung sowohl hinsichtlich der angeblich-» Thatsacke wie hinsichtlich der unterstellten Voraussetzungen für voll ständig unbegründet. * In der gestern in Berlin stattgefundenen Sitzung der Südwest-Afrikanischen Gesellschaft ist noch kein Be schluß gefaßt worden. Der Termin der nächsten Sitzung ist noch nicht bestimmt. * Das Ministerium „Earnot, Lonbet L Eomp", wie das neue Eabinet bereits von den opportunistischen Blättern mit einer gewissen Feindseligkeit genannt wirk, Hai also eine Frist von 4 Tagen, bevor es sich mit einer Er klärung de» Kammern vorstcllc» wirk. Wenn man nach der Sprache der Journale nrlkcilen kann, so wird der Einpsang, den das neue Ministerium in der Dcpntirtcn Kammer zu ge wärtigen bat, kein allzu freundlicher sein. Befriedigt ist eigentlich Niemand, »ind selbst der „Figaro", der dock» Herrn EonstanS immer angegriffen hat, erklärt, man werte cS vielleicht noch zu bereuen haben, daß Gr handfeste Minister des Innern aiiSgestoßcn winde. Das „Journal des Döhais" und die „Ropudligne Fran».-aisc" kleide» ihre Opposition gegen das nenc Eadinct in LoheSerhehnngen, mit denen sie Burdeau überschüttete», der eü bekanntlich abgclelmt halte, in eine Eouihinatio» zu treten, ans der EonstanS aus geschlossen war. Die „Rüpublique Frain.aisc" findet es auch sonderbar, daß Herr Earnot gerade diejenigen Minister ans dem Eabinclc ausgeschlossen hat, welche kurz vorder Vcr trauensvoten der Kammer erkalten kalten. Nock, deutlicher drückt das „Siöclc" sein Mißvergnügen aus, indem cS das neue Ministerium die Frucht einer Palast-Inirigne »cnni. Der Präsident der Republik hätte ander« wählen sollen zwischen der llnpopulariiät Frcycinct'S und den Dienste», welche EonstanS der Republik crwicS, denn Herr Earnot könnte heute kann, im Elusüc schlafe», wenn EonstanS »ick» gewackst Kälte. So nrthcilcn die gemäßigt- und die oppo» tnnistisch republikanischen Journale, und kaum anders äußer» sich auch die eonservalivcn und die radikalen Blätter. Die „Insliee" des Herr» Elcmcnccan meint unter Anteri», das nenc Ministerium sei ein Versuch, der französischen Republik die Politik des Papstes anfzndrängcn. Welche Partei wird »lin das Eabinet Lonbet am Donnerstag unterstützen, wenn beute schon die Blätter aller Schaltirungc» demselben den Krieg erklären? * Tie Führer der englischen liberalen Partei sind einsiimnilg der Ansicht, daß London den Schlüssclpnnct dcr poliliscken Lage bildet und nur ein Sieg in der Hauptstadt das unbcgucmc Oberbaus in Sachen des Home Rute zur Vernunft bringen kann. Tic bevorstehenden Grafschaft» Wahlen dienen ihnen dazu, Heerschau zu batten und ihre Slreitkräfle sür den größeren Entscheidungskamps zu organi siren. Mil wahrem Biencnslciße baden die Liberalen in den letzten Wochen in allen Bezirken dcr Haupstadt agitirl, während die Eonservaliven, sich de» bisher fast unbestrittenen Besitzes erfreuend, eine bedenkliche Ruhe zeigen. Die AgitationSmittcl, welche die liberale Partei bei den GrasschaflSwablen «»Wendel, sind am besten auö einem Flugblatt ersichtlich, welches zu Tausenden und Abertausenden den Inhalt dcö sogenannten Londoner Progranimcs den stcucrmüdcn Bewohnern milthcill. Die Hälfte der städtischen Abgabe», welche die zeitweilige» Besitzer der Häuser zu entrichten haben, sollen hinfort die Eigcnthümer des Grundes und Boden« zahlen, dessen Werth zunchmcnd in Folge jeder „Verbesserung" wächst, und dcr tbatsächlich zur Zeit uiihcstencrl ist. Auch eine städtische Erb schastsstcuer soll eingesührt werte», lieber Gas »nd Wasser haben die Londoner schon lange mit Recht Klage geführt Nirgends brennt daö GaS gelber und in keiner Stadt ist der Filter so unumgänglich nvthwcndig als in dem größten Gemcinwcsen der civilisirtcn Welt. Gas nnd Wasser ufuhr bilden riesige Monopole, welche ja auch die Ur achc sind, daß beispielsweise die elektrische Beleuchtung so wenig Fortschritte in London macht. Taü liberale Programm schlägt vor, die Onalität von Gas wie von Wasser zu verbessern und den Preis zu verringern, indem ans Kosten der Stadt neue Wasserleitungen »nd Gasanstalten gebaut werden, wenn die jetzigen Privatgesellschaften sich nicht den Forderungen der Stcucrzablcr fügen. Die Gilten der Eit» sind den Radikalen von jeder ein Dorn im Auge gewesen Wissen dock viele Gilden gar nickt, was sie mit ihrem Vcr mögen anfangcn sollen. DaS Londoner Programm greift scharf rin. Auf Grund einer Parlaments Acte soll das gesamntte, sich auf 5oo,000 Pfund Sterling belaufende Ei» kommen der Eitv-Giltcn zum Besten der Stadt verwendet werde». Der Vorschlag sei nickt so schlimm, wie er aus scbc. Habe dock» eine königliche Eommission im Iakrc 18dl erklärt, daß das Einlommcn der Gilten in Wirl lickkeit öffentliches Eigcntbnm sei. Von der jährlichen Ein nakme kämen gegenwärtig 3oo,ooo Pfund Sterling den Mitglieder» nnd deren Anhang zu Gute. Sociale Reformen spiele» im Londoner Programnl naturgemäß die Hauptrolle. Es gebe sckr gut an, jedem Armen eine behagliche Wohnung zu verschaffen, obne daß dem Steuerzahler neue Lasten er wüchse». Die städtischen Wohnungen Glasgows und Livcr Pools beweisen daö. Die Londoner Lasterhöhlen, welche jetzt den Namen von Logirhäusern tragen, müßten ausgchobcn werden. Tic Preise der Lebensmittel ließen sich erheblich verringern, wenn die Märkte nickt der Eit» oder Privat Eigenlkümern, sondern Gcsammt London gehörten. Es sei nichts Seltenes, daß ganze Wagenladungen Fische als T iingcr verlaust würden, nur um die Preise aufrecht zu erkalten Nach der Ansicht der Verfasser de« Londoner Programms gebt zur Zeit ein Drittel aller Stimmen in London verloren, weil die Führung der Wahllisten so erbärmlich ist. * Eine Meldung aus Rom kündigt an, daß die nabe bevorstehende Debatte der Kammer über den Gtsctzcnlwurs, welchem zufolge der Ban neuer Eisenbahnlinien bis auf Weitere» eingestellt werden soll, sich zu einer i» politischer, wie in sinanzpolitisckcr Beziehung sckr lebhaften »nd wichtigen gestalten werte. DaS Eabinet wird aus diesem Anlässe die Vertrauensfrage stellen, so daß rin politisches Votum mit Sicherheit vorauSzusebcn sei. * Die Erncnnnng des StaatSrathcS Sergius Witte znm Verweser des russischen Baute» „nd Verkehrs Ministeriums bat in Petersburg große« Aussehen hervor gerufen, da Witte kaum 45 Jahre all ist und sich im Staats dienst erst seit 1880 befindet. Die Blätter, der Sachkenntnis; und Energie Witte'«, als Verweser des Bautenn,iiiistcriums vertrauend, erwarten einen günstige» Umschwung im Eisenbahnwesen, dessen technischer Seite, wie man glaubt. Witte ausschließlich seine Aufmerksamkeit zuwcndcn wird. Da» Tarifwesen soll ganz dem Finanzmimstcriuin Zufällen. Dem „Grasbdanin" zufolge beauftragte der Zar Wyfchnc gradlki am Freitag beim Vorträge, VÜilte mitzulheilen, daß
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