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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.05.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920518021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892051802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892051802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-05
- Tag1892-05-18
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ro»I« M— 0»»o 102^0 »«^o in.— in.— VS- IOIM, SSV,— IN— 10S.VO S7.— 10SU» 127,— IN— IN— 41. — 42. — ss^o 111^0 SS. SO 203,SS IN— ISI^o IN— 7».— so?.— »I.— »3.— 1»»,— n— Iio^so so«.— 12VM IN— 2IS.— I?H- in— N? 4» SS n— 124,— 124 — SL.2V SO — N— L ooN o s. «. S. S. 0. 0. 6. 0. »v. 6. 6. 0. a. O. 0. v. 0. s. L » >»0. 5 6 S S. L > I 1 L > s. 1» Ra- SI. r»»otiL 0 » - d, - «. - 0. - S. - S. >0 » » 0. o o. - s »o s. io v. « s. » a. - b.L - T - «. — u. — «. — L — s. — L — o. — » — o. 2M - ov»r ir»» U»t v«. v« S»«- Abonnementspreis tu der Hauptexvcdition oder den im Stadt, bezirk uud den Vororten rrnchtckeu Vlu«- aabestellen abgeholt: vierteliibNich^ilLO. bei zweinialiger täglicher Zuitelliing in« Haus öchO. Dur.v di« Post bezogen für Leuischland und Oesterreich: vierleliöhrUch M 6.—. Direkte tägliche itreuzbandiendung in« Ausland: mouallich 9.—. Die Morgeu-Au-gabe erscheint täglich '.',7 Uhr. die Abead-Autgabe Wochentag» b Uhr. Redaktion und Erpedition: Jobnnnr-gafir 8. Die Erpedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von srüh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: vtto »lrmm's Sorti». («Ifre» Hnhn». Universität-strah» I. LouiS Lösch«. Nalharinensir. I«, pari, und Xlutg-platz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. JnsertiouSprel- Die 6 gespaltene Petitzrile 20 Pfg. Neclamea unter dem Rcdaetion-strich i4go- jpalten) öO^. oor Len Fainilieunachrichted ch gespalten) 40^. Größere Schriften laut uniertw PreiS- Verzeichnis. Tabellarischer und Zisserosatz nach höherem Tarif. «Sztrn-Vclli'nrn (gesalzt). nur mit der Morgen. Aufgabe, obne Postbesörderung 60—, mit Postbefvrderuug 70.—. Änuahmrsäitub für Inserate: Abend-Aus zake: Vormittag» 10 Ubr. Marge ».Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh 9 Uhr. vei Len Filialen und Aanadinestellcn >e eine Kalbe Stunde früher. Inserate sind stet« an di« Gx-kditt«» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 253. Mittwoch den 18. Mfli 1892. 86. Jahrgang Wahlrechts-Frage». 8». Berlin, 17. Mai. Auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung deS preu ßischen Abgeordnetenhauses steht ein Antrag der dcutschfreisinnigen Partei betreffs des LandtagSwabl- rechtS und der WahlkreiS-Eintheilung. Der Antrag vermeidet es, bereits eine bestimmte Forderung der freisinnigen Partei zu beiden Frage» zu bezeichnen, er will nur Auskunft von der Regierung erwirken, ob diese in der nächsten Tagung hierüber gesetzliche Reformvorschläge zu machen gewillt ist. Bei der jüngste» Schloßlottericzcschichte hat sich diese Form des Vorgehens bewährt. Tie Regierung hat nach allen Seiten bin ihren Standpnnct klar gemacht, die Parteien haben sich ebenfalls deutlich erklärt, worauf der Abg. Richter seinen Antrag zurückzog. Aeußerlich wird die bcvontchcntc Bcr- bandlung denselben Verlauf nebmen. Irgendwie wird die Regierung zu anlworlen in der Lage sei», sic braucht ja theilweise nur zu wiederholen, was sic schon bekundet hat I» Betreff der Wahlrechtsreform liabcn wir vor wenigen Tagen erst durch den Finanzmiiiisler er fahren, daß die Regierung allerdings eine Reform beabsichtigt, jedoch nicht früher damit bervorzunete» gedenkt, als bis auch die Vermögenssteuer und die Reform de» ganzen Eomn-.unal- steuerwescnö unter Tach und Fach sind: sie wird also in dieser Hinsicht die Antragsteller aus den Winter 1893/04 ver trösten. In Betreff der WablkrciS-Einthciluna wird die Re gierung ohne Zweifel die Frage der Antragsteller bestimmt verneinen können, denn „in der nächsten Session" ist ein Vor schlag über die Veränderung der Wahlkreise von Seiten der Regierung^ ganz gewiß nicht zu erwarte»; für die Zukunft wird sie sich die Hände wahrscheinlich freihaltcn. Tann ist die Doppelsrage schon beantwortet, bevor die Volksvertretung den Antrag formell beschlossen hat, und derselbe kann zurück gezogen werden Um eine Abstimmung ist cS aber de» Antragstellern schwerlich zu thun. Mehr liegt ilmen jedenfalls daran, die anderen Parteien hierbei zu präcisen Erklärungen zu ver anlassen. Man kann unbedenklich sagen, daß mil diesem VcrhandlungStage die Landlagswablbewcgung beginnt, und es ist kein Zweifel, daß die Entschließungen der anderen Parteien bei den nächsten Wahlen im Herbst 1893 eine her vorragende Rolle spielen werden. Die Regierung selbst hat mit ihrer vertröstenden Hinweisung aus den, auf die nächsten Wahlen folgenden Winter diese wichtige Frage zur Klarstellung durch die Wähler anheim gegeben, was vom constitulioncllen GcsichtSpunct auS dankbar anzuerkcnnen ist. Für die liberalen Parteien dürfte diese Frage in der Thal mit entscheidend sein, was die Möglichkeit eines Zusammen wirkens gegen die beim Schulgesetz in Erscheinung getretene Mehrheit betrifft. Tabei hantelt cs sich vor Allem um die Stellung, welche die Tcutschfreisinnigen sich auSzuwäblcn ge denken. Einstweilen wissen wir aus der »Freisinnigen Zeitung" nur, daß nicht die Absicht besteht, auf eine Ver mehrung der Abgeordnetenzahl zu dringen, daß andererseits jedoch das ReichStagSwahlrecht alS die einzig mögliche Grundlage eines neuen Systems deS LaudtagswabircchtcS zu betrachten sei. Es wird sich fragen, ob die Antragsteller einig sind, in diesem Sinne vorzugehcn. Von einigen frei sinnigen Blättern wird die Fortcrung eingeschränkt ; dieselben Icheinen geneigt, sich mit dem gcbeimen und directen Wahl recht unter Beibehaltung von drei Wählerclassen zu begnügen, dergestalt, daß jede Elasse ihre besonderen Abgeordneten wählen dürste, wie dies bei den Stadtvcrordncteiiwablen viel fach schon geschieht. Wieder anderc s<»isinnige Stimme» haben den Schwcrpunct auf eine befriedigende Vertretung der Minderheiten gelegt u. s. w. Volle Einigkeit herrscht also im freisinnigen Lager selbst noch nicht. Die Negierung hingegen steht jeder Forderung, welche das Wahlrecht des DrciclafscnsystemS auf Grund der offenen, indirecten Wahl im Fundament erschüttern will, entschieden ablehnend gegenüber; sie selbst ist sich der Pflicht bewußt, das Wablrccht zu corrigiren, insofern cS durch die ncnesleii Stcucrgcsetze den Köder vermögenden Classen diesen unver- kältnißmäßig großen Einfluß gewäbrt. Der Anfang zu einer solchen Eorrectur ist schon im vorigen Zabre durch die No velle znni octroyirten Wahlgesetz von 1849 gemacht. Die neuesten ErgänzungSwahlen von Wablmännern sind bereits auf Grund von Stcuerlisten, die innerhalb jedes Dablbezirks ibre eigene Drittclung der Wähler bewirken, vollzogen, während bisher die ganze Gemeinde nach ibrer Gesammtstcuerzahl ge drittelt wurde. Einen »othdürftigen Ausgleich hak diese erste Reform schon geschaffen. Die Regierung will ihn vcrroll ständigen, sobald die Wirkungen der neuen Gewerbesteuer, der geplanten Vermögenssteuer und der inBorbcreilung begriffenen Eommunalstenerresorm sich übersehen lasten; aber au dem System selbst will sic nicht rütteln lassen. Tic Conservaiivei, und Freicoiiservativen stehen in diesem Punctc geschlossen aus der Seile der Regierung, sic verfügen aber allein nicht über die Mebrhcit. Den AuS schlag gcdeii entweder die Nation illiberalen oder das Eentrum. Daß letzteres geneigt sein sollte, das ReichStagö- wablrecht aus die preußischen Wablcn auStclmcn zu lassen, Hallen wir für anSgeschlcsscn. Das Eentrum wird klug genug sein, zu verhüten, daß der Welt offenbar werde, wie enorm gerade die Hochburgen des UliramontaniSinuS im industrielle» Westen von der Socialtemokratie unterwühll sind. Für geheime und directe Wahl ist das Eentrum also lcincnsalls zu haben, eber für die Beseitigung deS Drci- clastensystcni-, an dem ja freilich diejenige Partei kein Interesse hat, die in ihrem Gefolge auf »Intelligenzen" am wenigsten Rücksicht zu uevmen nötbiz hat. Die nativnalliberale Partei dagegen dürfte sich ernstlich mit der Frage zu beschäftigen haben, ob der Anacnblick ge eignet ist, an eine Reform des in der Thal von allen Seiten als resormbedürslig anerkannten Wahlsystems heranzntrctcn, und wie weit sich diese Reform mit einer Veränderung, bczw. gleichmäßigeren Gestaltung der Wahlkreise verbinden läßt. Eö ist nicht zu verkennen, daß nach beiden Seiten hin auch in nationalliberalen Kreisen das dringende Verlange» besteht, endlich einmal jenen Wünschen entsprechen zu können, die schon vor Jahrzehnten in liberalen Kundgebungen überein stimmend ausgesprochen wurden. Ebenso sehr wird man aber auch erwarten dürfen, daß die iiationallibcralc Partei ihrer weit größeren Veranlworllichkcil sich bewußt bleibt und, wenn der Augenblick zum Handeln gekommen ist, nur mit bestimmte», daS zunächst Erreichbare fest ergreifenden Vorschlägen hervor- trill. Fraglich will uns erscheinen, ob die« unler so unklaren sonstigen Verhältnissen, wie sie dieser Augenblick zeigt, und während einer Legislaturperiode, der ein so große« Pensum »och vorgczcichnct ist, oder besser zum Beginn eines neuen Abschnittes der preußischen inneren Entwickelung geschehen soll, der mit jeder Wahlbcwcgung zusammentrifft. politische Tagesscha». * Leipzig, 18. Mai. Bor einiger Zeit wies die „Kreuzzcitung" auf allerhand Anzettelungen hin. die sich besonder« in Konstantinopel bcinerklich machten und den deutschen Einstich daselbst zu Gunsten des russischen und französischen zu untergraben trachteten. Man glaubte damals fast allgemein, die ..Kreuz zcitung" wolle mit diese» „Enthüllungen" die Blicke lediglich von gewissen inneren Vorgänge» und Anzettelungen abienkeo; der Federkrieg, den seil einigen Tagen die „Nordd. Allgem. Ztggegen die russisch offieiistc „Allgem. ReichScorrespondenz" wegen der Gesundheit de« Sultans fübrt, beweist in dessen, daß man in Berlin an maßgebender Stelle jenen An zettelungen denn doch eine mehr als gewöhnliche Bedeutung bcimißt. Es hat sich für die Intriguantcn offenbar darum gebandelt, den Erbprinzen von Mciuinzen oder dessen Be gleitung bei dem Sultan in den Verdacht zu bringen, alar- mirende Nachrichten über den GcsiindbcilSznstaiid de« Grcß- herrn und da« Lcrbaltcn seines ersten Ministers in llmlaus gesetzt zu haben, um diesen Würdenträger zu verdränge» und den Sultan selbst gewissen Einflüssen zugänglich zu machen. Dieser Versuch bat zu einer förmlichen SlaatSaelion gcsübrt, über welche die „Nordd.Allgem.Ztg." solgendennaßc» berichtet: „Wie wir veriieknicii, da: der kiesige türkische Botschafter in den letzte» Tagen an« directen, Auftrag seines Sou- verai»« mit dem Slaat-secretair Frkrn v. MarickaU wiedcrholle Besprechungen gepflogen, weiche Las mekrsach erwähnte Telegramm über d:e weiimdkejt des Sultans zum (»egen- stänke hatten Es degreiit sich, das: ani der eine» Seite der Snlinn auss Höchste indignirt ist über die Verbreitung der ieiuen Ge- snndkeiisznstand und die Haltung iemeS ersten Ministers delresseiiden lügnerische» Nachricht, und last andererseits die deutsche Regierung nicht gieichgiltig k!e Ke» konnte Ke, der W'ahinekinnng, daß von hier aus tcranige Rachr.chte» in die Welt gesetzt werde», und zivar in der rassinirlen Weise, daß »ach allste» hin »cke» Berlin auch Wie» als der Heid der für de» Sultan nnd die türkische Negierung »achtkcil gen Vlerüchte er chcine» sollte. Unserer gestr gen Miiikestung, daß die Sachlage vollkommen auigeklarl ist, können wir heute »acl trogen, last bereits die Maßregeln ergriffen sind, um eine Wlederhoinng ahnllcher Manöver iii>- möaiich zu machen." Wie uns soeben ein Berliner Telegramm meldet, bat der Vorfall noch die weitere Folge gcbabt, daß der Eigenlbnmer der russisch-vssieiösen „Allg.Reichs Eorresp ", vonWc ssel itzki- Bojadarovilsch, ans Preußen auSgcwiescn worden ist. Den iulelleclnellc» Urheber der Intrigue wird man mit dieser Maßregel schwerlich getroffen haben, und eS ist fraglich, ob die Hauptschuldigen überhaupt in ermitteln und zu erreichen sink. Auch der bevorstehende Besuch des Zaren in Berlin wird schwerlich weitere Ausklärung über die Angelegcnbcii bringen; gerade deshalb aber ist sic geeignet, de» Werth dieses Besuche« im rechten Lichte erscheine» zu lasse» und der deutschen Diplomatie die fernere gespannteste Aufmerksamkeit auf die Treibereien unserer Gegner im AuSlandc zu ciupsehlen. Je thätiger unsere offenen und versteckte» Feinde im Aus lände nicht nur, sondern auch in Deutschland selbst sind, um so gefährlicher wird natürlich die Tkätigkeit Ahlwartt'S und seiner HclscrShelser, die eö bereits dahin gebracht habe», daß iu Frankreich und Rußland die deutschen »Iudcn- flinten" zu den Bundesgenosse» unserer Gegner gezählt werden, «v schreibt der Pariser „Figaro": „Ob Herr Löwe I-raelit oder Protestant, ist uns gieichgiltig, — er ist Deutscher; die Arbeiter, die er beschäftigt, die Ossiciere, welche die Gewehre geprüft, die Ossiciere, welche stc bestell» hake», sind Deutsche, undallc Liese Mute und noch viele andere, lauter Teutiche, stellt die Geschichte bloß. Und das war es, was wir zeigen wollten. Die Bochumer Angelegenheit, die Beschuldigung, daß eine Fabrik Jahre hindurch den Eisenbahnverwaitungcn schlechte Schiene» ge liefert hake, hatte bereit« auf die deutsche Industrie ein vcrhängiiiß- volle« Licht geworfen; di» Löwc'jchc Angelegenheit beweist noch klarer, daß tm deutschen Militairdien st sträfliche Nachlässig keiten Vorkommen. Und ein Deutscher ist e«, der uns die Beweise dafür zu erbringen sucht. Der Name des Rectors Ahlwardt sei gesegnet! In Zukunst wird man »ns nicht mehr stets damit kommen können, uns die Ueberlegenheit der deutschen Armee und ihre vollständige Schlagbereit» schaft zu rühmen!" Selbst die „Kreuzztg." scheint infolge dieser und ähnlicher Auslassungen nuninebr zu der Einsicht zu kommen, daß der re. Ahlwardt ein bedenklicher Schützling conscrvaliver Männer ist. Sie behauptet beute wenigstens, nie mit dem Manne etwas zu thun gehabt zu habe», straft aber freilich diese Behauptung selbst der Lüge durch die andere Bcbaiiplung, selbst die spccicll antiscmiliscbcn Parteien hätten „ihre Trennung von Ahlwardt längst vollzogen". Wir haben schon mehrfach darauf hingewicscn, daß die Aufuahmc der österreichischen Valuta-Vorlagen im Wiener Reichs ratb eine ziemlich küble und frostige gewesen ist. Man scheint dort ziemlich allgemein daS Gesüb!- z» baben, als ob bei dieser wichtigen, für die österreichische Gcsaniuil-Moiiarcbie tief einschneidenden Frage die Ungarn wieder den Vortbcil haben sollten. Jetzt ist der Wäbruogs- Rcgeiuiig in i^esterreickc in der Person des früheren Finanz- Ministers I>r. von DnnajcwSki einbemerkenSwcrtberGegner erstanden. Die Schalten der Vergangenheit werden den, Werke des Eabineis Daaffe gefährlich. Ter Nachfolger DnnajewSli S, I>r. Slcinkach, wird von den, ehemaligen Professor der Nationalökonomie und Finanzminister öffentlich kelcbrk, daß seine Vorschläge zur WäbriingSregcluiig vor dem Forum der Volkswirlbschast »nd der Interessen Oesterreichs ibre Prüfung nicht bestekcn lönntcn. Es ist nicht üblich in L)cslsierre>ch, daß ein ehemaliger Minister in einer Elubsitzung erscheint, um sein Urtbeil über eine TageSfragc abzugcben; schon da« Erscheinen Tnnajewski's im Polcnclub mußte daher Aussehen erregen, welche« durch die Rete, welche der ehemalige polnische Abgeordnete und gewesene östcrrcichischeFinanzminisler kielt, noch gesteigert wird. I»r. v. Duuajcwski war nie ein Freund der Tcukschcn, er bewies auch niemals den ungarischen Ansprüchen ein Entgegenkommen, der Sturz Tnnajewski's wurde in Pest in:I großer Genngti»„ng begrüßt. Die Rück kebr Tnnajewski's in das öffentliche Leben ist ein Ereignlß. die österreichische Regierung muß damit rechnen, daß der Pelencliik »u» in >>r. DnnajcwSki, wenn auch nicht den nominelle», so doch den lba'.sächlichen Führer erhallen hat, welcher sein Anseben, sein ccroßcS Talent nicht dazu benutzen >v„d, die Tlcäliglcit I>r Llcinbach s nnd die Politik de« Eabineis Taasse, in welchem nun ein deutichcr Lands »lannminisler, Gras Khncnburg sitzt, zu unterstützen. Von diesem GesichtSpunetc an« gewinnt die Rete I>. Dnna- icwski's, über die aus Wien »och Folgende« berichtet wird, besondere Bedeutung: „Das Erscheinen Nr. T»»ajcwskt'S im Polenelub behufs Stellungnahme i» der Währnngssrage erregte Aussehen. Dnnajewoki kractne auch Bedenken gegen die Hobe Relation vor, woriile nacd- drücklich vor der Nücküchlimkme aus die Interesse» einzelner zi>c.:.' und vertrat den Grundsatz der Gerechtigkeit bei der Feslficlluilg der Relation. Allgemein wird betont, daß die Spitze dieser Aus führungen sich gegen Ungar» richte." Der neue italienische Ministerpräsident, Signor Giolitti, ist von Geburt ei» Picmonlcse und steht beute im üO. Lebensjahre, er gehört demnach einer jüngere» Generation a», die nickt mehr conspirirt nnd revollirt hat, um sich ein geeintes Vaterland zu e>kämpsen, und fand als junger Manu dasselbe als fertig vor. G>olilt> machte seine juristischen Studien an der Universität Turin »nd widmete sich dann der richterlichen Laufbahn. Aber sein Herz war steis den materiellen Interesse» seines Volle« zugewendcl ScUa, der sein Talent erkannte, machte ikn zum Leiter der directen Steuern. Dann wurde er Sccretair de« Rechnungshöfe«. Er hat eine nur zehnjährige parlamentarische Tkäiigkcit hinter sich. I»> Jahre >882 zum SlaatSrathe ernannt, ließ er sich damals auch von der Statt Enneo in die Kammer entsenden, und seine picmontesischen Mitbürger sind ihrem Gewählten seither treu geblieben Ai« Mitglied der Linke» war er ei» Anhänger Depreti« »nd duldigle wie dieser gemäßigten Anschauungen. Er lbat sich in der Budget Eommission hervor und pflegte mit dem Finanzministcr Magliani hart in« Ge richt zu gehen, wenn dieser die Finanzlage Italien« als eine rosiciv hinstclllc. Giolmi war der Ueberzcugnng, daß c« sich da nur um eine dceeralive Herrlichkeit bandje. hinter der sich i» Wirklichkeit kranke wirthschastiiche Zlislänce berge». Er ist sich auch beute dessen bewußt, daß die Vcr- niinkcnlng deS Deficit« oder gar die Beseitigung des selben nur ein künstlich herbeigesükrtcs Symbol für die Gesundung de« Staatshaushaltes wäre. Giolitti spricht kur; und bündig. Er hält keine langen Reden. Seine Sprache heimelt den Hörer durch den piemoutesischen Feurlletsi,. Gerettet. Novelle von Alexander Römer. SKHdnia »erdeten. (Fortsetzung.) „Sie haben da ein LiebcSverbältniß mit meinem Neffen anzebändclt, Kleine", fuhr er fort, „und,ch kann'S mir schon denken, waS für himmelhohe Versprechungen er Ihnen gemacht bat. Wollt' Ihnen nur sagen — zu Ihrem eigenen Nutz nnd Frommen — daß da« eitel Dunst gewesen Von einer Heirath kann da nie die Rede sein. Weil man mir sagte, daß S<e ein ehrbar Mädchen seien, gebe ich Ihnen zu rechter Zeit die reine Wahrheit." Lisa faßte an ihre Schläfen und starrte ihn an. „So bat Arthur mit Ihnen gesprochen", sagte sie verwirrt, ver stört. „und Sie — Sie billigen seine Wahl nickt." DaS kurze trockene Auslachen, welche« Volgerseu eigen, antwortete ihr. „Sic sind naiv. Kind, wirklich naiv. So harmlos können Sic in Wirklichkeit dock wohl nickt sein. Mein Neffe", seine Rede ward jetzt hart, scharf und bestimmt, „der Herr von Linden, stammt auS bockangeschener Familie, hat eine glänzende Zukunft vor sich und wird, so hoffe ich, dereinst, wenn er reifer geworden, eine ebenbürtige Partie machen. E« war Ibre Lache, wenn Sie sich auf LiebcS- tändeleicn mit einem Manne cinlicßen, der Sie nie heirathen konnte" „Nie heirathen konnte?" Sie stand hochausgericktet mit glühenden Wangen und blitzenden Augen vor ihm. ihr Stolz erwachte. Welche- Recht batte dieser fremde Mann, der nicht einmal Arthur s Vater war — „Ein ehrbarer Mann kann nur ein Mädchen au- ehrbarer Familie heirathen, lbut er dennoch ander«, wird er selbst zum Paria der Gesellschaft." Lisa wankte, hätte sie sich nickt am Fenstersims gestützt, so wäre sie gefallen „Ehrbar — Paria —", sie wiederholte dir Woxtc, deren Sinn ihr in furchtbarer Ahnung dämmerte. „und mein Vater, ja, er ist arm geworden und krank, er war, wie Sie vorhin selber sagten, Ihr College." „Nicht Ibr Vater, Mädchen — bitte, kein Komödicnspiel — Sie müssen eS wissen und werden es wissen — Ihre Mutter und Schwester —" Lisa faßte seine Hand wie im Krampf. Jeder Blutstropfen war auS ihrem Antlitz gewichen, die großen Augen starrten, als hätten sie das Medusenhaupt erblickt. „Halt", sagte sie heiser — „genug — Arthur — Ihr Nesse — ist frei!" Bolgersen erschrak. DaS Mädchen sah entsetzlich auö — man wußte nie, wie solche Scenen mit Weibsleuten endeten. „Nun, nun — sachte, sachte", sagte er in einem Ton. der leicht und jovial klingen sollte, aber dock unbehaglich klang „Sie dauern mich. Kleine, sind ja aber hübsch genug, werden sich schon trösten. Es gicbt ja noch Männer, die unab hängiger sind und weniger Rücksichten zu nehmen haben, und Sie verrücken allen Mannsbildern den Kopf. Lisa schien ihn anfangs nicht gehört zn haben, ihr Blick war leer, als ob sic auch nicht- sähe; dann war cs, als ob sie plötzlich erwache. „Bitte", sagte sie — e« klang wie ein zerbrochenes In strument — „Sic haben mir wohl weiter nicht- zu sagen — ich möchte gern allein sein." Bolgersen machte unwillkürlich einen Diener. DaS Mädchen sah hchcitSvoll au- und wies ihm ja wohl eigentlich die Thür. Nun — er hatte sie freilich hart angefaßt — und diese Manieren, die Mutter hatte genau dieselben. Die Königinnen- micne war deren Privateigenthum. Aber diese Junge dauerte ihn doch Wa- konnte sie dafür, daß sie solche Mutier und Schwester hatte — man wählt sich seine Eltern nickt. Al« der Besucher gegangen, stand Lisa lange unbeweglich an demselben Fleck. E« war au-, Alle- auS — Mutter und Schwester — er batte nick' au-zureden brauchen, der furcht bare Mann, sie hatte ihn verstanden. Wie au- writer Ferne klangen die abgerissenen Worte, welche der Vater noch stammelte, an ihr Thr — „Bolgersen, der große, berühmte Volgersc» " Ein unsäglich bitterer, schmerivoller Zug legte szch über ihr erdfrhle« Gesicht — ohne dgß ff» Ach deff«, be wußt ward, glitten ihre Füße unter ihr weg und sic siel laut- > los zu Boden. Sie mußte lange so gelegen haben, denn cS war 9 Uhr Abend-, als Erich WclSlcr noch nach seinem Kranke» zu sehen kam. Er fand die Etagentbür nicht verschlossen »nd erschrak über die Dunkelheit und Stille drinnen. Er tappte vorwärts, da stieß sein Fuß an etwas — an einen menschliche» Körper. Er zündete rasch Licht an an seinem Feuerzeug — Lisa! Lisa! er beleuchtete ihre leblose Gestalt, die langhingestreckt am Boden lag. Er hob sie empor, er kielt sic in seinen Armen und trug sic auf da« alte Sopba. Dort in der Ecke saß der alte PcterS in seinen Kissen — wa« war da« — sein Auge war gebrochen, aus den verheerten Zügen lag der Glan; eines Lächelns — Friede — selige Nubc. Der alte Pclcr« war todt. War daS Kind allein mit ihm gewesen in der Sterbe stunde, wie sic nun allein war mit der Leiche? Schrecklich! Ein grenzenloses Erbarme» erfaßte ib». er beugte sich über sie, er tastete nach ibrcin Puls, nach ihrem Herze». Es war eine lange, schwere Ohnmacht, jetzt kehrte das Leben langsam wieder, sie schlug die Äugen aus. Sie blickte wirr, entsetzt um sich, sie sah über sich sein gute« Gesicht,-in einem uner klärliche» Impuls schlang sie die Arme um seinen Hals und klammerte sich an seine Brust. Er war ja der Einzige, zu dem sic noch Vertrauen fassen konnte, ikr Schützer, «br Retter die Erinnerung an das Erlebte kehrte ihr zurück. Er hielt sie in seine» Armen, er flüsterte zärtliche Worte, wie man sic zu einem Kinde spricht, an ihrem Ohr, er streichelte ihr Haar. Sic war ihm wieder die kleine Lisa, welche oben an der Treppe schon seinen Namen gerufen und die er in seinen Armen aufgcsangen, wenn er oben war. Sie sprang jetzt empor und löste sich von ihm, sie faßte an ihre Stirn und besann sich Vater! Sie batte ibm keine Arznei gegeben, ihn nicht in da« Bett gebracht — wie viel Uhr war cs denn — sie hatte eine Ohnmacht gehabt, eine lange Ohnmacht. Erich schnitt eS in da« Herz. Sie hatte es vergessen, daß der Schrecken de- Tode« sie bewußtlos gemacht, sie dachte noch ihrer Pflichten für den Lebenden. ...Komm. Lisa, ich bin jetzt bei Dir, wir wollen den Vater in sei» Bett trage», er ist un Frieccu uud in der Klarheit, ev zst «rltzft.* Sic starrte ihn an nnd taumelte zu den, Todten bin. Die Hand, welche aus der Wolldecke lag, war eiskalt. Sic schrie laut aus, es subr ihr durch alle Glieder. War denn der Vater lodt gewesen, als sie umsicl? Halte sie einen entsetzlichen Traum geträumt? Der fremde Man» — Bolgersen — der große Bolgersen — der Glan; dieser Freute — dieser große» grausamen Täuschung — lag auf dem Antlitze de« Todten -Ha! WaS war das Leben — eine gewaltige furchtbare Täuschung. Sie lag, die Arme um die Lcicke gebreitet, nnd schluchzte herzbrechend. Erich stand tief ergriffen »nd ließ ibreni stilinmcn Schmerze sei» Recht. Zwischen ihr und dein Vater war ei» LiebeSband gewesen, er war der Einzige, den sic trotz seiner Jämmerlich keit lieben konnte. Lisa richtete sich auf, sab Erich mit ihrem thrancn- übcrslröinlen Gesichte an und fragte plötzlich, nnver- iniitclt: „Sagen Sie mir, Doetor, ist Angela ei» — schlimmes, ekrloscs Märcbcn?" Er erschrak bcstig „Wer bat Tir da« 'csagt, Lisa?" „Gleichviel — cs ist so — ick sehe e« Ihne» an, und darum — darum wollen Sic schon lange, daß ich — nicht hier sei» sollte." „Ja, Lisa — darum." Sie erhob sich — schwer, steif. Er wollte sie Nutzen, sie wehrte ibm. „lind so bin auch ick eine Ancgcsioßcne durch der Meinen Schuld und kein ehrbarer Mensch kan» G,mcj„sch,ist mit mir babcn", sagte sie mit einer ticscn, uniialüriicheii Stimme. „Lisa — Unsinn — wer - wer ist so grausam gewesen —" „Halt! Keiner — ick selber habe cs geahnt, ich wollte mir mir Gewißheit verschaffen." Er sab sie in böckstcr Venvundernng an. wie verändert war sie Hatic sie mit Angela einen Eonslicl gehabt? Angela war zu Allem fähig. Es mnßte irgend etwa« geschehen sein. Sie Kais ibm die Leicbe de« Vater« in die Kammer trage» Behutsam leitete sic das Haupt de« Tobten auf die Kiffen. „Du hast eS jetzt gut", sagte sie. „Du hast Rübe und Frieden und Deine letzte Stunde war froh" Sie war also bei ibni gewesen in der letzten Stunde. Erich »lockte sie nichts mehr fragen Ec lehnte ihren Kopf an fei« Brust und küßte chrr weiß« Stirn.
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