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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.06.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920614026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892061402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892061402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-06
- Tag1892-06-14
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stichle» »Nu n, :j »in' ,iu > > ^ ^:I tir k, r«i, Pi 2.«: Teile bei Ha idtt«. M. >L- tn du ch»»I »°l u!«n lich .ch»« crtick- in^ Ein? ge: >9H; chL M 2.- M. 8.- » Li» m»! »>d au -a» I dur' «i ich ge-»MI. gona mgn ,te. Viach Gezechn. . Pulks stelluigeii v. M. 8.SV Inlchou ng» wolle« iS«! lir «e d» 2 Bänd? 1 Band 4 Bänd? 2 Bände 1 Band 2 Bände l Band eleganten Schwär? ark. A b« Haupt»xpedIti»U ad« de» i» 8tr^t> «eitrk »ad dr» Vororte» errichtete» Aul» -»bestell»!, «bgeholt: oiertrljichritch zwetmaliaer täglicher Zustellung t«< Haul Ü.SO. Durch die Post brzoqea für D»»tschland »»b Oesterreich: v,-rlel,ährtich «.— Direct» täglich« ikreugbaudienduug «Maud: »tätlich ^ ».—. Dt» Morgen.Uuägab« «rsch»i»t täglich'/,? Uhr, hi» Adend-Autgah» «och»»tag« b Uhr. UeLartio« »ad LrveLitioa: Aohauueägaß» 8. DteErpedttioa ist Wochentag« »nanterbrvche» g^Met vo» früh 8 bi« >brud« 7 Uhr Filiale»: vtt» L«««'» Lsrti«. Olfre» Hatzttjd Uaiversitüttstraß« Ö Lsut« käjch«, Aacharinrnstr. Ich pur», «ch KS»ii»PIatz 7. «bend.Uusgabe. LM» sti PMS, L-c-lzeschlchle. smdklS' »s Ekilhiistsvttlthr. Die 6 gespaltene Petitzeile Reklame« unter dem Redactioassirich («q» spalten) üO-C- sor de» Familieanachrichte» - (h gespalten) «0^. iprSbere Schriften laut unierem Preis« vergochuih. Labellarijcher und tzifferalotz »ach höherem Laris. Ghtru-Beilagr» (gesalzt), aar mit der Pivl ae». Ausgabe. ohne Postbesörderuag SO—, mit Postbesörderuog 70. Äuuahmkschluß fir Inserate: Abead-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« « Uhr. Sonn« und Festtag« früh S Uhr. Bei den Filialen und Auiiadmesiellen je eia« halb« Stand« früher. Inserat» Puh stets an dt« Erheditio» gu richte». Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig ^Z3«l. Dienstag den 14. Juni 1892. 88. Jahrgang Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. Juni. Der Parteitag der Conservative» des König reichs Sachsen, der gestern in Dresden stattgesundcn har, hat einen in mehr als einer Hinsicht interessanten Vetlaus aenonimeo. Bor Allein war er bestrebt, den Wählern im Lande daS unerquickliche Schauspiel zu ersparen, das die deutschconservative Partei in Preußen durch den zwischen den Extremen und de» Gemäßigten herrschenden Zwiespalt und Hader liefert. Und diese« Bestrebe» ist von Erfolg gewesen. Der Parteitag hat ein Bild der Einigkeit geliefert, um das die preußischen Eonscrvativen ibre sächsischen Gesinnungs genossen wahrscheinlich beneiden. Er zeichnet sich ferncr dadurch auS, daß er rückhaltlos das coUegialiscke Verhältnis; betont hat, in dem die conservalivcn LaudiagSabgcordnctcn zu ihren nationalliberalen und fortschrittlichen Evllegen sieben und daS die Möglichkeit bietet, auch bei den Wahlen ei» gutes Ein Vernehmen zu pflegen, um der Uebersluthung des socialdcmv- kratischen Einflusses zu steuern. Die Herstellung jenes Bildes ist freilich nur möglich geworden durch eine ganz eigcntl.ümliche Be handlung derjenigen Frage, deren Lösung der hauptsächliche Zweck deS Parteitages war: der „Judensrage". WaS hierüber gesagt und beschlossen worden ist, stellt sich als ein Comproniiß heraus, der an Unklarheit und Vieldeutigkeit kaum seines Gleichen hat und mit dem in der Praxis die Wähler schwerlich etwas anzufangen wissen weiden. Die specisischeu Antisemiten und ihr Programm wurde» entschieden verurtbeilt, ihre Agitation als weder christlich, noch sittlich, noch conservatlv bezeichnet, gleichzeitig aber erhielt Herr Stöcker die Bezeichnung eine? reisen, ruhigen und besonnenen Mannes. Wir entnehmen über diesen Tbeil der Rete des Frhrn. v. Friesen den „DrcSd». Nachr." folgende» Bericht: „Da- conservative Programm von I87K befriedige in so fern nicht mehr, als Pnnct 4 nicht ausreiche. Tort Hecht es: „Das religiöse Leben unseres Volkes, die Erhaltung und Wiedererslarkuiig der christlichen und kirchlichen Einrichtung,n, vor Allem die con- fessionelle christliche Volksschule erachten wir für die Grundlage seder gesunden Entwickelung und für die wichtigste Biiigschait gegen die zunehmende Verwilderung der Masse» und die fortschreitende Aus- . lösung aller gesellschaftlichen Bande". Unsere Zeit verlange hier ei»e entschiedenere Aussprache Dessen, waS wir wollen. Ter ge- sammte Staat mit allen seinen Einrichtungen und Gesehen müsse da« Gepräge der christlichen Gotte-ordnung tragen und der christliche Gedanke müsse wieder im. ganzen Volke zur Geltung kommen. Erst von hier aus werde sich der rechte Etnndpunot sür die Brurtheilung der socialen und insbesondere der Juden- Frage ergeben. Redner behandelte hieraus eingehend die Frage, was die konservative Partei in Sachte» und im Reiche auf Grund des Programms von 1878 geleistet habe Bei der Bemerkung: die conservative Partei müsse eine anti semitische Partei sein, sonst höre sie auf, eine con- servative Partei zu sein, erschallte zum ersten Mate ein leb- haste- Bravo. Ter Lern des JudeulhumS sei die Anschauung, daß Israel als daS auserwahlte Volk Gottes zur Herrschaft über alle Völker berufen sei. Nicht blos dem orthodoxen, sondern auch dein Reform-Juden sei der Glaube an die derclnsiige Wclltierrlchcist de« Judenthums der Kernpunkt seiner Weltanschauung Erst kürzlich habe ei» hervorragender Jude gesagt: Israel ist berulen, der ganze» Welt das Heil zu bringen. Die Zeit ist nahe, denn das Kreuz zer bricht. Ter Jude wolle nicht tm Staate neben dem Ehriste» lebe»; sondern da- Volk zu seinem willenlosen Diener zu machen, lei dar Streben de- bewußten Judenthums. Ter Vortragende beleuchtete daun näher die Macht de» Judenthums. Ucberall sei dasselbe thalig zum Verderben des deutsche» Volkes. Das conscrvalive Programm von 4876 enthalte zwar nichts Epecielles über die Jndciiflage, aber die konservative Partei habe zu derselben stet» Stellung genommen. Die Emaneipation der Jude» haben die Conservative» früher euer- gisch bekämpft. Nicht den Conjervutiven sei »S zur Last z» lege», daß sie gelungen sei. Bedenklich erscheinen dem Redner sowohl die Aufhebung der Emancipation, als auch ei» Ausnahme geseh gegen die Juden, weil dadurch daS uerjudete Christen thum nicht getroffen werden könne. Juden von den obrig keitlichen Aemlern auszusch ließen, sei nicht auf dem Wege der Gesetzgebung zu erzielen, sondern dadurch, daß di« allgemeine chrtsttich-sittUche Erkenntlich im Volke gesichert werde. Tie konservative Partei habe stets ihren Antisemitismus bewilligt; sie sei die älteste, stärkst«, thatkrästigste antisemitische Partei. Ei» vaupliheil de» Vortrages bildete weiter die sehr scharfe Polemik gegen die specifisch antisemitischen Parteien. De» Antisemiten fehle oft die Reife, Ruhe und Be sonnenheit eines Stöcker (!!>. Tie ontisriuiliichen Führer seien zum Tbeil verfehlte Existenzen, welche aus eine fragwürdige Vergangenheit zurückblickcn. Tie Waffen zur Bekämpfung der Juden würden theils dem Arsenal de« Juden thums felbst, theils dem Demagoge »thum eittuommen. WaS Las Programm der Antilemilcu Gules biete, stten lediglich Aussübrnuge» confervalivcr Gedanken. Was die Antisemiten Neues bicle», sei meist bedenklich. Ihr Programm operire mit unreifen Ideen Ins Blaue hinein. Es sei innerlich unbegründet und zu sammenhanglos. Bedenklicher als das Programm sei die Agitation der aiitijemilischen Parteiführer. I» ihrer Anmaßung und Verblendung jähe» Sic nicht, daß das Gute in ihren Be strebungen nicht neu und das Neue »tcht aut sei. Sie arbeitete» demagogtjch. Man ersetze den heiligen deutsche» Ernst durch billigen jüdische» Spott. Mit solcher oberflächlichen, bedenkliche» und unschönen Agitation hatten die Conservative» nichts gemein, denn sie sei weder christlich, noch sittlich, noch conservativ. Solche Agitation kläre nicht die Verhältnisse, sonder» verwirre sie und schwäche die gemeinsame Sach« der siaalserhaltcnden Parteien. Er hoffe, daß die besseren Anhänger der antisemitischen Partei sich allmäiig zum Couservatismus bekehre» werden. Für solche Antisemiten aber, deren Element der Raddau ist, sei in der coiiservalive» Partei kein Raum." Wenn mau Herrn Stöcker streichelt und die „spccifischen" Antisemiten veruclbeilt, wenn man aus ei» AnSuahnicgcsctz gegen die Jude» und ans die gesetzliche Ansschließung derselben vo» de» obrigkeitliche» Aemlern verrichtet und gleichwohl tic konservative Partei als die älteste, siärlslc und thallräfligste antiscmilische Partei preist, die in ihr Programm den Kamps gegen die anwacbsendc Macht deS JndenIbumS auszunehmen für ein dringendes Ersorderniß hält, so verzichtet man darauf, von dem schlichten Manne verstanden zu werden und ihm eine Richtschnur sür sei» Verhalte» zu geben. Einigkeit ist etwas Schönes, Klarheit noch etwa« Bessere-, denn sic allein kann die Einigkeit sichern. Ter Einigkeit und der Stöckcr- Hamnierstein'schen Nichlnng zu Liebe hat man die principiclle Stellung gegen daS Jutentdum in das Programm aus genommen; der Einigkeit und den gemäßigten Parteigenosse» zu Liede hat mau die principicllen Antisemiten verurtbeilt und Ausnahmegesetze gegen die Juden, sowie die gesetzliche AuS schlicßung derselben von den obrigkeitliche» Aemlern verworfen ; wie nun der Kampf gegen da- Jndenlbum geführt werden soll, bleibt dem Einzelne» überlassen. Wenn er sich nach Herr» Slöcker bildet, so wird er freilich nicht allzu wählerisch sein. Tann wird der Jude — mag er nun gut oder schlecht sein — gehetzt und verdammt, weil ihn der Herrgott von einer jüdischen Mutter hat geboren werde» laste», und der »nchristlichstt Cbrist wird ihm vorgezogen. Wo wird dann noch der Unterschied zwischen „specisischen" und „conservativen" Antisemiten zu finken sein? So hat daS Streben »ach Einigkeit eine» Pnnct in das Programm der sächsischen Eonservalivc» gebracht, teste» sick' hauptsächlich die Herren von Hamme,stein und Stöcker und ihre vo» den „spccisrschen" Antisemiten kauin zu unterscheidenden Gesinnungsgenossen zu freuen haben werden. Mit ihren Versuchen, den Antisemitismus auch in katho lische Kreise ,,, pflanzen, haben die extremen preußischen Eonseivalive» kein Glück. Bald erhalten sie hier, bald dort eine Absage. Eine neue liegt vom Niederrhein in Form einer Eiliärung der „Köln. BolkSztg." vor, die u. A. schreibt: „Jebensalls hat die Cenlrunispartet mit einem Organ der anli- semiliichcn Partei nicht- zu schaffe», mag es nun im katholischen oder protestantischen Rock aus die Jndenjagb gehe». Diele „reinliche Scheidung" wurde schon der Trieb der Seibslerhattnng fordern Tie iogenannie deutsch-sociale Partei macht Propaganda für sich leibst uud am Niederrhein giebt «S keine andere Haut, aus der sie Riemen schneiden könnte, als die des Eenlruins. Läßt man die Herren un gestört weiter wirthschastcn, so habe» wir bei den nächsten Reichs- lagswahlen antisemitische Candidaiure» in sicherer Aussicht; denn das Cenlrum selbst stellt keine antisemitischen Landtdaten auf. Diese parteltaklische Erwägung ist freilich nicht der einzige, nicht einmal »er Hauptgrund, wesdalb wir gegen die Machenichasien am Nieder- rhrin die reinliche Scheidung verlangen. Das Wesentliche ist, daß wir den landläusigen Antisemitismus sür unver einbar halten mit den Gebote» unsere» Glauben« wie mit dem Programm unserer Partei. Le»trum uud katho lische Kirche wollen mit dem Evangelium, da- die Herren Ziiniiie» mann und 1>r. Danneil in Köln und anderswo gepredigt haben, nichts gemein haben." Nach einem von der „Neuen Züricher Zeitung", wenn auch mit allem Borbehalt, so doch wicdergegcbencn Gerücht ist i» Bern eine kriegsgerichtliche Untersuchung darüber eingeleiiet, ob nicht mehrere Soldaten deS Jnsan- lcric Regiment« Nr. 4 ihre Dienstpflicht durch Knechte und Tagelöhner hätten abmachen lassen und selbst zu Hause ge blieben seien. Dasselbe Blatt verzeichnet ein weiteres Gerücht, daß bei demscldcn Regiment gelegentlich eines Manövers von der einen Seite mit scharfer Munition geschossen worden sei. Ein Baseler Blatt berichtet Gleiches vo» einer Hebung deS 12 Bataillons. Wir »cbinen cbcrisalls mit Vorbehalt von diesen Gerüchten einstweilen Kenntiiiß und warten, wie vo» Seiten des schweizerischen Mililairttpartemcni- die in de» Blättern der Schweiz lebhaft verlangte Aufklärung lautet. Den Beweis, daß in manche» Landern die Bevölkerung noch nicht reis ist für ein freies, politisches Wahlsystem, liefert gegenwärtig Belgien, das Land, welches früher alS ein Mnstcrstaat constitulionell-parlamentarischcr NegierungSwcisc hingestellt zu werden pflegte. Nack, de» vorliegende» Melkungen ist cö in den letzte» Tagen in Brüssel und anderen Orten auS Anlaß'der heute statlsindenden allgemeinen Wahlen toll hergegangcn und die Angehörigen der beiden kämpfenden Parteien haben sich gegenseitig die Köpfe blutig geschlagen. Die größten Befürchtungen wegen drohender Excessc werde» sür beute, den Wahltag, gehegt und in Brüssel sind Maßregeln ergriffen, welche fast de» Eindruck erwecke», als ob der Belagerungszustand proclamirt sei. E- liegen folgende Telegramme vor: Brüssel, >4. Hunt. Bei der gestrige» Wahlversammlung kam es zu thätliche» Ausschreltungcu unter den Teputirte». Gras Merode wurde verwundet und mußte unter dem Schutze der Polizei nach Hause gebracht werden. Brüssel, 14. Juni. Klerikale Blätter und Placate beschuldigen die Liberalen, hervorragende Katholiken überfalle» und mißhandeil zu habe». Tie Blatter bemerken, daß selbst klerikale Senatoren nur unter dem Schutze der Polizei ihre Wohnungen verlassen konnten. Die Liberalen beschuldige» dagegen die Klerikalen, Kravalle zu provociren. Das Ministerium befürchtet tbatsächltch sür morgen Abend ilnd die Nacht die ärgsten Unruhen. Ta» csuumite Stadtviertel, welches die Ministerien, die Kammern und a» königliche Palais einschließt, ist vollständig militairisch besetzt und abgesperrt. Eine besondere Bewachung ist in allen Staats- aebänden organisirt. Der Minister de« Innern »rössnete dem Bürgermeister, daß event. auch das Mitiiaik sür Ausrechierhaitung der Ordnung sosvrt inlekvcniren würde. Zu dem überraschend großen Erfolg deS Ministe riums Giolitti in der Sonnabendsitznng der italienischen Drputirtenkammer habe» persönliche Erwägungen, noch mehr aber der Zwang der Verhältnisse beigetra^en. Zwischen Herrn Giolitti und den au-schlaggebenten Parteien besteht kein eigentliches Band, wohl aber die Erkeniilniß, daß beide Theile einander vor der Hand nicht gut entbehren können und deshalb am klügste» handeln, wenn sie einem^'rallischcn onttlus rivemll huldigen. Herrn Giolitli'S amllichc Slellnng muß ihm ein möglichst dehntsanicS Vorgehen schon »» Interesse dcrLclbst- erhaltnng dringend ans Herz legen; die Mehrheit der Kammer aber würde sich mit den Grundregeln des parlamentarischen und politische» TacleS in Widerspruch setzen, wenn sic einem Ministerium das Leben uiinölbiger Weise schwer machte, dessen einziges Streben darauf abzielt, u»lcr Schonung aller bsreckttiglen und vielleicht auch mancher unbcrechiigten Empfind- lichkeitc» die StaatSmaschine nolhdürslig im Gange zu halten. Etwas Mehrere» hat Herr Giolotti noch nicht beansprucht, ganz besonders nicht in seiner Dudgettactik. Die öffentliche Meinung Italiens und der diesem vorzugsweise bcfrcuntete» Länder zeigt sich denn auch llvcr de» Abschluß der Budget debatte recht befriedigt. Es war da» Beste, was nach Lage der Umstände erreicht werten konnte nnd hilft Uber die Klippen der nächsten Zeit hinweg. DaS Ministerium bat die Feuerprobe ehrenvoll bestanden unr> ein Geschick in Ausnutzung ter parlamentarischen Conjunctur an den Tag gelegt, das ihm auch in den künftigen Actionen ausnehmend ersprießliche Dienste leisten kann. Ans Barcelona lauten auch beute die Mittbcilungen noch sehr ernst und ungünstig. DaS AuSstantSgcbiet umfaßt zwei Drittel der Provinz Eatalonicn Die Ausständigen bestehen darauf, die angeknndiate Straßcn- kundgcbung in einer Stärke von 4o,ouo Kopsen zu nnlcr- nkbmeii und erklären für Aufrcchtcrhaltung ter Ordnung garantircn zu wollen. Der Gencralcapilaiit crössnctc dem Arbcilcrcomitö, daß bei der geringsten Unordnung die Eavallcric cinbancn und die Infanterie von der Schußwaffe Gebrauch machen werde. Tic Ans tändigen erbaten die Intervention deS Gouverneur» uns versprachen die sofortige Wiederaufnahme der Arl'tit, wen» die Ncucittstellniia aller Ausständige» garanlirt würde. Die Arbeitgeber haben indcfl diese Forderung entschie-„ abgclehnt. Der Gencralcapilain hat die Fabrikanten , ' heule Abend zu einer Eonsercnz bcrnsen. Der Ministcrralh hat die schärfsten Repreisivinaßregcln im ganze» AuSsiandS- gedict beschlossen und den Gouverneuren tcingemäß Wocsungcn zugchen lassen. Deutsches Reich. 88 Berlin, l.T Juni. Obgleich da» Abgeordneten haus heute die zweite Bcrathnng des Gesetzes über die „Bahnen unterster Ordnung" wesentlich gefördert Hai, so ist doch zu besorgen, daß die vor Ende der Woche an das Herrenhaus gelangt, zumal am Donnerstag des FrohnlcichnamSfcsteö wegen die Sitzung auSsälli. Dadurch würde der Schluß der Session bis Ente nächster Woche hinauSgeschoden Inzwischen wird das Hans noch eine Inter pellation beschäftigen, welche heute Abend vo» der nalional- liberalcn Partei cinaebracht ist Es wird angcsragt, ob die Regierung von dem Plan unterrichtet ist, den bisher von dem KronsidcicommißsoiidS sür die Theater in Hannover, Wiesbaden und Eassel gezahlten Zuschuß cinzu- zicben, und Auskunft erbeten darüber, welche ccchritle — im Falle der Bejahung der Frage — die Regierung zu ihn» beabsichtigt, »m die dadurch hervorgernfcne Gefährdung dieser Kunstinstilulc zu verhindern. Vo» viele» Seilen und besonders von den betroffenen Städten und Provinzen wird die Be antwortung ter Frage mit größter Spannung erwartet. Dort herrscht eine große Aufregung, welche wohl erklärlich ist, aber auch in weiteren Kreise» hat die mitgekheilte Absicht des HauSministers v. Wedell PicSdorf Befremde» erregt, da der im Jahre 18»ii geforderte und bewilligte Zuschuß zur Eivil- listc ausdrücklich seiten» der Regierung durch den Hinweis aus die den drei genannten Hoslbeatcrn zu gewährenden Sub ventionen begründet wurde. Die Interpellation soll unmittel bar nach Erledigung des KleinbabugesetzeS, also Sonnabend oder nächsten Montag, zur Bcrhantlung gestellt werte». «8. Berlin, 18. Juni. Die Versuche, eine Acnderung der Beziehungen zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck herbcizusübrcn, gelten al» gescheitert. Unter nommen waren sie zweifellos gewesen, denn eine daraus bc zügliche, ini Tone starker Bcstimmlhcit abgesaßie Meldung eines Berliner Blatte» ist noch vor ganz kurzer Zeit durch de» vssiciösen Telegraphen weiter verbreitet worden. — Auch mit ihrem zweiten Eandidate», dem Minister Tbiclcn, haben die Hochcrnservativen in Herford kein Glück. Der selbe ist Mitglied deS BundeSralhe» und als solcher zum Reichstag gar nicht wählbar, klebrigen» würde Feuillctsn. Das Lildniß der Geliebten. Ls Ein« dramatische Novelle von Earl Ed. Klopfer. cRachdr«! und DramUislrung «nt«te».) (Fortsetzung.) „Daß Du nicht vergißt, Norbert, hörst Du, zwei Kilo? Und sage dem Kaufmann, der levle Tkee war nicht meine gewöhnliche Qualität. Aber Du borst ja nicht!" „Ja, ja!" stöhnte der junge Eycmann, der inzwischen die Andern flüchtig begrüßt hatte. „Und daun kannst Du auch unserem Fleischhauer sagen, daß ich nächste Woche kein Kalbfleisch will . . Aber so gieb doch acht!" Damit zog Frau Laura den verlegenen Galten ziemlich energisch zu sicfl herum. „Guten Morgen, Herr Baron, guten Morgen! Sie entschuldigen! — So höre doch, Norbert! Wirst Du merken? Erst den Thee, dann da» Kalbfleisch . . „Ja, ja. ich weiß schon!" rief Grüner älißerst pressirt. „Ich bitte Dich, ich habe keine Zeit mehr, der Omnibu« .. „Und wenn Du zu Tisch gcbst, kannst Du im Vorbei gehen auch zu meiner Modistin hineinsehen." Dock, vlöylich unterbrach sie sich: „Nein doch! Da» ist rigeatlictz nicht nöthig." „Na, auf die Modistin kam' e« mir schon nicht mehr an." „Nein, sag' ich, da« ist kein Geschäft für Dich, ich werde e« selbst besorgen", entschied Frau Laura und setzte dann mit drohendem Mißtrauen hinzu: „Warum nimmst Du dich aus einmal so heiß der Modistin an? Sonst sind Dir doch meine Anträge immer zu viel..." „Also nein, keine Modistin! Und jetzt leb' Wohl, Schatz! Der Omnibu« kann jeden Moment vorbeikommen." „Und halte Dich nicht wieder so lange auf, hörst Du? Ich erwart» Dich wie gewöhnlich mit dem Wagen um sech« Uhr Abend«. Du wristt» ick> lieb« die Pünktlichkeit!" (Ob «r da« wußte!) »Vergiß mir nur ja nicht«! Der Thee..." „Adieu, Schatz!" Gröner schloß dem lebhaften Frauchen mit einem Kuß den Mund. „Ich gebe mit Ihnen, Herr Gröner!" erklärte Werden,, sich rasch verabschiedend; er mochte einschen, daß dir Gegen wart der energischen Frau seinen gebeinien Absichten nicht gerade günstig wäre. Nachdem die Thür hinter ken Herren zugefallen war, brach Käthe in ein laute- Gelächter au«, das die nervöse Fra» Gröner mit pikirter Miene ausnahm. „Was erscheint Ihnen denn wieder einmal so komisch, mein Fräulein? Vielleicht — mein Mann?" „Ach, dieser Baro»! Wenn Sie ihn nur hätten hören können! Ein vicrundsünszigjähriger Schulknabe! — „„Mein Papa!"" — wie da- vo» ihm klingt! Es ist zum Todt- lachen. — Und seine holde Jngenolichkeitl Wenn alle Welt schon den Paletot trägt, er braucht ibn nicht — natürlich, er ist ja wattirt wie ein Polsterstuhl. Und er glaubt, man bemerke seine Glatze nicht, weil er die Haare darüber zu- sammenstreicht." Und bann copirte sie ihn mit verblüffender Virtuosität: „„Mein Fräulein, ich war nie ein Lebe mann!"" — Hahaha! Ich hätte mir beinah« die Zunge abgebissen vor unterdrücktem Lachen." „Sie spotten über alle Welt. — Aber sagen Sie, wird dieser Herr Hilberg, der gestern in« Hau« gefallen ist, wirk lich kableiben?" Käthe wurde plötzlich ernst. „Natürlich. Mein Vormund will ja mit ihm ei» Lustspiel schreiben." „So?" entgegnete Laura mit einer ihr besonder« eizen- tbümlichen trockenen Betonung. „Ich finke e« ganz sonder bar. wie man sich mit dem nächstbesten hergelaufenen Menschen im Handumtreben liiren kann? „O bitte! Wie so hergelaufen?" „Nun, kennen Sie ihn denn etwa naher?" „Freilich", platzte die Kleine berau«, biß sich aber sofort aus die Lippe und drehte sich erröthend um, die Statuetten aus dem Kaminsim» zu betrachten. Laura trat mit großen Augen näher „Wahrhaftig, Sir kennen ihn? Und Pruck schien doch gar nicht« von ihm »u wissen." „Ja, der Onkel kennt iha nicht — aber — ich", sagte Kätbc zögernd. „Doctor Hilberg war ja vorige« Jahr »n Mai auf einige Tage Lehrer in unserer Hamburger Pension — in Stellvertretung unseres erkrankten Literatur- gescbicht«professor«." „Eil Der junge Mann?" „Na, gar so jung ist er doch nicht. — Und wa« sür ein talentvoller Gelehrterl Nur rin bischen schüchtern." Frau Gröner wollte ihrem Erstaunen Ausdruck geben, aber Käthe fand es für gut, sie nicht »um Wort kommen zu lassen. „Man behauptet, er habe eine bedeutende Zukunft vor sich; er gilt heute schon als ein hervorragender Germanist — wie man sagt. Er hat bei uns Waller von der Bogelweide vor getragen — oh! wie bezaubernd!" Sir zog noch rechtzeitig den Athen, an sich und setzte dann gelaffen hinzu: „Ja — Walter von der Bogelweide ist wirklich bezaubernd." ^un, dann muß ich Ihnen gestehen, — e« wäre mir bei Weitem lieber gewesen, wenn Herr Hilberg bei seinen Eollegien über die mittelhochdeutschen Minnesänger geblieben wäre, statt hierher zu kommen, um — ein Lustspiel zu schreiben, wie er eS nennt." „Sie sagen da» so — so... Glauben Sie denn nicht recht daran, gnädige Frau?" „An da- Lustspiel? Hm! Ich weiß nicht — der Mann kommt mir nicht ganz geheuer vor. Ich babe ihn gestern beim Abendessen sehr scharf beobachtet. Es schien mir wirklich so, als ob — als ob er unser Hau- besser kenne, als er verratben wolle und — gerade beranSgesagt — al- ob dieser leidige Lustspielstosf nur rin Vorwand wäre, um andere Absichten zu verbergen. E« gebt mich ja nicht« an, wen Schwager Pruck al« Gast beberbergen will, aber r« paßt »ur nicht, daß sich Norbert mit diesem Fremdling so rasch be freundet." Jetzt wandte sich dir Andere lächelnd um. „Ab, ist e« da«? Sir finden, er sei ke,ne Gesellschaft für Ihren Herrn Gemahl?" „Freilich nicht. Norbert ist leider ohnedies nur zu sehr zu einem Leichtsinn geneigt, der für einen Ehemann ... Aber wa« erzähle ich Ihnen da!" „Natürlich, so etwa« verstehe ich nicht. Ich bin ja — ein Backfisch, der eben auS der Pension kommt und vom realen Leben absolut nichts wissen darf." „Nun, etwa nicht?" Käthe wurde um einen Zoll größer und sagte mit aller liebster Miene: „Madame, ich bin — achtzehn Jahre alt!" „Seht Loch!" „Und wenn ich vielleicht auch wirklich noch nicht alt genug bin, »m Alles zu verstehen, so bin ich doch nicht mehr z» jung — »m Alles lernen zu dürfe», WaS man später im Leben braucht" Und jetzt verfiel sie in einen To» pcrori- rcnder Weisheit. „Sehen Sic, ich habe über diese Frage schon reiflich nachgcdacht und bin zu dem Resultat gekommen, daß cS — ein ebenso lächerliches als verderbliches Vorurihcil ist, wenn man — im letzten Zehnlcl de» neunzehnten Jahr hundert- — noch immer aniiiinmt, daß wir u»S erst — »ach der Hochzeit ein richtige- Bild von de» Männern machen könnte» und sollte». Ich bitte Sie, was hätte den» unsere complicirte Erziehung für einen Werth, wenn wir über daS Problem der Eke nicht schon vorder rellectiren dürften, so lange eS noch Zeit ist, uns vor einem oft sehr unüberlegten Schritt zu bewahren?!" Laura blieb inmitlcn de» Zimmer» stehen und sah die kleine Docentin mit starrer Verwunderung a» „Hören Sie, Fräulein. Sie reden ja wie ein gelernter Moralphilosoph! Aber — Sie habe» am Ende nicht so ganz Unrecht." „Aha!" „ES ist in gewisser Hinsicht Wohl angemessen, daß ein junge» Mädchen von einer erfahrenen Frau einige Winke über da» Eheleben empfängt. — Wenn Sie vo» mir einen Rath annebmc» wollen: Heirathcn Sie nur ja keine» Mann, der jünger ist als Siel" „Ich danke. DaS läge auch kaum in meiner Absicht. Aber — ist diese Sentenz eine Blütbe Ihrer eigene» Er fahrungen, gnädige Frau? Ich dächte doch, Herr Gröner wäre älter als Sie!" „Ich babe einmal gelesen, der Mann, der mit seiner Gattin im gleichen Alter siebt, sei um mindesten» fünf Jabre zu jung sür sie. Mein Mann ist siebennndzwanzig, ich zähle icch-llndzwanzig Jahre — folglich bin ich eigentlich um vier Jahr« älter al« er."
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