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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920809019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892080901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892080901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-09
- Monat1892-08
- Jahr1892
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AbomrrementspreiS tn der Houptexpedition od« den im Etadd» bezirk und de» Voro^»a errichtete« AuS- gavestelle» abgeholt: vierteljährlich ^l4L0l bei zweimaliger täglicher Zustellung int Haus 5ch0. Durch dt» Post bezogen für Deutschland und Österreich: vierte l,ährlich 6.—. Direkte täglich» Kreuzbands«aduug tut Ausland: manatlich -eil 9.—. Dir Morgen.?!uSgab» erscheint täglich'/,? Uhr, di« Abend-Autgab« Wochentags b Uhr. Rk-action vnL Lrveditioa: JohauueSgage 8. Dir Expedition ist Wochentag» anantrrbrochen gtäöntl vo» früh 8 bi« Abend» 7 Uhr. Filiale«: Otto M«««'» D-rti«. (WlsteeZ Haha). Universität«strah» 1. Ln «t» Lösch«. Katharine, str. 14, patt. und WöniAtplotz ?. Morgen-Ausgabe. LMM «gtlilall Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. JnsertionSprei» Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfgl Reklamen unter demRedaction-strich (4gB spalten) 50-4, vor den Familiennachrichteil (6 gespalten) 40-H. Größere Schristen laut unserem Preise verzeichniß. Tabellarischer und ZiflernsaP nach höherem Tarif. ikrtrn-vetlngen (gefalzt), nur mit d«l Morgen-Ausgabe. ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ^ 70.—» Annatimefchluß für Inserate: Abend-AuSgab«: Vormittags 10 Uhr. Margen-AuSgabe: SiachmittagS 4 Uhr. Sonn- und Festtag- früh V,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je elttt halbe Stunde früher. Inserate sind stet» an di« -rtztöltiön zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig. Dienstag den 9. August 1892. 88. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Lekanillmachung, dt« in den TtadttheUen Reudnitz. Neurendnitz, Alt- und Reufrllerhausen, Anger-Crottendorf, Thonberg, Eutritzsch, Ltndrnau. Plagwitz, Kleinzschocher. Schlentzig. Connewitz und Lütznig untrrgebrachtrn Ziehkinder brtr. soll Freitag, den 12 August 18V2, von Rachmittags '/,2 Uhr ab im Satfersaale der Ccntralhalle zu Leipzig die ärztliche Untersuchung aller in den obcngeuannteii Ttadt- theilrn bei srrmdrn Leuten gegen ein festgesetztes Zirhgrld untrrgcbrachte». noch nicht fchulpslichtige» antzer- cheltchen «,nder stattfinden. Die Ziehmütter, welche tu der Lage sein müssen, über Namen, Geburtsort und Alter der außerehelichen Eltern, sowie des Kindes selbst, bezüglich der Eltern auch über deren Stand Auskunft zu geben, werden hierdurch ausgcsordert, jene Kinder am eingangs- erwähnten Tage dem Ziehkinderarzt Herrn vr. mell. Taube unter Vorzeigung des Controlbuches vorzusiellen. U»r»tsch»ldtgtcs Aiitzciiblribrn verwirkt neben einer Lrdnuiigsstrasc uunachfichtlich die Berechtigung zum Halten vo» Ziehkindern. Leipzig, den 2. August 1892. Ter Rath der Stadt Leipzig. (Armen-Amt. Abthetlung IVI».) I. V. IVb. Nr. 1882.Ludwig-Wolf.Hsr. Lekiillnllnachung. Die Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 31. Juli bis 6. August 1892 im Argandbrenner bei ISO Litern stündlichem Cousum das 18,7 fache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Das specifische Gewicht stellt sich in, Mittel auf 0,447. Leipzig, an, 8. August 1892. TeS Raths Deputation zu den Gasanstalten. DiebstahlS'Üekanlllmachung. Gestohlen wurde laut hier erstatteter Anzeige: 1) ein goldener Klemmer mit Schildkroteinlage — tu letzterer ein Defekt —, am 30. v. M.; 2) eine nenfttberne Cytindernhr mit Sekunde, Stahlzeigern und der eingravirte» Bezeichnung „Oimbourx", sowie mit , hängender filoerner Panzrrkette, am 27. v. M.; 3) eine fildrrne Chiinüer-Remoiiloirnhr mit Goldrand, Nummer 721/8. 28., aus 8 Steinen, mit anhängender Rickelkrtte mit dem Bergmannszcichen, am 21. v. M.j 4) eine silberne Reinontoiruhr mit Sekunde, blumenartiger Gravirung auf de: Rückseite und der Bezeichnung: „W. Lnglor", am 30. v. Nt.; ü) eine goldene Tamen-Remoiitoir-Savoiinettr-Uhr mit Schildchen aus der Rückseite und anhäugcndcr kurzer, gewundener goldener kette mit Quaste, am 20. v. M.; 6) IS—11 Paar silberne Messer »nd Gabeln, 18 Stück silberne Gabeln, 2.» Stück Tlsckinrsscr mit versilberten Griffen, c> silberne Suppenlöffel und 28 Stück silberne Kaffeelöffel, zum Theil gravtrt: .AoeLerleurs LsUsr", vom 1. März bis 1. August d. I.; 7) ei» Sommerüberztcher von hellgrauem rauhen Stoff, mit einer Reihe übersponnener Knöpfe, grauem Futter, 2 inneren Brust taschcn und einem Henkel mit der Bezeichnung: „Kicbarll Werner, Loiprig", am 31. v. M.j 8) ein kleiner schwarzer Mnsterkoffer >»it knopfmustern, in schwarzer Glanzleinwano mit Riemen verpackt, am 1. d. M.; 9) 80 Flaschen div. Wrtstweine, alS: Dürkheimer, Boden Helmer. Moselblümchen, Hochheimer, KönigSbacher und Neustädler, 8Ü-35 Flasche» Bordeaux und eine größere Lnanttät Butter, am I. d. Mtt 10) 8 Flaschen Weißwein mit grüner Etiquette der Firma Otto Maul, ca. I« Pid. Speck, ttPsd. Zungen- und Crrvelat- wurst. am 4. d. M.; 11) 12 Flaschen Rothwein mit der Etiquette „kantet O'anet kauillao Lorllenur", am 3. d. M.; 12) ein Handwagen, 2rädrig, blaugestrichen, mit Patcntachsen und dem eingeschnittenen Zeichen „X. L", am 29. vor. M.; 13) rin ktiiderschiebewagc», vierrädrig, grüngestrichen, mit braunen Vorhängen, am 29. vor. M. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Lhätcr sind ungesäumt bei unser« Kriminal» Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 8. August 1892. La» Polizeiamt der Stadt Leipzig. Bcetschneider. N. Rußlands Niedergang. Auch im Jahre 1812 hat Nußland eine schwere Zeit durchgemacht. Der Einfall der Franzosen hatte die Bewohner der Städte, die auf dem Wege von Wilna nach Moskau liege», genöthigt, ihr Eigcnthum den Feinden prciSzugebcn, um ihnen auf diese Weise den Untergang zu bereiten. Ter Plan hatte Len gewünschten Erfolg, Kälte und Hunger haben ei» für die damaligen Verhältnisse ungeheueres Heer vernichtet, und dieser Schlag zog auch in seinen weiteren Folgen den Sturz de« Welteroderers Napoleon nach sich. Damals bat Rußland schwere Leiden über sich ergehen lasier, aber sie wurden stand- bafl und in dem Bewußtsein ertragen, daß sie das sicherste Mittel gewährten, um Rußland- gefährlichsten Feind zu besiegen. Rußland hat seit dem Sturze Napoleon'S eine Periode res Aufschwunges erlebt, welche ihm ungeheure Gebiete unter warf und die Hoffnung erweckte, daß es ihm eines Tages gelingen werde, in Asien seine Alleinherrschaft aufzurichten. Diese große Macht ruht aber nicht auf sicherer Grund lage ; denn sie ist das Ergebniß eine- schrankenlosen Despotis mus, der seit dem Regierungsantritt Alexander'« III. nicht nur keine Einschränkung erfuhr hat, sondern täglich an Schroffheit gewinnt. Die Russificirung begann in den Ostsee- Provinzen, sie pflanzte sich »ach Finnland fort und feiert jetzt in Polen ihre höchsten Triumphe. Man ist jetzt dort an der Arbeit, alle polnischen Beamten durch russische zu ersetzen. Tie angebliche Aeußerung de- Zaren, daß die Polen zur Selbst ständigkeit unfähig seien unv deshalb zu Grunde geben müßten, mag erfunden sein, immerhin ist sie charakteristisch und paßt in dir gegenwärtige Lage hinein. Da« Schlimmste an den beuligen russischen Zuständen ist der Zwang, da« griechisch-orthodoxe Lekenatniß anzunehmen» der sich gleicherweise gegen Protestanten wie Katholiken richtet, wie noch jüngst der polnische Abgeordnete Szczegenowski im österreichischen Parlament »achgewiescn hat. Die Ruthcnen, von deren Schicksal in der Presse so gut wie nichts verlautet, obwohl sie eine Bevölkerung von 20 Millionen darstellen, entbehren, weil auch sie dem Confessionszwangc unterliegen, der Geistlichen, die ihnen das Socrament in ihrer Sprache spenden. Dazu kommt ein wahrhaft erschreckender Mangel an Unter- richtS-Anstallen. Die Zahl der Analpbabeten in Rußland ist über alle Begriffe groß, die Landbevölkerung wird in einem Zustande erhalten, der sich von dem dcS VicbS vielleicht nur dadurch unterscheidet, daß er tbcilwcise schlechter ist. Und was geschieht, um die Lage der Landbevölkerung zu verbessern? Nichts. Bekanntlich hat der Notbstand deS letzten ÄahreS den Viehsland in den davon ergriffenen Regierungsbezirken theils vernichtet, theilS sehr vermindert; trotzdem werten schon jetzt Mahnungen wegen Zurückzahlung der gewährten Unter stützungen erlassen. Die Finanzen befinden sich in einem er bärmlichen Zustande, und daS ist der Grund der unverant wortlichen Maßregel, die übrigens gänzlich wirkungslos bleiben »inß, weil da, wo nicht- ist, auch der Kaiser sein Recht ver loren bat. Bisher hatte die russische Negierung vor allem den Kampf gegen die Umsturzpartei der Nihilisten zu bestehen, jetzt ist sie auch zur Abwehr vonNoth,Krankheit undDummheit zcnöthigt. Denn welche Ursache haben die Ausstände in den von der Cbolcra ergriffenen Gegenden sonst, als die Unfähigkeit, sich dem Un glück, soweit eö unabwendbar ist, mit Ergebung zu unter werfen und alle Mittel zu benutzen, die eine erfolgreiche Bekämpfung ermöglichen? Städte wie Charkow, daS Sitz einer Universität, eines technologischen Instituts und einer Thierarzneischule ist und 150 000 Einwohner zählt, steht in hygieinischer Beziehung aus Lein Stankpuncte von Mittelasien — die Errungenschaften der Neuzeit sind daran spurlos vorüber- gcgangen. ES versteht sich von selbst, daß die Einrichtungen in geringeren Städten noch weit mehr zu wünschen übrig lassen. Hier fehlt eS anAcrzten,dort an barmherzigen Schwestern in den Cbolera-HoSpitälern, unk fast überall sieht sich die oberste Medicinalbehörde gezwungen, der Dummbcit Zuge« ständnisie cinzuränmcn, die den Anforderungen der vernünftigen Krankenpflege nicht entsprechen. Damit dem wahnsinnigen Gerede ein Ende gemacht werde, daß die Kranken lebendig begraben werden, wild angeordnct, daß 24 Stunden »ach deni Tode der Eholerakrankcn eine nochmalige ärztliche Unter- suchung den Tod der Kranken bestätigt. Der beilige Synod verorvnet in seiner Frömmigkeit Processionen und Bittgänge zur Abwendung der Cbolera, und die Aerzte sind gezwungen, bei der Medicinalbehörde Beschwerde zu erheben, weil da durch die Verbreitung der Seuche gefördert wird. Den amt lichen Mittheilungen über dieZahl der Kranken und Gestorbenen wird in aufgeklärten Kreisen nur sehr beschränkter Glaube beigemesscn, sie bleiben nach der allgemeinen Annahme weit hinter der Wirklichkeit zurück. Dagegen ist die oberste Medicinalbehörde genöthigt, außerordentliche Maßregeln zu ergreifen, um den Mangel an Aerzte» tbeilweise anSzu gleichen. Ein Aufruf dieser Behörden fordert die russischen Unlertbanen beiderlei Geschlechts, die an ausländischen Universitäten ihre medicinischen Studien beendet haben, auf, sich zur Behandlung der Cholerakranken zur Verfügung zu stellen. Ein solches Bild der Noth und des Elends, wie cS Rußland gegenwärtig den Blicken der erschütterten Welt entrollt, hat wohl noch kaum jemals eine Macht ersten Ranges dar geboten; der Beobachter beklagt den Jammer und die Fänlniß, die sich in diesen Thatsachen kund geben, aber er kann die Regierung nicht von der Schuld daran sreisprechen. I» dem Streben, das Reich vor den Trägern des Umstnrrgedankens zu schützen, ist das Dasein der für die Wohlfahrt des Ganzen wichtigsten BevölkcrungSkrcise in Frage gestellt worden Vergleicht man damit die Bemühungen der russischen Regierung, in Bulgarien einen Ausstand zu erregen und den Prinzen von Coburg von seinen: Posten zu entfernen, so drängt sich daS Unheil auf, daß Rußland mit große» Mitteln Kleine« erstrebt, während cs ibm an Vcr ständniß für die wahren und wichtigsten Bedürfnisse des russischen BolkcS mangelt. Das Leben deS Staatsoberhaupts kann eine Zeit lang Lurch Gewaltmaßregcln nach unten ge fichert werden, obwohl auch in diesem Falle keine Bürgschaft für die Erhaltung dieses Lebens geleistet wird, aber die größte Sicherheit für den Herrscher gewährt immer nur das Wohlbefinden des Volkes. Seit einer Reihe von Jahren ist die Wohlfahrt dcS russischen BolkcS systematisch geschädigt worden, keinesfalls in der Absicht, diesen Erfolg zu erreichen, aber in dem bcklagenS wertben Jrrthum der maßgebenden Kreise, daß durch die voll ständige Gleichheit aller russischen Unicrthancn in ihren Rechten und Pflichten und in der unbedingten Herrschaft der griechisch orthodoxen Religion die beste Gewahr für den Bettand des russischen Reiches geboten sei. Wenn so das Volk zum willenlosen Werkzeug deS Despotismus herabgewürdigt ist, so ist nach der Meinung der Machthaber zugleich die Well Herrschaft Rußlands auf eine sichere Grundlage gestellt. Die Armee wird so verwendet, wie es den Uebcrlieferungcn des Reiche« und den Aussichten entspricht, welche die tbat sächlichen Verhältnisse gewähren. In Asien ist die Bahn für Eroberungen immer frei, dort gilt eö nur. den rechten Augen blick für die Ausdehnung der Macht Rußlands geschickt zu benutzen, dann kann cs an dem beabsichtigte» Erfolge nicht feblen. Die Erfahrung bestätigt die Richtigkeit dieser An nähme, und wenn darin augenblicklich durch den Kampf aus dem Pamirplateau eine Ausnahme festgcstellt ist, so wird dadurch an der Regel »ichlS geändert, denn Niemand zweifelt daran, daß Rußland diese Scharte bald wieder aus wetzen wird. So viel ist aber gewiß, daß eine Macht, und wenn sie noch so groß ist, sich a»s die Dauer nur zu halten vermag, wenn ihre Grundlagen gegen den Strom der Zeit durch ihre Ge sundheit und Zweckmäßigkeit geschützt sind. Bei Rußland ist daS unzweifelhaft nicht der Fall, kenn dort sind nicht die be rcchtiglen Ansprüche deS Volke« daS Entscheidende, sondern lediglich dir Willkür der Machthaber. Man kann rin großes Volk, so lange cS nock unmündig ist, durch rerkebrke Maß regeln zu Grunde richten, aber ohne Berücksichtigung der natürlichen Neigungen und Eigenschaften eines Volke« ist noch niemals dessen Blütbe herbeiaefübrt worden. Die sehr ent- wickelungSsähiae russische Bevölkerung geht schließlich an der Verkehrtheit ihrer Negierung zu Grunde. * Deutsches Reich. tt Berlin, 7. August. Eine „Uebcrschwemmung mit Arbeitslosen" stellt das Berliner Centralorgan der Socialdemokralie, der „Vorwärts", den großen Städten, vor Allem Berlin, für den kommeiiden Winter freundlichst in Aussicht. Man wird wohl nicht schl geben, wenn man in diesem Falle den Wunsch als Vater dcS Gedankens bezeichnet. Die socialdemokratische Agitation braucht möglichst zahlreiche Arbeitslose zur Jllustrirung ihrer Behauptung von derUnsinnig- kcit und BolkSfeindlichkcit der herrschende» Gesellschaftsordnung. Bisher konnte sie ihren vorschriftsmäßigen Bedarf an arbeitlosen Elcmcnteii so ziemlich immer an Ort und Stelle selbst, mittelst all üoo inscenirler Streiks, decken. Allmälig aber cheint dieses Mittel nicht mehr recht verfangen zu wollen. So mutbwillig und frivol vom Zaune gebrochene Arbeits einstellungen, wie z. B. der SctzerauSstand des vergangenen WinterS, haben daS Streiken unter den Arbeitern, auch den ocialdemokratischen, einstweilen stark in Verruf gebracht; die zewerbSmäßigen Agitatoren und ihre Casfen sind aufs Trockene gesetzt, ihre Versammlungen werden zusehends chlechlcr besucht, die Opferwilligkeil der Arbeiter geht zurück. Wenn es gelänge, auswärtiges Angebot in größerer Blasse zum Winter nach Berlin zu locken, so würde der social- demokratischen Parteileitung damit ei» brauchbares Mittel an die Hand gegeben, ihren hiesigen Anhang wieder so ge fügig zu machen, als sie cS für ihre Zwecke nöthig bat. Für andere Großstädte dürfte dasselbe Calciil Platz greisen. An gesichts diese« taktische» Manövers möchte cs sich empfehlen, den Leuten überall noch rechtzeitig die Augen zu offnen und sie vor dem Mißbrauch zu warnen, der socialdemokratisckcr- feits zum Winter durch sie und mit ihnen getrieben werden soll. O> Berlin, 7. August. Die socialdemokratische Parteicasse hatte im Monat Juli mehr Glück als in den Vormonaten, da die Parteiuiiternehmungen größere Betrage einzusenden in der Lage waren. Es sandten größere Summen ein M. L. 300 „Mann im Mond" lDietz' Druckerei und Verlag in Stuttgart) 800 „Vorwärts" (Zeitung und Buchhandlung) 10 645 Schöneberg 150 .6, Zwickau, Hanau und Personal deS „Vorwärts" >e 100 -F, Hannover 500 Hamburger Tabakarbeitcr-Genosienschasl, Zimmerer Hamburgs und München je 100 „Vergißmeinnicht" (Firma 'lucr L Eo. in Hamburg, Zeitung und Verlag) 10 000 ^ und die Berliner Wahlkreise 1412 Für Maifest Zeichen gingen 460 ein. — Die Nachricht, daß die Berliner Volkstribüne" Zuschüsse erfordere und des halb eingehen werde, wird von der Nedaction deS Blattes bestritten. Es erscheint uns auch unzweifelhaft, daß die Parteileitung das Blatt nicht eingehen lassen wird, da eS in radikalem Tone geschrieben wird und deshalb die revoliitionaircii Elemente in der Socialdcmokratie bei derselben sestbält. Die „Volkstribüne" nimmt gewissermaßen eine vermittelnde Hal tnng ein. — Tic socialdemokratische Genossenschaft- Bäckerei bat Pech über Pech. Der Anfsichtsrath hat sich genöthigt gesehen, den Geschäftsführer EaSpar plötzlich seines Posten« zu entheben. Ter Grund hierfür wird erst in der außerordentlichen Generalversammlung bekannt gegeben werden. * Berlin, 8. August. (Telegramm.) Die Vorver handlungen zu einer etwaigen deutsch-russischen Zolleinigung wnrdcn, wie wir erfahren, heule Vormittag l l Uhr im NeichSamt deS Innern ausgenommen. Zu den Verhandlungen waren Vertreter der betheiligtcn NeichSresiorlS, des ReickisaintS des Innern, des NcichösäiatzamlS und des Auswärtigen AmtS, sowie der preußischen StaatsrcssortS, deS Finanzministerium«, dcS Ministeriums deö Innern, deS Ministeriums für ösfenllicbe Arbeiten, sowie der Landwirlh schaft, Doniainen und Forsten zugczogcn>wordeii. Tie Nach richk, daß der Finanzminister Or. Miguel den Vorsitz führte, bestätigt sich nicht, derselbe wohnte nicht einmal den Berhand lungcii bei, die Ministerialdircctor Nieberding leitete. * Berlin, 8. August. (Telegramm.) Die „Wiener Polit. Corr." veröffentlichte kürzlich über daö Project einer Berliner Weltausstellung einen Berliner Brief, der trotz seiner handgreiflichen Verdrehungen unv Jrrthümcr vielfach als ofsiciöS bezeichnet oder Wohl gar dem Reichs kanzler Grasen Caprivi zugeschriebcn wurde. Es hieß in diesem Briefe u. A.: „Die Idee, die ganze technische und künstlerische Entwicklung deS 19. Jahrhunderts in einer Ausstellung vorzusühren, ist in amt- lichen Berliner Kreisen entstanden. Eine Aeusjerung in diesem Sinne mag der Reichskanzler i» einem Gespräch mit Herr» Wernet Siemens hingeworsen haben, der sie dann in einem Berliner Blatt zu dem Plan einer Weltverbrüderung verarbeitete Diese Idee zündete aber al-bald in französischen Köpfen, und nach- dem der französische Minister dcS Auswärtigen noch eben erst dem deutschen Bolichast« versichert hatte, Frankreich denke sür de» Nest LcS Jahrhunderts an keine Weltausstellung, wurde »ach einigen Tagen der Plan einer solchen in Paris angekiinLigt." Die „Nordd. Allgem. Ztg." erklärt n»n, versichern z können, daß dieser Brief weder direct noch indirect aus den Grasen Eaprivi zurückzuführen sei. Wa« die Unterredung deS Reichskanzlers mit Herrn Werner Siemens am 13. Inn, betreffe, so habe nicht der Reichskanzler den Gedanken hingeworsen, daß die ganze technische und künstlerische Ent Wicklung dcS 19. Jahrhunderts in einer Ausstellung vor zuführen sei, sondern Herr Siemen-, auch sei ein hierauf bezüglicher, von Siemen« verfaßter Artikel bereits am Tage vorher, also am 12. Juni, in der „Nalional-Ztg." erschienen — DaS von der Schwester dcS Kaisers, der Prinzessin Victoria, aus der Germania-Werft in Kiel getaufte Panzer schiff „Wörth" gehört zu den vier Schlachtschiffen erste, Clasfe, die der deutsche Reichstag im Jahre 1889 bewilligt bat. Es besitzt eine Länge von 11k m, eine Breite von 19,50 m und einen Rauminhalt von 10 000 Tonnen. „Wörth" ist zuletzt von den genannten vier Schiffen ferliggestellt wor den. Die anderen drei Panzerschiffe sind „Kurjürst Friedrich Wilhelm", „Brandenburg" und „Weißenburg". Der Panzer -Wörth" ist mit einem Gesammlgewicht von rund 5000 Tonnen da« schwerste Schiff der deutschen Marine geworden Diese vier neuen Panzerschiffe bilden eine ansehnliche Stärkung unserer Wehrkraft zur See. — Sr. Maj. Kre::zercvrvclte „Alexnndrine", Commandant Capitain zur See von Frantzins, ist am 7. d. Mts. in Foochow angekommen und beabsichtigt, am 11. dieses Monats wieder in See zu gehen. * ktrl, 8. August. Die Abfahrt der Kreurercorvette „Prinzeß Wilhelm" nach Genua, welche Äonnabend Nachmittag stattfinken sollte, ist aus kurze Zeit verschoben und erfolgt erst morgen oder übermorgen. — Die ManLver- lotte ist heule Bormittag in See gegangen. * Nordcrnrti, 8. August. (Telegramm.) Der Kaiser traf aus dem „Kaiseradler" beute Vormittag 11 Uhr in Sicht von Norderney ein, woraus der Kronprinz, sowie die Prinzen Eitel Friedrich und Adalbert mittelst eines Torpedo bootes an Bord VeS „Kaiseradlers" sich begaben. Ein Dampfer mit Cnrgästen ging zur Begrüßung reö Kaisers in Sec. lll Hamburg, 7. August. Am Sonnabend wurde zum ünsten Male in den Geschäftsräumen des social- demokralischen Blattes „Echo" Haussuchung vor- gencmmcn, und zwar insvlgc eines HauösuchniigSdefehlS, der auf Grund der tztz. 185, 191 beS ReichSstrafgcsetzbuchS und der tztz. 20 und 21 des PrcßgesetzcS erlassen worden ist. Sämmtliche Pulte der Rctacteure wurden durchsucht und dann eine Anzahl Exemplare der Sonnahend-Nummcr deS Echo" in der Erpcdilion, sowie eine Stcreolyp-Mater in der Druckerei beschlagnahmt. Eö ist dies innerhalb einer Woche die fünfte Hanösuchung bei dem genannte» Blatte, daS täglich beleidigende Artikel gegen den Staatsanwalt vr. Romen bringt. — Tein Kainpfgenossenvcrcin von 1870/71 'ür Wandsbeck gehören viele Socialdemokraten an. denn sie sind gleichzeitig Mitglieder deö socialdcmokra- lischen Vereins. Der Vorstand des Kampfgenossen Vereins hat nun an einige Mitglieder die Aufforderung gerichtet, binnen zwei Tagen aus dem sccialdeinokratischcn Verein auSzu- cheiden, widrigenfalls ihre Ausschließnng ans dem Kricgcr- verein erfolgen würde. Die Ausgesvrdcrtcn wollen wegen dieser Verfügung an die Generalversammlung appclliren, da sie ihre Ansprüche an die Unlelslützungs- und Slerdccasse nicht ver lieren möchten. Oesterreich-Ungarn. * Wien, 8. August. (Telegramm.) Prinz Ferdinand von Coburg bat beute Bormiltag über Orsowa die Rückreise nach Bulgarien angetrelen. — Tie Vertreter der Lsterreichisch- ungarischeii Bant erllärtcn hei der Besprechung mit den beiden Finanzministerien, die Bank sei in der Lage, nach der Kundmachung »nd dem Inkrafttreten der Valutagesetze der ihr obliegenden Verpflichtung sofort nachzukommcn. — Nach der „M. Z." verlautet, der englische Botschafter Paget werde im Frübjabr in den Ruhestand treten und hierbei die PairS- würke erhalten; an seine Stelle soll der derzeitige Gesandte in Brüssel Edmund Monson treten. * Lembrrn, 8. August. (Telegramm.) Unbekannte Personen versuchten das N e q u i s i t e n m a g a z i n für Militairtransporle am hiesigen Centralbahnhof anzu- ziindcn. Ai» Thatorlc entdeckte ein zufällig vorübergehender Eisenbahnarbeiler zwei Flaschen Explosivstoff mit brennen» der Lunte. Frankreich. * Paris, 4. August. Noch vor einiger Zeit würde man zunächst an einen plumpen und ungeziemenden Scherz gedacht haben, wenn man eine» Bericht über einen regelrechten Zeitun gS-Jntcrview mit dem Papste gelezen hätte. Seitdem es aber bekannt ist, baß Leo XIII. den Mitarbeiter deS „Petit Journ." Herrn Judet empfangen hat, um znerst durch seine Vermittelung Frankreich mit seinem Willen in Betreff der Haltung der Katholiken gegenüber der Republik bekannt zu machen, braucht man cS nicht mehr als etwa- Unmögliches zu betrachten, daß der Papst einem Berichterstatter seine Ansichten über Tagcsfragen mit- gctkeilt bat. Es ist also kann, gestattet, daran zu zweifeln, daß der beulige „Figaro"-Bericht über die Unterredung Lco's XIII. mit Frau Sövörine im Großen »nd Ganzen auf Wahrheit beruht. Ein Wort zunächst über die Dame, die der „Figaro" in den Vatican abgeortnet hat. Frau SevSrine ist die Tochter wohlhabender Pariser Bürger und jetzt unacsähr 40 Jahre all. Früh verwaist, lebte sie als junges Mädchen nach ihrer ziemlich wilden Phantasie, schloß sich Socialisten und Umsturzinäliiierit an und wurde, als die Amnestie JuleS Balles die Grenzen seines Vaterlandes öffnete, dessen Privat- secretairin. Sie hatte sür den Verfasser des „Jacques VialraS" eine grenzenlose, bis zur Abgötterei gebende Bewunderung, und sie ging ganz in ihm auf. Sie wohnte mit ihm, sorgte für ibn, verrichtete sür ihn alle Schreibarbeit und gab ihm das Geld, um ein Tageblatt zu gründen. So konnte er den „Eri du peuple" berauSgebcn, der daS Organ der wildesten CommuiiardS wurde. DaS war eine seltsame Redaction, wie man sie selbst in Paris nicht oft gesehen hat. Die Re- dacteure gingen, mit Revolvern und Todlschläzern bewaffnet, in den Räumen umher, zu allen Stunden dcS Tages und der Nacht drangen Banden von Anarchisten oder Eommu- nardS ein, bald ui» irgend elwaS zu fordern, bald um sich über irgend einen Artikel oder eine Notiz in ihrer Weise zu beschweren. Dann gab es Gebrüll und Tumult, Tintenfäster flogen durch die Lust. Stühle wurden zerbrochen, oft genug ging ein fröhliches Schießen loö, und nicht selten mußten Verwundete weggetraacn werden. Einmal gab eS auch Tobte — als die Polizei-Lieutenants Brüder Ballerich die Nedaction stürmten und mir blanker Klinge den Mit arbeiter angriffen, der sie im Blatte beschuldigt hatte, sie hätten ihre eigene Mutter ermorden lassen, um dann für die Ergreifung de« Mörder« Beförderung zu erlangen. Und mitten zwischen diesen Unholden bewegte sich da» hübsche junge Mäbcken so natürlich wie im Salon ihrer Eltern. Als ValöS starb, hatte ein Professor der hiesigen medicinischen Facultät, der sein Freund gewesen war, den Muth, feine hinterlassene Secretairin zu heirathen. SSvSrin« verließ de» „Cri du peuple", der einen ansehnlichen Theil ihre- stattlicken Vermögens verschlungen hatte, und verschwand eine Weile vom Markte der Oeffentlichkeit. Lange ließ indeß ihr abenteuerlicher Sinn sie nicht ruhen; st« vraan» von Neuem eia aufgeregte« Dasem zu führen, und d« P«»«
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