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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.11.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931124024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893112402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893112402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-11
- Tag1893-11-24
- Monat1893-11
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Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. Sonn- und Festtag- srüh '/,S Uhr Bei den Filiale» und Annabmeslellen je eine Halde Stunde früher. Auzei-e» sind stet« an di» ErtzeVttinH zu richte». Druck und Verlag von <k. Pokz in Leipzig. «««. Freitag dm 24. November 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 24. November. Die gestrige Sitzung des Neichttag» nahm einen Verlauf, wie viele in der vorletzten Tagung und voraussichtlich noch «st mehr in der gegenwärtigen: Eonservative, und Ziezierung im heftigen Streit Uber die Handelspolitik und daneben ein diplomatistrenter EentrumSredncr mit An deutungen, daß seine Partei die Regierung unterstützen könne, wenn man ihr mit Gegenleistungen die Lust zum Wollen bei- bringe. Irgend etwa« materiell BeacktenSwertbeS Kaden die -estrigen Verhandlungen nicht zu Tage gefördert. Wer die Rednerliste kannte, wußte vorher, was erfolgen würde. Hin Interesse konnte nur die Fechtwrise bea»spruche», und in diesem Betracht muß nian sagen, daß dir elegant geführten Stileistöße de« Grafen Limbur g-Stirum durch die Pallaschhiebe dcS Slaat-secretairS de« Aus wattigen, Freiherrn von Marschall, nicht immer glücklich pari« wurden. Der Rede de« Frbrn. v. Marschall wird man im Lande nickt unschwer die Deutung geben können, er b-be den Krieg gegen die konservative Partei begonnen, während eS allerdings der konservative Fübrer geweien ist, der „angefangen" hat. Nur daß seine Waffe weniger klirrte. Bei Redekämpfen dieser Art ist übrigen« die Position der Regierung von vornherein immer die ungünstigere. Der neue Curs bat den ersten Tbeil seiner Handelspolitik so schwer mit fremdartigen Gegenständen bepackt, daß die Bc- dauptung, die Grundlage der ersten Handelsverträge sei eine falsche, von dieser Regierung niemals mit Erfolg wird zurückgewicsen werden können. Es bleibt einmal dabei, daß die Verträge mit Oesterreich - Ungarn und Italien nachdrücklich als Krücken der Dreibund«- polilik empfohlen worden sind — „den Bundesgenossen wirtb- schastlich stärken" —, und wenn Graf Limburg-Stirum des halb von diesen Verträgen als von „Subsidialverträgen" sprach, so bat er scharf und richtig vielleicht nicht die Ver träge, wohl aber das gekennzeichnet, wofür die Regierung sic auSgegebcn hat. Wenn die Abmachungen mit Oesterreich- Ungarn und Italien für Deutschland nothwendig oder auch nur wünschen-werth waren, weil sie die Wider standskraft dieser verbündeten Mächte stärken, so können sie nicht überwiegend vom Standpuncte de- dtittfchen wirthschaftlichen Interesse- getroffen worden ie>n, und so ist zweiten« ihr Exislenzgrund ein schlagender Einwand gegen einen Vertrag mit dem mit Frankreich verbündeten Rußland. Der neue Eurs, der gewobn- heitSgemäß die Nächstliegende Aufgabe unbekümmert uni alle sonstigen Aufgaben zu lösen sucht, bat sich hier, wie schon oft, in den Schlingen seiner eigenen Dialektik gefangen. Bei Unbefangenen wird dieser Fehler der sachliche» Beurtbrilung der Handelspolitik keinen Eintrag thun, Graf Limburg unk Graf Kanitz, der zweite eonservative Redner, sind aber in dieser Frage nicht« weniger als unbefangen. Der letztere Abgeordnete hat sich gestern übrigen« auf rin Gebiet begeben, auf dem er keine Lorbeeren davontrug »nd al- nationaler Politiker auch nicht hätte suchen sollen. Er bestritt dem Staatssecretair des auswärtigen Amtes des deutschen Reiches al« einem Badener da« Recht, die noch dazu auf reichspolitische Erfolge gerichtete Agitation der preußischen Eonservative» in den Kreis seiner Betrachtung zu ziehen. Wie die ReichSrcgierung ihren Pflichten gerecht werden kann, ohne sich um die Strömungen in den einzelnen Lunde-staatcn zu bekümmern, hat dieser Particularist au«einandcrzusetzen vergessen. Hoffentlich bleibt er sich konsequent und legt auch Verwahrung ein, wenn bei der Benutzung der Steuervorlagen die Preußen Miquel und Graf PosadowSky die Bestrebungen der süddeutschen Wein bauern, sowie der Hamburger und Münchner Börsen- interessenten zu berühren sich «»maßen sollten. Wir übrigen« dic „Nat. Lib. Eorr." berichtet, nedmen sich nach den gestern im Reichstag gepflogenen Unterhaltungen die Aussichten der Handel-Verträge recht trübe auS. E- kann nach dieser Miltheilung als sicher angenommen werden, daß die Eonservaliven inSgcsammt und die Reick-partci in der großen Mehrzahl, ferner die Antisemiten, wabrsckein- lich auch die Polen, etwa die Hälfte de- Ecntrums und eine Gruppe unter den Na tivnalli beraten zu den Gegnern der Verträge, insbesondere des rumänischen, geboren. Auch die „wirtbschaftlichc Vereinigung" bat sich, wie man kört, in ibrer gestrigen Beratbung überwiegend gegen die Verträge ausgesprochen. Damit wären die AuS- siihtcn aus das Zustandekommen der Verträge, wenigstens so weit der mit Rumänien in Betracht kommt, sebr zweifel haft. ES könnten sich daraus möglicher Weise bedeutsame kritische Wendungen entwickeln. Im üfterretAische« Abgeordnctcnhause hat gestern der Ministerpräsident Fürst Windischgrätz das mit so großer Spannung erwartete Programm de« neuen EoalitionSminisleriumS verlesen und damit den Beifall der im Eabinet vertretenen Parteien ebenso geerntet, wie den Wider spruch der dem Eabinet feindseligen Elemente. Auf da- Pro gramm selbst einzugeben, müssen wir unserem Wiener Eorre- fpondenten vorbeballen; hier sei nur beroorgehoben, daß da« Ministerium eS al- seine dringlichste Aufgabe betrachtet, dir Frage der Wablreform zu losen, die Gras Taaffe aus so plumpe und seinen Sturz herbeiführcude Weise angt- schnitlen hatte und die nun nicht mebr auf die lange Bank in schieben ist. Freilich ist kiese Frage auch der Prüf stein für die Geschicklichkeit und die Harmonie dcS EabinckS, wie sür die Verträglichkeit der MajvritätSparteien Be- stebcn Eabinet und Majorität des Abgeordnetenhauses diese erste und schwerste Probe, so werken auch die Angriffe der nur in der Opposition einigen Gegner dem Ministerium Windischgrätz nicht gefährlich werden und die Anssichlcn auf eine befriedigende Lösung der übrigen Resormfragen fick wesentlich günstiger gestalten, als man noch kürzlich annehmen zu müssen glaubte. In der franzüsischen Deputirtenkammer ist gestern, wie zu erwarten war, die Debatte über die Interpellation bezüglich der allgemeinen Regierungspolitik noch noch nicht beendet worden; daß sie aber mit einem Siege des Herrn Dupuy und seiner Eollegen enden wird, ist trotz der scharfen Angriffe der Extrcmen von Links und Rechts oder vielleicht gerade infolge derselben zweifellos. Gerade der In grimm, mit dem sie über Herrn Dupuy und die ikm freund lich gesinnten parlamentarischen Gruppen verfallen, daß sie einseben, wie wenig sür ibre der Erhaltung de- Bestehenden abholden Pläne und Bestrebungen von dem gegen wärtigen Stand der öffentlichen Meinung Frankreichs zu erboffen ist. Für den Augenblick bat daS Eabinet die parlamentarische Bahn frei; auf wie lange, ist eine andere Frage. Seine Gegner haben an den, gemeinsamen Haß gegen die Regierung ein stärkere« Bant, als dir ministeriellen Parteien an ibrer Hingabe zu Gunsten der gouvernenientalen Politik. Denn zablreiche Elemente im regierungsfreundliche» Lager unterstützen Herrn Dupuy nur in Ermangelung von etwas Besserem. Ebenso ist unter den Eollegen des Ministerpräsidenten mehr wieEiner, der mehr der äußeren Nothwendigkeil als dem inneren Trieb« gehorchte, at er dir seiner radikalen Neigung von Grund au- wider- Leben vm Leben. lßf Roman in zwei Bänden von M. Gerhardt. Nachdruck »erddten. (Fortsetzung.) Es war ein heißer Juni und Inli. Die Tage waren lang mb dir Nächte warm. Die Straßen glühten von der MittagS- ,«nne und die Abende brachten keine Abkühlung. Hildegard meinte mitunter, die Stubenluft raube idr den Athen, und lege idr einen eisernen Reif um den Kopf. Ader sic hielt mit dem Bruder Stand, der auch in den UniversitätSserien feine Studien nicht unterbrechen wollte. Sie benutzte die ihrigen, um Privalstunden im Französischen und Englischen zu nehmen. Auch Rolojss beabsichtigten nur einige Wochen abwesend zu sein. Zu Ende de- Juli verreiste der Professor nach Wien u.id München, hauptsächlich gcwiffer archivaliscker Studien wegen, deren er für die zweite Auslage seine- Werks zu be dürfen glaubte. Er wollte sich dann mit seiner Frau in Rad- lauken vereinigen, die rin paar Tage nack seiner Abreise von ihrer Schwesterabgeholtwurde. Tanteäda wollte auchaernHildegard miinebmen, aber deren Ferien gingen schon zu Ende, eS lohnte nickt mebr. Sie besuchte die Oberamtmännin, gewann ihr Wohlwollen und suchte sich von dem Leben und Treiben der NachbarSkindcr ein Bild zu verschaffen. Und da Male in ihrer dumpfigen, heißen Bodenkammer schlaflose Nächte zu- brackte, so schlug sic vor. Hildegard solle in die leere Roloff- sche Wohnung ubersiedeln, wo da- bewährte Dienstmädchen gewiß für ihr leibliche- Wohl gern Sorge tragen würde. Antonie erinnerte daran, daß Alfred fick gegen eine fremde HauSgenossin gesträubt batte. Aber wie die Sachen lagen, er schien die« Bedenken nicht stichhaltig. Hildegard würde vor der Heimkehr de- Hausherrn in ihr alte- Ouartier zurück- kebren, Alfred brauchte gar nickt zu erfahren, da- während seiner Abwesenheit ein Gast im Hause gewohnt habe. Und erfuhr n e«, so würde r- ihm recht sein. « » »sc Etwa drei Wochen später geschab eS, daß Professor Roloss eine« Vormittags an seiner eigenen HauSlkür die Glocke zog. Die alte Scheuerfrau, die bei der gründlichen Reinigung der Wohnung vor der Rückkehr rer Herrschaft Hilf-dienste leistete, öffnete, da das Dienstmädchen Charlotte auf dem Markt war, und starrte den Herrn mit offnem Munde an, denn der sollte doch mit der Madame zusammen, und erst nächste oder über nächste Wocke nach Hause kommen. Roloss achtete dessen nickt, sondern befahl ihr, dem Droschkenkutscher Koffer und Hand- geväck abzunehme», entledigte sich de- HulS und der Reise tasche. und ging grradc-weg- nab seiner Studirstube. Sie war kühl und fchatiig wie immer Vormittag-, denn sie lag nach Westen, und die Fenster wurden NachtS stets offen ge halten. Aber als Alfred einige Schritte getban, blieb er betroffen stehen; an dem breiten massiven Schreibtisch saß Jemand, und zwar eine weibliche Gestalt, die sich jetzt in augenscheinlicher Bestürzung erbob »nd mit wcitgeöffnetc» erschreckten Augen in die seinen starrte. Er faßle sich zuerst und unterbrach die Entschuldigung, die sie bervorstammelte, indem er rasck auf sic zutrat und mit Hellem Lächeln ihr die Hand hinstreckie. .Heißen Sie mich dock willkommen dabeim, Fräulein Hilde gard! Bitte, bleibe» Sie sitzen! Haben Sic hier gearbeitet? ES ist ein gute- Plätzchen zum Arbeiten. Und der Blick in die Baumwipfel ist hübsch, nicht wabr?" Hildegard stand in unendlicher Verlegenheit, die Hände auf den Seitenlehnen de- zurückgcschobencn Sessel« vor ihm. .Fasson Sie mich nur Ihnen erklären, wie ich hierher ge kommen, Herr Professor." „Ich will gar keine Erklärung, ich freue mich, daß Sie hier sind", erwiderte er frisch und bcrzlich. „Sie haben als guter Geist hier gewaltet in unserer Abwesenheit, nicht wahr? Gute Geister fragt man nicht, wo sie Herkommen. Eder hätte ich Rechenschaft abzulegen für mein verfrühte« Erscheinen." Roloss zog einen Stuhl beran und hinderte Hildegard so am Fortgehen. Sie sank auf ihren Sitz zurück und brach in halblaute- klingende- Lachen au«. Er stimmte ein und blickte verwundert aus die jugendliche Gestalt in seinem Sessel. Sie bier an seinem Platz zu finden, in der Einsamkeit »ei»e- SludirziinmeiS, zwischen den Bücherreihen, die ring- auf bohen Gestellen die Wände bedeckten, den Zeugen angestrengten geistigen Ringen-, weltentrückter Vertiefung in stillen nächt lichen Arbeitsstunden — c« dünkte ihn seltsam rührend und lieblich — War sic verändert — rdcr batte er sie früher nie so recht angesehen? Ibre Züge schienen ibm feiner motrlliil, die Umrisse weicher, die Hautfarbe leichter und edler. Die braune» Augen blickten voll und klar, mil ganz eigenem An druck nachdenklicher Schwormulb. Ihre Gestalt batte ange- saage», sich jungfräulich zu runden» aber e- lag wir r,n Hauch strebende Kundgebung de- leitenden Minister« unterschrieb. ES wird weder an Insubordination im Eabinet, noch an Intrignen in der Kammer seblrn, um die Früchle de« Dupuy scheu Erfolges vor der ^eit welken zu machen, unk dann dürste» die kaum erst überwundenen Schwierigkeiten der Lage in verstärktem Maße zurückkehren. Auch in der italienische« Kammer ist e« nach den bis jetzt vorliegenden telegraphischen Meldungen noch zu keiner Eiilscheidnng gekommen. Die Sitzung mußte nack einer stürmischen Scene aufgehoben werden — weiter reicht bis zur Slunde »iilcre Kenntiiiß nickt. Jedenfalls aber wird lick da- Schicksal de- Eabinelö in wenigen Tagen entscheiden. Wahrscheinlich wird eS fallen, aber mit so großer Sicherheit, wie die italienische Opposition die« vordersagt, möchte» wir e- nickt prophezeien. Eö ist gewiß, daß die Rechte sich wie Ein Mann wider das Eabinet erbeben wird und daß alle jene Elemente der Linken, weiche dem Banner Eri-pi'S folgen, dasselbe tbun werden. Selbst da- Fähn lein der ..^ogaliiar-ii", da« Herr Fortis befekligt, bat einzelne Ausreißcr zu beklagen, die es laut sür überflüssig erklären Herrn Gioliiii neck länger zu unterstützen. Nicotera endlich verössenilichie kürzlich ein Schreiben wider den Minister- Präsikeiile», da- in einem Lebrbuchc politischer Parteigrobbeit al- beste« Muster zu prangen verdiente Feinde ringSnm, mag auch Giolitti von fick sagen. Gleickwodl ist gerate in den letzten Tagen eine sjchilichc Besserung seiner fast schon verzweifelt gewesenen Lage eingelretcn, und das Unglaubliche, daß er Minister-Präsident bliebe, tönnle Ereignis; werten. Er selbst scheint durchaus nickt muldloS; feine neuesten Acusikrungen beweise» im Gege»tbe>le, daß er der Parla- ineniS-Eröffnung sogar mit einiger Zuversicht cntgcgensab. Seine Freunde behaupten, er konnte noch immer auf eine Mehrheit von 35 bis 40 Stimmen rechnen, aber er sei amt-müde und würde sich, wenn er den letzten Sieg er fochten hätte, freiwillig zurückzieben. Da- glauben wir nun ganz und gar nicht. Wenn Giolitti wirklich über eine Mehrbeit verfügt, so dürste er iin Amte bleiben ober, wa- auch schon vermiitbet wird, nur demissionircn, uni neuer dings mit der Eabinei-bildung betraut zu werde». Wen» Zauardelli die Erbschaft G>olilli's wirklich nicht über nehme» will, kann ist die Verlegenheit, einen passenden Minister-Präsidenten zu finden, groß genug. Verlockend kann die Stellung unter den gegenwärtigen Verbältnisscn kaum genannt werden. In Spanien ist an« Melitta wieder einmal eine fried liche Botschaft eiiigetrossen. Der Bruder de- Sultan« soll wirklich am Riff eiiigetrossen sein und bereit« gestern eine Zusammenkunft mit dein General Marias gehabt haben. Tie Riffivten scheinen wirklich feit einigen Tagen die Feind seligkeiten eingestellt zu haben. Es wirk berichtet, sie sam melten sich an der Moschee dcS S.idi Guariach, störte» die Verproviantirungen der Fort« nicht mebr und ließen die spanischen Soldaten unbehelligt bis an die Grenze deran- koinmen. Hier und da wird in der spanischen Prelle bereits angcdeutct, daß man sich in Anbetracht der geringen Früchte, die eine Fortsetzung de« Kriege« verspreche, und der unge heuren Kosten, die er verursache — bis jetzt sollen schon KV Millionen PrselaS au-gegeben sein —, wobt mit einer entsprechenden Entschädigung und der Züchtigung der Rifsiotcn durch den Sultan begnügen könne. ES wird sich bald zeigen, ob die friedliche Strömung anhält. Die Gerüchte über den schlechten Gesundheitszustand de- Papste- werden von den vaticanischen Officivsen entschieden von Müdigkeit und Erschlaffung darüber. Sir trug einen schwarzen einfachen Rock und eine dunkelblaue leichte Blousc, mit Ledergürtel geschlossen, auf deren hohen Stehkragen da- braune Haar leicht gelockt herabfiel. „Tante Ida ist Schuld, daß Antonie mich hier rinquarticrt hat", begann Hildegard, endlich Mulb fassend, ihre Erklärung, „der größer» Kühle und der frischen Lust wegen." „Sie trifft allemal da- Reckte", nickt« Roloss „Ich weiß nicht, weshalb meine Frau mir nicht davon schrieb. Sie kommt nun schon in den nächsten Tagen, denke ich, da ich eS aufgegeben habe, sie von Radlauken abzukolen. Und Sie glaubten sich bier natürlich noch aus ei» paar Wocken sicher. Thul mir sehr leid, hier und dort de» Störenfried zu spielen." „Meine Uebersiedeluug wird ganz schnell von Statten geben", versickerte Hildegard. „Großmutter ist nicht ganz loohl und c« ist daher gut. daß ich zu ihr zurückkchre" Roloss nickte. Seine Hand hatte mechanisch nach einem Buche gegriffen, daS ausgeschlagen auf dem Schreibtisch lag. Er wendete in Gedanken die Blätter, blickte plötzlich auf und fragte lebhaft: .Fesen Sie da-, Fräulein Hildegard?" ES war sein eigene« Werk: „Antike und moderne RechtS- begriffc" dem er seinen wissenschaftlichen Ruf dankte. Hildegard wurde blutrotd. „Ich balle soviel von teni Buch gehört", stammelte sie. „Und jetzt wundern Sie sich, was die dummen Leute daran finden, wie'?' lachte Roloss. „ES war wobl sehr vorwitzig, mich an ein gelehrte« Werk zu wagen", versetzte sie beschämt. „Ich dachte, wenn ich mir rechte Müde gäbe —" „Gewiß, warum sollten sie es nicht ebenso gut lesen, wie irgend ein Ctrobkops in bohen Semestern", siel Roloss groß- mulbig ein. „Es ist ja lein sür junge Damen geschricbene- Buch, aber wenn Eie sich in der Terminologie erst zurecht gesunden babea — — einige grundlegende Begriffe müßte ich Ihnen allerdings erschließen — da verdilst Müde und guter Wille doch wobl nickt zum Verständniß. lind HalbverstandeneS verwirrt nur. Einige Eapitel kann eine Selectanerin aber obne Weitere« lesen. Ab, die baden Sic schon kerauSgestinden, wie ich sehe." „Ja. von den Sitten, Religionen und Sprachen der alten Völker", bestätigte Hildegard mil glänzenden Augen. „Wie wunderbar, daß die Menschen vor einem Iabriausend schon vielfach dachten und fühlten wie wir. Wie zauberhaft, wenn dementirt Der Papst erfreut sich nach ihrer Behauptung der besten Gesundheit Trotzdem gesteden sic ein, daß bereit« die Ealidikaturcn von Parochie, Lavallrtta und Va »nu tet li eifrig besprochen weiden. Vannutelli, so beißt e-, scheine besonders gute Aussichten zu baben wegen der activen Unterstützung, die ihm seiten« Galimherti'« werde. Doch da« scheinen nickt die einzigen Eandidatrn sür die Uber kur; oder lang dock unausbleibliche Neubesetzung de- päpstlichen Stuhle« zu sein Von einem römischen Prälaten wird eine Schrift augekündigt, die sich mit den lünstigcn „PapabiliS" dcS jchigen EardiiialScollegiuin» beschäftigen und dabei be sonder« die Eardmalerzbischöse Eapacrlalro von Eipua und D u S m e l von Eatania dervorheben soll. Ueber den Letzteren ist wenig bekannt. Cardinal Eapacr lalro bat srüker sür einen Vertreter de« AuSgleiche- mit Italic» gegvlicii, indes; beweist eine solche Vorgeschichte bei einem Eardmal sür seine Stellungnahme als Papst nicht da- Geringste. Auch die Wabl Leo « XIII. am 20. isebniar 1878 bar bekannil.ch damals für einen entschiedenen Sieg der vaticanischen Frieden-Partei gegolten, ohne daß Leo XIII. die in dieser Beziehung ans ibn gesepten Hoffnungen gerecht fertigt Hai, und ebenso steht zu befürchten, daß auch der zu künftige Papst Italien gegenüber dieselbe seinblicke oder dock, z»riickhallciidc Stellung cinnimml, wie PiuS IX. und Leo XI ll. Ein wcscnllicb anderer Empsang als in Toulon scheint den Russen >>» -rtrchtschrn Hasen Piraeu« zu Tbeil geworden zu sein, wciiiglleiis gehl die« an« folgender kurzen Notiz der >n Athen erscheinenden „Palingencsta" hervor: „Der Dimarchc- von Piraens, Herr Retsinas, sprach in einem an Herrn Avellan, Ebes der >»> Piraeu- ankernden russischen Flotie, gerichteten Handschreiben Namen- der Stadt sein Beda uer» wegen der vorgestrigen Vorkommnisse zwischen zwei russischen Matrosen und drei Artilleristen au«" Darnach zu schließe», haben die Russen in einer Schlägerei mit griechischen Artilleristen von letzteren eine ordentliche Tracht Prügel bekommen, denn wenn daS Umgekehrte der Fall gewesen wäre, würde sich der Herr Dimarch wobl kaum gemüsiigl gesühll baden, an Herrn Avellan cm Entschuldigungsschreiben zu richten. Deutsches Reich. n Berlin, 23. November. Zu den deutschen Staaten, welche den Handfertigkeit-Unterricht in ibr Schut- iyslein auszunchmeu beginnen, ist jetzt auch da« Herzogthum Anhalt hinzugetreten. In einem an den Vorsitzenden de» Deutschen Verein« für Knabenbandarbeit in dieser Sache ge richteten Ministerialschreibcn vom 12. November heißt e- er freulicher Weise u. 21.: „E- gereicht u»S zur Genugthuung, Ew. Hockwohlgeboren im Anschluß an unser Schreiben vom 28. October vorigen Jahre- millheilcn zu können, daß der Unterricht in Knabenhantarbcit als ein von Seiten der Schule und der Schüler fakultativer Unterricht-- aegenstand bei den Knaben-Miitelschulen in Dessau und Bernbura minmebr eingejührt worden ist Wir aedrn un- der Hoffnung bin, daß der ne» begründete Unterricht nickt nur der Handfertigkeit dienen und in der Jugend daS Interesse sür das Handwerk wecken, sondern auck als wohltbätige Ergänzung de« theoretischen Lernen« und vermöge des Segens, der auf ernster Arbeit un" tüchtiger Leistung ruht, ckaraktrrbildend wirken werde." In Preußen haben bekanntlich die Ministerien de- Innern und sür Landwirthschaft dir königlichen Regierungen bereit« seit längerer Zeit aufgesordrrt, diesen zeitgemäßen freien Be- Dinge, die wir täglich berühren und nennen, plötzlich rin so uraltes, rätbselbaftes Gesicht bekommen" „Oder umgekehrt, uralte Dinge ein ganz neue«, nenn man sich entschließt, sich auf den entgegengesetzten Dlantpuner dazu zu stellen", erwiderte Roloss. „Uraltes und Allrrneueste- t:egen oft so unmittelbar beisammen, daß der Zeitbrgriff illu sorisch wird." Tie in naivem Wissensdurst an ihm bangenden braunen Augen verführten ihn, fortzusadrrn: „In der unentwickelten Volksseele liegt Alle« wie in Kne-penblllle zufanimcngrschloffen, was sich später zu Blatt, Blülbc, Staubgeiäß und so weiter auswächst — Religion, sittliches Gefühl, künstlerische Phanlaste, Wissensdrang und praktische Thätigleil — all' da« bewegt und beherrscht da« Leben und strebt nach Regel und Ordnung, Gotteswort, Prophetenwort, Sprichwort, — ka« sink die ältesten Rechtsnormen und Gesetze, die Summe der Weisheit und Erfahrung, die ein Zeitalter zum Abschluß gebracht und aus die Folgezeit vererbt Kat — die dann darüber binwe,igelst — oft zu ganz cittgegengesetzler Weltanschauung." „Aber — Recht und Unrecht ist doch da« Gleiche sür alle Zeilen? Ter Sinn sür Gut und Böse ist doch dem Menschen angeboren?" warf Hildegard ein. „Der Sinn — wobl — die Anlage vielmehr, die erst mit der Entwickelung der Sprache, de« Verstandes, kr« gesell schaftlichen und staatlichen Zusammenlebens Inbalt und feste Gestalt gewinnt. Nickt« ist so schwankend, so vom Wechsel der Zeiten beeinflußt, als die Begriffe von Recht und Unrecht, gilt und böse. Unsere Sittlichkeiltbegriffc sind in manchen «rücken terGcgcnsay von denen der anliken Welt, und wenn wir weiter zurückgeben, viel Weiler, z» Lebensformen, die wir uns jetzt noch tbeilwrise au- den Zuständen uncivilisirter Völker ver gegenwärtigen können, so finden wir Anschauungen und Ver hältnisse, die wir nickt mebr versieben, die un« fremd und widernatürlich annintben — wie unsere eigenen bockwivilisirlen Zustände vielleicht ein zukünftige« Geschleckt anmutben werten — und welck'e dennoch in unfern «ilte» und Anickauungen, unlcrm Familien- und Slaaisleben als Wurzelrcstr noch er kennbar link Vieles, baS beute noch in voller Geltung stedt, gekört längst versunkenen Eullurepocken an, stetst in crassrm Witersprucl, ;» »nscrm modernen Empfinden, und bederrsckst nnd knechtet bock unser Denken und Sein. — Ja. Fräulein Hildegard, wir stecken neck lies in Barbarei, wir bauen eifrig an Gebäuden, deren Fundamente unter un- zerbröckeln, wir bekennen un» zu Grundsätzen, an die wir nickt mebr glauben — und e« ist denkbar — ja e- kann gar nicht ander- sei»
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