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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.02.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940202020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894020202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894020202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
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Neclamen unter dem RedactionSstrich 4g»> ivaiten- vor den Faurtliennachnchi», (6 gespalten) 40^. i-rohere Echristen laut unsere« Pieis- verjeichnih Labellarischer nud Zfffelnnip nach höherem Tarif Ertr«»Veit«,en lgesalzt), anr mit der Morgen - Ausgabe , ohne Poslbesörderung »> tiO—, mit Postdesörderung -0t 70.—. Aunahmeschlnb für Änzngrn: Abend-Ausgad«: Borniittag« 10 Uhr Morge n-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Tonn- und Festtag- früh L,S Uhr Bei de» Filialen und Annahmestellen >e eine halbe Stunde früher. Anreizen find stet» an die ErprVUio» zu richten. Druck und Verlag von L. Potz in Leipzig. Freitag den 2. Februar 1894. 88. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig, 2. Februar. Während gestern der Reich-tag seine Sitzung wegen Be- schlußunsähigkeit abbrechen mußte, hat seine BnSgctrommission einen wichtigen Beschluß gefaßt, der hoffentlich, wenn er zur Berathuug ,m Plenum gelangt, dieses aus seiner Lethargie ausrültell. Mil ausdrücklicher Zustimmung des Staats- secretairs von Marschall und des Direktors des Cotonialamts Käufer wurde der Antrag deS Prinzen Arenberg angenommen, den Reichskanzler auf zufordern, die Hindernisse aus dem Wege zu räumen, welche der Ausbildung von Missionen der Gesellschaft „Zum driligen Herzen Oes»" in Deutschland entgegenslebcn. Es hat sogar den Anschein, als ob Prinz Arenberg — Hilfs arbeiter bei der politischen Abtheilung des Auswärtigen Amtes — seinen Antrag aus Anregung seiner Vorgesetzten eingrbracht hätte. Uebrr die Bedeutung dieses Vorganges schreibt man uns aus Berlin: „Die Staarswei-beit der Leiter der Reichs- Politik steht im Begriff, ihren höchsten Triumph zu feiern. Sir hat die deutschen Eolonien so eng mit dem Muilerlaude verwachsen lassen, daß wir unS demnächst einer Rückwirkung unseres Colonialbesitzes auf die deutsche Cultnrangelegcnbeil sollen erfreuen dürfen. Die Jesuiten sollen aus dem Umweg über Dar-es-Salaam ins Reich zurück- ge führt und damit das Sehnen der Mehrheit der deutschen Volksvertretung gestillt werden. Freiherr von Marschall betreibt bei der preußischen Regierung die Zulassung der dem Jesuitenorden assilürten Gesellschaft „Zum heiligen Herzen Jesu". Die Zulassung; denn wenn der Director LeS ColonialamtS in der Gründung eines ErriehuugshauseS durch diese» Orden keine „Ordensnieder- laffung" zu erblicken vermag, so wirb er mit seinem hier entwickelten DistinelionSvermogen ebne Gleichen bleiben. Die Gesellschaft grüntet ein von ibr abhängiges Institut, um den wichtigsten Thcil der jesuitischen Ordcii-thLtigkeit, den die Erziehung immer gebildet hat, zu pflege», und das soll keine Ordensniederlassung, keine Lrdcnsthätigkeit im Sinne deS ZesuitengesctzeS sein! Aber freilich, die Niederlassung hat einen „ganz bestimmten Zweck" (die Ausbildung von Missionaren), und daß die Gesellschaft über ihn nicht hinausgehen werde, darüber kann sich ja das Colonialamt einen Revers ausstellen lassen, und damit ist Alles gut! Man hat unS herrlich weit gebracht! Die Reichsregierung geht die Particularregierungen an, Bresche in ein Neichsgesetz zu schießen, und das, weil sie in Afrika nicht mehr aus und ein weiß; eine Kette unverzeihlicher coloüialer Fehler soll durch einen Act in Deutschland, der mehr als ein Fehler wäre, geschloffen werden. Warum findet eS das Colonialamt erst jetzt unerträglich, daß die jungen deutschen Missionare in franzö sischen OrdenSniekerlaffungen erzogen werden'? Möglich, daß die französischen Lamormains erst jetzt anfangen, ihre Pädagogik unangenehm empfinden zu taffen. Wäre aber Wandet ge schafft, wenn dieselben Männer aus deutschem Boden den selben Einfluß auf die künftigen Missionare ausübten? Die katholische Kirche hat in Afrika mindestens dasselbe Interesse an der deutschen Herrschaft, wie die deutsche Herrschaft an der katholischen Mission. Sie würde, wenn sie sich einem festen Willen gegenüber gesehen hätte, sich nicht geweigert haben, in Deutschland Missionare durch gesetzlich zugelaffene Corpo- rationen auSdilden zu lassen. An die Fabel von der unerreichbaren Qualifikation der Brüder vom „Herzen Jesu" wird man doch im Auswärtigen Amte nickt glauben. Das Verbot der Lehr- und Erziebungsthäligkeit ist bas einzige, das die Jesuiten auf deutschem Boden nicht zu umgehen vermögen. Mit der Zu lassung ihrer Assilürten zu dieser Tätigkeit wird das Iesuitengesctz zu einem inhaltlosen Stück Papier, das man am besten ganz vernichtet." Daraus haben cS die Väter unk Hintermänner des Antrages ja wobt auch abgesehen. Die Gegner der Aushebung des Iesiiiten- gesctzeS im Reichstage haben also den dringendsten Anlaß, bei der Plenarberatknng die von der B»dgetccinn>nsion gestern beschlossene Resolution deS Prinzen Arenberg aus das Ent schiedenste zu bckämkscn und womöglich zu Falle zu bringen. Für die allernächste Zeit wird »n» dir Veröffentlichung Vrs Veutsch-ruffischrn (»anvelsvertragS im „Re ichSanzcigcr" angeküntigt; man wird sonach jedenfalls »och im Laufe dieses Monats die Einbringung im Reichstag erwarte» dürfen. Zunächst wird inan cs mit Äncrlcnnung begrüßen könne», wenn zum ersten Mal seit langer Zeit eine große Vorlage ainllich npd vollständig, nickt durch lückcn- bastc, »»zuverlässige private Mitthciliing bekannt gegeben wird. Auch die frühzeitige Veröffentlichung vor der Ein bringung im Reichstag ist »nr zu billigen, da sic den aus gesprochenen Zweck hat. den große», mit ihren wichtigsten Interessen dabei betbeitigten Erwerbskreisen eine rechtzeitige erschöpfende Untersuchung deS Inhalts und Gcltcndmachiiiig ihrer Auffassungen und Wünsche zu ermöglichen. Ter Reichstag wird dann »m so besser vorbereitet und auf geklärt an seine Arbeit berantretcn tönncn. Man wird als bald nach der Veröffentlichung des Vertrages voranSsichllich eine scbr lebhafte Bewegung i»> Lande entstebcn sehen. Ter Gegensatz zwischen Industrie und Lankwirlh- sckaft. der unser öffentliches wirtlffchastlichcs Leben mit immer wachsender Aufregung und Verbitterung durch- dringt, wird dieser Entscheidung gegenüber in höchster Ver schärfung zum Vorschein kommen. DaS zunebinendc Hervor- drängcn wirtbschaftlichcr Interesse» mit schroffem Gegensatz zeichnet überbanpt unser öffentliches Leben in der Gegenwart unvortheilhast aus und ist eine Hanptguelle der Zerrüttung und Verwirrung unserer politischen Verbältnisse. Man wird ordentlich ansathincn. wenn durch feststehende Entscheidungen endlich einige Beruhigung hervorgcbrackt sein wird. Das französische Ministerium, über das seit seinem Bestehe» schon so viele Stürme dahingcgangen, ist auch aus dem Wirbelwind der Lockroh'scheu Interpellation über die Marine mit heiler Hank davongekoniinc». Mit bedeutender Mehrheit verwarf die Kammer den Antrag der vereinigten Soeialistcn und Radikalen aus Einsetzung einer außerparlamentarischen UntcrsuchungScoinniission, aber die Regierung biclt eS selbst für nöthig, in Sachen der Marinc- niiAwirtkschaft den Thatbestand und die Verantwortlichkeit durch eine aus der Kammer zu wäblcnde Commission feststellen zu lassen und für die nöthigcn Reformen in der Marine einzustchcn. Die Regierung bat also selbst zugcstandcn, daß das Marincwesen reformbedürftig ist. Aber nicht dieses allein macht den gesetzgebenden Körper schaften Sorge. In der Heercsco in Mission ist man überzeugt, daß auch daS Land he er wiederum eine Stärkung erfahre» müsse. Schon gleich nachdem die dculschc Militair- vorlage durchgedrungen war, machte die französische Presse Vorschläge, wie der Vorsprung, den die deutsche Hcercs- niachl erhalten hat, für Frankreich cinzubolcii sei. Nainciit- lich wurde, da Frankreichs taugliche Mannschaft bereits vollständig eingestellt wird, der Plan erörtert, die Araber in Algier für die Wehrkraft Frankreichs in umfassender Weise zn verwenden. Gegen diese Maßregel sprechen jedoch schwere Bedenken, da die AuSteknung der allgemeinen Wehrpflicht auf die Araber auch deren politische Gleichstellung bedinge» würde, die noch keine französische Regierung durchzuführe» gewagt hat. Sodann wurde vorgejchlagcn, das Maß der Tauglichkeit abermals zu erniedrigen, den Effectiv bestand zu erhöhen unk die Dienstpflicht aus zwei, vielleicht sogar ans ein Iabr berahznsetzen. Zur Begründung dieses Vorschlags wird daraus bingewiesen, daß die deutsche Militairvorlagc das deutsche Heer im Frieden um 8» ouo Mann vermehrt habe, daß also der deutsche Esscetivhestand jetzt schon um 130 000 Man» stäricr sei, als der französische. Dazu tomme noch, daß 50 000 Mann deS sranzösiiche» HeercS in ständiger Verwendung in Algier, Tunis und Indo- China stehen, so daß taS miliiairischc blebergewicht Deutsch lands über Frankreich 18,»000 Mann betrage. Frankreich niüffe also seinen Cssectivbestand uni niintestens 150 000 Mau» erheben. Da;» braucht man aber nickt bloS die erforderliche Mannschaft, sondern auck die Kleinigkeit ven 150 Millionen, so daß das ordentliche Militairbudgct über 8»0 Millionen betragen würde Dazu schüttelt bekanntlich der Finanz- niinistcr bedenklich de» Kopf, denn die Finanzen der Republik siebe» nichts weniger als gut. C« wäre z» schön, allein cS kann nicht sei». Große Befriedigung ruft in Italien die in Neapel erfolgte Verhaftung des Anarchisten Franz Her Merlin», eines der verwegensten nnd gefährlichsten Häupter der rothcn Inter nationale, hervor. Merlino war i» Priestcrgewäntcrn von Paris nach Mailand nnd bald daraus nach Neapel weilergereisk. Ans diese Vcrtlcidung vertrauend, begab er fick nach der Villa Nazionalc und siel da dem Polizei Co»»»issar i» die Hände, rer seine Spur bereits verloren zu haben glaubte. Als man >hn> Fessel» anlcgen wollte, zog er einen Revolver und gab ans die Schutzleute zwei Schüsse ab, ohne sic indessen ;» verletzen. In seinem Zimmer im Gasthose „zur Heitertest" fand »>a» eine Cassctle mit 22 00» Napoleonod'ors, die von Londoner "Anarchisten hcrrübre», sowie mit Briefen, welche die hclanntcn Ver sicherungen Ctispis, käst die anarchistische Partei eine» ans Zerreißung Italiens hiiiz>elenden Anschlag aussühre» wollte, zu bestätigen scheinen. Merlin» hatte bereit« 187 t einen anarchisti sche» Pulset» in Benevenlo veranstaltet, war 1883 unter der An klage der Thcilnahine an einer Vcrbrcchcrgcnesscnschast zu nichr- jährigeui Kerker verurtheill iliid mit Hilfe gutwilliger Ge nossen nach Paris geflohen, wo er daS Buck ..I.'Ituli«- lollo «»»olle eK"' schrieb, in welchem Kritik von Schuiäbiingcn kaum anScinandcr zu halten sink. Als Soli» eines Ober- richtcrs in Neapel batte er eine sorgfältige Erziehung ge nossen; seine politische Carriörc ist also gewiß nicht de» geistigen oder wirthschastlicken Verhältnissen, unter denen er anfwllchs, zuzuschrcibci'. Icdensallö hat man mit ibm das anerkannte Haupt der italienischen Anarchisten gefaßt. WaS seiner darrt, lehrt die schon durch den Trabt gcniclrcte Ver- iirtbeilung des jungen auch in 'Anarchie machenden Atvoealeu Molinari, des moralischen Urhebers der Revolution in Earrara, zu dreinndzwanzigjährigem Gefängnis;. Die „Tri- b»na" sinket das Urlkcil grausam, aber Angesichts deS Umstandes, daß cS in Massa-Earrara iniincr noch gährt, daß Sieilien trotz aller ossiciöscn Versicherungen noch nicht völlig pacisicirt ist, und daß die Anarchisten in Italien »och lange nickt alles Dynamit verknallt haben, wäre Milde so viel wie Sckwächc, Schwäche aber Verbrechen. In tzüißlnnd bildet die Nachricht der „Pall Mall Gazette", der Preniicrministcr Gladstone sei regierungS»iüdc, das Tagesgespräch »nd wird namentlich in den Reihen der libe ralen Partei, in die sic wie ein: Bombe hincingeschlagen, mit besorgter Miene erörtert. Allerdings bat Gladstone selbst die Meldung unverzüglich dcincnliren lassen, allein in einer Form, die i» rer Thal eher wie eine halbe Bestätigung anssicht. Mag nun der liberale Ministerches sich ent scheiden wie er will, jcdcnsalls niag bei diesem An lasse und angesichts deS am 12. Februar erfolgenden Wiekerzusammcnirittcs deS Parlaments wieder einmal auf die großen Schwierigkeiten dmgewicsen werden, welche ick vor dem liberalen Regime GlatstoneS lmnicr böber empor ibürnien. Was ist das Ergebnis; dieser »eit Menickengedenken längsten Session und ihrer a»sre»bc»ke» "Arbeit? Von größeren Vorlagen bat daS Unterhaus die Homerulc Bin, die Vorlage über die Haftpflicht der Arbeitgeber nnd den Gesetzentwurf über die Kirckispielräthe angenommen. Und das Oberhaus? Die irische "Bill Kat cS mit geradezu überwältigen der Mebrbcit abgclcbnt »nd die Hastpflicht-Bill, sowie die Gemeinde-OrdiiunzS-Vvrlagc werden voraussichtlich mit wesentlichen Abäutcruiigen wieder an das Unterhaus zurück geben. Am schlimmsten ist cs mit der Hastpflichlvorlage, nachdem die LordS die Uiiteranlräge der Geincincn zu denen des Oberbanses mit 125 gegen 22 Summen verworfen habe». Der Widerstand der Lords richtete sich vorncbmlich gegen die von den '1 racke - h»ic>u^ und den Radikalen verlangten Bksliiiiniungcn über die Privatverträge zwischen "Arbeit gebern nnd Arbeitncbmern. Für das Cabuict Gladstone ist dieser neue "AblehnnngSbeschluß der Lords eine neue ernste Verlegenheit; denn wie will eS de» Wählerschaften gegenüber bei den Neuwahlen mit leeren Händen bestehen? WaS die KircbspielratbS-Bill andclangt, so haben die LordS dieselbe zwar in zweiter Lesung aiigcnomnicn, in der Eiiizelberatbung aber dürste an der Vortage so Vieles gerade bc» jenen Be stininnlngcn, welche aus die Temolratisiriing der Gcmcinde- Ortnnng binziclen, beanstandet werde», daß eine Ver- ländignng der beiden Häuser, wen» überhaupt möglich, noch in weitem Felde liegt und die Bill noch unerledigt sein kann, wen» schon die nächsten Neuwahlen staltsindci:. Am Ober banse droht somit di: ganze liberale gesetzgeberische "Action zu scheitern. In dem von den Radikalen angelündigtcn aus sicht-lose» Sturm ans die Kammer der Lords aber die Führung zu übernehmen, wird Gladstone schwerlich gelüsten. In der »orSaiucrikiinischr» Union vollzieht sich in den Grundbcsitzverhältnisscn eine immer mehr zu Tage tretende Um Wand lung, die auch von der alten Welt nicht »llibcachtet gelaffen werden kan». Tie Anhäufung enormer Neichtbüiner i» einer Reihe weithin bekannt gewordener aincrikanischcr Familie», der "Astvrs, Vandtr- billS ». A. m., und die Anlegung entsprechender Beträge in Ländereien muß, so schreiben die „"B. P N.", mit säst mathematischer Gewißheit zur allmählichcii Entstehung des von den revvlntionaircn Agitatoren der alten Welt als der Volksübel größtes verschrienen Stankes der Großgrundbesitzer führen. Denn die amerikaiiischen Gelkfürstcii machen, »in den "Besitz in ihren Familie» zu stabilisiren, ans den von ihnen erwor benen Läiidcrcieoinpleren mit Vorliebe Fidcieommisso. Und die öffentliche Meinung des Landes betrachtet diese» Vorgang teiiicswegs, wie man vielleicht glaube» möchte, mit scheelem Blicke. I», Gegenthcil. Der Mangel des mäßigenden, rcgiilircndc» Einflusses eines in sich gefestigten, der wilden Jagd nach dem Dollar entrückten, ans »n veräußerlichen oainilicubcsitz und die daran hastende» Traditionen gestützten politisch-socialen Factors ist von ein- sichlsvollc» "Anierilaiierii in ihrem StaalsorganisniiiS schon schmerzlich empfunden worden und sie begrüßen cs, wenn mit der Zeit die Familien mit ausgedehnte»! befestigten Grund besitz eine» gewissen Einfluß au; die Fortbildung und Leitung der össcntlichcn Institutionen der Republik gewinnen und wenn mit gewissen Einschränkungen auch Handel und Industrie diesen Impulscnsolgcn. Zweifellos darf diebeginneiidcArisiotratisirung der amcrilanische» Instiinlione», wenn sic sich in vernünftigen Grenzen hält — »nd dafür wird der Frcibcitssinn der Fr«illetsn. «da ZUström. bs Roman von H. PalmL-Paysea. Nachdruck »er-eten. „Du hast Unsummen Geldes im letzten Iabre verbraucht", antwortete dieser, „wofür, ist mir unklar. Man säbelte mir allerlei abenteuerhaste, geheimnißvollo Dinge vor, über die ick lächeln mußte, sie erinnerten in ihren Unwabrscheinlichkeiten doch zu sehr an die Erzählungen einer Sckeberezade. Hast Du Schulden, Werner?" „Nein", lautete die schnelle Antwort, „ich bin meinen Ver bindlichkeiten nachgekommen. Trotzdem möchte ich Dick gerade jetzt um eine Anweisung auf einige hundert Tbaler bitten, nicht für meinen Verbrauch." „Nicht für Deinen Verbrauch?" „Ich will das Geld ohne Unterschrift der Mutter Ottilie Nolda'S senden. Diese verschwenderische Tochter hat sie mit ruiairt. Nun diese todt ist, wer soll ihr helfen'-"' „Hm, hm", machte Hochstedt und sah nachdenklich ans den unruhig Umberschreiicizden, dann sagte er plötzlich mit aller Bestimmtheit: „Sind das Scherze, Porlpicgelungcn oder —" „Ernst ist es. heiliger Ernst. Onkel." Der Neffe war vor ibm steben geblieben und sab ihm offenen, klaren AugeS ins Angesicht. Hochstedt nickte, glaubte ihm, ohne jedoch anderarligc Zweifel bannen zu können. „Ich werde Dir die gewünschte Summe anweisen lassen", sagte er. „ES bleiben Dir in diesem Jahre verhältnißmäßig nur noch geringe Renten. Dein elterliches Vermögen ist ja beträchtlich genug, »in Dir eine sehr begucme pecuniäre Lage zu schaffen, dock nickt so glänzend, mn wie ein Fürst zn wirth- schasten, zwei HanSkaltungcn zn führen, oder dergleichen. Das klang fast wie ein Scherz, wer aber den Intendanten kannte, seine» Blick, seine Stimme, körte wie Werner eine "Beziehung a»S dem scheinbar barmlosen Vergleich berauS Der junge Lfsicier vermied c-, den Sprechenden anzuschauen Sporrnklirrenk und nachlässig den aufschlagenden Scklepp- säbel ergreifend, nahm er seine Wanderung im Zimmer „Ich lebe nicht ein Jahr wie das andere, nnd im nächsten meinetwegen dann recht wirthschaftlich, sei ohne Sorge, Ontel", bemerkte er. Und um daS ihm augenscheinlich peinliche Zwiegespräch abzubrechen, erkundigte er sich nach dieser oder jener gleich- giltigen oder ibm längst bekannten Tbeatcrangelegenkeit, nach dem Regisseur deS Schauspiels, baß er denselben aussucken, sprechen möchte und dergleichen. Dadurch bestärkte er freilich die in Hochstedt erregten Zweifel. Doch war dieser ein zn fein empfindender Mann, »m gewaltsam in die ihm vor- entbaltencn Dinge eindringen, sich Vertrauen erzwingen zn wollen. Beide trennten sich. Der Intendant bog in den schmalen Gang ein, der rechts vom Corridor auf die dämmerige Treppe zum AnSgang führte, während sich Werner in entgegengesetzter Richtung zur Bühne begab, um dort mit dem vorgeblich ge suchten Regisseur zusamnicn zu treffen. 7. Capitel. ES herrschte hier völlige Stille. Tic Proben batten ja längst ihr Ende erreicht. Düster gähnte ihn der weite, Abends Hlanzerbellte, jetzt öde Raum an. Werner hörte nickt- als »eine eigenen hallenden Schritte. Nachlässig lies; er sich in einen Sessel im Vordergrund nieder, die paar Minuten zu verweilen, bis sich sein Onkel vom Tbcatcr weil genug ent fernt baden konnte, um tan» obne seine "Begleitung dasselbe zu verlassen. Die Bübne war für daS am Abend auszuführcnke Stück in ein elegante- Gemach verwandelt. „Cypriennc" sollte ge geben werten. Au» dem Zwielicht des Souffleurkasten- tchimmcrlen die bellen Blätter des zi.rückgclaffcnen Manu- scripteS bcrvor. Neben Werner auf einem Tischchen lag die vergebene Rolle einer Schauspielerin. Mechanisch schlug er Pie Blätter um, schob sie dann zurück, mit seinen Gedanken war er noch bei den eben verhandelten Dingen. Er befand sich in einer sebr verdrießlichen, gereizten Stimmung. Die seinem Onkel zugetragenen Gerüchte beunruhigten ibn zwar nicht, »nd er war sich bewußt, das; er nicht» zu fürchten brauchte, was in den Au^cn seines VoriiiuntcS mehr als Mißbilligung verdiente, er ließ sich nur nicht gern in die Karten schauen. DaS Gebeimnißvolle batte von jeher für ibn einen Reiz ge habt, und etwa» GebeimnißvolleS war cS ja, was er dem Späherauge des Klatsches, der in jeder Stadt sein Seepter zu schwingen weiß, bis jetzt zu entziehen gewußt. Gleichzeitig schwebte ihm auch diejenige vor Augen, deren Namen zum ersten Mal ihm gegenüber beute von seines Ontcls Lippen gefallen war. Arme Ottilie Nolda. Er seufzte. Ein Pnnct war da, bei dem seine Gedanken in der Lelbstvertheidi-uing immer stockten, um darauf desto eiliger zu basten. — ^o grübclnd sak er ganz etwas Anderes vor sich als die kalte, dämmerige Bühne mit dem Durcheinander der Couliffc» nnd den aus gestellten modischen Möbeln, er sak ein lauschiges KioSt, in dem "Alle», Teppiche, Vorhänge» Divane, in de» warmen, satten Farben des Orients schimmerte, ein Tusculn,». daS eine glühende wcilschwcifcndc Phantasie geschaffen. Er sah sich selbst darin und andere Gestalten nnd unter diesen wiederum eine, die ihm winkte, grüßte und ihm znricf mit einem nn vergeßliche» Blick: Du brauchst Dir leine Vorwürfe zu macken. — Werner von Hochstedt schrak plötzlich zusammen. Wirklich kam eine Gestalt daher, seitwärts ans den Eonliffen heraus, schritt quer über die Bübne »nd dann nahe an die Rampe heran. Ei» schlankes Mädchen, daS er nickt tannte. Er ward nickt bemerkt und befand sich auck nickt in der Siinimung. bemerkt werden zu wollen. Mit gleicbgiltigcr Miene verharrte er anfangs auf seinem Platze. Ellita blickte schweigend in den großen, dunklen Zuschauer raum hinein. Im Geiste sab sic denselben glänzend erbcllt und mit Menschen, Kepf an Keps, gesüllt Ihre Lippen be wegten sich und in leisen, süßen Tönen schwebte eine jener süßen Tanzweisen hinüber, nach denen ihre Füße so gern sich bewegten. Sie warf ihren Mantel bei Seile »nd während "Arme nnd Hände in de» reizendsten "Bewegungen die Melodie» rbylbmisch bcglcitcle», schwebte sie, bald rechts, bald linls, vor wärts, rückwärts, saiift fick in den Hüsten wiegend, oder im Kreise sich drebenr, aus der Bübne hin nnd brr. Sic war ja hier ganz allein aus einem Gebiete, einem Bode», den sie bald beherrschen sollte, Glück nnd Ruhm dort erntend, so hoffte sie. Werner von Hochstedt sab diesem naiven entzückenden Spiele anfangs mit eine», blasirten Lächeln, da»» ansmerksaiiicr, zuletzt theilnehmcnd z» Schönheit »nd Jugend verfehlten selten ibre Wirkung ans ihn, und Ellida war jung und schön Immerhin hell genug war e-, um die» bemerke» zn können. Wer ist cS. dachte der Ossicicr bei sich. Jede- schöne Mädchen der Bübne war ibm seiner Meinung nach bekannt. Dazu gekörte kein Getäcktniß, denn e- gab deren für seinen Ge schmack nur wenige — augenblicklich keine. Er regte sich nicht. DaS reizende Geschöpf vor ihm trällerte, sang und tanzte weiter. Nun war sic wieder ganz nabe herangekominen, eine Wendung — da trafen sich ihre "Augen. Ellita Silström blieb mit den graziös erhobenen Armen, dem seitwärts geneigten Köpfchen plötzlich wie erstarrt, statncn artig stehen. „Eine reizende Pose", bemerkte lächelnd der Ossicicr, indem er fick erhob nnd eine Verbeugung machte. Ihr Erschrecken war groß. „"Woher konimc» Sic —nnd wann — ?" stotterte sie »»d ließ ihre "Arme sinlen, und stand ganz von Rotk übergosic» vor ihm. „Lieutenant von Hochstedt", sagte Werner, sich verstellend, „entschuldigen Sie meine "A»wcsc»hcil. Ich konnte mich mu dem beste» Willen nicht unsichtbar machen, befand mich schon da, als Sic daberkamc» und Ihr Spiel begannen." „O, o, ich batte Sic nickt gesehen." „Bedanre, das; cS geschehen ist. Sic werben mich jetzt vertreiben, nnd gern batte ich neck» »veiler zugeschaut. Es war allerliebst." Sic crwitertc nichts daraus. „Der Tbcaterdiencr bat mich sur "Augenblicke verlassen, er zeigte mir hier die Räume, und wen» er zurnctleb«, werde ich das Theater verlassen", bcincrktc sie i» ihrem gebrochenen Tentsch zur Erklärung der Situation; dabei wandte sie sich ab, um »ick ihr Mäntelchen uniznkängeii. Er machte eine Bewegung, ihr zu Helsen. „Ich danke", sagte sie, seine Hilselcistungcn mit sanfter Bestimmtheit ablehnend. Werncr'S Neugier regte sich', er wünschte von dieser zn rückbaltentc» Schauspielerin, denn das war sic dock, mcbr zn winen. „Tic haben ohne Zweifel üben wollen?" »ragte er, neben ihr stehen bleibend. „O »ein, nicine Gekauten waren nur so lebhaft, daß ich dieselben nnivillkurlich durch Bewegungen begleitete." ,Iklh — Sie sind Tänzerin." Sic verneigte sich und wandte sich zum Geben. DaS lag nun gar nickt in seinem Sin» nnd Wunsch, sich mit so kurzem Bescheid von einem schönen Mädchen entlassen zu sehe», und er war es auch nickt gewöhnt. Doch lag in ihrem Ton unk Wesen etwas, das ibn stutzig »lachte. Für eine Tänzerin war sie sonderbar kiibl und zu rückhaltend . er dachte zu niedrig von dieser Art Künstlerinnen, um ihr Wesen anders als für gekünstelte Prüderie auSzulegeu. Mit einem "Achselzucken und einem etwa» »rörnschen LächrU»
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