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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.06.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940630012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894063001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894063001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-30
- Monat1894-06
- Jahr1894
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Bez«gS-PreiS ^ der Laupterpeditton oder den im Stabt» bqiit und den Bororten errichtete» AaS- pabkflellen ab geholt: vierteliäl>rl1ch.«4.50, bei uoeimaliaer täglicher Zustellung ms Hau» » bchO. Durch di» Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierlrliädrlich . Direct» täglich» -reiubaadirndung in» Ausland: monatlich ü* 7.50. Die Btorgen-Ausgab« erscheint tügltch'/,? Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentag« 5 vhr. Ledartion un- LrpeLitioa: Iatzaunesgaffr 8. Die Expedition ist Wochentags nnunterbrochr» grSffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Vit» Sie««'» Sortim. (Alfred Hahnl» Untversitütssttaß« 1, L»niS Lischt, Kothariuenstr. 1«, Part, und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Lrgan fSr Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigeu-Preis die 6 gespaltene Petitzrile 20 Pfg. Reclamen unter dem RedaettonSstrich (4 ge» spalten) 50-H, vor den Familieanachrichte» (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichnib- Tabellarischer und Ziffrrnsatz »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbesörderuug 60.—, mit Postbesvrderung ^l 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittags 10 Uhr. Marge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr, Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« srüher. Anzeigen sind stets an die Expeditia» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 328. Sonnabend den 30. Juni 1894. 88. Jahrgang» » » » s Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das III. Vierteljahr 1894 baldgefälligst veranlassen. Das Leipziger Tageblatt erscheint wöchentlich 13 Mal. Ter Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 ^ 50 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen S ^ 50 durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn O ./il In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition r Johannesgasse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz V und Universitätsstratze 1, sowie nachfolgende Ausgabestelle«: Arndtstrabe 35 Herr L. 0. Littet, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstrabe 1 Herr Dkeoä. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr tierw. Zltesske, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Ttraste (Thomasiusstraßen-Ecke) Herr Otto k>anr, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Luuarrt Letter, Colonialwaarenhandlung. Marfchnerstrahe 0 Herr kaut 8ekretder, Drogengeschäft, Nürnberger Ttraste 45 Herr Lt. L. Aldrevbt, Colonialwaarenhandlung, ^ Zeitzer Ttrahe 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lodert Oreiver, Zweinaundorfer Strafe 18, in Neustadt Herr Llemeus 8el>elt, Eisenbahnstrasre 1, - Connewitz Frau Llseder, Hermannstraße 23, 1. Etage, . Plagwitz Herr Al. Orütrmunn, Zschochcrsche Straße 7 a, - Eutritzsch Herr Lodert Altner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5. - Reudnitz Herr tV. Lugnuun», Marschallstraßc 1, - Gohlis Herr Dd. Lrtt/sedv Ainedfolxer (Alatldesln«), Mittelstraße 6, - - Herr vernd. Vi'eder, Mützcngcschäft, Leipziger Straße 6, - Lindenau Herr L. Ontderlet, Cigarrenhandluug, Markt 22. - Thonberg Herr L. LUntsed, Reitzenhainer Straße 58, in Bolkmarsdorf Herr 0. 4.» Xuuiuunn, Conradstr. 55 (Ecke Elisabcthstr.). Peterskirchhof 5 Herr Ztax Xlertd, Buchbinderei, Pfastendorfer Ttrahe 1 Herr .4. 0. dussen, Colonialwaarenhandlung, Ranftfche Gaffe 0 Herr Lrleitr. Llsoder, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Lteinweg 1 Herr 0. LiixeliUlwn, Colonialwaarenhandlung, Tchützerrstrahe 5 Herr 4ul. 8el»i!mt< Uen, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr ü. Otttrteli, Cigarrenhandlung, Porkstrahe 32 (Ecke Berliner Straße) Herr 0. Oodus, Colonialwaarenhandlung, Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 1. Juli, Vormittags nur bis Uhr geöffnet. Lxpvültlon ÜV8 Lvtprt^er l'Lsedlattes. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Die Firma IN« Doul» I,erett Odewlout O«. öd Vlackeisen in Leipzig-Plagwitz, vertreten durch deren Inhaber, die Kausleute Herren LouiS I-erett in Leipzig-Plagwitz und Karl Heinrich Robert Findeisru in Leipzig, beabsichtigt auf dem au der Wcißen- ielser Straße 67 in Leipzig-Plagwitz gelegenen, der ActiengejeUschaft für Monierbauten vorm. G. A. Wayß L Lo. in L.-Plagwitz ge- hörigen Grundstücke Nr. 68 bi» 686 Ablh. S de« Brandkalasier», Nr. 307e des Flurbuchs und Nr. 483 de- Grundbuchs für Plagwitz einen Röstöfen für Grünvitriot zn errichten. Es wird dies mit dem Bemerke» bekannt gemacht, daß etwaige gegen die beabsichtigte Anlage zu erhebende Einwendungen, welche nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen bei uns anzu dringen, alle übrigen Einwendungen aber, ohne daß von deren Erledigung di« Genehmigung der Anlage abhängig gemacht wird, zur richterlichen Entscheidung zu verweilen sind. Leipzig, am 28. Juni 1894. Der Rath her Ctadt Leipzig. VI. 1964. Vr. Georgs. Kastelt. Bekanntmachung. Die Herstellung der Fußwege vor dein Schulgrundstückt in der Plagmitzer und in der Giittav-Adols-rtrabe in vetP»t>-klein- zschocher soll an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau- Verwaltung, Rathhau», 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 23 au» und können dort eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Bettage von 50 Pfg., die auch in Briefmarke» rtngrsendet werden können, entnommen werden Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „»uk»e,Herste»,mg vor »cm Lchulgrundstßck t« Lrtpz>g-Alki»jschocher" versehen in dem oben bezeichnelen Geschäftszimmer ht» zu« 7. Juli d. I. 5 Uhr Nachmittags einzureichen. Der Rath behält sich da» Recht vor, sämmtliche Angebot» ab- »nlednen. Leipzig, den 2S. Juni 1894. De« Rath« «er Ltavt Leipzig le. 3152. Ltrahe«ha»peputatt«n. Bekanntmachung. Wir haben beschlossen, die Turner-Ltraß» in Leipzig-Liahenau «utsmuths-rtrahe zu benennen. Leipzig» am LS. Juni 1894. 2«2i Der Rath «er Etatzt Leipzig. le. 758. vr. Georgt. r-lbitz. Gesucht wird der am 27. Juli 1848 in Groitzsch bei Lilenburg geborene Handarbeiter Larl Hermann Drnhig, «eicher zur Fürsorge für seine Sinder anzuhollen ist. Leipzig, den 27. Juni 1894. Der Rath per Ttast Leipzig. Rr«rna«t. Rdttz. IV». ch.L.IV».812ch94. Hentschel. Hr. Gesucht wird der am 12. Februar 1863 in Kleinzschocher bei Leipzig geborene Fabrikarbeiter Johann Georg Grotz» welcher zur Fürsorge für sein Sind onzuhalten Ist. Leipzig, den LS. Juni 1844 Der Rath »er Dtast Leipzig. Rrmen-Amt, Rhth. IV». L.». IV». KLTnM. Hentschel. Hr. Gesucht wird der am 27. Mal 1861 in Selter» geborene Stellmacher Wtlhei« Heinrich Hnmmerich, welcher zur Fürsorge für seine zamili» onzuhalten ist. Leipzig, den 28. Juni 1894. Der Rath her Ltatzt Leipzig. Ar»e«a«t, Abth. II. A. L. IV/Bbih. II. 833a. Hentschel. Dolge. Lajimir Perier. Am V. April 1893, als Casimir Perier noch Kammer präsident, also in einer unabhängigen Stellung war, die ihm nicht die Zurückhaltung de» CtaalSmanneS aufzwang, hat er vor seinen Wählern der Aube in einer Programm rede seine Ansichten entwickelt, die auch fürderhin dem Oberhaupt« Frankreichs al» Richtschnur dienen werten und zur Charakte ristik der Persönlichkett gerade jetzt werthvoll sind. Cr sagte da unter Anderem: Zur Sicherheit der Republikaner und zur Ehre derjenigen, dir es noch werden wollen (er meinte die zur Republik bekehrten Monarchisten) sind andere Bürgschaften nöthig, als Reden; e» genügt nicht, daß man consiitulionelle Erklärungen aufsetzt, man muß con- stituttonell tn seinen Thaten und selbst in seinen Hossnnngcn sein. Die Republik ist kein Zusallswerk. In einem Lande, da» den tieken Eindruck einer Vergangenheit bewahrt hat, die kein Franzos» verleugnen Möchte, von der un» aber die Revolution durch einen unüberbrück baren Abgrund getrennt hat. kann da« nicht ost genug wiederholt Wttben. Die Republik ist nicht etwa ein leerer Schall, «in Name, den man an dir Stelle eines andern gesetzt hat, nicht nur da- Ge- ftändniß der Ohnmacht der Monarchie, eine Art Thrvneriedigung, — die Republik ist rin Ganze» an Anschauungen und Lehren, deren wir zum Leben bedürsci, wie die Lust, die wir alhmen, sie ist der Glaube an die französische Demokratie, der Glaube an die sociale Ncugcburt. sie ist das Jahr 1789 in der Anwendung und Ent- Wickelung der damaligen Grundsätze kühner Lehren, die noch vor hundert Jahren im stampfe der Leidenschaften al« Waffen dienten, di« jedoch seitdem, dank dem Fortschritt der Geister und der Sitten, in Werkzeug« der Ordnung, der Erhaltung de» Bestehenden und de» Friedens umgesormt worden sind. Uns genüg« eS nicht, fest- zustellen, daß die Monarchie nicht mehr ist in Fraiikreich; Re» vublikaner sein, heißt ihre Wiederkehr für alle Zeiten unmöglich machen. Tie Gegenwart, sagt Leibniz, ist zukunstSschwanger. Wir durchschreiten einen Zcilabschniit, wo Alles, was war, nicht mehr ist, und wo noch nicht klar vor Augen liegt, was sein wird. Man muß deshalb die Furchtsamen beruhige», die Ungestümen zügeln. Befriedigungen erwecken ist leichter als Hoffnungen ausstreiien, und je mehr man Die achlet, die leiden und gedrückt sind, um so weniger läuft man Gefahr, sie zu enttäusche». Aus di« getäuschte Hojsnung aber folgt »nniittelbar die Verzweiflung, und verzweifelte Männer stehen bereit- mit eine», Fuß im Ausruhr. Di« Sitten und Lebenigewohnheilen können jedoch den, schnellen Flug deS Gedankens nicht folgen. Möchten doch die Leute, aus denen di« Härten des Lebens lasten, zuweilen einen Blick in die Vergangenheit werfen, dann würven sie zu der Erkenntniß gezwungen, daß da» 18. Jahrhundert nicht in seiner Pflicht gegen die Menschheit gefehlt hat. Wer wollte leugnen, daß besonder» in den letzten sünszehn Jahren viel geschehen ist, um den Geist zu entwickeln, den Willen frei zu machen, dt« Gemülher zu versittlichen, die Herzen zu erheben? Wer wagt, a» dem festen Willen aller Freunde der Temokraiie zu zweifeln, der Republik zu dienen und täglich weiter Las Thor zu dssaen, durch da- die vom Schicksal Eniervien Zutritt zu den friedlichen Freuden der Familie und dem Wohlsein de« häuslichen Herdes finden können? Wir leben nicht mehr i» der Zeit von 1789, noch von 1830, noch von 1848. Es gilt heute ganz etwas anderes als den stamvs gegen die Allmacht eines Herrn, als das Schielst» von Festungen, hinter denen di» Ueppigkrit sich verschanzte. Heute gilt es, da« parlamentarische System praktisch an- zuweaden and e» vor seinen eigenen «u-schreitungen zu schützen; «» handelt sich darum, die Autorität zur Geltung zu bringen, da Niemand mehr mit der Freiheit skilicht. Die aus- führende Gewalt hat fortan von ihre» Rechten Gebrauch zu mache», die daran» entspringende Verantwortung aus sich zn nehmen, alle moraliichen strafte zn einein Lictorenbundel zusaniineiizuiegeii und sie in Tdätiakrit z» sehen, nicht zum Nutzen einer Partei, sondern für dir Größe und da» Heil de» Vaterlandes. Alle öffentlichen Beamten — wie hoch oder wie niedrig sie stehen wogen — müssen mit der Uederzengung durchdrungen werden, daß sie nur von ihrem Vorgesetzten adhängen und daß sie nichts sind Ol die Diener »er Nation. Wir schelten ost aus dir Staats- einrichtungen, wen» es weit angeineffener wäre, un» selbst zu schelten, und «et» nützlicher, un» selbst zu ändern, als neu« Ver- saffungen auszuarbritrn, vor Allem aber komm« es den mit dem veetrauea und einer schweren Pflicht belasteten Erwählten des all gemeinen Stimmrechts zu, ohne Rückhalt ihre Gedanken auszusprechen . Der Mann, der vor Ihnen steh», darf behaupten, daß bi« Nonon I nicht mit Undank de« lohnt, der vor ihr und vor seinem eigenen Ge wissen sich feierlich verpflichtet bat, sie nie za täuschen. Die Politik kann der edelste und der gemeinste allerBerufe sei»,die Demokratie aber ist alt genug, zwischen Denen zu unterscheide», die sich ihrer bedienen und die ihr dienen wollen. Wer Die belügt, die aus ihn hören, verachtet sie. Muihigrr Offenheit, männlichen und freien Gedanken maiigelt gar ost die Volkskunst, aber was ist sie tverth. wenn sie statt einer Offenbarung nationaler Dankbarkeit, die dann da» Zeugniß bestätigt, da» einem ehrlichen Menschen bereit» sein Gewisse» ausgestellt, nur blinde und selbstzufriedene Volkseilelkeit ist, ein Blumenkranz, der morgen verwelkt, »in Hauch, der nur Den nmschmeichel», der die niedrigste» Triebe der Menschennatur sich zum Zweck legt und der seinen Leidenjchosleu di« Wahrheit, vtel- letcht gar sein Baterland opfert? Casimir Perier'« Stellung der römischen Kirche gegen über charakterisirt die Instruction, welche er kurz vor seinem Rücktritt von der Ministerpräsidentschaft dem französischen Botschafter gegeben und der Kaminer verlesen hat. Cs hieß darin: „Wir versprechen unsere Achtung und unseren Schutz der Kirche, welche die Vorrechte der weltlichen Gewalt anerkennt; wir laden sie u «incin Werke der Duldung und Beschwichtigung ein. Wenn der atholiiche Klerus diese Beschwichtigung ermöglicht, wird Frankreich daran» eine neue Kraft schöpfen. Sollte er glaube» oder z» glauben scheinen, daß unsere Erklärungen durch andere Gesühle, als durch die Lichtung deS Glaubens und die Liebe zur Freiheit eingegebcn sind, so wurde er bald darüber im Klaren sein und sich davon zu überzeugen haben, daß die erste Pflicht einer Regierung, welche die Autorität aufrecht erhalten und befestigen will, darin besteht, von den Dienern der Kirche wie von allen anderen Bürgern die Achtung vor den Gesetzen zu verlangen." Die stolze, würdigt Sprache hat den KleruS verstimmt, die Radikale» aber sind trotzdem gegen ibn mißtrausch gr- biiebcn, sonst hätten sie ihm bei der Präsidentenwahl ihre Stimmen nicht verweigert. Ter neue Präsident der französischen Republik zählt erst 47 Jahre, ist ein breitschulteriger, etwa» untersetzter, kräftiger Mann von Mittelgröße, rnnteni Gesicht und gesunder Farbe, lieber einem dichten Schnurrbart mit nach oben ragende» Spitzen schauen ein Paar blaue Augen, deren Strahl inebr durchbohrt, als erwärmt, entschlossen und zielbewußt in die Well, die ganze Erscheinung macht in der stets eleganten Kleidung den Eindruck eines OssicicrS in Civil, der nach der Gage nichts fragt und der weiß, daß ihm der Abschied keine NahrnngSsorgen bringt. I»> Feldzug von 1870 hat er als Hauptinaiin der Mobilgarden das Kreuz der Cbrcnleaion davongelragcn, nachdem er bei Bagneuz den ans de» Tod verwundeten Major de Dampicrre aus dem Feuer des Gegners hinwcggetragen batte. Dieselbe Unerschrockenheit, die er vor dem Feinte bewährte, brachte er als Deputiitcr mit in die Kaminer. Dort, inmitten einer Gesellschaft, der schon sein Name und sein Vermögen Rcspcct cinflößle, wußte er sich bald als Ar beiter in den Ausschüssen sowohl, wie als Redner eine Geltung >u verschaffen, welche die Auguren des republikanischen Geschicks schon längst veranlaßt Halle, ans ihn al-den kommenden Mann hinzutcutcn. Wenn er sprach, waren eö kräftige Worte mit einem Anflug von Ironie, die jedoch de» Eindruck der ehrlichen Ucberzengung nie verwischte; die innere Erregung zitterte durch, aber inan merkte, daß der Redner sich selbst, Gedanken und Ausdruck fest im Zügel batte. Gradheit, Offenheit und scharfer Verstand, gepaart mit besten Unigang-sormen und einer Unabhängigkeit, die berauSzusortern gefährlich, waren Eigenschaften, die seinen College» i» der Deputation nicht gerade Behagen und Wohlsein einslößen konnten, so lange in Parlament und Regierung die Panannste» Wort und Ruder sühnen. Zwar batte inan Casimir Perier zwei Mal al« UnterstaatSsecretair, einmal unter Barroux im Ministerium des Unterrichts und einnial im Kriegsministcrinm unter General Eampcnon gelte» lassen, auch war er als Sachkenner und tiichuger Arbeiter im Vorsitz des Vudgclansschusses willkommen gewesen, seine Stunde aber schlug, erst leise, dann immer lauter, als mil der Enllarvnnz de- boulangiitischen CäsarenschwindelS die Klärung de-parlamentarischen Systems an Haupt und Gliedern begann. Casimir Perier wurde Vice- präsident der Kammer, und wenn er die Leitung übernahm, zuckten Sturmzeichen durch die Reihen der Boulangisten und Revisionisten, dir der Anblick des zugeknöpften Manne« mit den aufstrebenden Schnurrdartspiyen reiste, wie da- rolbe Tuch den Stier Regelmäßig brach dann da« Weller Io-, aber mit unverwüstlicher Kaltblutigleit verhängte Casimir Perier Censnr und Ausschließung über ein Dutzend der Schreier, und e- wäre ihm nicht zu viel gewesen, die ganze Bande au- dem Tempel zu treiben. Nachdem dann ßloqnet und die übrigen über Panama SchifsbruL gelitten und die Wogen der Ent rüstung ihn auf den Sessel des ersten Präsidenten der Kammer gehoben hatten, war Casimir Perier schon erklecklich kühler geworden; er mochte fühlen, daß nun seine Zeit gekommen, wurde sparsamer in den parlamentarischen Strafen und milder in der Handhabung der Hausordnung. Cr Halle sich nicht getäuscht. Cs ist in frischer Erinnerung, wie er als Nachfolger Dupnh'S vom Sessel des Kammerpräsidenten zu dem de- Premier- binüberstieg, wie er dort schneidig und brav seinen Mann stand, w>c er gelassen und ruhig siel und wie sein Anseben ans den« Sturze erhöht und erneuert hervor ging, so daß er wiederum al- Vertrauensmann der Kammer zu deren Vorsitz berufen wurde. Von dort hat dann Casimir Perier den letzten Ausstieg zum Oberhaupte Frankreichs ge macht. Deutsches Reich. 5». Berlin, 29. Juni. Ein Viehbesitzcr, der in den letzten sechs Wochen de» HandclStheil der Berliner Blätter la«, hätte sich versucht fühle» könne», mit der Stadt einen Ver trag über die Lieferung des Grases abzuschließen, das in der Burgstraße, wo die verödete Börse sich erbebt, gewachsen sein musste. Die Jeremiassc erhoben alltäglich ein Klagegeschrei über die durch die neue Börsensteufr zu Fall gebrachte „Strahlende", das Geschäft wurde „als total darnicter- liegcnd" geschildert, die „Freisinnige Zeitung" cilirte die ältesten Börsenleulc. um sich einer solchen Oede seit dreißig Jabren nicht erinnern zu können. Nun ist der Ausweis für die Einnahmen im Monat Mai, mit dem das neue Stcmpelslcuergesetz »i Kraft getreten ist, erschienen und er zeigt nicht die mil Bestimmtheit in Aussicht gestellte Verminderung der Einnahme, sondern eine beträchtliche Vermehrung. Tie Umsatzsteuer hat um ungefähr die Hälfte mehr als im gleichen Monat de» Vorjahres ergeben, sie weist dieselbe Steigerung gegen den April dieses Jahres aus und erbrachte mehr als da» Doppelte des Ertrag» vom Teceniber 1893. Da» Mehrerlrägniß, da» die Begründung de- StempclsteuergcsetzeS i» AnSsickil stellte, das Zweifache des bisherigen Ertrag-, ist allerdings lange nicht erreicht, aber für da- laufende Jahr war dieser Mehrerlrag auch nicht in Rechnung gezogen. Da- verbot die überaus ge drückte Geschäftslage an den deutsche» Börsen, welche zum größten Tbeile eine Folge de» durch vorausgegangene Execsse aller Art erregten Mißtrauens de» PublicumS ist. Zieht man hierzu in Betracht, daß der Reichstag da- neue Stenergesetz einen Monat früher, als von der Re gierung vorgeschlagcn und ehe sich Bankiers und Makler über die Anpassung an die neuen Ver hältnisse einigen konnten, in Kraft treten ließ, so ist die Ver minderung de« Verkehr» um etwa 25 Proccnt gegen den vorhergegangenen Monat keine bedenkliche zu nennen. ES kommt hinzu, daß im Hinblick ans die bevorstebendc Steuer- rrhöhuna der April kräftig zum EmissicnSgesck'äst ausacnntzt wurde, jo daß der Esfectenstenipel — unter dem alten Steuer say — in diesem Monat rund 807 000 cinbracble, gegen rund 306 000 .sc im April 189.3. Des Weitere» ist, wenn mail Beschäftigung und Gewinn de» deutschen Capital« schätzen will, nicht außer Acht zu lassen, daß bei den Emissionen, die seit dem 1. Mai an fremden Plätzen erfolgt sind, deutsche Firmen i» erheblichem Maße bcibeiligt waren. Ihr EniisücnS- gewoin fließt i»S Land. Die Tinge sind also weit davon entfern», sick, bedroblich anzulassen, »nd wenn Herr Richter die sieisinnige Volkspartei .beglückwünscht-, daß sie gegen taS Sttmprlsitucrgesctz gestimmt bat, so glauben wir, die un geheure Mehrheit der deutschen Steuerzahler wird sich diesem Gratulanten nicht anschlicßen. —ii. Berlin, 29. Juni. Der „Kreuzzeitung- wird in einer der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" vci, einem Deutschconservativen zugcgangenen Zuschrift gebörig der Tert gelesen. E- wird ibr nämlich klar gemacht, daß sie in einer ganz imglaublichen Verblendung für den radicalen Antisemitismus Propaganda mache. Der der „Kreuzzeitung- gemachte Vorwurf knüpf« daran an, daß taS conservalivc Blatt neulich triumpbirend bemerk» bat, der Nimbus de» Antisemitismus reiche schon so weit, daß sogar dem Herr» Bebel dadurch imxoiiirt werde. Der Einsender weist daraus bin, daß tbatsächlich dieser Nimbus nur in so weit verkante» ist, als er sich besonder« aus Kosten der Eonservativen bat erwerben lassen Dagegen sei die Be hauptung der Antisemiten, daß ihre Bestrebungen den Social»
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