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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.02.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960211017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896021101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896021101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-02
- Tag1896-02-11
- Monat1896-02
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Man meint, daß die jetzigen politischen „Herren" des Landes die alten Besitzer numerisch längst überflügelt haben. In Folge der starken englischen Einwanderung, sagt man, habe sich die Waage zu Gunsten Englands geneigt, da ein nennenSwertdrr Nachschub von Holland nicht stattgefunden habe und bei der geringen BolkSzabl der Niederlande auch nicht stattfinden könne. Man vergißt dabei aber, daß die Engländer zum großen Theil nur vorübergehend das Land bewohnen, da- sie auSbeuten, um dann mit ihrem Gewinn in die Heimath zurückzukehren, daß die Boeren aber nie daran denken, Südafrika zu verlassen und daß der K,..der- reichthum der Boerenfamilien ein außerordentlich großer ist. Familien mit 16 bi- 18 lebenden Kindern sind gar keine Seltenheit. Da- Boerenelement ist tatsächlich in der Capcolonie, im Oranje-Freistaat und im Transvaal weitaus das stärkste, nur in Natal und selbstverständlich auch in den großen, zunieist den Portugiesen abgenommenen Territorien ist das englische Volksthum das überwiegende unter der europäischen Bevölkerung. Natal wurde von Boeren, die au- dem Capland auSzogen, um der englischen Herrschaft zu entgehen, zuerst besetzt. Sie gründeten dort die Republik Natalia. Aber die Engländer nahmen das Land in Anspruch und blieben in dem sich nun entspinnenden Kampf siegreich. Die Folge war, daß viele der Boeren abermals „treckten", nur einige Tausend blieben zurück. Ihre Nachkommen wohnen meist um Pietermaritzburg. Im Oranje-Freistaat dagegen ist das holländische Element das weitaus vorherrschende, von den 77 716 Bewohnern sind nicht weniger als 68 940 holländischer Abkunft, wie die Religions statistik überzeugend nachweist. Briten wohnen in geringer Zahl hauptsächlich im Südwesten des Landes, seitdem man dort Diamanten gefunden, was zu gewinnbringenden Unter nehmungen geführt hat. Ebenso ist von einer nenncnswerthen britischen Bevölkerung im Transvaal erst zu reden, seitdem man dort Gold gefunden hat, also seit 1883. Noch stärker wurde der Zuzug auch anderer Europäer, als man die außerordentlich reichen Lager bei Johannesburg entdeckte. Aber wenn nun auf englischer Seite behauptet wird, daß die fremden Elemente, nach der englischen Presse sogar die Engländer allein, die eigentlichen Herren des Landes an Zahl überträfen, so ist das eine arge Üebertreibung. Eine vor wenigen Monaten erfolgte Volks zählung stellte fest, daß die weiße Bevölkerung deö Transvaal sich aus 226 028 Seelen bezifferte. Davon waren 150 308 holländischer Nationalität und nur 85 720, also etwas mehr als die Hälfte, Fremde. Unter den letzteren war allerdings der größere Theil, nämlich 41275, britisch gegen 34445 andere Fremde, in erster Linie Deutsche, dann Franzosen, Holländer rc. Obwohl die Capcolonie seit mehr als 90 Jahren britisch ist und obschon große Abteilungen von Boeren die Colonie zu verschiedenen Zeiten verlassen haben, um der englischen Herrschaft zu entgehen, ist doch auch hier, dem Sammelpunkt britischen Leben-, die weitaus überwiegende Mehrzahl der Be wohner holländischer Nationalität. Man ersieht aus dem letzten CensuS, daß von den 376 987 Weißen der Colonie nicht weniger al- 306 320 sich zur niederländisch reformirten Kirche bekannten. Da nun die Holländer am Cap von einer Bekehrung der Eingeborenen lange Zeit durchaus nichts wissen wollten und ihre Mission erst sehr spät einsetzte, so haben wir von der oben gegebenen Zahl nach der jüngsten Missions statistik höchstens 10 000 abzuziehen. Die Nebligen sind echte Holländer. Somit stehen 296 320 Personen niederländischer Abkunft nur 80 667 Weiße anderer Bekenntnisse gegenüber, wobei man die 10—12 000 Deutsche und andere Europäer, Uber die wir keine Nachweise besitzen, nicht vergessen darf. Zieht man nun die Schlußrechnung, so ergiebt sich, daß Südafrika sicher von 540 000 Holländern bewolmt wird, wo bei die zerstreuten Gruppen (z. B. Grootfontein in Deutsch- Südwestafrika) gar nicht in Anschlag gebracht sind, während mit Hinzuziehung aller der Engländer, welche etwa in Basuto- land und in dem großen Gebiet, das man jetzt gern „Rbodesia" nennt, sich aufbalten, das englische Element schwerlich an 160 000 heranreicht. Das Capland hat allgemeines Wahlrecht und eine Re- präsentalivverfaffung, es ist englische Colonie, aber, wie alle großen Colonien Englands, faktisch autonom. Wollten also die Boeren von ihrer Stärke Gebrauch machen, so könnten sie jeder Zeit das Heft in die Hand bekommen. Lange haben sie sich ziemlich tbeilnakmlos verhalten, erst in neuester Zeit nehmen sie größeren Antheil an dem politischen Leben ihres Landes und haben eS u. A. auch 1884 durcbgcsetzt, daß in den Verhandlungen desCap-Parlaments die bolländischeSprache als gleichberechtigt mit der englischen anerkannt wurde. Noch mehr: Sie haben seit dem Angriff der Engländer aus die Selbstständigkeit des Transvaal im Jahr 1881 den großen Afrikander Bond geschaffen, welcher alle Holländer Süd afrikas zusammenfassen soll. Durch ihre brutale Vergewaltigung eines Volkes, das ein so ausgezeichnetes Colonisationsmaterial bietet wie kein anderes, haben die Engländer immer wieder die sich langsam aus- gleickenden Gegensätze verschärft, immer Gewalt vor Recht setzend. Aber heute wird auch das übrige Europa in afrika nischen Sachen mitzusprechen haben. Deutsches Reich. Berlin, 10. Februar. In dem Kamps um die Ver besserung ihrer Arbeits- und Lohnverhältnisse haben die Arbeiter und Arbeiterinnen des ConfectionS- gewerbes die ungetheilte Sympathie der Bevölkerung für sich. Die im Streite mit unterlaufenden Uebertreibungen haben die Verallgemeinerung der Ueberzeugung nicht hindern können, daß diese Arbeiter zum größeren Theile elend bezahlt sind nnd daß in Folge dessen und — waS namentlich von den > Arbeiterinnen gilt — auch auS anderen Ursachen ihre Lebens weise eine höchst beklagenswerthe ist. Der Kampf ist ein Lohn kampf, aber er dreht sich erst in zweiter Linie um die Er höhung der Löhne, im Vordergrund steht das Verlangen nach Beseitigung des Systems der Zwischenmeister, das überwiegend die unauskommliche Entlohnung verschuldet, und nach Errichtung von Betriebswerkstätten, mittels deren die Arbeiter ohne selbstständige Mittelpersonen mit den eigentlichen Unternehmern in wirthschaftliche Berührung treten. Soweit diese Forderung in Betracht kommt, kann der Staat die Confectionsarbeiter nur moralisch unterstützen. In Berlin ist das bereits ver sucht worden. Ein Beamter aus dem Handelsministerium hat die Eigenthümer der größten Firmen der Branche aufgesucht, um mit ihnen die Möglichkeit der Ein richtung von Betriebswerkstätten zu besprechen. Könnte man zu dieser Neuerung rasch gelaugen, so würde sich die schlimmste Erscheinung im Schneidergewerbe, die üble Lage der Arbeiterinnen oder doch wenigstens des größeren Theils derselben, von selbst erheblich verbessern. Es fänden, da die ConfectionS-BetriebSstätten regelmäßig als Fabriken anzu sehen wären, auf die Schneiderinnen die Schutzbestimmungen des tz 137 der Gewerbeordnung Anwendung. Dieser setzt für erwachsene „Arbeiterinnen in Fabriken" einen Maximal- arbeitStag von 11 Stunden (für die Vorabende von Sonn- und Festtagen von zehn Stunden), ferner das Verbot der Nachtarbeit (von achteinhalb Uhr Abends bis fünfeinhalb Uhr Morgens) und sonstige Arbeitsbesckräntungen fest. Den Arbeiterinnen der Hausindustrie kommen diese Wohltbaten des Gesetzes nicht zu Gute. Aus diesem Grunde und da mit der Errichtung von Betriebswerkstätten, falls sie überhaupt sich im weiteren Umfange ermöglichen läßt, jedenfalls erst nach geraumer Zeit vorgegangen werden könnte, ist die nationalliberale Interpellation, welche eine Aenvcrung der Gesetzgebung zu Gunsten dieser Arbeiterinnen anregt, im Reichstage ein gebracht worden. Die Interpellation fordert gleichzeitig Maß regeln gegen die Ausbeutung der Arbeiterinnen der Wäsche- und Confectionsbranche durch das Trucksystem. Von diesem bandelt H 115 der Gewerbeordnung. Er verbietet, verabfolgte Werkzeuge und Arbeitsstosfe im Allgemeinen höher als zum durchschnittlichen Selbstkostenpreis und für Akkordarbeit höher als zum ortsüblichen Preise bei der Lohnzahlung in Anrech nung zu bringen; im letzteren Falle muß der Preis auch im Voraus vereinbart sein. Diese Schutzbestimmung gilt auch für das HauSgewerbe. Aber sie kann hier leichter umgangen werden als in Fabrikbetrieben, und sie wird es erfahrungs gemäß vielfach, oft in empörender Weise. Es stellt sich da her das Bedürfniß heraus, nach einer wirksameren gesetz lichen Sicherung gegen diese indirekte Lohnminderung zu suchen. * Berlin, 10. Februar. Auf dem vom Magistrate der Stadt Berlin behufs Stellungnahme zum LehrerbesoldungS- gesetz einberufenen Städtelage waren 61 Städte ver treten. Die noch fehlenden 8 Städte batten sich mit der vom Berliner Magistrat vorgeschlagenen Petition einverstanden erklärt. Oberbürgermeister Zelle eröffnete den Städte tag mit einer Ansprache, die mit einem Hoch aus den Kaiser schloß. Oberbürgermeister Fritsche - Charlottenburg, Werner-CottbuS, Westerburg-Cassel beantragten die Ab lehnung des ganzen Gesetzes. Dieser Antrag wurde indessen mit allen gegen 7 Stimmen abgelehnt, dagegen beschlossen, die Petition des Berliner Magistrats anzunehmen und der selben folgenden Antrag des Oberbürgermeisters Bender- Breslau voranzustellen: „DaS von der Verfassung des Landes gewährleistete Recht der einzelnen Gemeinde, die äußeren Angelegenheiten ihrer Volksschule unabhängig von anderen Gemeinden und Schulen zu leiten, muß auch in Beziehung auf die Zahlung der Lehrergehälter, einschließlich der Alters zulagen, aufrecht erhalten werden. Die einzelne Gemeinde darf also nicht wider ihren Willen zum Anschlüsse an eine Verbandskasse gezwungen werden, die der Leitung der Ge meinde völlig entzogen ist und welche Beiträge nicht nach dem Bedürfnisse der einzelnen Gemeinde erbebt, sondern nach dem Bedürfnisse aller Schulen Les Verbandsbezirks." Die Petition des Berliner Magistrats lautet: 1) Auch den Städten mit mehr als 25 000 Einwohnern sind die ihnen durch die Gesetze vom 14. Juni 1888 und 31. März 1889 über die Erleichterung der Volksfchullasten zugesichertcn Staats- beiträge unverkürzt s o r t z u g e w ä h r e n. — 2) Die über diese Staatsbeiträge hinaus zu bewilligenden Staatszuschüsse sind nicht nach mechanischen Grundsätzen unter Bevorzugung des platten Landes und der kleineren und mittleren Städte, sondern nach dem wirklich vorhandenen, durch die Leistungsfähig- keit und durch den Umfang der erforderlichen Aufwendungen be dingten Bedürfnisse unter die Schulunterhaltungs-Pflichtigen aller Elasten zu vertheilrn. — 3) Die Voraussetzungen und der Um fang der Leistungen der Schulunterhaltungs-Pflichtigen sind nicht dem Ermessen der Verwaltungsbehörden (Schulaufsichts behörde, Regierungen, Minister) zu bestimmen, sondern durch ge setzliche Normen und bezw. durch Urtheile der Verwaltungsgerichte festzustcllen. —4)Den SchulunlerhaltungspflichtigenistdieBerechtigung einzuräumcn, die von ihnen überdie gesetzlichenM indestsorderungen hinausgehenden Schulleistnngen nach eigenem Ermessen und insbesondere nach anderen als den im Gesetz für die Mindest leistungen ausgestellten Grundsätzen zu regeln..— ö) Die Freizügig keit der Lehrer ist dadurch zu wahren, daß es ihnen gestattet wird, beim Uebertritt in ein neues Lehramt auf eine Anrechnung einer früheren Dienstzeit ganz oder theilweise zu verzichten, wenn sie sich trotz dieses Verzichtes in ihrem Diensteinkommen nicht ver schlechtern. — 6) Ter Termin für das Inkrafttreten des Gesetzes ist frühestens auf den 1. April 1897 festzusetzen. Endlich wurde noch beschlossen, „angesichts der unaus bleiblichen weiteren Angriffe auf die Städte", einen ständigen teutscken Stäbtctag zu gründen und behufs der Vorbereitungen eine sicbengliedrige Commission zu wählen. V. Berlin, 10. Februar. (Telegramm.) Der Kaiser be suchte gestern Vormittag den Gottesdienst in der Friedens kirche zu Potsdam, unternahm sodann einen Spaziergang nach Sanssouci nnd kehrte um 12 Uhr nach Berlin zurück. Um 3 Uhr Nachmittags machte das Kaiserpaar eine Aus- fabrt. Von derselben zurückgekebrt, verblieb der Kaiser im Arbeitszimmer des Schlosses. Die Abendtafel fand um 6>/2 Uhr statt. Abends besuchten der Kaiser und die Kaiserin das Berliner Theater. Heute Vormittag unternahm ter Kaiser einen Spaziergang durch den Thiergarten und empfing nach Rückkehr von demselben den mit der Führung des 3. Armeekorps beauftragten Generallieutenant von Liegnitz, sowie den Flügcladjutanten Oberst von Arnim zur Meldung. Daraus nahm der Kaiser den Vortrag deS Wirkl. Geh. Ratbs vr. von Lucanus und die Marinevorträge entgegen. Um 1 i/i Uhr frühstückte der Kaiser bei dem Officiercorps des ersten Garde-Dragoner-Regiments. Nachmittags um 5 Uhr gedachte das Kaiserpaar nach Charlottenburg zu fahren, um einem Vortrage des Professors Slaby in der Technischen Hochschule beizuwohnen. — Prinz Albrecht von Preußen ist aus England wieder hier eingetroffen. L. Berlin, 10. Februar. (Privattelegramm.) Nack' einem Telegramm aus Paris ist der Schiffslieutenant Buchanv zum Marine-Attachs bei der französischen Botschaft in Berlin ernannt worden. L. Berlin, 10. Februar. (Privattelegramm.) Von einem Mitglieds des Bundes Ver Lanvwirthe wird der „Nat.- Ztq." folgendes Rundschreiben mitgetheilt: Streng vertraulich! Sehr geehrter Herr! Im Hinblick auf die Ablehnung des Antrages Kanitz im Reichstage am 16. und 17. Januar d. I. und aus die Art und Weise, Ivie er von den Herren am Bundesrathstische bekämpst worden ist, erscheint es hervorragend wichtig, daß unsere General Versammlung am 18. Februar im Steinbau des Eircus Busch zu Berlin eine imposante Kundgebung werde. Wir müssen unseren Gegnern dadurch den schlagenden Beweis liefern, das; die Vorgänge im Reichstage das Interesse der Mitglieder an den wirthschaftspolitischen Bestrebungen des Bundes nicht gelähmt haben, sondern daß sie nach wie vor treu zum Bunde stehen, entschlossen, den Kampf muthig und kraftvoll auf der ganzen Linie weiter zu führen bis zum Ziel. Gerade die Be Wertungen, die an den vorgenannten Tagen gefallen find, beweisen, daß wenigstens unsere Bestrebungen, immer weiteren Kreisen von der gefahrdrohenden Nothlage der Landwirthjchast Kenntniß zu geben, nicht ganz ohne Ersolg geblieben sind. — Fahren wir also wie bisher fort. Der Sieg wird dann unser sein. Wir bitten Sie, geehrter Herr, selbst zu unserer Generalversammlung zu kommen und auch in Ihren Bekanntenkreisen daraus Hinwirten zu wollen, daß möglichst viele Berussgenofsen erscheinen. Jeder möge es als seine Pflicht erachten, zu beweisen, daß der deutsche Bauer sich so leicht nicht einschüchtern läßt. — „Alle Mann aus Teck" sei die Parole! In der Hoffnung, Sie demnächst hier persönlich begrüßen zu können, zeichnen wir Hochachtungsvoll und ergebenst Der Direktor: vr. H. Suchsland. — In der „Kreuzztg." lesen wir folgende Erklärung: Nach dem Bericht der „Kreuzzeitung" in der Nummer 65 vom 8. Februar 1896 hat Herr Stöcker in seiner Rede, welche er am 7., Abends, in der Tonhalle gehalten hat, gejagt, „daß ich im Reichstage privatim erklärt habe, man denke fick FsnrHetsn. Hermann Mmers, -rr Marschen-ichter. Eia Bedenkblatt zu seinem 75. Geburtstage. Nachdruck vertdten. Ich wurde ein Mensch, und e» war meine Sendung, Au Helsen mit euch an der Menschheit Vollendung. Ich that, wa« ich tonnte: — was ich gesollt, In redlichem Streben hab ich'» gewollt. Diese bescheidenen Worte, deren Inhalt aber ein ganzes, herrlich au-geuutzte- Menschenleben zu füllen vermag, sieben am Schluß von AllmerS' viel angefeindetem Gedicht: „Weihe eines jungen Erdenbürgers", und man geht nicht fehl, wenn man in ihnen ein Selbsturtheil des Dichters über sein Wirken und Streben erblickt. Und dieses schlichte Wort charakterisirt treffend das ganze Wesen des Dichter-, der heute in unge brochener Körperkraft und Geistesfrische seinen 75. Geburts tag auf seinem entlegenen Stammsitz im Dorfe Rechtenfleth, im Lande Osterstade, begeht: stolze Bescheidenheit, markige Kraft, warmes Herz, idealer Sinn! Und selbst wenn AllmerS nicht der anerkannte Dichter wäre, der er ist, so würden solche Charaktereigenschaften, wie die genannten, dazu berechtigen, ihren Besitzer für einen auserlesenen Menschen zu erklären, der unsere Sympathien in hohem Maße verdient. Hermann AllmerS, geboren am 11. Februar 1821 zu Rechtenfleth, war daS einzige Kind seiner Eltern, die einem wappenführenden Osterstader Geschlechte angehörten, und deren Borfahren schon seit Jahrhunderten auf ihrem Stamm hofe in Rechtenfleth saßen. Ganz entgegen dem sonstigen Charakter der Marschenbewohner, war AllmerS' Vater rin weichherziger Gefühlsmensch, „leicht in Zorn aufbrausend und rasch überschäumend wie ein wahrer Berserker, aber ebenso rasch sich wieder besänftigend, wenn ihm von den Seinen daS rechte Wort zugerufen wurde". Seine Mutter dagegen, eine PfarrerStochter, war eine stille, sinnige Natur. Die Be- gristerungSsähigkeit, sein lebhaftes Wesen hat der Dichter also wohl als «rbtbeil vom Vater empfangen, während der innige Zug in seinen Naturschilderungen an seine Mutter erinnert. Deutlich erkennt man an AllmerS, wie die ersten tieferen Eindrücke der frühen Iugendjabre ost auf das ganze Leben ihren Einfluß ausüben. Diese Eindrücke waren bei AllmerS sehr heterogener Art: ein Deichbruch gelegentlich einer Sturm- fluth ließ ibn einen Blick thun in die Lebens- und Leidens geschichte des harten, markigen Friesenvolkes, und der Unter richt, den er durch seinen Hauslehrer Alexis Doni, einen Nachkommen der gleichnamigen florentinischen Adelsfamilie, erhielt, pflanzte in ihm den ersten Keim jener beißen Sehn sucht nach dem Süden, die ihn in späteren Jahren so oft von seiner Heimatbsscholle in die Ferne trieb. Die vielen Jagd- und Wasserfahrten, die er in seiner Jugend unternahm, und bei denen er daS Thier- und Pflanzenreich seiner Marschen- heimath, sowie deren Allgemeincharakter gründlich kennen lernte, befähigten ihn auch, in reiferen Jahren — aller dings auf neue, gründliche Beobachtungen gestützt — sein in der Literatur einzig dastehendes „Marschenbuch" zu schreiben, das s o nur Derjenige schreiben konnte, der von Jugend auf mit allen Erscheinungen und Eigenthümlichkeilen seiner Heimath gleichsam verwachsen war. Zwei Winter hindurch, die er in Bremen als Pensionair des Direktors der zoologischen Sammlungen de- Museum-, vr. Keller, zubrachte, beschäftigte er sich speciell mit Englisch und Französisch. Zoologie, Zeichnen und Reiten. Hier faßte er auch den Entschluß, reisender Naturforscher zu werden, dem sein Vater zustimmte, dem er aber dennoch auS Liebe zu seiner Mutter entsagte, die sich diesem Plane lebhaft widersetzte. Er mußte, wenn auch ohne innere Neigung, in die Fußstapfen seiner Vorfahren treten nnd sich der Bewirthschaftung seines Gutes widmen. Neben der Beschäftigung mit ländlichen Dingen vergaß er aber die Pflege von Kunst und Wissenschaft nicht. In feinem 19. Jahre veröffentlichte er in der Bremer „Aurora" sein erstes Gedicht, daS er auf das Hinscheiden deS dortigen Astronomen OlberS verfaßt hatte. Zu jener Zeit wurde er auch durch da« Studium von Wolfgang Menzel'S „Geschichte der Deutschen" angeregt, sich weiter in daS Studium der deutschen Vorzeit zu vertiefen, da» ihn, besonder- da ihn auf Schritt und Tritt in seiner Heimath die sichtbaren Spuren großer Vergangenheit umgaben, mächtig fesselte und auf seine späteren Dichtungen einen nachhaltigen Einfluß ausübte. Daß er durch seine nahe Bekanntschaft I mit dem Amtmann Kestner in Hagen, dem Sohne von I Werther'S Lotte, reiche poetische Anregung fand, gesteht AllmerS gerne zu und nennt diesen Mann darum scherzweise seine „literarische Großmutter". Erst im 24. Iabre konnte AllmerS seinem unbezwinglichen Drang zu einer größeren Reise genügen; in Begleitung eines sachkundigen Freundes ging es durch Mittel- und Süd deutschland und Oesterreich bis nach Oberitalien und über Böhmen und Sachsen wieder zurück zur Heimath. Diese Wanderung, von der er reiche Eindrücke heimbrachte, war gewissermaßen der letzte Anstoß, dessen eS bedurfte, AllmerS der Schriftstellerei zuzuführen. Zunächst verfaßte er zahl reiche Reisebriefe für Bremer Zeitungen, aber auch die Poesie erhielt ihren Antbeil, und so entstand u. A. damals, während er, durch tiefen Sand watend, einer Rinderheerde folgte, die seine Knechte vor ihm hertrieben, sein prächtiges Lied: „Auf der Rudelsburg", dem er zu Hause am Clavier auch sofort die frische Melodie gab, nach welcher eS noch jetzt ge sungen wird. An ihm, dem warmherzigen, begeisterungSfähigea Friesen, konnte daS Jahr 1848 nicht spurlos vorübergehen. Lebhaft griff er in daS politische Treiben mit ein, oft genug richtete er flammende Worte für Freiheit, Recht und Vaterland an daS Volk und fand an dem Bremer Patrioten, dem „alten Böse", dem er später in seiner Schrift: „Hauptmann Böse" ein schönes Denkmal setzte, einen Freund und Gesinnungs genossen, der schon damals mit ihm für da- deutsche Kaiser- thum schwärmte. Welchen Einfluß er gewonnen batte, geht daraus hervor, daß ihn die Gemeinde Nechtenfletl, damals nach dem Tode seines VaterS einstimmig zum Vorsteher erwählte. Damals schon, als er durch seine amtliche Tbätig- keit in noch nähere Berührung mit dem Volke kam, reifte in ihm unter dem Eindruck deS I. G Kohl'schen Werkes. „Die Marschen und Inseln Schleswig-Holsteins" der Entschluß, sein „Marschenbuch" zu schreiben; jedoch erst fast 10 Jahre später konnte eS erscheinen. Als am 10. März 1855 seine geliebte Mutter starb, war da- letzte Hemmniß geschwunden, das sich seinem Wunsche, die Welt noch weiter zu durchwandern, in den Weg gestellt batte. Hof und Acker wurden verpachtet, dem Hause ein redlicher Hüter gesetzt, und im Herbste desselben IabreS war er schon bei Verwandten in Litbauen, im Winter in Berlin, im folgenden Sommer in Westfalen, den Rbeinlanden, in I der «chweiz, Oberitalien und Schwaben, überall die Ouellcn I der Bildung, wie sie gerade flössen, genießend, an vielen Stellen mit den größten Männern jener Zeit in nahe Beziehung tretend. Am Schluß seiner Reise nahm er längeren Aufent halt in München, daS er so in sein Herz schloß, daß er bis in die jüngere Vergangenheit noch oft dorthin zurückkehrte. 1857 erschien das „Marschenbuch", durch welches AllmerS sich mit einem Schlage seinen Ruf als Schriftsteller be gründete. Wenngleich es dem Buche nicht beschicken war, in den nun bald 40 Jahren seines Daseins mehr als zwei Auflagen zu haben — auch ein traurige- Zeichen deutscher Literaturverhältnisse, zumal wenn man die 80—100 Auflagen mancher „Werke" dagegenhält! — so ist es doch im Volte nicht unbekannt geblieben, und besonders die Schule hat durch Uebernabme einzelner Theile in die Lesebücher zur Kenntniß des Werkes mit beigetragen. Dem Verfasser wäre aber von Herzen die Freude zu gönnen, die Auflagenzahl gerade dieses Werkes noch in verdientem Maße steigen zu sehen. Nachdem AllmerS einmal die Freuden des Wanderns gründlich gekostet, hielt es ihn nicht lange daheim. Schon 1858 griff er wieder zum Wanderstabe; blieb einige Zeit in seinem lieben München und pilgerte dann nach der „ewigen Stadt" am Tiber, wo er den ganzen Winter verlebte, während er den Sommer 1859 mit Ernst Haeckel, mit dem ibn später herzliche Freundschaft verband, Ischia, Capri und Sicilien durchstreifte. Am Tage vor Weihnachten 1859 kehrte er wieder an den heimathlichen Herd zurück. In dem Glanze der südlichen Sonne, im Anblick der herrlichen Kunst denkmäler römischer Vergangenheit, im Genuß alles Schönen, was Freundschaft und Kunst zu bieten vermögen, ist in ihm plötzlich das Heimweh nach seiner rauben, ernsten, wellab gelegenen Heimath erwacht, der der Heinikehrende die Worte znjnbelt: „Ich grüße Dich, mein Friesenland, Wo der Nebel wallt, wo die Woge braust, Wo die Möve schwebt und die Wildgans lärmt. Mein Ariesrnland, mein Heimathland!" Das Werk: „Römische Schlendertage", welche- drei Jahre nach AllmerS' Heimkehr erschien, ist daS Ergebniß seines Aufenthalte- in Rom und fast ganz und gar da- Product schönheit-schweigender Erinnerung; selbst die darin enthaltenen Gedickte sind mit Au-nahme eine- einzigen in seiner rauhen
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