Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.04.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960429018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896042901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896042901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Bindung fehlerhaft: Seiten in falscher Reihenfolge
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-04
- Tag1896-04-29
- Monat1896-04
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Morgen-Ausgabe eipMer TagMalt Druck und Verlag von E. Polz kn Leipzig SV. Iilhrgang 215 Mittwoch den 29. April 1896. »:>«». s: WM Empfindens K8fti- « Vir. ! s-l). Der Kaiser längere Zeit Di» Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr. die Abend-Au-gabe Wochentag» um S Uhr. der das Unter hat. Bestünde der Maifeier der That, so Spitze der Jn- ii s L>--- LL LZ; »rir «.r>. «. i). »vir. «. sx o.l- i SVSSS ReLsctio» «nd Lrpe-itio«: JphanneSgaffe S. Di«Expedition ist Wochentag» «nunterbrochea ««öffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. « o. s.s>. v.O. Ännahmeschluß fkr Aiyel-ern Ab «ud-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge n-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stand« früher. Anzeigen find stet« an die Gxhtditton zu richten. Filialen: Dtt- »lemm'S Eortim. (Alfred Hnhn>, UniversitätSstraß, I, Lont« Lösche, Nntbarinenstr. 14, part. und KönkgSplatz 7. «o. 0.1). I. v. i. N. >. l>. i. 0. I. v. »tx ft lx «.0. X IX X o. X n. X IX X rx xv. xo. x v. i. o. m.c)oup.k>2 W.Loup.^I X 0. X 0. x rx x o. O. rx «. rx Anzeiger. Amtsblatt des Aömglichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Notizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Bezugs-PreiS ßN t« chauptexpedition oder den im Stadt« d«trk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^tz 4.50, bet zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus ^l ÜLO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^l 6.—. Direkte tägliche Kreozbandsendung tu» Ausland: monatlich ^tz 7.SO- Shtra«veilagra (gefalzt), nur mit d«, Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördernng SO.—, mit Postb«fvrderuag ^l 70.—. Anzeigeu-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile LV Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4 ge spalten) 50^, vor den Familieunachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichntß. Tabellarischer und giffernsatz »ach höherem Tarif. Deutsches Reich. U Berlin, 28. April. Die Zahlen, welche in den allmonat- ich veröffentlichten Ausweisen über die Erträge aus Zöllen und Verbrauchssteuern, sowie einigen anderen Einnahmequellen nunmehr auch für das ganze Etatsjahr 1895/96 veröffentlicht sind, werden sicherlich durch den Ab- chluß der ReichShauptcasse noch manche Berichtigung im Ein zelnen erfahren. Jedoch lassen sie im großen Ganzen den zünftigen Abschluß, den das genannte Jabr haben wird, deutlich hcrvortreten. Die Zölle und Verbrauchssteuern beispielsweise waren im Etat für 1895/96 auf 626,9 Millionen veranschlagt, sie )aben thatsächlich rund 659,7 Millionen erbracht, den Etats ansatz also um nicht weniger denn 32,8 Millionen über- chritten. Ziemlich genau läßt sich auch auf Grund dieser Zahlen das finanzielle Verhältniß zwischen Reich und Einzelstaaten auf das Jahr 1895/96 übersehen. Für dasselbe kommen Zölle und Tabaksteuer, Branntwein- verbrauchsabgabe und Stempelabgaben in Betracht. Nach dem Etatsansatze beliefen sich die aus den genannten Ein nahmequellen erwarteten Erträgnisse auf 503,7 Millionen, wovon nach der Klausel Franckenstein und nach dem erst ürzlich publicirten Gesetze wegen Verwendung überschüssiger Reichseinnahmen zur Schuldentilgung 143 Millionen dem Reiche, der Rest von 360,7 Millionen den Einzelstaaten zu- tehen sollte. Die letztere Summe wird sich nach den etzt veröffentlichten Zahlen, auch trotz der Erhöhung des m der Klausel Franckenstein normirten Abzuges von den Zöllen und der Tabaksteuer um 13 Millionen, in Wirklichkeit beträchtlich höher stellen. Die Zölle und die Tabaksteuer )abcn 393,2 Millionen erbracht, die Branntweinverbrauchs abgabe 95,8 Millionen und die Reichsstempelabgaben 54,2, ö daß eine Gesammteinnahme von 543,2 Millionen zu ver zeichnen ist. Von dieser werden den Einzelstaaten demnach rund 400 Millionen verbleiben. Das finanzielle Verhältniß Mischen Reich und Einzelstaaten gestaltet sich für die letzteren auf 1895/96 demgemäß um rund 39 Millionen günstiger, als bei der Feststellung deS Reichshaushaltsetats und infolge dessen der einzelstaatlichen Etats für das genanute Jahr vorausgesehen werden konnte. L Vertin, 28. April. In der Berliner Presse ist die seltsame Ansicht aufHetaucht, das deutsche Bürgerlhum im Allgemeinen dürfte sich auch in diesem Jahre die Ar beit S- ruhe am socialdemokratischen „Weltfeiertag" beileibe nicht abtrotzen lassen, die Berliner Arbeitgeber könnten sich aber wegen der Eröffnung der Gewerbeaus- tellung von dieser Pflicht des Widerstandes ausschließen. Daß die Gründe, mit welchen die Nothwendigkeit der Duldung des demonstrativen Streiks als von der Eröffnungs feierlichkeit bedingt dargethan wird, nicht von dem Gebiete unvoreingenommener Betrachtung hergenommen sind, ist von auswärtige» und von vereinzelten Berliner Preßorganen gezeigt worden. Eine der Industrien, die den Stolz des Berliner Gewerbefleißes bilden, die Metall industrie, hat sich denn auch um jene vage Logik nicht ge kümmert und beschlossen, sich zu einer etwaigen Arbeits einstellung am 1. Mai nicht anders zu stellen, als in den früheren Jahren. Diese Industrie wird auf der Ausstellung glänzend vertreten sein und zählt überdies zu ihren hervor ragendsten Repräsentanten die Persönlichkeit, nehmen sein Zustandekommen zu verdanken der behauptete Zusammenhang zwischen und der Eröffnung der Ausstellung in würde dieser Herr entweder nicht an der dustriellen stehen, die dir Abwehr der Zumuthung des inter nationalen Socialistencongresses als eine Lebensfrage für das Arbeitgeberthum bezeichnen, oder er würde mindestens für den Eröffnungstag seinen vordersten Platz in der Leitung der Ausstellung abgetreten haben. Ohne die Arbeiter, so ist gesagt worden, könne die Ausstellung nicht erschlossen werden. Diese Meinung beruht wohl auf der Annahme, die Social demokraten, die die Arbeitsruhe fordern, gedächten am 1. Mai auf dem Ausstellungsplatze mit den Arbeitgebern und den nicht socialbemokratischen Arbeitern ein gemeinsames Fest der Arbeit zu begehen. Sie werden aber im Gegeutheil Kundgebungen zu dem Zweck veranstalten, die Kluft zwischen Unternehmern und Arbeitern zu erweitern und gegen eine Ordnung der Dinge, die Unternehmungen, wie die Berliner Ausstellung ermöglicht, bitteren Haß zu schüren. Es ist eitel Täuschung, ein auch nur einigermaßen beträchtlich über bas bisherige hinausgehende Gelingen der Maifeier in Berlin für harm loser anzusehen, als sonst. Diese socialdemokratische Ver anstaltung ist bestimmt, auf'die Phantasie der Arbeiter zu wirken, sie soll ihnen die Vorstellung einer Macht der Führer erwecken, die diese in den Stand setzt, in naher Zeit noch größere Dinge für das „Proletariat" zu verrichten, und nichts könnte die deutschen Arbeiter ärger bethören, als eine Be folgung des socialdemokratischen Gebots der Maifeier in der größten deutschen Stadt, dem Sitze des Kaisers und der Regierung. Erklärungen, wie eS — wegen der Ausstellung — dlesmal gekommen, würden den Eindruck der Thatsache nicht abschwächen. D verlin, 27. April. In Heinrich von Treitschke (dessen Tod im gestrigen Abendblatte gemeldet wurde. Red.) verliert die deutsche Geschichtsforschung der Gegenwart ihren glänzendsten Vertreter, da« deutsche Volk einen der beredteste» und begeistertsten Herolde seiner Einheit. Schon früh kam ihm die Ueberzeugung, daß nur die Monarchie der Hohen- zoller» die staatcnblloende Kraft besitze, die deutsche Frage richtig ru lösen. So ward er ein Pionier der StaatSkunst, die diese Ausgabe sich stellte und erfüllt hat. Und da er sich bewußt war, daß seine Thätigkrit auch aus di« Kreise außerhalb de» akademischen Lehrens und Lernen« wirken müsse, sollte ihr Ziel erreicht werden, so trat er über die Schranken der Zunftgelehrsamkeit und enger StandeSbcgriffe hinaus in die weite Arena deS politischen Kampfe« und wurde ein Publicist, der mit warmem Herzen immer wieder an der Geschichte Beispiel den Segen eines großen und mächtigen Vaterlandes bewies, die Verzagten zu neuer Hoffnung belebend, die Spötter mit der Wucht eine« flammenden Patho« niederzwingend und am letzten Ende Vas rothe Gespenst in Frankreich und die auswärtige Politik. »Oll ns s'allis PL8 svoo UN cackuvrs" soll Napo leon M. hochmüthig gesagt haben, als ihm kurz nach dem Kriege von 1866 eme Allianz mit Oesterreich in Vorschlag gebracht wurde. Und aber über ein Kleines lag das fran zösische Kaiserthum todt am Boden und da« französische Reich hatte eine schwere Wunde empfangen, während Oester reich sich zu erholen begann. Der kalte Rechner auf dem französischen Throne hatte bei seiner bochmüthigen Aeußerung eben einen wichtigen Factor nicht berücksichtigt: daß nämlich Oesterreich in seinem buntscheckigen Gemisch von Nationali täten zwar hinter dem national einheitlichen Frankreich zurückstand, daß es aber vor Frankreich das Factum einer seit Jahrhunderten an der Spitze des Landes stehenden, fest gegründeten Dynastie voraus batte. Der Mangel einer solchen festen, von den Parteikämpfen nicht erreichbaren Spitze, hat eben jetzt wieder die innere französische Politik in eine Verwirrung gebracht, die auch für die äußere Politik Frankreichs und damit für die all gemeine europäische Situation nicht ohne Bedeutungist. Wir wollen nicht sagen, daß ein Staat nothwendig der Monarchie bedarf, um nach innen und außen gefestigt zu sein, aber für ein Volk von dem rasch wechselnden, leidenschaftlichen, un ruhigen Temperament der Franzosen ist es ein besonder« schwerer Uebelstand, daß es nicht einen König Karl besitzt, der am Steuer sitzt und kein Wort spricht und daS Schiff zum sicheren Port leitet, unbekümmert um den Sturm von außen und das Geschrei der Bootsinsassen. Statt dieser festen Leitung sich zu erfreuen, wird das Land von einem Präsidenten „regiert", dessen Ansehen und Bedeutung ständig im Sinken begriffen sind. Und wie von diesem VertheidigungS- werke gegen die Angriffe zügellosen Demagozenthumö daS Mauerwerk mit beängstigender Raschheit abbröckelt, so drobt auch daS zweite Bollwerk gemäßigten republikanischen Regi ments, der Ssttat, unter der MaulwurfSarbeit der radicalen Wühler zusammenzubrechen. So nähert sich daö rothe Gespenst wieder dem Lande, in dem e» sckon so oft zu Gaste gewesen ist. Daß aver die sich rasch steigernde Unsicherheit der innere» Verhältnisse Frankreichs auf die auswärtige Politik des Lande» zurückwirken muß, versteht sich von selbst. Vor Allem muß da« Biindniß mit Rußland — nicht das Factum, aber die Bedeutung dieses Bündnisse«.— darunter leiden. Wir finden an sich das Bündniß eines absoluten Staates mit einer Republik nicht so ungeheuerlich. Die Sentiments haben in der äußeren Politik seit Jahrhunderten keine große Rolle mehr gespielt und sie haben in diesem nüchternen 19. Jahrhundert an Macht vollends verloren. Aber eins muß doch bei jedem Bündniß Voraussetzung sein: daß jeder Verbündete weiß, an wen er sich wegen der Innehaltung deS Bündnisses halten kann. Nun ist in Frankreich die Stetigkeit der Leitung und damit der Verantwortlichkeit immer geringer geworden. Zwar die Ministerien wechselten schon vom Beginne der dritten Republik an in einen» zauberhaft raschen Tempo, aber den Präsidenten wurde doch wenigstens eine gewisie Seßhaftigkeit gegönnt. In den ersten 22 Jahren der französischen Republik waren Thiers, Mac Mabon, Grevy und Carnot Präsidenten, also 4 an der Zahl. Seit der Er mordung Carnot s, also seit noch nicht zwei Jahren, besitzt aber Frankreich bereits den zweiten Präsidenten, und wenn Präsident Faure, was ihm bei den unwürdigen Angriffen, mit denen er von rechts und links beehrt wird, Niemand verübeln könnte, binnen Kurzem auf sein dornenvolles Amt verzichten sollte, so würde Frankreich, wenn man Carnot, der erst Ende Juni ermordet wurde, hinzurechnet, in zwei Jahren vier Präsidenten gehabt haben. Ganz abgesehen aber von dem raschen Wechsel de« Präsidiums, also von der Ver änderung der Person deS Staatsleiters, ist in Frankreich ein fehr rascher Wandel der Regierungsform sehr wohl möglich. Auch der kühnste Prophet wird nicht vorauszusagen wagen, ob Frankreich sich in drei Jahren der Anarchie, der republikanischen Staatsform, der Diktatur oder de« Im perialismus zu erfreuen haben wird. Diese Unsicherheit in der obersten Leitung muß den Werth, den Rußland dem Bündnisse beimrffen kann, stark herabmindern. Dena wenn auch, welches immer die Staatsleitung in Frankreich sein möge, an dem Princip de« so populären Bündnisse« mit Rußland festgehalten werden wird, so können sich doch über gemeinsame Actionen, also über die praktische Durchführung des Bündnisses, immer nur Personen verständigen. Wenn aber diese Personen rasch wechseln, erleidet die — wir möchten sagen: Manövrirfähigkeit des Bündnisses einen heillosen Stoß. Darüber muß man sich in Rußland klar sein, und deshalb wird man zwar zunächst an dem Bündnisse im Princip fest halten, aber man wird auch klug genug sein, sich nicht so eng zu verstricken, daß man sich nicht schlimmsten Falles durch einen kräftigen Fußstoß von dem werthen Verbündeten frei machen könnte, diesem allein daS über Bordfallen über lassend. Es ist ein für Frankreich fataler Zufall, daß die böse innere Ärisi« gerade m die Zeit der russischen Kaiserkrönung fällt. Der Pomp und der Glanz, den Frankreichs Ver treter bei diesem Feste entwickeln werden, werden den russi schen Kaiser und sein Volk nicht darüber hinwrgtäuschen können, daß sich unter dem schimmernden Gewand« ein un gesunder Leib verbirgt. Und so wird die Artigkeit, mit der den Franzose» von den russischen leitenden Persönlichkeiten begegnet werden wird, kaum mehr an die stürmische gegen seitige Begeisterung der Tage von Kronstadt und Toulon er innern. Den mitteleuropäischen Staaten aber kann e« nur erwünscht sein, wenn Rußland dem französischen Bündniß einen geminderten Werth deimißt; es wird dann um so mehr zur Aufrechthaltung guter Beziehungen zu Deutschland und Oesterreich geneigt sein. deS Kaisers, wie eS nicht die Art der Minister ist. sich über wichtige Fragen schlüssig zu machen, ohne den Willen des Monarchen zu kennen. Von unüberbrück baren Gegensätzen zwischen Hof- und Regierungskreisen kann also nicht die Rede sein; mit der Rückkehr des Kaisers werden die Meinungsverschiedenheiten, die zweifellos vorhanden sind und während der Abwesenheit des Monarchen naturgemäß einen schärferen, sich persönlich zuspitzenden Charakter annehmen, in das Stadium des Streites mit Gründen treten. Daß der Ausgang desselben als ein Sieg der Flügeladjutanten über daS Ministerium Hohenlohe werde bezeichnet werden können, ist im höchsten Grade unwahrscheinlich. (-) Berlin, 28. April. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" meldet: Die (tommtssion für Arketterftattstik trat heute unter dem Vorsitz des Unterstaatssecretairs Loh mann zusammen. Die Tagesordnung betrifft die Vornahme mündlicher Vernehmungen von Auskunfts-Personen über die Verhältnisse in der Waschefabrikation und der Wäsche- Confection. Unter den Auskunfts-Personen befinden sich Unternehmer,Zivischen-Meister und -Meisterinnen, Ar bei ter und Arbeiterinnen. Geladen sind 32 Personen, deren Vernehmung voraussichtlich 3 Tage bauern wird. Die Verhandlungen werden stenographisch protocollirt. Berlin, 28. April. (Telegramm.) Am 5. April haben starke Haufen von KhauaS-Hottentotten im Verein mit DamaraS und Nicodemus-Kanimema den Haupt mann Estorfs und 50 Reiter bei Gobabis zwei Mal angegriffen. Beide Angriffe wurden, nachdem es bis zum Handgemenge gekommen war, siegreich abgeschlagen. Die Rebellen waren modern bewaffnet. Auf unserer Seite sind gefallen: Lieutenant Lampe, Fabrikbesitzer Schmidt, Sergeant Bannach, dir Reiter Fendges, Epner, Ladwig, Edisch und Ludwig; schwer verwundet wurden der Sergeant Fischer und Susat. Die Rebellen verloren 46 Mann, darunter den Capitain Lambert. 88 Berlin, 28. April. (Privattelegramm.) Die Commission des Abgeordnetenhauses für den HandclStammer- tKcsktzenttourf hat mit 14 gegen 5 Stimmen den 8 1 und damit den ganzen Gesetzentwurf abgelehnt. — Die „Germania" kündigt an, daß der Kriegs minister im Reichstage über den Stand derMilitair- strafproceßreform, sowie über seine Stellung zum Duell befragt werden wird, namentlich angesichts des Artikels des „Militair-Wochenblattes". — Der Generalfeldmarschall Graf Blumenthal hat sich zu längerem Aufenthalt nach Italien begeben. * Kic^, 28. April. (Telegramm.) Prinzessin Heinrich und Prinz Waldemar sind heute Vormittag, von Darmstadt kommend, hier wieder eingetroffen. * Posen, 27. April. Vor längerer Zeit wurde in der Stadt Posen eine Privatpost eingerichtet, auf deren Brief kästen die Abholungszeiten in deutscher Sprache vermerkt waren. Obgleich die polnische Bevölkerung nun schon einige Jahrzehnte die in deutscher Sprache angegebenen Abholungs zeiten auf den Briefkästen der kaiserlichen Post sehr gut zu beachten gelernt hat, wurde laut der „N. Pr. Ztg." das Privat-Unternehmen mit dem Boycott bedroht, „da das polnische Publicum die Aufschrift nicht verstehe". Der Unter nehmer trieb die Unterwürfigkeit gegenüber dem Polenthum schmählicher Weise so weit, polnische Aufschriften anzubringen. Darob mit Recht große Siegesfreude in der polnischen Presse, welche nunmehr den Gebrauch der Privatpost durch die Polen gnädigst gestattet! * Lpcter, 27. April. Der Lohnkampf der Brauerei arbeiter zeigt aufs Deutlichste, daß das letzte Ziel der socialistischen Gewerkschaft nicht die Erreichung besserer Arbeitsbedingungen und höherer Löhne, sondern eine möglichst empfindliche Schädigung des hiesigen Brauerei- betriebeS und eine tiefe Demütbigung der Arbeitgeber ist. Es soll ein abschreckendes Beispiel gegeben werden für alle Diejenigen, die sich jetzt oder in Zukunft unter fangen wollen, sich den Forderungen der socialistischen Arbeiter zu widersetzen. In Erhöhung der Löhne, Ver kürzung der Arbeitszeit, Bezahlung der Ueberstunden, Freiheit der Vereinigung haben die Brauereien das größt mögliche Entgegenkommen gezeigt. Sie haben sich auch schließlich bereit erklärt, 33 Procent der Ausständigen sofort und die übrigen allenfalls nach Bedarf wieder einzustelleu. Sie wehren sich aber und zwar mit Recht dagegen, die als Ersatz angenommenen Arbeiter sofort zu entlassen und die gesammte Anzahl der Streikenden ohne Weiteres wieder an zunehmen. Daß die Lohncommission der Arbeiter den Frieden nicht will, zeigt die neueste Forderung, wonach „in jeder Brauerei ein Arbeiter-Ausschuß gebildet werden soll, der bei allen Zwistigkeiten zwischen Arbeitern und Arbeitgebern zu hören sein solle und ohne dessen Einwilligung ein Arbeiter überhaupt nicht entlassen werden dürfe. Damir würde sich die Geschäftsleitung in allen DiSciplinarsachen u. dgl. den Arbeitern auf Gnade und Ungnade ergeben. Die Brauereien haben diese Forderung denn auch als nicht diScutabel abgelehnt und der Kampf nimmt seinen Fortgang. Die Sympathien aber, welche die Arbeiter in ihrem Bestreben um Besserstellung bei einem Theil deS PublicumS anfänglich batten, haben sie sich durch ihre übermüthige und rechthaberische Haltung gründlich ver scherzt, und so lebhaft man früher den Arbeitern die Er füllung ihrer vernünftigen Wünscht gönnte, so lebhaft wünscht man )«tzt, daß der endliche Sieg in dem vom Zaun ge brochenen Krieg den Brauereien verbleib«. An eine baldige Beilegung de» Streik« ist nicht zu denken, da die Brauereien gewillt sind, eher ihren Betrieb «inzuschränkrn, als sich dem LerroriSmuS der Socialdemokratir zu beugen. (M. N. N.) * Anshach, 27. April. Die freisinnige Partei unter läßt eS, in dem durch Len Tod de» Abgeordneten Kröber er ledigten Reichstagswahlkreise in den Wahlkampf einzutreten, da die Demokraten nicht, wie verlangt wurde, eine Er klärung bezüglich der Wahrung des gegenseitigen Besitzstände« gegeben haben. Die „Franks. Ztg." »st darüber sehr betrübt. Sie schreibt: „Dieser Beschluß läßt sich, wenn er correet «itgetheilt ist, nur dahin deuten, daß di« Freisinnigen al« Partei neutral bleiben wollen, nur die Liebe lehrend, die Liebe zu der Heimath, zu den Gütern, die eine starke und gesicherte Stellung des deutschen Volkes im Rathe der Nationen erringen und bewahren lassen. Dem großen nationalen Schwünge, der das deutsche Volk in dem letzten Drittel des Jahrhunderts mächtig und fruchtbar bewegte, ist in Kunst und Literatur leider die Ernte versagt geblieben, die der herrliche Frühling verheißen mochte — in der Kunst, vaterländische Geschichte zu schreiben, hat die große Zeit aber gewaltige Zeugungskraft geweckt: mit der ruhigen Sachlichkeit eines unparteiischen Richters hat Heinrich von Sybel den Werde gang des neuen deutschen Staates erläutert, mit dem heiligen Zorn eines begeisterten Propheten und der glän zenden Phantasie eines formgewandten Rhapsoden hat Heinrich von Treitschke aus alten und jungen Tagen dem deutschen Volke seine Schmerzen und seine Hoff nungen aufgerufen. Daß er als Publicist alle Phasen der Geschichte der Gegenwart begleitete, ist natürlich nicht ohne Einfluß auf seine historischen Schöpfungen ge blieben, der Parteimann, der auf die Grundlage einer be stimmten, fest geformten Ueberzeugung gestellte Patriot ver leugnet sich niemals. DaS mag ihm verargen, wer lieber trockene Dürre mag, als leuchtende, wärmende Flammen. Wer die Freude am Vaterlande theilt und über die Sorgen des Augenblicks hinweg der unzerstörbaren Zukunft des deutschen Genius vertraut, der wird an der frohen Leiden schaft, die mahnt und eifert und schließlich hofft, allezeit sein Genüge finden. Die deutsche Jugend hat mit richtigem Spür sinn seit je sich in die Hörsäle zu Schaaren gedrängt, in denen Heinrich von Treitschke lehrte. So geschah es in Kiel, wo der für den deutschen Staat begeisterte junge Docent seine Vorlesungen über preußische Geschichte begann. So zu Heidelberg, wo er inmitten der Lieblingsstätten der deutschen Romantik von vergangener Herrlichkeit und künftiger Größe des deutschen Staates in herzbewegender Sprache zu dem jungen Volke redete. So in Berlin, wo er länger als zwei Jahrzehnte nach der Begründung der deutschen Einheit all jährlich Hunderte um sein Katheder versammelte. Aber nicht seine Zuhörer und die Leser seiner Schriften allein werden ihm willig den Zoll der Dankbarkeit an der Bahre ent richten: Die ganze Nation wird sein Andenkerz ehren als das eines Mannes, der die vaterländische Geschichte zum Quell politischen Denkens und patriotischen " " gemacht hat. V. Berlin, 28. April. (Telegramm.) arbeitete gestern Vormittag im Schlosse Schlitz allein und erledigte Regierungsgeschäste. Später unternahm er einen längeren Spaziergang. Der Kaiser gedenkt gegen 10 Uhr Abends die Reise nach der Wildparkstation fortzu setzen, wo die Ankunft morgen früh kurz vor 8 Uhr er folgen wird. L. Berlin, 28. April. (Privattelegramm.) Unter der Ueberschrist: „Mtlitairstrasverfahrcn und politische Lage" bringt die „Nat.-Ztg." einen Leitartikel, der folgendermaßen beginnt: Vor einigen Tagen haben wir wiederholt ausgesprochen, daß Hofeinflüjje, welche der Politik der verantwortlichen Rath geber des Kaisers entgegenwirken, die Möglichkeit einer neuen Regierungskrisis, insbesondere durch erfolgreichen Widerstand gegen die Reform des Militairstrafverfahren«, herbeigeführt haben. Wir haben Grund zu der Annahme, daß diese Verhältnisse sich nunmehr bis zu einer bestimmten Stellungnahme des Staatsministeriums zug«spitzt haben, welche eine Entscheidung in nahe Aussicht stellt. In einer der schwebenden Fragen, die aber nicht die wichtigste war, ist sogar bereits entschieden und zwar im Sinne der ver antwortlichen Regierung: wie das osficiöse Telegraphen-Burcau nach auswärts meldet, ist „in der Frage der ostasrikanischeu Schutztruppe eine Verständigung un Sinne der Beseitigung des Dualismus zwischen Civil- und Militairbehörden erreicht: Com- mandeur der Schntztruppe wird der Gouverneur." — Im Princip war dies schon vor längerer Zeit zugestanden worden, wie wir damals meldeten; inzwischen aber waren auch hier, anscheinend durch dieselben militairischen Hofeinflüsse, welche auch weiter reichende Schwierigkeiten geschaffen haben, der Ausführung der damals getroffenen Entscheidung Hindernisse bereitet worden, welche jetzt beseitigt sind. Doch diese Einflüsse haben sich in neuerer Zeit, besonders während der sünswöchigen Reisen des Kaisers, über ein weiteres Gebiet ausgedehnt, sie haben sich in ver schiedenen wichtigen Fragen im Gegensatz zu der verantwortlichen Regierung geltend gemacht, und am unmittelbarsten ist dies in der Frage der Reform des Militairstrafversahrens hervor- getreien." Die „National-Zeitung" citirt darauf Artikel der „Kölni schen Zeitung" und de« „Hamburger Correspondenten", in denen besonders der Chef deS Militaircabinets, General von Hahnke, als Gegner der Reform bezeichnet und be hauptet wird, er habe den Kaiser gegen die im preußischen Ministerrathe vereinbarten Grundzüge, die in der Errichtung eines besonderen ReichS-MilitairgerichtshosS gipfelten und die Zustimmung der Bundesfürsten gefunden hätten, eingenommen. Dann schließt die „National-Zeitung": „Daß der Ches des Militaircabinets der einflußreichste Gegner der Rrsorm des MilitairstrasprocesseS ist, dürfte zutreffen, wie über- Haupt die Stellung des Militaircabinets wohl zu den Gegenständen der Meinungsverschiedenheiten gehört, welche in neuerer Zett mit dem Reichskanzler und dem StaatSministerium entstanden sind; aber das liebel dürfte allgemeinerer Art sein: eS scheint, daß mehr als ein Flügeladjutant sich berufen fühlt, politischen Einfluß auSzuüben. Fürst Hohenlohe hat, als der Conflict mit dem Minister von Köller entstand, bewiesen, daß er die Verantwortlichkeit für de» Gang der politischen Angelegenheiten nicht zu tragen gewillt ist, wenn seine Rathschläge von anderer Seite durchkreuzt werden, und e« hat sich damals gezeigt, daß er im StaatSministerium Solidarität herzustrllen gewußt. So 'sind die Vorbedingungen der Entscheidung deutlich erkennbar. Eine neue Regierung, welche unter den Zeichen des Verzicht« auf die Reform der Militairgerichtsbarkeit und der Unterwerfung unter den politischen Einfluß der Flügeladjutanten ins Amt käme, würde die liberal gesinnten bürgerlichen Elassen in ihrer Gesammthrit in der Opposition finden. Ob man eS hierauf Angesichts der sonstigen Schwierigkeiten der Parteiverhältnisje ankommen lassen will, wird sich bald zeigen." Daß während der Reisen deS Kaisers andere Personen auf ihn wirken als die Minister, ist selbstverständlich und deshalb schon öfter bemerkbar geworden. Aber sich zu ent schließen, bevor er seine Minister gehört, ist nicht die Art
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite