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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.11.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961120029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896112002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896112002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-11
- Tag1896-11-20
- Monat1896-11
- Jahr1896
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Abend-Ausgabe leipziger Tagcblalt 08, / Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Jahrgang. 581 Freitag den 20. November 1896. !.L a» ach vermag und was auch der sremnnigen „Gejittung" t kürzlich wegen Zweikampfs verurtheillen freisinnigen I :r) und der soeialdemokratischen „Weltanschauuna" I Die Morgen-Au-gnbe erscheint um '/i7 Uhr. die Abend-AuSgabe Wochentags um 5 Uhr. toll e »r U 0,01). 706). Ke. 216.30 I«. SIS. ttllrr! 216,45 54.10 84.90 80,— 134.75 129,-- 84,4g 122.30 84 80 85.75 o Visa -1r. uo >t.-kr. s U«n 14680 103.75 123.50 IL9. 124 30 123.50 142.50 191,- 157,4« 98,8« 169.9 > 218.10 »I ssl 103.60 99.75 89,20 54.30 Frnttletsn. 266,— 86.25 237,50 84,60 169.75 121.- Mit lvelch hohem Maß von Haß und versteckter Furcht gewisse Franzose» den Fürsten Bismarck noch im Ruhestande verfolgen und wie schwer sie sich durch die Mittheilungen über das deutsch-russische Abkommen getroffen fühlen, verräth ein „Götterdämmerung" überschriebener Artikel des in Eng land in französischer Sprache erscheinenden Ablegers der Pariser Presse ..tts Oourrier ckv ttonckios ot cko I'Lmope''. Wir lesen darin u. A. Folgendes: „Fürst Bismarck ist einer der verbrecherischsten Genie- aller Zeiten. Dieser Urheber ungeheurer Menschen- VieEröffnung der preußischen Landtagssession. Die vierte Session der laufenden Legislaturperiode des preußischen Landtags ist heute im Weißen Saale des königl. Schlosses in Berlin vom Ministerpräsidenten Fürsten Hohenlohe durch Verlesung folgender Thronrede eröffnet worden: „Erlauchte, edle und geehrte Herren von beiden Häusern des Landtages! Se. Majestät der Kaiser und König haben mich zu beauftragen geruht, den Landtag der Monarchie in Allerhöchslihrem Namen zu eröffnen. Früher, als sonst, sind Sie zur verfassungs mäßigen Mitarbeit berufen worden, da wichtige und dringende Aufgaben Ihrer harren. Die Finanzen des Staates haben sich fortdauernd gebessert und günstiger gestaltet, als bei der Eröffnung der letzten Tagung angenommen werden konnte. Die Rechnung des Jahres 1895/96 weist einen erheblichen Ueberschuß auf, und ein gleiches Ergebniß ist für das laufende Etats- jahr zu erwarten. Ter Staatshaushaltsetat für das Jahr 1897/98 wird ohne Fehlbetrag abschließen. Auf eine längere Fortdauer dieser günstigen Verhältnisse, welche wesentlich durch di« reich lichen Ueberschüsse der Betriebsverwaltungen in Verbindung mit stärkeren Ueberweisungen seitens des Reiches herbeigcführt sind, wird zwar nicht in vollem Umfange mit Sicherheit gerechnet werden dürfen; immerhin gestattet die gegenwärtige Finanzlage eine beträchtliche Steigerung auch der dauernden Ausgaben auf ver schiedenen Gebieten der Staatsverwaltung. Insbesondere kann die im Jahre 1890 unterbrochene Gehaltsaufbesserung wieder ausgenommen und für die mittleren und einen Thril der höheren Staatsbeamten,sowie für dleLehrer anden höherenSchulen und dieProfess oren an den Universitäten duichgesührt werden. Tic erforderlichen Vorschläge werden Jbi en bei Vorlegung des Staatshaus. Haltsetats gemacht werden. Außerdem ist es erfreulicher Weise möglich geworden, bezüglich aller Bramtenclassen eine Erhöhung der den heutigen Lebeusverhältnisf.m nicht mehr in vollem Maße genügenden Wittwen- und Waisengelder eintreten zu lassen. Auch bezüglich der Besoldungen der Volksschullehrer wird Ihnen der früheren Ankündigung gemäß alsbald ein neuer Gesetz entwurf zugehen, der sich im Wesentlichen an Len vorigen Entwurf anschließt. Nach wie vor hält die Regierung Sr. Majestät an dem Ziele fest, den Volksschullehrern zu einem auskömmlichen und gesicherten, nach Maßgabe des Dienstalters steigenden Einkommen zu verhelfen. Die Durchführung der Gehaltsaufbesserung bei Len richterlichen Beamten macht eine Aenderung der bisherigen Grundsätze für die Regelung der Richtergehälter nothwendig. Eine Vorlage hierüber wird Ihnen demnächst unterbreitet werden. Der nach der bisherigen Entwickelung als dauernd anzusehende Stand des landesüblichen Zinsfußes läßt nunmehr eine mäßige Herabsetzung des Zinssatzes der vierprocentigen Staatsschuld als berechtigt und geboten erscheinen. Es wird Ihnen daher unver- züglich ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, welcher diese Maßregel mit jeder zulässigen Rücksichtnahme auf die Interessen der Staats- gläubiger durchzusühren bestimmt ist. Behufs größerer Sicherung einer regelmäßigen Tilgung der Staatsschulden und nm die Erschütterungen des Staatshaushalts infolge schwanken der Ergebnisse der Betriebsverwaltungen zu vermindern, wird Ihre Zustimmung dazu erbeten werden, daß ohne höhere l sein sollte. Hxtra-Beilage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesordernng ./7 M.—, mit Postbcsördernng./L 70.—. »uts nr. Llll. b-?r 11.6. >rt. uüo rior. ..kr. >t.-8l ostb. so. v»IK isvn an Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen j, eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Auzeigett Preis die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklamen unter dem Redactiontstrich (-ge spalten) 5>0A, vor den Familirnnachrichten (6 gespalten) 40 A. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ztsferniatz nach höherem Tarif. «u SN Ne-action und Expedition: AohattncSgafse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abends 7 Uhr. , — Filialen: ktto Klemm'» Sortim. (Alfred Hahn), Universitütsstraße 3 (Paulinum), Lo»ts Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und Königsplatz 7. 90,40 264.75 180.60 157.75 111.75 41.— 157,- 164.60 163,50 174.75 113,10 133.60 53,75 llk cirtlakrt »r kditsäsIM«, Souttismpwii ll« <18/11, ; in I-issitbon - Varlc (18 10 Pen; in >ksr „krnssia" <1«r lninoNswpkei. in in I-siprix, <17/111 von orte, «keine Äorxsu») in Ilvrzells) in 1l> in Xsnpel, ebwittsr») »>> 8780 112.80 198,40 183, 171.25 129,90 I82S0 I.-L. VIII otkil Znnk Politische Tagesschau. * Leipzig, 20. November. Jin Reichstage hat der zweite Tag der am Dienstag bereits erschöpften Besprechung der freisinnigen Inter pellationen über den Zweikampf und den Fall Brüsewitz, wie wir vorauSgesehen, nichts Wesentliches mehr zu Tage gefördert. Der Ton der demokratischen Verhetzung war noch gesteigert und im Munde des Abg. Lenz mann zu einer Drohung mit der Revolution erhoben, wenn, za wenn das Duell nicht aus der Welt geschafft werde, was selbst nach freisinnigem Zugeständniß die Staatsgewalt nickt gänzlich vermag und was auch der freisinnigen „Gesittung" (siehe den s" _ .1 .' . ' ' I Amtsrichter) und der socialdemokratischen „Weltanschauung Anzeiger Amtsblatt des Königliche» Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Volizei-Ämtes der Stadt Leipzig. 85.50 >! 66,— N. 60. - (4 .92,— (,. 03,— 6 65, - 6 82.50 (. 23,— 6 30,— I! 18,— b, »I,SO <7 00,— U .12,— 6 120,— « io Ltücl Die alte Dame stockte in einer gewissen Verlegenheit. „Ich weiß, was Du sagen willst, Tante", rief Irma, „Großpapa glaubte nicht an eine künstlerische Zukunft meines Vaters. Und eine Mesalliance hat Mama nicht geschlossen, hier in diesen, nach ihrer Berheirathung an Großpapa ge richteten Briefen giebt sie ihm nähere Aufschlüsse über die Familie, deren Namen sie trug. Mein Großvater väterlicher seits war ein verdienstvoller Officier, der in Afrika dem Fieber erlegen. Nach seinem Tode kehrte seine Wittwe mit ihrem einzigen Kinde nach Deutschland zurück, gleich ihrem Manne entstammte sie einer französischen Emigrantenfamilie, sie war eine geborene v. Saliday." „Wie", rief die Baronin überrascht, „vielleicht eine Ver wandte des Herrn v. Saliday auf Allersberg?" „Sebr möglich", fuhr Irma fort, „gegen die Familie konnte Großpapa schwerlich etwa- einwenden, also nur gegen den Beruf meines Vaters." „Vielleicht", sagte die Baronin ernst, „bot der Charakter seines Schwiegersohnes ihm keine genügende Garantie für daS Glück seines Kindes." „Ach —" Irma schluchzte plötzlich auf und warf sich an die Brust ihrer Pflegemutter, „glücklich war meine arme Mama ja auch nicht in ihrer Ehe. Aber lag nicht die Schuld daran in den Verhältnissen, trug nicht die Stellung, die Großpapa zu der Heiratb" seiner Tochter genommen, wesentlich dazu bei, Papa den Weg zu richtigem Künstlerthum zu verschließen? Mußte er, der nach Lorbeeren strebte, nicht verkümmern in Entsagung und Entbehrung?" Die Barvuin schwieg. Sollte sie dem Kinde, daS mit jenem Trieb, welchen dir Bande des Blute« verleihen, dein Andenken seine« Vater« ae- wissermaßen daS Denkmal eines Märtyrer« errichten wollte, daS, ohne den Todten je wirklich mit zärtlicher Kindesliebe ge liebt zu haben, ihm dennoch gerecht zu werden versuchte, sollte sie diesem jungen, noch von allem Schein und Trug der Welt unberührten Mädchen zurufen: „daS Streben Deiner VaterS nach dem Künstlerlorberr war kein echtes, weil kein echter Künstlergeist ihn beseelte. Sein Künstlerthum war nichts weiter als eine Verzerrung dessen, waS der GcniuS der Kunst nur AuSerwählten verleiht. Und seine Liebe zu Deiner Mutter war eine erheuchelte, ihr Geld sollte ihm de» Weg vurch die Welt bahnen." Irma fuhr in steigender Erregung fort: „Fast alle Briefe, die Mama an ihren Vater gerichtet, stad von ihm unbeantwortet geblieben. So hart konnte Belastung des Etats ein Mindestbetrag der jährlichen Schuldentilgung gesetzlich sestgeslellt und zugleich aus den rechnungsmäßigen Ueberschüssen günstiger Jahre ein AusgleichS- fonds zur Deckung von Fehlbeträgen bei minder günstigen Rechnungs abschlüssen gebildet wird. Auf dem Gebiete de- Eisenbahnwesens wird Ihre Mit wirkung mehrfach in Anspruch genommen werden. Außer der dem Ausbau neuer Bahnlinien bezweckenden Vorlage wird Sie der Erwerb des Hessischen Ludwigs-Eisenbahn- Unternehmens für den preußischen und den hessischen Staat, sowie die Bildung einer Eisenbahn-Betriebs- und Finanzgemeinschaft zwischen Preußen und H'ssen beschäftigen. Zur Hebung und Förderung der Landwirthschaft, welcher die Regierung Sr. Majestät fortgesetzt besondere Fürsorge zuwendet, sind wiederum erhöhte Mittel in den Staatshaushaltsetat eingestellt worden. Tas Gesetz über die Er richtung von Handelskammern bedarf verschiedener Aende« rungen, um einzelne seiner Vorschriften mit den Bestimmungen neuerer Gesetze in Einklang zu bringen und die geschäftlichen Auf- gaben der Handelskammern zu erleichtern. Ein Gesetzentwurf, der diese Aenderungen herbeisührrn soll, ist vorbereitet. Um die nachtheilige Vielgestaltigkeit der zum Theil auch veralteten Gemeinde-VerfassungSgesetze in der Provinz Hessen-Nassau zu beseitigen und an deren Stelle ein einheitliches Gemeinde-Ver fassungsrecht zn setzen, werden Sie mit der Berathung einer Städte- Ordnung und einer Landgemeinde-Ordnung für diese Provinz be faßt werden. Gleichzeitig sollen die Verhältnisse der im Dienste der Gemeinde» und öffentlichen Anstalten des Regierungsbezirk- Wiesbaden stehenden Forstschutzbeamten gesetzlich geregelt werden. Eine Vorlage wegen Abänderung der in Preußen geltenden Vor schriften über das Vereinswesen wird nach Abschluß der statt findenden Erörterungen zu Ihrer Beschlußfassung gelangen. Meine Herren! Die Regierung Sr. Majestät rechnet bei der Erledigung der vorbezeichneten umfangreichen Aufgaben aus Ihre bereitwillige Mitwirkung; sie hofft zuversichtlich, daß die grmrut» same Arbeit auch in der bevorstehenden Tagung mit Gotte« Hilfe dem Baterlande zum Segen gereichen wird. Auf Befehl Sr. Majestät Les Kaisers und Königs erkläre ich den Landtag der Monarchie für eröffnet." Die wichtigste der in der Thronrede angckündigten Vor lagen ist die über die Schuldentilgung. Sie bezweckt, eine jährliche Schuldentilgung, wie es heißt, von Procent, obligatorisch zu machen. Diese hätte demnach auch in Jahren ungünstiger Finanzergebnisse zu erfolgen, was, da die Aus gaben in Preußen keiner Reduktion fähig sind, beim Versagen LeS gleichzeitig in Aussicht genommenen SparfondS Angesichts deS gegenwärtigen finanziellen Verhältnisses der Einzelstaaten zum Reiche die Erhebung von Zuschlägen zur directen Steuer nach sich zöge. Insofern entbehrt Ler Gesetzentwurf nicht eines gewissen allgemein deutschen Interesses. DaS Gleiche gilt von der Rentenumwandlungsvorlage. Da eS sich dabei um eine Zinsverkürzung von 1/3 Proc. für ein Capital von 3>/, Milliarden handelt, so würde der deutsche Geldmarkt von der großen Finanzaction selbst dann nicht unberührt bleiben können, 1 wenn nur ein verschwindend kleiner Theil der preußischen I Anleihen außerhalb des Gebietes des Gläubigers angelegt I sein sollte. (vgl. Lassalle und Herrn Mirman) vorerst nickt gelingen will. Wo im Lande die Vorstellung herrscht, der Zweikampf sei etwas von den Spitzen des Staates Gewolltes und Brüse witz habe in Ausübung einer ihm „von oben" auserlezlcii Pflicht gebandelt, da ist sie nicht durch Thatsachen, sondern durch die radikalen Zeitungen und Redner erweckt worden. Für eine etwaige rrvolutionaire Stimmung wäre also nächst Ler Socialdemokratie der Freisinn verantwortlich. Wie leicht herzig die Herren an der Hand von Erfindungen die Gc- müther zu erregen suchen, bat sich auch an der Erzählung des Herrn Munckel gezeigt, Laß in Würz burg vom Ehrengericht unter dem Vorsitze eines Staatsanwalts ein Rechtspraktikant zu der Annahme einer Forderung verhalten worden wäre. Ein bayerischer Regie- rungs-Commissar hat gestern ofsiciell die ganze Geschichte in daö Bereich der Fabel verwiesen. Ihre Unwahrheit war aber schon vorher von berufenster Seite festgesteUt worden. Dasselbe Blatt nämlich, das den „Fall" aufgetischt hatte, das klerikale „Fränkische Volksblatt", hat bereits vor Monaten erklärt, daß an der Sache nichts gewesen sei, daß ich in Würzburg überhaupt nichts zugetragen habe, was einein Berichte, wie dem von ihm gebrachten, zu Grunde liegen könnte. Ganz ähnlich wie diese Licht- und WahrheitSsreunde hat Herr- Ricke rt die rrvolutionaire Stimmung in Norddeutschland zu nähren gesucht durch die Wiederholung der schon halb amtlich für falsch erklärten Behauptung, Laß Las ehrengericht liche Verfahren in Bayern ein anderes sei als im übrigen Deutschland. Auch dies wurde gestern von bayerischer Seite nochmals ofsiciell widerlegt; wie aber die ehrenwerthe demokratische Presse ist, so wird sie in dem einen wie in dem andern Fall die falsche Behauptung breittrete» und die Wider legung unterdrücken. Wenn größere Massen der bürgerlichen Be völkerung, als glücklicherweise der Fall ist, solcher Betböruog zugänglich wären, dann könnte man allerdings die Befürchtung vor einer Revolution hegen. Unter allen Umständen ist abcr die Gewissenlosigkeit der Berichterstattung, die selbst vor den Tbüren des Parlaments nicht Halt macht, Wasser aus die Mühle derjenigen preußischen MilitairS, die ihren Wider stand gegen die Reform der Strafproceßordnung auf den Satz stützen, das Treiben der Demagogie lasse die Oeffent lichkeit im Strafverfahren des HeereS mit den Inter essen der LandeSvertheidignng unvereinbar erscheinen. Diese Erwägung wird aber natürlich den Freisinn nicht von seinem Thun abhalten, denn er ist, WaS er immer war, ein Gegner jeder Reform, die der gegründeten Unzufriedenheit des Volkes den Boden entzieht. Was den Fall Brüsewitz an gebt, so hat der Abgeordnete Lenzmann dazu Angaben Per sönlicher Natur vorgcbracht, aus denen man bei der demo kratische» Versicherungen gegenüber gebotenen Vorsicht ans nichts weiter schließen kann, als auf die Pflicht der Militair- verwaltung, den Inhalt der Acten der Oeffentlichkeit zugäng lich zu machen. Hans Jürgen. Roman von Hedda v. Schmid. Nachdruck vertolru. Auf den von Tante Susanne Frau Tröming dictirten Bries war bald eine lakonische Antwort Ellen'S gekommen: „Sie nehme die ihr gebotene Stelle ohne Weiteres an und werde sobald als möglich in Reval eintreffen." Herr v. Saliday, entzückt von ihrer Schönheit, ihrem Geist und ihrer Liebenswürdigkeit, engagirte sie sofort als Gesellschafterin für seine Tochter. Tante Susanne und Frau Tröming betrachteten dieses Engagement ausschließlich als ihr Werk und besprachen in der Folge während mancher Kasfeestundc den glücklichen Verlauf der Angelegenheit. Sie ahnten nicht, daß alle ihre Vor schläge von Ellen mit einem entschiedenen „Nein" zurückgewiesen worden wären, wenn Frau Tröming nicht wortgetreu Tante Susannen« Diktat niedergeschrieben, wenn sie nur diesen einzigen Satz: „Und dem Herrn v. Lommerd ist seine junge Frau gestorben," ausgelassen hätte. Die HohenortS waren in diesem Herbst wieder ins Land gekommen, und Irma war, wie eS sich überraschender Weise kerauSgestellt, wirklich eine Nichte Herrn v. Saliday«. Am Morgen, der jenem Abend, an welchem HanS Jürgen sich am Bettchen seines SohneS von Irma verabschiedet, gefolgt, war Irma mit einem Packen loser Briefe in der Hand zur Baronin gekommen. „Tante Annemarie," hatte sie mit zuckenden Lippen ge sagt, „nun habe ich erfahren, warum Großpapa von meiner armen Mama nichts wissen wollte. Weil Mama gegen seinen Willen meinen Vater geheirathet. DaS war in seinen Augen ein Vergehen gegen ihn, aber wenn meine Mama meinen Vater so lieb hatte, baß sie nickt leben konnte ohne ihn, dann — dann mußte sie eben den Schritt thun, den siegethan". Die Baronin ergriff beide Lände des erregten Mädchen» und zog «s sanft neben sich auf da« Sopha. „Nein. Irma, mein Kind, von diesem Standpunkt darfst Du die Dinge nicht auffassen. Deine Mutter war damals sehr jung, sie hätte sich der besseren Einsicht ihres VaterS fügen müssen, dann — Nach kurzer Frist traf eine in zuvorkommender Form gehaltene Antwort Herrn v. Saliday's ein. „Er freue sich", so schrieb er, „in Irma eine Nichte ge funden zu habe». Ju der Thal habe eine leibliche Schwester seines VaterS einen Montfort geheirathet, sie sei jung ge storben und er habe ihren Sohn, seinen Petter, der viel jünger gewesen wie er, ganz auS den Augen verloren, babe ihn überdies auch nicht persönlich gekannt. Es unterliege jedoch keinem Zweifel, daß Irma die Tochter dieses Vetters sei, und er hoffe, sie bald in Estbland begrüßen zu können." Diese Begrüßung fiel einige Monate später von Seiten Jrma's reckt kühl und förmlich aus. Wenn Irma Vergleiche anstellte zwischen ihrem Großonkel Frommbold und Herrn v. Saliday, so konnte sie keine Sympathie für den seinen Weltmann fassen. Frommhold BeverSdorff's schlichte« gerades Wesen hatte ihr junges Herz sofort gewonnen, für Phrasen, und mochten es auch noch so schön gedrechselte sein, besaß sie kein Ver- ständniß. Und doch waren eS keine Phrasen — der Manu, auS dessen Munde die correcte», bilderreichen Säke kamen, meinte es gut und aufrichtig, unter dem Zwang des Salon lebens ausgewachsen, verstand er es nur nicht, sich anders, einfacher, natürlicher anözudrücken. Herr v. Saliday hatte den lebhafte» Wunsch gehegt, daß Hortense sich an Irma schließen möge; der Altersunterschied zwischen den beiden Cousinen war kein sehr großer, doch obschon Irma die nm zwei Jahre jüngere war, erschien sie dennoch wie die ältere. Hortense war, wenn sie nicht gerade ihre bigotte Seite hervorkchrte, oft kindisch, Irma batte sich zu einem ernsten, liebenswürdigen Mädchen entwickelt. Der geistige Einfluß ibres Pflegevaters, des BaronS, hatte in nicht unerheblichem Maße Lazu beigetragen. Mit so grundverschiedenen Interessen und Anlagen begabt, wollte sich zwischen den beiden Cousinen kein rechte», freund schaftliches Einvernehmen cinstellen. Und doch kam Hortenso häufig nach Hobenort, in der geheimen Hoffnung, Han« Jürgen dort zn treffen. ES schien ihr selbstverständlich, daß sie seine Schwieger eltern oft besuche, um de» kleine» HanS Joachim zu sehen. Ein tückischer Zufall batte eS bisher so gefugt, daß Hortense, die gewöhnlich in EllenS Begleitung nach Loben ort kam, Fehlfabrten gemacht, kein einziges Mal war sie mit HanS Jürgen zusammcngrtroffen. Sie batte ibn über ein Jahr lang nicht gesehen, auf ihre, sonst so indolente Natur hatte er jedoch einen starken Bezugs-Preis f" b" Hauptexpedition oder den im Stadt- d«irk und den Bororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich»!4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus ./k 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbandiendung ins Ausland: monatlich »l 7.50. äit 308.50 >v,rt«v<1 256.50 IS2,- 245,25 49,62 84,50 151.50 99,10 58.82-, 120- 47,52-, 9.53-, 58,82 »r 1.27-, 111.50 Großpapa gegen sein einziges Kind sein. Und dann ist hier ein Blatt, kurz vor ihrem Tode bat Mama es mir zitternder Hand geschrieben: sie bittet um Vergebung für allen Gram, den sie Großpapa zugefügt, und fleht ihn an, meiner, ihres, wie sie schreibt, beinahe schutzlosen Kindes nicht zu vergessen, sich meiner anzunehmen." „DaS hat Dein Großvater gethan, Irma, bedenke sein Testament." „Ja — aber die despotische Clausel, unter welcher ich eine Besitzerin von Salisfer werden kau» — nur an der Hand eines dem Namen der Beverdorff ebenbürtigen Gatten darf ich das Erbe antreten. Wie konnte der Großvater über mein Herz verfügen, wie konnte er mir eine Frist vor schreiben, bi« zu welcher ich eine Wahl treffen müsse. Ein harter, ungerechter Mann war er, und ich werde mich seiner Bestimmung nicht beugen, ich will daS Erbe nicht — ich bleibe bei Dir, Tante Annemarie." Und ganz fassungslos fing Irma aufs Neue an zu schluchzen, während die Baronin sie zu beruhigen suchte. „Gewiß bleibst Du bei uns, mein Herzenskind, und bis Du mündig bist, bis dahin kann sich noch Manches ereignen, bis dahin ist auch noch eine lange Zeit. Geh jetzt, laß Dich von Molly begleiten und mache einen Spaziergang hinunter an den See. Die frische Luft wird Dir gut thun. HanS Jürgen, der Dich sonst so oft beschützt, ihn trägt nun daS Dampfroß gen Norden." Die Baronin klingelte ihrer Jungfer und befahl, Jrma'S Straßensachcn zu bringen. Mit zärtlicher Sorgfalt half sie ihrer Pflegetochter beim Anlegen deS flotten, enganschließenden Jäckchen« und ent ließ sie mit einem herzlichen Kuß. Darauf begab sie sick zu id^m Gatten, um mit ihm über das Borgefallene Rück sprache zu nehmen, ihm die überraschende Entdeckung, daß Irma aller Wahrscheinlichkeit nach mit den Saliday auf Allersberg verwandt sei, mitzntheileu. „Ich denke, lieber Kurt, ich schreibe nach Allersberg und erbitte mir nähere Auskunft. Die Saliday scheinen wirklich eine gut altadelige Familie zu sein, und für Jrma's Zukunft ist e« jedenfalls nur vor« rbeilhakt, wenn der unwillkürliche Gedanke an Bühnenslitter und Theatermisöre, der sich an den Namen ihres VaterS heftet, durch diese nun entdeckte Verwandtschaft in den Hintergrund gedrängt wird." „Ja, schreibe nur, liebe Annemarie", stimmte der Baron zu. Von Bedeutung für ganz Deutschland ist sodann die in Aus sicht gestellte Aenderung Les preußischen Vereinsgesetze ö. Es fragt sich, ob sie mehr umfaßt, als die Aushebung des Verbotes der Verbindung untereinander. Hoffentlich nicht; denn daS PluS würde sich in der Hauptsacke in rcactionärer Richtung bewegen und ernste Kämpfe entfachen. An diesem Gegenstände wird der schon nahezu ein Jahr im Amte be findliche Minister deS Innern v. d. Recke seine bisher sorglich verschleierte politische Physiognomie zu enthüllen haben. Der Gesetzentwurf über die Ausbesserung der Beamtengehälter gehl das Reich direct an, da hier nach denselben Grundsätzen verfahren werden soll wie in Preußen. Vermuthlich werden die bezüglichen Vorlagen, wie auch die über die Convertirung, beiden Parlamenten gleich zeitig zugehen. Man wird wohl auch die Beamten beider Staatengebilde Ler Vortheile der Gehaltserhöhung vom 1. April kommenden Jahres an theilhaftig machen wollen, wie dies hinsichtlich des Lehrer besold ungS- gesetzes ausdrücklich zugesagt worden ist. Dieses letztere wird die Benachtheiligung der Städte, die in der ab gelehnten Vorlage eine krasse gewesen, etwas mildern; ob der früher auf nicht mehr als 900 (ausschließlich AlterS- zulagen und Wohnungsgeldzuschüsse) festgesetzte Mindestgehalt eine Erhöhung erfahren soll, wird man nun bald erfahren. Den Conservativen reicht diese Materie — anderthalb Jahre vor den Reichstagswahlen und zwei Jahre vor den Land tagswahlen — eine harte Nuß. Ihre in der vorigen Tagung gezeigte, nichts weniger als humane und lehrerfreundliche Haltung ist ihnen uubeguemer geworden, als sie erwartet haben mochte». DaS Zedlitz'sche Schulgesetz, das diese Partei gemeinsam mit dem Centrum natürlich wieder fordern wird, hat sür die Lehrer bekanntlich nicht so viel Verlockendes, daß es sie mit den unzureichenden Gehältern aussöhnen könnte. Eö wird sich zeigen, ob dieses für den UltramontaniSmuö ebenso vortheilhaste als sür die Evangelischen nacktheilige Project bei der conservativen Partei noch so hohe Schätzung genießt, daß das Ideal Les Herrn v. Hammerstein, ein klerikal- conservativeS Bündniß, der Verwirklichung entgegengesührt werben könnte. Manches spricht dagegen, so der Umstand, daß eu.« Sckutgesttz-Cempagne nothwendig dem ausgeschiedenen Herrn Stocker die Führung der conservativen Partei zu weisen würde, ferner die Polenpolitik, in der keine Ver söhnung mit dem Centrum möglich ist und die die begonnene Tagung sehr ernstlich beschäftigen wird. Vermuthlich bleibt eS auch diesmal bei dem Zustande der wechselnden MehrheitS- Gruppirung. >vä ikstk. Clüo ?»»: dewvsili Islill. roll» ät . rrsovr 850 Ollllua 79.25, 6,— Ooar» 51.50 <j. 89,— 6. 65,— (j. !20,— 6 85.50 6. 88,— L t- 8t. 2. «rbr. lltLll Icord aldr) rtw.) K.-V. dölld s M«! 240, swsrLt a-S 79D S3-» x. 22^ 97 28-« 71, 791» 2>» ttts-ue) 977. 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