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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.08.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970826014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897082601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897082601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-26
- Monat1897-08
- Jahr1897
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Größere Schriften laut uusrrrm Drei»- verzrichniß. Tabellarischer und Ziffernfatz »ach höherem Tarif. Extra-Veilagm (gefalzt), nur mit de. Morgen «Ausgabe, ohne Postbefördrruua SO.-, mit Postb.sSrd.rung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend«Au»gabe: vormittag» 10 Uhr. Marge »«Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. vet den Filialen und Annahmestellen ja eia« halbe Stund« früher. Anzeigen siad stet« aa die Expehttton »» richte». Druck »ad Verlag von L. Pol» i» Leipzig Donnerstag den 26. August 1897. 91. Jahrgang. Das neue sächsische Einkommensteuergesetz und seine Wirkungen. Im «Statistischen Jahrbuche" sind nunmehr die Er gebnisse der Einschätzungen zur StaatSeinfommrasteuer auf das Jahr 1888 veröffentlicht worden, di« bekanntlich zum ersten Male auf Grund der neuen, durch Gesetz vom 10. März 1894 gegebenen Classeneintheilung erfolgten. Außer dieser neuen Classeneintheilung waren aber auch die Steuersätze verändert worven. Die Veränderungen lassen sich im Allgemeinen wie folgt feststellen: Die Grenze der Steuerfreiheit wurde von ZOY bi» auf die Einkommen von 400 -4k erhöht. Die Besteuerung der Einkommen von 400 bis 1250 -4k blieb dieselbe, dagegen traten Ermäßigungen ein für die Einkommen von 1250 ^tk bi» «300 -4k Für die folgenden Classen vcn 6300 -4k bi» 11 000 *4k traten theil» Ermäßigungen theils Erhöhungen ein. Bon 11 000 -4k Einkommen ab trugen die neuen Steuersätze einen absolut auf steigenden Charakter, und es fand die Progression ihren Abschluß bei 100 000 ^k Einkommen mit 4procentigrr Besteuerung, an Stelle der bisherigen 3 Procent. Wollen wir also die Wirkungen des neuen Gesetzes vom 10. März 1894 kennen lernen, so muffen wir die hier ge gebene Gruppirung unseren Vergleichen zu Grunde legen. Wir wenden uns nunmehr dem Einschätzungsrrgebniffe zu und betrachten zunächst die Zahl der eingeschätztrn Personen. Dieselbe ist seit dem Jahre 1890 in den einzelnen Gruppen folgende gewesen: Die Zunahme (bezw. Abnahme in der Classe der Ein kommen bis 400 ^k) war die nachstehende: Eintom men: 1890 1892 1894 1808 bis 400 263 560 266 246 265 755 217 964 400-1 250 - 936 870 955 393 991 949 1 104 891 1250-6 300 - 185 220 202 594 217 864 235 588 6300—11 000 - 9 629 10158 10 939 12 231 über 11 000 - 8 790 9 321 10059 10637 Zusammen: 1 404 069 1443 712 1 496 566 1581311 1890,92 IS9LV4 IS91/S« bis 4M^i -f- 2 686 — 491 — 47 791 400— 1250 - 18 523 36 556 112 942 1250— 6 300 - 17 374 15 270 17 724 6300—11000 - 529 781 1292 über 11000 . 531 738 578 Zusammen -f-39 643 -s-52 854 -f- 84745 Aus der sehr bedeutenden und plötzlichen Abnahme, welche die Zahl der Eingeschätzten bis zum Einkommen von 400 er fahren hat, läßt sich erkennen, daß die Erhöhung der Grenze betrug «n 1880 . 1882 . 1884 . 1886 . 1888 . 1890 . 1892 . 1894 . 1896 . . 1115918 . 1158 944 . 1'209 034 . 1263182 . 1322 650 , 1398 68« . 1438118 . 1490 558 . 1 575047 da- Ges.mmt- einkom m«n dersttdcn 951 398 116 1024 386 941 « 1101 987 108 « 1 193 856 616 . 1293609882 « 1 444 962 117 - 1 525 491 173 « 1 608 717 147 « 1 729 999 419 - d-S Einkommen pro Person 852.60 .« 884,85 « 911,40 « 945,00 - 978,00 « 1033,10 « 1060,75 « 1079,25 - 1098,40 « für die Steuerfreiheit zweifellos zu einer viel eingehenderen Einschätzung in den unteren Classen geführt hat. Viele, die sich bisher in der EinkommenSclasse von 300—400 ^tk befanden, also 50 Jahressteuer zahlten, und die da glaubten, daß sie »un steuerfrei würden, sind in die Classe von 400—500 «ingeschätzt worden und haben jetzt 1-4k, also das Doppelte, an Steuern zu zahlen. Gegen vaS Jahr 1894 ist nämlich die zuletzt bezeichneteClaffe von 282 579 auf 328 195 Beitrags pflichtige gestiegen, hat also ein Plus von 45 616 Beitrags- pflichtigen zu verzeichnen. Eine solche Verschiebung im Be sitzstände der einzelnen Classen ist bisher noch nicht dagewesen, und eS ist das eine der merkwürdigsten Wirkungen, welche die angestrebte Befreiung der untersten Classe gehabt hat. Ueber die Steigerung des Wohlstandes in Sachsen, soweit sich dieselbe auf Grund der Veranlagungen zur Ein kommensteuer feststellen läßt, sei Folgendes berichtet. Es betrug nämlich: die Zahl der ein- geschitdten physisch Personen Wie ersichtlich, ist daS durchschnittliche Einkommen jedes Eingeschätzten in dem zwölfjährigen Zeiträume von 1880 bis 1892 jährlich um 17,30 ^k gestiegen, dagegen in dem vierjährigen Zeiträume von 1892—1896 jährlich nur um 9,50 ^k In der geringeren Zunahme des Durchschnitts einkommens während der letzten Jahre vermögen wir ein Moment von wirthschaftlicher Bedeutung nicht zu erblicken. Es wird vielmehr zu berücksichtigen sein, daß im ersten Jahr zehnt der Einschätzung durch vielfache genauere Ermittelungen der Verhältnisse der Beitragspflichtigen oft beträchtliche Steigerungen in der Veranlagung stattfanden, ohne daß die Steigerungen thalsächlich ein erhöhtes Einkommen dar stellten, va eS in Wirklichkeit schon vorher vorhanden war. Weil diese« Moment immer mehr in Wegfall geräth, so ist auch die Erhöhung de- Durchschnitt- in den letzten Jahren geringer geworden. Im Ganzen zeigen aber die mitgetbeilten Ziffern zweifel los, baß die Einkommens-Berhältniffe in Sachsen bedeutend günstiger geworden sind. Die allgemeine Erhöhung der Löhne und der Gebalte dürste hieran ihren wesentlichen Antheil haben. Auf den Kopf der Bevölkerung 89 906 0,50 3 985 233 8 793 '295 2 822 263 II 214 530 berechnet stellt sich da- Ergebniß sogar noch günstiger, denn für 1880 kommen wir zu einem Durchschnittseinkommen von 324 ^k, für 1896 dagegen zu einem solchen von 458 Es hat also eine Steigerung von 41 Proc. stattgefunden. ES ist nun noch der veranlagte Steuerbetrag der einzelnen Gruppen aufzuführen. Es genügt, wenn wir un« hierbei auf einen Vergleich der Jahre 1894 und 1896 be schränken, da in ersterem die Steuer zum letzten Male nach den alten Sätzen, in letzterem dagegen zum ersten Male nach den neuen Sätzen erhoben wurde. Die Steuerbeträge waren, physische und s ' folgende: Grurpe de- Linkommeu- 400— 1 250 1250— 6 300 - 6800-11000 - über 11000 « Zusammen Hierüber 1894 300—400 Zusammen 24 510830 17,40 Der veranlagte Gesammtsteuerbetrag stellt sich also für 1896 um rund 2 400 000 ^k höher als im Jahre 1894. Hiervon kommen 1 530 000 -eik, also nahezu zwei Drittel, auf die Steuerpflichtigen mit mehr als 11 000 Einkommen. Natürlich entfällt von diesem Mehr ein bedeutender Theil auf den Zuwachs von annähernd 600 Censiten, den diese Gruppe der Steuerpflichtigen erfuhr, wie auf das gesteigerte Einkommen eines Theiles dieser Steuerpflichtigen überhaupt. Allein man wird annebmen können, daß etwa die Hälfte des Betrages, also rund 750 000 in Folge der erhöhten Steuersätze vereinnahmt wird. Hierin liegt der Hauptcffect des neuen Gesetzes. Im Uebrigen sind, wie die Durchschnitlsziffern zeigen, die Steuererhöhungen gering für die Gruppe von 6300 bis 11000 Einkommen, noch geringfügiger aber die Steuer ermäßigungen für die Gruppe von 1250—6300 ,4k Ein kommen. Auf die letzteren ist an sich auch wenig Gewicht zu legen, Venn im Allgemeinen sind die Staatssteuersätze nicht zu hoch. WünschenSwerther wäre gewesen, daß in dem neuen Gesetze die besonderen persönlichen Verhältnisse der Steuerpflichtigen mehr Berücksichtigung gesunden hätten, wie das in dem preußischen Gesetze der Fall ist. In diesem Puncte steht das sächsische Gesetz dem preußischen ent schieden nach. In der Gruppe von 400 — 1250 Einkommen ist die zaristische Personen zusammengerechnet, I8S4 1896 pro Beitrag-- Gelammt- pro Beitrag«- pflichtig«» steuir pflichtig«» 3,70 39,42 227,40 962.50 Gesammt- steuer 3 663 417 8 587 686 2 487 699 9 682 122 24 420924 Deutsche- Reich. Berlin, 25. August. Wie mitgethrilt, hat der Abschluß der Reich-Hau-Haltrechnung für daS Jahr 1896,97 einen Ueberschuß von 28,5 Millionen Mark ergeben. Dieser Betrag kommt dem am 1. April nächsten Jabres beginnenden Elatsjahr 1898/99 al- Einnahme zu statten, während in Preußen der am Jahresende erwirthschaftete Ueberschuß nachträglich noch auf Rechnung des vollendeten JahreS zn Zwecken der Schuldentilgung verwendet wird. Wir halten den letzteren Modus io zeder Hinsicht für den besseren und möchten dringlich befürworten, daß auch betreffs der Ver rechnung der Ueberschüsse im ReichshauShalt im obigen Wege Wandel geschaffen wird. ES verwirrt nicht nur die Etats betrachtung, wenn, wie seit 1894 einmal 1,14, dann 14,47, dann 7,44, dann wieder 12,11 und für das nächst« Jahr sogar 28,50 Millionen al- Einnahme «rscheinen, die im Grunde genommen keine Einnahme sind, zum Mindesten mit der Wiribschaft de- betreffenden JahreS nichts zu thun haben. Mehr aber noch legen wir darauf Gewicht, baß die häufigere Wiederkehr eine- solchen Einnahmepostens zur V«r- wirrung d«S finanzwirthscha tlichen Sinnes der Volksvertreter beiträgt, der ohnehin im Reichsparlament nickt übermäßig stark entwickelt ist. Man liebt es dort, mehr al- cs un Interesse der matricularbeitragpslichtigen Einzelstaaten an genehm ist, die Ausgabenwirthschaft zwar scheinbar sparsam zu führen, aber eben doch nur scheinbar, denn einer wirklichen Sparsamkeit ist nur Derjenige fähig, der sich in jedem Augenblick auch der Verantwortung bewußt bleibt, daß er selbst die Einnahmen zu den Ausgaben zu schaffen hat. Zu diesem Bewußtsein finanzwirtbschaftlicher Verantwortung wird aber ter Volksvertreter ganz gewiß nicht erzogen, wenn ihm eine ganze Legislaturperiode hindurch neben dem bequemen Titel der Matricularbeiträgr auch noch ei» Einnahmetitel-Ueberschuß au« früheren Jahren in durch schnittlicher Höhe von über 12 Millionen vor Augen steht. Aus diese Weis« kann «S nur zu lrickt sich ereignen, Laß in einer solche» Periode von fetten Jahren Ausgaben von entsprechender Höhe beschlossen werden, für welche nachher in einer Periode von mageren Jahren keine andere Deckung vorhanden ist, als wiederum die durch Matricularbeiträge. Die klerikal-radicale Mehrheit de- Reichstags hat sich Steuerleistung des Einzelnen, wie schon Eingang- bemerkt, die gleiche geblieben. Der etwa« grringere Durchschnitt für 1896 hat lediglich in der größeren Zahl der Censiten von 400—500 ^tk Einkommen seinen Grund. 3,61 37,35 230,75 1054,30 19,92 26 815 321 19,66 Feuilleton. vom Mr -er Oos. Ein« Plauderei zu den Baden-Badener Rennen, 24. bis 29. August. Bon Alfred Gertz. N-Ldruck »crboten. Wenn in den anderen Badeorten die schlaffer« Nach saison beginnt, dann ersteigt in dem köstlichsten aller deutschen Bäder, in Baden-Baden, da« Leben erst seinen Gipfel punkt. Denn dann strömen von allen Seiten die Herren Pferde und die Pferde-Herren hier zusammen, und auf dem Iffezheimer Rasen beginnen die großen Rennen, die noch immer die vornehmsten des deutschen Sports sind. Freilich sind sie in jüngster Zeit der Höhe der Preise nach von einigen Hamburger und Berliner Rennen eingeholt und überholt worden; aber unerreicht und unvergleichlich bleibt die Baden-Badener Veranstaltung al« Ganzes. Tie Inter nationalität der Betheiligung, die Eleganz deS PublicumS und die Umgebung, in der sie sich obspielt: da« Alles zieht zusammen eine ganz einzige Festslimmung. Im Jahre 1858 war es, als Benazet, der große Benazet, der die Kugeln auf der Roulette rollen ließ und zu Baden heilkräftigen Quellen eine Geldquelle eröffnete, — kurz und gut: der Spielpäckter Benazet den Gedanken faßte, >n Baden- Baden Wettrennen zu veranstalten. Der Mann batte, da« ist gar nicht zu leugnen, in Allem, was er tbat, Stil: er er innert einigermaßen an jenen Arristide Saccard, den Zola in „U'argem- geschildert hat; er ging in« Große, ja fast in« Phantastische. Insoweit freilich blieb er stelS auf realem Boden, als er sehr wohl wußte, cm douo all' seine imponirenden Neubauten und Neuaründuogen dienten: er streute seine Gelder über da« ganze Oostbal verschwenderisch aus, aber in ein paar gewissen Sälen kehrten sie vervielfacht wieder zu ihm zurück. Er ist es ja gewesen, der das Con- versationShauS mit wahrhaft fürstlicher Pracht au-statlete: er hat das reizende Tdeater erbaut und bat sich zur Er öffnung von Berlioz die Oper „Beatrix und Benedikt" be stellt. Wie gesagt, eS lag Stil in diesem Benazet. Dock, pour rsvenir L uos woutous, — 1858 also faßte er den Plan der Wettrennen. Alle Welt war verblüfft; un engen Tbalr der OoS eine Rennbahn, — wie sollte da» möglich sein! Benazet aber verstand sich zu helfen: neun Kilometer nord östlich von Baden-Baden gegen den Rhein hin lagen beim Dorfe Iffezheim Wiesen, deren klastischer Boden sich al» ganz apSgezeichnet erwies, ^ier führte der Spielpächter seinen Plan au», — und der Erfolg gab ihm vollständig recht. Die Iffezheimer Rennen wurden der Höhepunkt der Saison von Baden-Baden. Bei dem engen Verkebr, der zwischen Baden-Baden und Pari- herrschte, war eS säst selbstverständlich, daß die fran zösischen Rennstallbrsitzer ihr Augenmerk von vornherein auf dir» Sport-Ereigniß richteten und sich an den Baden-Badener Rennen tegrlmatzigcr al» aa irgend einem anderen deutschen Wettrennen betheiligtrn. E» war ja damals die Zeit, wo die Baden-Badener sich rühmten, Europa hab« zwei Rest- drnzen. Pari« im Winter und im Sommer die OoSstadt. Und im Jahre 1850 stattete auch die große „Sphinx auf dem Throne", Napoleon III., Baden-Baden seinen Besuch ab. .Nur nach dem Kriege von 1870/71 stellten di« französi- scheu Sportsmen ihre Betbeiliguug an den Nennen ein. ,.kour revüncdö" offenbar, sie erkannten aber bald, daß die Revanche viel empfindlicher sei, wenn sie sich unser schöne« Geld holten, und fanden sich seit 1883 wieder ein. Und da die deutsche Zucht im Allgemeinen leider noch nicht mit der jenseits d«S Rheins wetteifern kann, so müssen wir eS bin- nebmen, daß die Franzosen sich die größten Preise zu einem erheblichen Tbeile holen, und immerhin will das schon etwas besagen: betrugen doch die ursprünglich auf noch nickt 50 000 Mark sich belaufenden Rennpreise im Jahre 1890 nicht weniger al- 165 000 -4k, wozu noch 80 000 -4k an Einlagen feiten» der Besitzer der Rennpferde flössen. Als die Rennen begründet wurden, hatten die Franzosen auch ihre Leitung. Damals war eben in Baden-Baden Alle- französisch, weil es der Generalgcwaltige Benazet war: die Baumeister, die Maler, die Musiker wurden aus Paris geholt, daS auch von seinem Ueberschüsse an lebenslustiger Weib lichkeit, an abenteuernden Existenzen und exotischen Figuren ein reichliches Theil an die glücklichen Alemannen abgeben mußte. Also wurde natürlich auch der Pariser Jockey-Club mit der Leitung der Nennen betraut. DaS änderte sich nun, al» die Herrlichkeit der Spielbank 1872 aufhörte. Damals übernahm der vom Fürsten von Fürstenberg begründete „Internationale Club" die Anordnung und er schuf eine neue Anziehung für die Rennen durch die Einführung deS Armee- Jagd-RennenS, zu dem unser alter Kaiser Wilhelm regel mäßig erschien, um dem Sieger selbst den schönen Ehren preis zu überreichen. ES begreift sich, daß dieser Wechsel der Leitung der ganzen Veranstaltung keineswegs zum Nach tbeile gereichte: sie verlor nun auch die letzten Spuren ihres etwas abenteuerlichen Ursprungs und nahm einen vollendet vornehmen Charakter an. Seit 1885 ist die Organisation dahin umgestaltet, daß ein internationales RenncomitS, daS sich aus ersten Fachmännern der betheiligten Länder zu sammensetzt, die Leitung handhabt; es ist in Sportskreisen bekannt und unbestritten, daß diese Leitung ganz muster- giltig ist. Und daS will nicht wenig heißen: denn, abgesehen von der sportlichen Seite, ist ein ungeheurer coutlurus populoruw zu regeln und zu beherrschen, will ein anziehendes und originelles Programm sonstiger festlicher und gesellschaft licher Veranstaltungen ersonnen und jene« je us sais czuoi gebildet sein, das sich Stimmung nennt und ohne da« daS ganze Renne» schließlich — ein todteS bleibt. Die Baden-Badener erinnern sich nicht besonder« gern daran, daß ihre klassischen Sportfeste dem Sumpfboden der Spielherrlickkeit entstammen. Und da- ist undankbar, denn in Wahrheit verdankt Baden-Baden erst der Spielperiode seinen neuen Aufschwung. Im Jahre 1800 wie- die Fremcon- liste nur gegen 400 Badegäste auf. Eigentlich Hatto sich die Stadt niemals wieder so recht von der barbarischen Ver wüstung und Einäscherung erholen können, d,e die Herren Franzosen im Jahrb 1689 aus Befehl deS allerchristlichen König« vorgrnomuitn haben. Die Neubtüthe beginnt etwa mit dem Neubau ve« ConversationSbauscS, daS 1822 erfolgte. Ein Franzose, Namens Cbabert, übernahm e« gegen eine jährliche Pacht von 16000 fl. und eröffnete im Jabre 1828 jenen ecrcl<: Oe» stnrugcr». wo man sich „kürck Musik, Tanz und GesellschastSspiele auf angenehme Weise unterhalten" sollte. Nun begann der Spieipächler im wohlverstandenen eigenen Interesse viel für die Stadt zu tbun, um besonder« die Ausländer hcrbeizulocken, Straßen und Prachtgrbäude wurden errichtet, Vergnügungen wurden veranstaltet, die Kranken traten in den Hintergrund, und rin sehr interessantes, aber auch ebenso bedenkliches internationales Leben begann. Der Höhepunkt wurde unter der Dynastie Benazet, Vater und Sohn, er reicht, deren Regierung 1838 begann. Benazet zahlte von vornherein 40 000 Gulden Jahrespackt, war, wie bereits bemerkt, in wahrhaft großartiger Weise für Baden-Baden thätig und stellte der Stadt überdies noch 100 000 Gulden zu gemeinnützigen Zwecken zur Verfügung. Daß der Mann sein Handwerk verstand, beweist auch die eifrige Pflege, die er der Musik, der Kunst der fashionablen Kreise, angedeihen ließ. Es giebt von Liszt, Thalberg und Ole Bull an keinen berühmten Virtuosen, den er nicht an die Oos berufen hätte, und Baden-Baden hat auf diese Weise ein eigenes interessantes Capitel Kunst- und Musikgeschichte bekommen. Zur Zeit des zweiten Kaiserreiches wirkten alle Umstände zusammen, um den Ort zu einem Luxusbade von ganz einziger Art zu ge stalten. Welche Summen wurden damals hier vergeudet! Aus Paris kamen die großen Männer vom coräon bleu, die Vatels der napoleonischen Epoche, um den verwöhnten Gaumen der internationalen Gourmets etwas Genießbares zuzubereiten; und Einer von diesen geängstigten Lucullussen konnte den Satz aufstellen: „Zwischen Baden-Baden und Paris kann man nicht diniren!" Damals trug jede zweite Dame auf der Lichtenthaler Allee einen Namen von Ruf, — größten- theils allerdings nicht von gutem Rufe. Denn Baden-Baden war in Wahrheit damals nicht viel besser als das tolle, wüste Paris jener Jahre. Da- ist seit 1872 anders und bester geworden, und was die OoSstadt damit an Pikanterie eingebüßt bat, daS hat sie an Vornehmheit gewonnen. Al« das Hazardspiel verboten wurde, glaubten Viele, daß es mit der Blüthe der Stadt aus sei. Es kam aber anders. Sie besann sich gewissermaßen wieder auf sich selbst und Das, was Baden-Baden seit Hun derten von Jahren berühmt gemacht hat, kam wieder zur Geltung: die Schönheit dieser Landschaft, deren milde Lieblich keit und Harmonie so recht geeignet scheint, den Satz zu be weisen, daß die Natur nichts Unschönes schafft, und mit der die Erinnerung an die alten Tage von den Römerzeitrn an so innig verwoben ist, wie man e« sonst vielleicht nur noch im Thüringer Walde finket; und neben ihr die Bäder, dir schon die keltischen Urbewohner des Oostbale« gekannt zu haben scheinen, die der alten Aquae bereits den Namen ge geben haben und von denen Joachim Camerarius so schon an seinen Freund Micyllus geschrieben hat: „Die Gegend baucht mich an mit neuer Lebenskraft. Ich betrachte da« Spiel der krystallenen Fluth, suche den Quell auf, wo er der Erd' entsprudelt, und sinne zweifelnd nach über den geheimniß- vollen Gang der Natur und über die Kraft, womit er, den Weg zum Lickte suchend, den Fel« durchbricht, und frage den Born, wer ihm den Geist verliehen." Meyer's Conversations-Lexikon, Ld. XVI. Meyer'» Eonversations-Lexikon nahezu vollendet! Richt ohne Bewunderung nehmen wir den vorletzten Band der neuen Aus lage zur Hand, der einen der Schlußsteine zu dem Werke bildet, da- wir mit Stolz za den Zierben unserer Literatur zählen. Es »er. dient sestgestrllt zu werden, daß die Herausgeber von Meyers EonveriationS-Lexikon mit eiserner Beharrlichkeit und frmem Ber« släudniß ihre Kräfte der durchgreifenden Moderaisirung de« Wrrke» und seiner Anpassung an die Anforderungen unserer Zeit mit voller Hingebung gewidmet haben. Diese» ernste Wirken, unter stützt von vollendeter Meisterschaft in der Beherrschung de« riesigen Stoffes und in der Hineinbeziehuug des illustrative» Element», hat nach zweierlei Richtung hin entscheidend auf die Gestaltung des Conversations-Lexikons eingewirkt: eS hat den hohen wissenschaft lichen und künstlerischen Standpunct, den erzieherischen Werth dieser Encyklopädie in allen Puncten gewahrt und dennoch dem Werke durch sorgfältige Berücksichtigung der treibenden Kräfte und Strömungen, durch gemeinverständliche Darstellung den Charakter eine« Hilfs« und NachschlogebuchS für das täglich« Leben ausgedrückl. Zu einer nähern Kennzeichnung des neu erschienenen sech zehnten Bandes bedarf es hiernach nur weniger Worte. Der reiche textliche Jnhalt, die Stichwörter S yrup bis Turkmenen um fassend, der künstlerisch vollendete illustrative Theil mit nicht weniger als 378 Textbildern, 75 Tafeln in Holzschnitt und Farbendruck und 18 Karten und Plänen bestätigen eben von Neuem da« vorhin im Allgemeinen ausgesprochene Urtheil. Einer hochiuterrssanten Abhandlung begegnen wir unter dem Stichwort Sprache und Sprachwissenschaft (mit einer „Sprachenkarte der Erde"), di« dem Nichtsachmann den heutigen Stand der Linguistik (Sprachver gleichung, Sprachphilosophie re.) geist- und lichtvoll vorführl. Eine weitrrgehende Bedeutung haben auch die Artikel Sprach fehler (medicinisch, und Sprachunterricht. Reich vertreten ist das Gebiet der Rechts- und Staatswissenjchafteo. Ter Artikel Staat und die sich anschließenden Zusammensetzungen: Staats angehörigkeit, Etaatsbanke rott, Staatsdienst, Staats recht, Staatsschulden u s. w. geben in nuce die Grundziige der Camera! - Wissenschaft wieder «nd gewähren, vervollständigt durch die ausführlichen und instructiven Beiträge über Steuern, Tilgung-so nds u. A., auch dem Liesen Ditciplinen Fernstehenden klare Einsicht in Dinge, Li« das Inter, sie des Staatsbürgers berühren. Die Socialdemokrotie (Westn, geschichtliche Entwickelung in Deutschland und im Auslände) ist ebenso wie derSocialismus eingehend behandelt. Beide Arbeiten gewinnen neben ihrer wissenschaftlichen Bedeutung noch an Werth durch die ruhige Sachlichkeit, mit der in klarer, allgemein verständ licher Sprache jene Bestrebungen zur Darstellung gelangen. Bon den geschichtlich-geographischen Beitragen ist vor Allem die um fassende Abhandlung über da» Türkische Reich (mit schöner politischer und Gejchichtekarte) zeitgemäß; der geschichtliche Theil führt den Artikel bis zum August 1897 fort. Bei dex schier un erschöpflichen Fülle des Stoffes wollen wir nur noch der besonderen Berücksichtigung des Verkehrswesens in Meyer's Converjations« Lexikon gedenken, welcher so mustergiltige Aussätze wie Stadt bahnen imit Tafel), Telegraph (mitTafeln), Telegramm und viele andere ihre Entstehung verdanken. Der Bilderschatz des neuen Baude» läßt deutlich die sich stets gleich bleibende Sorgfalt erkennen, welche dir Herausgeber der planmäßigen Ausbildung des illustrativen Tbeile« ihre» Werkes unausgesetzt zu wenden. So sind z. B. dem Artikel S P e c t r a l a n a I y s e drei sarbensprühendc Tafeln und eine besondere, reich illustrirte Text- beilage beigegeben, deren specielle Erläuterungen tiefer in dieses hochinteressante, noch lange nickt abgeschlossene Gebiet physikalischer Forschung »insiihren. Weiterhin sei noch auf die Farbentafeln: Soun« (Oberfläche, Lorona, Protuberanzen), Steppenpslanzen, Strandpflanzen, In- »ud ««»ländische Stubenvdgel, Studentenverbindungen (Farben und Zirkel), anßikr Terra kotten verwirien. Dieselbe an,rkenuend» Hervorhebung verdienen dir Holzschnititajeln: Sperlingsvögel, Spitzen, Straßen- bahubau, Tanne (botanisch), Theaterbau, Torpedo« rc. Bon dem Üarlenmaleriol wird namentlich die mit großer Genauig keit ausgrsiihrtr Karte der deutsch-afrikanischen Lolonie Togo, dann »ber auch die Darstellung der büdpolarländer (mit den Siouten der Forschungsreise»»«») die ernste Aufmerksamkeit aus sich ziehen. Daß den in diesen Band fallenden größeren Städten (Stettin, Stockholm, Straßburg, Stuttgart, Triest, Turin) wie sonst schöne brauchbare Pläne beigegeben sind, ist selbstverständlich. **
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