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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980620022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898062002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898062002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-06
- Tag1898-06-20
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Ne-action und Ekpe-Mon: Johannatzgaffe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Filialen: ktto Klemm'» Sortim. (Alfred Hahn), Univerfitätsstrahe 3 (Paultnum), Loni» Lösche, Katharineustr. 14, Part, und Aönigsplatz 7. Abend-Ausgabe. MlWM T Mltlaü Anzeiger. Ätntsvtatt -es Königliche« Laich- «n- Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes nnd Nalizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Montag den 20. Juni 1898. NnzeigenPreiS die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reclamen unter demRedactionsstrich (»ge spalten) vor den Familiennachrichten (L gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zifsernsatz nach höherem Tarif. — tkxtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ./k 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abrnd-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Volz in Leipzig. 82. Jahrgang. Der spanisch-amerikanische Krieg. -p. Welchen CurS nimmt daS Reservegschwader Cäm ara'S? Das ist die Frage, die augenblicklich noch mehr interessirt als die, ob Manila capitulirt hat. Die spanische Negierung verweigert begreiflicher Weise jede Auskunft und man ist auf Privatmeldungen angewiesen. So hat, wie uns aus Gibraltar berichtet wird, der Capitain eines englischen Dampfers gemeldet, er habe das spanische Geschwader gestern bei Capo de Gata an der SUdostspitze Spaniens im Mittelmeere, also auf dem Wege nach dem fernen Osten gesehen, waS mit der Nachricht zusammen stimmt, daS Geschwader sei am Freitag bei Gibraltar in Sicht gekommen. Dir Spanier wollen also, die Richtigkeit dieser Meldungen, die aber durchaus noch nicht über jeden Zweifel erhaben ist, vorausgesetzt, doch versuchen, den Philippinen Hilfe zu bringen. Gerade dieser Tage aber ist eine lange Reihe von telegraphischen Depeschen eingegangen, aus welchen man ersehen kann, daß die Herrschaft der Spanier, wenigstens auf der Insel Luzon, ihrem Ende entgegenzeht und vaß nicht nur die Ein- geborenen-Truppen zu den Insurgenten übergehen, sondern daß auch die spanischen Schiffe in der Bucht von Manila bereits die Flagge der Insurgenten gehißt haben. General- Capitain August: ist in der Citadclle von Manila und in der alten befestigten Stadt eingeschlossen, die, wie be sonders gemeldet wird, einer modernen Flotte keinen Widerstand leisten kann. Admiral Dewey braucht also nur seine Geschütze in Action zu setzen, und Manila muß capi- tnliren, und der amerikanische Befehlshaber wird das Feuer eröffnen, sobald nur daS erste amerikanische Truppen- conlingent von 5000 Mann, dessen Ankunft stündlich zu er warten ist, gelandet sein wird. Ja es wird schon bestimmt behauptet, Manila sei bereits in den Händen Aguinaldo's, wenn auch die spanische Regierung noch keine Bestätigung dieser Nachricht erhallen hat. Was die Flotte Cämara'S unter solchen Umständen bei den Philippinen zu suchen hat, ist nicht zu verstehen. Selbst wenn die Engländer der spanischen Escadre die Durchfahrt durch d'N Suez- Caual gestatten, was nicht so sicher ist, so wird dieselbe nahezu zwei Monate brauchen, um nach den Philippinen zu gelangen. Da der Suez-Canal nur 8,5 m tief und nur für Schiffe von 7,8 m benutzbar ist, so könnten Wohl „Pelayo" (7,4 m), „CarloS V." (7,8 m) und „Alfonso XIII." (6,1 m) denselben passiren. Die „Victoria" aber, die ebenfalls der Escadre Cämara'S angehören soll, könnte ihn mit ihrem Tiefgang von 8,6 m nicht mehr durchfahren. Wenn aber das (Geschwader gezwungen sein sollte, den Weg um das Cap der guten Hoffnung, das ist nm die Südspitze Afrikas, herum zu nehmen, so würde die Fahrt drei Monate dauern. Wo will endlich Cämara, wenn er diese lange Reise unternimmt, seine Schiffe mit Noblen versehen, da es auf der ganzen Strecke keine spanische Colonie giebt und neutrale Staaten sich wohl hüten werden, die Spanier durch Kohlenlieferungen zu unterstützen? Selbst die größten Schiffe der Escadre haben nur beschränkte Koblenvorrätbe, so „CarloS V." für 21, für „Pelayo" und „Alfonso XIII." für 15 und die „Victoria" gar nur für 10 Tage. Cämara hätte somit KohlentranSport-Dampfer mitnehmen müssen, und in diesem Falle würde daS Ge schwader fast ohne Kohlen, also nahezu kampfunfähig, bei den Philippinen eintrefsen. Die Nachricht von der Fahrt nach den Philippinen ist daher kaum ernst zu nehmen. Viel leicht wollte man in Madrid dadurch, daß man die Escadre Cämara'S in daS mittelländische Meer einfahren ließ, die Amerikaner täuschen, und wird das Geschwader entweder dort verbleiben oder wieder umkehren, um doch noch nach Cuba zu dampfen. Dann würde man aber mit einem ganz nutzlosen Manöver mindestens eine Woche verlieren, eine Woche, die vielleicht für die Vertheidigung von Santiago de Cuba von größter Bedeutung ist. Die einzig richtige Strategie für Cämara wäre ent weder die amerikanischen Hafenstädte zu bombardiren und so die amerikanische Flotte zu theilen oder Sampson vor Santiago zwischen das Feuer seiner Schiffe, das der Küsten- fortS und der Schiffe Cervera'S zu bringen. Aber rasches Handeln ist nöthig, damit die Amerikaner nicht zuvorkommen und Santiago von der Landseite nehmen. Shafter soll am Sonnabend schon an der Küste von Santiago gelandet sein, eine Nachricht, die allerdings verfrüht sein dürfte. Kleinere Landungsversuche von Marinetruppen sind von den Spaniern glücklich zurückgeschlagen worden. Sonst ist in den letzten Tagen nichts geschehen, als daß an der Südküste von Cuba bei Santiago und CienfuegoS spanische Küstengeschütze und Jnfanteriemannschaften mit amerikanischen Schiffen Grüße in Gestalt von Gewehrkugeln und explodirenden Granaten auSgetauscht haben- Eine Bedeutung ist diesen Scharmützeln nicht beizulegen. Nach dem neuesten Berichte des Generals MileS ist die Zahl der in Cbicamanga und Tampa an der Malaria er krankten Soldaten auf 520 gestiegen. Der Bezirk Mackenry am Golf von Mexiko ist wegen des dort herrschenden gelben Fiebers vollständig abgesperrt worden. Man fürchtet jedoch, daß auch bereits viele andere Bezirke verseucht sind. Daß daS Fieber unter den bei Guantänamo gelandeten amerikanischen Marinesoldaten und auf dem Geschwader Sampson'S ausgebrochen sein soll, haben wir schon mit- getheilt. Die spanische Regierung erhielt die Abschrift deS Ver trages, welcher am 27. April, also vor dem Angriff des Admirals Dewey aus die Philippinen, in Hongkong zwischen den Aufständischen und den Nordameri kanern abgeschlossen wurde. Von den Philippinern unter zeichneten Aguinaldo, Hilario del Pinar und Leiva, von den Nordamerikanern der Consul der Vereinigten Staaten in Hongkong. Als Vermittler wirkte ein Engländer Namens Bay mit, welcher Theilhaber deS Hauses del Abala in Hong kong ist. Der Vertrag wurde alsdann auf telegraphischem Weg von Mac Kinley ratisicirt. Ueber den Inhalt des Ver trages ist von der spanischen Negierung noch nichts bekannt gegeben; sie wird denselben jedoch den Mächten mittheilen, sobald auf den Philippinen irgend eine Besitzänderung durch Nordamerika versucht wird. Unterdessen wird die englische Hetze gegen Deutsch land eifrigst fortgesetzt. So wird der „Frkf. Ztg." zufolge dem „Daily Telegraph" auS Hongkong gemeldet, daß das englische Schiff „Linnet" dort von Manila angekommen ist und Nach richten über dieHaltung derDeutschen in Manila ge bracht hat. Nach diesen Mittheilungen, die viel commentirt werden, hat die „Kaiserin Augusta", als sie in die Bucht von Manila einlief, die spanische Flagge salutirt, was sehr ungewöhnlich sei während einer Blockade. Man hätte dies aber nicht näher besprochen, wenn nicht bemerkt worden wäre, daß die deutschen Officiere, sobald sie an Land kamen, sofort mit den spanischen Officieren der Marine und der Armee Bekanntschaflen anknüpflen und alsbald sehr freundschaftlich wurden. Die deutschen und spanischen Officiere gingen häufig Arm in Arm umher. In einem Telegramm deS „Bureau Reuter" aus Manila vom vorigen Sonntag heißt es, daß der Capitain und die Officiere der „Irene" in der vorigen Woche zum entferntesten Puncte von San Juan ritten und ein Picknick veranstalteten. Die höchsten spanischen StabSofficiere hätten sie begleitet, und bei dem Frühstück mit Champagner habe der Capitain der „Irene" eine Rede gehalten, in der er sagte, die Amerikaner würden nie die Philippinen annectiren, so lange Wilhelm II. Kaiser sei. Diese Meldung trägt den Stempel frechster Erfindung an der Stirn und wir reqistriren sie nur, um die englische Politik in ihrer ganzen Erbärm lichkeit zu charakterisiren. Durch die systematisch fortgesetzte Verdächtigung Deutschlands glaubt man sich in Washington lieb Kind und für das heißersehnte Bündniß Stimmung machen zu können! Wir verzeichnen noch folgende Meldungen: * London, 20. Juni. (Tel.) Der „Daily Telegraph" berichtet aus Washington, unter dem Befehle des Generals Miles werde eine Expedition nach Puerto Rico abgehen. * Madrid, 20. Juni. (Telegramm.) Ter Ministerrath beschäftigte sich mit der Prüfung der parlamentarischen und wirth- schastlichen Lage und mit den Kriegsereignissen. Ueber die Beschlüsse, die gefaßt wurden, wird Stillschweigen bewahrt. Der Marineminister wird heute zurückkehren. Vom Kriegsschau plätze liegen neue Nachrichten nicht vor. Politische Tagesschau. * Leipzig, 20. Juni. In einem „Nach der Hauptwahl" überschriebenen Leit artikel klagt die „Köln. Ztg." darüber, daß mit der Fülle der Stichwahlen, die noch vollzogen werden müssen, bevor man ein Bild von dem neuen Reichstage erhält, das alte Elend der künstlichen Parteigruppirungen wieder zu Tage trete, U'.v schreibt die Schuld an dieser unerfreulichen Er- fcheiuung in erster Linie der Negierung zu. „Vielleicht", sagt das rheinische Blatt, „sieht jetzt auch der Graf Posa- dowsky ein, welchen schweren Fehler er gemacht hat, als er vorzeitig dem „notablen Politiker" sein Herz erschloß. Jetzt vor den Stichwahlen hätte eine öffentliche Aufforderung der Reichsregierung an alle staaterhaltenden Parteien, sich zum Kampfe gegen die Socialvemokralie zu sammeln, Eindruck ge macht und Aussicht ans Erfolg gehabt. Aber jetzt ist diese Wirkung durch den vorzeitige» Posadowsky'schen Wahlbrief ver eitelt und ein zweiter Aufguß auf denselben Thee ist kein ver lockender Trank für unsere Wählermassen". DaS ist zweifellos richtig; wir haben daher auch weder in das Lob eingestimmt, das dem Wahlbriefe des StaatSsecretais des Innern in zahlreichen Blättern gespendet wurde, noch haben wir ein Hehl auS der Ueberzeugung gemacht, daß Für st Bismarck, wenn er noch am Ruder wäre, ganz anders als der jetzige Reichskanzler und seine Mitarbeiter für Aufklärung der Wählermassen über ihre nationale Pflicht gesorgt haben würde. Aber die Klage über die Unterlassungen der Regie rung hat jetzt keinen Zweck mehr und kann lediglich dazu dienen, die zur Betheiligung an den Stichwahlen berufenen Wähler lau zu machen, ober in ihrer Lauheit zu erhalten. Daß an dieser die Regierung nicht allein die Schuld trägt, ergiebt sich schon daraus, daß selbst in solchen Wahlkreisen, m denen die bürgerlichen Parteien ganz selbstverständlich zur energischen Bekämpfung des gemeinsamen socialdemokratischen Gegners verpflichtet gewesen wären, Stichwahlen lediglich »urch die Saumseligkeit, politische Gleichgiltigkeit und Faulheit zahlreicher bürgerlicher Wähler nörhig geworben ind. Für alle diese Elemente, von denen sicherlich sehr viele daS schwänzen der Reichstagsabgeordneten bitter getadelt haben, änn es nicht als Entschuldigung gelten, daß die Regie rung so gut wie gar nicht in die Wahlbewegung ein gegriffen und ihre einzige Mahnung vorzeitig loSgelasscn hat. Sie alle, diese Gleichgiltigen und Faulen, sind beschämt worden durch die beiden hochbetagten Greise, auf deren Schultern die Bürde des Neichskanzleramts rnhl und geruht hat: wie Fürst Hohenlohe Zeit fand, sein Wahl recht auSzuüben, so hat Fürst BiSmarck in den „Ham burger Nachrichten" ausdrücklich erklären lassen, daß nur Krankheit ihn daran verhindert habe. Die Schamröthc muß den Trägen und den Thoren inS Gesicht steigen, wenn sie deS Alten im Sachsenwalde gedenken, der auf dem Kranken lager, nachdem er ein langes Leben hindurch im Dienst res Vaterlandes sich aufgerieben, sein schmerzliches Bedauern darüber zu erkennen giebt, daß er körperlich außer Stande ist, das Wahlrecht auSzuüben. „Ein gewisser allgemeiner Zug nach links hat sich im ganzen Reiche bemerkbar gemacht, daS ist eine unbestreitbare Thatsache", sagt das „Berliner Tageblatt". Nun, es ist allerdings eine unbestreitbareThatsache, soweit man dabei an die Erfolge der Socialdemokratie denkt, aber cs ist eine mehr als bestreitbare Thatsache, wenn man die linksliberalen bürgerlichen Parteien ins Auge faßt. Der Wind nach links ist eben über den Linksliberalismns hinweggeweht, denn wie sieht es bei den linkslibcralen Parteien aus? Die freisinnigeVereinizunghat seit Iabr und Tag daran geglaubt oder zu glauben vorgegeben, daß sie mit dem Bauernverein „Nordorst" die Agrarier in ganz Ostelbien aus dem Sattel heben würde. Das Resultat ist, daß die Vereinigung vielleicht einen oder zwei ländliche Sitze gewinnen wird. Da sie aber schon mehr Sitze verloren hat (Lübeck, Hirschberg, Rudolstadt, Dithmarschen, Lippe, Landsberg), so wird sie in geringerer Zahl in den Reichstag An ziehen, als sie von dort auSgezogen ist. Die freisinnige Volks partei wird möglicherweise im nächsten Reichstage dieselbe Zahl von Mandaten besitzen, wie in dem vorigen, d. b., wenn sie bei den Stichwahlen ebenso wie 1893 von rechts und links unterstützt wird. Von Erfolgen aber kann gar nicht die Rede sein. Die Volkspartei richtete ihren Kampf haupt sächlich gegen die agrarischen Parteien. Wie wenig Erfolg aber hat dieser Kampf gehabt! In der Hochburg der Agrarier, in Ostpreußen, besaß die Volkspartei nach den Wahlen von 1893 zwei Mandate, Memel und Tilsit. Davon ist der erstere Wahlkreis end- giltig verloren gegangen, in dem letzteren kommt die Volkspartei zwar in die Stichwahl, hat aber nahezu 1200 Stimmen gegen 1893 verloren. Und nun gar erst die süddeutsche Volks Partei! Sie ist bei den Hauptwahlen ganz gehörig dccimirt worden. Im Jahre 1893 hatte sie im ersten Wahlgange 4 Sitze erobert, diesmal nicht einen einzigen. Sie steht lediglich in 10 Wahlkreisen mit theilweise nicht sehr günstige» Aussichten zur Stichwahl. Von dem Zuge nach links ist also, wenn man sich einfach an die Thatsachen hält, wirklich nichts zu spüren. Niemand ist von dem Rücktritt des italienischen Ministeriums di Rudini überrascht. Wir sagten seinen Sturz nach der Umbildung voraus, die der Marchese im Mai mit seinem Cabinet vorgenommen, als er Zanardelli aus- Feuilleton. Lauernblut. lOj Roman in drei Büchern. Von Gerhard von Amyntor. (Dagobert von Gerhardt.) Nachdruck vrrdottn. „Die selige Gattin meines Freundes Tell", fuhr Just mit einer Verbeugung fort, die den stummen Dank für diese Be lehrung ausdrücken sollte, „hat mir so oft und so viel von Ihnen erzählt, daß mir Ihr voller Name ganz geläufig geworden ist. Ein Glück, Herr von Brank, daß Sie dem Herrn Staats anwalt kein Leides zugefügt haben! Seine Frau Mutter hat ihn mir gewissermaßen als ein Vermächtniß hinterlassen, daS ich treu zu hüten habe." Seine Stimme klang weich und zugleich drohend; dabei strich er mit schmeichelnder Hand wiederholt über den Arm des Staats anwalts, wie um sich von dessen Unverletztheit immer wieder zu überzeugen. Das Wesen dieses Mannes blieb nicht ohne Eindruck auf den Freiherrn, dem die Erinnerung an Bictorine und den kindisch seligen Traum seiner Jugendjahre plötzlich wieder auflebte. „Wir müssen uns Wiedersehen, Herr Just, sagte er freundlich, besuchen Sie mich einmal in Giesdorf; Sie sollen mir jederzeit will kommen sein." DaS Knirschen von Rädern, die über dürres Gezweig rollten, machte sich hörbar; der Wagen Brank's war herangekommen. „Haben Sie nicht — einen Schluck Wein?" fragte der Frei herr den Arzt, „mir wird — so schwarz vor den Augen." Er verfärbte sich und suchte mit der Rechten nach einer Stütze, dir er auch an dem sofort hinzuspringenden Just glücklich sand. „Der Herr wird schwach", sagte Just besorgt, „e» kommt wohl vom Blutverlust." „Hier, Herr von Brank, trinken Sie", ermuntert« der Arzt, der dem von einer Ohnmacht Angewandelten ein Gla» Rothwein an die Lippen hielt. Brank kostete einen Schluck, dann wischte er mit dem Hand rücken über seinen grauen Schnurrbart und sagte, sich stramm oufrichtend: „Mir ist schon wieder besser. Dummes Zeug! Man ist doch kein altes Weib; man wird doch noch einen Löffel voll Blut abgeben können?" „Es ist wohl ein wenig mehr gewesen", meinte der Arzt, sagen wir: einen Tassenkopf. Jetzt bitte ich, einzusteigen, Herr von Brank; Sie bedürfen der Ruhe." Just unterstützte den Verwundeten, indem er mit in den Wagen kletterte unv dem Freiherrn einen bequemen Sitz zurecht machte. Der Rittmeister stand am Wagenschlage, bereit, ebenfalls einzusteigen, wenn Just wieder ausgeftiegen sein würde, und fragte: „Nach dem „Kaiserhofe"?" „Nein, lieber Tollen", erwiderte Brank, „ich denke, ich fahre unverzüglich nach Hause — es sind gute Pferde — in zwei Stunden kann ich in Giesdorf sein. Nicht wahr, Herr Doctor, Sie gestatten die Fahrt?" „Ich kann Sie leider nicht begleiten, Herr von Brank, möchte aber doch darauf bestehen, daß Sie wenigstens nicht ganz allein fahren." „Hm, hm", bedauerte der Rittmeister, „wenn ich doch nur nicht um 11 Uhr Dienst hätte!" Und ich bin leider gleichfalls gebunden", erklärte Gotenberg, „das trifft sich wirklich gar zu schlecht." „Meine Herren", rief Just, der noch aufrecht im Wagen stand, „ich habe Zeit, ich werde Herrn von Brank begleiten; mit der Pflege Verwundeter weiß ich Bescheid!" Der Arzt nickte; er billigte das Anerbieten. „So setzen Sie sich zu mir, Herr Just", sagte Brank, sichtlich befriedigt, „ich kann mir keinen angenehmeren Beistand denken. In der Wagentasche steckt Rothwein und kalte Küche; Sie sollen nicht um Ihr Frühstück kommen." „Danke, danke", versetzte Just, indem er dem Freiherrn gegenüber Platz nahm, „ich habe keinen Hunger; wenn Sie aber gestatten, zünde ich mir meine Pfeife an." „Und ich eine Cigarre." Just griff in de» Freiherrn Rocktasche, holte ihm seine Cigarrentasche hervor, schnitt ihm die Spitze einer Havannah ab und entflammt« ein Zündhölzchen. „Ich hoffe, mein Pfeifchen wird nicht schlechter riechen", schmunzelte er dann, indem er ein kurze», schon ganz schwarz gerauchtes Thonpfeifchen hervorbrachte und es mit gelblichem Maryland sorgsam stopfte. E» ist echter Bay — ich rauche keine andere Sorte. Nachdem er den Tabak in Brand gesetzt batte, hob er behaglich an: „So, jetzt wären wir fertig. Wenn Sie gestatten, Herr von Brank, kann e» lo»gehen. Der Kutscher weiß doch den Weg?" „Ich komme morgen hinaus", rief noch der Arzt in den Wagen; „der Verband bleibt bis auf Weiteres unberührt liegen!" „Glückliche Fahrt! Gute Besserung!" klang es von allen Seiten. Brank streckte noch einmal den gesunden Arm zum Wagen hinaus und bot dem finster dreinschauenden Staatsanwalt die Hand: „Wir bleiben die Alten, nicht wahr?" Der Staatsanwalt erwiderte den Handdruck und sagte be schämt: „Gott mit Ihnen, Herr von Brank! Ich bleibe dauernd Ihr Schuldner." „Ein Kavalier vom Scheitel bis zur Zehe!" rief der Maler begeistert, als der Wagen mit dem Freiherrn und seinem Be gleiter entschwunden war. „Nun, meine Herren", bat lustig der Rittmeister, „gönnen Sie uns wohl ein Plätzchen in Ihrem Wagen — Goienberg, Sie müssen sich auf den Vock sehen! Ich nehme einen der Herren Aerzte auf den Schoost — nur bis zur Station Grünewald — wir benutzen von dort die Stadtbahn." „Die reine Arche Noah", scherzte er weiter, als alle sechs — Tell und der Maler, die beioen Officiere und die beiden Aerzte — auf das Fuhrwerk kletterten; „allerlei Gethier hat hier drin Platz. Ein Glück, daß wir sämmtlich gut in Conditio» und ohne anspruchsvollen Fettansatz sind; so einen dick gemästeten Faulenzer könnten wir hier drin gar nicht brauchen; wir müßten ihn gleich vor Professor Schweninger's Hausthür abladen." Auf der bald erreichten Station verließen die Officiere und Aerzte den Wagen und Tell fuhr allein mit Völker nach der Stadt zurück. Die Sonne war höher gestiegen und ein wärmerer Odem wehte zu den offenen Wagenfenstern herein. Völker schwelgte in dem Farbenbacchanal, das der Lenz da draußen feierte. „Sehen Sie nur", rief er entzückt aus, „diesen köstlichen Fernduft, in dem die Gebäude der Riesenstadt verschwimmen! Wer solch ein Sfumato nachmachen könnte, beim Zeus, der wäre ein Künstler!" „Was hätte er davon?" seufzte trübselig der Staatsanwalt; „dem Gesetze deS Unsinns, das dieses Leben zu beherrschen scheint, bliebe er doch unterthan!" „Ho, ho, Theucrster, nur nicht so pessimistisch! Machen Sie das Leben nicht für Dinge verantwortlich, an denen Sie selbst ganz allein schuld sind. Sie haben nun doch Wohl eingesehen, daß der ritterliche Freiherr kein Wüstling, kein aristokratischer Verbrecher ist?" Der von Reue und Verdruß Gequälte nickte mit dem Kopfe. Der Maler fuhr fort: „Ich liebe die Aristokraten. Was wären wir Künstler, wenn sich die Menschheit nicht glücklicher Weise in verschiedene Arten gespalten hätte? Wenn es nur einen einzigen gleichmäßigen Urbrei von stcuerzahlenden Ba- nausen gäbe? Wir brauchen die Vornehmen, denn unser Metier selbst ist ein Vornehmes." „Für ein freies, gebildetes Volk, in dem eine vornehme Gleichheit herrschte, künstlerisch zu schaffen, wäre vielleicht noch dankbarer." „Falsch, mein Bester! Eine vornehme Gleichheit? Ich bitte Sie, das ist ja ein Widerspruch im Beiwort, ein vollkommenes Unding! Kann die ganze Masse eines Volkes jemals gebildet sein? Kann sich der große Haufe stumpfer, gefühlloser, brutaler Verdauer denn jemals veredeln? Ist das Wort „Volk" in diesem Sinne nicht eine leere Phrase? Ich kann nur den Einzelnen, den Bevorzugten, den mir Congcnialen, lieben — in der Masse steckt immer die Hyänennatur. Ich muß aber lieben können, wenn ich schaffen soll — verflucht jede Zeile, die ein Dichter schreibt, wenn er keine Liebe im Herzen trägt! Verflucht die Leinwand, die ein Maler bepinselt, dem nicht liebeheißes Blut durch die Adern rollt!" „Sie scheinen ein Niehschianer vom reinsten Wasser; Sie predigen eine Herrenmoral." „Meinetwegen! Wenn es schon zwei Sorten von Moral geben soll, dann lieber eine Herren- als eine Sclavenmoral. Mit allen Weltbeglückungsphrasen wird man aus einem anar chistischen Mordbuben keinen echten Edelmann, keinen adelig denkenden Menschen machen — wo wahre Liebe ist, da muß auch heftige Abneigung sein; kein Licht ohne Schatten; ich hasse die Gleichheit!" Der Staatsanwalt war in Schweigen versunken. Ehrlich gab er sich selbst zu, daß er den Freiherrn vorschnell und grund falsch bcurtheilt hatte. Der Zweikampf war ja aber, dem Himmel sei Dank, verhältnißmäßig noch günstig genug abge- laufen; hätte man da eigentlich nicht ganz zufrieden sein müssen? Und dennoch fühlte sich Tell bedrückt, unbefriedigt, gedemllthigt; ihm war, als ob ein fernes Glück, das er von der Gunst der Zukunft immer noch erhoffen zu dürfen geglaubt hatte, ihm nun für immer und ewig entschwunden wäre." Ellen! Durfte er je wieder seine Blicke zu ihr erheben, nachdem er ihren von ihr so heiß geliebten und so innig be wunderten Vater mit der tödtlichen Waffe im Zweikampfe be droht hatte? Sechstes Capitel. Die Anzcigentheile der Berliner Zeitungen füllten sich mit allerlei Bädcrempfehlungen: der Lenz hatte endgiltig über den Winter gesiegt. Im Wirthshausgarten eines der in wenigen Minuten mit der Bahn zu erreichenden Vororte blühten die Kastanien und der Flieder; die an der südlichen Wand deS WirthShauseS gezogenen Pfirsichbäumchen standen in reichster Blüthe. Jetzt freilick hatten die Blüthen ihre Kelche träumend geschlossen, denn der fast volle Mond schwamm am wolkenreinen Himmel.
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