Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.02.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990203016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899020301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899020301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-02
- Tag1899-02-03
- Monat1899-02
- Jahr1899
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezngS-Pre-» tz« Hauptexpeditioa oder den im Ltabt- >trk imd dar Vororten errichteten AuS- ballen «bgeholt: vtert»ljLhrltch^l4.üO, ! zweimaliger täglicher Zustellung in» ne- L^O. Durch die Post bezogen für mtschland und Oesterreich: virrteliübrlich . Dirrcte täglich» Kreuzbandirnduug in» Ausland: monatlich 7.50. Wt» Morgen-Au-gabe erscheint um '/,? Uhf. Ht» tlbeud-AuSgabe Wochentag- um 5 Uhr, Nr-actio« «n- Erve-Mo«: Iohanne-gaffe 8. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen öffnet von früh 8 bi« «brud« 7 Uhr. Filiale: Dtt» Klemm's Lortim. (Alfred Ha-«)» UuiversitLtsstrab» 3 (Pauliuiv), Loni» Lösche. KatLarinenstr. 14, vart. und Kürig-Platz 7. Morgen-Ausgabe. Kipmer TaMM p und Anzeiger. Ämtsvlatt -es ÄönigNchen Land- imd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Votizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Uvzeiaen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psq. Reclamen unter dem Redactionssirich t4ge« spalten) 50^, vor den Familiennachrichu» (6gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis- ve^eichnisj. Tabellarischer und Ziffernsay nach höherem Tarif. Extra-Vellage« (gefalzt), nur mit der Morgen «Ausgabe, ohne Postbesörderuvg ^4 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Rnnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittag- 10 Uhn Morge««Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. Lei den Filialen und Nnnabinestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an d-« Expeditian zu richten. Druck und Berlaa von E. Bolz in Leivzij». kl. Freitag den 3. Februar 1899. 93. Jahrgang. Die Thätigkeit -er Jufthcommisfion des Reichstags. Aus juristischen Kreisen schreibt man uns: Wie der Reichs tag im Winter 1896, so setzt sich auch di« Commission, die die von dem Abg. Rintelen beantragte Justiznvvelle beräth, in vielen Punkten in Widerspruch zu den Wünschen und Auffassungen der Regierung. Dieser Gegensatz trat in der Sitzung vom letzten Dienstag in zwei wichtigen Fällen hervor: einmal bei der Frage der Theilnahme von Assessoren an der Rechtsprechung der Straf kammern, und zweitens bei der Frage der Ueberweisung der Meineidssachen an die Strafkammern. Während gegenwärtig Assessoren als Vertreter ständig an gestellter Richter bei den Strafkammern auch für längere Zeit sungirrn können, sollen nach einem von der Commission an genommenen Anträge Rintelen-Stephan künftig nur Richter als regelmäßige Vertreter ihrer Collrgen bei Strafkammern und Schwurgerichten fungiren können. Wenn der Abg. Beckh diesen Antrag mit der Begründung unterstützt hat, daß die Assessoren keine Gewähr für objektive Rechtsprechung böten, so liegt darin ein« ungerechtfertigte Kränkung der Assessoren. In der Justiz ist glücklicherweise noch so viel Unabhängigkeitssinn vorhanden, Paß auch die jüngeren Mitglieder davon erfüllt sind. Es liegt aber selbst für einen „Streber" kaum ein praktischer Anlaß vor, seine Sentenz nicht nach seiner Ucberzeugung, sondern in Ueber- einstimmung mit der Meinung des Vorsitzenden abzugeben. Die Landgerichtspräsidenten sitzen in den seltensten Fällen einer Strafkammer oder einem Schwurgerichte vor, vielmehr liegt diese Thätigkeit in der Regel den Landgerichtsdirectoren oder älteren Landgerichtsräthen ob. Für die Personalacten des Assessors aber ist vor Allem die Meinung, die der Präsident über ihn hat, von Belang. Der Vorsitzende einer Strafkammer wird seine Auffassung über die Befähigung des Assessors viel weniger davon abhängig machen, ob der Assessor mehr für Verurtheilungen oder für Freisprechungen eintritt, als davon, ob er die ihm zufallcnden Erkenntnisse sorgfältig und pünktlich abfaßt. Der Antrag Rintelen bedeutet nur eine weitere Verschlechterung der ohnehin ungünstigen materiellen Lage der Assessoren. Die Regierung kann aber auch auf den Antrag darum nicht ei «gehen, weil es ihr oft gar nicht möglich fein wird. ein«n Richter Monate hindurch — beispielsweise, wenn er dem Par lamente angehört — durch einen College« vertreten zu lassen. Wenn ein Landrichter, der Abgeordneter ist, durch einen Amts richter vertreten werden soll, so kann dieser natürlich nicht zu gleich seine Thätigkeit im vollen Umfange wahrnehmen und wird seinerseits vertreten werden müssen. Dadurch müssen zwei Personen einen ihnen ungewohnten Wirkungs kreis übernehmen, während bei dem bisherigen ModuS nur eine Einschiebung erfolgt. Schließlich sei darauf hingewiesen, daß, wie manche andere Schwierigkeit, auch diese Streitfrage sich in Wohlgefallen auflöst, wenn die gemischte Besetzung der Strafgerichte mit Laien und Berufsrichtern durchgängig eingeführt wird. Dasselbe gilt von dem Streite um die Zuständigkeit der Schwurgerichte in Meineidssachen. Der Abg. Graf Bernstorff verlangte unter Zustimmung der Regierung, daß die Strafkammern für das Verbrechen des Meineides in den Fällen der 153,154 und 155 des R.-St.-G.-B. zuständig sein sollten. Er hätte sich knapper fassen können, denn in den Fällen der §§ 156, 159, 160, 162 und 163 ist ohnehin bereits die Strafkammer zuständig. Der Abgeordnete will also den Meineid in seinem ganzen Umfange den Schwurgerichten ent zogen wissen. Wenn ein Vertreter der Regierung diesem Wunsche unter dem Hinweise darauf beitrat, daß 46 Proc. der Meinerds- processe mit Freisprechung endeten, so darf man sich durch diese hohe Ziffer allein noch nicht bestimmen lassen. Gerade beim Mein eide ist cs sehr erklärlich, daß die Anklage öfter als bei anderen Delikten auf einer nicht genügend fundirten Denunciation beruht. Eine Partei, die einen Proceß verloren hat, wird leicht geneigt sein, den Gegner eines Meineides zu bezichtigen; dabei braucht die Anschuldigung keineswegs odolos zu erfolgen, vielmehr kann die Partei durchaus davon überzeugt sein, daß die Gegenpartei den ihr zugeschobenen oder auferlegtcn Eid mit gutem Gewissen nicht hätte leisten dürfen. In der Verhandlung stellt sich dann oft genug heraus, daß ein Meineid thatsächlich nicht geleistet ist oder mindestens nicht nachgewiesen werden kann. Ist aber die Statistik an und für sich noch keine genügende Grundlage, um den Schwurgerichten die Meineidsprocesse zu entziehen, so muß man allerdings zugeben, daß gerade diese Processe oft so com- plicirt sind und oft eine so verwickelte Vorgeschichte haben, daß gerade bei ihnen die unglückselige Scheidung der Schwurgerichte in Laienrichter, die allein über die Schuldfrage, und Berufs richtern, die allein über das Strafmaß bestimmen, doppelt nach theilig wirkt. So lange aber die Schwurgerichte bestehen, wird der Streit zwischen Denen, die ihre Competenz beschränken und Denen, die sie erweitern möchten, immer höchst un erquicklich sein, einen unangenehmen politischen Beigeschmack haben und das Ansehen der Rechtsprechung nicht fördern. Auch diese Competenzstreitigkeiten werden vollkommen aus der Welt verschwinden, sobald man sich endlich entschließt, die Schwur gerichte in große Schöffengerichte zu verwandeln. Immer und immer wieder zeigt sich bei der Berathung der gegenwärtigen Justiznovelle, wie nachtheilig es ist, wenn man, statt von der breiten Grundlage einer Veränderung der Organisa tion der Strafgerichte auszugehen, sich mit allerlei Flickwerk be gnügen will. Eine umfassendere Reform würde ja gewiß eine längere Zeit in Anspruch nehmen, was doch aber schließlich vor- theilhafter wäre, als wenn gar nichts zu Stande kommt, worauf man sich nach dem bisherigen Verlaufe der Berathung des Rintelen'schen Antrages mit ziemlicher Sicherheit verlassen kann. Gedingte Segnadigung. Die früher in Aussicht gestellte Zusammenstellung dec in den große.en deutschen Bundesstaaten geltenden Be stimmungen über die bedingte Begnadigung und der bisherigen Ergebnisse der Anwendung dieser Bestimmungen ist nun mehr dem Reichstage vom Reichsjustizamt zugegangen. Aus den der Zusammenstellung beigefügten Schlußbemerkungen des Reichsjustizamtes heben wir Folgendes hervor: Die Gesammtzahl der Fälle, in welchen bis zum 1. December 1898 in den Bundesstaaten, für welche Erhebungen vorliegen, eine Aussetzung der Strafvollstreckung mit Aussicht auf spätere Begnadigung bewilligt worden ist, beträgt 15 063. Davon entfallen 10075 auf Preußen. Beträchtliche Ab weichungen in der Häufigkeit der Anwendung sind zwischen den einzelnen Bundesstaaten nicht zu bemerken. Die verschiedene Höhe der absoluten Zahlen entspricht im Wesentlichen den Be- völkerungsverhältnissen. Bezüglich des Alters der ver- urtheilten Personen wird unterschieden zwischen Per sonen, welche das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet batten, und Personen höheren Alters. In Baden ist die Vergünstigung ausschließlich, in den übrigen Bundesstaaten regel mäßig aus Jugendlich« beschränkt. Hiernach überwiegt durchweg die Zahl der Jugendlichen, im Einzelnen jedoch in verschiedenem Umfange. Nach allen von einzelnen Bundesstaaten erlassenen Anordnungen soll bei der Bewilligung von Strafaufschub vor nehmlich das B orIebe n des Verurtheilten in Betracht gezogen werden. In Baden ist es schlechthin Voraussetzung der Ge währung des Strafaufschubes, daß der Verurtheilte noch keine Freiheitsstrafe verbüßt hat. Auch in Bayern und Württemberg wird diese Voraussetzung wenigstens als Regel gefordert. In den anderen Bundesstaaten, insbesondere in Preußen, sollen vor nehmlich nur erstmalig verurtheilte Personen berücksichtigt werden. Aus dem vorliegenden Material läßt sich jedoch nicht ersehen, in welchem Maße ausnahmsweise auch Vorbestrafte die Ver günstigung erlangt haben. Die Vertheilung der Fälle, in denen rin Strafaufschub nachgesucht bezw. bewilligt worden ist, auf die verschiedenen Arten von strafbaren Handlungen gestaltet sich für die einzelnen Bundesstaaten verschieden. In Bayern z. B. betrafen von 2034 Gesuchen um Strafaussetzung 1278 solche Fälle, in denen die Strafe wegen Uebertretung oder Forstfrevels erkannt war; in 657 Fällen handelte es sich um ein Vergehen und nur in 99 Fällen um ein Verbrechen. Unter den Vergehen nehmen stets Diebstahl und Unterschlagung die erste Stelle ein. In allen Bundesstaaten ist die bedingte Begnadigung nur für leichtere Straffällc vorgesehen. Demgemäß findet in Baden die Strafaussetzung mit Aussicht auf Begnadigung überhaupt nur bei Freiheitsstrafen statt, welche die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten. In anderen Bundesstaaten ist ein Höchstmaß der Freiheitsstrafe vorgeschrieben, bei dessen Ucberschreitung nur ausnahmsweise ein Strafaufschub nachgesucht werden soll. In Preußen, Mecklenburg und Elsaß-Lothringen beträgt dieses Höchstmaß sechs Monate, in den meisten anderen Staaten (z. B. Bayern, Württemberg, Oldenburg) drei Monate. Im All gemeinen sind die hiermit gezogenen Grenzen nur selten über schritten worden. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle handelte es sich um Freiheitsstrafen bis zu sechs Wochen. Ein sicheres Bild der Ergebnisse, zu denen die Straf aussetzung mit Aussicht auf spätere Begnadigung geführt haben, ist mit Rücksicht auf die Kürze der Zeit, über welche sich die Beobachtungen erstrecken, nicht zu gewinnen. Auch reichen die vorliegenden Ermittelungen vielfach nicht aus, um die Zahl der Fälle, in welchen der Verurtheilte sich bewährt und die Be gnadigung erlangt hat, mit der Zahl derjenigen Fälle zu ver gleichen, in welchen zum Widerruf der Bewilligung des Straf aufschubes oder zur Strafvollstreckung geschritten werden mußte. Nur für einzelne Bundesstaaten ermöglicht das vorhandene Material die Anstellung eines solchen Vergleiches. Insoweit dies der Fall ist, ergiebt sich Folgendes. Es betrug die Zahl der Fälle der bedingten Aussetzung des Strafvollzuges, welche end- giltig erledigt wurden, in Bayern 1006 (Begnadigung trat davon ein in 785 Fällen oder bei 78 Procent derselben), in Württemberg 245 (154, d. i. 63 Procent), in Olden burg 20 (15, d. i. 75. Procent), in Elsaß-Lothringen 286 (198, d. i. 69 Procent). Hiernach haben in den vor bezeichneten vier Bundesstaaten von den Personen, denen der bedingte Strafaufschub zu Theil wurde, sich durchschnittlich etwa drei Viertel bewährt. Für Preußen ist aus den Er mittelungen nur die Zahl der Begnadigungen (1421) und der innerhalb der Bewährungsfrist erfolgten Widerrufe (607) zu entnehmen. Dagegen fehlen Nachweisungen darüber, wie viele von den 10075 Fällen, in welchen der bedingte Strafaufschub bewilligt war, dadurch Erledigung gefunden haben, daß die Voll streckungsbehörde nach Ablauf der Bewährungsfrist die endgiltige Begnadigung nicht befürwortete, vielmehr zur Strafvollstreckung schritt, und in wie vielen Fällen die bewilligte Bewährungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Deutsches Reich. -2- Leipzig, 2. Februar. Die Vorstände des National liberalen Vereins für das Königreich Sachsen und des Conservativen Landesvereins im Königreich Sachsen veröffentlichen folgenden Aufruf: Die unterzeichneten Parteivorstände erachten das seit einer langen Reihe von Jahren bewährte Zusammengehen der beiden Parteien auch bei den bevorstehenden Landtagswahlrn für geboten. Dir Einigung der beiderseitigen Partei-Angehürigen über ge meinsame Candidaten ist zunächst innerhalb der einzelnen Wahlkreise anzustreben. Dabei ist in den Wahlkreisen, in denen beim letzten Landtag ein Mitglied einer der beiden Parteien im Besitze des Mandat- gewesen ist, der Besitzstand zum Ausgangs punkt zu nehmen. Wo eine Einigung nicht zu erreichen sein sollte, werden die unterzeichneten Parteivorstände im gegenseitigen Einvernehmen ver mittelnd eintreten und einen Ausgleich herbrizusühren suchen. An alle Angehörigen der beiden Parteien richten sie die dringende Aufforderung, im Sinne dieses Abkommens zu wirken. Leipzig, 1. Februar 1899. Der Vorstand Der Vorstand des Conservativen Landesvereins des Nationalliberalen Vereins im Königreich Sachsen. für das Königreich Sachsen. vr. Schober. I)r. Gensel. Diese Vereinbarung verlegt die Verständigung über ge meinsame Candidaten in die Wahlkreise und siebt eine Ein Wirkung der Parteileitung erst dann vor, wenn eine Einigung nicht zu erzielen sein sollte. Damit ist wohl dasjenige ver abredet worden, was den Wünschen weitester Kreise ent spricht und eine glattere Lösung etwaiger Schwierigkeiten er warten läßt, als daS früher der Fall war. Es ist in die Einsicht und den guten Willen der Anhänger beider Parteien daS feste Vertrauen zu setzen, daß aus Grund der Verein barung jetzt überall da, wo eine Verständigung über gemein same Candidaten noch nicht erfolgt ist, sich eine solche leicht vollzieht. -2- Leipji-, 2. Februar. Der seitherige Vertreter des 45. länolichen Landtagswablkrcises, Getrcidehändler Webnec in Oelsnitz, den die conservative Partei als solchen nicht wieder aufgestellt bat, giebt im „Oelsnitzcr Tage blatte" Folgendes bekannt: „Um den vielseitigen Anfragen zn begegnen, erkläre ich hiermit öffentlich, daß ich bei der dieses Jahr stattfindenden Landtagswahl wieder candidiren werbe. Cl. Wehner." Herr Webner tritt damit in einen Kampf gegen den osficiellen conservativen Candidaten, Rittergutsbesitzer Bunde, ein. Von Interesse wird eS sein, zu verfolgen, welche Stellung die conservative Fraktion einnehmen wirk, falls Herr Wehner, was nicht unmöglich ist, wiedergewählt wird. Außer im 45. ländlichen Wahlkreise stehen sich übrigens auch noch im 8. städtischen Wahlkreise (Oschatz, Wurzen) zwei conservative Candidaten gegenüber und zwar der Fabrikant Klinkhardt (Wurzen) gegen den seitherigen Mandalsträger Bürgermeister Härlwig (Oschatz). Ferner verlautet aus dem 7. städtischen Wahlkreise, daß dem seitherigen Abgeordneten Bürgermeister Rüder (Roßwein) von Meißen aus ein konservativer Gezen- candidat entgegengestellt werben soll. /-Berlin, 2. Februar. (Die Herren unter den „Genossen".) In dem Programm der socialdcmotratischcu Partei erfährt man bekanntlich über die fundamentalen Ferrrlletoir. Frauenleben auf Samoa. Don Pauk Hauke. Nachdruck »irsoten. Die Töchter Samoas sind von den Einen als wahre Hutdinnen gefeiert, von Anderen erheblich ungünstiger geschildert worden. Diese Verschiedenheit der Urtheile erklärt sich leicht je nach dem Standpunkt« der Reisenden. Wer nach europäischem Maßstab« in den Samoanerinnrn Schönheiten zu ffntoen er wartet, muß sich nothwenvig enttäuscht finden. Auch die schönste Samoanerin, hat ein Reisender in diesem Sinne ganz treffend gesagt, würde immer nur mit einem hübschen deutschen Bauern mädchen verglichen werden können; und vorzugsweise ist es der wenig vergeistigte Gesichtsausdruck und die gewöhnlich grob« Bildung von Mund und Nase, die bei diesem Eindrücke aus schlaggebend sind. Dennoch fehlt es auch dem Gesicht der Sämoamädchen keineswegs an Reizen. Wie frisch lachen hinter den geöffneten Lippen zwei Reihen tadelloser weißer Zähne her vor! Eine große Schönheit liegt ferner bei der Mehrheit der Samoanerinnen in ihren Augen, diesen großen, schwarzen, fröh lichen, leuchtenden Augen, deren Glanz über so manchen Mangel leicht hinwegtäuscht und schon mehr als ein Europäerhrrz be- strickt hat. Dir Hautfarbe der Samoanerinnen ist kaum dunkler als die fükeuropäischer Bäuerinnrn, ihr Haar pflegen sie ganz kurg geschnitten zu tragen und durch Kalken zu bleichen; und es macht solch' ein dunkle- Gesicht mit seinen leuchtenden Augen, umgeben von einem Kranze weißlicher Haare, einen pikanten und keineswegs relzlsssen Eindruck. Die Hauptschönheit der Samoanerinnen aber besteht in ihrem Wüchse. Sir Md freilich nur von Mittelgröße, aber ihre Gestalt ist überaus ebenmäßig, geschmeidig und in allen Bewegungen anmuthig. Besonder- bei den HäuptlingSfvauen verbindet sich oanrit ein« tadeÄose Haltung und «in auffallend stattlicher Gang. Nicht eingrzwiingt tn engt, drückend« Kleider, hat sich d«r Körper dieser Naturkinder unoehemmt und frei entfalten und sich organisch und schön auSwachsen können. Behalt man dies im Auge, so wird man es leicht verstehen, daß so mancher Europäer mit hoher Uederraschung und ausrichtigem Entzücken auf die jugendlich-ffrische Gestalt blickte, di« ihm mit blitzenden Augen »fid fröhlichem Lachen die frische Milch der Cocosnuß präsentirte. Dazu kommt der eigenthümkiche Zauber d«r Kindlichkeit und Natürlichkeit, der allen Samoanerinnen nachgerühmt werden muß. In der Inselwelt der Süvsee genießt denn die Samoanerin auch einen großen Rus um ihrer Schönheit willen. „Sie ist so schön wie eine Frau von Monono", rühmen die Tonga- und Fidschiinsulaner einem Mädchen nach, und ihre Häupt'lingsfamilien suchen für die Söhne vornehm« Samoa nerinnen al- Gatmnen zu erlangen. Aus diesen glücklichen Inseln, aus denen dem Menschen Alle-, was er zum Leben braucht, ohne diel Dazuthun seiner seits gewissermaßen in den Mund wächst, ist die Frau nie zu dem Ärbeitsthiere erniedrigt worden, als daS wir si« bei so vielen anderen Naturvölkern antreffen. Vielmehr genießt sie hier einrn hohen Grad von Freiheit und Selbstständigkeit. Durch die Sitte gehütet, wandert sie allein weit durch das Land, geht, wohin sie mag und wagt sich ungescheut unter das fremde Schiffsvolk. Wenig Arbeit wird von ihr verlangt. Sie begleitet die Männer auf dem Fischfang«, sie fährt mit ihnen aufs Meer hinaus und «rleichtert ihnen di« Ruderarbcit durch weichen Gesang, sie schmückt das Hau- des Häuptlings, wenn er ein Gelage geben will, mit Laub und Blumen. Eigentliche Feldarbeit ist über haupt wenig genug zu leisten, und auch das Hauswesen stellt nur geringe Anforderungen. Eines der Hauptgeschäfte der Frau im Hause ist di« Bereitung des in Samoa so beliebten National- geträNkeS, dre Kawa. Zu diesem Zwecke kauen sie die Stück« der Wurzel von piper naetli^stiouin, nachdem sie sich vorher den Mund auSgespült haben, so lang«, bis sie zu einem Brei ge worden find, den sie dann in ein« Schüssel ausspeien und unter Zusatz von Wasser längere Zeit kneten und schließlich durchsieben. Auch die Weberei der allgemein geschätzten Matten (Tapa) ist Frauenwelt und manche Samoanerinnen lassen sich sogar dazu herab, die Wäsche der Fremden zu waschen, wobei sie dann den Ehrgeiz haben, sie so steif wiederzubringen, daß man di« einzelnen Stücke fest aus den Boden stellen kann. Bei so bequemen Lebensumständen ist ein« sorglose Heiterkeit der Hauptzug der Samoanerinnen geworden. Von des Lebens lunklrn Seiten sehen sir nur wenig. Zu Scherzen und Späßen sind sie immer aufgelegt. Als die Musiker unserer deutschen Corvette, Ariadne" auf den Schultern anderer Matrosen durch die seichte Brandung zum Boot« getragen wurden, erfolgte ein allgemeiner Angriff der lustigen braunen Mädchen auf sir. Sie liefen ihnen ins Wasser nach, zwickten die Reiter in die Beine, theilten -arte Schläge au« und beschenkten die Verfolgten schließlich mit ihren Blumen. Ein anker Mal, als der Capitän d«S deutschen Schiffes, B. von Werner, sich in der Herberge auf sein Nachtlager au-gestreckt hatte, flogen plötzlich alle Vorhänge des Haust- in die Höhe, an die zwanzig Mädch«n stürzten mit Fackeln hinein, durchkreuzten ihn „wie Feuerwerksfrösche" — und waren im Nu wieder verschwunden. Mag dem Europäer manchmal ein derartiger Mädchenscherz ein wenig gewagt er scheinen, so muß man sich daran erinnern, daß das Wort „naturaliu non sunt lurpia" für -die samoanische Anschauungs welt im weitesten Umfange Geltung hat und die ausgelassenen Samoanerinnen voll der harmlosesten Naivetät sind. Manche Reisende haben die angeblich aus Samoa allgemeine Sittenlosigkeit in grellen Zügen gemildert, und so viel ist wahr, daß die Samoanerin als ein echtes Nwturkind keine Schranke kennt, wenn sie liebt. Aber auch nur dann. Verweigern die Eltern oder di« Häuptlinge sie dem geliebten Manne, der um sie wirbt, so läuft sir wohl einfach davon und dem Manne ihrer Neigung nach. Doch kommt es auch vor, daß über sic verfügt wird, ohne daß eineNeigung ihrerseits vorläge. In der Liebe vermag die sonst so sanfte Samoanerin selbst kriegerisch zu werden, und es kommt vor, daß zwei eifersüchtige Frauen um einen Mann thättich aneinander gcrathen. Der Mann selbst bleibt dabei ganz aus dem Spiele, und die Besiegte läßt sich fortab nicht mehr blicken. Im Allgemeinen herrscht auf Samoa jetzt Monogamie, nur die Häuptlinge behalten sich das Recht der Polygamie vor, von dem sie hauptsächlich dann Gebrauch machen, wenn sie, bevor sie zu ihrer Würde gelangten, ein Mädchen aus niederem Stände geehelicht hatten und nun den Wunsch nach einer standesgemäßen Heirath haben. Die Frau, die sie ver stoßen, ist übel daran, da sie sich nicht weiter verheirathen darf und doch nicht mehr als die Frau des Häuptlings gehalten wird. Ihre einzige Zuflucht ist dann, als Mithin in einem Fale-tale oder öffentlichen Gasthaus« zu fungiren, wa« dann freilich eine zweideutig« Stellung ist. DaS Eindringen des Lhristenthums hat natürlich auch auf Samoa so manche Aenderungen in Brauch und Sikt« veranlaßt und unter Anderem die jungen Samoaner auch gelehrt, dem Gegenstände ihrer Neigung, dem sie früher ihre Gefühle nur durch Freund« zu übermitteln pflegten, in Liebesbriefen sich zu offenbaren. Solch' einen samoanischen Liebesbrief hat Pritcharb mitgetheilt: „Dies ist mein Brief an Dich, Saema. Ich bin Tuliau. S«hr groß ist meine Liebe zu Dir. Schr groß ist mein Verlangen nach Dir. Die- ist mein Brief an Dich, Saema, Dich zu fragen, ob Du mein Weib werden willst." Dieser Brief ist ohne Zweifel sehr primitiv, enthält aber doch Alle-, wa» zur Sache nöthig ist und ist für Saema sicherlich nicht minder beredt, als die wortreichste LiebeS- epistel für unsere Damen. Der fröhliche und liebenswürdige Charakter der Samoa- mrinnen spricht sich auch in ihrem Schmuck« au», bei dem sie Laubgewinde und Blumen bevorzugen, die sie mit einem natür lichen Geschmack zu verwenden wissen. Ihre Kleidung beschränkt sich in der Hauptsache auf das Lava-Lava, einen Lendenschurz; die wenigen zum Christenthum übcrgetretenen Frauen bekleiden wohl, wenn sie in die Stadt kommen, Brust und Rücken bis zu den Hüften mit einem Stück Zeug, doch legen sie die fremde Kleidung gern so bald als möglich wieder ab. Auch paßt diese Gewandung nicht für diese Frauen, die frei und ungebunden durchs Land streifen und stets bereit sind, sich lustig in die See zu werfen, mit der.sie von Kind auf vertraut sind, um dort sich tüchtig zu tummeln. Der europäische Besucher ist oft nicht wenig erstaunt, sieht er ein paar ausgelassene Samoanerinnen plötzlich aus ihrem Boote ins Meer fallen; ehe er sich aber noch von seinen: Schrecken erholt hat, tauchen die Mädchen prustend und lachned Wieder aus dem Wasser auf, und bald sitzen sie wieder sicher in ihrem Cänoe. Es war nur ein Scherz, den sie da verübten. Mit großem Eifer sind die samoanischen Mädchen bei ihren Tänzen, von denen manche für den europäischen Geschmack nicht recht genießbar sind. Tritt aber eine wahrhaft schöne Samoanerin, schön gewachsen, von adliger Haltung, anmuthig in allen Bewegungen, umstrahlt vom Liebreize der Jugend, in den Kreis und wiegt in rhythmischen Bewegungen den Körper voller Grazie und naiver Würde nach dem Takte, so ist das ein Schauspiel, da- jedes schönheitsfrohe Auge entzücken muß. Im Allgemeinen kann man der Samoanerin das Zeugnis', ausstellen, daß ihre Eigenschaften echt weiblich sind. Sie ist von sanftem Charakter, aufopferung-fähig, anschmiegsam und ein schmeichelnd, liebebedürftig und häuslich veranlagt. Gewöhnlich ziert dir Mädchen jene sanfte Stimme, die Shakespeare als das Köstlichste am Weibe presst. Höhere geistige Interessen haben sie bisher wenigstens nicht; des Lebens Freuden, Liebe, Tanz und Musik, Scherz und Fest, daneben ein kleines Theil Arbeit — da- füllt ihr Dasein aus. Die Samoanerinnen, die von Weißen goheirathet worden sind, haben eine geradezu rührende Hingebung an ihr« Gatten gezeigt und sich tadellos treu erwiesen. Wer sein Jdral nur nach Dem bildet, was wir europäische Cultur nennen, der wird an Samoas naiven, leichtfüßigen, ausgelassenen Mädchen vielleicht wenig Geschmack finden, wie denn manche Europäerinnen in Apia den Samoanerinnen, die in ihrer lebhaft an Mutter Eva's Mode erinnernden Tracht erscheinen, ihr Hau streng verschließen. Wer aber Sinn hat für Naturkinder, deren Leib und Seele unverbildet die ganze Frische der Schöpfumt. die ganze Kindlichkeit freien Naturlebens zeigt, der wird die Samoanerinnen immer wieder vor sich sehen — lachend, behende zärtlich und dabei von einer gewissen natürlichen Vornehmheit.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite