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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.10.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991013016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899101301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899101301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-10
- Tag1899-10-13
- Monat1899-10
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Li« Morgen-AuSgabe erscheint um V«? Uhr, die Lvend-Au-gabe Wochentag» am b Uhr. Nedactto« und Lrveditiou: Johanni»,afie 8. Die Expedition ist Wochentag» an unterbrochen »«öffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filiale«: ktt» Klemm'» Lorttm. (Alfred Hahn), Uatversitütsstraß« 3 (Paulinum), Laut» Lösche, Katharineastr. 14. pari, and Küntgsplah 7. BezngS'Prei- l» der Hauptexpedittou oder den t» Stadt- brzirk «ad den Vororten errichteten Au», aabestellen abgeholt: vierteljährlich^!».SO, bet zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau« b^0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteuäbrlich . Dirrct« tägliche Kreuzbaadsruduug ins Lu»laad: mouatlich 7^0. 522. Morgen-Ausgabe. MMer Tageblatt Anzeiger. Imtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Molizei-Äintes der Ltadt Leipzig. Freitag den 13. October 1899. Anzeigen.Prel- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklamen unter dem Redaction-strich (4z» spalten) öO^j, vor den Familicnnachrichtea (6gespalten) 40/>L. Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsak nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de» Moraen-AuSgabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbeförderung 70.—. Iinnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde frützer. Auzetgen stad stets an die Expedition zu richten. ——Ommcx-o— Druck und Verlag von E. Polz in Lrip;^> Jahrgang. Der englische Imperialismus. Bei dem gegenwärtigen Stande der Transvaal krisis gewinnt das Uktheil eine» neutralen Beobachters Be deutung, das in einem soeben -im Berlage von Hobbing <L V'üchle inStuttgart erschienenen, sehr anregenden Werte des Schweden Gustav F. Steffen, „England als Weltmacht und Culturstaat", vorliegt. Schon in zwei früher veröffentlichten Werten hat Sieffen tiefgründige und scharfsinnige Beobachtungen über das englische Lebed veröffentlicht. In dem neuen Werte untersucht er die wirtschaftlichen und moralischen Grundlagen des gegenwärtigen Großbritannien und die Boraussetzungen, Mittel und Ziele, der auf den politischen und wirthschaftlichen Zusammenschluß des Mutterlandes und der Colonien gerichteten Politik, die aus Großbritannien ein „Oreater örituin" zu machen bestrebt Ist und unter dem Namen „größerbritischer Im perialismus" zusammengesaßt wird. Manches Schlaglicht fällt dabei auf die deutschen Verhältnisse und die Momcnie, welche Deutschland als nächsten Concurrenten Englands bei jener Politik erscheinen lassen, die auch der innere Grund des ganzen Ver haltens des englischen CabinetS Transvaal gegenüber sind. Die Gesammtzachl der Briten auf der ganzen Erde beläuft sich auf 50 Millionen, wovon 39,5 in England sitzen. Enorm ist die Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Hand in Hand mit der Vergrößerung des Reichsgebietes und der Be- völterungKzunahme ging die industrielle und kommerzielle Ent wickelung deS Mutterlandes. Im Laufe des letzten halben Jahr hunderts har sich der Werth b«r verschiedenen britischen Haupt industrien verdreifacht; der Wcrvhbetrag des Handels ist in noch stärkerem Verhältniß gewachsen; der Ertrag der britischen Land- wirthschaft auf einen Bruchtheil seines früheren Umfanges ge sunken. So sind die Engländer zu einer -Nation von Stadt bewohnern und Industriearbeitern, Fabrikanten, Kaufleuten und Buchhaltern geworden, die exportiren und -verkaufen müssen, um genug zum Leben zu erhalten. Erzeugen, um zu verkaufen, so sagt Steffens weiter, bringt es aber mit sich, daß man be züglich seiner Arbeit und seines Erwerbes von dem Schwanken in den ökonomischen Verhältnissen Anderer abhängig wird. Die Engländer werden zwar, als Nation angesehen, dadurch beständig reicher, daß sie das kommerzielle System auf die Spitze treiben, gleichzeitig aber auch beständig abhängiger von der Kaufkraft und der Kauflust ihrer zahllosen Kunden jenseits des Meeres. Sie müssen für ihren ungeheuren Ueberschuß an Stoffen, Baumwollgarn, Eisen- und Messin-gwaare, Steinkohle u. s. w. Abnehmer finden; das System darf nicht einen einzigen Monat veisagen, ohne daß der gerühmte Wohlstand in nationalen Ver fall umschlüge, und das System muß nicht allein stabil sein, es muß auch für alle Zukunft noch weiter entwickelt werden können, wenn der darauf begründete nationale Fortschritt eine Zukunft haben soll. Einen endlos awwachsenden Markt für Jndustrieerzeugnisse zu haben und zu behalten, vorkommenden Falles unbequeme Concurrenten von diesem Markte ausschließen zu können, eine Art Bruderbund mit diesem Markte zu schließen, um aus den unsicheren Verhältnissen, die das Industrie- und Exportregim: geschaffen, herauszukommen, das ist der Gedanke, zu dem Eng lands ökonomisch-politische Entwickelung hingeführt. Es ist dies die allerneueste Lebensidee des modernen England, und nach dieser gestaltet sich auch das sociale und kulturelle Jdeenleben des Landes. Nicht nur die leitenden Staatsmänner werden von dieser Idee beherrscht, nicht nur Fabrik- und Grubenbesitzer, Exporteure, Schiffsrheder und Fonvsmakler. Auch die Lohn arbeiter beginnen, wie Steffens hervorhebt, einzusehen, daß England feine Industrie bis zu einem Grade gesteigert hat, bei dem das Land ohne einen ungeheuren Export, der den Waaren- überfluh ableitet und dafür Nahrungsstosfe heranbringt, nicht mehr bestehen kann. Die Kleinbürger, die Handwerker, Laden inhaber und Handlungsgehilfen, sie kennen recht gut den Unter schied zwischen flottem und flauem Handelsverkehr mit den Colonien, denn jede bedeutendere Schwankung in der Ausfuhr theilt ihre Wirkung dem ganzen englischen Gesellschaftskörper mit. Zu dem großen „Imperium Lritnnnicnun" sollen die un geheuren indischen Vasallenstaaten mit ihren 287 Millionen Ein wohnern gehören, die großen Schutzgebiete in Asien, die großen und kleinen Colonien in Amerika und Australien und di« Inter essensphäre und Colonien in Afrika, und überall hat man nach dem Grundsätze gehandelt, daß ohne Freibeutertalente keine Colonisation in großem Stile getrieben werden kann. Auf diesem Wege gelangte man von der Jamesoniade zu der nun der Ent scheidung harrenden Auseinandersetzung, bei der genau alle „Vor schriften des Völkerrechts" innegehalten sind. Die Leitung -der deutschen Politik hat diesen Vorgängen gegenüber mit Recht den Standpunkt gewissenhafter Neutralität eingenommen; sie wird aber nicht hindern können, daß sich die Nation ein selbstständiges Urtheil darüber bildet. Ohne sich von an sich begreiflichen Sympathien für den schwächeren und an gegriffenen Theil treiben zu lassen, wird man in Deutschland die Vorgänge in dem oben geschilderten Zusammenhänge unter Be rücksichtigung der kaufmännischen Jnstincie der englischen Polin? betrachten, die sich gegen jeden Conrurrenten in voller Un verträglichkeit äußern. In einem besonderen Capktel weist Steffen darauf hin, wie sehr sich diese „Unverträglichkeit" gegen den brutschen Gewerbefleiß richtet, der lange Jahre wegen seiner Rückständigkeit über die Achsel angesehen wurde. Jetzt wird er dem Engländer unbequem, weil er auf den Gebieten der Industrie, des Handels und des Colonialwesens in die Welt hinausdrängt und seine Fabrikationsmethode und Erzeugnisse oft besser und billiger als die englischen sind. Halten wir ihn also auf politischem Wege in Schach, sagt der englische Kaufmanns verstand, der recht wohl versteht, wie Truppen und Kriegsschiffe, Magazingewehre und 40-Tonskanonen für die „tief friedlichen" Interessen des Weltgroßhändlers zu benutzen sind. Auf dem selben Boden ist die lärmende Preßagitation gewachsen, die, sobald inDeutschland Zeichen er neuerter Bestrebungen auf colonial politischem Gebiete auftauchen, ein BUndniß zwischen England und Frankreich verlangt, oder, wenn die Ereignisse des Tages den kommerziellen und colonialen Wettstreit mit Frankreich und Rußlaüd beleuchten, sich in moralisch-religiösen Sentimen talitäten ergeht über die herrlichen Vortheile für „Menschlichkeit, Wahrheit und Recht", die ein angelsächsischer Bruderbund, d- h. ein Bündniß mit den Vereinigten Staaten, mit sich bringen müßte. Auf diese Stimmungen und Vorgänge wirft der Zwist mit Transvaal ein hell leuchtendes Schlaglicht. Mag daher die deutsche Politik mit guten Gründen neutral und frei von Sen timentalität bleiben, so wird sie doch die Dinge scharf im Auge halten müssen, mit kühler Abwägung der Umstände, die eine weitere Etappe des englischen Imperialismus bedeuten. Höchst wahrscheinlich würde mit dem Falle Transvaals das -beste Stück des bisherigen zollpolitischen Unabhängigkeitsgefühls der Cap- colonie zusa-mmestbrechen und die «nglisch-canadische Zoll- annüherung, die England zur Kündigung des Handelsabkommens mit Deutschland geführt hat, eine Erweiterung durch den An schluß von Südafrika erfahren. An das englisch-canadische Ab kommen zollpolitisch die Capcolonie zu schließen, ist Englands erstes Interesse in Südafrika — und noch immer schweben, ohne daß von Aussichten auf einen befriedigenden Abschluß in abseh barer Zeit zu hören wäre, die von England so lange hingezogenen Verhandlungen über einen neuen deutsch-britischen Zoll vertrag. Deutsches Reich. "/»Leipzig, 12. October. Der Verein der frei sinnigen Volkspartei für Leipzig und Umgegend ließ sich in seiner letzten Versammlung von Herrn Eißner einen Vortrag über die Lage der freisinnigen Volkspartei im König reich Sachsen balten. Der Redner empfahl dabei den engen Zusammenschluß der Fre isi nnigen Sachsens zu einer centralen Organisation. Die Versammlung nahm im Anschluß an VaS Referat folgende Resolution an: „Der Verein der freisinnigen Volkspartei für Leipzig und Um» gcgend hält eine Neuorganisation der freisinnigen Volkspartci im Königreich Sachsen für dringend geboten. Er ist der Meinung, daß dieselbe am besten im Anschlüsse an den bestehenden Landes verein erfolge und zwar derart, daß sich die einzelnen Vereine dem Landesverein als Bezirksverein« anglirdern. Der Verein der freisinnigen Volkspartei für Leipzig und Umgegend richtet an den Vorstand des LandeSverrin» das Ersuchen, einen dahingehenden Organisation-Plan auszuarbeiten und denselben der nächsten Generalversammlung deS Landesvereivs vorzulegen." * Berlin, 12. October. (Die Novellen zu den Un- sallversicherungSgesetzen.) Ueber den angeblichen In halt der für den nächsten Tagungsabschnitt des Reichstages in Vorbereitung befind lichen Novellen zu den Unfallversicherungs gesetzen werden in einem Tbeile der Piesse Mittbeilungen gemacht, die sich auf verschiedene Einzelheiten beziehen. Die „Bert. Pol. Nackr." machen dem gegenüber darauf aufmerksam, daß die Entwürfe gegenwärtig noch gar nicht in ihrer endgiltigen Fassung vorliegen, also alle Miltheilungen über Einzelheiten derselben auf Combination beruhen müssen. „Dem Bundesratbe dürften die Vorlagen voraussichtlich erst in einigen Wochen zugehen. Im Allgemeinen schließen sich die neuen Entwürfe denen aus der Tagung deS Reichstages von 1896/97 an. Sie werden also recht umfangreich ausfallen. Indessen nimmt man an, daß sie diesmal im Bundesratbe und Reichstage nicht zu allzusehr ausgedehnten Erörterungen führen werden, da die Mehrzahl der in Vorschlag zu bringenden einzelnen Aenderungcn bereits vor drei Jahren nach allen Seiten durchbcratben ist. Jedenfalls darf al» sicher angenommen werden, daß neben den UnfallversicherungSnovellen nicht etwa noch eine andere Arbeiterversicherungsvorlage dem Reichstage unterbreitet werden wird. Schon die Erfahrungen, welche in der Tagung von 1896/97 mit der gleichzeitigen Vorlegung ver Unfall- und InvalidenversickerungSrevisionen gemacht sind, hätten von einem ähnlichen Vorgeben, wenn ein solches überhaupt in Frage gekommen wäre, abrathen müssen." * Berlin, 12. October. (Ultramontane Loyalität.) Ueber die „Situation in Bayern" veröffentlicht das „Wiener Vaterland" folgende Zuschrift eines bayerischen CentrumömanneS: „Wird in Bayern eine Aenderung der Regierungsweise — denn von System kann man überhaupt nicht reden — eintreten? Wir sagen: Nein! Einmal ist nicht zu vergessen, daß Bayern nicht mehr seine eigne Politik macht, sondern daß es hierin — man mag dies osfictell auch noch sosehr bekämpfen — Berliner Wind in den Segeln führt. Bayern hat feine früher bedeutsame Stellung durch die Versailler Verträge eingebüßt, wenn man sich auch noch so sehr gegen diese Erkenntniß und diese» Bekenntniß sträubt und den Mangel deS Einflusses s durch de» Schein desselben zu drapiren sucht. Es könnte Bayern auch heute noch große moralische Bedeutung haben, wenn die leitenden Männer Bayerns Aufgabe erkennen und bethätigen würden, Vormacht des Katholizismus, Schützer der katholischen Interessen gegenüber dem im Besitz der Macht und des Uebergewichts befindlichen Protestantismus zu sein. Aber daran denkt man nicht, das kann man auch nicht erwarten von einem Ministerium, das in dem zu zwei Dritttheilen katholischen Land drei höchst einflußreiche protestantische Minister zählt, ganz abgesehen von den zum allerhöchsten Dienst herangezogenen, in Vertrauensstellung befindlichen prote» stantifchen Flügeladjutanten. Dazu kommt, daß der Regent nichts mehr wünscht, als Ruhe und Frieden, und bei seinen hohen Jahren sich von den Männern, welche 1886 bei der unglückseligen Königskatastrovhe betheiligt waren, in keinem Fall freiwillig trennt. So wird denn weiter verwaltet, denn regieren kann man es nicht nennen; eS wird „fortgcwurstelt". Unter solchen Verhältnissen bedarf die CentrumSsraction eines hoben Maßes politischer Klugheit, Geduld und Ausdauer, um in zähem Ringen von Etappe zu Etappe schrittweise ihren Principien zum praktischen Erfolg zu verhelfen. Einen guten Anfang hierzu hat sie gemacht." Die „Allgem. Ztg." sagt dazu: Wir nehmen von diesem Machwerk mit seiner perfiden Insinuation nur deshalb Kenntniß, weil ihm die „führenden" CentrumSblätter in Augsburg und München mit Wohlgefallen ihre Spalten öffnen. Der Verfasser dürfte ja auch zu den Inspiratoren der bayerischen CentrumSpresse zählen. (7) Berlin, 12. October. (Telegramm.) Gestern Nach mittag unternahm das Kaiscrpaar einen gemeinsamen Spazierritt. Zur Abendtafel waren keine Einladungen er gangen. Heute Vormittag von 9 Uhr ab hörte der Kaiser den Vortrag de» KriegSministerS Generalleutnants v. Goß lc r und anschließend daran den deS Chefs des Militärcabiucto Generaladjutanten Generals der Infanterie v. Hab::ke. Außerdem nahm der Kaiser aus den Händen des Oberst leutnants v. Wallet des BarreS, Vorstehers der Ge heimen KriegSkanzlei, den Nachtrag zur Rangliste enrgegei:. (-) Berlin, 12. October. (Telegramm.) In der heutigen Sitzung deS BlittdcornthcS wurden die Vorlagen über den Entwurf von AuosübrungSbesliinniungcn zum H 25 des Ge setze» über das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe vom 22. Mai 1899 und über den Entwurf eines Arznei buches für das deutsche Reick den zuständigen Aus schüssen überwiesen. Dem Ausschußantrag vom ll. d. MtS. bezüglich der Zulassung spanischer verschnittener Weine und Moste zum Vertragszollsatze und den Ausschuß berichten über die Vorlagen vom 15. Juli, 11. August und 3. October d. I. betreffs der Erstattung des Zolles für vernichtetes Fleisch und über die Vorlage vom 23. August d. I. betreffs der Erstattung deS Zolles für polirte Celluloid-Platte» wurde die Zustimmung ertbeilt. (-) Berlin, 12. October. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" meldet: Der Kaiser bat mittels Uikunde vom 23. August dem Bischof Hubert Boß die nachgesuchte landes herrliche Anerkennung als Bischof von Osnabrück erthcilt. (-) Berlin, 12. October. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" meldet: Der Regierungspräsident t>. Bischoffshanscu in Minden ist zum Ministerialdirektor im Ministerium des Innern und zum Wirkl. Geb. Ober-NegierungScath mit dem Range eines Rathes erster Classe ernannt worden. (-) Berlin, 12. October. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" meldet: Dem Prinzen Gustav Adolf von Schweden und Norwegen ist der Schwarze Adler-Orden ver lieben worden. ö. Berlin, 12. October. (Privattelegramm.) Der „Berl. Börs.-Ztg." wird aus Stettin gemeldet, daß das Befinden deS Oberpräsidenten, SlaatSministers v. Puttknmcr, sich erheblich verschlimmert hat, so baß daS Schlimmste zu befürchten steht. — Ein Aufsatz eines auswärtigen Blattes über die Erziehung der in Plön befindlichen kaiserlichen Prinzen giebt der Münchener „Allg. Ztg." Veranlassung, in einer Kieler Zuschrift einer „Legendenbildung" entgegen zu wirken: Prinz Friedrich Wilhelm ist niemals ein Schüler des Plöner Cadettenhauses gewesen. Er hat in den Räumen dieser Anstalt immer nur besuchsweise verweilt und unterhält zum Commaudo deS Cadettcncorps nur die üblichen gesellschaftlichen Beziehungen. Die Erziehung deS Prinzen und seiner Brüder ist vom Kaiser dem General v. Deine» anvertraut, der die Leitung und Ueberwachung des durch besondere Lebrer erthciltcn Unterrichts nach den Intentionen des kaiserlichen Vaters durchsührt. Daß die Natur in Plön eine glückliche Umgebung geschaffen hat, die das jugendliche Gemüth wohlthuend abschließt, ohne beengend zu wirken, wird jeder zugcben, der den Schloß park mit der feierlich schönen Wasserallee, den Durchblicken auf den azurblauen See und dem herrlichen Buchendom des Siebensterns als ein Kleinod deutscher Waldespracht in der Erinnerung hat. Aber die Schönheit der Landschaft ist doch nicht die einzige An forderung, die an die Erziehungsstätte eines Kronprinzen gestellt werden muß. Durch die sorgsame Gestaltung des vrinzlichen Sondcrunterrichts haben sich indeß mancherlei Schwierigkeiten über winden lassen, so daß es voraussichtlich möglich sein wird, den Aufenthalt der Prinzen in Plön bis zur Vollendung ihrer Studien auszudehncn. Die» dürfte auch den an maßgebender Stelle gehegten Wünschen entsprechen, wo man Wohl eine Störung des Bildungs ganges durch abermaligen Wechsel der Umgebung vermieden sehen möchte, ohne geraoe von der Unübertresjlichkeit der in Plön zur Verfügung stehenden Einrichtungen überzeugt zu sein. — Der Bund der Landwirlbe setzt sich mit den Landräthen auseinander, die in der Canalfrage dem agrari- Feuillet-ir. „Dämonische Macht." Novellette von Knut von Julia t. Viichdruck »erboNll. Schon zum dritten Mal« war der Referendar Alfred Dörner von der Mittagstafel im Hot«l -ur Kron« aufgestanden, um zum Fenster hinauSzuspähen. „Kommt er noch nicht?" fragt« der noch am Lisch sitzende Doctor Peter». „Noch immer nicht!" „Hm! Vielleicht macht er «in« Parti«." „Oder er ist bei Bondi» eingeladen." „Am End« ist er krank?" So klang e» in erregter Wechselred«; dann nahm man wieder alltägliche Fragen aus, nur Dörner war schweigsam und nach denklich. — Plötzlich stand er wieder auf, aber di«se» Mal ging er nicht zum Fenster, sondern er griff zu Havelock und Hut. Der Kellner sprang dienstbeflissen hinzu und wagte die Be merkung: „Herr Referendar, zum Nachtisch kommt Ihr Lteblinglgericht, exquisit!" — aber, «» verfing heute nicht. „Servus, meine Herren! Ich schaue nach dem Doctor!" „Ach, der kommt schon noch und ezeretrt Nach, bleiben Sie doch!" Aber Dörner hört« nicht mehr; die Thür fiel grräuschlo» zu und mit großen Schritten eilte «r zur Wohnung seine» Freunde». Al» er anpocht«, klang e» müde: „Herein!" „Kurt, wa» ist mit Dir? Du schaust bleich wie ein Acten- bogen!" Der Doctor sah den Freund mit einem düsteren Blick an; doch er sprach kein Wort. — Der Referendar trat dicht vor ihn hin und ergriff seine Hand: „Um'S Himmelswillen, Freund, waS ist geschehen?" „Warum kommst Du zu mir?" fragt« nun dumpf der Doctor zurück. „Warum? Um nach Dir zu sehen, ich war besorgt; warum kamst Du nicht zu Tisch? — Ich hatte solche Unruhe in mir, «ine ganz unerklärliche Angst; und ich sehe es Dir ja an, nicht mit Unrecht bangte mir, Dir fehlt etwas sprich doch!" Der Doctor sprang auf; er strich sich die wirren Haan aus der Stirn: „Zwitschern e» die Spatzen noch nicht von den Dächern — krächzen eS die Raben noch nicht über'S Feld?" „So sei doch deutlicher, Kurt! Du folterst mich! — Geister bleich bist Du, waS ist denn passirt?" „Beruhige Dich nur, mir dirrct nichts. — Sehe Dich her zu mir, ich habe ja die traurige Pflicht übernommen, Euch — Bondi'» Freunden — Aller zu erzählen! Die Abendblätter, der Polizeibericht und Frau Fama werden «» bald genug verkünden, — besser, Du erfährst vorher durch mich die nackte Wahrheit." „Traurige Pflicht — Bondi — Polizei? — Mir dämmert etwas Fürchterliche« auf; — Du sprichst doch nicht etwa von einem Ehrenhandel?" „Doch, Karl; von einem Zweikampf mit schrecklichem Au»- gang, bei dem ich al» Arzt figurirte, nachdem mich Bondi seine» Vertrauen» gewürdigt hatte, mit der Bitte, im Fall einer Kata strophe seinen Freunden klaren Wein einzuschenken." „Und waS ist mit Bondi geschehen? — Deine Stimmnug macht mich besorgt." „Frag' mich nicht. Laß' Dir Alle» erzählen eS wird besser sein, wenn ich eS mir von der Seele heruntergesprochen habe." „So sprich!" . . . „Du kanntest doch, wie wir Alle, da» strahlende, lachende Eheglück der Bondi's, sein fast schwärmerisches Verlorensein in die bleiche schwarze Frau mit dem seltsam traurigen Blick? Ich trug stets den seligsten Frieden aus dieser vornehmen Häuslichkeit mit mir heim und nie sah ich den geringsten Schatten die innige Harmonie dieser glücklichen Menschen stören. — Eine einzige Unbegreiflichkeit lag für Bondi und mich im Empfinden der jungen Frau; ihre offen bekannte Abneigung gegen Musik, wäh rend sie sonst so sehr für Kunst begeistert war. Wie oft neckten wir sie scherzend damit, daS sei nur eine Idee, nur weiblicher coquetter Eigensinn, aber sie protestirte allen Ernstes und be hauptete, sie fürchte sich förmlich vor Musik, sie hab« ein unbe greifliches Grauen und Bangen davor. — Wir lachten, ach! und wie oft griff dann Bondi übermüthig zum Glas« und rief: „Hoch! mein liebes, negatives Musikgenie!" — Oester aber noch stieß er mit den Worten an: „Wo ist ein Glück, dem meinigen gleich?" und mich packte eS dann immer so seltsam, al» müßte ich ihm zuraunen: „Fordere die Götter nicht heraus." . . . Als vor einigen Wochen der berühmte Violinvirtuose Radjeri hierher kam, um bei seinen Verwandten von einer Concerttournöe auSzuruhen, wurde dadurch natürlich da» Musikthema noch leb hafter angeregt, ganz besonder», als Bondi den Künstler persön lich kennen lernte und dieser dann Besuch in dem gastlichen Pro- fefsorenheim macht«. Al» sich aber gar da» Gerücht verbreitete, der berühmte Meister, der überall mit seiner Kunst dir Herzen im Sturm hinriß, werde auch hier einige Concerte geben, neckte Bondi seine Frau: „Nun wirst Du doch an die Musik glauben müssen!" Sie wehrte mit aller Entschiedenheit ab, trotzdem wir sie Beide zu überreden suchten, di« Concerte zu besuchen, und zum ersten Male sah ich Bondi ihr gegenüber gereizt, al» er schließ lich sagten „schon die Höflichkeit und daS Taktgefühl erfordere e«, da der Künstler ihnen Besuch gemacht hätte; wie st« sich denn ihm gegenüber benehmen wolle, wenn sie ihn in Gesellschaft träfe?" Sie sah ihn hilfeflehend wie ein Kind an. „Ich versichere Dir, Robert, die Musik thut mir weh! Nur einmal hörte >.a vor Jahren einen italienischen Diolinvrrtuosen; da wurde mir seltsam — es war kein Instrument mehr, das schluchzt« rn:a weinte, das jubelte und sang, mir war'» wie die klagende, vc: zweifelte Menschenseele, wie der Jubelschrei eines Herzens! Bala hörte ich den Reigen der Freude, der brausend die ganz: Schöpfung durchbebt, dann wieder den Jammer eines einsame:: unverstandenen Wesens; ein Wimmern und Stöhnen, wie ein: zertretene Menschenstele, die ihre letzt« große Hoffnung in einem Sterbeseufzer auShauchte unter dem langsam verklingenden Bogenstrich. Da schwanden mir die Sinne, und ich erwachte mit einem Grauen vor der Musik, mit einer Angst, als sei in das klein« Instrument ein Dämon gebannt!" Sie war erblaßt bi» in die Lippen, Bondi aber lachte: „Tann höre nur Radjeri auf seinem Instrumente jubeln, der wird Dich lehren, daß kein Dämon, aber «in jauchzender Engel aus sein:. Geige singt! Höre nur einmal den Meister phantasiren, und Tu wirst geheilt sein! Dich muß der Gottbegnadete bekehren!" — Mir schien gerade die Auffassung der jungen Frau rin deut licher Beweis, daß die Musik tiefen Eindruck auf sie machen müsse, und ich verbündete mich mit Bondi, wir drangen in sie mit Bitten, und al» ich mich verabschiedete, hatten wir gesiegt: Frau Doris versprach, am folgenden Tage da» Concert zu besuchen. Du warst ja auch dort, Karl, und entsinnst Dich gewiß d.-s auffallenden Momente», al» mitten im Adagio plötzlich Bondi's Frau ohnmächtig wurde und ich al» Arzt auf schleunige Ent fernung au» dem Saal drängen mußte. Zu Hause angelangi, erholt« sie sich sehr bald, aber wir gewannen die feste Ueber- zeugung, daß dennoch die Musik einen unheilvollen Einfluß auf ihr« Nerven au»üben müsse, denn sie verfiel in nervöses Weinen, trotzdem ihr Herz ganz normal functionirte. Ich hielt e» denn
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