Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.02.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000224015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900022401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900022401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-02
- Tag1900-02-24
- Monat1900-02
- Jahr1900
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis ki der Hauptexpedition oder drn tm Stadt» bewirk und drn Vororten errichteten Au«, uabestellen abgrholt: vierteljährlich ^l4.c»0. vei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau- —" b.üO. Durct, die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Dirccte tägliche KreuzbandienLung inS Ausland: monatlich ./l 7.50. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag- um ü Uhr. Nedaction und Expedition: JohanntSsaffe 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: Alfred Hah» vorm. v. Klemm'» Sortim. Universitätsstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinens». 14, pari, und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. MpMr TaMM Anzeiger. ÄmtMatk des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Ruthes und Rolizei-Ärntes der Ltudt Leipzig. Anzeigen PretS die 6 gespaltene Petitzeile L0 Pfg. Reklamen unter dem Rrdactioa»strich (4g— spalten) 50^, vor den Familirnnachrichte« (6 gespalten) 40/ij. Größere Schriften laut unserem PreiS- vrrzeichnib. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Taris. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohue Postbeförderung ^tl 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschlnß für Anzeigen: Abend-AuSgabr: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je »in» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Z M. Sonnabend den 24. Februar 1900. 9t. Jahrgang. Land- und Seekrieg. In dem demnächst erscheinenden Hefte der „Grenzboten" wird unter der Aufschrift: „Land- und Seekrieg" ein Aufsatz veröffentlicht, der uns soeben im Sonderabzug zugeht und der, tvie wir anzunchmen allen Grund haben, aus einer ersten fach männischen Feder stammt. Dieser Aufsatz faßt die ge- sammte politische Lage in einem Bilde zusammen, das auch von dem blindesten Flottengegner nicht wird angefochten werden tonnen. Das deutsche Bolt hat sich aus Zeiten der tiefsten Erniedri gung zu Anfang dieses Jahrhunderts durch eisernen Fleiß wieder emporgearbeitet, und in der richtigen Erkenntniß, daß in dem Volke selbst die Wurzel aller Kraft liege, Hoch und Niedrig ohne Unterschied des Standes durch die allgemeine Wehrpflicht um sein Banner geschaart. In drei siegreichen Kriegen wurde die Einigung Deutschlands erstritten; unserem Vatcrlande aber wurde nach dieser blutigen Arbeit ein dreißigjähriger Friede be- scheert. Unter dem Schutze der schlagfertigen Armee konnte die Friedensarbeit bisher frei ihren Lauf nehmen. Geachtet steht jetzt Deutschland da, blühend durch seinen Handel, durch seine In dustrie und im engsten Wettbewerb mit den mächtigsten Nationen auf dem Weltmarkt. Erinnern wir uns aber des Ausspruchs Bismarck's in der Reichstagssitzung vom 14. Juni 1882: „Meine ganze politische Kunst wäre vollständig gescheitert ohne Hinblick auf die deutsche Militärorganisation und ohne die Abneigung, die man hat, mit unseren wohlgeschul ten, intelligenten und wohlgeführten Bajonetten anzubinden. Thun Sie diesen Respect aus der Welt, so sind Sie genau in der ohnmächtigen Lage wie früher, so daß Deutschland für die anderen Mächte eine Art von Polen für die Theilung fein würde." Dieser Ausspruch Bismarck's gilt auch für die jetzigen Machtverhältnisse; ohne Respekt zur See sind wir nicht in der Lage, unsere Rechte zu wahren; die Bajonette zur See sindunsere Schiffe. Unzweifelhaft ist Deutschland für den Fall des reinen Landkrieges im Großen und Ganzen hinreichend gerüstet. Reine Landkriege stehen für uns aber nicht mehr im Kreise der Berechnung. Die Frage lautet jetzt: Wie steht das Reich im Falle eines Land- und Seekrieges und eines reinen Seekriegs? Schon der letzte deutsch-französische Krieg von 1870/71 drohte, ein Land- und Seekrieg zu werden. Wenn er allein auf dem Lande entschieden wurde, so lag daS daran, daß der Seekrieg nicht ausgenutzt wurde mangels einer ausreichend vorbereiteten französischen Flotte und der Planlosigkeit des führenden französischen Admirals. Frankreich aber hat aus dem Kriege 1870/71 schon lange seine Lehren gezogen und eine uns weit überlegene Seemacht geschaffen. Es würde in einem neuen Kriege die deutsche Armee vor eine Aufgabe gestellt werden, wie ihr eine gleiche in der ganzen Geschichte des deutschen Volkes nicht gestellt worden ist, nämlich: nach zwei Fronten zu schlagen. Für einen Erfolg wäre dann unerläßlich, daß sich die Armee fest auf die Flotte verlassen kann. Die Flotte muß dann die Seewege offen halten und eine Blockade der deutschen Meere und eine Landung von Truppen an den ungeschützten Punkten der Küste unbedingt verhindern, wenn aufs Neue wirken soll, was im letzten Kriege mit entschieden hat: die ungeschwächte innere gewerbliche Kraft. Wie wenig unsere Flotte aber in dem jetzigen Umfange fähig wäre, einer solchen Aufgabe gerecht zu werden und der französischen und russischen Flotte vereint die Spitze zu bieten, wird Jeder zugeben, der die Stärkeverhältnisse dieser drei Marinen kennt. Immerhin besteht bei einem solchen Land- und Seekrieg für die betheiligten Mächte die Nothwendigteit, den Krieg sobald als möglich zu beendigen, wenn sie nicht darunter verbluten sollen, daß Millionen von Soldaten dem Erwerbsleben dauernd entzogen bleiben. Anders aber steht es im Fall des reinen Seekrieges, für den nach Lage der Verhältnisse nur Eng- landals möglicher Gegner für Deutschland in Betracht kommen könnte. Für diesen Fall nützt die große starke Landmacht dem Reiche nichts. Dann haben allein die Kriegsschiffe das ent scheidende Wort zu sprechen. Daß aber der im Flottengesetz gesetzlich bewilligte Flottenbcstand von siebzehn Linienschiffen groß genug ist, um dem mächtigsten Seegegner, wenn er den Krieg will, die Neigung zu benehmen, unsere Flotte zu ver nichten oder die Häfen zu sperren, das wird selbst nicht einmal von der Socialdemokratie bestritten. Dann lautet die Frage: Wie stellt sich dann die Fortführung des See kriegs? Und da kann sich selbst der Laie dem nicht ver schließen, daß im Seekriege desto mehr Chancen auf Seiten des übermächtigen Gegners liegen, je l L n g e r er den Kriegszustand zur See aufrecht erhält. Dann fließt ihm naturgemäß der größte Theil des Handels zu, den zuvor die deutsche Production neckte und der bisher durch deutsche Schiffe vermittelt wurde. Fortgesetzt wächst die Schulung und Gefechtsbereitschaft seiner in Action befindlichen Kriegsschiffe; unbehindert ist die Bewegung der feindlichen Hilfskreuzer, zu denen dann die Schnelldampfer herangezogen werden, während den deutschen Schiffen die Aus fahrt gesperrt bleibt. So führt in der That die unerbittlich« Logik zu dem Schluffe, daß Deutschland trotz seiner großen Landmacht der Gnade des secmächtigsten Gegners preisgegeben wäre, der den Krieg so lange hinzuziehen vermag, bis Deutschlands Handel zer stört ist und seine wirthschaftliche Existenz auf dem Spiele steht. Das ist ein Schicksal, vor dem unS nur eine wohlorganisirte, gut geschulte und ausreichend starke Flotte bewahren kann, eine Flotte, deren Kraft, deren Kern eine so große Anzahl von Linienschiffen ist, daß auch der seemächtigfie Gegner an deren Nieder- kämpfung nicht denken kann, ohne mit banger Sorge an eigene lebensgefährliche Schwächung zu denken. Setrug oder Selbstbetrug? B Vor einigen Tagen beklagten die „Times" in einem Artikel die feindselige Haltung der Holländer gegen England. Wohl sei rS den Holländern nachzufühlen, daß sie besondere Sym pathien für da» stammverwandte Boerenvolk empfunden, aber sie sollten doch auch sich daran erinnern, daß in allen Phasen der niederländijchen Geschichte England die Freiheit, Bedeutung und Unabhängigkeit der Niederlande verfochten habe. Es ist aus verschiedenen noch anzuführenden Gründen von höchstem Interesse, dieser Behauptung nachzugehen. Zunächst aber sei sie auf ihre Richtigkeit geprüft. Ihren schweren Frei heitskampf gegen die Spanier haben die Niederlande fast ganz allein durchfechten müssen, und eine zeitweilig von der Königin Elisabeth gestellte Hilfstruppe brachte wenig Nutzen, ja stiftete ogar dadurch Verwirrung, daß ihr Befehlshaber in unaufhörliche Conflicte mit den holländischen Staatsmännern gerieth. Nach dem sich nun die Niederländer auseigenerKraftzur Frei heit durchgerungen hatten, gelangte das Land in überraschend chneller Zeit durch die Geschicklichkeit und Energie seiner Staats männer und die Tüchtigkeit seines Volksstammes zur höchsten Blüthe. Holland war um die Mitte des 17. Jahrhunderts die erste Seemacht der Welt. Das vermochte die britische Mißgunst nicht zu ertragen. England war es, das unter Cromwell durch die Navigationsacte der holländischen Schifffahrt den ersten gewaltigen Stoß versetzte; England war es, das in einen: blutigen Seekriege (1652—54) die Anerkennung dieser Navigationsacte von Holland erzwang; England war es, das zehn Jahre später die Einfuhr aus Holland zum größten Theile verbot; England war es, das zum Zwecke der weiteren Schwächung der holländischen Seemacht unter Karl II. Krieg gegen Holland führte; England war es, das am Anfänge des vorigen Jahrhunderts den Holländern die Capcolonie fortnahm, nachdem es ihnen schon zwanzig Jahre vorher einen Theil der holländischen ostindischen Besitzungen fortgenommen hatte. Und wenn die Niederlande fürchten, daß sie den nicht mehr sehr großen, aber außerordentlich werthvollen Rest ihrer einstigen Colonial macht einbüßen werden, so richtet sich diese Furcht lediglich gegen England. So also sieht es mit der historischen englischen Freundschaft für die Niederlande aus. Wir haben die Behauptung der „Times" eingehender er örtert, weil sie aus mancherlei Gesichtspunkten auch für Deutsch land, ja, für die ganze Weltpolttik von Interesse ist. Erlebt man ja doch in Deutschland schon jetzt Aehnliches mit England, kleine andere Macht hat der jungen deutschen Colonialpolitik o viel Steine in den Weg gelegt, wie England, aber mehr als inmal bereits l>->r die englische Presse zart angedeutet, daß Deutschland es lediglich England zu verdanken habe, wenn es zu einer Colonialmacht geworden sei. Es wird wahrscheinlich aber noch viel besser kommen. England hat seinerzeit in der chleswig-holsteinischen Frage nach Kräften gegen die deutschen Interessen intriguirt, und es hat im Jahre 1870 moralisch und materiell nach Möglichkeit die Franzosen unterstützt; man kann aber gewiß sein, daß die Zeit nicht mehr fern ist, wo die Eng länder behaupten werden, daß die Einigung Deutschlands ein pecielles Verdienst Englands sei. Sind die Engländer, wenn sie so die historische Wahrheit auf den Kopf stellen, bewußte Lügner oder belügen sie sich selbst? Wir nehmen das Letztere an. Eine geschichtliche Entwickelung, die seit etwa 2sX; Jahrhunderten fast nur aus Erfolgen besteht und die die Engländer von einem für Europa wenig in Betracht lammenden Jnselvolke zu einer ersten Macht in fünf Erdtheilen gemacht hat, muß die Begriffe auch eines so ruhigen Volkes, wie es die Engländer an sich sind, verwirren. Diese Verwirrung mußte aber noch gesteigert werden durch die kritiklose Bewunde rung, die der europäische Continent lange Zeit für England gehabt hat. England war das Land der Freiheit, der Huma nität, der Gerechtigkeit. So mußten die Engländer schließlich zu dem Glauben kommen, daß alles Gute, was in der Welt vor handen ist, von ihnen stammt, und daß jedes Volt seine Freiheit und seine Blüthe ihnen zu verdanken habe. So mußten sie auch schließlich zu dem Wahne kommen, daß sie berufen seien, überall vernunftgemäße Institutionen durchzusetzen. Diese Erkenntniß ist auch der Schlüssel zur psychologischen Erklärung der Stellung der Masse des englischen Volkes zum Transvaalkriege. Die gewissenlosen Staatsmänner und Jobber, die den Krieg angezettelt haben, wissen zwar über ihre rein egoistischen Motive ganz gut Be scheid, das Volk aber ist des ehrlichen Glaubens, daß England bei dem Kriege nur seine hohe Mission erfülle, die Sache der Frei heit und der politischen Gleichberechtigung der Einzelindividuen im Staate zu fördern. Diese Begriffsverwirrung aber ist auch von Bedeutung für die gesammte Weltpolitik, weil sie das englische Volk auf einem decadenten Standpunkte zeigt. Es mag sein, daß England schließlich in dem unseligen Kriege in Südafrika siegt, aber da durch wird die Thatsache des Niederganges Englands nicht be seitigt. Denn ein Volk, dem die Selbstkritik ab handen gekommen ist, kann keine gesunde Politik mehr treiben, weil es den Maßstab verloren hat für das, was es leisten und was es nicht leisten kann. Ja, ein Sieg kann in diesem Sinne sogar schädlich wirken, da er die Rückkehr zur Selbstkritik erschwert. Der Krieg in Südafrika. —Die Waage schwankt. Auf wessen Seite wird sie'stch neigen? Noch kann e» Niemand sagen, aber so viel ist sicher, daß die Entscheidung im vranjesreistaat fallen muß. Die letzten Nachrichten, namentlich Roberts' Telegramm an da» KriegSamt, bezogen sich auf den Kampf am Mittwoch. Bi» gestern, Freitag Abend in die neunte Stunde warteten wir vergeblich auf weitere Depeschen de» englischenGeneralissimu», da ja noch weiter gekämpftwurde. Eine Vernichtung der boerischen Westarmee kann also von den englischen Chronisten mit dem besten Willen — und an dem fehlt eS schwerlich — noch nicht in di« Annalen der Geschichte Großbritanniens eingetragen werden. Wie un» ein Privattelegramm unterrichtet, depcschirt der Londoner Correspondent der „Kölnischen Ztg.*, die amt liche Depesche Robert»' sei im Parlament in erheblich abgetönter Fassung verlesen worden. Leute, die den Urtext gelesen, hätten versichert, daß Roberts Cronjr wie im Schraubstock festbalte und die feindlichen Ver stärkungen zerstreut habe, während der britische Nachschub im Anmarsch sei. DaS ist ja recht sonderbar. Die britische Regierung wird doch um GolleSwillen nicht» verschweigen, wa» die gwiro pxx englischen Waffen zu erhöhen geeignet ist. Wenn sie „abtönt", so liegt der Verdacht nahe, daß sie Lord Roberts' Sieges hymnen nicht unbedingten Glauben beimißt. AuS Brüssel wird sogar verschiedenen deutschen Blättern unterm 22. be richtet, eine Privatdepesche auS Pretoria melde einen glänzenden Sieg Cronje'S, der die Divisionen French und Kelly Kenny unter großen Verlusten zurückwarf. Es heißt, die Division French sei förmlich auf gerieben. Eine Bestätigung dieser Nachricht bleibt noch abzuwarten, aber unmöglich ist eS nicht, daß das Ende des Kampfes Sieg für die Boeren bedeutet, wenn auch errungen mit furchtbaren Verlusten. Cronje hat erhebliche Verstärkungen erhalten, und damit kann das Blatt sich rasch gewendet baden. Ueber die Kämpfe an den vorhergehenden Tagen wird nachträglich noch berichtet: * Paardeberg, 20. Februar. (Reuter's Bureau.) Feldniarjchall Roberts traf gestern bei den das Lager Cronje'S an greifenden Truppen eia. Bald darauf bat Cronje um einen 24stündlgen Waffenstillstand. Ein solcher wurde jedoch ab gelehnt und die Beschießung verstärkt wieder ausgenommen. Der Feind verbrachte die Nacht und die ersten Stunden des heutigen Tages mit lebhaften Bemühungen, seine Stellung zu verstärken. Während der Morgenstunden thaten die angrrisenden Truppen wenig, weil sie erwarteten, Cronje werde sich über die Hoffnungs losigkeit der Lage klar werden. Nachmittag- hatte aber, da noch kein Anzeichen der Ucbergabe vorlag, die Beschießung wieder be gonnen. Als mehrere Schiffsgeschütze und weitere Feldbatterien in Thätigkeit gesetzt wurden, wurde das Feuer furchtbar. * London, 23. Februar. (Telegramm.) DaS KriegSamt giebt bekannt: An der Paardeberg.Drift sind am 18. d. M. auf englischer Seite 146 Unterofficiere und Soldaten ge- fallen. Die Zahl der Verwundeten kann noch nicht angegeben werden. Auch das ist noch keine vollständige Liste. — Leider scheint e» sich zu bestätigen — denn eS wird pon verschiedenen Seiten gemeldet —, daß der „fromme" Lord Roberts den von Cronje erbetenen Waffenstillstand (er sollte bekanntlich der Beerdigung der Tobten dienen) brüsk abgeschlagen bat. Ein neuer Stempel brennender Schmach auf da» Antlitz der vielgepriesenen englischen Humanität. Nicht der Jingo freilich empfindet den Schmerz, aber er durchzittert die Seele jedes Menschenfreundes und treibt ibm die Scham- röthe darüber ins Gesicht, daß Menschen auch an der Schwelle des zwanzigsten Jahrhunderts nach der Geburt deS Ver künders der Gottes- und Menschenliebe nock unmenschlich bandeln können. Doch wir warten noch auf daS amtliche Dementi. Wir lassen nun noch die folgenden beiden Berichte »nscveS Londoner Vorrespondcnten über die Ereignisse bis zum Dienstag folgen: Non der Modder bleiben auch heute die Nachrichten widersprechend und cousus. So läßt sich das „Daily Chronirle" den „Rückzug von Magerssontein um Mitternacht am DienStag mit i'»000 Mann, schwerem Geschütz und Ochsenwagen" schreiben, dessen Augenzeuge sein Correspondent vom Klipfurlh Kopje aus beim Morgengrauen de» Freitags gewesen sein will. Am Freitag selbst habe man (wer?) dann den ganzen Tag ge- kämpst, während Cronje seinen Rückzug ununtergebrochen fortgesetzt habe. „Daily Chronicle" ist seit seinem bekannten erzwungenen Rcdactions- wcchsel nach Nenegatenart chauvinistisch geworden und so tischt es auch bei dieser Gelegenheit wieder seinen Lesern allerhand Fabeleien über die Niedergeschlagenheit der Boeren und deren bittere Klagen über erduldete Entbehrungen und Len Betrug Cronje'S »nd ihrer übrigen Führer aus, welche Len armen Boeren fortgesetzt von englische» Niederlagen und siegenden Republikanern etwa» vorgelogen hätten. Das „Daily Chronicle" könnte heute bereits von „Daily Mail" etwas lernen. Eine ganze Anzahl sonst zuverlässiger Corre- svondenten meldet übereinstimmend, seit mehrere» Tagen werde heftig aus der Straße von Bloemfontein gekämpft, was um so mehr ter Fall zu sein scheint, als sich sonst da» fortwährende Nachschieben von Verstärkungen gegen den Paardeberg gar nicht erklären ließe. Be- kanntlich meldete unser Correspondent schon vor drei Tagen, daß General Kelly-Kenny dringend um Hilfe gebeten und seitdem wurden ihm und seiner Gardedivision die 7., 9. und die Hochländer zu Hilfe gesandt, während zurrst Kitchener und seither auch Feldmarschall Roberts selbst dort erschienen. Alles deutet also darauf hin, daß hier wirklich eine Entscheidung fällt und daS Ausbleiben aller officiellen Nachrichten deutet nicht darauf hin, daß es Roberts leicht werde, seine Aufgabe zu lösen. Lord Farquhar versicherte im Ober- Hause einigen Freunden, er wisse zuverlässig, daß Lord Roberts die Boeren um st eilt habe, diese kämpften aber verzweifelt,offenbar in der Hoffnung, daß bald Verstärkungen für sie eintreffen und ihnen zum Siege verhelfen werden. Diese Verstärkungen seien indeß noch weit entfernt und Roberts hoffe, vorher den Gegner zn bezwingen. Der häufig gut unterrichtete „ Scvt-man" erfährt, „Roberts habe etwa 8000 Freistaatler „beinahe fest" und diese kämpften, da ihnen der Rückzug abaeschnitten, mit bewundernSwerthem StoiciSmusund Energie. Der Kamps wüthe bei Abgang deS resp. Kabels (Montag Abend). Die Boeren befänden sich überdies in einer Stellung, die sehr stark wäre, und würden mit der Kühnheit der Verzweiflung ge- führt, aber sie befänden sich einer englischen Truppenmacht gegenüber, der sie kaum zu entrinnen vermögen dürsten". Während erstere Meldung bei Paardeberg kämpfen läßt, giebt die zweite gar keinen Ort an und während bisher alle Meldungen Cronje im Norden von Kimberley sein ließen, läßt Lord Farquhar ihn plötzlich bei Paardeberg kämpfen. Ter Correspondent deS „Standard" wieder hat Cron;« südlich von der Modder znrückgehen sehen. Auch er läßt ihm Kitchener und Kelly- Kenny folgen, General Macdonald mit der Hochländerbrigadr Sonntag Nacht» aber einen Forcirmarsch von 32 lcm in der Hoff nung zurücklegen, KoodeSrand Furth zu erreichen, um rechtzeitig drn Feind abzuschneiden. Die Schlacht bei Paardeberg. L. 6. JacsbSdal, 2l. Februar. Die Lage ist kritisch und eS scheint nach Len stückweise und nicht immer klaren Nachrichten, al» wäre die Gesammtsituation schwer gefährdet, wenn es nicht im letzten Augenblicke gelingt, die Hauvtpositioncn deS Feinde» zu forcirrn und vor Allem unsere Verbindungslinie» zn sichern. Diese sind durch zwei von Süden herauf kommende Corps schwer bedroht, von denen «inS auf Paardeberg von Koffysontein heransmarschirt, und da» zweite Jacob»dal von derselben) Straß« her, drn Rietslnß entlang kommend, bedroht. Commandant Delarey soll nach sich wider sprechenden Meldungen zuerst Belmont sich genähert haben, uni dieses zu besetzen, nach einer anderen Meldung aber vorgestern nach Paardeberg gerufen sein, wo inzwischen unsere vier Divisionen nacheinander angelangt und ins Feuer gebracht waren. Generall Kelly-Kenny stieß mit der 6. Division zuerst am 16. auf Len Feind, den er an den folgenden beiden Tagen allmählich zum Stillstand brachte und glücklich sesthielt, sofern eS nicht von vornherein die Absicht der Füderirten war, was übrigens wahrscheinlich, sich auf den Paardeberg festzusetzen und von dort aus die Straße nach Bloemfontein und Boshof, wie die Verbindung mit Kimberley zu beherrschen. Dieser Punct ist noch nicht völlig aufgeklärt. Eine andere Meldung besagt, Cronje selbst sei aus einem Umwege, nachdem er zuerst nördlich von Kimberley zurück gegangen, später östlich über KoodeSrand nach Paardeberg gegangen, und habe sich dort mit drn unter PrinSloo von Jacob-dal in der selben Richtung abgezogenen CommandoS vereinigt. Kitchener ober habe ihn zum Rückzüge gezwungen und al- er sich deshalb wieder nordwärts zur Koodrsrandsurth gewandt, habe er diese durch General Macdonald besetzt gefunden. Sich östlich wendend, um seinen Weg gegen Bloemfontein fortzusetzcn, habe er seinen Rückzug plötzlich durch General French abgrjchnilten gesehen, sei umzingelt worden und nun erst habe der eigentliche Kampf begonnen. Diese Darstellung ist offenbar unrichtig, den sie widerspricht den einfachsten Thatsache» und allen Mittbeilungen der aus den ersten Kümpfen inzwischen hier eingebrachten Verwundeten. Am 17. und 18. Februar kämpfte danach zuerst nur die 6. und später eine Vorhut der 7. Division, welche ersterer zu Hilfe eilte, diesseits Paardeberg etwa zweidrittel Wegs zwischen den Hügeln und JocobS- Lal. General Kelly-Kenny versuchte den Feind in der Flanke zu fassen wurde aber seinerseits umgangen, konnte seine Artillerie nicht rechtzeitig in Position bringen und später ging ibm vorübergehend die Munition aus, da die Munitionscolonne nicht nachzukommen vermochte, und so war er am Abend des 18. gezwungen, nach schweren Verlusten und nachdem er seine besten Hochländer, englischen und canadijchen Truppen wiederholt ins Feuer gebracht, den Kampf abzubrechen. Er hatte 9 Ossiciere todt, 39 ver- mundet und etwa 600 Mannschaften auf dem Kampfplätze gelassen, von denen eine Anzahl gefangen in Feindeshand blieben. Bc- onders schwer hatten wieder die Hochländer und die Blackwatch gelitten, dieselben, welche unter Lord Methuen bereits an der Modder geschlagen waren. Neben ihnen waren die Regimenter von Oxford, Porkshire, Shropshire Cornwall, Riding und Kcnt ini ganzen 11 Bataillone im Feuer. Am folgenden Tage trafen weitere Verstärkungen ein und Lord Kitchener selbst übernahm Len Ober befehl über die nun vereinigten 4 Divisionen resp. drei VollLivisioneu und die Hochländer Brigade. Er griff mit sämmtlichen Truppen nach einem schweren Bombardement des feindlichen Lagers an, welches in zwischen vollendet war. Aber der Feind hatte offenbar an den vorher gegangenen beiden Tagen trotz des schweren Kampsrs Zeit und Gelegenheit gesunden, seine Artillerie in so vortheilhaste Positionen zu bringen, Laß unsere Geschütze wenig gegen dieselben auszurichten vermochten, und wir sogar gegen Abend resp. unter dem Schutze der Nacht verschiedene niedrigere Hügel längs der Modder räumen mußten, welche uns als Hanptstützpuncte für den Angriff dienten. Kitchener selbst eilte hier zwei Mal mit seinem Stabe herbei, um die Truppen im Feuer zu halten, aber die besten Regimenter hatte» bereits so sehr gelitten und waren überdies durch die vorangegangen Parforce- märjche, die furchtbare Hitze und die Schwierigkeit des Terrains so ausgerieben, daß die Ossiciere von ihnen kaum noch viel ver langen konnten. Commandant de Wet, welcher schon TagS vorher zwei Stürme der Hochländer erfolgreich abgeschlagen hatte, nahm zwei KopjeS im Sturm und verhinderte damit jede Aussicht, das Lager der Füderirten auf unserer Rechten, d. h. gegen die Straße von JacobsLal-Emaus zu umgehen. Inzwischen war General Macdonald über die Koodesrandsurth gekommen und griff seine» Instructionen gemäß den Feind im Rücken an. Ter ursprüngliche Pia» ging dahin, das gegnerische Lager in der Front und beiden Flanken anzugreisen, während Macdonald's Brigade ihn im Rücken nähme und seine Einschließung vollende. Auch dieses Manöver ist mißlungen und General Macdonald nach einein verzweifelten Kampfe zurückgewvrfen. Es heißt, er gehe aus der Straße nach Magerssontein zu, um die Verbindung mck Roberts wieder herzustellen. Die Föüeriiten halten, wie sich jetzt herausstellt, nicht nur den Paardeberg, sondern die ganze Hügel linie bis zu», Boschkop und diesen selbst, während sie weiter zurück den Aasvogelkop am Kaaljprnit und diesen selbst stark befestigt haben. Der gestrige Tag soll besonders unglücklich verlausen sein, aber noch fehle» darüber alle zuverlässigen Meldungen und die vor liegenden sind offenbar nur Gerüchte. Nach ihnen aber wäre alle Aussicht verloren, wenn eS nicht gelingt, rechtzeitig bedeutende Ver stärkungen, besonders an Artillerie, heranzubringen. Die Wege aber sind grundlos. Ladysmith ist nock nicht entsetzt. Neuere Nachrichten über die Opera tionen Buller'S am Nordufer des Tugcla fehlen. Nur Fol gendes wird gemeldet: * Lattdo», 23. Februar. (Telegramm.) Eine „Standard"- Drahtmeldung von Hlangwane, 20. Februar, besagt: Colenso wurde heute Nachmittag von uns nach sehr schwachem Wider stande besetzt. Tie Truppen rücken nun vor, um sich der An höhen im Norden des Tugrla zu bemächtigen. Die Boeren sind in vollem Rückzüge, während sich Britentruppen, die zwischen dein Hlangwane und dem Monlechristo fortgesetzt vor stoßen, sich dem Flusse nähern. (Boss. Ztg.) * London, 23. Februar. (Telegramm.) Die „Times", zweite Ausgabe, melden aus Chieveley unterm 2l. Februar, 4 Uhr Nachmittag-: Einige wenige Boeren überschritten den Fluß wieder am Montag. Wir besetzten Hlangwane, rückten aber nicht weiter vor. Wir verbrachten den Tag mit Hinansschaffung schwerer Kanonen. Am Dienstag besetzten wir Colenso. Die Infanterie aus unserem rechten Flügel rückt» zum Flusse vor. Di» Boeren aus der anderen Seite hielten ein» natürliche starke Stellung auf den niederen Au-läusrrn der Höhen oberhalb Colenso. Der Fluß ist schwer zu über schreiten, da seine User sehr hoch sind. (Frkf. Ztg.l * Londou, 23. Februar. (Telegramm.) Dem „Reuter- scheu Bureau" wird au- dem Hauptlager der Boeren vor Ladysmith vom 21. d. M. gemeldet: Am Montag und DienStag wurde de» ganzen Tag über hesiig gekämpft. Heute früh begann der Kampf von Neuem, er dauert noch fort. Die Ossiciere der Boeren hoffen, die Engländer au» ihren Stellungen ver treiben zn können. In der Nacht versuchte eine englische Truppenabtheilung denTugela zu überschreiten, wurde aber zurückgeschlagen. Die Verluste der Boeren sind gering. Von Ladvsmith her werden die Stellungen der Boeren an dem
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite