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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011016016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901101601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901101601
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- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Bezugs «Preis 1» der Hcmptrxpeditio» oder de» Im Stadp beztU and de» Vororte» errichtete» <»S> aabeftrlle» «dgetzolt: oterteljLdrluh ^» 4^KO^ bet zweimalig«, täglicher ZuS«ll»»g i»S Hau« st.bO Durch di» Post bezöge» für Deutschland ». Oesterreich: vterteliährl. ^l S. Man aboantrt ferner mit entsprechendem Postaasschlag bei de» Poftanstaltr« i» der Schwei», Italien, Belgien, Holland, L«xen»- barg, DLnemark, Schwede» und Norwegen, Rügland, den Doaaustaalrn, der Europäische» Türkei, Egypten. Für all» übrigen Staaten iß der Bezug uur unter Kreuzband durch di» Expedition diele« Blatte« müglich. Li« Morgen-Au-aabe erfcheint um V»? Uh^ hi» Ldeno-LuSgao« Docyeatag» um st ühr. Lr-artio« vad Lrve-itiorrr Tohannisgaff« 8. Filiale«: Alfred Bast« vorm. O. Klemm'« Sortia». lloloersitütSstratze S (Paultnom), Lvutt Lisch«, Lathariuenstr. p»«rt. und Künia«vlatz 7. Morgen-Ausgabe. MpMerIaMM Anzeiger. Ämtsölatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mattzes nnd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Nr. 528. Mittwoch den 16. October 1901. - Anzeigen-Preß- die Sgefpalteue Petitzeile SS L, N««la»«» »»trr de» R«daaw»»ftrtq («gespalten) 7K vor de» tza«tU«»»ch> richte« (st gespulte») «0 Tabellarischer and Zifferusa- entsprechend höher. — Lebübren Nir Rachweisunge» »ed Osferteuanuahm» Lü (excl. Porto). Grtra-Veilagen (gefall »>r mit der Marge» .Allögab«, ohne Postdeförderuug 60.—, mit Postbesördeowg ^st 70.—» Lnuahmeschluß für Ilazrige»: Lb»»d-Iu«gaber vormittag« 10 llhr. M»rge»-La«gab«: Nachmittag« st llhr. Bei den Filiale» u»d Nunahmestelle» ft ein halb« Stund« früher. Anzeige» find stet« a» di» Expeditto» zu richte«. Di« Expedition ist Wochentag« uuuuterbroche« geöffnet von früh S bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Holz i» Leipzig S5. Jahrgang. Die preußische Negierung und der Lamps gegen das palenthum. SS Im vergangenen Jahr« verlautete, daß den Fortschritten des Polenthums durch allerlei Mittel enigcgengetrelen werden würbe; deutsch« DereinShäuser sollten gebaut, Garnisonen nach kleinen Städten verlegt werden und dererlei mehr. Von dem Bau der Vereinshäuser merkt man nichts und mit der Verlegung der Garnisonen nach den kleinen Städten hat es gute Wege. Man kann es den Militärbehörden schließlich auch nicht verdenken, daß für si« in erster Reihe die militärischen Gesichtspunkte maßgebend sind und daß si« Bedenken tragen, gerade in einer Grenzprovinz di« Truppen in kleine Garnisonen zu verzetreln, di« noch obendrein nicht einmal an der Bahn liegen oder deren Bahnverbindungen jedenfalls viel ungünstiger sind, als diejenigen von Knotenpuncten, wie Posen, Lissa oder Bromberg. Wir muffen gestehen, daß unser Schmerz nicht groß ist, wenn Tirschtirgel oder Jutvoschin oder wie immer die schönen Orte heißen mögen, kein Militär bekommen, oder wenn die Vereins- Häuser nicht gebaut werden. Selbst die an sich gewiß wichtige Verbesserung der Verkehrswege ist doch vom Stand punkte der Germanistrungsfrage ein Mittel von zweifelhaftem Werthe, denn eine Vermehrung und Verbesserung der Bahnlinien, Chausseen, Canäle u. s. w. kommt dem polnischen Großgrundbesitzer und dem polnischen Kaufmann genau so zu Gute, wie dem deutschen. Wir betonen, daß wir ganz und gar nicht gegen die Verbesserung der Ver kehrsmittel in dem vernachlässigten Osten sind, denn der wirth- schaftliche Nutzen wäre unbestreitbar, aber für die Sache des Deutschthums schaut dab«i nichts heraus. Deshalb können wir auch der in der Polensrage stramm natio nalen »Voss. Ztg." nicht zustimmen, wenn sie die Polenfrage im letzten Grunde für ein« Geldfrage erklärt, wenn sie also hofft, daß, nachdem der in Geldsachen bekanntlich sehr zähe Herr von Miquel beseitigt ist, die Polenfrage in rascheren Fluß kommen und die Germanistrung bessere Fortschritte machen werde. Wir meinen im Gegentheil, daß die deutsche Sache grenzen losen Schaden erlitte, wenn die preußische Regierung glaubte, mit einem tüchtigen Griff in den Geldbeutel, mit dem Erbauen von Museen, Vereinshäusern, Theatern, Bahnen, Chausseen wäre Alles gethan und im klebrigen könnte man die Hände in den Schooß legen. All' dies mag ganz nützlich sein, aber es kommt erst in zweiter Reihe. Vor allen Dingen sind zwei andere Ge sichtspunkte in den Vordergrund zu stellen: di« Einführung der deutschen Spracht mit allen Mitteln und di« Zu- sammenfassungdes deutschen Eleinents. Wenn di« Polen — und wir stellen hier die unteren Stände in die erste Reihe — di« deutsche Sprache vollständig beherrschen und sich ihrer regelmäßig bedienen, so werden sie all mählich auch gut« deutsche Unierthanen werden. Die Polen wissen ganz genau, warum sie sich gegen die deutsche Sprache wehren. Daß man aber zu der besseren Verbreitung der deutschen Sprache nicht auf dem Wege des lai-ser allor kommt, haben die Erfahrungen des letzten halben Jahrhunderts gezeigt, in dem die Kenntniß dieser Sprache «her Rückschritte als Fortschritte gemacht hat. Diese Erfahrung beweist auch, daß cs mit der energischen Durchführung der deutschen Sprache auf dem Gebiete der Schul« allein nicht gemacht ist. In der Schule hält sich der polnische Unterthan durchschnittlich kaum acht Jahre auf, also einen geringen Bruch- theil seines LebenS; er hat also Zeit genug, die in der Schule erworbenen Kenntnisse wieder zu vergessen, wenn nicht der Staat zu Maßregeln greift, die es dem Polen als Wünschenswerth er scheinen lassen, die in der Schule erworbenen Sprachkenntniffe zu conserviren. Die geeigneten Mittel hierzu sind das Militär und daS Gericht. Wenn derjenige polnische Soldat, der bei seinem Eintritt in die Armee der deutschen Sprache nicht mächtig ist, unter allen Umständen ein drittes Jahr dienen müßte, so würden di« polnischen jungen Leute sich ganz gewiß bemühen, in den sechs Jahren zwischen dem vierzehnten und dem zwanzigsten Lebensjahr« ihr« in der Schule erworbenen deutschen Kenntnisse nicht zu verlernen. Mit dem Gerichte hat der erwachsene Staatsbürger immer wieder zu thun, mag es sich nun um Civilstreitigkeiten, um Strafsachen, Grundbuchsachm, Ange legenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder waS immer handeln. Nun soll natürlich derjenige, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, nicht rechtlos gemacht werden. Aber es wäre durchaus billig, wenn beispielsweise Polen, die erklären, die deutsche Sprache nicht zu beherrschen, in amtsgerichtlichen Civil- streitigkeiten — in denen em Anwaltszwang an sich nicht besteht — gezwungen würden, sich eines Anwalts zu bedienen. In anderen Fällen, in denen ein Dolmetscher sich nicht vermeiden li«ße, wären den Polen hohe Gebühren für die Verwendung deS Dolmetschers aufzuerlegen. Wenn eS solchermaßen an den Geldbeutel ginge, so würde die Kenntniß der deutschen Sprache vor Gericht über raschend schnell zunehmen. Mt der energischen Zurückbämmung der polnischen Obstruk tion in der Sprachenfrage müßte ein festes Zusammenhalten aller deutschen Elemente Hand in Hand gehen. DaS, wenn man so sagen darf, geborene Bindeglied hierfür ist daS Beamten- thum, weil «S außerhalb deS Interessengegensatzes der anderen Stände steht. Wie wenig das Beamtenthum, dank dem kaum wenigrr all in China oder Indien in üppiger Blüthe stehenden Kastengeist«, sich bisher dazu befähigt gezeigt hat, darüber braucht kein Wort verloren zu werden. Und so sollte die preußische Re gierung sich entschließen, nicht die Mauern von Dcreinshäusern oder Theatern zu errichten, sondern vielmehr Mauern niederzu reißen: bk Scheidewände, di« sich zwischen Deutschen und Deutschen erheben und dir, anderwärts bedauerlich, in der Ost mark widersinnig sind. Der Krieg irr Südafrika. Der Krieg und Englands Welkste»««,. In der vergangenen Woche find gelegentlich der zweiten Jährung d«S südafrikanischen Krieges vielfache Betrachtungen über die «ndgiltiar Lösung der südafrikanischen Frage angeknüpft worden. Zur gleichen Zeit aber find zwei Ereignisse eingetreten, die darthun, daß der südafrikanisch« Krieg eine weit über die politische und wirthschaftliche Stellung Südafrikas selbst hinaus- gehende Bedeutung befitzt. Dieft beiden Ereignisse find 1) die Veränderung der Abmachungen zwischen England und den Ver einigten Staaten über den Nicaraguacanal und 2) der Tod des Ennrs von Afghanistan. Die Frage, wer Herr über den demnächst fertigzustellenden mittclamerikanischrn Canal sein soll, ist von einer eminenten militärischen und politischen Bedeutung. Deshalb befand sich England zu der Zeit, wo es sich ein Condominium über diesen Canal sicherte, auf einem seinen Interessen völlig entsprechenden Standpunkte. Wir bemerken, daß England weit mehr Veran lassung dazu hatte, sich einen Einfluß auf diesen Canal zu sichern, als irgend eine andere europäische Macht, da es der einzige euro päische Staat ist, der über einen großen und wichtigen Landbesitz in Amerika verfügt. Aus demselben Grunde aber war es den Vereinigten Staaten nachzusühlen, daß sie auf die Alleinherr- chaft im Gebiete des Canals Werth legten. Nach langen Streitigkeiten hat sich soeben England zu einem Abkommen be quemt, das lediglich die Interessen der Vereinigten Staaten wahrt, die also damit «inen Sieg erfochten haben, der ganz und gar nicht nur ein diplomatischer ist, sondern sich jeden Augenblick praktisch fühlbar machen kann. Und wenn englische ministerielle Organe die Regierung mit der Entschuldigung heraushauen wollen, daß England die jetzt aufgegebenen Vortheile bei dem päter zu schaffenden Panama-Canal schon wieder ;ereinbringen werde, so ist das doch nur Zukunftsmusik. Unzweifelhaft haben die oppositionellen Organe Recht, die der Regierung vorwerfen, sie habe „gekniffen", um sich dem neuen Präsidenten Roosevelt, dessen Boerenfreundlichkeit ihr bedenklich erscheine, wohlgeneigt zu machen. Man sieht also hier den engen Zusammenhang zwischen dem Zuriickweichcn Englands und dem Boercnkriege. Ebenso kann bei der durch den Tod Abdurrhaman's geschaffenen Lage Eng land in jedem Augenblicke in Gefahr kommen, entweder vor Ruß land zu „kneifen" oder aber den südafrikanischen Krieg Hals über Kopf abzubrechen. Daß man die Lage in Afghanistan keines wegs als so friedlich ansieht, wie es die englische Rcgierungspresse gern glauben machen möchte, steht man aus dem Befehle, in peschawur Truppen bereit zu halten und Feldlazareth« ein- urichten. Auch hier aber macht sich der südafrikanische Krieg ehr unangenehm bemerkbar, denn er ist Schuld daran, daß die englische Truppenmacht in Indien herabgemindert ist und daß es auch für einen Krieg in den der modernen Verkehrswege ent behrenden und wildgebirgigen Gebieten Nordwest-Jndiens und Afghanistans an doppelt nothwendigen Zugthieren mangelt. Zu diesen effektiven Nachtheilen gegenüber den Bereinigten Staaten und Rußland aber kommen noch die Imponderabilien, vor Allem der Verlust an Ansehen deS Mutterlandes in den Colonien. ES ist charakteristisch, daß gerade in Canada das Ab kommen Englands mit den Vereinigten Staaten in einer direkt gehässig zu nennenden Weis« besprochen wird. Die französisch gesinnte Presse dieses Landes macht kein Hehl aus ihrer Ver achtung der bei dieser Gelegenheit von der englischen Regierung bekundeten Schwäche. Man weiß, daß in Canada ohnehin Strömungen bestehen, dieses Land an die Vereinigten Staaten anzugliedern, Strömungen, die natürlich von Uncle Sam nicht ungern gesehen werden. Diese Tendenzen müssen eine bedeutende Wirkung erfahren, wenn England gerade in einem Conflict« mit den Vereinigten Staaten sich zur Nachgiebigkeit genöthigt sieht. Dem Schwächeren gehört die Sympathie, aber dem Stärkeren schließt man sich an — von dieser Raison werden sich früher oder fpäter auch die Canadier leiten lassen. Daß die englischen Mißerfolge in Südafrika den Respekt der eingeborenen indischen Bevölkerung vor ihren englischen Herren nicht eben gesteigert haben, liegt auf der Hand. Diese Minderung des englischen Ansehens aber könnt« für die Eng länder in einem Kamvie mit Rußland um Indien verhängnißvoll weiden. Auf die Liebe seiner indischen Unierthanen hat sich England wahrlich keinen Anspruch erworben; wenn nun auch der Respekt fortfällt, was fesselt die Indier dann noch an England? So muß sich jedem einsichtigen Engländer immer mehr die Gewißheit aufdrängen, daß die britischen Staatsmänner oe, *""" südafrikanischen Unternehmen die gesammte überseeische Stellung Englands auf eine Karte gesetzt haben. Wie vor 3s/z Jahr hunderten Cromwell der Begründer der englischen Welt macht gewesen ist, so wird Joseph Chamberlain vielleicht dereinst mit Fug der Zerstörer der englischen Weltmacht genannt werden. * London, 15. Oktober. (Telegramm.) vr. Krause ist heute wieder bis zur Ankunft neuer Beweisstück ins Gefängniß geschickt worden. Deutsches Reich. -4- Berlin, 15. Oktober. (Deutsche Juri st «n in Frankreich.) Die Zeitschrift „Das Recht" bringt ein« Mit theilung, die nicht nur vom fachmännischen, sondern auch vom allgemeinen politischen Standpunkte aus von Interesse ist. Bislang haben deutsche Studenten der Rechtswissenschaft wohl auf fremd ländischen Universitäten studiren dürfen, aber die dort zuge- brachien Semester wurden ihnen nicht angerechnet. Selbstver ständlich war in Folge dessen di« Zahl deutscher Stüdirender der Rechtswissenschaft auf fremdländischen Universitäten immer nur ein« sehr geringe, da das juristische Studium mit Hinzurech nung der Referendarzeit ohnedies «in sehr kostspielige» und lang wierige» ist. Nunmehr ist eine Aenderung getroffen worden, und zwar, WaS die Angelegenheit eben auch vom politischen Standpunkte au» interessant macht, hinsichtlich einer fran zösischen Universität. An dieser Universität bestanden schon seit längerer Zeit besondere Curse für Au»länder zur Erlernung der französischen Sprach«. Nunmehr hat diese Universität (G r e- nobl«) vom nächsten Wintersemester ab die Vorlesungen über daS römische Recht vollkommen den Lehrplänen der deutschenHochsckulen angepaßt. Zum Danke für dieses Entgegenkommen hat die preußische Verwaltung di- Bestimmung getroffen, daß «in von der Universität Grenoble einem preußischen Studenten testirtes Semester ebenso giltig ist, als wenn der Studirend« diese» Semester an einer deutschen Universität zu gebracht hätte; eS tritt somit keinerlei Zeitverlust für den Studirenden ein. Bei den anderen Bundesstaaten ist zur An rechnung de» Semesters allerdings eine Eingabe an da» Justiz ministerium de» betreffenden Staate» erforderlich, doch wird die Genehmigung sicherlich immer ertheilt wrrden; zu wünschen wär« freilich, daß man ebenso, wie in Preußen, von der Nothwendigkrit einer Eingabe absiihe. Unzweifelhaft wird di« getroffene Aende- rung von vortheil sein, denn e» ist nur wünschen»werth, wenn die allgemeine Bildung, die Sprachenkenntnih und der Weitblick junger Studircnder gefördert werden, ganz besonders bei den jungen Juristen, die ja späterhin vielfach sich nicht der juristischen Carriöre widmen, sondern im Dienste der verschiedensten Verwal tungen thätig sind,,die mit fremden Staaten mehr in Berührung kommen, als der eigentliche Richterstand. Auch für Juristen, die späterhin in den französisch redenden Theilen des Reichslandes thätig sein sollen, kann em an einer französischen Universität zu gebrachtes Semester nur von Vortheil sein. Im Klebrigen geht man wohl in der Annahme nicht fehl, daß das Entgegenkommen der preußischen Regierung auch auf politische Gründe zurückzu führen ist. Wir sind gewiß nicht dafür, die Franzosen mit Liebenswürdigkeit zu überhäufen, aber hier waren sie es, die den ersten Schritt thaten, um den deutschen Studirenden den Aufent halt an einer französischen Universität nutzbringend zu gestalten, und deshalb hätte eine Ablehnung des Anerbietens der Universität Grenoble mit Recht in Frankreich verstimmt. Je breiter zudem die gemeinsame Basis geistigen Lebens wird, desto tiefere Wurzeln wird auch noch und nach im französischen Volke der Gedanke friedlicben Nebeneinanderlebens mit dem östlichen Nachbarn fassen. 11 Berti», 15. Oktober. (Zum Gesetze über die privaten Versicherungsunternehmungen.) Der Bundesrath dürfte demnächst auch in die Lage kommen, seine Zustimmung zu einer kaiserlichen Verordnung zu geben, in welcher der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über die privaten Versichcrungsunternehmung-n bestimmt wird. Be kanntlich sind von vielem Gesetze am 1. Juli d. I. die Bestim mungen über die Bildung eines kaiserlichen Aufsichtsamtes für Privatversicherung, über die Einreichung von Geschäftsübersichten der bisher zugelassenen Versicherungsunternehmungen an dieses Amt, sowie über die Mittheilung der "der Eintragungspflicht unter liegenden Vereine an die für die Führung d«s Handelsregisters zuständigen Gerichte in Kraft gesetzt. Das Aufsichtsamt hat denn auch mit dem 1. Juli d. I feine Thätigkeit begonnen und die ihm bisher übertragenen Aufgaben gelöst. Die Inkraftsetzung des größten Theiles des Gesetzes aber ist einer kaiserlichen Ver ordnung Vorbehalten. Man nimmt an, daß als Zeitpunkt dafür der 1. Januar 1902 werde bestimmt werden. Im Uebrigen wird sich der Bundesrath auch noch später mit Ausführungs anweisungen zu beschäftigen haben, die sich auf das Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen beziehen. Er wird sogar jährlich den Gesammtbetrag der Gebühren bestimmen müssen, welche für die Aufsichtsthätigkeit des Amtes von den seiner Aufsicht unterstellten Versicherungsuntcrnehmungen er hoben werden. Dieser Betrag hat annähernd die Hälfte der im letzten Reichshaushaltsetat für das Amt festgesetzten fortdauern den Ausgaben zu betragen. Die ersten Ausgaben dieser Art für das Aufsichtsamt sind bekanntlich im Nachtragsetat für 1901 auf drei Vierteljahre gefordert und betrugen rund 152 000 <-<(. Der nächste Reichshaushaltsetat wird die erste volljährige Summe aufweisen. Diese dürfte auch verhältnißmäßig etwas größer ausfcllen, als im Nachtragsetat für 1901. /-Berlin, 15. Oktober. (Socialdemokratische Ver leumder des „Genossen" Bernstein.) DaS social demokratische Centralorgan beschwert sich bitter über daS Blatt der englischen Socialdemokraten „Justice", welches die Haltung Bernstein'S zur südafrikanischen Politik Eng lands auf seine Beziehungen zur Familie Chamberlain und zu leitenden Personen der füdafrikaniscben Minengesellschaften zurückgesührt hat. Ist ein derartiger Vorwurf der Bestech lichkeit in einem englischen sociald-mokratischen Blakte schon auffallend genug, so erscheint eS noch merkwürdiger, daß auch deutsche socialdemokratische Organe, die „SchleSwig-Holsteinsche VollSzeitunq" und die „Rheinisch- Westfälische Arbeiterzeitung", die Beschuldigung der „Justice" verbreitet haben, ohne irgendwelche Zweifel an ibrer Richtigkeit auszusprechen. Das Bedauern des „Vor wärts" über dieses Verhalten zweier deutscher „Bruder organe" ist daher nicht verwunderlich. Aber einen eigen artigen Beigeschmack bat es doch, gerade den „Vorwärts" über Verleumdungen Berustcin's durch Socialistendlätter klagen zu kören. Eine der ärgsten Verleumdungen, die gegen Bernstein von einem „Genossen" geschleudert wurden, bat keinen Geringeren zum Urheber, als den ehemaligen Cbesredactcur deS „Vorwärts", Wilhelm Liebknecht. Liebknecht war eS, der Anfang Juli 1899 in öffentlicher Versammlung zu Pieschen bei Dresden Bernstein, den früheren Redacteur des „Socialdemokrat", als Strohmann schilderte. „Bernstein", so sagte Liebknecht, „war der Redacteur, der Alles, was an ibn kam, auch aufnahm... WaS im „Socialdemokrat" an scharfen und guten Artikeln entbalten war, das haben wir in Deutschland geschrieben." — Man erinnert sich der Proteste, die damals gegen diese Charakteristik Bernstein'- aus den Reihen der „Genossen" erfolgten. Der „Vorwärts" feblte seiner Zeit selbstverständlich unter den Protestirenden. Daß er jetzt gegen Verleumdungen Bernstein's Einspruch erbebt, ist eine stark verspätete Kritik an der verleumderischen Charakteristik Bernstein's durch den „Genossen" Liebknecht. (-) Berlin, 15. October. (Telegramm.) Der Kaiser nabm gestern vor dem Diner beim Elisabeth-Regiment militärische Meldungen entgegen und traf um 4 Uhr im Neuen Palais ein.— Heute Morgenunternahm der Kaiser einen Spazirritt über Bornstedt und den Ruinenberg und empfing um 9 Uhr den Cbef deS Militär-CabinelS Graf v. Hülsen- Haeseler zum Vortrag. (-) Berlin, 15. Octobrr. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." berichtet: Bei dem gestrigen Mahle zu Ebren Virchow'» brachte der Reichskanzler Graf v. Bülow ein Hoch auf Virchow aus. Er führte au»: ES entspreche der Empfindung aller Anwesenden, wenn er sie auffortere, auch in diesem historischen Saale auf daS Wohl des ManneS zu trinken, auf den Alle stolz seien, weil er zu den großen Deutschen gehöre, die Unvergängliches geleistet haben. Ein Volk sei unsterblich, wenn es Söhne hervor bringe, di« beitrügen zu Fortschritten, deren Seg nungen der ganzen Menschheit zu Gute kämen. Es sei ein erbebendes Gefühl, dies von der ganzen Welt an erkannt zu sehen. Auf den Blättern eines LorberrkranzeS, der Virchow dargebracht worden sei, seien dir Namen aller Nationen eingetragen gewesen. — Hierauf dankte Virchow, indem er ein gute» Theil der ihm in diesen Tagen ge zollten Anerkennung auf seine Mitarbeiter bezog. Bei der Heranbildunj; der Schüler sei es sein Bestreben gewesen, fle zu selbstständigen Deukern zu erziehen. Hierbei erwähnte er Tommaso Grudelli'S, der ihm vor 40 Jahren von Garibaldi empfohlen worden sei. So sehr auch auf wissenschaftlichen Wegen seine Schüler manchmal auseinander gegangen seien, sie hatten sich doch immer wieder begegnet. Besonders warm gedachte Virchow der Leistungen seiner italienischen Schüler und Freunve. Die ihm entgegen gebrachte freundliche Gesinnung möge auch seinen wissen schaftlichen Mitarbeitern und der Wissenschaft als olcher erhalten bleiben. Redner schloß mit einem Hoch auf den Reichskanzler. — Graf v. Bülow toastete odann auf die anwesenden ausländischen Vertreter. Indem er namentlich BaccelliS gedachte, hob er die innigen Bande »ervor, welche Deutschland und Italien verbänden. AlsBot- cbaflcr in Rom babe er seinen italienischen Freunden oft ver- ichert, und er könne das heute nur wiederholen, daß eS einen Deutschen gebe, welchem Italien nicht theurr sei, mit dem uns die Analogie der geschichtlichen Entwicklung, sowie mannigfache materielle und ideale Beziehungen verknüpften. Französisch fortsahrend, dankte der Reichskanzler allen übrigen Vertretern für ihr Erscheinen und für die Virchow vargebrachten Huldigungen. Daran habe er nicht nur al» Deutscher, sondern auch al» Reichskanzler seine Freude ge habt; denn wenn die Politik hier und da, möglichst selten, aber doch bisweilen die Völker trenne, so vereinige die Wissenschaft die erleuchteten Geister aller Länder unter demselben Banner der Wahrheit auf dem Wege deS Fortschritts. — Minister vaecellt dankte in längerer Rede für seine ihm unvergeßliche Aufnahme. Er sei von Jugend auf ein Freund Deutschlands und immer für gute Beziehungen zwischen Deutschland und Italien eingetreten. Er sei mehr als je überzeugt von der Rothwendigkeit, da» Bknstnitz der beide» Länder aufrecht zu erhalten, und werde immer vafür wirken. Redner schloß mit einem Hoch auf den Reichskanzler und Virchow. Schließlich sprach der bolländische Vertreter StokarS den Wunsch au», daß Deutschland auch im 20. Jahrhundert Gelehrte wie Virchow und Mommsen hervorbringen möge. (-) Berlin, 15. October. (Telegramm.) Wie die „Nordd. Allg. Ztg." berichtet, empfing heute Mittag der Rcichskanzler Graf v. Bülow den bayerischen Staat-rath Freiherrn v. Stengel und hatte mit ihm eine längere Unter» redung. D Berlin, 15. October. (Telegramm.) Der italienische Minister Baccclli ,st heute Nachmittag nach Mailand a b g e r e i st. (-) Berlin, 15. October. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: In den letzten Tagen sind in ver schiedenen Blättern Auslassungen erschienen, die auf den Rücktritt des Ministers v. Thielen vorberritrn wollten. Wir können erklären, daß eS au jeder thatsäch liehen Unterlage für solche Erörterungen fehlt. Insbesondere ist eS unrichtig, daß der Minister selbst, der erst vor wenigen Tagen eine eingehende Rücksprache mit dem Präsidenten deS StaatSministeriumS ge pflogen hat, sich mit NücktrittSgedanken trage. (-) Berlin, 15. Oktober. (Telegramm.) Die „Nationalzeitunz" meldet, der nächste Reichs-Etat enthalte eine Forderung zur Schaffung einer RelchsauskunftS- stelle für Auswanderer, die am 1. April 1902 inS Leben treten solle. Als Leiter sei der frühere Consul in Porto Alegre, Koser, in Aussicht genommen, unter berathender Mit wirkung sämmtlicber den Colonial- und Auswanderungsfragen sich widmenden Corporationen. Die deutsche Colonialgesell- schast habe schon jetzt Koser mit den Vorarbeiten für die endgiltige Einrichtung der Reichsauskunftsstelle betraut. D Berlin, 15. October. (Telegramm.) Dem Feld- marichall Graf Waidersee ist laut dem „Reichsanzeiger" der Orden „kour Is werit«" mit Eichenlaub verliehen worden. (-) Berlin, 15. October. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" melket bestätigend: Der Fiveicom mißbesitzer Graf v. Hnttcn-CzapSki ist zum Schloßhauptmauu von Posen ernannt worden. 0.8. Berlin, 15. October. (Privattelegramm.) Als ein Zeichen für die Besserung der Beziehungen zwischen Preußen und dem «raf - Regenten von Lippe-viefterfeld wird es angesehen, daß der zweite Sohn des Grafen, Graf Bernhard,Leutnant im 8, Husarenregiment, zur Gesandt schaft im Haag commS«irt worden ist. 0.11. Berlin, 15. October. (Privattelegramm.) Nach der neuesten Verlustliste unseres ostafiatischen Expe ditionskorps sind wiederum 16 Mann auf der Heimreise gestorben, fast alle an Typhus. — Der „Frkf. Ztg." wird aus Berlin geschrieben: „Die neueren ungünstigen Nachrichten über den Gesundheitszustand deS schon seit Jahren leidenden Botschafters Grafen Hatzfeldt in London legen die Dermulhung nahe, daß binnen Kurzem der Botschafterposte« in London anders be setzt werden wird." Wie gemeldet, gedachte der Botschafter mit Rücksicht auf seinen leidenden Zustand, der ihm eine längere Eisenbahn-Rückreise verbietet, aus einem Dampfer rbcinabwärtS die Rückreise anzutrrten. Allein für eine solche Wasserfahrt ist die Witterung jetzt schon zu kühl, und Graf Hatzfeldt mußte gestern in Köln die Reise unterbrechen. Ob er von dort die Eisenbahn benutzen wird, ist nach der „Nat.- Ztg." noch ungewiß. — Der Ober-Präsident v. Goßler trifft am Dooaerstag au» Danziq hier ein, um an der hier staitfindenden Confrren» Theil zu nehmen, welche anläßlich der Schaffung industrieller Anlagen in Danzig Zusammentritt. — Der Regierungspräsident v. Pilgrim in Minden, de» der Charakter als Wirklicher Geheimer Raih mit dem Prädtcat „Excellrnz" verliehen worden ist, vollendete vorgestern sein 80. Lebensjahr. Er ist der Sohn eine» früheren Laudrathe» zu Dortmund »ad wurde 1853 selbst Londrotb de» Kreise» Bochum. Ja der Land- rath-kammer (1855—58) vertrat er neben 'dem Fabrikanten Karl Berger, dem Vater de» später vielgenannten Abgeord neten Berger. Witten, den Wahlbezirk Boch»m - Dortmund, ohne sich einer der Fraktionen anzuschließe». Im Jahre 1867 wurde er vom Kreise Bochum in den constituirevden Norddeutschen Reichstag gewählt, doch unterlag er bet den Vahle»
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