Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011017018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901101701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901101701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-10
- Tag1901-10-17
- Monat1901-10
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
VezugS »Preis d«r Ha»p1rxp«dttto» oder de» im Stadt bezirk und de» Vororte» errichtete» >»S- aabestelle» abgeholt: vterteljüdrliH ^S 4.80, bei zweimaliger täglicher gaSelk»»- t-S HauS 8.80 Durch die Potz bezöge» für Deotfchlaud ». Oesterreich: otertrliLhrl >l 8. Maa abo»atrt seraer mit eutfprechradem Postausschlag bet de» Postanstaltea t» der Schweiz Italien, Belgien, Hollaad. Luxem, bura, Düvemark, Schwede» und Norwegen, Rußland, dea Donaustaaten, der Europäische» Türkei. Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug a»r aoter Kreuzband durch di« Expedition dieses Blattes müglich. Dl« Morgea-Nnsgabe erscheint am V,7 llhr^ di« Lbend-AusgaL« Wochentags um S ühr. Nr-artioa vvd LrveLitton: Johannisgaffe 8. /lUair«: Alfred «ah» von». 0. Klemm'S vorttw. Lnwersitätsftrahe S (Paulüuem), Louis L-sche, Lathoriuenstr la. pmct. and tsniasvlatz 7. Morgen-Ausgabe. MpMcr.TVMaü Anzeiger. Ämtsbkatt -es Königlichen Land- «nd Äinlsgerichles Leipzig, des Ralhes «nd Nolizei-Ämtes der Ltadl Leipzig. Anzeigen »Preis die 6 gespaltene Petitzeile L5 Neelame» unter dem Redacrionsstriq (4 gespaltea) 78 vor de» Kamiltml»M> richte» (8 gespalten) 80 Tabellarischer a»d kifferusatz entsprechend Häher. — Gebühre» für Nach weisäugen o»d Osfertenanaahmr 88 (exrl. Porto). Grtra-Beilage» (gesalzt^ a»r mit dar Morgen-Ausgabe, oha« Poftbesärderaag ^l 86.—, mit Postbesürdamag ^8 7V.—» Aovahmeschluß für Anzeige«: Aband»Ausgabe: vormittags lv llhr. Morgen-Aasgab«: Nachmittags 4 llhr. Bet de» Filiale» and Annahmestelle» je et» halb« Stund« früher. Anzeige» sind stet« a» di, Etpedttto» zu richte«. Die Expeditiou ist Wochentags ummterbrochar geüffaet voa früh S bis Abends 7 llhr. Druck »ab Verlag von E. Polz Nr Letpgi^ Nr. 530. Donnerstag den 17. October 1901. 95. Jahrgang, Leehosphe, eine Förderung der Volksgesundheit. I'. Erst seit verhältnißmäßig kurzer Zeit wird der Aufenthalt an der See von den Aerzten als ein wirtliches Cur- und Heilmittel geschätzt; während vordem Seebäder mehr zum Vergnügen, zum Sport oder auch zur Auffrischung des ab gearbeiteten Nervensystems gebraucht wurden, hat man in der Folge eingesehen, daß neben den Bädern auch die Luft, die Temperatur, das Licht, die Feuchtigkeit- und Lustdruck schwankungen, kurz, die Gesammtheit der physikalischen Zustände am MeereLUfer, sur den Organismus maa-t^ vc^z- uno rlm> stimmungsmittel werden können, und damit ist der Aufenthalt an der Meeresküste zu einem Cur- und Heilmittel ersten Ranges geworden. Die Vorzüge und Annehmlichkeiten, welche dort dem tranken oder geschwächten Organismus geboten werden, sind verschiedener Art. Vor Allem ist die Luft an der See beinahe völlig frei von staubförmigen Verunreinigungen oder von niederen Organismen, insbesondere von Krankheitserregern, und dabei ist sie, Dank der Zerstäubung und Verdunstung des See wassers, sehr reich an Wasierdämpfen. Ständig in regel mäßigem Wechsel strömen die Winde von der See zum Lande und vom Lande nach der See, die Luft erneuert sich also fort während und reinigt sich in kurzer Zeit von allen ungehörigen Beimengungen. Obwohl unter dem Einflüsse der vom Meeres spiegel zurückgeworfenen Sonnenstrahlen die Temperatur ge wöhnlich ziemlich hoch ist, wird sie doch wegen der stärkeren Luftbewegung nicht unangenehm empfunden, ja es herrscht eher der Eindruck der Kühle vor. Uevrizens sino Feuchtigkeit sowohl wie Luftwärme mannigfachen Schwankungen unterworfen und daneben macht noch die gewaltige Lichtmenge der Meeresküste ihren Einfluß auf den Organismus geltend. Ist doch das Licht nicht allein für die Pflanze, sondern, wie physiologische Experi mente und ärztliche Erfahrungen beweisen, auch für den thierischen Organismus eines der mächtigsten Anregungsmittel deS Stoffwechsels. Wenn nun beim Zusammenwirken aller dieser Factoren die Zersetzungs- und Abstoßungsvorgänge im Organismus außerordentlich stark angeregt und beschleunigt werden, so muß naturgemäß auch der Appetit sich entsprechend steigern, und es gelingt bei zweckmäßiger Ernährung dem Orga nismus, seine Säftemischung zu erneuern und zu verbessern, KrantheitSproducte einzuschmelzen und gesunde, widerstands fähige Substanz zum Ansatz zu bringen. Natürlich haben an diesen Erfolgen auch die Seebäder Theil, indem sie durch ihre niedere Temperatur, durch ihre mechanische Gewalt, wie durch den Gehalt an Salzen eine Fülle wohlthätiger Reize auf den OrgniSmuS entfalten. Es ist darum leicht einzusehen, wie es kommt, daß an der See eine große Reihe von Krankheiten, die oft jahrelang der Kunst des Arztes gespottet haben, zur Heilung kommen; dahin gehören z. B. die verschiedenen Formen von Nervosität und Nervenschwäche, körperliche Schwächezustände, Blutarmuth und ganz besonders die skrophulösen Erkrankungen der Drüsen, der Knochen und der Gelenke. Freilich ist auch die Seeluft kein Allheilmittel, es kommt sehr viel auf die Art des Leidens, auf Constitution, Kräfte zustand u. s. w. an; eS ist z. B. eine häufige Beobachtung, daß Lungenkranken der Aufenthalt an der See nicht immer nützt, ja sogar schadet; darüber im Einzelfalle zu entscheiden, muß eben Aufgabe des Arztes bleiben. Aber das Eine kann nickt oft genug hervorgehoben werden, daß für die skrophulösen Krankheiten deS Kindesalters der Seeaufenthalt ein Heilmittel ist, daS in seiner Wirksamkeit von keinem anderen auch nur annähernd erreicht wind, ja oft genug operative Eingriffe unnöthig macht. Die Heilung der Skrophulose ist aber eines der vor züglichsten Mittel zur Verhütung der Tuberkulose, und es ist darum klar, von welcher Bedeutung für die Volkshygieine die leichte Zugänglichkeit dieses Heilmittels werden könnte. Wie so viele andere hygieinische Forderungen, hängt auch diese am letzten Ende von finanziellen Erwägungen ab. Das Kind aus den wohlhabenden Clafsen findet kerne Schwierigkeit, in irgend einem modernen Secbade Monate oder Jahre zuzu bringen, für das arme Kind müssen aber die öffentliche und die private Wohlthätigkeit durch Errichtung von Sanatorien auf Inseln oder an der Meeresküste eintreten. Diese Sanatorien müssen derart eingerichtet sein, daß daS Kind Sommers und Winters daselbst Aufnahme finden kann. Es ist ein weitver breiteter Jrrthum, der Seeaufenthalt im Winter könne schädlich sein; weit besser als in den dumpfen, stickigen, lichtlosen Dach stuben vieler Proletarierwo-Hnunaen verbringt das Kind den Winter in einem hygieinisch eingerichteten Sanatorium, wo es bei guter Witterung im Freien spielen, bei eintretender Kälte in luftigen, angenehm durchheizten Räumen sich aufhalt-n kann, wo es krättige Nahrung findet und Gelegenheit hat, entsprechend vorgewärmte Seebäder zu nehmen. ES ist darum die umfangreiche Errich tung von SeehoSpizen eine dringende Forderung nicht allein vom humanen, sondern auch vom Standpunkte der Volksgesund heit. Zur Zeit besitzt Deutschland, soweit uns bekannt, nur vier derartige Heilstätten, un>V eS ist nicht einmal in diesen möglich, den Aufenthalt immer so lange auSzudehnen, als eS der jeweilige KrankheitSzustand erfordert; dazu gehörten reichere Mittel, al» gegenwärtig zur Verfügung stehen. Hier ein zugreifen, war« darum eine dankenswerthe Aufgabe werk- thätiger Nächstenliebe; besser al» manche der im Gefolge der Zeitströmuna öfter ohne eingehende Prüfung der Bedürfniß- frage errichteten Lungenheilstätten, besser auch als manches andere wohlgemeinte philanthropische Unternehmen, würden sich die Aufwendungen für jene KinderhoSpize lohnen, in denen die künftige Generation Heilung finden könnte von skrophulösen Leiden und erhöhten Schutz gegen die Erkrankung an Tuber kulose. Unterschätzung der Imponderabilien. Bon denJmponderabilirninderPolitikhat Fürst LiSmarck einmal gesagt, sie wirkten oft viel mächtiger, al» die Fragen de» materiellen und direkten Interesses; und ein zweites Mal sagte er, daß ihre Einflüsse oft mächtiger seien, als di« der Heere und der Gelder. Fürst Bismarck fügte dk« War nung hinzu, jene Imponderabilien in ihrer Bedeutung nicht zu mißachten. DaS Abwrichen von diesem GrundssH^wird der Politiker unter allen Umständen bedauern, er wird aber ein um so größeres Bedauern über die Unterschätzung der Imponde rabilien empfinden, wenn e» sich um Anlässe, wie die Wdgfüh - der Instrumente d«r Pekinger Gtarn» warte handelt. Mit ganz verschwindenden Ausnahmen haben sich die Organe aller Parteien für die Rücksendung der Instru mente nach China, bezw. für ihr« Bezahlung, auf daS Bündigste ausgesprochen. Nach einer Potsdamer Localnotiz indessen ist die Befürchtung nicht von der Hand zu weisen, daß di« Instrumente nicht nur nicht zurückgeschickt, sondern nicht einmal bezahlt werden sollen, daß man sie vielmehr auf Grund des bekannten „Verzichts" der chinesischen Diplomaten sozusagen im Schatten Friedrich's des Großen, im Park von Sanssouci, thatsächlich auf stellen will. Die Mittheilung, die seiner Zeit die „Nordd. Allg. Ztg." über den geschickten Schachzug der Pekinger Diplomatie brachte, läßt der Hoffnung Raum, daß in der peinlichen Ange legenheit schließlich ein Ausweg gefunden wird, welcher der ein- müthig kunvoegebenen öffentlichen Meinung Deutschlands ent spricht. Würde ein solcher Ausweg nicht eingeschlaaen, so würde sich ein ebenso beachtenSwerther, wie bedauerlicher Bruch mit preußischen und mit h o h en § o l l e r n s ch e n Tra ditionen vollziehen. Ist es doch «m preußischer König ge wesen, der die Fortführung von Kunstgegenständen u. ä. durch die Franzosen überaus schmerzlich empfunden und ihre Rück führung nach Berlin mit der größten Energie betrieben hat- Heinrich von Treitschke schildert die Bemühungen Friedrich Wilhelm's HI. in dieser Richtung im ersten Bande seiner „Deutschen Geschichte" folgendermaßen: „Friedrich Wilhelm nahm, wie sein treues Volk, als selbstver ständlich an, daß die mit Verhöhnung alles Völkerrechts zu sammengeraubten Kunstschähe . . zu ihren rechtmäßigen Eigen- thllmern zurückkehren würden; er fordert« Alles zurück, was seinem Staate an Büchern, Kunstwerken und Trophäen abgenommen war, und erreichte in der That eine pünktliche Zusag«. Als aber Humboldtden französischen Minister ernstlich über das Wenn und Wie zur Rede stellte, wurde Talleyrand sichtlich ver legen und meinte: er glaube wohl, daß sein Hei;r Alles wieder herausgeben wolle; König Friedrich Wilhelm möge noch einmal mit dem Monarchen sprechen. . . Auf erneutes Drängen kam endlich die Berliner Victoria aus ihrem Schuppen hervor. . . . Auch der Degen Friedrichs des Großen fand sich wieder und Grimm entdeckte ... noch einige Schätze der Casseler Brbliothrk in ihrem Versteck. Das war Alles. Freiherr von Oelssen, den der König ... zur Abholung der preußischen Kunstwerke nach Paris sendete, wurde monatelang mit Ausflüchten und leeren Reden hin gehakten. Da die anderen drei Mächte für Preußens Ansprüche kaum einen Finger regten, so hielt sich König Ludwig seines Wortes entbunden. Sein gelammtes Volk stand hinter ihm, wie ein Mann. . . . Mit erschreckender Klarheit trat zu Tage, wie von Grund aus die PlünderungSzüge deS Kaiserreiches das Rechtsgefühl in dieser Nation verwüstet hatten und wie nöthig es war, sie durch eine strenge Züchtigung wieder an die sittlichen Grundgedanken jeder friedlichen Staatengesellschaft zu erinnern." Seitdem H. v. Treitschke das Vorstehende geschrieben hat, sind eben jene „sittlichen Grundgedanken jeder friedlichen Staatengesell- chaft" durch die Haager Conf«renz und das im Anschluß an sie von den meisten Mächten unterzeichnete Abkommen zum Bestandtheil des geltenden Völkerrechtes geworden. „DaS Eigen- lhum", so bestimmt Artikel 56 der Haager Convention, „der Ge meinden und der dem Gottesdienste, der Wohlthätigkeit, dem Unterrichte, der Kunst und Wissenschaft gewidmeten Anstalten, auch wenn diese dem Staate gehören, ist als Privateigenthum zu behandeln. Jede absichtliche Entfernung, Zerstörung oder Bc- chädigung von derartigen Gebäuden, von geschichtlichen Denk mälern oder von Werken der 'Kunst und Wissenschaft ist verboten und muß geahndet werden." — Angesichts dieser klaren, vom Reiche anerkannten Bestimmung, sollte die Reichslegierung die Rücksendung der Pekinger Instrumente »ach China bewirken, e h e der Reichstag ein entsprechendes Votum ab gegeben hat. Der Krieg in Südafrika. Mord »Ser — Hinrichtung; Der Kriegszustand ist in der Capcolonie proclamirt, und Lord Kitchener läßt jetzt nach Herzenslust di« von den Kriegsgerichten verurtheilten, sogenannten Rebellin hängen. Mit welchem Recht, das ist eine andere Frage. Wir halten eS, so schreibt man dem „Verl. Tagebl." au» London, nicht für ausgeschlossen, daß im britischen Parlament ein Mann aufstehen wird, der Lord Kit chener des Mordes anklagt und verlangt, daß ihm das gleich« Schicksal bereitet werde, das er so vielen jungen Männern bereitet hat. Kriegsgerichte kennt nämlich daS britische Gesetz nicht, weder hier, noch in irgend welcher britischen Colonie, und mit demselben Rechte, wie in Südafrika, könnte Herr Chamberlain hier ein Kriegsgericht in» Leben rufen. Wenn dar LandeSgesetz in einem Theile des Lander ohne Weiteres bei Seite gesetzt werden kann, warum nicht in einem anderen? Als höchste Autorität für englische» Versassungsrecht wird hier der Oxforder Professor Albert Venn Dicev angesehen, den Nie mand für einen Proboeren halten wird. In seinen Vorlesungen über Isis Ruis ok I-nv heißt eS auf Seite 294: „Ein KriegSgesetz im eigentlichen Sinne diese» Aus druckes, mit dem die Aufhebung deS gewöhnlichen Gesetze» und die zeitweise Regierung eine» Lander oder von Theilen deS- selben durch militärische Tribunale gemeint ist, ist im englischen Gesetzt unbekannt. Wir haben nicht» dem in Frankreich be- stehenden „ßtnt Aehnliche», unter dem die einer Civilbehörde übertragen« Gewalt zur Aufrechterhaltung der Ordnung gänzlich an die Armee übergeht, und die» ist ein un trüglicher Beweis für die dauernde Suprematie des Gesetze« unter unserer Verfassung." Einige Seiten weiter heißt eS dann: „Soldaten können einen Aufstand unterdrücken, wie sie einem Einfalle Widerstand leisten können; sie können gegen Rebellen, wie gegen fremde Feinde kämpfen, aber sie haben kein Recht, unter dem Gesetze Aufstand oder Rebellion zu bestrafen. Während der Wieder herstellung der Ruhe könntn Rebellen ganz gesetzlich von Sol- baten gelobtet werden, gerade so, wie Feinde in der Schlacht niedergemacht oder Gefangene erschossen werden können, wenn sie zu entfliehen suchen; aber jede von einem Kriegs- gerecht angeordnet« Hinrichtung ist ungesetzlich und rin Mord." Die Verfassung ist verschiedentlich in Irland während des letzten Jahrhunderts snspendirt worden, aber niemals ohne eine Autorisation des Parlamentes, niemals durch eine bloße Er klärung d«r Executiv«, wie in Südafrika. Es ist nicht zu be greifen, daß das auf die Währung der Gesetz« so stolze Volt Eng lands sich nicht gegen eine solche flagrante Verletzung des Gesetzes erhebt. Wenn aber dieses Hängen und Morden von den Engländern in Südafrika fortgesetzt wird, wie lange es dann noch dauern wird, bis die Boeren Repressalien ergreifen? Bis jetzt haben die Boeren, wenn sie einen Engländer unter die Finger bekommen haben, der chon mehrfach geschworen, nicht weiter gegen sie zu kämpfen, ihn einfach geprügelt. Dabei dürfte es in Zukunft nicht bewenden, und der Krieg wird zu einem Gemetzel werden. Louis Botha. * London, 16 October. (Telegramm.) Der Berichterstatter der „Times" in Dundee meldet, am 13. October sei Botda's Hauptcorps noch in der Nähe des Ponaolowaldes gewesen Eine Anzahl Boeren sei unzweifelhaft westlich und nördlich über die Eisenbahnlinie Wakkerstroom-Pietcetief entkommen; anfänglich habe man geglaubt, Botha sei bei ihnen, aber es scheine, Laß er nach dem Pongolanalde zurnckgekehrt sei. Colville's berittene Infanterie rückte am 11. October in sZietretif ein, das die Boeren kurz vorher geräumt haben. Einer Durban er Depesche zufolge kam Pl u mer's Colonne, bestehend aus Colouialtruppen mit Artillerie, i» Volksrust mittelst Eisenbahn an, um an der combinirten Bewegung gegen Botha theilzunehmen. Der Brüsseler Berichterstatter der „Morning Post" depejchirt, die Lage Botda's flöße den Boerenkreisen ernste Besorgnisse ein, man buchte, Bolha'S Stellung sei derart, daß er von den britischen Truppen leicht gefangen genommen werden könne; sie werde thatsächlich als kritisch erachtet. (?) — Wie der Durbaner Berichterstatter des „Standard" erfährt, dürste die Entlassung der Natal en sei Freiwilligen verschoben werden, weil Anz-ichen einer er neuten Thätigkeit der Boeren an der Grenze Natals zu Tage treten. (Voss. Ztg.) * Pretoria, 15. Oclobcr. Hier ist eine Proclamation erlassen worden, durch die von jetzt ab Las Recht auf. gehoben wird, daß auf eine Befreiung von der Zahlung der Mieths, und Hypothekenzinsen angetragen werden kann, wie dies durch eine Proclamation der zuletzt im Amte gewesenen Boerenregierung für die Dauer Les flriegsrechtes für zulässig erklärt worden mar. Es wird auch keine Ausnahme mehr zugelassen, wenn es sich um Zinsen für Hypotheken handelt, die während ter Geltung des Kriegsrechts, aber vor dem Erlaß jener Proclamation aufgenommen worden sind. Indessen ist bestimmt worden, daß im letzteren Falle keine Schritte zur Rückerlaugung des Capitals vor einem noch zu bestimmenden Tage ergriffen werden können. Deutsches Reich. * Berlin, 16. October. (Confessioneller Boy kott.) Die „Nat.-Ztg." schreibt: Mit einigen Bemerkungen über den konfessionellen Boykott von katholischer Seite haben wir eine wunde Stelle in unseren wirthschastlichen Verhältnissen be rührt. Der „Wests. Merkur" widmet der von uns angeregten Frage zwei Leitartikel. Wie immer, wenn der Klerikalismus eine schwache Position vertheidigt, wird dabei auf die „romhassende Presse" weidlich gescholten. Zum Beweise seiner Betheuerung, daß die Centrumsleute den konfessionellen Boykott weder wünsch ten, noch übten, stellt das Blatt die kühne Behauptung auf, daß im Allgemeinen bei katholisch-kirchlichen Bauten die Anders gläubigen in «inem stärkeren Proccntsatz beteiligt seien, als bei protestantisch-kirchlichen Bauten die Katholiken. Die Richtigkeit dieser Annahme ist ohne eine umfangreiche statistische Erhebung nicht zu prüfen. 'Warum aber in die Ferne schweifen, wo das Gute doch so nahe liegt? Der „Wests. Merkur" unterziehe doch einmal seinen Jnseratentheil einer kritischen Durchsicht. Obwohl das Blatt täglich nur eine Seite mit Inseraten zu bringen Pflegt, sind, namentlich zu den Vierteljahrswenden, fast täglich Stellen angebote für katholische Bewerber darunter zu finden. Daß als Dienstmädchen, Kinderfräulein, Diener unv für sonstige zum Familienhaushalt gehörige Stellungen fast stets Personen katho lischen Bekenntnisses gesucht werden, mag noch hingehen. Aus einer offenherzigen Bemerkung des verstorbenen Majunkc bei Ge legenheit der Erörterung der Gefahren, welche Dienstboten angeb lich bei andersgläubigen Herrschaften bezüglich ihrer Confession laufen, sind die in jener Hinsicht bei katholisckM Herrschaften be stehenden Anschauungen ja längst bekannt. Bedenklicher ist es schon, wenn Lehrlinge, Verkäuferinnen, Ladengehilfen, Hotel köchinnen und Hausknechte regelmäßig „katholisch" verlangt wer den. Wird aber gar für den Geschäftsführer eines Colonial- aeschäftS in Schleswig-Holstein (!), für „ein Mädchen zu fünf Kühen", für Schweinehirten, Waldwärter oder Feldhüter daS katholische Bekenntniß als erste Bedingung vorgeschrieben, so ge winnt die angebliche Abneigung deS „Wests. Merkur" und seiner Leser gegen konfessionellen Boykott doch ein eigenartiges Aus sehen. Möglicher Weise lehnt das Blatt, welches auf seinen ersten Seiten ja stets für strikte Wahrung der Parität und für weit gehende Toleranz (zu Gunsten der Katholiken) eintritt, die Ver antwortung für die in seinem Jnseratcntheile zu Tage tretende abweichende Auffassung katholischer Arbeitgeber ab. Ist aber letzter« nicht blos die logische Consequenz der von der Centrums- preffe nachdrücklich und beharlich verfochtenen Theorie von der möglichsten Sonderung beider Confessionen auf allen LebenS- gebieten? Nicht nur im Bereiche der Jugenderziehung, von den Kleinkinderschulen bis zu den Universitäten, soll der gläubige Katholik von der Berührung mit den bösen Ketzern ferngehalten werden, auch im späteren Leben sorgen katholische Lehrlings-, Gesellen-, Arbeiter-, Kaufleute-, Bauern- und Juristenvereine u. s. w. für die möglichste Sonderung der Angehörigen der christ- ichen Bekenntnisse auch auf wirthschaftlichem und aesellschaft- ichem Gebiet«. Da ist eS dann natürlich, daß der in solchen An- chauunoen erzogen« katholische Kaufmann oder GruiUibesitzer sür hunlichste Freihaltung seiner Gegend von dem ketzeHschen Gifte sorgt, während der angeblich unduldsame libcraleJndustrielle durch di« Bekundung wahrhafter „Toleranz" al» Arbeitgeber die Ein wanderung Tausender von katholischen Arbeitnehmern in früher rein evangelisch« Gegenden begünstigt. Zum Dank für diese Vor- urtheilslosigkeit der evangelischen Arbeitgeber ist dann das heraus fordernde Wort von der „Entscheidungsschlacht auf märkischem Sande" aus bekanntem Centrumsmunde gesprochen worden. (-) Berlin, 16. October. (Telegramm.) Der Kaiser unternahm gestern Nachmittag eine Promenade über Born stedt und den Park von Sanssouci. Zu der Abendtafel waren keine Einladungen ergangen. Heute früh ritt der Kaiser über Golm und Bornstedt spazieren und kehrte um 8'/r Ubr nach dem Neuen Palais zurück. Um 9 Ubr empfing der Kaiser den Ebes des CivilcabinetS v. LucanuS zum Bortrage und in dessen Gegenwart um 10 Uhr den Staats sekretär deS Auswärtigen Amts Frhrn. v. Rickthofen, Miinsterialvirector vr. Äl t boff und den Professor vr. Dohrn aus Neapel. Zu der FrübstückStafel sind geladen der Reichskanzler Graf Bülow, Legationsrath Frhr. v. Wangen heim, Geheimer Legationsrath Kammerberr v. Mohl, Legationsrath Frbr. v. Oppenheim, der Ge- andte v. Müller und Professor vr. Rieder. T Berlin, 16. Oktober. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht daS am 7. September in Peking von den Bevollmächtigten der Mächte und der chinesischen Re gierung vollzogene Schlufzprotocoll. — Ferner veröffentlicht der „Reicksanzeiger": Die ersten Bcricktr des Leiters der Südpolarcxpeditiou aus Porto Grande auf Sao Vicente und Cap Verde vom 15. September. (-) Berlin, 16. October. (Telegramm.) Die Blätter meldungen, wonach eine Anordnung des Kaisers über die Einbringung der kaualvorlagc für die nächste LandtagS- tession ergangen sei, ist nach einer Information der „Berliner Neuesten Nachrichten" unzutreffend; in dieser Beziehung sei keine Entschließung ergangen. (-) Pose», 16. October. (Telegramm.) Der wegen Aufreizung zu Gewallthängkeiten steckbrieflich verfolgte frühere Chefredakteur der Zeitung „Praca",vr. Rakowski, ist, wie daS „Posener Tageblatt" meldet, auf Veranlassung der hiesigen Polizeibehörde in BrcSlau verhaftet worden. * In Goslar hat sich am Sonntag der „Deutsche Bismarck-Bund" constituirt. Die Satzungen sollen fol gende Grundsätze enthalten: 1) Der Deutsche Bismarck-Bund hat den Zweck, das Andenken an den Fürsten Bismarck im deut schen Volke wach zu erhalten, zu pflegen und zu feiern. 2) Zu diesem Zwecke erstrebt er den Zusammenschluß all«r zur Zeit bestehenden Bismarck-Vereinigungen (gleichviel welche Zwecke sie verfolgen), die Gründung weiterer Bismarck-Vereine, sowie die jährliche Feier eines gemeinsamen Bismarck-Gedenktages für das deutsch« Volk. 3) Die einzelnen Bismarck-Vereine behalten in sich die volle Selbstständigkeit und Eigenheit. 4) Mitglied des Bismarck-Bundes kann jeder Bismarck-Verein, sowie jeder groß jährige unbescholtene Deutsche werden. Die übrigen Para graphen regeln die Organisation und die Geschäftsführung. Ein zelne Personen, die keinem Ortsvereine angehören, können gegen einen Jahresbeitrag von 3 -/( Mitglied des Bundes werden. In jedem Jahre findet ein Bundestag statt. * Bochum, 15. Oktober. Der vorläufige Ausschuß deS neuen Verbandes evangelischer Arbeiter vereine hat am Montag hier getagt und unter dem Vorsitz des Abgeordneten Franken eine Reihe wichtiger Beschlüsse ge faßt. Abgeordneter Franken nahm zunächst in längerer An sprache Stellung zu dem Verhalten der bisherigen Verbands leitung und bezeichnete die Veröffentlichungen derselben als zur Irreführung geeignet. Durch eine in viele Blätter lancirte Notiz sei der Anschein erweckt worden, als ob der Ausschuß des alten Verbandes Mittel und Wege gefunden hätte, um nicht nur Nau- mann's Einfluß auf das ihm gebührende Maß zurückzudämmen, sondern auch seine Wiederwahl in den Verbandsausschuß zu ver hindern. In Folge dessen seien viele Vereine, die sonst aus geschieden wären, einstweilen beim alten Verbände geblieben. Nunmehr stelle sich heraus, daß die betreffende Notiz sich auf keinerlei neue Maßnahmen stützen könne, und daß selbst Nau mann zugestehe, daß diese Notiz die „gröbsten Verirrungen" ent halte. Pastor H. W e b e r - M.-Gladbach habe auch dem Minister des Innern eine Darstellung über die Meinungs verschiedenheiten gegeben, die ganz gewiß als einwandsfrei nicht angesehen werden könne. Die Vertrete: der Bochumer Richtung hätten bisher aus Achtung vor dem geistlichen Gewände gewisser Herren zu Manchem, was geschehen sei, nicht in der Weise Stellung genommen, wie es eigenrlich nothwendig gewesen wäre. Das müsse jetzt anders werden. Die Versammlung stimmte diesen Ausführungen einhellig bei und beschloß Folgendes: Vom 1. Ds- cember dieses Jahres ab wird für den neuen Verband, der den Namen „Evangelischer Arbeiterbund" erhält, ein eigenes Organ unter dem Titel „Der Evangelische Arbeiterbund" berauSgeaeben, um auf dies« Weise allen falschen Darstellungen wirksam entgcaentreten zu können. Das neue Blatt soll in Rr Buchdruckerei des „Rheinisch-Westfälischen Tageblatts" in Bochum gedruckt werden, vorläufig einmal in der Woche erscheinen und in den ersten Monaten an sämmtliche Mitglieder und Freunde deS neuen Bundes unentgeltlich vertheilt werden. An den Minister deS Innern soll eine Gegencingabe gerichtet werden. Für deu neuen Bund soll neben dem alten Programm für die nächste Zeit die Errichtung einer Krankenzuschußcasse, sowie «iner Zu- ichußcasse für Invalidität, die Erleichterung bes Versicherungs wesens, die Förderung der Wohnungsfrage, di« größere Nutzbar machung des Genesungsheims für die Mitglieder, sowie die Grün dung von Jugendabtheilungen ins Auge gefaßt werden. (Köln. Zeitung.) tk. Weimar, 15. October. Gestern fand in Wilhelms thal unter dem Vorsitz deS Großherzogs ein Minister rath statt. -r. Gera, 16. October. Die gestrigen Stichwahlen zum Landtage hoben wieder einmal gezeigt, was man vom Freisinn zu erwarten hat. Nachdem in den beiden ersten städti schen Wahlkreisen lediglich durch das Vorgehen der Fortschrittler eine Stichwahl zwischen Nationalliberalen und Socialdemokraten nothwendig geworden war. proclamirten die Fortschrittler Wahl enthaltung. DaS Ergebniß war die Wahl dcr Socialdemokraten, so daß unter Anderem auch dem sehr verdienten und besonnenen Oberbürgermeister unserer Stadt der Eintritt in den Landtag verwehrt wurde. Der Ausfall der jetzigen Lanbtagswahl ist eilt Vorspiel zu den bevorstehenden GcmemderathSwahlen, die Erfolge
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite