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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.11.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011127025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901112702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901112702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-11
- Tag1901-11-27
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Abend-Ausgabe 'cipMcr Tageblatt Anzeiger Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang Nr. «05 Mittwoch den 27. November 1901 Di- Orispolizeib-Ürd- von B-n-schau fbf Man gebt wohl nicht fehl, Fessilletsn LSj Na, Also Gott Ertra - Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbcsörderung .M VO.—, mit Postbesörderung 70.—. Fortsetzung der Berathunz der Seemannsordnung auf mindestens eine ganze Sitzung. Die Anfrage ist so gefaßt, daß sie die grundsätzliche Erörterung der Zwei kampfsitte nicht aufrollen muß, aber die Laike und das Centrum werden sich die Gelegenheit, allgemeine Redensarten vorzubriugen, nicht entgehen lassen und so wird man Alles noch einmal hören müssen, was man wiederholt im Reichstage und kürzlich hier in Leipzig auf dem fürstlich Löwenstein'schcn Tage vernommen hat. In den Privatunte, Haltungen wurde wiederholt be merkt, der Tenor ter Juterpellatiousbeantworung sei mit ter Verabschiedung des Obersten des Jnstcrburger Infanterie- Regiments und mit der Einreichung des Eutlassungsgcsuckeö des Commaudeurs des ostpreußischen Armeecorpü bereits verlautbart. Wir lassen dies dahingestellt. Sarkophages bitte ich Euere Hoheit, meinen Vorschlag in gnädige Erwägung zu ziehen; ich wäre, wie gesagt, für eine Concurren'z im engeren Sinne und könnte schon in wenigen Tagen mit den Namen und Adressen derjenigen Münchner Künstler dienen, die hierbei in Betracht kämen. Künstler aus anderen Kunststädten noch daran theilnehmen zu lasten, bleibt trotzdem unbenommen. Einen Entwurf der zu versendenden Aufforderung werde ich auf Wunsch Eurer Hoheit sogleich in Vorlage bringen." „Jawohl, lieber Hofrath; und noch eins, bezüglich der be absichtigten Reise Seiner Hoheit möchte ich nicht, daß es schon ein Gerede giebt; nur wenn Sie von Seiner Hoheit gefragt wer den, können Sie darüber in angemessenen Grenzen Bescheid geben. Was wir über Fräulein Verscr gesprochen, bleibt unter unS, nicht wahr ?" „Ganz nach Wunsch, Eure Hoheit." Die Audienz war damit zu Ende. Baron von Eder, welcher zur Zeit im Gasthof „Zur goldenen Kugel" wohnte, hatte sich bereits eine Berichterstattung über die Audienz für den Prinzen zurechtgelegt, allein Frazzilo fragte nicht und war auch von allen Seiten so sehr in Anspruch ge nommen, daß er nicht Zeit fand, über seine Lieblinzsidee nach zugrübeln. Abends sollte die Leiche des verblichenen Erbprinzen Hugo- brrt eintreffen und vom Bahnhofe mit feierlicher Fackelbegleitung nach der Gruft in der Schloßkirche gebrach! werden. Um diese Zeit saß der alte Graf Desan, der unermüdliche Luftverbessrrer und Parfümverehrer in seinem Schlafgemach; er las in einem Buche und trank ein Gläschen Rothwein, wie er es täglich vor dem Schlafengehen gewöhnt war. Sein alter Kammer diener Silier Pflegte bei ihm zu bleiben, bis die Excellenz ein geschlafen war, dann konnte der halbtaube Diener im Neben- Man schreibt unS aus Berlin, 26. November: „Die Aus züge einer Reihe französischer Zeitungen aus den Grhrim- berichtru drs Generals Voyroa wüsten auf Grund zuver lässigster Informationen als durchaus glaubwürdig bezeichnet werden, scholl früher haben Kenner des chinesischen Reiches wiederholt auf die Ucbergriffe hingcwiesen, welche sich die cbristliche M i s s i o n in China zu Schulden kommen ließ. Was aber jetzt nach den Geheimberichten des Generals Voyron über die Plünderungen berichtet wird, die auf Anstiften des Die „Germania" hat den Tag des Wiederbeginns der Reichstagssitzungen gewählt, um unter der Uebcrschrift: „Der deutsche Jr,uit ist vogelfrei im deutschen Reiche" einen Beschwerdefall vorzutragen, der einen „Hohn auf den Rechtsstaat" bedeuten soll. Nach der Mittheilung des Blattes hat nämlich im Februar dieses Jahres ein Jesuit, der angeblich preußischer Staatsangehöriger ist und Militärpapiere besitzt, im Kreise Ratibor in ewigen Predigten auf die Oster- communion vorbereitet. O' hat ihn darauf aus dem Kreise Ratibor und aus dem Gebiete des preußischen Staates überhaupt ausgewiesen, ihm den Auf enthalt, sowie daS zeitweise Verweilen in den Ortschaften, sowie auch unter freiem Himmel sowohl während des Tages „wie während der Nachtzeit" untersagt und mit Rücktransport über die LaudeSgreuze für den Fall gedroht, daß der Ausweisungs verfügung nicht sofort Folge geleistet würde. Ist das so, so hat sich allerdings die Ortspolizeibehörde in Bencschau in einein Rechtsirrthum befunden, denn nur ausländische Jesuiten können auf Grund des Jesuitengesetzes ausgewiescn werden, inländischen können die Behörden nur in bestimmten Orten den Aufenthalt versagen oder anwcisen. Aber die „Germania" Weiß auch ganz genau, daß cs sich nur um den Rechtsirrthum einer untergeordneten Behörde handeln kann und daß eine Be schwerde von Erfolg sein oder gewesen sein würde. Das Verbot derVorbereitungcnaufdieOstercommumon hätte freilich aufrecht erhalten werden wüsten, denn vas Gesetz vom 4. Juli 1872 untersagt den Angehörigen des Jesuitenordens die Ausübung einer Oroensthäitgkeit in Kirche und Schule, sowie die Abhal tung von Missionen. Und das ist es auch zweifellos, was die „Germania" zu ihrem Vorstoße veranlaßt. Sie hält die Zeit, in der die Rcichsregierung auf die Stimmen des Centrums bei der Erledigung der Zollvorlagen angewiesen ist, für günstig zu der alten Klage über die bisher von den verbündeten Regierungen bewiesene Abneigung gegen die Aufhebung des Jesuitcngesetzes, das nach ultramontaner Anschauung ein „Hohn auf den Rechtsstaat" ist. Der Vorstoß des klerikalen Blattes ist also im Grunde nichts als eine verschleierte Anregung zu einem „Kuhhandel". Daß auf einen solchen die Rcichsregierung eingehen könnte, halten wir trotz aller Vorliebe der preußischen Regierung für den Klcrikalismus für ausgeschlossen. Der Thronwechsel in Afghanistan hat die politischen Er wartungen und Entwürfe Derer, die von dem Eintreten einer revolutionären Bewegung oder einem neuerlichen Ausbruch des islamitischen Fanatismus unter dec einheimischen Bevölkerung eine Förderung ihrer Absichten erhofften, bisher nicht bestätigt, s l, in Rücksicht auf die langen und er bitterten Kämpfe, dir in früheren Zeiten den jedesmaligen Wechsel in der obersten Regierungsstelle zu begleiten pflegten, die einiger maßen ausfällige Entwickelung der Dinge, -welche sich diesmal in aller Ruhe vollzogen hat, in dem Umstande begründet zu finden, daß der verstorbene Emir Abdur Rahman Khan jede auf rührerische Bewegung, sei es unter der Bevölkerung des eigent lichen Afghanistan, sei es unter den zum Theil nur äußerlich unterworfenen Stämmen der nordwestlichen Grenzbezirke, mit nachdrücklichster Strenge niederhielt. Gegenwärtig genießt Habibullah Khan das allgemeine Vertrauen, und selbst die af ghanischen Refugiös, die unter der Regierung des verstorbenen Emirs größten Thciles in Indien Aufenthalt genommen hatten, scheinen eine Fortdauer der gegenwärtigen Ldg-e für gesichert zu halten, wie sich aus ihrer fast "vollzähligen Rückkehr in ihre hei mischen Wohnsitze schließen läßt. Diese Annahme scheint auch deshalb nicht ungerechtfertigt, weil während der jetzt eintretcnden rauhen Jahreszeit der absolute Mangel an Hilfsmstteln jeder Art irgend welche Usurpa- torisch: oder revolutionäre Bestrebungen größere Aus dehnung keinesfalls gewinnen lasten dürfte. Es kann somit für die nächsten Monate ein Fortbestehen der gegenwärtigen ruhigen Zustände mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit vovausyesagt werden; ob allerdings in der Folgezeit, wenn die klimatischen Verhältnisse die Bewegung und den Unterhalt größerer Truppen massen wieder gestatten, dem Lande die Ruhe erhalten bleiben wiro, ist eine Frage, für deren Entscheidung nicht minder di persönliche Energie Habibullah Khan's, wie die Beziehungen ent scheidend sein dürften, welche er auf politischem Gebiete mit den benachbarten Großmachtsstaaten Rußland und Großbritannien einzugehen gedenkt. Die MarmorLiebe. Eine Hofgeschichte von Jean Bernard. Nachrruck »erboten. Was die Leute unter „auffällig" verstehen, weiß ich nicht, mir ist von solch' auffälliger Hofmachung nichts erzählt worden. Seine Hoheit selbst hat mir gegenüber nie mit einem Worte des Fräuleins Berser erwähnt. Würde Seine Hoheit irgend welche Neigung für diese Dame fühlen, so hätte ich es sicher erfahren, und zwar durch Seine Hoheit selbst. Von der Nürnberger Reise der Sängerin erfahre ich eben das erste Wort; ob diese Reise bis München ausgedehnt wurde, ist mar natürlich gleichfalls un bekannt. Ich kann nur wiederholen, daß wir nicht die Ehre hatten, die Dame zu sehen, und daß ihr Nam« nie in unseren Gesprächen erwähnt wurde. Sollten diese Gerüchte etwa von der Dame selbst ausgehen, was ich aber nicht glaube, so muß rch sie als böswillige Lügen erklären, so fest bin ich davon über zeugt, daß Seine Hoheit nicht im Entferntesten an die Sängerin Berser mit Liebesempfindungen denkt. Er würde es mir un bedingt anvertraut haben." „So!? Das ist wichtig. Also er würde es Ihnen gesagt haben? Bisweilen sagt man dergleichen jedoch auch nicht dem besten Freunde!" „Ick bleibe dabei, daß es mir Seine Hoheit unbedingt gesagt hätte; überdies wiiroe ich es sicher wahrgenommen haben " „Natürlich! Sie sind ein scharfer Beobachter! Ich glaube auch nicht an eine ernstliche Leidenschaft; eine solche würde auch die Pläne stören, welch« jetzt bei den veränderten Verhältnissen aus Staatsinteresse gefördert werden müssen. Die tiefe Nieder geschlagenheit meines Sohnes kann mit der eingetretenen Trauer allein nicht erklärt werden, man hat daher Ausschau gehalten nach anderen Gründen für die obwaltende Melancholie. Sie müssen diese auch bemerkt haRn. Sie macht den Eindruck, als seien Seiner Hoheit durch die Berufung zur erbprinzlichen Würde liebe Hoffnungen unrettbar verloren gegangen. Sie, Herr Hofrath, besitzen sein Vertrauen, wie wir wissen; ick kenne Sie als Ehren mann, Sie suchen keinen Vortheil für sich! Sie sind der Freund meines Sohnes, seien Sie auch der Freund unseres Hauses, indem Sie Ihren großen Einfluß auf das Gemüth meines Sohnes zur Förderung des wahren Interesses Seiner Hoheit benützen! Erb prinz Frazzilo ist, wie Sie wissen, di« einzige Hoffnung unsere» Hause». Er muß sich standesgemäß vermählen ... Ich möchte sein. Ich weiß übrigens im Voraus, daß mein Sohn ohnehin diesen Wunsch äußern wird. Wären Sie bereit, sich «dieser Auf gabe zu unterziehen?" „Euere Hoheit werden vor der Entscheidung über die Reise begleitung gnädigst erwägen, daß die Verhältnisse jetzt wesentlich anders liogrn, als zur Zeit der Münchner Reise. Der neue Hof staat Seiner Hoheit, an der Spitz: Graf Desan, sollte doch nicht umgangen tnerden . . ." „Nein, gewiß nicht! Unser Erbprinz wird von einem Thril« seines Hofstaate» begleitet sein; aber Sie sollen gleichsam privatim sein Berather sein." „Wie Hoheit befehlen, so wird e» geschehen. Bezüglich de» katholischen Bischofs Favier vorgenommen wurden, über trifft wohl alles bisher in dieser Beziehung bekannt Gewordene. Angesichts des neuen Belastungsmaterials macht sich ganz von selbst der Wunsch geltend, daß die christliche Mission m China von den europäischen Mächten über di« Grenzen des ihr zuzubilligenden Schutzes nicht im Unklaren gelassen werde. Wo der Eifer für christliche Propaganda in einen Fana tismus ausartet, der alle Schranken des Rechtes und der Moral überspringt, ist der Anspruch auf europäischen Schutz verwirkt. Es geht nicht an, daß einem derartigen konfessionellen Fanatis mus zuliebe Gut und Blut einer Nation geopfert wird. Mis sionare solchen Schlages müssen die Folgen ihres schuldvollen Verhaltens ausschließlich allein tragen. Je weniger die Gefahr ausgeschlossen ist, daß Ucbergriffe von Missionaren sich in Zu kunft wiederholen, um so nothwendiger erscheint es, den Missio naren die Grenze ihres Anspruchs auf europäischen Schutz ein zuschärfen." Wir bringen in Erinnerung, daß protestan tische Missionare in China sich solcher oder ähnlicher unbe greiflicher Uebergriffe niemals schuldig gemacht haben. öfters etwas zum Voraus. „Silier!" rief der Graf. „He, schläfst Du denn schon, Silier?" „Hier, Excellenz", antwortete der Alte, „ich höre ganz wohl." „Nein, nein, Silier, Du wirst merkwürdig alt! Du hast wieder vergessen, mit dem Zerstäuber meine Kissen zu par- fümiren." „Habe ich bereits geilen, Excellenz!" „In dem Satz, den Du eben gesprochen, Silier, ist nur ein einziges wahres Wort: Excellenz." „So, so? Nur eine»?" ihm hierin natürlich freie Wahl lassen und wäre glücklich, wenn er innerhalb seiner Standessphäre eine Herzenswahl treffen würde, aber eben deshalb ist es meine Pflicht, ihm das Herz von anderen ernstlichen Leidenschaften frei zu halten. Noch ist er frei, wie ich hoffe, und wie auch Sie glauben; die Nolhwendizkeit liegt nichtsdestoweniger vor, bei Zeiten klug vorzubeugen, damit er nicht unbawußt unfrei wird." „Seim Hoheit wird nach meiner festen Ueberzcugung die Pflichten seines hohen Standes mit den Forderungen seines Herzens in Uebereinstimmung zu bringen wissen." „Die hohe Meinung, welche Sie von meinem reich begabten Sohne haben, erfüllt mein Herz mit Stolz und Freude, aber schließlich sind wir Alle nur Menschen und dem Einfluß einer schwachen Stunde ausgesetzt. Seien Sie mit uns wachsam, damit unser Frazzilo vor einer solchen schwachen Stund: bewahrt bleibt! Ich bin weit entfernt, meinen Sohn etwa ängstlich bewachen zu wollen oder allen seinen Schritten nachzusorschcn, o nein, er ist ein Mann und schließlich nur sich selbst verantwortlich. Trotzdem möchte ich dazu beitragen, ihn auch in solchen Beziehungen glück lich zu machen, in denen das Glück den Fürsten nicht immer hold ist! Es würde sich zur Beseitigung seiner melancholischen Stim mung vielleicht empfehlen, ihn nach Beendigung der Trauerfeier lichkeiten zu einer größeren Reise zu veranlassen. Reisen zerstreut und bildet. Wie wäre es mit Rußland? Der dortige, uns ver wandte Hof würde einen solchen Besuch gern sehen, selbst wenn der Prinz zu seiner Bequemlichkeit incoznito reiste. Er kennt Petersburg, Moskau, kurz, Rußland noch nicht. Man müßte sein wissenschaftliches Interesse wach rufen. Möglicher Weise findet er in der Ferne, was ihn und uns erfreut!" Da Hofrath von Eder nur durch eine Verbeugung antwortete, fuhr der Herzog fort: „Wie mir bekannt ist, sind Sie der russischen Sprach« kundig; zimmer ebenfalls der Ruhe pflogen- ES dauerte aber bisweilen Sie würden also der geeignete Reisebegleiter für meinen Sohn j lange, bis Excellenz einschlummerte, — und Silier nickte daher Filialen: Alfted Lahn vorm. O. Alemm'S Sortim. UnwersitätSstraße 3 (Paulümm), Louis Lösche, Aatbnrinenstr. I-t, Port, und König-Platz 7. Amts Klatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Nokizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Deutsches Reich. Berlin, 26. November. Die heutige Sitzung der nationalliberalen Reichstagsfraction wurde vom Vorsikenden, Abg. Bassermann.mrt einem herz lichen, bewegten Nachruf zum Gedächtniß des jüngst ver storbenen Fract'ionsmitglredes, vr. Lehr, eröffnet. Man Politische Tagesschau. * Leipzig, 27. November. Nun ist sie wieder da, die so beliebte Zeil, wo die Blätter von „Parlamentarischen Nachrickten" strotzen und Spalten mit Berichten über NrichStagSverhandlUliizcii, sowie mit NesumeS und Superresumös eben dieser Derbandlungen füllen. Weil sie eben nicht gut anders können. Bielleicht läßt eS sich aber ermöglichen, künftighin einen wehlihätigen NecktSgrundsatz wenigstens abgcschwächt gegenüber den Plenarversammlungen und den Lesern in Anwendung zu bringen: uo 1er in iclem! Ties natürlich nur, wenn die Sache eS erlaubt, was bei der Emzelberaikung der Zoll gesetze häufig nickt der Fall sein wird. G stern begann man mit dem Fvrtspinnen deS Fadens der SeemannS- ordnung, einem einschneidenden und „intricaten" Tbema, das in seiner weiteren Verlängerung zu begleiten auch sür die „Landratten" nickt immer uninteressant sein wird. Für beute erscheint ein Kommentar unnöthig, zumal da sick keine Zusammenhänge ergeben. Die Sitzung begann erst nach 2 Uhr und „die Zwciubrsitzungen taugen nit viel", pflegte ein fleißiger Abgeordneter aus der Pfalz zu sagen. Ter Präsident batte vor dem Eintritt in die Tagesordnung traurige Verrichtungen. Vier seit der im Mai erfolgten Vertagung verstorbenen Mitgliedern war der letzte Gruß nachzurufen und vorher des HintritiS der Kaiserin Friedrich zu gedenken, eine Aufgabe, der sich Graf Ballestrem mit Wärme unterzog. Die Socialdemokraten verzichteten diesmal auf die bei ihnen in solchen Fällen herkömmliche Ungezogenheit des Stürmens nach der Tküre oder des Sitzenbleibens, und daraus glauben freisinnige Blätter ein „Ereignis;" macken zu müssen. Uns läßt die Anwandlung von Anständigkeit sehr kühl. Die Herren wollten wvbl vermeiden, bei den cugliicken „Genossen", die, weil es mit ihrem Marxismus schwach bestellt ist, wie rohe Eier behandelt werden müssen, Anstoß zu erregen. Der Schwerpunkt der gestrigen „Sitzung" lag, wie uns geschrieben wird, im Restaurant, das bald nach Eröffnung der Sitzung nicht sonderlich schlecht beiucht war. Die aufgefnschteu Herren waren mitthcilnngS- und börenSbedürftig. Vor allen Dingen wurden Wahrnehmungen über die Zoll- stimmung im Lande anSzetansckt, und bei einem Glaw Bier oder Moselwein floß aus mehr als einem freisinnigen Munde daS Gesiändniß, daß ter Sturm gegen den „Zollwucher" ein papierncr sei. Zur Sicherung einer Prognose haben die Plaudereien vorläufig nicht beigctragen. Tic Fraktionen und Fractivnchen mochten wobl alle ver sammelt gewesen sein, aber taktisch sind die einzelnen Herren in puncto Tarif offenbar noch unbeschriebene Blätter. Factum ist nur, daß man sich unschwer geeinigt Kar, die erste Be- raihung der „großen Sache" am nächsten Mcntag beginnen zu lassen. DaS gebt auch ganz gut. Für eine Einzelberatbung wäre daS Ueberlegungsstadium natnrlick viel zu kurz. Die un gefähr 700 Quartseiten umfassenden Beigaben zn den beiden Gesetzen wollen studirt sein. Es ist aber, so viel wir bisher gefunden baden, eine interessante und stellenweise fesselnde Lectüre. Eine Volksausgabe der Einzelbegründnng zu ver anstalten, wäre vielleicht gar kein übeleS Geschäft. Sic würde gekauft werden und die Zoll-„ModcradoS" hätte» Dortheil von der weilcsten Verbreitung dieser die Extremen von rechts und lirkS in Hellen Zorn versetzenden verständigenden Darlegungen. Heute unterbricht die Verhandlung der von den Nationalliberalen wegen des Jnsterburger Duells eingcbrachten Interpellation die „EZ ist gut, Silier, ich werde es selbst besorgen. Aber überlege Dir's einmal ernstlich, willst Du nicht doch lieber zu Deiner verheiratheten Tochter ziehen? Du wirst alt und bedarfst der Schonung." „Nein, entschieden nein, ich fühle mich noch jung." „Das machst Du mir nur so vor! Ich beobacht« scharf. Du bist ja auch ein Jahr älter als ich . . ." „Zwei Jahre jünger, Excellenz." „Du kannst Dir das Widersprechen nicht Abgewöhnen, rechnen wir! T-u kamst zu mir in dem Jahre . . ." „Als Seine Hoheit Erbprinz Hugobert geboren wunde, habe ihn selig!" „Ta warst Du 41 Jahre alt." „Oho, erst 38, Excellenz." Graf Vesan schien die Bemerkung des Alten überhört zu haben. „Der arme Prinz! Er ist nur 30 Jahre alte geworden", seufzte der alte Herr, schmerzlich ergriffen. „Siehst Du wohl, 41 und 30 das macht doch 71, Silter! Oder rechnest Du etwa anders?" „Das stimmt Excellenz, aber . . .* „Silier, ein „aber" ist immer dabei. Wir sind Beide alt und müssen das Gcsellschaftgeben an den Nagel hängen. Meinst Du nicht auch?" „Wie Excellenz befehlen." „Ach was! Bedenke einmal, wenn so kräftige, blühende Men schen, wie der liebe Hugobert, in solcher Jugend hinwelken, ist denn das nicht eine Mahnung für uns alte Knaben, mit unserer Kraft zu sparen. Was verlangst Du denn noch vom Leben, Silter? Warum schaust Du mich denn mit so großen Augen an? Meinst Du vielleicht, Du lebst ewig? War denn Graf Ferdinand heute nickt da?" „Heute nicht, Excellenz." „Gerade heute nicht . . . Nun, er wird vielleicht morgen kommen mit Lorchen . . . Ach ja, das ist doch ein frische», lustiges Mädchen, nickt nnhr, Alter?" „O ja, Excellenz." „Siehst Du, Silter, es muß doch schön sein, so ein nette» Ding als Weibchen . . . Na, tempi xm-><mti! Du hast's er fahren, Silter, Du warst verheirathet. Ich hätte vielleicht auch heirathen sollen, man ist doch im Alter recht einsam. Weißt Du nicht, warum Graf Ferdinand heute nicht gekommen ist?" „Er hat jetzt mehr zu thun, Excellenz." „Freilich, das ist wahr . . . Horch! Was ist denn daS wieder für ein Geläute?" Ännahmeschluß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Der Krieg in Südafrika. Präsivent Krüger; vr. LcydS. Aus Brüssel wird der „Frkf. Ztg." berichtet: Der ab lehnende Bescheid des Haager Schiedsgerichts wurde vr. Leyds (wie schon früher erwähnt) letzten Freitag mündlich durch den holländischen Minister des Auswärtigen übermittelt. Wir hatten soeben eine Unterredung mit Herrn vr. Leyds, welcher erklärte, Präsident Krüger habe die Reise nach dem Süden deshalb aufgegeben, weil er den Geschäften näher bleiben wolle. Sein geistiger Zustand habe nicht gelitten; seelisch sei der Prä sident freilich deprimirt, da er erst jüngst wieder die Nachricht vom Tode von fünf Enkelkindern in den afrikanischen Lagern erhalten habe. Briefe hätte Krüger, außer an seine Frau, nie mals geschrieben. Des rauhen Klimas wegen ginge er nicht aus, auch nicht zur ungeheizten Kirche, hingegen besuche ihn jeden Sonntag ein Geistlicher aus Amsterdam, vr. Leyds' letzter AufentAlt in Berlin sei nicht politischer Natur gewesen; er (vr. Leyds) habe mit dem auswärtigen Amt deshalb nur die Karten gewechselt. Bei einigen, der Boerensache besonders freundlichen Persönlichkeiten habe er Besuche gemacht, so bei Mommsen und dem Bilrdhauer Siemcring. — vr. Leyds be stätigte übrigens, daß Oesterreich ibm auf eine diplomatiswe Be schwerde gar nicht geantwortet habe; freilich sei er in Wien nicht accreditirt. Aber auch in Rom sei er es nicht und von dort jedoch habe man ihm in einem ähnlichen Falle geantwortet. Roberts und Buller tu der Gunst »cs englische» Volkes. Selten ist wohl ein Feldherr so von der Presse seines eigenen Landes wie von der aller anderen Länder heruntergemacht worden, als Sir Redvers Buller nach seinen Mißerfolgen zu Beginn deS unalückseligen süvafrikanisckcn Krieges; silien bat ein Volk einen Feldherrn so mit Ehren überhäuft und mit klingen der Münze so reichlich belohnt, wie die Engländer es mit Roberts gethan haben, als er vor nun fast Jahresfrist als „Sieger" heimkehrte. Skiddern hat sich nun freilich Manches ereignet: dem Manne, der allen Witzblättern soviel Stoff zum Amüsement gab, hatte man das Kommando eines Armeecorps übertragen. Er „redete" dann und wurde seiner Stellung entsetzt. Dies aber paßte einem großen Theil von Albions stolzen Söhnen nicht, und man entschloß sich, für Herrn Buller einzutreten. Dieser wurde so mit rasch wieder zum Helden gestempelt und als Märtyrer all mächtiger Cliquen-Wirthschaft hingestellt. Diese Strömung mußte aber natürlich Lord Roberts, "dem Höchstcommandirenden, ver somit an der Entsetzung Buller's „mit schuld war", feind lich gesinnt sein, und was sehen wir nunmehr in die Erscheinung treten, wie steht es heute um die Volksgunst der beiden süd afrikanischen „Helden"? Lord Roberts hielt am Sonnabend Vormittag eine Besich tigung in Aldershot ab und wohnt- am Nachmittage einem Fuß ball-Match bei. Anstatt aber wie vor Jahresfrist mit Jubel empfangen zu werden, tönt ihm der üble Ruf „Buller" entgegen, man umdrängt den armen alten Helden, zischt ihn aus und Einige gehen, wie schon telegraphisch berichtet, so weit, sich an seiner Person vergreisen zu wollen, und zwar nächt nur zu schauende Civilisten, sondern auch — Soldaten — die Solda teska, mit der unser deutsches Heer von Herrn Chamberlain ver glichen wurde. Und Buller, der verbannte Held von Colenso!? Am selben Abend, wo es Lord Roberts so wenig gut erging, wird Sir Redvers Buller mit Gemahlin in Penrilh von Tausenden auf das Festlichste empfangen, endloser Jubel braust ihm entgegen, man spannte di« Pserde aus seinem Wagen aus und die Menge veranstaltete „ihrem Liebling" «inen wahrhaften Triumphzug. Ismpvra inutarrturl Anzeigen »Preis die 6 gespaltene Petitzeile 2S H. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 vor den Familicnnach- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Bezug-'Prei ¬ st» der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus5.50. Durch die Post bezogen sür Deutschland u. Oesterreich: Vierteljahr!, .er 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstallen in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- bu.g, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egvpten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-AuSgabe Wochentag- um 5 Uhr. Redaktion und Expedition r Johannisgasse 8.
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