Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030307019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903030701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903030701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-03
- Tag1903-03-07
- Monat1903-03
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezu^-Prel- 1» der Hauptezpeditton oder deren An-gab» stelle» «bgrholt: vierteliährltch ^»S—, bet zweimaliger täglicher Zustellung tu» Hau» » S.7L Durch die Post vrzoge» für Deutsch- laut» u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für di« tibrtgeu Länder laut ZeÜung-prrt-liste. Nedaktton und Lrveditton: BohanntSgaffe 8. Fernsprecher lk8 und L2L Ftttalea» »diliene« r Alfred Hahn. Huchhandlg., Untverfitättstr.S, L. Lisch», Katharinenstr. Ich a. KünlgSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden : Strrhlener Straß« 8. Fernsprecher Amt l Nr. 1718. Haupt-Filiale Serlin: Earl vuncker, Herzgl. Bayr-Hosbuchhandlg, Lützowstraßr IS. Fernsprecher Amt VI Nr. 4608. Morgen-Ausgabe. MWM.TagMaü Anzeiger. Äintsvlatt des Äömglichen Land- «nd des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeige« Pvei- dte ügefpaltenr Petü-eUe Sd Nett,««, «tu» dm» Nudarrtm«»str1ch (4grspalte») 78 vor d« Famtlteuaach- richt« (6 gespalten) SO Tabellarischer und gifferusaH entsprechend höher. — Gebühren mr Nachweisung« and OfferteuauuLhM« uü (exck. Port»). Extra-Vella-« (gefal-k^ »ar «tt der Morgeu-Arr-aab«, aha« Postbesürdernng ad.-» »U PostbesSrderaug ^S 7V-— Auuahmeschluß für Luzei-em Abaad.Awdgab«: Bamalttas» dv Uhr. IKorgnu-UuSgabar NachmMag» 8 Uhr. Aiqetg« stad stet» « dta Expedition za richt«. Di« Expedition ist «ochenta-S rmautrrbroch« geöffnet von früh S bi» ab«L» 7 Uhr. Druck und Verlag vo» L. Pol» in Leipzig. Nr. 120. Sonnabend den 7. März 1903» 97. Jahrgang. Die Versorgung der Offiziere. Man schreibt uns: Durch die Ablehnung der Gehaltsaufbesserung für die Oberstleutnants in der Budgetkommissivn und die Ver tagung der Vorlage eines neuen Militär-Pensionsgcsetzes auf unbestimmte Zeit ist die erhoffte Besserstellung in der Versorgung der Offiziere nicht eingetreten; es läßt sich auch nicht einmal der Zeitpunkt absehen, mann dieser Fall eintreten wird. Wenn über einen zunehmenden Mangel an Offizierersatz, insbesondere bei der Infanterie, geklagt wird, so sind hierfür wett weniger die zur Zeit überaus ungünstigen Beförderungsverhältnisse verant wortlich zu machen, als die mangelhafte Versorgung der Offiziere, namentlich, wenn sie frühzeitig aus dem aktiven Dienststande ausscheiden müssen, bevor sie noch M solche Stellungen eingerückt sind, die eine annähernd aus kömmliche Pension gewährleisten. Es muß für unser Heer immer erwünscht blctben, -aß der Nachwuchs für das Offizierkorps alten Offizier- und Soldatenfamilien ent stamme; aber auch in diesen Familien beginnt sich eine Abneigung gegen die Wahl des Offizierberuses für ihre Söhne zu zeigen, weil man die Schattenseiten dieses Be rufes aus eigenster Erfahrung kennt und weil die für seine Ergreifung gebrachten Aufwendungen und Opfer in keinem Verhältnis zu der einstmaligen Versorgung der Offiziere stehen, besonders, wenn diese vor der Zeit, also etwa noch vor der Erreichung der Pension eines Bataillonskommandeurs, zum Ausscheiden gezwungen werden. Mag eS eine gefürchtete Majorsecke geben oder nicht, soviel steht fest, -aß viele Offiziere wegen Dienst untauglichkeit nur mit der geringen Pension eines Haupt- manns erster Klaffe abgehen müssen, die als eine Ver sorgung für den Lebensabend nicht anzusehen ist, und dieser Lebensabend kann unter Umständen sehr lang werden. Eine Abhülfe in dieser Richtung ist dringend erforderlich; aber es erscheint nicht angezeigt, sie aus schließlich vom Staate erwarben zu wollen, der in der Ver sorgung seiner Diener mit Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse auch bestimmte Grenzen cinhalten muß. Es entsteht daher die Frage, ob der einzelne Offizier nicht selbst dazu beitragen kann, die Versorgung besser zu ge stalten und durch eigenes Eingreifen die Zeit einer finanziellen Notlage unmittelbar nach dem Ausscheiden aus dem Dienste abzukürzen, bis für ihn ein anderer Erwcrbszwcig gefunden ist. Mit der von allen Seiten empfohlenen vermehrten Sparsamkeit kann aber nur ein Erfolg erzielt werden, wenn man sich auf das Gebiet des Versicherungswesens begibt, das bei uns in Deutschland von der großen Menge noch viel zu sehr vernachlässigt wirb. Der bekannte Milttärschriftsteller Oberst z. D. E. Hartmann beleuchtet nun im „Deutschen Offiziers blatt" diese Verhältnisse in zutreffender Werse und macht dabei den Vorschlag für eine abgekürzteJnvalidi- tätsversicherung, welche zur Grundlage die Zah lung einer Rente auf Lebenszeit oder nur auf bestimmte Zeit, also etwa bis zum 45. Lebensjahre, als der kritischen Zeit für die vorzeitige Verabschiedung, haben muß. Diese Rente, für welche eine Prämienzahlung bis zum 40. Lebensjahre zu leisten wäre, wird fällig, sobald der Versicherte vor dieser Zeit dauernd die Arbeits- und Er werbsfähigkeit verliert. Oberst Hartmann erläutert dies in Anwendung auf den Offizierstand nach zwei Rich tungen. Wird zunächst ein Offizier als Versicherter vor dem 40. Lebensjahre wegen Dicnstuntauglichkcit zum Aus scheiden aus dem Dienste mit der gesetzmäßigen Pension gezwungen und ist mit dieser militärischen Dicnstuntaug- lichkeit auch die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit in einem bürgerlichen Berufe ausgeschlossen, so wird die Rente fällig und -er versicherte Offizier erhält sie bis an sein Lebensende. Aber zum anderen soll diese abgekürzte Jn- vaiiditätsversicherung einen Vorteil auch den vorzeitig ver abschiedeten gewähren, die nur militärisch invalide, nicht aber völlig erwerbsunfähig geworden sind. Für diese wird der Satz ausgestellt: Wird der Versicherte infolge von Krankheit oder Körperverletzung nur für den militärischen Dien st untauglich und muß er des halb aus dem aktiven Dienste mit der gesetzmäßigen Pension ausscheiden, oder wird er ohne Pension, aber wegen Dienstuntanglichkeit entlassen, so erhält er die Hälfte der versicherten Rente ans die Dauer von fünf Jahren nach erfolgtem Ausscheiden. Auf letztere Weise wird dem Be- troffcncn der ttebcrgaug zu einem bürgerlichen Berufe wesentlich erleichtert. Nach einem von der Pensions- und Lebens versicherung „Deutscher Anker" in Berlin 48 aufgestellten Prämicntarifc würde die Jahrcsprämie für eine versicherte Lunnnc von 1000 bei einem Eintritts- alter bis zum 25. Lebensjahre jährlich 00 .4 betragen und dann für die weiteren EintrittSaltcr nur mäßig steigen, so daß mit dem zulässig höchsten Eintrittsalter von 39 fahren eine Iahresprämie von VS ^l zahlbar würde. Dies sind Summen, welche sich ftir den einzelnen Offizier in aktivem Dienste immer noch erschwingen lassen, und mancher Offi zier würde von einer solchen Versicherung Gebrauch machen, um bei vorzeitiger Verabschiedung wegen einge tretener Dienstuntauglichkeit einen Zuschuß zur Pension sich aus eigenen Mitteln verschafft zu haben. Eine solche Versicherung kann aber nur ins Leben treten bei einer möglichst großen Beteiligung, und wenn man zu einer solchen den Offizier verpflichten wollte, wie man dies auch mit seinem Eintritt in die Lebensversicherung für die Armee und die Marine tut, so würde von vornherein die Lebensfähigkeit einer solchen Versicherung sich ergeben. Auf nähere Erörterungen soll hier nicht weiter einge gangen werden, vielmehr sollte nur der Vorschlag einer abgekürzten Jnvaliditätsversichcrung für Offiziere als wohl ausführbar in vermehrtem Maße bekannt gegeben werden, um die Versorgung der Offiziere durch selbst tätiges Eingreifen derselben günstiger als bisher zu ge stalten. Freisinn und Wehrsteuer. Nachdem der Gedanke, eine Wehrsteuer im Reiche einzuführen, von verschiedenen Setten aufs neue angeregt worden ist, entfaltet die Presse der freisinnigen Volkspartei in der Bekämpfung der Wehrsteuer einen auffälligen Eifer: sowohl das Organ des Mgeordneten Eugen Richter, als auch die „Vossische Ztg." wenden sich in langen Leitartikeln gegen eine derartige Steuer. Was die „Freisinnige Ztg." vor allem bemängelt, ist der an geblich ganz geringfügige Ertrag einer Wehrsteuer, wenn der Steuersatz von 4 und ein Zuschlag zur Ein kommensteuer bis zu 3 Prozent, wie bet der gescheiterten Wehrsteuervorlage von 1881, zu Grunde gelegt und da mit ein Erträgnis von 20 Millionen Mark erzielt wird. Gewiß ist dieser Ertrag nicht groß. Aber der einsichtige Finanzmann wird für jede an sich berechtigte neue Ein nahme dankbar sein; und im Vergleich mit mancher anderen Reichsei.: ahme ist ein Wehrsteuerertrag von 20 Millionen Mark keineswegs unbedeutend. Freilich darf man nicht gleich an den Ertrag der Zuckersteuer mit ihren rund 115 Millionen Mark oder an den der Tabak steuer mit ihren rund 66 Millionen Mark denken. Doch die Maischbottich- und Materialstcuer brachte 1900/1901 rund 22,5 Millionen Mark ein, die Reichsstempelabgabe für Wertpapiere brachte 1900 21,1 Millionen Mark, die Reichsstempelabgabe für Schlußnoten, Rechnungen usw. ergab in demselben Jahre 14,9 Millionen Mark, die Reichsstcmpelabgabe für Lotterielose rund 30 Millionen Mark, die Wechselstcmpelsteuer rund 13 Millionen Mark. Mithin könnte sich eine Wehrsteuer, die 20 Millionen Mark einbrächte, immerhin sehen lassen. Aber von freisinniger Seite wird die Berechtigung einer Wehrsteuer überhaupt bestritten. Die dabei geltend gemachten Einwände sind größtenteils die alten. Auch die „Freisinnige Ztg." spricht heute wieder davon, daß die Wehrsteuer „die allgemeine Wehrpflicht herab würdige, der Ableistung der Wehrpflicht den Charakter einer geldwerten Leistung anhefte und damit die An schauungsweise des Stellvertretungssystems einbürgere". Der ehemalige preußische Kricgsminister v. Kameke hat seinerzeit (vergl. die vorzüglich informierende Broschüre „Die deutsche Wehrsteucrfrage" von Karl Saur, Berlin 1893, Licbclsche Buchhandlung) hierauf mit Recht entgegnet: „Wenn ... ein Gesetz vorgelegt wird, nach welchem der jenige Mann, der nicht dient, 4 -4 jährlich (12 Jahre hindurch) zahlen soll, so glaube ich, daß auch bis in die tiefsten Schichten der Bevölkerung hinab kein Mensch dies als ein Aequivalent für den persönlichen Dienst erachtet." Und über die angeblich sich einbürgernde An schauungsweise des Stellvertretungssystems schreibt Saur zutreffend: „Das Volk würde doch nach Einführung der Wehrsteuer sehen, daß der Reiche nach wie vor, wenn er diensttauglich ist, persönlich seiner Militärpflicht genügen muß, daß also von einer dem Stellvertretuffgssystem ähnlichen Einrichtung bei der Ein führung der Wehrsteuer gar nicht die Rede ist; das Volk würde doch auch sehen, daß der mit der Wehrsteuer im Rückstand Bleibende nicht cingezogen wird, was wiederum erfolgen müßte, wenn die Wehrsteuer ein Aequivalent für den nicht ge leisteten Militärdienst wäre." Die Hauptsache bleibt überdies, daß das Stellver tretersystem auch nicht entfernt zur wirklichen Ein führung gelangt; spukt das Gegenteil hiervon als Wahn in einigen unklaren Köpfen, bann „ist es auch noch so". Die „Freisinnige Ztg." führt weiter aus: „Es kommt auch in Betracht, daß die Ableistung der Militärpflicht heute gegen damals erleichtert ist durch die Einführung der zweijährigen Dienstzeit für Fußtruppcn und außerdem durch Unterstützung der Familien bei Reserve- und Landwehrübungen. Gerade weil im Verhältnis zur Einwohner zahl die Zahl der Militärpflichtigen heute größer ist als früher, drückt die Militärlast stärker auf die Familie als vordem." Ganz abgesehen davon, daß wegen der Zunahme der Bevölkerung die Militärlast im ganzen kaum größer ist als früher, übersieht die „Freisinnige Ztg." vollständig das ausschlaggebende Moment, nämlich die wirt schaftliche Benachteiligung des Aus gehobenen gegenüber dem erwerbsfähigen Nicht eingestellten. Wenn ferner die „Freisinnige Ztg." die Wchrsteuer einen Widerspruch gegen die Gepflogenheit nennt, wegen häuslicher wirtschaftlicher Verhältnisse eine ganze Kategorie von Personen vom Militärdienste zu befreien, so ist dem zweierlei entgegenzuhalten. Erstens brauchten die Angehörigen jener Kategorie nicht notwendig der Wehrsteuer unterworfen zu werden; zweitens würde auch bet einer Ausdehnung der Wehr steuer auf die Angehörigen jener Kategorie das finan zielle Opfer der Wehrsteuerpflichtigen ganz geringfügig im Vergleich mit den wirtschaftlichen Nachteilen sein, die sie im Falle der Einstellung hätten hinnehmen müssen. Die „Freisinnige Ztg." behauptet endlich, daß eine Wehr steuer „ganz vorzugsweise" von den minder wohlhabenden Klaffen würde aufzubringen sein, einmal wegen der Kopfsteuer, sodann auch, weil die Söhne der wohl habenderen Familien in geringerem Verhältnis befreit würden, da die Einjährig-Freiwilligen, soweit sie über haupt brauchbar seien, zur Einstellung gelangen, ohne daß Befreiung durch das Los Platz greifen kann. Wie die „Freisinnige Ztg." vorher selbst angibt, hat man im Jahre 1881 berechnet, daß von den 20 Millionen Mark Wehrsteuerertrag die Hälfte auf die feste Kopfabgabe, die andere Hälfte auf den Zuschlag zur Einkommensteuer entfallen wäre. Mithin würde die Wehrsteuer „ganz vorzugsweise" nicht von deft minder wohlhabenden Klaffen aufgebracht werden. Während die „Freisinnige Ztg." nicht darauf verzichtet, den lächerlichen Einfall eines Journalisten, auch die Mädchen müßten der Wehr steuer unterworfen werden, weil sie keinen Militärdienst leisten, aufzutischen, schreckt sie mit Recht vor der Wieder holung des Hauptbedenkens zurück, das gegen die Ein führung einer Wehrsteuer gewöhnlich erhoben wird. Dafür wiederholt die „Vossische Ztg." dieses Be denken, indem sie schreibt: „Es ist keine schwerere Ungerechtigkeit denkbar als die, einen Mann dafür bezahlen zu lassen, daß er mit einem kör perlichen Fehler behaftet ist, der möglicherweise der Vorbote seines frühen Todes ist." Die „Zeitschrift des preußischen statistischen Bureaus" (citiert von Saur) hat demgegenüber schon 1881 schlagend nachgcwiesen, daß der größte Teil der nicht zum Militär dienst herangezogenen Wehrpflichtigen aus voll ständig gesunden Männern besteht. Denn das Hauptkontingent der Wehrsteuerpflichtigen bilden die Ueberzähligen, die wegen militärtechnischer Fehler Aus gemusterten und die aus strafrechtlichen Gründen Aus geschloffenen. Der Wehrsteuerentwurf von 1881 hat die Gebrechlichen, die zugleich erwerbsunfähig sind, mit Recht von der Wehrsteuer befreit; die Anzahl der solcher maßen für die Wehrsteuer ausfallenden Personen wurde auf 4 bis 15 000 geschätzt, während etwa 2 400 000 als der Wehrsteuer zu unterstellen in Frage kamen. Hiernach ist zu ermessen, wie wenig das von der „Bossischen Ztg." aufs neue erhobene Bedenken in Wahrheit zu bedeuten hat. Die wirtschaftliche Schädigung, die dem Aus gehobenen gegenüber dem Nichteingestellten erwächst, ist völlig unbestreitbar; sie besteht keineswegs bloß für die Angehörigen der bemittelteren Klaffen, sondern gan- besonders für die Arbeiter; welche Verluste die letzteren an manueller Fertigkeit infolge deS Militärdienstes er leiden, ist bei der Eisenzoll-Enquete von 1878 durch Sach kundige klargelegt worden, ungerechnet die Nachteile, die mit dem Verluste einer Arbeitsstelle verbunden sind. Deshalb ist die Wehrsteuer gerade auch für die arbeitenden Klaffen im engeren Sinne ein Akt aus- gleichender Gerechtigkeit. Deutsches Reich. -7- Berlin, 6. März. (Von den bayerischen „Pa trioten".) Den bayerischen „Patrioien" macht offenbar die Nachricht Unbehagen, daß der Minister des Innern vonFeilitzsch von den Behörden Berichte über die Stimmung in Bayern eingrfordert habe. DaS offizielle Organ der bayerischen Zentrumspartei sucht im voraus den Glauben zu erwecken, als ob derartige Berichte unzuverlässig sein müßten. ES führt nämlich aus, daß die Leute nicht den Bezirksamt mann und den Regierungspräsidenten besuchten, wenn sie sich über ihre Gedanken aussprechen wollten; was aber jene Be amten im Vertrauen hörten, würden sie nicht gern weiter berichten, weil sie nicht gerne schrieben: „Excellenz! Soweit ich die Stimmung kenne, freuen sich die Leute schon auf den Tag, an dem Sie sich in den wohlverdienten Ruhestand zurück- zieben." — Plumper kann die Stimmungsmache gegen den ver haßten Minister nicht betrieben werden. DaS Gleiche gilt von der Art, wie daS Münchener ZentrumSorgan den An schein erwecken will, daß Graf Crailsheim auch den bayerischen Liberalen als Preußenfreund verhaßt gewesen sei. Zum Beweise hierfür wird erzählt, in Bayreuth, wo der liberale Abgeordnete Caffelmann Bürgermeister ist, habe man auf Extrablättern, welche die Entlastung des Grafen Crailsheim mitteisten, mit Bleistift geschrieben die Bemerkung gefunden: „Bravo, Preußenfreund".'— Für die dünkelhafte Ueberhebung der bayerischen „Patrioten" spricht kaum etwas so deutlich, wie die Skrupellosigkeit, in solcher Weise Rüpeleien als Waffen im politischen Kampfe — „für Wahrheit, Freiheit und Recht" — zu verwenden. * Berlin,6. März. Der außerordentliche deutsche Aerztetag tritt am 7. März in Berlin zusammen, um gegen die Nichtberückstchtigung der ärztlichen Forderungen bei der Revision der Krankenversicherung zu protestieren. Die Aerzte fordern bekanntlich folgende-: 1) Freie Arztwahl bei den Krankenkassen, d. h. die Mitglieder der Kassen sollen die Hülfe lede« Arzte» anrusrn können, der im Bezirk der Krankenkasse tätig ist und sich auf di« vereinbarten Bedingungen vrr- pflichtet hat. 2) Einführung von BertragSkommissionen, d. h. die gegenseitigen Leistungen zwischen «erztrn und Krankenkassen sollen iu Kommissionen vereinbart werden, die zu gleichen Teilen vou Aerzten des Bezirks und Delegierten der Krankenkassen gebildet werden. 3) Ao-schluß höherer Eiukommeu von dem Genuß der Rechte der Srankenkasstnmitglieder, d. h. Personen und Ein- kommen von über 2000 dürfen weder Kassenmitglieder werden noch bleiben. 4) Einführung einer genaueren Statistik der »ranktnkassrn, d. h. e« soll in dir Statistik auch die Behandlung der arbeit-sähig bleibenden Kranken und der Familienmitglieder ausgenommen werden, um so «in getreue« Bild derjenigen zu geben, wa« dir Aerzte sür ihr Honorar (sei e« Pauschal« oder Einzel- leist,ng) zu leisten habe». Wenn in einem Aufruf, den der BereinSbund an dir ein zelnen Aerztevereine gerichtet hat, besonder- hervorgrhoben wird, daß die Krankengesetznovelle den Wünschen der Aerzte in keiner Weise Rechnung trage, so ist dies in einem wichtigen Punkte, nämlich in Bezug auf die Honorarfrage, nicht richtig. Die „Kreuz-Ztg." weist darauf hin, daß innerhalb des Rahmens, welcher für ein beschleunigtes gesetz geberisches Vorgehen durch die bekannte ReichStagSresolution gegeben ist, die Möglichkeit, das ärztliche Honorar zu erhöhen, vielfach erst durch die Novelle geschaffen werden wird. Denn «ach den Berechnungen, welche dem Reichs tage vorliegen, würde es, um die durch die Novelle vorgesehenen Mehrleistungen der Kasten zu decken, nur nötig sein, die bisherigen Höchstsätze der Beiträge um wenige Bruchteile zu erhöhen, z. B. bei der Gemeindekrankenversiche rung nur von 2 auf rund 2,2 Proz. deS Lohnes. Aber über den hiernach berechneten Satz geht die Novelle bei allen Kassen weit hinaus; sie gestattet für die Gemeindekrankenver- sicherung eine Erhöhung bis zu 3 Proz., für die Ort-- Betriebs-Krankenkassen usw. eine Erhöhung bis zu 4 Proz. des Lohnes, und dabei ist für die letztgedachte Erhöhung der Beitrag der Arbeitgeber noch hinzuzurechoen. In der dem Reichstage zugegangenen Vorlage ist diese wesentlich« Er höhung der Sätze ausdrücklich damit begründet worden, daß in allen Fällen aus eine Erhöhung der ärztlichen Honorare Rücksicht genommen sei. (^) Berlin, 6. März. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" meldet: Dem deutschen Gesandten in Lissabon, Grafen Tattenbach, wurde der Stern zum Roten Adler- Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub, dem Geheimen Lega- tionSrat vr. Kriege im Auswärtigen Amte der Rote Adler- Orden zweiter Klaffe mit Eichenlaub, dem Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika, Oberst LciUwrtn, die Krone zum Roten Adler > Orden dritter Klaffe mit Schleife uud Schwertern am Ringe verliehru. 6. II. Berlin, 6. März. (Privattelegramm.) Eia großer Jnformattonslurfus für Generale sinder vom 15. bis zum 28. Mai bei der Feldartillerie-Schreß- schule statt. Ao ihm werden auch zwei sächsische Generale teilnehmen. — Im Ministerium für Landwirtschaft sollte heute eine Konferenz wegen Teilung bezw. Umgestaltung der Ansiede- lungSkommission stattfinden. Nach der „Danz. Ztg." ist Oberpräsideut Delbrück zu diesem Zweck nach Berlin gereist. — Den Fall PeterS wünschen parlamentarische Kreise verschiedener Parleirichtung durch ein Immediatgesuch an den Kaiser beigelegt zu sehen. Ursprünglich bestand die Absicht, im Reichstage eine Interpellation über den Gang des Disziplinarverfahrens einzubringen. Davon ist man nun abgckommen und will nun dem Kaiser folgende- Gesuch unterbreiten: Eurer kaiserlichen und königlichen Majestät nahen die aller- unteitänigst Endesunterzeichneten mit der Bitte, nachfolgende Petition allergnädigst anhörea zu wollen. vr. Karl Peters, der Begründer von Deutsch-Ostafrika und Führer der deutschen Emin-Paicha-Expedition, ist durch ein Disziplinar verfahren im Jahre 1897 seiner Stellung als Kommissar Eurer Majestät wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt entsetzt worden. Es liegt den Endesunterzeichneten fern, die Berechtigung dieser Entscheidung in Frag« zu stellen. In weiten Kreisen des Deutschen Reiches ist jedoch der Wunsch lebendig, den so verdienten Mann wieder rehabilitiert zu sehen. Wir naben daher Eurer Majestät Thron mit der allerunter- tänigsten Bitte, durch einen Gnadenakt das Disziplinarurteil gegen vr. Karl Peters vom Jahre 1897 huldvollst ausdeben oder doch so modifizieren zu wollen, daß der aus der Verurteilung in den Augen mancher Leute herzuleitend« Makel, der Zweifel an der ehrenhaften Gesinnung des vr. Peters endgültig beseitigt erscheint. Wie ein PeterS nahestehendes Blatt versichert, ständen auch daS Zentrum, hervorragende Mitglieder der National liberalen und der Freisinnigen Vereinigung einer solchen Er ledigung des leidigen Falles sympathisch gegenüber, um so mehr, da vr. PeterS aus das bestimmteste erklärt habe, keinerlei Absichten auf eine Wiederanstellung im ReichSkienste zu haben, vr. PeterS werde dauernd seinen Wobnsitz in London nehmen und dort seinen Studien und der Verwaltung seiner Goldminen sich widmen. * Schwerin i. M., 5. März. Ministerpräsident Graf Basscwitz ist unerwartet dem Gr obherzog nach Cannes nach gereist. * Bochum, 5. März. In einer Sitzung deS Knapp- schaftsvorstandes, an der auch die Berliner Kom mission zur Untersuchung der Ausbreitung der Wur m- krankhe.it teilnahm, berichtete Professor Ör. Lübker über seine in Ungarn über die Seuche gemachten Er fahrungen. Wie die „Westfälische Volkszeitung" meldet, wurde beschlossen, noch 150 000 zur Bekämpfung der Wuruzkrankheit auszuwerfen, fo daß für das laufende Jahr vom Allgemeinen Knappschaftsverein allein 200 000 .4! für diesen Zweck bewilligt sind. — UcbrigcnS hat auch der Handelsminister Möllerin Berlin Sach- verständigen-Konferenzen zur Bekämpfung der Wurmkrankheit veranstaltet. * Karlsruhe, 5. Mäiz. Di« Protestversammlung gegen die Zulassung der Jesuiten nahm einen imposanten Verlauf; über 2000 Personen, darunter viele Damen, wobnten ihr an. Nach zündendem Vortrag BöbtlingS wurde eine gegen die Jesuiten gehende Resolution einstimmig an genommen. * Stuttgart, 8. März. (Telegramm.) Nach dem den Ständen zugegangenen Nachtragsetat sind, insbesondere für die Verbesserung der VerkehrSanstalten, 49 200 000 al» neue 3>/,proz. Anleide aufzunebmen, davon 19 600 000 .4 im nächsten Jahre. Für den Umbau de» Stuttgarter HauptbabnbofeS, sür die linksufrige Neckarbabn und andere Babnzwecke wird im näcksten Jahre eine erste Rate im Betrag« von 10 Millionen Mark gefordert. Gleich zeitig ist «in Tefttzeutwurf über die Tilgung der Staat»«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite