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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.07.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040716027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904071602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904071602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-07
- Tag1904-07-16
- Monat1904-07
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Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktion-strich l4gespalten) 75 -4. «ach den gemilieunach- richten (6 gespalten) 50 >«4- Tabellarischer und Ziffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachivelsungen und Ossertenannahme LS Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesvrderung M.—, mit Postbrsörderung 7V.—. Annahmeschlutz sur Anzeigen: Abend-Au-gabe: vormMag» 10 Morgen-Ausgabe: aachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stets au dieExpedttto» -»richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet voa früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol- tu Leipzig (Inh. vr. B, R. L W. Kltukhardt). Nr. 359 98. Jahrgang. Sonnabend den 16. Juli 1904. Vas Wchstgrie vom rage. * Die Bismarcksäule der Stuttgarter Studentenschaft wird heute eingeweiht. (S. Dtsch. R.) * In Hamburg hat ein Brand die Kochsche Palmkernölfabrik, sowie eine Zementfabrik zerstört. (S. Aus aller Welt.) * In den letzten Tagen sind in P a r i s 50 Personen auf der Straße am Hitzschlag gestorben. (S. Aus aller Welt.) * In St. Martin de Cran erfolgte eine Explosion in einer Fabrik elektrischer Zünder. 3 Frauen wurden getötet. (S. Aus aller Welt.) Mauritius uns MannrchaNrerriedung. Tas hohe Lied eines deutschen Seeoffiziers könnte man die Abhandlung nennen, die unter dem Titel „Idea lismus und Mannschaftscrziehung" im neuesten Hefte der „Marine - Rundschau" (S. 813—828) er schienen ist. Diese Abhandlung hat, wie wir wissen, in Marinckrcisen beträchtliches Aussehen erregt; aber weit über die Marinekreise hinaus verdient sie Beachtung, weil sie ein erhebendes Zeugnis für tatfrohes, ideales Streben auf einem Gebiete ist, von dem oft genug beklagenswerte Kunde kommt: auf dem Gebiet der Mannschaftserziehung. Den Mitteln, Werten und Gesichtspunkten, die für die Volkserziehung während der Militärzeit von Bedeutung sind, spürt der Verfasser mit eindringender Sachkenntnis und voll Be geisterung nach. Er findet, daß die Volkserziehung durch den Offizier bewußtermaßen in drei Punkten immer wich tiger wird, nämlich in Bezug auf Gesundheits- lehre. Nationalgefllhl und Religiosität. Welche Richtlinien der Verfasser dabei zieht, läßt sich »venu wir uns auf das wesentlichste beschränken, zu- fammcnfassend wie folgt veranschaulichen. Mehr als Acrzte und Vereine gegen die Verschlechte rung von Nasse, Moral und Körperkraft kann der er- ziehende Offizier durch Belehrung der jungen Männer tun. Ec soll ihnen den einzigen berechtigten Fanatismus ancrziebeu, den Fanatismus, den eigenen Körper so leistungsfähig wie möglich zu machen. Es leuchtet ein, daß hier vor allem der Mißbrauch des Alkohols bekämpft werden muß. In zweiter Reihe handelt es sich dann um den Mißbrauch des T a b a k Verbrauchs, namentlich um den besonders schädlichen Cigarettenkonsum. Endlich muß das traurige Mäntelchen falscher Scham, tvelches noch immer zum Schaden der Gesamtheit über das Ge schlechtsleben gedeckt wird, entfernt werden. Ein gehende Belehrung in dieser Hinsicht wird weder der Poesie, noch der Sittlichkeit der Lebensführung Schaden zufügen, wohl aber die Ucberzeugung verbreiten helfen. daß die Fortpflanzung ungesunder Veranlagungen ein Verbrechen ist. Die Weckung des Nationalgefühls der Mann- schäft ist eine weitere Aufgabe des Offiziers. Geogra phische Lage, Nassenverschiedenheit und Hang zum Individualismus sind der Entwicklung des deutschen Nationalgefühls hinderlich gewesen. Was die zerfalle- nen Glieder des deutschen Volkskörpers schließlich immer von neuem belebte und verband, war vor allemderGlaube an die alte Waffenhcrrlichkeit, war das deutscheWesen, das sich selber rettete. Wasaberheißtdeutschsein? Frei sein von kränklicher Melancholie, eine erkannte Wahrheit nur zur Befriedigung des Gewissens hart ver- teidigen, allen Tand verachten, an dem Erreichten sich nie genügen lassen, mit der Außenwelt zu leicht zerfallen, aber heiß nach innerem Frieden suchen, froh sein einer einfachen Lebensführung, körperlich leistungsfähig, kein Opfer des ewig Weiblichen, aber auch dem armseligsten Geschöpf ein Ritter, erfüllt von Waffenstolz — das heißt deutsch sein. Wohl gibt es viele, die in den heutigen Waffen und in der heutigen Fechtweise keine Poesie mehr finden. In dieser Auffassung liegt viel traditioneller Stumpfsinn. Höher als der Waffenstolz eines Wallenstein- schen Kürassiers steht der Waffen stolz des Hei ze r s, der im düsteren Winkel der schwimmenden Stahl, bürg elektrische Spannungen regelt, oder der der M a - schinisten, der im Donner des Gefechts den Gang gewaltiger Eisenmassen meistert. So wenig bisher die Poesie von Waffen Handwerk der neuesten Zeit ge sungen hat, so viel Poesie liegt dock) in der immer größeren Beherrschung gewaltiger Naturkräfte. Erziehung zur Religiösität (oder richtiger zu einer gesunden Weltanschauung) ist die dritte Hauptauf gabe des Offiziers. Immer mehr wächst die Zahl derer, die zum Heere nicht das Gottvertrauen früherer Zeiten mitbringen. Wenn der Mensch seinen Gott in der Kirche verloren hat, wenn Familie, Schule, Natur ihm den Glauben nicht erhalten konnten, dann wird er ihn nur wiederfinden in der eigenen Brust. Der erstarkende Individualismus hat in den meisten Ländern Europas die unteren Volksschichten ergriffen, und es stehen ihm nur zwei Wege offen. Der eine führt zum Materialis mus, in die Arme eines rücksichtslosen Genußlebens; auf dem anderen suchen die Menschen, für die der Glaube an ein Jenseits die alte Zugkraft verlor, ihre Glück seligkeit in einer möglichst harmonischen Gestaltung des Diesseits und in einem erst mit dem Tode verlöschende Selbstverbesserungstrieb. Der Offizier ist kein Priester, der seinen Leuten das Wort Gottes erklären kann, aber er ist ihr Freund und Berater und vermag als solcher den vielen religionslosen Leuten, die durch seine Hände gehen, wenigstens leitende Gesichtspunkte mit auf den Lebensweg zu geben, Gesichtspunkte, aus denen der ein- zelne leicht die sittliche Konsegucnz zieht, daß er sein Ich nicht dem Genüsse weihen darf, sondern daß die höchsten Gebote, die der körperlichen und der geistig-sittlichen Gesundheitslehre sind. unserer Truppenmacht im Schutzgebiete zu verbessern, ist nai. der „Schief. Ztg." auch eine Verstärkung deS Bäckerei personals angeordnet worden. Militärbäcker sowie Mann schaften aller anderen Waffen, welche in ihrem Zivilver- hältnis Bäcker und womöglich am Feldbackofen ausgebildet sind, können sich bei den zuständigen Dienststellen zum Ein tritt in die Schutztruppe melden. Ebenso haben die Krank heitsverhältnisse bei unserem Expeditionskorps eine Vermeh rung des Sanitätspersonals (Sanitätsunteroffizicrc und -Mannschaften) erforderlich gemacht, auch Oekonomiehand- werker, namentlich Sattler, werden notwendig gebraucht. Allen Personen der vorgenannten Kategorien werden die für die Schutztruppe zuständigen Kompetenzen gewährt. Weiterhin ist die Entsendung neuer PferdetranSporte für Südwestafrika geplant. Es werden zu diesem Zwecke in der zweiten Hälfte dieses Monats seitens der Remonte- inspektion Pferdemärkte in verschiedenen Orten Oberschlesiens abgehalten werden. Die anzukaufenden fünf- bis zehnjährigen Pferde sollen kleiner sein als Remonten und als Zugpferde dienen. Es werden also in erster Linie für diesen Zweck Pferde des Hunter-Typus in Betracht kommen, die stark knochig, rumpfig und muskulös sind und einen guten Rücken, breite, feste Sehnen und gesunde Hufe und nicht zu hohe Beine haben. Der Umstand, daß diese neuen Transporte beabsichtigt sind, läßt darauf schließen, daß auch die Kolonialabteilung, deren journalistische Gehülfen schon vor Monaten das un ¬ mittelbar bevorstehende Ende des HereroaufstandeS verkün deten, endlich zu der Einsicht gekommen ist, daß wir noch ge raume Zeit zu tun haben werden, um in Deutsch-Südwestafrika geordnete und, soweit menschliche Voraussicht geht, gestcherteZu- stände herzustellen. Es ist daher auch ganz unzeitgemäß, wenn allerhand Ratgeber jetzt schon mit Vorschlägen kommen, wie die Verwaltung der Kolonie zu gestalten sein soll. Es ist , zurzeit absolut müßig, die Frage aufzuwerfen, ob ein Zivil oder ein Militär-Gouvernement einzurichten wäre. Alle Kenner der Verhältnisse find darin einig, daß wir noch mindestens ein Jahr lang eine starke Truppenmacht in Süd- I wcstafrika halten müssen, um nach der Niederwerfung der ! Herero auch im Süden und im Norden des Schutzgebietes die I völlige Entwaffnung und Unterwerfung der Eingeborenen durch- i zuführen. Im Süden machten Witterungsverhältnisse in dieser ! Beziehung weniger Schwierigkeiten als im nördlichen Teile I Südwestafrikas. Hier wirkt das tropische Klima schon stark „ -.1 ein, und wir können in den Gebieten der Owambo nur etwa „ - , - ' »Wozu dies? »während der Monate Juli bis September mit Weißen Truppen bist du ja doch geliefert. I operieren, um sie nicht allzu schwerer Gefährdung durch ver Mkrtana der Herero. waffenzoll, Vureaukratle und Anfiedler. I Die „Deutsch-Südwestafrikanische Zeitung" vom 22. Juni I teilt die Antwort mit, die in der Sitzung des Windhoeker I Beirats das Gouvernement auf den Antrag auf Auf hebung des Zolles auf Gewehre und Munition erteilt hat. DaS Gouvernement kann diesem 1 Anträge und seiner Begründung nicht beipflichten, da die Unruhen im Süden und Norden gelehrt haben, daß der einzelne Ansiedler auch bewaffnet nichts auszurichten vermöge, sondern vielmehr zu befürchten sei, daß die Gewehre und Munition, in die Hände der Eingeborenen fallend, eine Gefahr, besonders für die Schutztruppe darstellen würden. — Dem Ansiedler also, bemerkt das Blatt sarkastisch zu dieser Verfügung, der auf seinem Platze zu seinem Schutze Waffen und Munition in hinreichender Menge zur Hand haben möchte, wird ganz ruhig gesagt: Wirst du angegriffen, z» »>»> >>>^/» Es ist dann doch genug, du wirst allein totgeschlagen, als I Malaria usw. auszusetzen. Wenn man auch hinter die An- daß mit den bei dir erbeuteten Gewehren und Patronen I gäbe, daß die Owambo sogar Geschütze besitzen, ein Frage- außerdem noch Soldaten der Truppe erschossen werden könn-1 reichen setzen darf, ist doch zweifellos, daß die dauernde ten." Man hat ja schon manches erlebt hierzulande; aber I Befestigung der deutschen Herrschaft unter diesem kriegerischen nach dieser Probe weiß man schon nicht mehr, worauf man I Volke, das bisher nur nominell unterworfen ist, nicht ganz sich noch gefaßt machen darf. Es ist sicher, daß zu den I leicht sein wird. ersten Bestimmungen, die bei einer Neuordnung der Dinge I geändert werden müssen, diejenigen gehören, d,e den Besitz von Waffen und Munition für die Weißen beschranken. I Trnpxenverfiärkungen. I Ssacharsw meldetr Die angekündigte Entsendung weiterer Verstärkungen nach I Die Japaner marschierten am t4. Juli früh mit 4 Ge- Deutsch-Südwestafrika wird jetzt in Angriff genommen, Es ! schützen nach Litsiatun, 13 Werst südlich von Taschitschao, wird sich hierbei vornehmlich nicht um Verstärkung der in ! und wurden durch das Feuer einer russischen Streiswache erster Linie kämpfenden Truppenteile handeln, sondern um I gehindert, dort Stellung zu nehmen. Auf den Anhöhen bei Vermehrung der Verkehrstruppen. Es soll sogleich I Hodsiatun, 8 Werst südlich von Litsiatun, wurden bedeutende eine weitere Feldtelegraphenabteilung aufgestellt werden, I japanische Streitkräfte mit 9 Geschützen bemerkt. Eine und ebenso ist die Entsendung eines neuen Eisen-1 russische Nachhutabteilung, welche am. 14. Juli zwischen bahner - Transports in Aussicht genommen. Unter-! der Mandarincnftraße und der Bahnlinie rekognoszierte, wurde osfiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes I von 3 japanischen Batterien von den Nachbarhügeln aus be- der Telegraphenbataillone und der Eisenbahnbrigade, die I schossen. Westlich der Bahn besetzten die Japaner das Dorf geneigt sind, nach Südwestafrika zu gehen, können sich sofort l Ehuntsitschan, 11 Werst nordwestlich von Kaitschou. In den bei ihren Bezirkskommandos melden. Um die Verpflegung I Scharmützeln am 14. hatten die Russen einen Toten und unserer Truppenmacht im Schutzgebiete zu verbessern, ist nach l 8 Verwundete, die Japaner 1 Tote. Am 15. besetzte die "" ' ' japanische Vorhut in der Nähe von Kaitschou die Linie Maolingu—Tsiicbilinpi—Pensai—SangoiScki und das Gelände westlich der Bahn bis Ehuntsitschan. Russische Artillerie hinderte am 15. zwei japanische Bataillone an. der Fort setzung der Schanzarbeiten auf den Abhängen der Hügel südlich von Pensa, 7 Werst nördlich von Kaitschou. Ein spanisches Kavallerieregiment steht im Nautahe-Tale bei Liusutzai, eine starke Feindesabteilung hält Mugaziu besetzt, drei Bataillone, zwei Schwadronen und sechs Gebrrgs- geschütze stehen bei Namaju, starke japanische Streitkräfte ferner in der Umgebung von Lanfankwan. Je zwei Bataillone halten den Ufankwan-Paß und den Siakaulin-Paß besetzt. Berittene Freiwillige batten am 14. bei Heju ein Scharmützel mit einer japanischen Kompagnie, welche südwärts zurückging. Lrn rnsfischer Bericht. Ter „Birshcwija Wjedoinosti" wird aus Laschst- schiao unterm 14. Juli telegraphiert: Am Abend des 13. Juli bemerkten die russischen Vorposten, daß der Feind besondere Bewegungen vornahm. Die Japaner wechselten anscheinend ihre Stellungen. Am Morgen des folgenden Tages wurde eine Abteilung Kavallerie zur Aufklärung entsandt. Die Kavallerie stellte fest, daß das Tal bis nach Kaiping von den japanischen Truppen ge- räumt war. Die russische rechte Flanke war daher frei. Sofort wurde eine neue Rekognoszierung für den 15. Feuilleton. 2" Die Entgleisten. Roman von Caroline Deutsch. Nachdruck verboten. „Warum willst du mich von hier fort haben?" hatte Andreas bestürzt gefragt. „Weil du dich unglücklich bei uns fühlst", hatte die Pflegemutter geantwortet, und als er, vor sich nieder blickend, lange schwieg, hinzugefügt: „Du versprachst mir, mit jedein Leid zu mir zu kommen, du hast es nicht getan, Andreas." Wieder verging eine Zeit, ehe er sprach. „Man kann nicht alles sagen . . . nicht einmal dem liebsten Menschen. — Und noch eines glaub' mir, Mutter! Es ist besser, Ihr kümmert Euch nicht um mich und überlaßt mich mir selber, du, sowie der hochwürdige Herr! ... Es gibt Wunden, die eher heilen, wenn sie nicht berührt werden." XIX. Ende März fiel Marischkas Namenstag. Da das junge Mädchen das ganze Jahr über sehr angestrengt nnd für die Pflegemutter eine rechte Hülfe gewesen, der Tag außerdem auf einen Sonntag fiel, beschloß diese, um ihr eine besondere Freude zu bereiten, eine größere Ge sellschaft, woran sich ein Ball anschließen sollte, zu geben. Für's erste wurde nur der junge Graf in das Ge- heimnis gezogen; denn die Gutsherrin mußte bei den Anordnungen eine geeignete Kraft zur Seite haben, bald aber überließ sie ihm vollständig freie Hand in der Sache. Marischka konnte sich die vielen Postsendungen nicht erklären, die Tag für Tag ankamen. Das würden doch nicht alles Geburtstagsgeschenke sein? Ebenso wunderten sie die vielen Heimlichkeiten, die die Pflegemutter auf ein-1 mal mit Bethlen hatte. Und drängte sich ihr manchmal! eine Erklärung auf — und es konnte doch nur eine dafür geben —, dann war ihr Gesicht wie in Glut getaucht, und das Herz schlug ihr vor namenlosem Glück In den letzten Tagen aber, wo mit der Ausschmückung der Säle, mit dem Backen und Kochen begonnen werden sollte, konnte man Marischka die Wahrheit nicht mehr vorenthalten. Es würde einen Ball geben, einen wirk lichen Ball mit einer Zigeunerkapelle, Kotillonorden und all' den dazu gehörigen Herrlichkeiten! Zur Aus schmückung des Tanzsaales waren ganze Ladungen von Tannenzwcigen nnd Massen bunter Gaze und Schleier verwendet worden und Marischka der Eintritt verwehrt, bis alles vollendet war. Doch da das Klopfen und Hämmern durch's ganze Haus drang, war's ihr auch so schon eine wunderbare Musik Der große Tag kam heran mit strahlendem Sonnen schein und wolkenlosen! Himmel. Schon vom frühen Morgen an stellten sich die Gäste ein aus den benachbarten Gutshöfen, aus Verbova und einigen anderen nahegelegenen Ortschaften. Der Schnee knisterte und knarrte unter den anfahren den Schlitten, die silbernen Schellen der Pferde klingelten lustig, und plaudernd und scherzend schlüpften die Damen und Herren aus den warmen Decken und Pelzen. Das Schloß hatte Raum für alle. Ebenso wurden die Pferde in den Ställen, die Schlitten teils in den Remisen, teils im Schloßhose untergebracht, während sich die freige wordenen Kutscher und Diener nach den großen Gesinde - räumen begaben. Frau von Torma zeigte, daß sie zu repräsentieren ver stand. Die Mittagstafel bot mit ihrem Reichtum an Silber und Kristall, mit ihrer Fülle blühender Gewächse, ! die das Treibhaus geliefert hatte, einen wahrhaft glänzen den Anblick, der noch gehoben wurde durch die bunten, teils duftig zarten, teils eleganten Toiletten der Damen. Für Marischka war es heute ein glücklicher Tag, wenn auch ein ganz kleiner Schatten hineinfiel, der sich dann zwar im Laufe der Stunden verflüchtigte. — Gleich am Morgen erschien der alte Janzsi mit einem Strauß köst licher roter Rosen, die Bethlen aus der Hauptstadt für sie bestellt hatte. Einen solchen Geburtstagsgruß durfte er als Freund des Hauses wagen. Und seiner kleinen Freundin strömte aus dem Duft eine ganze süße Zauber welt entgegen. — Tann passierte das andere Merk- würdige, das sie einen Augenblick mit Verwirrung und Bestürzung erfüllte. . . . Sie war noch mit dem Ordnen der Blumen beschäftigt, da öffnete sich noch einmal die Tür, und Andreas erschien auf der Schwelle. Als er sie allein sah, zögerte er und machte dann eine Bewegung, wie um sich wieder zu entfernen. Da rief ihn Ma rischka an. „Warum willst du nicht hereinkommen? Heut' ist mein Geburtstag, da könntest du mir wenigstens gratu lieren. Sieh', diese schönen Rosen, die hab' ich eben auch bekommen!" Er trat langsam näher. „Ich bin in dieser Absicht gekommen", sagte er und fügte dann in ruhigen, kurzen Worten seinen Glückwunsch hinzu, ohne aber dabei aufzu blicken. „Was hab' ich dir getan, daß du mir böse bist, An dreas?" fragte Marischka. „Ich bin nicht böse", versetzte er. „O, doch? Schon seit Wochen und Monaten? ... schon so lange, wie du zu Hause bist Und ich freute mich so sehr auf deine Heimkehr, auf unser Zusammenleben! Ich bin dir aber fremd geworden .... du machst dir nichts mehr aus mir." Marischka war unwissend, darum war sie grausam. — „Du irrst dich, ich bin nicht böse", wiederholte der Kaplan, aber seine Augen suchten beharrlich den Boden. Sie sah in sein leidendes, blasses Gesicht, und ein tiefes Mitleid überkam sie. Sie hätte ihm so gern etwas Liebes erwiesen, ihm so gern gezeigt, daß sie in ihrem Empfinden gegen ibn noch ganz die Alte sei. „Gib nlir die Hand, Andreas, und laß uns fein wie früher!" Und mit einer liebevollen Bewegung streckte sie ihm die Hand entgegen. Er nahm sie, und als er so dastand und die kleine weiche Hand in der seinen fühlte und das liebe, holde Gesicht so nahe dem seinen, da verging ihm die Be sinnung .... wenn eine Welt dazwischen gestanden, er hätte sich nicht halten können; er drückte sie an sich und küßte sie leidenschaftlich. Seine Wildheit erschreckte sie. „Andreas!" rief sie, „Andreas!" Da kam er zu sich und taumelte zurück. Wie in halber Ohnmacht lehnte er einen Augenblick an der Wand, die Hände vor das Gesicht geschlagen. Dann ließ er diese sinken und ging hinaus, ohne nur einmal den Kopf zu wenden. Auch Marischka stand ganz bleich und zitternd beim Tische. Nein, das hätt' er nicht tun dürfen, das nicht! Aber keine lebende Seele sollte jemals davon erfahren. Trotz ihrer Jugend kam ihr zu Bewußtsein, daß zwisctM dem Spiele der Kindheit und jetzt eine Kluft läge, so groß und urrausfüllbar, wie der Raum zwischen Himmel und Erde. — , Wie gesagt, der Eindruck der kleinen Szene uerwi n im Laufe des Tages. Man erwies ihr )o wel - samkeit, es wurden so viel Reden auf da-.- e iu - kind gehalten, so viel Hochs -..k dasselbe angebracht. daß cs ein älteres Herz als das stne bei am ' , Und erst als der Abend kam und die Sale uu Lutster-
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