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Dresdner Journal : 24.08.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188408241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840824
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840824
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-08
- Tag1884-08-24
- Monat1884-08
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Journal : 24.08.1884
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Lrpeäition 6s« vr«,6o«r 6ouro»l», vrssäeo, Lvivgerstr»«« Ho. SO. Amtlicher Theil. Dresden, 18. August. Se. Majestät der König haben dem Hofrath und außerordentlichen Professor am hiesigen Polytechnikum l>r. pk. August Toepler den Titel und Rang als Geheimer Hofrath in der dritten Classe der Hoftangordnung zu verleihen Aller- gnädigst geruht. nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Sonnabend, 23. August, Vormittags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Se. kaiserl. und königl. Hoheit der Kronprinz hat gestern früh das Schloß Otdorne verlassen, um sich, soweit bestimmt, über Antwerpen, Ostende, Metz, Straßburg und Basel nach der Insel Mainau zu begeben. Wien, Freitag, 22. August, AbendS. (Tel. d. Boh.) Ju der heutigen Gemeiuderathsfitzung theilte der Bürgermeister mit, daß auf sein Glückwunsch telegramm an den Kronprinzen von demselben nachstehende Antwort einlangte: „Bon meiner Frau und mir innigsten Dank für den freundlichen Glückwunsch zum so glücklichen Verlaufe des gestrigen Unfalles. Es geht uns Beiden ganz gut. Herzlichsten Gruß. Rudolf." Brüssel, Freitag, 22. August, AbendS. (W. T. B.) Die Repräsentantenkammer hat in ihrer heutigen Sitzung die GeneraldiScussion Über das Schulgesetz beendet. Die Berathung der einzelnen Artikel desselben und der dazu gestellte» Anträge beginnt nächsten DienStag. London, Sonnabend, 23. August, Nachmit tags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Nach einer Mel dung von „Reuter'S Office" aus Futschen hätte der Admiral Courbet die Absicht augezeigt, daS Bombardement auf daS Arsenal von Kutschen heute zu eröffnen. Ein Telegramm der „Times" auS Foutscheu »ov heute Nachmittags 2 Uhr sagt: Lie Feind seligkeiten begannen. AuS Peking wird von gestern gemeldet, daß die Gouvernenrr der Provinzen KwaugS und Auman Befehl erhielten, mit ihren Truppen nach Tonkin zu warschirev. Kairo, Freitag, 22. August, AbendS. (W. T. B.) Der vom General Stephenson befürwortete Vorschlag, die Expedition uach Chartum, statt den Nil euilaug, von Suakm auS zu unter nehmen, ist von der englischen Negierung abgelehnt worden. Eine amtliche Depesche auS Assuan sagt, der Nil sei im Steigen; der General Wood habe den ersten Nilkatarakt passirt, ausgenommen die letzten 270 m desselben, die er für stets pasfir- bar halte. Dresden, 23. August. Wie bereits in der vorigen Nummer telegraphisch gemeldet wurde, sind die diplomatischen Beziehun gen zwischen Frankreich und China nunmehr abgebrochen. Dieses Ereigniß darf nicht unter schätzt werden; aber man muß sic'^ auc'' davor hüten, demselben eine allzu große Tragweite beizumessen. Ver suchen wir es zunächst ganz unbefangen, soweit die bisher emgelaufenen Mittheilungen dies gestatten, den Sachverhalt darzulegen Wie die Blätter melden, ist die von Li-Fong-Pao im Auftrage des Tsung-li- Damen, deS für die Verwaltung der auswärtigen An gelegenheiten EhinaS im Jahre 1860 errichteten und von dem Prinzen Kung präsidirten Amtes, mit welchem, dem Journal „ Paris " zufolge,während der Nacht von Donners tag auf Freitag der chinesische Gesandte einen lebhaften De peschenwechsel führte, dem französischen Ministerium er- theilte Antwort verneinend ausgefallen. Die Frage der Ent schädigung bildete den „Stein des Anstoßes", wie die „Nouvelle Presse" sich ausdrückt. Daraus braucht man aber noch nicht zu folgern, wie dies feiten deS genannten Blattes geschieht und wie von der gesamm- ten radicalen Presse gefordert wird, daß der Krieg nunmehr die einzig mögliche Lösung des ConflicteS sei. Der Streit ist in ein neues Stadium eingetreten, aber es sind immer noch andere Lösungen möglich. Mit Recht bemerkt z. B. die „Post", „daß sich die Kritik der Presse bisher über den ganzen Streit nur in Behauptungen bewegte, welche aus individuellen Anschauungen entsprangen und denen keine positiven Argumente untergelegt werden konnten. Es kann auch nicht anders sein, da uns im Grunde China ein mit 7 Siegeln verschlossenes Buch ist und in die „Volks seele" noch kein Psychologe einen Blick gethan hat, welcher der Welt eine wirkliche Aufklärung gäbe." Man darf zunächst nicht außer Acht lassen, daß die von Frankreich geforderte Entschädigungssumme von 80 Millionen auf chinesischer Seite zu hoch be funden wurde; der Anspruch Frankreichs auf eine Ent schädigung scheint jedoch nicht bestritten worden zu sein. Es ist also immerhin noch eine Verständigung mög lich. Auch war China bisher erdötig, zu einer wei tern Verständigung die Hand zu bieten. Das Tsung- li-Aamen hat ein Rundschreiben an die Mitglieder des diplomatischen Corps in Peking gerichtet, welches, wie ein aus Shanghai datirtes Telegramm der „ Times " meldet, die jüngsten französisch-chinesischen Unterhand lungen recapitulirt und die Weigerung des französi schen Gesandten, Patenötre, beklagt, die Vermittelung des amerikanischen Gesandten anzunehmen. Die chinesi sche Regierung stellt in dieser Urkunde in Abrede, daß sie sich einer Verletzung der Fournier'schen Ueberein kunst schuldig gemacht habe, klagt vielmehr die franzö sische Regierung mehrerer Verletzungen derselben an, darunter die eines Angriffes der chinesischen Befestig ungen. Die chinesische Regierung, so wird hinzugefügt, sei von dem Wunsche beseelt, die streitige Frage dem Urtheile der Mächte zu unterbreiten, in der Hoffnung, daß die Mächte eine Lösung ausfindig machen dürf ten. Andernfalls würde die chinesische Regierung nach besten Kräften Widerstand leisten und die Verantwort lichkeit für die Folgen auf die französische Regierung schieben. Eine formelle Kriegserklärung ist gleichfalls bis her von keiner Seite erfolgt. Der Ministerpräsident Ferry würde hierzu allerdings die Genehmigung der beiden Kammern bedürfen, deren sofortige Einberufung von den radicalen Journalen gefordert wird. Die „Libertö" glaubt jedoch zu wissen, Ferry werde das Parlament so lange nicht einberufen, als der Admiral Courbet mit den vorhandenen Kräften Aussicht hat, zum Ziele zu gelangen, da er sich durch daS Ver trauensvotum der Kammer zu Zwangsmaßregeln auto- risirt erachtet. Inzwischen hat der chinesische Gesandte Li-Fong-Pao gestern Paris verlassen und sich nach Berlin begeben. Auch hierdurch wird die Lage nicht wesentlich verschlimmert. „Im Ganzen genommen ist die Situation heute nicht gefährlicher, als schon vor vielen Monaten," schreibt die „National-Zeitung". „Daß die Chinesen über Drohungen hinausgehen wer den, erscheint kaum glaublich, denn eine Kriegserklärung würde die Situation nur zu Chinas Ungunsten ver ändern; Frankreich wäre damit vieler Rücksichten Feuilleton. Nedigirt von Otto Bouck. Unvermählt. Au» dem Jtalienijchen des Enrico Castelnuovo. (Schluß zu Nr. 197.) Sie waren Alle fort, und ich zog nun einen Stuhl zum Tische heran, erbrach mit zitternder Hand die Siegel der Briefe, öffnete das Etui und zerriß hastig den Umschlag der Photographien. Da lag nun meine ganze Vergangenheit vor mir. All jene vielen Seiten voll von Begeisterung und Liebe hatte ich geschrieben, ich hatte all' jene Geschenke ihm gemacht, und meine Züge waren es gewesen, die aus diesen lachenden Augen, aus diesen blühenden Wangen sprachen. Da mals war ich jung, vertrauensvoll "und schön gewesen. Jetzt schien ein Jahrhundert »wischen mir und jener glücklichen Zeit zu liegen. Ich weinte lange und heftig; dann nahm ich die Briefe, Bilder und EtuiS und legte Alles in den Kasten, in welchem ich bis vor wenigen Tagen seine Bilder, seine Briefe, seine Geschenke aufbewahrt hatte. Dann wusch ich mit frischem Wasser die letzten Thränenspuren von mei nem Gesicht und ging hinunter in den Salon. Meine Augen waren noch vom Weinen geschwollen, aber ich selbst erschien gefaßt und ruhig. Der Frühstückstisch war gedeckt; Papa saß bereit» auf seinem Platze und zerbrach mechanisch ein Stückchen Brod nach dem andern. Bald darauf erschien mein Bruder, dann kamen die Kinder herein. Lisa stürzte auf mich zu und küßte mich. Ich war kaum im Stande, meine Tasse Bouillon herunterzuschlucken — die Kehle war mir wie zugeschnürt; man schien es nicht bemerken zu wollen — wie sollte ich auch jetzt Hunger haben! — Trotz der niedergeschlagenen, betrübten Mienen um mich herum, merkte ich sehr wohl, daß die Auflösung meiner Verlobung der Familie als kein Unglück er schien. Em paar Tage noch und Niemand würde ein Geheimniß daraus machen, daß dies denkwürdige Er- eigniß Allen sehr willkommen war. O Marie, halte mich nicht für schlecht, zweifle nicht an meiner Liebe zu Papa und Moritz, und denke nicht, daß ich sie falsch beurtheile oder an ihrer Zuneigung für mich zweifle. Sie lieben mich eben auf ihre Art. Als das einzige weibliche Wesen, welches im Hause geblieben war, hatten sie sich so daran gewöhnt, mich stets um sich zu haben, daß sie den Gedanken gar nicht fassen konnten, auch mich eines Tages fortgehen zu sehen. Sie hatten keine Schuld daran; es war ein Ver- hängniß. Meine arme Mama starb, wie Du weißt, in der Blüthe ihrer Jahre; mein Bruder verlor mit 26 Jahren seine junge, schöne Frau. Meine Schwägerin verstand zwar nicht viel von der Wirth- schaft, aber mit der Zeit hätte sie aus der Noth eine Tugend machen müssen und sich hinein gefunden. So aber fielen eines schönen Tages alle Sorgen um die Familie auf mich. Ich mußte Papa Gesellschaft leisten, ich war es, die die Garderobe meines Bruders in Stand zu halten und für die Sauberkeit der Kinder zu sorgen hatte. Ein Stückchen Krankenwärterin und Gesellschafterin, dann wieder Kinderfrau und Wirth- schafterin, da» waren die verschiedenen Aemter Deiner alten Freundin, da» ist aus der lebenslustigen Emilia Beweis von Großmuth gefordert hat. Am Vorabende einer zweiten Verlängerung geht China selber von dannen und läßt uns allein stehen. Bis jetzt fand gewöhnlich das Gegentheil Statt. Ter Bruch ging von derjenigen Macht aus, welche die Forderung stellte, und nicht von derjenigen, an welche sie gestellt wu,de. Die Erden Richelieu s und Talleyrand's, welche heute auf dem Quai d'Orsay Hausen, haben diese Gebräuche geändert. Was für China eine Einschüchterung sein sollte, ist für Frankreich eine Beschämung geworden." Diese Aeußerung kennzeichnet ganz treffend den Ein druck, welchen die öffentliche Meinung von den letzten Ereignissen empfangen hat. — Der „Rappel" be merkt zu der telegraphisch mitgetheilten Note der „Agence Havas" Folgendes: „Wir werden kein Wort sagen, das unsere Soldaten, welche dort in der Ferne die Ehre der Fahne hochhalten, entmuthigen könnte; aber wie oft haben wir gegen die Politik der Aben teuer protestirt! Wir zweifeln nicht am Endergebnisse; aber war das der rechte Zeitpunkt, unsere Armee in fernen Unternehmungen zu zersplittern, wenn wir nicht zu viel an allen unseren Kräften haben, um Das, was uns das Kaiserreich von unserm Gebiete gelassen hat, gegen einen stet- möglichen Angriff zu vertheidigen?" — Nicht so melancholisch zieht die „Republique franyaise" in den Krieg. Sie bemerkt, in diesem Augenblicke habe China wahrscheinlich schon eine erste Züchtigung erhalten; nachdem das Tsung-li-Aamen in seiner Unehrlichkeit verharrt, habe der Ministerpräsident Ferry nicht anders handeln können, als er gehandelt habe. Sodann heißt es: „ Das Arsenal und die Forts von Futscheu zerstören, die Häsen Formosas besetzen, im chinesischen Meere alle Schiffe, auf denen die Flagge des himmlischen Reiches weht, vernichten, das ist die Politik, welche sich unter diesen Umständen der Regierung der Republik ausnöthigt Jede andere Politik würde ihrer wie Frankreichs unwürdig, würde unklug, ungeschickt und höchst gefährlich sein Damit so, mit dieser Energie und angemessenen Festigkeit gehandelt werde, haben die Kammern wiederholt die Cre ditforderungen genehmigt und die bekannten Vertrauens- lagesordnungen angenommen. Um diese unerläßlichen Acte der Kraft zu tadeln, werden sich nicht viele Bür ger finden, welche Gefühl für die Ehre und die In teressen ihres Landes haben . . . Man muß die Chi nesen züchtigen, indem man in Futscheu den solidesten Theil ihrer militärischen Organisation, die ein bedeu tendes Capital verkörpert, zerstört. Man muß die Zukunft sichern, indem man auf Formosa die wich tigen Pfänder nimmt, welche die Häfen, Bergwerke und Zollämter dieser Insel bilden. Um Futscheu zu demoliren, reicht das unter dem Befehle des unver zagten Admirals Courbet stehende Geschwader aus; um Formosa zu besetzen, genügen einige Landungs- cvmpagnien (?). Wenn China nach diesen Executionen nicht nachgiebt, wird es immer noch Zeit sein, weitere Schritte zu thun. Eine beherrschte Stellung ist schon so gut wie genommen, und in wenigen Stunden wer den wir die Lage beherrschen . . . Wer könnte sich denn wundern, daß Frankreich, wenn es angegriffen und beschimpft wird, sich vertheidigt? Wer könnte sich einbilden, Frankreich sei dazu aufgelegt, sich länger von einigen Mandarinen verhöhnen zu lassen?" Der Schluß deS Artikels ist den „Times" gewidmet. „Die „Times" Hetzen die chinesischen Mandarinen auf, wie sie gestern und vorgestern die tunesischen Rebellen und die aufständischen Anams wider uns hetzten. Das hat uns nicht verhindert, in Tunis und in Hu«? unser Werk zu thun." Eine wesentliche Veränderung der Lage ist auch zunächst nicht zu erwarten; denn China befindet sich in einer sozusagen unangreifbaren Stellung. Einst weilen haben die bezopften Mitglieder des Tsung-li- Aamen alle Ursache zur Schadenfreude. Von der entbunden, und China wäre nachher — namentlich zur See — militärisch ebenso ohnmächtig, wie vorher. Dagegen wird man nun wohl bald von einem Wieder beginn deS französischen „Pfänderspieles" hören, und die Tage deS Arsenals von Futscheu dürften gezählt sein; denn dessen Zerstörung dürfte der erste Druck sein, welchen man sranzösischerseits auf die chinesische Hartnäckigkeit auszuüben suchen wird. Wie übrigens in Berliner Kreisen, welche als orientirt gelten können, verlautet, wäre die hartnäckige Weigerung Chinas, die geforderte Kriegsentschädigung zu bezahlen, nicht blos auf üblen Willen, sondern wesentlich auch auf die Leere der chinesischen Staatskasse zurückzuführen. Erfolgt dementsprechend eine Zahlung von chinesischer Seite nicht, so wird eben Frankreich wahrscheinlich entspre chende Pfandobjecte in Beschlag nehmen und behaup ten, bis ihm chinesischerseits irgend ein Aequivalent für die geforderte Geldsumme zuerkannt wird. An einen wirklichen Krieg glaubt man in den oben er wähnten Kreisen nicht. Natürlich wird Frankreich bei seinen Maßnahmen auf den Handel der europäischen Staaten alle Rücksichten nehmen müssen." Frankreich wird, wie eS die „Nat.-Ztg." ganz ge schmackvoll bezeichnet, das „Pfänderspiel" wieder be ginnen. Tas gestern Abend erschienene Journal „Paris" zweifelt auch nicht daran, daß Futscheu und Kelung gestern Vormittags besetzt worden seien, da der Admiral Courbet bereits Tags vorher Herr der nach Futscheu führenden Zugänge gewesen sei. Daß dem General Millot und dem Admiral Courbet dem nächst große Verstärkungen zugesandt werden würden, erklärt dasselbe Journal für unbegründet; es handele sich nicht darum, den Krieg in das Innere von China zu tragen, sondern lediglich darum, Futscheu und Kelung zu besetzen und dann das Weitere abzuwarten. — Der „TempS" glaubt zu wissen, daß die dem Befehls haber der französischen Seestreitkräfte ertheilten Befehle solcher Art seien, daß die etwa im Auslande gehegten Besorgnisse sich beruhigen könnten; von einer Zerstörung oder Blokirung von offenen Häfen sei keine Rede; das vom Admiral Courbet augenblicklich ins Auge gefaßte Ziel sei daS Arsenal von Futscheu, nicht die Stadt selber. Falls es nothwendig werden sollte, einen in commerzieller Beziehung wichtigen Platz als Unter pfand zu besetzen, so würden solche Punkte gewählt werden, deren Besetzung den internationalen Handels beziehungen die möglichst geringsten Hemmnisse bereite. Wenn eine Meldung über die Besetzung von Futscheu noch nicht eingegangen sei und wenn sich eine solche verzögere, so erkläre sich das durch den Umstand, daß der Admiral Courbet den Consuln der fremden Mächte den Be ginn der militärischen Operationen vorher habe anzeigen müssen. Der „TempS" macht schließlich noch besonders darauf aufmerksam, daß China und Frankreich sich nicht formell den Krieg erklärt hätten, und glaubt versichern zu können, daß nach der Ansicht der französischen Re gierung die Folgen, die sich aus dieser Lage ergäben, nicht über die Grenzen der Gewalten hinausgingen, die der Regierung durch das Votum der Kammer ge währt worden seien. — Auch ein Pariser Telegramm der „Nat.-Ztg." bestätigt, daß die Regierung keine militärische Expedition nach China beabsichtigt, sondern nur eine energische Action der Flotte. Die Lage bleibt also im Wesentlichen unverändert. Für die französische Regierung ist dieses nicht gerade als ein sonderlicher Erfolg anzusehen, und der einsichtigere Theil der Presse unterläßt es nicht, anläßlich der neuesten Wandlung der Dinge dieses offen auszusprechen. — Die „Libertv" schreibt: „Gestehen wir es freimüthig: indem die Vertreter des Tsung-li-Aamen sich in Shanghai ohne Umstände verabschiedeten, brachten sie Frankreich in eine ziemlich lächerliche Stellung. Frankreich stellt ein Ultimatum; die Frist desselben erlischt, und sie wird verlängert, ohne daß China im Mindesten diesen von ehemals geworden. Launen des Schicksals! Er innerst Du Dich noch der glänzenden Prophezeihungen, welche man mir stellte, als wir noch ganz junge Mäd chen waren! Gedenkst Du noch all' der Coinplimente, die ich wegen meines Geistes und meiner Schönheit empfing. Kein Glück schien groß genug für meine Vorzüge! Wenn man Mama sprechen hörte, so hätte mindestens ein Graf um mich freien müssen; nach Deiner und Amalien's und Justinen's Ansicht wäre ein Prinz gerade gut genug gewesen. Papa in seiner praktischen Art und durch und durch Beamter, wie er es war, hätte am liebsten den Sproß einer alten Patricierfamilie zum Schwiegersohn gehabt, so etwas wie den künftigen Präsidenten eines Gerichtshofes. Als ein böser Stern mich aber eine lebhafte Zuneigung für Humbert fassen ließ, da brach ein allgemeiner Aerger loS. Humbert war ja weder ein Prinz, noch ein Graf oder gar ein künftiger Präsident. Er war ein junger Mann mit nicht besonderm Verstand, aber heißblütig (jetzt hat er sich allerdings bedeutend abge kühlt); er hatte keinen Titel, besaß weder Reichthümcr noch Stellung! Aber ich liebte ihn und bei der starken Dosis Eigensinn, die ich besitze, beharrte ich auf meinem Willen nicht mehr und nicht weniger als 12 Jahre. Was habe ich nun davon? Nur Geduld; a'otait eerit, würde der Franzose sagen. Jetzt heirathe ich nun nicht mehr. Mir ist es ergangen wie Einem, der stundenlang vor einem gedeckten Tilche steht, den Speisendust aus der anstoßenden Küche einathmet und auf das Mittagessen wartet, welcher nie fertig wird. Wenn man sich end lich entschließt, die Suppe auSzutheilen, ist eS mit dem Appetit vorbei, der leere Magen scheint gesättigt, der Kops schmerzt, e» hämmert in den Schläfen und man kann keinen Bissen herunter bringen. Ich habe einen gründlichen Widerwillen gegen das Heirathcn be kommen! Da ich nun in mein Schicksal ergeben bin, so kannst Du Dir denken, wie erst die Anderen sich sreueu! Ich nehme täglich mehr und mehr die Gewohnheiten einer „alten Jungfer" an und steige dadurch unendlich in der Achtung von Papas Freunden. Regierungs- rath Aureli, Jener, weißt Du, der so stolz auf den Adel seiner Vorfahren ist, die aber Niemand kennt, bot mir gestern, als ich über Kopfweh klagte, cine Prise Tabak an! Ich nahm sie nicht, aber bei nächster Ge legenheü thue ich es sicher. Beim Lesen bediene ich mich jetzt einer Lorgnette — in mindestens einem Jahre werde ich eine Brille tragen. Ein Paar weiße Haare zieren bereits mein Haupt und ich trage sie mit voller Absicht zur Schau; seitdem herrscht offene Fehde zwischen mir und Rosa, die sich alle Mühe giebt, sie zu verbergen; ich mache mir nun mein Haar selbst. Ich trage nur noch dunkle Farben, meine AuSstattungs- kleider werde ich zu halbem Preise verkaufen. Ich bin das Muster einer guten, gewissenhaften Tante! Mit Hugo, der das Gymnasium besucht, gehe ich die Aufgaben durch und habe dabei sogar etwa» Latein prositirt, z. B ros» pulebr» est. Lisa lernt bei mir lesen, schreiben, nähen und Musik. Sie spielt mit dem Zeigefinger der rechten Hand bereits: 1^ lloou» d mobile. Wenn es in den Vers paßte, würde ich sie lieber: l'uvmo d mobile sagen lassen; nach meinen Erfahrungen sind ja die Männer viel unbeständiger, als die Frauen. Für den kleinen Julius schneide ich die bunten Bilder von den Schwefelholz- schachtcln aus, worüber er sich köstlich amnsirt.
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