Suche löschen...
Feierabend : 27.09.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id497197782-190809270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id497197782-19080927
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-497197782-19080927
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFeierabend
- Jahr1908
- Monat1908-09
- Tag1908-09-27
- Monat1908-09
- Jahr1908
- Titel
- Feierabend : 27.09.1908
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
s bei ^ AatkrhaltWs-KrilM Sachs. Bolkszeitung .K! 3S Sonntag den 27. September ir>t>8 Abdahn Effendi. Reiscerzählung von Karl Mao. 4. Fortsetzung. Nachdruck verbot,«. Er rannte fort, so schnell sein Körperbau es ihm ge- stattete. Haies machte ein Gesicht wie ein Kaninchen, dessen Bau verregnet ist. Tie Aloe, der Knoblauch und die Zwie beln wollten ihm nicht in den Kops', ich aber blieb ernst und tat, als ob ich von den Gewissensschlägen, die er fühlte, gar keine Ahnung hätte. Wir aßen weiter, bis der Wirt mich nach einiger Zeit in die Küche holte. Das war ein großer, auf der anderen Leite des Hauses liegender, nur von bren nenden Spähnen erleuchteter Raum, in dem mehrere weib liche Gestalten unter dem Kommando einer ewig langen und unendlich dürren Frau beschäftigt waren, für das leib liche Wohl der Gäste zu sorgen. Ter Effendi sagte mir, daß dies seine Gattin sei, daß er keine Töchter habe und daß seine beiden Söhne sich in Bagdad und Teheran als Kauf leute niedergelassen hatten. Er schnippste dabei mit den Fingern, um mir anzudeuten, wie vorzüglich sie sich in ihren Geschäften ständen. Ich vermutete, daß ihre einträgliche kaufmännische Tätigkeit in sehr naher Beziehung zu dem diesigen Schmuggel stehe. Tann führte er mich an einen separatstehenden Tisch, auf welchem ich alles stehen und lie gen iah, was ich für nötig befunden hatte. „Darf ich zusehen. wie du es machst?" fragte er. „beider nein," antwortete ich. „Tu würdest mich in meiner Andacht stören. Man hat bei der Bereitung dieses Trankes gewisse geheimnisvolle Verse herzusagen. Paßt man da nicht auf, so schmeckt er bitter und derart wider wärtig, daß man ihn nicht genießen kann." Er ging. Run gab ich der Frau das Stückchen Aloe, um es im Mörser zu Mehl zu stoßen, die Zitronen, um sie zu schälen, und die Zwiebeln und den Knoblauch, um sie auf dem Reibeisen klar zu machen. Das hatte den Erfolg, daß die Frauenzimmer alle zu nießen begannen. Inzwischen sab ich mich nach einem Gefäße um, welches sich dazu eignete, als Bowle oder Terrine benützt zu werden. Zwei alte, ziem lich große Krüge erschienen mir am geeignetsten dazu. Ich spülte sie in dem fließenden Wasser aus, welches in sehr praktischer Weise vom Bache her durch die Küche geleitet war und gerade an meinem Tische vorüberfloß. Als dann die Ingredienzien mir in vcrfeineter Form zurückgcgeben wurden, und auf dem Herde das Wasser zu sieden begann, machte ich mich an die Arbeit. Aloe, Zwiebeln, Knoblauch und so viel von den Zitronen, wie ich zu viel genommen hatte, ließ ich heimlich in das Wasser fallen; es verschwand, ohne daß man es bemerkte. Ter Rum und Arrak gaben gerade und genau die zwei Krüge voll Punsch, dessen Duft durch die ganze Küche ging. Ich winkte die Frau herbei und gab ihr zu kosten. So lang und schmal sie war, so ver schüchtert sah sie aus. Sie batte io große Augen und einen so traurigen Blick, daß ich mich hcrabließ, freundlich mit ihr zu sein, das machte sie so verlegen, daß sie kein Wort zu sprechen wagte. Aber indem sic kostete, sagte mir ihr Ge sicht, daß ihr das Getränk im höchsten Grade deliziös vor kam. Ich sagte ihr, daß der eine Krug für unS sei, der an dere aber für sie und ihre Dienerinnen und Schützlinge unter den armen Gästen der Karawanserei. Ta griff sie schnell nach meiner Hand, um sie zu küssen, und faßte strah lenden Auges dann nach ihrem Kruge. Ich trug den meinen in das Speisezimmer, welches eigentlich das Wohnzimmer des Effendi war und nicht von jedermann betreten werden durfte. Man empfing mich mit großer Spannung. Man probierte. Man schnalzte mit den Zungen. Man war ent zückt; man trank! Man war des Lobes voll! Man ver sicherte. daß der Pöntsch des Engländers nicht halb so gut gewesen sei als der meinige! Ich trank ganz wenig, Halef auch. Um so fleißiger waren die drei anderen. Ter In- halt des Kruges reichte gerade aus, sie in jene Stimmung zu versetzen, in der man mit der Seligkeit keines anderen Menschen tauscht; um sie aber betrunken zu machen, war es zu wenig. Wir bekamen eine Menge Lobeserhebungen und Liebeserklärungen anzubören, denn die beiden Obersten, die nicht Oberste waren, erhielten durch den Punsch eine Red seligkeit sondergleichen. Wenn der eine soeben zum zehnten Male versichert hatte, daß er eine wahre Seele von einem Menschen sei, so behauptete der andere bereits zum zwölften oder dreizehnten Male, daß er das von sich gar nicht erst zu i sagen brauche, denn das wisse doch schon alle Welt. Der j Effendi aber wurde still. Rur in den Augenblicken, in denen es ihm gar zu gut schmeckte, schlug er mit der Faust auf den Tisch und schrie: „Ich bin ein Gemütsmensch! Daß ihr es müßt! Und wer es nicht glaubt, den schmeiße ich hinaus!" Dann, als der Krug leer war, überkam den persischen Achmed eine Schläfrigkeit, der er nicht widerstehen konnte. Nach einiger Zeit folgte ihm der Wirt. Beide schliefen. Der türkische Achmed lachte über sie, fühlte sich aber auch er müdet und sagte, daß er hciingehen werde, ohne die Schlä fer aufzuwecken; das werde sie ärgern. Ich begleitete ihn hinaus. Draußen sagte er: „Sibdi. ich habe dich unendlich lieb. Willst du mir eine Bitte erfüllen?" „Gern, wenn ich kann," versicherte ich. „Geht ihr morgen wieder nach dem Bären?" „>^a. „So besucht mich vorher. Ich habe euch etwas Hoch wichtiges mitzuteilen, etwas, was euch große Freude be reiten wird. Werdet ihr kommen?" „Ich danke dir! Ihr werdet cs nicht bereuen! Es ist immer verdienstvoll, so eine Seele von einem Menschen, wie ich bin, zu besuchen, und ich werde cs euch lohnen, könig lich lohnen!" Er hob den Arm bei dieser letzteren Beteuerung wie zum Schwure empor und ging dann davon, ohne einen Gruß zu sagen. Als ich wieder in die Stube kam, wachte der Perser soeben auf. Er sah und hörte, daß sein Kamerad gegangen sei. Ta entfernte er sich auch, ohne den Effendi zu wecken. Wir gingen mit ihm hinaus. Draußen sagte er. indem er sich Mühe gab, nicht hin- und herzu- scvwanken: „Sihdi, ich bin dein Freund, dein wahrster, bester Freund! Glaubst du das?" „Wünschest du. daß ich daran zweifle?" gegenfragtc ich vorsichtig. „Nein, wahrhaftig nein! Ich liebe dich. Ich liebe euch alle beide. Und ihr liebt mich wieder, denn ihr habt gesehen, daß ich eine Seele von einen« Menschen bin. Ich muß euch
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite