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Dresdner Nachrichten : 21.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188406211
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18840621
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18840621
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1884
- Monat1884-06
- Tag1884-06-21
- Monat1884-06
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 21.06.1884
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nVWrAZL». NnVienftr. I, dl, «ä»V»>. », Uhr. «onninn» »» 12 «Ul. Sn Reust»»«: »k »lollr»,. »nur°nw«ch,»tn,«ndll » Uhr. «aäim. I»r IspaNt»« Pc,„- «tlclra. 8 «Ndenslb Pf« Unter »ln- arjnndi tz«N-80 Psg. Ci»r »ar-ntt, für da» »tulilltaata» itrsihetueii der Jn- lernte wird »Ich! »eactzen. ilukspsr- ttae Jnlertiond-Aulirtiae aeqen Prä. numerandatadtun» duxh Prlesonirkrn «der Paftetuzadtung 8 Eilden ld PH. Inlerate Ittr Mont»» oder nach gen» tagen Peltljette 2» Psg. Inlerate nch«en an: «nnoneen-tttureairr von ^ Haalenftcin u. Poglrr, Nutz. Molle, Laude u. La.. Jnvalidendank, Ä. MMer-Biirlto. M. Idted-Magdedura, s Bnrck-Hnlle r>. Aindt PrrNnVV., kl. tzleinei-vuinburg, Plolnn.Ievliv . Nür Rnelnave etnncl. Mnnulcrtvte leine Perdt»'Itchfett Nnterftllung, HeschLflsvcrkehr. Körsenöerichl. IrenckMe LM- Mlä kür äa» iUror van l—Ib ladraa »n« relanaUeaeu, lein»»«» nnä »a»«tip«i> pretztieohsn xssedmLclcvoIIs unä zvt esLrt,aitot. snts.6sd!t/u kkIcLiuit bitti^.rsn ITerrer. Zar L^ür^r^ Linder-Gardtrotc- AagaM von 8. Hsi»Hvl8t«eIt, 41tinkll>< 6. N kievxvn-jsqustS eins kartio Lui tieknckvtTtv Ißlu-tvi' von 3 kille, an M 8»i»i»rol'-.4uLi1z:«; in L,«tnv» von 10 M. Ho«,«» W 1» Idi'vU L 3N« LUe. 080. i-vlimann, 8e1iIo88-8trt>886 21. A ß ri. sVirtli8eI»ast8-vl!eIier, ll «irsnsekLliriiint. vaxor von ll»»i>t-u.v»»»<'dürl>ei'n, ß tzVeeI>»ei»'«»>Ir«>> etc. »to. Kpovi»IiUtt: Cvplrklletzer i! v >,. Ullelier riie l.n»ünlrtl»,el>i>cr. L»tr»,»i>sorNxunxon ii 2«<I«r Xrt Keims» nnä «irect. vnnoip : liest«» 0 «cMttNive. ältrtsrmi, »nt« nnä vsrNieelielta ilrtzoit. 6. U. kslitdlck L 8<»I>u, Dionäon-K.. IliiiiptatrukLO 24. ii! Mt «iiLl. Hliiiilei-Iliit« § «N«I «1««NS8 4 altzi tlent, lk'tlLlßüte In Ireknnnt «^unlltütvn. Rc-iekhaltixs llusicakl, hillizzste Proiss. 4'abnlcla^sr 117 8t>»I»dü<« kür llorren unä Loabou. L. l„Llimsnn, Hokkutm., 8ekeffo1i>tr. 24. ÄKriiirL« ill M'il z'reislllM lind ötll Iierschiedeil,stell MsstiilllttWl. Utzukvüvll ür KLNÜrtvu UILÄ lwKLrmrtvv ItÄL L. ÜVS8V, Hönissl. lloküsk., HKviLrLt. Nl'.IAZ. 29. Ililirgflllg. Auslage: 40,000 Lrpl. 1 Aussichten siir den 2O Juni: Mäßiger Nordwestwind. vcranderl. 1L8-1 Bewölkung, etwas Niederschläge, Temperatur wenig verändert. — lesven, 1So-t. -1 öon,»e ur e n t. Die geehrte» auswärtigen Leser der „Dresdner Nacl,. kteluen" bitten wir kaS Äbonnenient für das dritte Quartal 10484 batdlgst erneuern zu wollen, damit wir die Nnmuiern vvnc Unterbrechung w»iler liefern kennen. Die Postanslalten deS Deutschen NeichS und AuSlan, dev nelimen Besteliunge» ant unser Äiatt an. Nbonnenieut in Dresden bei unserer Exveditiou (lu»-t. Bringerlolin» L Mart »>» Ps. vierteljänritch, bei de» .ßkaiserlichen Postanstalten im Deutschen Neichogebiet S Mark 7» zpf„ in der Oesterreich-Ungarischen Mo narchie s Gnlden Äl» Kreuzer cxel. Agiozinchlag. Expedition der „Dresdner Nachrichten". Maricnstr.LU. LrranlworlNchcr Rrdaktcur sür Pültljjtljtö vr. Emtl Biere« in Dresden Also nm Sonnabend ocr I. Juliwoche ivird die Reichstags- Lokomobile zum letzten Male gebeizt. Vis dahin wird diele Ricspnmaschine noch täglich, sriscögcputz!, angefeucrt und in sechsstündigen Gang gebracht, ibre Gesctzcs-Paiagraphen fabricireu. Dana aber liecht cs: Feierabend! Was bis dabin durch Näderdrehen und Kolbenbewegung nicht als fertiges Produkt bergeficllt ist, bleibt bald vollendet liegen — ob bis zu einer Herbst-Session? ob bis zu einem neuen Reichstage? —Wer weiß es? Der Seniorcn-Convent, also die Vertrauensmänner aller Parteien, baden bestimmt, was las zu der Lieferungsfrist des 5. Juli fertig sein mutz und was nicht. Als Bruchstück bleibt der Börscnstcuer-Entwurs zurück; er bringt es nicht iibcr eins erste Lesung binaus. Helle Freude im Mammonstempel! Alles was maklert und schachert, fixt und jobbert, bricht in Hallelufahruse aus. David kann vor der Bundeslade nicht beglückter getanzt baden, als die Herren von „Ich geb'" und „Ich nebm,", bei der Kunde, datz eS wiederum Nichts ist mit einer Börienstcuer. Nichts? Richtiger ist: Noch Nichts. Ausgcschobcn ist nicht aufgebobcn! Die Geschäftslage des gesetzgebenden Körpers mag für den Augenblick die Ausführung des Vorhabens verzögern; nnsatzbar würde es für die Nation sein, wenn der jetzige Zustand der Steuerfreibeit des BörsenuerkcbrS noch lange anbiclte. Zu all' den wirtbschaktlichen, sozialen und sittlichen Gründen, die eine Heranziebung der Börscnumsätze zu den Staatslasten gebieten, ist nun zu guter Letzt noch die Finanzlage des Reiches getreten. Am 1. April ging das EtalSjahr 188384 für das Reich zu Ende. Die Nechnnngsabschlüsse liegen nunmehr vor. Statt des sonst üblichen lieberschusses steht das Reich vor einer» Fehlbedarf. DaS Deficit beträgt zwar nicht ganz 2 Millionen (1,800,000 Mt.), aber immerhin ist dort ein Loch, wo man bisher einen Hanken hatte. Grund zu ernsten Besorgnissen wäre vorhanden, wenn das Dcsicit die Folge des Nachlassens der Steuerkraft der Reichsbcvölkerung wäre. Das ist Gott Lob nicht der Fall. Im Gegentheil zeigen einige Posten des Budgets, von denen man aus die volkswirtbschastlichcn Zustände rückschlietzcn kann, eine Zunahme der Erwerbsverhältnissc. Post und Telegraphie, die Reichs-Eisenbahnen, die Reichs-Bank, die Stempel-Abgaben haben den Rcichskassen höhere Beträge geliefert, als der Voranschlag in Aussicht nahm. Bei den Zoll- Einnahmen mutzte man, da inzwischen die Handelsverträge mit Spanien und Italien abgeschlossen waren, die vielfache Zollbcrab- setzungen und Zollbefreiungen brachten, aus eine Mindereinnahme von 2 Millionen gegen den Voranschlag gesatzt sein. In Wirklichkeit gingen nur IV, Millionen weniger ein. Auch aus dem wesentlich höheren Ergebniß der Brausteucr gegen den Voranschlag mutz man schließen, datz im eben abgelauscnen Etatsjahr das Volk mehr Geld zum Genutz nahrhafterer, stärker cingebrauter Biere übrig hatte, als im Vorjahre. Woher trotz dieser günstigen Anzeichen das Deficit? Alle Mehr einnahmen dieser verschiedenen Arten von Einnahmequellen ver schlingt der Ausfall bei zwei grotzcn Posten: beim Zucker und beim Tabak. Die Rttbcnsleuer ist um 6,700,000, die Tabaksteuer um 6 Mill. Mark hinter dem Voranschläge zurückgeblieben. Ucber das erster» wäre man beinahe versucht, sich zu freuen. Endlich wird es doch der preutzischcn Regierung schwarz auf weih bewiesen, wohin sie init ihrem bisherigen Systeme der Zuckcrbestcucrung, ihrer Be rechnung nach einem veraitele», von der Technik längst überholten Matzstabe, ihrer Freilassung der Melasse, ihrer ungebührlichen Hohe der Aussnhrvergütung kommt! Noch jetzt hat PreutzcnS Regierung durchgcsetzt, daß der BundeSrath die von den Ausschüssen berechnete AuSsulnvergütung um 60 Pf. für den Doppelcentner erhöhte! Prcutzen bringt damit in die Rcichssinanzcn ein Element der Un ordnung. das sich um so schwerer rächen wird, als diele einseitige Begünstigung der Zuckerindustrie zur Uebcrproduktion verleitet und bereits zum rapiden Rückgang des Zuckerpreiles und zur Unvcr- käuslichkeit ganzer Zuckcrbergc geführt hat. Das Deficit aus dem Verfall der Zuckersteucr predigt eindringlich die Lehre, schleunigst mit dem jetzigen Steuersystem zu brechen. Leider wird aber die Geschäftslage deS Reichstages nicht erlauben, die neue Zuckcrstcuer jetzt schon zu beratben. Der Ausfall von 6 Mill. an der Tabak steuer hinwiederum gründet sich einfach auf die schlechte Tabaks- ernte des Vorjahres. Nicht also Abnahme der Anbaufläche oder Verminderung des Verbrauchs, sondern ein vorübergehendes Natur- rreignitz trägt die Schuld. Gleichwohl ist dich Dem" ' " li ' Es Gleichwohl ist das Deficit vorhanden. Letze sich im Handumdrehen durch die drei Maßregeln beseitigen, welche der Bundesrath vorgeschiaaen hat: die Börscnsteucr, eine Reform der Zuckerstener und die Zolltarisnovclle — Reichstags lag, . Zolltarisnovclle — der nabende Schluß deS Reichstags verschiebt die Anwendung aller derartiger HilsSmittcl. Voraussichtlich werden die Dentschsrecsinnigen den un- gün ligen Finanzabschluß deS Budgetjahres 83/84 dazu verwerthcn, erst recht gegen die Verwendung von 4 Millionen als Postdampfer unterstützung zu agitiren. Für eine ebenso kurzsichtige, wie un nationale Opposition, wie sie unser Reichstag beherbergt, ist solch vorübergehende Finanzschwierigkeit ein gefundenes Futter. Für den Mir müssen unseren Welthandel von sremden Einflüssen sreiniucken, ihn namentlich aus der Abhängigkeit von einer Nation emanzipiren, die uns bei jeder Gelegenheit zeigt, wie mißgünstig sie Lcutichland, dem neuen, unbequemen Konkurrenten im Welthandel, gesinnt ist. Nachdem uniere gesinnungstüchtige Opposition für die Unsall- versicherungs - Privatgesellschasten vergebens ihre Lanzen gebrochen, wobei der bewährte Wortführer der couponabschneidendcn Bevölke rung. Eugen Richter, sich im zoinigen Schimvfe» ein Gütliches ge- tban, fetzte sie bei der weiteren Bcrallmng des Unfallgesctzes Alles daran, dasselbe in der öffentlichen Meinung möglichst zu diSkrcditi- rc». Ein, trotz seiner Mängel, im Großen und Ganzen doch so segensreiches Sozialgcsctz, wie das augenblicklich dem Reichs tage vorliegende, darf ja bei Leibe nicht aus das Konto dee jetzigen Regierung kommen! Es mutz für den erträumten Fall ausgespart bleiben, bis einmal Richter Reichskanzler. Koinmcr- zienrath Mendelssohn Reichsfinammmister und vr. Bainbcrgcr Feld- liiarichall ist. Wenn darüber soundsoviel Existenzen von Arbeitern zu Grunde gehen. waS ficht's d i e Herren an? Jetzt, wo die Ver sicherung gegen Unkälle reine Privatsache, ist noch nickst die Halste der A beiter, die von dem zur Beratlmng stehenden Gesetze gefaßt werden sott, versichert. Für wenigstens 5—600,000 Arbeiter, die bisher außerhalb des Gebietes des Haftvflichtgesetzcs standen, konnte die Privatvcrsicherung bislang Nichts thun. Ein großer Tbeil ver sicherte: Arbeiter aber war nur zu sehr niedrige» Lätzen versichert, sodaß es nicht möglich war, ihm ausreichende Hilfe zu gewähren. Schon die Gewißheit, soviel? Hnndertlanlende von Arbeitern mehr gegen Uniälle zu versichern, die weitere Aussicht, sie alleiammt durchschnittlich besser als seither zu versichern, sollte alle Wohl meinenden bewegen, das Zustandekommen des Gesetzes zu erleich tern. Das geschieht aber, wenn inan der Industrie augenblicklich nicht zu Hobe Lasten aufcrlegt. Daher beschloß auch der Reichstag, daß die Entschüdigungstosten für die verunglückten Arbeiter durch Umlegung der Beiträge aus die Mitglieder der Bcrussgenossen- schatten nach jedem Jahresschlüsse ausgebracht, nicht aber hierfür große Kapitalien vorher zinsbar angelegt werden. Letzteres ist das sog. Deckungsvsriahrcn. wie eS die Privatgesellschasten haben müssen; ersteres, das sog. Umlageoeriabren, eignet sich bei Berussgcnossen- schastcn, die einen Reservefonds ansammeln und die Rcrckisgarantie im Hintergründe haben. Die dculsche Industrie ist nickst reich genug, augenbiickiich die großen Smnmen, die das Decknngs- vcrsahre» erfordert, zu erschwingen; ihre Beitrag: zu den Unsall- kasscn sollen sich vielmehr von Jahr zu Jaln steigern. Im ersten Jahre müssen die Bcrusögcnosscnschaslen etwa 600,000 M. aufbrin gen, in 30 Jahren wird dieser Beitrag infolge der im Laufe der Zeiten anwachsenden Pensionszahlungen an Ärbeitcrinvaliden sich auf 20 Mill. im Jahre steigern. Die Dcntschfreisinnige» verlangen, daß die Industriellen setzt gleich im Jahre 13V- Mill. aukbräcksten — Das würde dazu sichren, die deutsche Industrie auf dem Welt märkte lalunzulegen. Zahlen die Jiwuslriellcn jetzt anfangs gerin gere, im Lause der Zeiten steigende Beiträge zur Unfallveilicherung. so können sie sich allniählig daraus einiicksten. Diese Erleichterung der Last ist ein Gescheut, das wesentlich den Arbeitern zu Gute kommt. Es entlastet damit indirekt die Armenverbänoe und die Gemeinden. Dem Arbeiter kann der Streit, von Wem er die Ent schädigung erhält, ob von einer Privatgesellschaft oder von einer Bcrufsgenossenschast, ob im Wege des Umlagcocrfahrcns unter de» Arbeitgebern oder der DeckungSkapitalien, ganz kalt lassen. Die Hauptsache ist, daß er keine Schwierigkeiten findet bei der Erhebung seiner Ansprüche. Dafür hat er allerdings ein Interesse, daß sein Brotgeber zablnngssäkig bleibt. Das ist aber viel sicherer möglich bei dem Umlagcvcrfahrcn, Las allniählig steigende Beiträge vom Fabrikanten verlangt, als bei dem Dccknngsversahre», das diese nöthigt, grobe Kapitalien auS dem Geschäfte hecauszuziehen. Daher wird sich der Arbeiter sagen: hier ist ein Gesetz gemacht, das für dich sorgt, wenn du ohne deine Schuld verunglückst. Neueste Telegramme der „Dresdner Raclir." vom 20. Juni. Berlin. Der Reichstag war beute nach dem „Frühschoppen" im Park des Reichskanzlers recht schwach besetzt. Der Matinö in dem prächtigen Garten wohnten circa 250 Personen bei. Auch eine Anzahl Damen waren erschienen, darunter die Fürstin Bismarck, die Gräfin Rantzau, Frau Minister v. Böttcher re. Von Politik wurde fast gar nicht gesprochen; wenigstens wußten die Abge ordneten, dis deshalb interviewt wurden, nichts davon zu erzählen. Die Assembler verlief in harmlos heiterer Weise. Es wurde Bier und Wein getrunken, sogar Champagner und cs erregte Heiterkeit, als der AeSculap des Reichskanzlers Or. Scknvenninger den Abg. vr. Windtlwrst immer und immer wieder von dem schäumenden Trank einschänktc und die kleine Excellenz zum Trinken nöthigte. Der Kanzler begrüßte zum ersten Male in seiner Wohnung den ncu- crnannten Staatsrath von Schorlemer-Alst und unterhielt sich längere Zeit mit diesem und v. Frankcnstein. ES heißt die Dampscr- SuvventivnSvorlage bildete den Gegenstand der Unterhaltung. Bismarck betonte lebhaft den Wunsch, die Vorlage möge noch zur zweiten Lesung kommen. Ter Scniorenkonvent möge den bezüg lichen Beschluß revidiren. Offenbar angeregt durch die Bluntschn- schen Mittheilnnaeu kam der Kanzler in der Unterhaltung mit süd deutschen Abgeordneten auf die Geschichte der Bildung deS Reiches. Er erzählte: Als ich Thiers in Versailles noch auf der vorletzten Stufe der Treppe die Kontribution von 200 Mill. Francs für Paris abgerungen, begab ich mich zum Kaiser und schlug ihm vor, die 200 Mill. zur Rückzahlung der den deutschen Staaten 1866 auser- lcgten Kontributionen zu bestimmen. Ter Kaiser sagte: Legen Sie mir nur einen solchen Beschluß vor. Ich entgegncte: Kann ich nicht thun, Majestät. Sobald ich als Reichskanzler die Feder an- sctze, ist die Sache verloren. Das müssen Majestät als oberster Feldherr thun. Damit blieb ich allein, und so unterblieb die Sache. Heiterkeit erregte folgendes Telegramm, welches Windthorst aus der Matinee erhielt: „Aber Excllcnz! Na, Na! Kommen Ihnen einen (stanzen. Frühschoppen bei Friemann's Nachfolger, Rostock". Windthorst antwortete sofort: „Probieren geht über Stndiren. Komme nach! Windtlwrst." Berlin. Der Reichstag gelangte mit der Bcrathuna des Un- sallvcrsichcrunnsgesctzcs bis Paragraph 45. Die Frage der Arbcitcr- ausschüssc ries eine Debatte hervor, die den größten Theil der Sitzung ausfülltc. Tie Rcgierungsvorlcige hatte Arbeilercmsschüsse voraeschlaaen, die Kommiision hatte dieselben für zu gefährlich ge halten und eine andcrweite Vertretung der Arbeiter vvrgcschlagcn, wodurch diese nicht selbstständig, ^ rdig. sondcm mit den Arbeitgebern zu- Ue freisinnige Partei und Sozialdemo- erstcllung der Arbcitcrausschüsse. Für tolle und Hirsch, gegen dcn- . -Gültz, Oechelhäiiier und Windt horst. Letzterer erklärt, er würde daS ganze Gesetz ablchncn, wenn die Arbeiterausschüsse angenommen würden. Staatssekretär v. Boctticher erklärte, die verbündeten Negierungen hätten znm Ko»i»iissionsantrage noch nicht Stellung genommen, die Regie- i ruiigen hielten die gegen die Arbeiterausschüsic^geäußerten Bedenken nicht für begründet. Er sähe in den Ausschüsse», die die Arbeiter nun einmal lieber haben wollte» als die vvrgeschlagcne unselbstständige Vertretung, keine Gefahr. Sie fürchteten nicht, daß die Ausschüsse sich in scharfem Gegensatz zu den Arbeitgebern stellen würden. Aller dings gewährleisteten die Borschläge der Kommission materiell drn Arbeitern auch eine Vertretung. Die Wiederherstellung der Ar beitcransschüsse wird mit 152 gegen 77 Stimmen cibgelehnt. Auch Paragraph 42, wonach die Wahl der Arbeitervertretcr durch die Vorstände der Orts- und Betriebs- iFabriks-)Krankeiikajsen u. s. w erfolgen sollen, vcrantaßte eine Debatte, i» welcher Hirsch für die Wahlberechtigung tcr Vorstände der Hirsch-Tiinker'schen Kassen. Grillcnbergcr für die Wahlberechtigung aller unfallversicherungs- vflichtigcr Arbeiter plaidircn. Grillenberger. welcher der Majorität die Bevorzugung der Kapitalisten vorwarf, erfuhr wegen seiner Acußeriingen wiederhol! O'-dnuiigsinse. Schließlich blieb es beim Koiinnissionsvochiin. Tic Bcrathung wird morgen fortgesetzt. Die Berliner Börse verlies durchaus geschäftslos. Die Konrse waren abgeschwächt. Tie Nachbörse schloß matt. Spekula tive Bauten erössentcn zwar über dem gestrigen Niveau, gingen aber dann zurück. Kassabaiiken lustlos. Deutsche Bahnen still, vorwie ge»d »ist Koiirsabschwächunacn. Franzosen fest, sonst waren iremde Bahnen auch nicht ganz behauptet. Oesterrcichische Prioritäten leb los, Bergwerke still, Industrien meist niedriger. Deutsche Fonds und fremde Renten kaum verändert. „rni-esur, ». 20. Juni. Itredil «Na-,»bLl,n —. Lombarden . S0er Loole —. Ocfterr. KNberrcnIc —. Poi'rerreule —. Salizier A8.5U. Oclierr. Äoldrcnle —. «->/« Ung. Gaidrenie —. "er Russen —. 80er Rulien —. 2. Qrieiuaiilcili« —. Neuesle Ungar. Boldanlcliie —. 2. Or>enlaulcli>e —. Ungar. Papterr.—. DNconlo —. SgbvicrM/,. Golibardb. WS-/,. Rulsrn—. Slill. Wien, 20. Juni. Credit Svi.tv. Staat»bah» —. Lombarden —. Nordwktb. . Marinoien—. Uug.Soidr. —. Tabak-Act.-. Nnliig. Pakt», 20. Juni. (Schluß.» »«nie 78.27. Lntethe 1VS.V7. Italiener 0K.70. ElaaNbalin 6K2 7S. Lombarde» Sll.2S. do. PrioritätenSgootcr 20«. velterr. »oldrenle—. Spanier Sl. ONomanen «48. Tabat-Actie» —. Schwankend. Pari». 20. Juni. (Mittags.) Rente 78,20. Auleide 108,00. Italiener W.70. Spanier Kt,00. cöghplrr 20,,00. Ottomanr» «61,70. lürlen 8,17. Suez 10,00. Lambardc» 810,0«. granzolkn ««8,00. Matt. I» Italic,>ern «orübcraedrn» ivaiflc aus das Gerücht, die csilrndadipikonuriitiour» wurde» bi» »NM Herbst ver schöbe». Eanvlrr waren schlledltch trotz der Londoner Berkäuse besser. London, 20. Juni, llonioi» 00,01. I878cr Russen 00,12. Lombarden 12,18. Türken 8,0«. 1" . sund. AmerU. . 1» , Ung. Goldr. 77.00. vesl. Goldr. . vr. Sons. — —. Suez 78,«0. Egtzpter äij-,,. Lltomanrn 1d,7S. Geschäft»!«». LUtende amerikanische Batznaetien flau. London. 2o. Inn,. s?e,ze„ geswästdlod. nominell, unverändert, »ttgekom- mener stetig, rudigli. Mkdi, ordinärer Hoser träge, seiner Haser Sch, ttzcurcr, Mai» rniiig, Odcssaer >/,jSch. billiger, anderes stelig. Wetter: trüde. Lokales und Sächsisches. — Se. Maj. der König bat aus Anlaß seines Einser Bade- Aufenthaltcs der Nassauischcn AdoisstiftunL zur Ausbildung von Lcbrerwaiic», sowie der Jdiotenanstalk zu Lcheuern und der KarlS- tirch: in Wcilburg Geschenke von je 100 M. gemacht. Ferner spendete Se. Maj. dem Förster Weimar vom Oberlahnsteiner Forst bans, welcher den König öfters auf Spaziergängen begleitete, eine mit Brillanten besetzte Vorstecknadel. — Se. Königl. Hoheit Prinz Friedrich August stattete am vergangenen Sonntage von Straßvnrg aus der Großhcrzoglichcn Familie in Karlsruhe einen Besuch ab. Nachmittags begaben sich der Grvßherzog und die Großherzogin mit dem prmzlichen Gaste und dem Prinzen Ludwig zum Besuche der Kaiserin Auguste nach Baden-Baden, wobei dieselben auch dem Großherzog und der Groß- herzogin von Mecklenburg-Schwerin einen Besuch avstatteten. — Die Bezirksasscssoren Teubert. von Einsiedel und Dr. jur. Kutzleb bei den Amtshciuptmannschasten Auerbach, Dippoldiswalde und Rochlitz sind zu Regierungsassessoreu ernannt worden. — Am Donnerstag stattete der Staatsminister von Noslitz- Wallwitz in Begleitung des KreisliauptmannS Grasen zu Münster und des Amtshailptmanns Geh. RcgierungSratbs Schaffer der Stadt Penig einen Besuch ab und besichtigte daselbst mehrere städtische wie private Institute. — Ludwig Richter todt! Ter Freund und Liebling des Volkes, der liebenswürdige Maler, der berühmte Landschafter, der herzlich-edle Mensch ist vorgestern Abend »ach kurzem Todeskampfe gestorben. Noch ehe sich in seinem geliebten Loschwitz seine von Fcenndesliand errichtete Büste erhebt, ist er von uns gegangen. Mit ihm schied aus unserer Mitte und speziell aus dem Kiinstleben Dresdens eine der gefeiertsten und vereintesten, aber auch der treff lichsten und bescheidensten Persönlichkeiten. Sein Leben ist an äußerlichen interessanten Episoden nicht gerade reich — cs verfloß schlicht und einfach, wie das ganze Wesen Richtcr'S selbst war. 1603 als der Sohn eines tüchtigen Kupferstechers in Dresden ge boren, widmete er sich von jung an den zeichnenden Künsten. Als 18jährigcr Jüngling begleitete er einen russischen Fürsten als Zeichner durch Frankreich; dann hielt er sich 3 Jahre lang in Italien aus und wendete sich 1828 nach seinem Vateriande zurück. 1836 wurde er an die Kunstakademie berusen. 1841 erbielt er den Profcssorlitcl und bat bis wenige Jahre vor seinem Tode als Lehrer der Landschaftsmalcrci viele Hunderte von Schülern gebildet. Das ist sein äußerlicher Lcbensiaus. Um so reicher war aber seine innere Entwickelung. Der Samen, den er niit vollen Händen nusgcstrent, hat tausendfache Flüchte getragen. Unübertroffen war Ludwig Richter in seiner gcmüttwvllen Schilderung des deutschen Lebens, in seinem liebenswürdigen Humor, in seiner anregenden Fantasie! Plan kann ihn den deutschesten aller Maler nennen ; aus jedem seiner unzähligen Werke weht uns die .Herzlichkeit und Gcmüths- tiese des deutschen We'ens wie eine frische GebirgSluft an. Was verdankt ihm nicht Altes der Holzschnitt! Richter war für Deutsch land. was Doro für Frankreich: ein unübertroffener Illustrator. Wir nennen von den Werken, die er illnstriite. nur: Erbauliches und Beschauliches; Für's HauS; Neuer Strauß süi's Haus; Schil- ler'S Glocke; Hebbcl's Gedichte; Volks- und Studcnlenlicdcr; Horn's Spinnstnbe; Sagen- und Märchenbücher; Der Sonntag; Gieb uns unser täglich Bi od; Das Vaterunser. In letzteren zeigte sich ganz die kindlicb-srominc, keusche Seele des Meisters. Wer hätte sich nicht an Richters Illustrationen erbaut? Ein herzlicher Freund des Thierlch-mS, brachte er aus säst jeder Illustration ein Hündchen und einen Vogel an. Don seinen wenigen Lelgemälden ist das bekannte: Uedcrtahrt am Sckircckensteiii. eine Perle unserer Galerie. Seit über einem Jahrzehnt verloren Richters Angen, die so lies in die Seele des Volkes blickten und die gekeimniflvollstcn Reize der Natur zu durchdringen schienen, an Schärfe. Cr »inßte zu seinem Schmerze die künstlerische Beschäftigung ganz anfgebcn. Cr erblindete. Eine glücklich verlaniene Operation gab ihm die Sehkraft zwar wieder, aber schaffen konnte der unermüdliche Mann zu seinem Schmerze Nichts mehr. Er lebte schlicht und still in seinem trauten Familienkreise. Wenn er durch Loschwitz wandelte, grüßte ihn jedes Kind — er war Allen bekannt und von Allen geliebt. Ein Herzleiden bereitete ihm einen sanften Tod. Bon Kaiser Wilhelm bezog der Altmeister in Anerkennung seiner künst lerischen Deutschland zur höchsten Ehre gereichenden Wirksamkeit seit einer Reih« von Jahren «ine Jahrespension von 3000 Mark.
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