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Dresdner Nachrichten : 10.03.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188803100
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18880310
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18880310
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1888
- Monat1888-03
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- Monat1888-03
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- Dresdner Nachrichten : 10.03.1888
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Nr. 7«. Taqkklatt für Politik, A»fi. 4«M« MM-lliing. HcsOflroerkchr. JölwScriA. Irm-eiMe. ,»88. s To»»abc»S, 10 Mär;. Wilhelm I., Dentscher Kaiser, König von Preußen, gestorben am S. Miir; 1888, früh 1-S Uhr. Ein unvergleichlicher Heldenlauf ging zu Ende: Kaiser Wil helm ist gestorben! Die Trauerkundc dringt, von dem elektrischen Funken geblitzt, rings um den Erdball. Wo wäre ein Herz, das sie ,. ht lies bewegte 7 Der mächtigste Herrscher der Welt, dessen Ent schlüsse das Wohl und Wehe von Millionen bestimmten, liegt heute stumm und willenlos, ein Tvdter, wie andere Staubgcborenc auch, aus der Bahre. Er. der die Welt mit seinem Ruhme lullte, bedarf heute für seinen müden Leib nur noch eines kleinen Raumes. Der Gegensatz ist erschütternd! In den Morgenstunden des ».März führte der Todcsengcl die Heldenlcele Kaiser Wilhelms den lichten Gefilden der Unsterblichkeit zu. unS ferne thcure sterbliche Hülle zurücklassend. Unser ehrwürdiger frommer Kaiser steht nun vor dem Throne des Allmächtigen, des Königs aller Könige. Wir aber, denen Kaller Wilhelm die Hoffnungen unserer Väter, die Sehnsucht unserer Jugend verwirklicht, wir beugen unsere Herzen bei der schweren Prüfung, welche die Vorsehung über unser Vaterland ver hängt hat. Niemand empfindet es. Niemand kann es so tief em pfinden wie das Volk der Deutschen, was wir an dem Wiederaus- richtcr und Mehrer des Reichs, an dem als Führer im Kriege wie als Jriedenssürsten gleichmäßig bewährten hohen Herrscher verloren haben. Aber wir richten an seinem erhabenen Bilde unsere ge beugten Herzen auch wieder auf. Wehleidige Klage ziemte sich nicht bei dieser Heldengestalt. Kaiser Wilhelms Haupt umstrahlte nicht bloS der Glanz dcS Ruhms, er gab seinem Volke auch eine Machtstellung, die es befähigt, selbst den größten Verlust, den seines SchöpserS, ohne Gefährdung seiner Sicherheit und seines Be- stcmdls zu überstehen. Ten» ein Platz ist ans dem Erdenrunde leer geworden, dem annähernd auszufllllen in keines Menschen Macht steht. KaiserWilhelm nahm in der Weltgeschichte eine Stellung ohne Beispiel und ohne Gleichen ein. Wohl hat es größere Eroberer gegeben: Alexander. Caesar, Napoleon. Es gab auch in seinem eigenen Haus einen Fürsten, dessen Name, geschmückt mit dem Zusatze „der Große" im Glanze unsterblicher Waffcnthaten durch die Weltgeschichte leuchtet. Sie nennt aber keinen Fürsten, der mit dem Käiegsruhm so unzer trennlich den edleren Ruhm eines Fricdcnssürsten vereinigte, wie den, der eben seine große, hvchgemuthe Seele aushauchte. Nur in Kaiser Karl dem Großen stoßen wir aus einen Herrscher, der zu einem gleich würdigen Vergleiche das Vorbild liefern könnte. Als im Jahre 1861 der bisherige Prinz-Regent den preußischen Königsthron bestiegen hatte, sagte König Wilhelm in seinen, ersten Erlasse an sein Volk: „ES ist Preußens Bestimmung nicht, dem Genuß der erworbenen Güter zu leben. In der Anspannung seiner geistigen und sittlichen Kräfte, in dem Emst und der Aufrichtigkeit seiner religiösen Gesinnung, in der Vereinigung von Gehorsam und Freiheit, in der Stärkung seiner Wehrkraft liegen die Bedingungen seiner Macht; nur so vemrag eS seinen Rang unter den Staaten Europas zu behaupten. Meine Pflichten für Preußen fallen mit meinen Pflichten für Deutschland zusammen." In diesen Worten liegt die Gesammtthätigkeit deS jetzt zu seinen Vätern versammelten Herrschers ausgesprochen. Er fand ein Preußen vor, das zu klein war, um im Rathe Europas etwas zu gelten und das zu groß war. um zu verzichten. Er verschmolz es mit dem anderen Deutschland und schuf diesem die leitende Stell ung in Europa. Nicht jedoch, um seine Nachbarn zu demüthigcn und zu berauben, sondern um allen die Segnungen des Friedens zu erhalten. Kaiser Wilhelm hat ehrlich das Wort eingelöst, mit welchem er am 18. Januar 1870 die Kaiserwürde annahm, „daß er bemüht sein werde, allzeit Mehrer des Deutschen Reiches zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens". Die erste Militärmacht der Welt ist zugleich die fried fertigste. In den 17 FriedenSjahren, die der ununterbrochenen Kette von Siegen über Frankreich gefolgt sind, ist es dem Kaiser Wilhelm gelungen, den gefährlichsten Feind zu besiegen, den ein junges, auf strebendes Reich habe» kann: daS allgemeine Mißtrauen. Niemand wollte cs chm und seinem Volke anfangs glauben, daß wir die Franzosen nur geschlagen, um unS im eigenen Hause nach unseren eigenen Bedürfnissen emzurichten. nicht um an ihrer Stelle das Schiedsrichteramt der Welt anzutreten. Siebzehn Jahre der Lang- muth und Geduld, die sich auch nicht durch die ungerechtesten An griffe heraussordern ließ, haben endlich bei Allen, die einer besseren Uebcueugung überhaupt zugänglich sind, die Gewißheit der Fricdens- licbe des neuen deutschen Reichs verschafft. DaS hohe Alter deS Kaisers hat zu diesem Erkenntniß gewiß Manches bcigetragcn- Kaiser Wilhelm galt für Europa als der „Schirmherr dcS Frie dens." Er hinterläßt seinen Nachfolgern keine höhere und edlere Aufgabe als die, in diesem Sinne weiter zu herrschen. Er hat die Uhr der deutschen Geschichte auf hundert Jahre wieder richtig gestellt. Ihre Zeiger werden sich ruhig und friedlich weiter bewegen. Mit dem Preisen seiner Wiederausrichtung des Deutschen Reichs aber erschöpft man die Thaten Kaiser Wilhelm's nur zur Hälfte. In jeden« Sinne ist er'ein Förderer und Mehrer des Reichs gewor den. Keine der großen Fragen der Zeit ist seinem Verstände oder seinem Herzen entgangen. Große gesetzgeberische Thaten haben Wilhelm's Namen für die fernste Zukunft mit der Geschichte deut schen LcbenS und deutscher Gesittung verknüpft. Noch ganz zuletzt reiste unter seinem Schutze das bürgerliche Gesetzbuch seiner Voll endung entgegen. Und wenn von seinen Thaten als Gesetzgeber Nichts der Nachwelt überliefert würde — Eines wird sie unver brüchlich in treuem Heizen bewahren: seine kaiserliche Botschaft von der Sozialreform vom 17. November 1681. Er verkündete darin seinen Berus: Vater seines Volke« und König der Armen zu sein- Das sich der Noth der Armen und Elenden erbarmende Herz des Menschen, Christen und Landesvaters schlägt in dieser Staatsschrist, die ein unvergängliches Zeugniß seiner edlen Natur und der Güte seines Wesens, wie seiner staatsmänaischen Weisheit ist. Der Bau herr des Deutschen Reichs wollte damit auch die Ordnung im Innern und den Frieden seiner Bewohner sichern. In der Besserung des Looses der arbeitenden Klassen erkannte er zugleich auch daS Mittel, dos Reich selbst gegen alle Gefahren von innen und außen zu schützen. An seinen Nachfolger» wird cs auch in diesem Stücke sein, daS erhabene Vermächtniß des unvergeßlichen Fürsten auszu- sühren. Heute, da wir ihn verloren, drängt sich sein Bild mit all' den schönen Zügen, die den Menschen auszeichneten, vor die wehmüthig erzitternde Seele, Welch' ein herrlicher Mensch ist in ihm schlafen gegangen! „Meine Kraft gehört meinem Volke", hat er einst gelobt und er erfüllte das Gelöbniß bis zum letzten Athemzuge. Eine Pflichttreue ohne Gleichen beseelte ihn. Im Dienste des Vater landes kannte er keine Ruhe, gönnte er sich leine Erholung. In den höchsten Greisenjahren unternahm er noch anstrengende Reisen, wo es seine Negcntenpflicht erheischte. Die letzte galt der Verbin dung zweier Meere: der Grundsteinlegung zum Nordostsee-Kanal. Sollen wir noch von seinem ritterlichen Sinne sprechen, oder von seiner demüthigcn Bescheidenheit, mit der er alle Zeit sich nur als ein Werkzeug in der Hand der Vorsehung angesehen wissen wollte und die ihn stets in dem Bekcnntniß ausgcbcn ließ: „Gott war mit uns, ihm allein die Ehre!" Was wir rn dieser Richtung an ihm verloren haben, das haben wir wiederholt und zuletzt bei der Feier seines 90 Geburtstages ausgesprochen. Ganz Deutschland, das am 9. März 1888 ein einziges Trauerhaus ist, war am 22. März 1887 ein einziges Haus helljubelnder Dankbarkeit. Es war, als hätte eine Ahnung daS Volk beschlichen, daß jener Tag der letzte kaiserliche Geburtstag sein würde. Nun ist's so gekommen. Aber, gerade an dieser ehrwürdigen Bahre geziemt vor Allem Aufrichtigkeit. Und so sei daran erinnert, daß die gütige Vorsehung dm Kaiser Wilhelm in seinem langen Leben wunderbar begnadet und gesegnet hat. Schon ein Alter von fast 91 Jahren zu erreichen, ist eine hohe Gnade. Kaiser Wilhelm hat es erreicht, ohne je im Wesentlichen ernstlich krank gewesen zu sein, kisnsetus ip8s morbus hat Cicero mit Unrecht gesagt, wenn wir auf diesen ehrwürdigen Greis blicken. Ihm war das Alter nicht eine Krankheit an sich, sondern die Sammelstelle seltener und höchster Freuden. Aus wenige Häupter hat die Vorsehung so viel Güter des Glücks gehäuft: vielen seiner Lieblinge hat das Glück manches Kleinod versagt. Anders beim Kaiser Wilhelm. An seinem 90. Geburtstage schaarte er um sich seine Kinder, Enkel und Urenkel. Ein Kranz von Fürsten umgab, der millionenfache Jubel des Volkes umbr,mste ihn — er schien der auöerwählte, der glücklichste aller Menschen. Wir Alle wissen, welche schmerzliche Wendung seitdem darin einge- trcten, welcher schwarze Schatten das letzte Lebensjahr des Kaisers verdüstert hat. Heute eilt, selbst ein Schwerkranker, sein Sohn und Erbe, an das Sterbelager seines Vaters. Wie lange Kaiser Friedrich Wilhelm den Kaiser Wilhelm überlebt — Wer weiß eS 7 Die Herzen sind banger Sorgen voll! Daß der erste Kaiser Deutschlands dem Irdischen seinen Zoll entrichtete, daraus sind wir seil Jahren vor bereitet ; aber daß der zweite Kaiser nur als ein Schwcrkranker den Herrscherstab, der jenem entfallen, ergreifen kann — das ist eine schwere Heimsuchung. Uns aber ziemt männliche Gefaßtheit und Entschlossenheit, Eigenschaften, die den edlen Entschlafenen allezeit auszeichneten und die ihn einst sagen ließen: „Das deutsche Volk, stark durch seine Einigkeit, kann getrost den Wcchseffällen der Zukunft entgegen sehen. DaS neue Deutsche Reich will ein zuverlässiger Hort' deS Friedens sein. Gottes Vorsehung wolle die Segnungen des Friedens dem theuren Vaterlande lange erhalten!" L. L.
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