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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 23.03.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19000323025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1900032302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1900032302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1900
- Monat1900-03
- Tag1900-03-23
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Donnerstag-Abendausgabe für Dresden und Umgebung jährlich 2 vrr. vo Pfo.: Post 2 «k. 78 Pfg. Bit Ti« „Dre»d,i«r Rochrlchtttl" erscheinen läßlich MorßenS; die Bezieher in Treäden und der nächsten Umgebung, 9 die Zutraaung durch eigene Boten ober Aomrntsflonare erfolgt, erhalten da« Blatt an Wochentagen, die nicht mij Sonn- oder Feiertage folgen, in wei TheilauSgoben ÄbendS und Morgens zuaeftellt. Für Rückgabe eingeiandter Schriftstücke keine Verbindlichkeit. Fernsprechanschluß: Amt > Nr. 11 rr. Ur. SOVS. Telegramm-Adresse: Va«trri<ht,»r Dr<»dsrr. L8LV Vertag von Ktepsth L Ueirhardt. AiMm-T-ris. Me Annahme vvnAnkündrgungen eriolgß m der Hauptgeschäftsstelle mU. von Nebenannahmestallen «n LreSdn» d»S Nachmittags 3 Uhr. Sonn, uud Foiar logS ,mr Marienftrasn: N von 11 di5 ',1 Uhr. Di- tspaltige «Srnnd^ib- lea. S Silben» 18 Psg.. Anründtgungeo aus der Prioatseite Zeile 30 Pfg ; vie 2spaltige Zeile als „Lurgesandt" oder aus Textseite 40 Psg. In Hummern nach Som». uud Fster- taaen t- vez. 2spallrge «rundzetlan SO, äll be,. 60 und SO Pfg. nnch besonderem Tarif. Auswärtige Aufträge nur gegen«mn« bezahlung. BelogblStter »erden «ttl,Psg.ß«iPM. Ködert Lökmv Zun. smsiKodit. KlelÄerstekte»xr« 8t«r t»M»i>i AeerWlLt21b. Rr. 80. Neueste Drahtnachrichten. Elektrischer Gütectran Sportwagen, Villenkolonie Cossebaude. Hofnachrichtcn. Landtag. Stimmung gegen England. Bundesschietzen. Aivl und Volksbäder. Gastspiel Novell;, Gesellschaft für Litteratur und Kunst. Aernschreib- und Fernspre ch-Berichte vom 22. März. Berlin Der Kaiser und die Kaisern begaben sich heute, als am 22. März, dem TaL-Ztage Kaller Wilhelms l. Vor mittags nach Ehnrlottcnbnrii in das Mausoleum und wohnten daraus um ll Uhr in der Sieaes-'Allee der Enthüllung der vier neuen Denkmalsgruppe» bei. Um 12'/» Uhr empfing der Kaiser den Obcibürgermcister Dicke und den Vertreter des Stadtverord- neteukollegiums Sanitätsrath Dr. Stratmann aus Solingen, welche eine» Ehrenpnllalch überreichten. Um 1'/« Ubr findet im König!. Schlosse eine Tafel statt, zu welcher au die Umgebungen des Kaisers Wilhelm I. Einladungen ergangen sind. Berlin. Reichstag. Das Haus seht die zweite Be» rathung des Etats fort und erledigt folgende Etatstheile: Beson deres Bciträoe von Elsaß-Lothringen, Veränderung ehemaliger Feslung-riindstncke. lieber,chüsse aus früheren Jahren, Ausgleich für nicht allen Bundesstaaten gemeinsame Einnahine». Matnlular- beiträge, autzerordentlichc Deckuiiasmittel. Etatsgetetz nnd An- leihcgcietz. Die 'Ausgaben und Einnahmen sind 2,059.825,-112 Mark scsiaesetzt. Der Betrag der 'Anleihe ist 72.82",020 Mark. Die Kommission beantragt eine Relolutiou. dein Reichstage mit dem nächsten Etateniwnrs die Grundsätze der Reichsverwaltung über die Deckung der 'Ausgaben des Reiches durch'Ausnahme von 'Anleihen mitzitthcileii; dieselbe wird an genommen. Eine Reihe von Petitionen wird theils durch Uebe r- gang zur Tagesordnung, theils durch gesatzte Beschlüsse für erledigt erklärt. Eine Petition des Stettiner „Vulkan" wird nach Befür wortung des Abg. Bröniet zum Tbcil zur Berücksichtigung über wiesen. Die Petition der Postbeamten von Baden-Baden wird als Material überwiesen. Berlin. Die dritte Abordnung des denischeu Rothen Kreuzes, aus zwei Acrzte» und fünf weiteren Mitgliedern bestehend schifft sich am 29. März in Neapel an Bord des „Herzog" nach Lvureiiao MaraucS ein. Die beiden Aerzte sind Tr. Strchl. 'Assistent der chirurgischen Universitätsklinik in Königsberg und Dr. Sthamer, Assistent der chirurgischen Universitätspointtinik in Leipzig. Berlin. Der Landtagsabgcordncle Amlsgerichtsrnth Kolisch wurde heute Vormittag während einer Sitzung der Justizkommission des Abgeordnetenhauses mitte» im Vorträge von einem Schlag- o.nsall getroffen und lsiiksicitig gelähmt. Ein im Houle anweiender Arzt leistete die erste Hilse, worauf der Patient nach dem Krunken- hmisc bcsöidert wurde. — Die Reichstagskvmmnsio» für die No velle znm Unsallversicherungsgcsetze für Land- und Forstwirthschnft beschloß heute u. A, das; die Bernssgenossenlchaften deutsche», im Auslände belchästigten Staatsangehörigen die Rente fortznhlen löiiiien: ferner wurde folgende Bestimmung ausgenommen: Ist bei theilweiler Erwerbsunfähigkeit eine 'Rente von 20 oder weniger Prozent der Vollrentc scslgestellt, so kann die Borufsgenossenschast den Entlrhädigungsbercchligten ans seinen Antrag durch eine ent sprechende Kavitalzahlnng absurden. — Dem „Huinburger Korre spondenten" wird berichtet, in einflußreichen russischen Kreilen werde der Gedanke erwogen, bei den Vorberathungen für die handels politischen Veriicindluugen zwischen Deuttchlimd »nd Rntzlund die Zulassung landwirthschastliche'-Arbeiter nach Preußen als Prcjsions- nriltel zu verwcrlhen, um günstigere Vertragsbedingungen zu erlangen. Berlin. Der „Germania" zufolge ist der frühere Feldpropst der Armee Bischof Namshanowski heute in Oiiva gestorben. Falken au. Der Ansstand ist beendet. Fast die ge summten Belegschaften nahmen bedingungslos die Arbeit wieder auf. Kiel. Heute Mittag fand die Taiife und der Stapel laus des großen Kreuzers A statt. Zur Feier halte» sämmtliche im Hase» ankernden Kriegsschiffe Deputationen entsandt. Nach dem kurz vor 12 Uhr Prinz und Prinzessin Heinrich die Taufkanzcl betreten hatten, hielt Admiral Köste, die Tausrede, in der er daraus hinwics. daß dieses Schiss das erste leiner Klasse sei und den Wunlch aussprach, daß seine Besatzung stets der nationalen Tugenden, der seemännischen Tüchtigkeit und der glühenden Hin gabe an Kaiser und Reich und an die Marine eingedenk kein möchte», welche den Mann auszeichncn. dessen 'Name iür dieleS Schiff bestimmt sei. „Möge Gottes Hand", schloß der Redner, „über dem Schisse auf allen Fahrten walken!" Nachdem Admiral Köster mit einem dreifachen Hurrah geendet, taufte Prinzessin Heinrich im Austrage des Kaisers das Schiss „Prinz Heinrich". Langsam glitt sodann das Schiff in die Fluthen. Petersburg. Der Großfürst Alexander Michailowiffch ist zum Präsidenten des Rathes der Handelsichiffsahrt im Finanz ministerium ernannt worden. London. Ein Telegramm Lord Roberts aus Bloemfontein vom 2l. ds. M. meldet: Da eine große Anzahl Burghers de» Wunlch ausgesprochen hat, sich unter de» Bedingungen der letzten Proklamation zu ergebe», habe er kleine Kolonnen nach ver miedenen Richtungen entsandt, um ihre Waffe» entgegenzunehmen. Ferner meldet Lord Roberts, die Brigade Clements marschiere über Philippolis und Fauresmith nach Bloemfontein. Washington. (Nentermcldiing). Das Kanonenboot der Bereinigten Staaten „Wbeeling" geht nach Tat» (Vorhafen von Tientsin), um alle Angehörigen der Kaukasischen Rasse zu schützen. Tie Bereinigten Staaten handeln bei Entsendung des Schiffes »nahhängia. nicht in Theilnahme an einer internationalen Demonstration. . Die heutige Berliner Börse begann mit ausgesprochener Geschästsltille, so daß von einer eigentlichen Tendenz kaum ge sprochen werden konnte. Doch in der zweiten Stunde entwickelte sich einiges Geschäft, ausgehend vom Montanaktienmarkt, an dem namentlich die Aktien des Eschweilcr Bergwerksvereins beachtet waren. Es waren Gerückte im Umlauf, daß eine Fusion der Gesellschaft mit dem Aachener Bergwerk „Rothe Erde" in Vorbereitung sei: indessen waren auch hier die Umsätze nicht gerade bedeutend. 'Nach wie vor hält die Versteifung des Geldstandes die Svetnlation von jeder weiter ausschauenden Unternehmung zurück. Tägliches Geld war lebhaft gefragt, ober nur wenig zu habe», auch Ultimogeld war reichlich begehrt, aber nur zu bedeutend hohen Sätze» zu erhalten. Am Bankattienmarkt waren die meisten Werthe behauptet. Handelsantheiie. ferner Koimnanditantheile nnd Deutsche Bank etwas höher. Bon Eisenbahnakticn blieben heimische Bahnen ungefähr auf gestrigem 'Niveau stehen, doch sind die Kurse durchweg nur nominell Das Gleiche gilt von fremden Bahnen. Ter Montnnakli.'nniarkt lag. wie bereits erwähnt, in der zweiten Stunde fest. Am Rentenmarkt mußten Türken und Spanier ans Reuliiationen nachgcben; heimische Fonds gedrückt. Der Schluß der Börse war still, aber fest. Privntdiskont 5^. Uttimvaeld 6"/» bis 7 Pro; — diacb privater Ermittelung wurde be zahlt für Spiritus loco 70cr 18,80 Mt. wie gestern. Der Ge - trei de-Markt liegt sehr ruhig, dock ließ sich nicht verkennen, daß die Tendenz nach ober; strebt. Am Frnhnuirtt lag Weizen eher schwächer, am Mittagsverkehr trat jedoch eine Besserung ein: für Roggen wirkten der seit gestern eingerrcterre Oslmind und Nnch- riclsten über Feldertchädigung durch Frvlte befestigend, vom Ans- lgnde wnren so gilt wie gar keine Angebote da, doch war auch die Nachfrage nicht bedeutend, man nimmt indes; an. daß der Konsum bald genöthigt fei» wird, mit größeren Autirägen wieder an den Markt zu kommen. Weizen und Roggen hiett.n ungefäar geststge» Preis. Hofer schwach, nur gute Marken behauptet. Wetter: Bedeckt. Scharfer 'Nordostwind. Oertliches «nd Sächsisches. Dresden, den 22. März. —* Se. Königl. Hoheit P r i >, z F ri ed r ich A u g u st. der in der Umgebung von Bozen fleißig 'Ausflüge riisternsinmt. erfreut sich des besten Wohlseins, Ende des Monats dürste der Prinz hier wieder eintrcsfcn, um am 1. April das Kommando der 23 Infanterie-Division von dienern zu übernehmen. —* Se. Hoheit Herzog Heinrich von Mecklenburg- Schwerin trar gestern Abend hier ein und stieg ini Hotel Kontinental ab. —Se. Excellenz der Kultusminister Dr. v,'Sendewitz tras am 20. ds. M. in Leipzig ein und besichtigte das landwirtk schastlichc Jnslilut der Universität und die Vcterinärklinit. sowie das Areal, auf dem die neuen Gebäude für beide akademische Institute errichtet werden tollen. — Landtag. Heute hielten beide Kammern Sitzungen ab. Die Zweite Kammer beschäftigte sich mit den Krwiteln des Staatshaushaltsetats. Forsten , Domänen u. f. w. betreffend. Während das Kapitel Forsten kein hervorragend interessantes Moment in der Debatte zu Tage förderte, wenn dreselbc zum Kavitel Domänen vorliegende Petition der Westvor orte Dresdens wegen pachtweise,: Ucberlassung von Gorbitzer Kammergutareal zur 'Anlegung eines VolksparkeS lebhafte Er örterungen hervor. Abg. Andrä beantragte nach eingehender Darlegung entgegen dem Votum der Deputation, die Petition der Regierung zur Kenntnißnahme zu überweisen, dieselbe aus sich be ruhen zu lassen. Herr Minister v. Watzdorf neigte den 'Aus führungen des Abg. Andra zu und betonte, daß es nach Lage der Sache für die Regieruiia nicht angängig sei. aus die Wünsche der Petenten csiizugehen. Dagegen, daß die betreffende Gegend einen Vvlkspark bekomme, lasse sich ja nichts einwciidcn, doch könne das nicht aus dem Wege der Verpachtung eures Thciles der Domäne Ober-Gorbitz geschehen. Nach dem Herrn Minister sprachen noch die Abgg. BehrenS und Rüdest, die sich für die Petenten ver wendeten Die Sitzung dauert bei Schluß des Blattes fort — Die E r u c Ka in in e r erledigte ohne Debatte das die Landes- anslatte» betreffende Kapitel des ordentlichen Etats und die Titel des außerordentlichen Etats, die Erbauung von Beamten- und Ar- beiterwohngebänden, den Umbau des Bahnhofes Sebnitz und die Einrichtungen auf Bahnhof Chemnitz aus Anlaß der Einführung der Ehemiutzthalbahn betreffend. —' Herr v. Brandt, der in weitere» Kreisen bekcurnte lang jährige deutsche Gesandte in Peking, behandelt in der Londoner Linanzchrvnit" das Berhältisiß Deülschlands zu England und die Stimmung in Deutschland gegenüber England. Mit Bezug aus die letztere heißt cs in dem Artikel: „Vor aller; Dingen hat man in England »bestehen, daß es sich bei den auti- eiiglische» Kundgebungen in Deutschland, die ihren Sitz nicht in den Handel und Industrie treibenden Klassen, sondern an den Stätten des Lernens, in den Universitäten, bei den Professoren und in den Kreisen der akademischen Jugend gehabt haben, um eine» Ausbruch von ehrlichem Idealismus gehandelt hat, den man. vom kühlen Standpunkte des Staatsmannes aus, der mit gegebenen Thatiachen, nicht mit Idealen zu thun hat, als nnpolitstch und unzeitgemäß bedauern kann, inst dem man aber in Deutschland rechnen muß und mit dem man wohl thun würde, auch in Eng land zu rechnen, denn der Idealismus der Menge ersetzt ihm. das sin Einzelnen das Gewisse» ist. Und daß es sich in diesem Falle um eine Bewegung gehandelt hat. die durch das Mißverhältnis; in der Zahl und den Hilfsmitteln der beiden Kämpfenden, durch die früheren von der englischen öffentlichen Meinung selbst verurtbeilten Vorgänge und durch die Vercmickung von Gelb- und Machtfraaen hervorgernfen worden ist, darüber werden den denkenden Engländer auch die Bemiche. als Beweggründe für die Bewegung in Deutsch land Unwissenheit und Neid ans Englands Handel und Industrie hinzuiiellen. nicht hinwegtäilichen. Im Gegentheil, wenn solche Geiühle einem der beiden Völker unterschöbe» werden sollen, so braucht man nur an den berüchtigten Artikel der „Saturdan Review" und an manche andere ähnlichen wenn auch nicht so offen und roh hinaestellten Inhaltes zu denken. Ueberhauvb wird von manchen englischen Seiten die Vergiftung der Beziehungen zwischen Deutschland »nd England mit Mitteln besticken, die schwer ver ständlich erscheinen. Wozu die Bcrgiftungsvestuche. wenn nicht, um mit erfundenen Tba stachen zu Hetze», wo die wahren nichr ansreichen! Ten Bemühungen, Zwietracht zwilchen zwei Völkern zu säen, die sich verstehen könnten und sollten, kann nur von Seiten der englischen Presse selbst mit Ersatz entgegengetretcu werde», und daß das geschehe» möge, ist der Wunsch aller Der jenigen, die in einem Einverständniß Englands und Deutschlands auch ohne daß dasselbe die Form eines Bündnisses trage, die reichste Garantie für die Erhaltung des Friedens der Welt sehen." Hierzu ist zu bemerken, daß die deutsche Antipathie gegen England ans Aistas; dcS BucenkrieaeS sich nicht Klos auf die gelehrten Kreise beschränkt, sondern in allen Schichten der Nation gleichmäßig zu Knnft und Wissenschaft. 7* Die Generaldirektian der Königl. Hostheater hat Fra» NcllieMelba zu einem zweimaligen Gastspiel verpflichtet, das 'Anfang April in der Königl. Hofoper slattfinden toll Frau Melba wird Montag den 2. April die Titelparkic in der dreiaktigen Oper „Lucia von Lammermoor" von Gaetano Donizetti und Donners tag den 5. April die Titelpartie in der dreiaktigen Oper „Vwletta" <I.a Dmvmt.r) von I. Verdi singen. 's' Gastspiel Novellt. Als Eleonoro Düse, die seine und kluge Ristvri-Schnlerin. vor nun acht Jahren zum ersten Male ihre Hennalh verließ, um die staunende Bewunderung der europäische» Kulturwelt mit ihrem Spiele zu erwecken, da war es ein französischer Kritiker, der geniale Jules Lemaitre. der zuerst daraus hinwies. daß die Quintessenz der eigenartigen Kunst dieser vermeintlich so kühnen 'Neuerin keineswegs als vo» spezifisch jung- italienischer Herkunft zu gelten habe, und der ausführlich darlegte, warum der „geläuterte Realismus" ihrer darstellerischen Manier, der seitdem internationale Geltung erhalten hat, weder mit der schönheitsvollen Tradition der Schauspielergrößen von einst noch dem eben erblühten Verismus der Modeschauspicler ä la Zacconr in ihrer Heimath irgend etwas besonders Charakteristisches gemein habe. Am der tppische Vertreter der Schauspielkunst des heutigen Italiens, der eben dieser Lemaltre bei aller Bewunderung der vinitoien Durchbildung von Wort nnd Gederde eine starke Neigung zum Komödiantischen vorwirft, wurde damals Ermcte Novell» ge nannt. der es unter Mühen und Entbehrungen mannigfachster Art ... . . .... - haben „ nathWundcr- dmae zu berichten, und namentlich seine Vertatilltät — NovellI spielt B- an einem Tage den Hamlet und den Falstaff — wurden seine Bewunderer zu prellen nimmer müd'. Gestern. Mittwoch Abend, hotte man den Künstler, der in dieser Sailon zum ersten Male nach Deutschland kommt, nachdem er sich in Amerika und Frankreich bereits mannigfach Lorbeeren errungen bat. kennen zu lernen nun auch hier Gelegenheit, und die Bereitwilligkeit, mit der die General- diremon unseres HvftheaterS diese Bekanntschaft vermittelt hat. ist in jedem Falle dankbarster Anerkennung werth. Leider war das Opern haus. in dem der Künstler mit seiner Truppe auftrat, kaum halb gefüllt; die für Dresden hohe» Eintriltsvrcise. die am Ausgang der Saiton doppelt schwer empfunden werden, werden dafür neben der verhältnißmäßig geringen Kemstniß der italienischen Sprache, i» untere» theaterfreiindlichen Kreilen am meisten verantwortlich zu machen sein. Die Wahl der Debustolle für sein hiesiges Gastspiel hat als charakteristisch für Novelli zu gelte». Er spielte den Ludwig XI. in Delavigne's gleichnamiger Tragödie, welche die Erinnerung an den Namen ihres Schöpfers, der leibst in Frankreich nur kurze Zeit in hobem Ansehen stand in Deutschland dank der Vorliebe einzelner gasstpielwüthiger Virtuosen für das theatralische Machwerk viel zu lange schon wach gehalten hat. lieber den künstlerischen Werth des Stückes, das vollends in der selbstherrlichen Bearbeitung Novelli'S, der vom dritten Akte an eine Reibe für daS Verständnis; der Fabel wichtige Sccnen streicht, ganz ungenießbar wird, sind die kritischen Akte» längst geschlossen, und gegen die verlogene theatralische Gespreiztheit der sceueiisiihrung und leine oberflächliche Charakteristik zu wettern, hieße offene Thüren cin- rennen. Zu verwundern ist es bei der Hohlheit des Dramas schließlich nicht, daß siiiarrtertiae Schauspieler sich immer wieder an die „Einrichtung" und „Bearbeitung" seiner scenenreichen sünf Akte machen: sie wittern in der Darstellung des lasterhaften Capc- tingers auf Frankreichs Thron, der sich rox ekristirrnissimus schimpfen ließ und dabei ohne seinen eigenen Hof-Heuler nicht leben konnte, eine dankbare Aufgabe für ihre brettcrne» Herrscher- gclüste. dersn Lösung noch dazu 'Niemand aus die Ueberelnstimm- u»g mit den dichterische» Intentionen hin prüfen kann, da auf alle und jede lebenswahre Charakteristik von Personen und Situa tionen Delavigne selbst verzichtet. Sv »es; sich denn unter ge schickten Händen von dem schlechten Stück wenigste, s eine gute Rolle retten, der sich anzunehmen selbst Rossi und Salvini jeder Zeit gern bereit waren, welche vorwiegend die pathologische Seite des darstellerischen Problems angezogen haben mag: das historisch beglaubigte langsame Sterben vieles Bluthundes, der noch in den letzten Tagen seines entsetzlichen Lebens, von Todes furcht und Gewissensquale» unablässig gefoltert. Unrecht aus Unrecht häuft, in mehr oder minder effektvoller Weise zu ver körpern. ist allem Anscheine nach auch für Novelli der Hauptreiz der Rolle, deren Interpretation leider weder ei» eirdgiltiaes Nrtheil über den Umfang noch die Tiefe seines Talents zuläßt. Man sah gestern Abend einen Virtuosen, der mit dem Beherrschen von gut verarbeiteten schauspielerischen Mitteln älterer Observanz eine rafsinilt naturalistische Wiedergabe von Einzclzüaen an den Höhepunkten des Schauspiels verband und nach der Weise großer Komödianten — das Wort ist leider hier nicht zu umgehen — zu starke» Wirkungen ausrunützen verstand. Selbst wenn man den punzipiellcn Unterschieb zwilchen germanischer und romanischer Schanipiclkunst. die sich von jeher gern in dem Uebcrschrciten bald der charakteristischen, bald der schönen Linie in der darstellen de» Kunst gefallen hat, in billige Rücksicht zieht bei der Vcurtheil- ^ ung dieses Künstlers, hinter dem ohne Frage eine originelle Per sönlichkeit sich verbirgt, wird man ihn von mancherlei Uebcr- treibungen nnd Ma»ierirtbeiten nicht frei sprechen können. Nament lich das übermäßige Betonen naturalistischer Einzelheiten in de,. Wiedergabe des Kcankheitsbildes im letzten Akte, das zu auf die Nerven fallenden Momenten Anlaß gab. kann keinesfalls gebilligt werden, da nicht die klinische Naturtrcue, sondern das künstlerische Turchdriiigen derartiger Vorgänge für den wahren Künstler einzig th ist und sein darf. M und allein erstrebenswert!) sein darf. Merkwürdiger We wohl zu schätzen weiß, mit dieser photographisch echten Wiedergabe des sterbenden Mona "ben keineswegs hin; seine Wirkungen bleiben immer äußerlich und gehe» weder bei ihm noch bei dem Zuschauer sonderlich tief. Am überraschendsten ist für uns sein mimisches Vermögen, daS geradezu unglaublich reich ist und dem Künstler in einer Weise panrt, die thatsächlich jeder Beschreibung spottet. Freilich thut, wenigstens nach unserem Geschmack, auch in der Mimik und Gestik der Gast gern zu viel; er schießt fast immer über das die er aut. Wendungen , gewisse Kraftstellen. a» denen der Delavigne'sche Schmöker an und für sich nicht arm ist, mit doppelter Wucht einschla das ' kein seiner .. - ^ ^ natürlich immer an ie. Erncn reinen risck künstlerischen Gen»! Gastes
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